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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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IV. Die Religionsfreiheit 143<br />

Nicht mehr Toleranz, son<strong>de</strong>rn gleiches Recht<br />

Aufgrund <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen Begriffs <strong>de</strong>r Gewissens- und Religionsfreiheit, die<br />

universal als Menschenrecht gilt, scheint allen Religionen die gleiche Kulturfunktion<br />

zugesprochen zu wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn die Gewissensfreiheit erhält durch<br />

ihre I<strong>de</strong>ntifizierung mit <strong>de</strong>r Religionsfreiheit zusätzlich kulturschaffen<strong>de</strong><br />

Bewandtnis. Demnach kann man auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Glaubensbekenntnisses<br />

jetzt nicht mehr von Toleranz sprechen, son<strong>de</strong>rn nur noch vom gleichen<br />

Recht aller. In <strong>de</strong>r Toleranz erklärt man eine frem<strong>de</strong> Weltanschauung im<br />

Vergleich zur eigenen als unhaltbar und falsch, man läßt sie aber als erträglich<br />

gelten. Gemäß <strong>de</strong>m heute juristisch formulierten Bürgerrecht <strong>de</strong>r Religionsfreiheit<br />

wird das eigene Bekenntnis und das <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn als völlig<br />

gleichwertig betrachtet.<br />

entste­<br />

Offene Fragen, die aus <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Definition <strong>de</strong>r Glaubensfreiheit<br />

hen<br />

Soll das nun auch gelten für eine Kirche, die in <strong>de</strong>r Bürgergesellschaft die<br />

Mehrheit hat? <strong>Mit</strong> an<strong>de</strong>rn Worten: Kann es gemäß <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>r Demokratie<br />

keinen weltanschaulich orientierten Staat mehr geben? Diese Fragen wer<strong>de</strong>n<br />

uns beschäftigen, vor allem im Hinblick auf die europäische Geschichte,<br />

in <strong>de</strong>r die katholische Kirche seit Konstantin bis zum Beginn <strong>de</strong>r Neuzeit die<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> politische Rolle gespielt hat. Viel dringlicher und beunruhigen<strong>de</strong>r<br />

ist aber die Frage, ob sich z.B. in die christlich orientierte Gesellschaft<br />

<strong>de</strong>s Westens jegliche Religionsgemeinschaft, wie z.B. <strong>de</strong>r Islam, unkontrolliert<br />

einnisten kann.<br />

Wie wir aus <strong>de</strong>r Geschichte wissen, hat sich <strong>de</strong>r durch das christliche, genauer<br />

das katholische Bekenntnis geprägte mittelalterliche Staat gegen je<strong>de</strong> unkontrollierte<br />

Immigration von an<strong>de</strong>rn religiösen Gesellschaften abgeschirmt.<br />

Wir müssen daher zunächst dieses geschichtlich bedingte Phänomen analysieren.<br />

Der Begriff <strong>de</strong>r Religionsfreiheit in <strong>de</strong>r katholischen Kirche <strong>de</strong>s <strong>Mit</strong>telalters<br />

Die europäische Gesellschaft <strong>de</strong>s <strong>Mit</strong>telalters fand ihre weltanschauliche<br />

Einheit im gemeinsamen Bekenntnis zum katholisch-christlichen Bekenntnis.<br />

Der gleiche Glaube war das wesentliche Bin<strong>de</strong>glied <strong>de</strong>r bürgerlichen Gesellschaft,<br />

trotz aller politischen Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen und Kämpfe. Um nun<br />

das je verschie<strong>de</strong>ne Verhalten <strong>de</strong>r katholischen Kirche gegen an<strong>de</strong>re Bekenntnisse<br />

zu verstehen, muß man unterschei<strong>de</strong>n zwischen „Ungläubigen"<br />

wie Hei<strong>de</strong>n und Ju<strong>de</strong>n, die nie katholisch waren, und Apostaten, die sich

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