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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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VI. Ein Recht auf Wi<strong>de</strong>rstand? 159<br />

Die Vielfalt <strong>de</strong>s Begriffes<br />

Wi<strong>de</strong>rstand<br />

Das Problem <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s ist vielfältig entsprechend <strong>de</strong>n Absichten:<br />

Wi<strong>de</strong>rstand 1. gegen ein einzelnes Gesetz, 2. gegen die Regierung als Ganzes<br />

zur Einsetzung einer neuen Regierung, 3. gegen <strong>de</strong>n Staat, in <strong>de</strong>r Absicht <strong>de</strong>r<br />

Trennung einer Bevölkerungsgruppe, z.B. einer Ethnie, vom bisherigen<br />

Staats verband, 4. gegen die bestehen<strong>de</strong> Staatsform, z.B. zur Abschaffung <strong>de</strong>r<br />

Demokratie. Entsprechend diesen Schwerpunkten sind die ethischen Überlegungen<br />

sehr verschie<strong>de</strong>n.<br />

Die ethische Begründung <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s gegen ein Gesetz<br />

Je<strong>de</strong>r Bürger hat das Recht, ein bestehen<strong>de</strong>s Gesetz zu kritisieren. Und er hat<br />

auch das Recht, seinen Gehorsam gegen ein Gesetz aufzukündigen, wenn er<br />

<strong>de</strong>n Gehorsam nicht verantworten kann. In <strong>de</strong>n meisten Fällen kommt dieser<br />

Ungehorsam gegenüber <strong>de</strong>m Steuergesetz vor. Der einzelne kann zwar die<br />

Bedürfnisse <strong>de</strong>s Staates nicht überschauen. An<strong>de</strong>rerseits kann er an gewissen<br />

skrupellosen Vergeudungen erkennen, daß die Behör<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Steuergel<strong>de</strong>rn<br />

nicht ökonomisch umzugehen wissen. Da das Steuergesetz ein Gebotsgesetz<br />

ist, kann sich jemand nach sorgfältiger Prüfung seines Gewissens, sich<br />

auf die Lehre von <strong>de</strong>r Epikie stützend, zu einer Gehorsamsverweigerung in<br />

Form <strong>de</strong>r Steuerhinterziehung berechtigt fühlen. Der persönlichen Zielsetzung<br />

entsprechend ist es nicht nötig, das Gesetz als solches zu bekämpfen. Es<br />

muß aber im vorhinein die Bereitschaft bestehen, bei Auf<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r<br />

Rechtsverletzung die Sanktionen in ihrem ganzen Umfang anzunehmen.<br />

Wenn es sich dagegen um ein Verbotsgesetz han<strong>de</strong>lt, besteht die persönliche<br />

Gehorsamsverweigerung in einer Offensivhandlung gegen das Gesetz als<br />

solches. Auch solche Fälle gibt es, wo ein Bürger sich aus Gewissensgrün<strong>de</strong>n<br />

zum Wi<strong>de</strong>rstand verpflichtet fühlt. Es gibt Härtefälle, die <strong>de</strong>r Gesetzgeber<br />

nicht voraussehen konnte. Wenn keine rechtlichen <strong>Mit</strong>tel zur Verfügung<br />

stehen, bleibt nur <strong>de</strong>r aktive Ungehorsam gegen die staatliche Verfügung. Ein<br />

solcher Fall liegt z.B. vor, wenn jemand einen strafrechtlich Verfolgten versteckt.<br />

Der Katholische Erwachsenen-Katechismus 3<br />

hat die korrekte Auflösung<br />

dieses ethischen Problems folgen<strong>de</strong>rmaßen formuliert: „In einer Ausnahmesituation,<br />

in <strong>de</strong>r alle legalen <strong>Mit</strong>tel <strong>de</strong>s Protests und Wi<strong>de</strong>rspruchs<br />

ausgeschöpft sind und keine an<strong>de</strong>re Möglichkeit bleibt, als durch einen gewaltlosen<br />

Akt <strong>de</strong>s Ungehorsams <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rspruch gegen staatliche Maßnahmen<br />

zum Ausdruck zu bringen, die nach gewissenhafter Prüfung als gemeinwohl-<br />

bzw. gerechtigkeitsverletzend empfun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, ist ein Akt<br />

Katholischer Erwachsenen-Katechismus, 2. Band, 1995, 258.

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