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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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157<br />

VI. EIN RECHT AUF WIDERSTAND?<br />

Die allgemeine Definition <strong>de</strong>s<br />

Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s<br />

Der Wi<strong>de</strong>rstand ist eine durch die Gewissensfreiheit begrün<strong>de</strong>te Gehorsamsverweigerung<br />

gegenüber einem Gesetz o<strong>de</strong>r einer obrigkeitlichen Anordnung.<br />

Diese Art von Wi<strong>de</strong>rstand ist, wenn gewaltlos, ethisch unproblematisch,<br />

zumal <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Gehorsam Verweigern<strong>de</strong> die gesetzliche Sanktion in<br />

Kauf nimmt. Je<strong>de</strong>r Bürger ist berechtigt, entsprechend seinem Gewissen<br />

gegenüber einem Gesetz seinen Gehorsam zu verweigern. Unter diesem Betracht<br />

gehört <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstand zu <strong>de</strong>n Grundrechten <strong>de</strong>s Bürgers, nicht zwar als<br />

Wi<strong>de</strong>rstand, son<strong>de</strong>rn als Äußerung <strong>de</strong>r Gewissensfreiheit im Hinblick auf ein<br />

staatliches Gesetz.<br />

Ähnlich verhält es sich, wenn ein Bürger gegen ein Gesetz etwas unternimmt.<br />

Hier han<strong>de</strong>lt es sich nicht nur darum, daß einer aus Gewissensgrün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n<br />

Gehorsam verweigert, son<strong>de</strong>rn daß er selbst aktiv eingreift. Wir stoßen hier<br />

an die Unterscheidung zwischen <strong>de</strong>m Wi<strong>de</strong>rstand gegen ein Verbot und <strong>de</strong>m<br />

Wi<strong>de</strong>rstand gegen ein Gebot. Die Juristen legen auf diese Unterscheidung<br />

beson<strong>de</strong>ren Wert. Das staatliche Gesetz, das ein Gebot enthält, setzt im Bürger<br />

eine moralische Haltung voraus, die sich in einem positiven Akt, in einer<br />

Leistung äußert. Dementsprechend besteht in diesem Fall die Aufkündigung<br />

<strong>de</strong>s Gehorsams in einem passiven Wi<strong>de</strong>rstand, in einer rechtswidrigen Unterlassung.<br />

An<strong>de</strong>rs verhält es sich, wenn einer gegen ein staatliches Verbot<br />

han<strong>de</strong>lt. Der Wi<strong>de</strong>rstand besteht in diesem Fall nicht in einer reinen Abstinenz,<br />

son<strong>de</strong>rn in einer eigentlichen Handlung, in <strong>de</strong>r die Opposition gegen<br />

das Gesetz zum Ausdruck kommt (Verletzung eines Handlungsverbots). Die<br />

Juristen erklären nun, daß das im <strong>de</strong>utschen Grundgesetz garantierte Recht<br />

auf Gewissensfreiheit nur für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>s Gebotes gilt, so daß <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstand<br />

sich nur in einem passiven Verhalten, also in einem gewöhnlichen<br />

zivilen Ungehorsam äußert. 1<br />

Nach <strong>de</strong>r Erklärung <strong>de</strong>r Juristen soll sich darum<br />

<strong>de</strong>r Opponent gegen ein Verbotsgesetz nicht mehr auf die im (<strong>de</strong>utschen)<br />

Grundgesetz garantierte Gewissensfreiheit berufen können. In <strong>de</strong>r Tat kann<br />

<strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r gegen ein Verbotsgesetz han<strong>de</strong>lt, sich nicht nur auf sein Gewissen<br />

berufen. Seine Handlung ist nämlich wesentlich in einem - nach individuellem<br />

Urteil - besseren Wissen begrün<strong>de</strong>t, als für <strong>de</strong>n Gesetzgeber angenommen<br />

wird. Ein solches Besserwissen eines einfachen Bürgers kann sach-<br />

1<br />

Vgl. Rupert Hofmann, „Kirchenasyl" und ziviler Ungehorsam, In: Wan<strong>de</strong>l durch Beständigkeit,<br />

Studien zur <strong>de</strong>utschen und internationalen Politik, Jens Hacker zum 65. Geburtstag, herausgegeben<br />

von K.G. Kick, St. Weingarz und U. Bartosch, Berlin 1998, 385.

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