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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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Einführung 13<br />

ausschließen 5 . Soll aber damit auch die Ansicht zu recht bestehen, daß, wie<br />

behauptet wird, die liberale Demokratie keinerlei Wertkonsens mehr brauche?<br />

Diese Frage ist mit <strong>de</strong>m Hinweis erledigt, daß je<strong>de</strong> Gesellschaft ein Ziel<br />

verfolgt, ob sie dieses formuliert hat o<strong>de</strong>r nicht, wie auch je<strong>de</strong>s menschliche<br />

Tun zweckgerichtet ist. Aus diesem Grund wird in je<strong>de</strong>m menschlichen<br />

Wollen eine Lebensanschauung wirksam. Bei aller weltanschaulichen Neutralität<br />

<strong>de</strong>s Staates als juristischer Institution han<strong>de</strong>lt <strong>de</strong>r Bürger im <strong>de</strong>mokratischen<br />

Staat <strong>de</strong>nnoch aufgrund einer Weltanschauung, und wäre es auch nur<br />

die <strong>de</strong>s Nihilismus.<br />

Das Projekt einer ethisch völlig neutralen Gesellschaft wirkt sich naturgemäß<br />

auf die Definition zwischenmenschlicher Beziehungen aus. Ganz <strong>de</strong>utlich<br />

wird diese Um<strong>de</strong>utung im Begriff <strong>de</strong>r Toleranz sichtbar. Einen allgemeinen,<br />

genetischen Begriff <strong>de</strong>r Toleranz, von <strong>de</strong>m die <strong>de</strong>mokratische Toleranz nur<br />

eine Art ist, gibt es gemäß <strong>de</strong>r Ansicht, daß die einzige humane Staatsform<br />

die wertneutrale Demokratie sei, nicht mehr. Es sei hier nur kurz auf die<br />

Definition dieses Begriffs <strong>de</strong>r Toleranz eingegangen, um <strong>de</strong>n Wert o<strong>de</strong>r Unwert<br />

<strong>de</strong>s spezifisch <strong>de</strong>mokratischen Toleranzbegriffs und in <strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>s<br />

Gedankens <strong>de</strong>r totalen Wertneutralität <strong>de</strong>r Demokratie darzustellen.<br />

Von zwei Menschen, die verschie<strong>de</strong>ner religiöser Überzeugung sind, kann<br />

man nicht erwarten, daß je<strong>de</strong>r seine Überzeugung aus Liebe zum an<strong>de</strong>rn für<br />

irrelevant erklärt. Das wäre unmenschlich und wäre eine Verleugnung <strong>de</strong>r<br />

eigenen Überzeugung. Man kann von je<strong>de</strong>m nur erwarten, daß er die an<strong>de</strong>re<br />

Meinung bestehen läßt, ohne selbst gezwungen zu sein, sie zu übernehmen.<br />

Seine Toleranz läßt sich mit folgen<strong>de</strong>m Satz charakterisieren: „Ich gehe zwar<br />

mit <strong>de</strong>iner Ansicht nicht einig, aber ich ertrage sie und lasse sie bestehen." 6<br />

In dieser Definition ist noch nicht vom gleichen Recht verschie<strong>de</strong>ner Aussagen<br />

die Re<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn nur vom humanen Verständnis und Ertragen einer<br />

an<strong>de</strong>ren Meinung. Dennoch könnte diese Definition auf die staatsrechtliche<br />

Anerkennung gleicher Rechte hin spezifiziert wer<strong>de</strong>n. Wie schon gesagt,<br />

wäre damit nichts gewonnen, <strong>de</strong>nn die genetisch <strong>de</strong>finierte Toleranz wird in<br />

<strong>de</strong>r Demokratie von selbst spezifiziert. Und auch so ist sie mit <strong>de</strong>m Mehrheitsprinzip<br />

verbun<strong>de</strong>n, gemäß <strong>de</strong>m es unmöglich ist, die Entstehung eines<br />

Weltanschaungsstaates auszuschließen. Das mag für diejenigen, die z.B. die<br />

katholische Stellungnahme zur Ehe nicht teilen, son<strong>de</strong>rn freie Partnerschaften<br />

(Konkubinate, gleichgeschlechtliche Verbindungen) rechtlich gleichstellen<br />

5<br />

Näheres hierzu in: „Die Religionsfreiheit".<br />

6<br />

In diesem Sinn ist die Aussage Pius' XII. in seiner Re<strong>de</strong> an <strong>de</strong>n Verband <strong>de</strong>r katholischen<br />

Juristen zu verstehen (6.12.1953). Vom theologischen Standpunkt aus, <strong>de</strong>n Pius XII. in dieser<br />

Re<strong>de</strong> eingenommen hat, wür<strong>de</strong> sich die generische Definition <strong>de</strong>r Toleranz folgen<strong>de</strong>rmaßen<br />

charakterisieren lassen: „Ich gehe zwar mit <strong>de</strong>iner Ansicht nicht einig, weil sie vom göttlichen<br />

Recht aus keinen Bestand hat, aber ich ertrage sie und lasse sie bestehen." Siehe: „Die Religionsfreiheit".

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