Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de
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138 4. Kap.: Die Bürgerrechte<br />
nenbezogene Informationen an öffentliche Verwaltungsstellen (Fiskus, Mel<strong>de</strong>behör<strong>de</strong>n,<br />
Gerichte, Schulen usw.) und private Einrichtungen geliefert.<br />
Wer kann diese Daten einsehen und wer darf sie verwen<strong>de</strong>n und zu welchem<br />
Zweck? Das sind die mo<strong>de</strong>rnen Fragen auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Datensch<strong>utz</strong>es,<br />
<strong>de</strong>m schwierigsten <strong>Teil</strong> <strong>de</strong>s Rechts auf Meinungsfreiheit.<br />
Diese vielfältigen Fragen sind logisch nicht zu beantworten, ohne daß man<br />
dabei auf irgendwelche naturrechtlich begrün<strong>de</strong>te Argumente zurückgreift. 5<br />
Der Jurist bewegt sich außerhalb seines gewohnten individualistischen Gesichtskreises,<br />
wenn er die soziale Bindung <strong>de</strong>s Persönlichkeitsrechts <strong>de</strong>finieren<br />
soll. Er hat, nebenbei gesagt, auch <strong>de</strong>n wesentlichen Bezug <strong>de</strong>r Meinungsfreiheit<br />
zur Wahrheitsfindung verloren.<br />
Das Recht auf Meinungsfreiheit kann, wie dargestellt, gemäß <strong>de</strong>m mo<strong>de</strong>rnen<br />
Rechts<strong>de</strong>nken nur noch vom einzelnen aus <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n. Dieser bestimmt,<br />
welche Daten in die Datei aufgenommen wer<strong>de</strong>n dürfen. Er bestimmt<br />
auch, wie die gespeicherten Daten verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n dürfen. Das führt naturgemäß<br />
zu einer un<strong>de</strong>finierbaren Verengung <strong>de</strong>s Rechts auf passive Meinungsfreiheit,<br />
d.h. <strong>de</strong>s Rechts auf Information auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Seite. Die Juristen<br />
beklagen diesen Umstand als Verlust an Verständnis für <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mokratischen<br />
Prozeß. Aber das ist eben die Folge <strong>de</strong>s individualistischen Begriffs <strong>de</strong>r<br />
Meinungsfreiheit, <strong>de</strong>n die Juristen selbst zu verantworten haben. Da <strong>de</strong>m<br />
Allgemeinen Persönlichkeitsrecht in allen Zweifelsfällen <strong>de</strong>r Vorrang gebührt,<br />
ist faktisch je<strong>de</strong>r Zugriff auf persönliche Daten durch <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>s<br />
einzelnen blockiert. Gemäß <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen „Grundrecht auf informationelle<br />
Selbstbestimmung" hat je<strong>de</strong>r einzelne die Befugnis, „grundsätzlich selbst zu<br />
entschei<strong>de</strong>n, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebensverhalte<br />
offenbart wer<strong>de</strong>n". Was das z.B. für eine Bank be<strong>de</strong>utet, die auf weit<br />
abgestützte Information bei <strong>de</strong>r Kreditvergabe angewiesen ist, kann man sich<br />
vorstellen.<br />
Ein solches Recht wie das auf „informationelle Selbstbestimmung" muß eine<br />
Unzahl von Tatbestän<strong>de</strong>n auflisten, in <strong>de</strong>nen sowohl die Datenerhebung wie<br />
die Datenverwendung vom Willen <strong>de</strong>s Betroffenen unabhängig ist. Und diese<br />
Regeln können nur unter <strong>de</strong>r Bedingung erstellt wer<strong>de</strong>n, daß man <strong>de</strong>n jeweiligen<br />
Zweck, für <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Eingriff legitimiert sein soll, gesetzlich <strong>de</strong>finiert.<br />
Zweck <strong>de</strong>r Begrenzung kann aber nur sein, das Funktionieren <strong>de</strong>r gesellschaftlichen<br />
und staatlichen Ordnung, d.h. <strong>de</strong>r gesellschaftlich und staatlich<br />
legitimierten Institutionen sicherzustellen. Es muß also klar zwischen öffentlichem<br />
o<strong>de</strong>r staatlichem und privatem Zweck unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Das läßt<br />
sich vielleicht bei <strong>de</strong>r rechtlichen Regelung <strong>de</strong>r Datenerhebung leicht raa-<br />
5<br />
Eine sehr instruktive Darstellung <strong>de</strong>r ganzen Problematik vom juristischen Standpunkt bietet H.<br />
Ehmann, Informations- und Meinungsfreiheit in unserer Kin<strong>de</strong>rzeit und heute, in: W. Hadding,<br />
Hrsg., Festgabe, Zivilrechtslehrer <strong>de</strong>r Jahrgänge 1934/35, Berlin 1999,.73-101.