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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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132 4. Kap.: Die Bürgerrechte<br />

Die Definition ist in dieser allgemeinen Fassung mit vielen Fragen bela<strong>de</strong>n,<br />

die nur im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n konkreten Umstän<strong>de</strong>n, d.h. mit tatbestandsmäßigen<br />

Faktoren gelöst wer<strong>de</strong>n können. Und diese sind verschie<strong>de</strong>n<br />

zu bewerten, wobei an erster Stelle an die gesamtgesellschaftliche Ordnung<br />

zu <strong>de</strong>nken ist. Die Meinungsfreiheit ist verschie<strong>de</strong>n in einer hierarchisch<br />

geglie<strong>de</strong>rten und in einer <strong>de</strong>mokratischen Gesellschaft. Heute wird die Meinungsfreiheit<br />

<strong>de</strong>s Bürgers nur im Hinblick auf eine <strong>de</strong>mokratisch geordnete<br />

Gesellschaft diskutiert. Diese Einschränkung <strong>de</strong>r Problematik erschwert die<br />

ethische Analyse, weil unter allen politischen Systemen die wertpluralistische<br />

Demokratie die Gemeinschaft grundsätzlich in vielfältige Einzelbeziehungen<br />

von Individuen auflöst. Die Demokratie lebt von <strong>de</strong>r Publizität unzähliger<br />

Einzelheiten, die <strong>de</strong>r Bürger wissen muß in <strong>de</strong>r Erfüllung seiner Bürgerpflicht.<br />

Wer die Demokratie ohne Beziehung zum Gemeinwohl als rein formelle<br />

Organisation <strong>de</strong>r allen gleichermaßen zustehen<strong>de</strong>n Freiheit versteht, braucht<br />

sich mit ethischen Fragen nicht zu befassen. Ihm genügt die Untersuchung,<br />

ob <strong>de</strong>r Kommunikationsapparat korrekt funktioniert, d.h. daß keiner in seinem<br />

Selbstbestimmungsrecht gestört und ebenso keiner in seinem Informationsinteresse<br />

geschmälert wird. Es verhält sich hier ähnlich wie in <strong>de</strong>r liberalen<br />

Konzeption <strong>de</strong>r Wirtschaft, gemäß <strong>de</strong>r die Wirtschaft als reine Wettbewerbsgesellschaft<br />

verstan<strong>de</strong>n wird, während die sozialen Folgen <strong>de</strong>r Sozialpolitik<br />

überlassen wer<strong>de</strong>n.<br />

Naturrechtliche Überlegungen zur Meinungsfreiheit<br />

Es ist empfehlenswert, die Meinungsfreiheit zunächst in ihrer originären<br />

Erscheinung, d.h. in <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Kommunikationstechnik noch nicht berührten<br />

Gesellschaft zu untersuchen. An dieser noch „primitiven" Gesellschaft ist<br />

es leichter, die Normen <strong>de</strong>r natürlichen Ethik zu <strong>de</strong>monstrieren. Es geht also<br />

um die sittlichen Normen, welche die Kommunikation von Mensch zu<br />

Mensch in Wort und Schrift im Staat bestimmen. Diese Normen sind in <strong>de</strong>r<br />

Natur <strong>de</strong>s Menschen nie<strong>de</strong>rgelegt. Da <strong>de</strong>r Mensch wesentlich sozial ist, kann<br />

er sich ohne Kommunikation mit an<strong>de</strong>rn nicht vervollkommnen. Die Sprache<br />

ist nichts an<strong>de</strong>res als das <strong>Mit</strong>tel <strong>de</strong>r Verwirklichung <strong>de</strong>r Kommunikation.<br />

Dies weist bereits darauf hin, daß die Sprache ein Instrument <strong>de</strong>r Wahrheitsmitteilung<br />

sein muß. 2<br />

In diesem Sinn ist die Meinungsfreiheit die Bedingung<br />

2<br />

Das heißt jedoch nicht, daß je<strong>de</strong> zwischenmenschliche Beziehung durch die Sprache realisiert<br />

wer<strong>de</strong>n müsse. Es gibt auch eine Zeichensprache. Und es heißt auch nicht, daß man in je<strong>de</strong>m<br />

konkreten Fall die Wahrheit sagen müsse. Durch die Jahrhun<strong>de</strong>rte hat man zwar an <strong>de</strong>m Werturteil<br />

festgehalten, daß die Lüge sittlich immer zu verwerfen ist. Die Scholastiker haben für <strong>de</strong>n<br />

Fall, daß <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re kein Recht auf eine <strong>de</strong>m Sein entsprechen<strong>de</strong> Aussage, also kein Recht auf<br />

die Wahrheit habe, zur Umgehung <strong>de</strong>r Lüge die restrictio mentalis vorgeschlagen. De facto

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