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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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168 5. Kap.: Der Krieg<br />

ethiker genügt aber nicht die Feststellung, daß sich im Krieg zwei Parteien<br />

streiten. Er will wissen, welche Seite sachlich gerechtfertigt ist, und zwar<br />

unabhängig von <strong>de</strong>r Gerechtigkeitsvorstellung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Parteien. Er beruft<br />

sich darum bei <strong>de</strong>r Beurteilung <strong>de</strong>r Gerechtigkeit eines Krieges auf eine über<br />

<strong>de</strong>n streiten<strong>de</strong>n Parteien stehen<strong>de</strong> Norm.<br />

C. von Clausewitz hat in seiner Analyse <strong>de</strong>s kriegerischen Prozesses die interessante<br />

Bemerkung gemacht, daß das Phänomen <strong>de</strong>s Krieges sich erst<br />

daraus ergibt, daß eine Partei sich verteidigt. Tatsächlich entsteht noch kein<br />

Krieg, wenn ein Staat einen an<strong>de</strong>rn überfällt. Das wäre, wie Clausewitz sagt,<br />

eine reine Besitznahme, noch kein Krieg. Auch <strong>de</strong>r Ethiker ist, wie wir sehen<br />

wer<strong>de</strong>n, zuerst an die Verteidigung verwiesen. An die Stelle <strong>de</strong>s bis zum<br />

ersten Weltkrieg angenommenen freien Kriegführungsrechts ist im Völkerrecht<br />

das Verbot <strong>de</strong>s Angriffskrieges getreten, das im klassischen Naturrecht<br />

längst bestand. Der Briand-Kellog-Pakt von 1928, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Angriffskrieg<br />

verbot, wur<strong>de</strong> von beinahe allen Staaten ratifiziert. Ein Aggressionsverbot<br />

enthält auch Art. 2, Abs. 4 <strong>de</strong>r Satzung <strong>de</strong>r Vereinten Nationen. Erlaubt bleibt<br />

das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung (Art. 51 <strong>de</strong>r<br />

UN-Satzung). Auch eine ganze Anzahl nationaler Verfassungen verbieten<br />

<strong>de</strong>n Angriffskieg, so Art. 26 <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Grundgesetzes. Über die ausdrücklichen<br />

vertraglichen Verpflichtungen hinaus ist das Verbot <strong>de</strong>s Angriffskrieges<br />

zu einer allgemeinen Rechtsüberzeugung und zu einem Satz <strong>de</strong>s<br />

Völkergewohnheitsrechts gewor<strong>de</strong>n. Allerdings entbehrt <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>s<br />

Angriffskrieges noch einiger wichtiger Abgrenzungen gegen analoge Begriffe,<br />

beson<strong>de</strong>rs gegen <strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Präventivkrieges. Welche Maßnahmen sind<br />

gestattet gegen die Unterstützung von revolutionären Rebellen durch <strong>de</strong>n<br />

Nachbarstaat? Der gewaltsame Grenzübertritt genügt offenbar nicht, um sich<br />

frühzeitig zu wehren, zumal sich dann <strong>de</strong>r Krieg im eigenen Land abspielen<br />

wür<strong>de</strong>.<br />

Die Suche nach <strong>de</strong>r<br />

Gerechtigkeitsnorm<br />

Die Erfahrung legt <strong>de</strong>n Eindruck nahe, daß <strong>de</strong>r Krieg ein unvermeidliches<br />

Phänomen <strong>de</strong>s sozialen Lebens sei, so daß sich alle Überlegungen über eine<br />

vorgeordnete Norm als überflüssig erweisen wür<strong>de</strong>n und man sich schließlich<br />

mit <strong>de</strong>r rein positiv-rechtlichen Regelung zufrie<strong>de</strong>ngeben müsse. Dies Bedürfnis,<br />

das Naturereignis Krieg in eine rechtliche Form zu gießen, zeigt<br />

immerhin, daß <strong>de</strong>r Krieg schließlich doch eine bei<strong>de</strong> Parteien bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Gerechtigkeit<br />

verlangt. Nun gibt es aber kein Gesetz und kein Recht ohne die<br />

Rückbindung an eine entsprechen<strong>de</strong> Autorität. In diesem Sinn hat die Ethik<br />

durch alle Jahrhun<strong>de</strong>rte hindurch die Frage behan<strong>de</strong>lt, wem es zustehe, <strong>de</strong>n<br />

Krieg zu erklären. Die einzige Antwort war <strong>de</strong>r Hinweis auf <strong>de</strong>n Fürsten. Er<br />

hatte also die Kompetenz zur Erklärung, ob die kriegerische Abwehr gegen

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