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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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IV. Die Religionsfreiheit 149<br />

lieh zugesichert." Diese Unklugheit, die sich heute rächt, ist im Grun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>r Religionsfreiheit mit <strong>de</strong>r Gewissensfreiheit zuzuschreiben.<br />

Wie Chr. Hillgruber berichtet, baten in <strong>de</strong>r ersten Phase <strong>de</strong>r Einwan<strong>de</strong>rung<br />

Muslime die christlichen Kirchen darum, ihnen Räumlichkeiten zum<br />

gemeinsamen Gebet zur Verfügung zu stellen. „So kam es am 3.2.1965<br />

sogar zu einem islamischen Gebetsgottesdienst im Kölner Dom - das erste<br />

und zugleich das letzte Mal; <strong>de</strong>nn die Muslime gaben daraufhin entsprechend<br />

ihrer religiös geprägten Vorstellung, daß <strong>de</strong>r Ort, an <strong>de</strong>m sie beten, ihnen<br />

gehört, in Danksagungen gegenüber <strong>de</strong>m Erzbistum zu verstehen, daß sie <strong>de</strong>n<br />

Kölner Dom nunmehr als ihr Eigentum betrachten". 12<br />

Als erste Bedingung sollte das völkerrechtliche Prinzip <strong>de</strong>r Gegenseitigkeit<br />

gelten. Wenn z.B. das christliche Bekenntnis in <strong>de</strong>n muslimischen Län<strong>de</strong>rn<br />

nicht die gleichen Rechte erhält, ist eine vollgültige Anerkennung <strong>de</strong>r Religionsausübungsfreiheit<br />

für die Muslime ausgeschlossen.<br />

Selbstverständlich muß <strong>de</strong>n Angehörigen frem<strong>de</strong>r Religionen <strong>de</strong>r Zugang zu<br />

<strong>de</strong>n öffentlichen Schulen freistehen. Das Problem <strong>de</strong>s Religionsunterrichts in<br />

<strong>de</strong>n öffentlichen Schulen ist jedoch ein eigenes Problem, auf das wir hier<br />

nicht eingehen können. Die frem<strong>de</strong> Religionsgemeinschaft sollte sich auch<br />

bewußt sein, daß das Recht auf Religionsfreiheit nur ein Abwehrrecht ist<br />

gegen Einmischung Dritter, auch <strong>de</strong>s Staates, in ihre Religion, also kein<br />

Recht auf finanzielle Unterstützung, sei dies für <strong>de</strong>n Gottesdienst o<strong>de</strong>r für die<br />

eigenen Schulen.<br />

Den Muslimen ist wie je<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Religion ein eigenes Ehegesetz zuzugestehen.<br />

Jedoch sollte in <strong>de</strong>m Fall <strong>de</strong>r Scheidung einzig <strong>de</strong>r Ausschluß aus <strong>de</strong>r<br />

muslimischen Religionsgemeinschaft als rechtliche Sanktion gelten, so daß<br />

<strong>de</strong>m Geschie<strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Zugang zu <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn immer noch offenstehen muß.<br />

Erst recht ist nach unserem rechtlichen Kulturverständnis Androhung <strong>de</strong>s<br />

Ausschlusses aus <strong>de</strong>m Familienverband und sogar <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s gegenüber einem<br />

Familienglied, das <strong>de</strong>n muslimischen Glauben gegen <strong>de</strong>n christlichen<br />

tauscht, un<strong>de</strong>nkbar. Schließlich gehören Religionen ausgeschlossen, die ten<strong>de</strong>nziell<br />

auf Machtergreifung im Sinn <strong>de</strong>s Gottesstaates eingestellt sind.<br />

Die hier aufgeführten Tatbestän<strong>de</strong>, die als Problem aus <strong>de</strong>r undifferenzierten<br />

Erklärung <strong>de</strong>r Religionsfreiheit entstehen, mögen genügen zum Nachweis,<br />

daß man die Religionsfreiheit nicht einfach im Sinn <strong>de</strong>r Gewissensfreiheit<br />

interpretieren kann.<br />

11<br />

12<br />

Europäische Menschenrechtskonvention, Art. 1,9. Vgl. Chr. Hillgruber,<br />

A.a.O. 91.<br />

I.e. 94, Anm.9.

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