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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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4. Kap.: Die Bürgerrechte<br />

gewisse Rechte zuerkannt wer<strong>de</strong>n, gewissermaßen als Garantie, daß sein<br />

Leistungsbeitrag nicht mißbraucht wird. In <strong>de</strong>r politischen Praxis kommen<br />

wir also zur Umkehrung <strong>de</strong>r sozialethischen Normenfolge, gemäß <strong>de</strong>r das<br />

Gemeinwohl <strong>de</strong>r oberste und dominieren<strong>de</strong> Maßstab <strong>de</strong>r Einzelrechte zu sein<br />

hat.<br />

Soll das nun heißen, daß <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>s Gemeinwohls, wie <strong>de</strong>r Liberalismus<br />

behauptet, eine Phantasievorstellung ist, die durch die Wirklichkeit illusorisch<br />

wird? Diese Unterstellung wird durch die praktische Wirklichkeit wi<strong>de</strong>rlegt.<br />

Denn die praktisch unbegrenzte Kompetenzverteilung an die Individuen<br />

erfor<strong>de</strong>rt im Interesse <strong>de</strong>r Allgemeinheit vonseiten <strong>de</strong>s Staates eine<br />

dauern<strong>de</strong> Nachkorrektur <strong>de</strong>r Formulierung von Bürgerrechten. Sehr <strong>de</strong>utlich<br />

wird dies wohl bei <strong>de</strong>r unbegrenzten Meinungsfreiheit. Noch <strong>de</strong>utlicher aber<br />

wird diese Konsequenz auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r sozialen Anspruchsrechte. Irgendwann<br />

und sogar kurzfristig ist die Staatskasse leer. Um das zu vermei<strong>de</strong>n,<br />

erklärt <strong>de</strong>r Liberalismus alle Anspruchsrechte als null und nichtig, <strong>de</strong>nn<br />

es komme nur auf die Garantie <strong>de</strong>r Freiheitsrechte an, um das „vermeintliche"<br />

Gemeinwohl zu retten. Das Recht auf individuelle Freiheit kann jedoch<br />

nur unter <strong>de</strong>r Bedingung aktiviert wer<strong>de</strong>n, daß <strong>de</strong>n Individuen die Möglichkeit<br />

geboten wird, das dazu notwendige Einkommen zu erwerben. Damit<br />

stehen wir vor <strong>de</strong>m Recht auf Arbeit, das nicht nur ein Freiheits-, son<strong>de</strong>rn<br />

auch ein Sozialrecht ist. Um die Explosion <strong>de</strong>r sozialen Ansprüche einzugrenzen<br />

und die Eigeninitiative anzuregen, bleibt nur die Möglichkeit, allen<br />

Bürgern <strong>de</strong>n Zugang zur Arbeit und somit zum entsprechen<strong>de</strong>n Einkommen<br />

offenzuhalten. Damit erweist sich auch in einer individualisierten Gesellschaft<br />

das Gemeinwohl als Maßstab <strong>de</strong>r Verteilung von Rechten und Pflichten.<br />

Die Ethik <strong>de</strong>s Gemeinwohls erfor<strong>de</strong>rt nicht notwendigerweise eine monarchische<br />

Regierung, welche die Freiheiten nach einer vorgefaßten konkreten<br />

Definition <strong>de</strong>s Gemeinwohls verteilt. Nur sollte es einsichtig gewor<strong>de</strong>n sein,<br />

daß die Definition <strong>de</strong>s konkreten Gemeinwohls, wenn man sie von juristisch<br />

einklagbaren Individualrechten abhängig macht, mit größten Schwierigkeiten<br />

zu kämpfen hat, wenn zur Rettung <strong>de</strong>r Gemeinschaftsordnung Individualrechte<br />

zurücktreten müssen.

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