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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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II. Die Ethik <strong>de</strong>r Partei 113<br />

strebt, muß <strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Staat vorgeordneten Gemeinwohlwerten dienen. Das ist<br />

die erste und oberste Anfor<strong>de</strong>rung, die an je<strong>de</strong> Partei gestellt ist. Während im<br />

wirtschaftlichen Sektor die Verbän<strong>de</strong> ausgesprochen ihre Interessen vertreten<br />

und das Gemeinwohl nur indirekt, nämlich im Rahmen <strong>de</strong>r staatlich umschriebenen<br />

Wirtschaftsordnung verwirklichen, ist es auf <strong>de</strong>r politischen<br />

Ebene umgekehrt: zuerst das Gemeinwohl, dann die Eigeninteressen.<br />

Schon Augustinus hat auf diese Grundbedingung <strong>de</strong>r Demokratie eindrucksvoll<br />

hingewiesen: "Wenn ein Volk Selbstzucht besitzt und selber <strong>de</strong>r eifern<strong>de</strong><br />

Anwalt <strong>de</strong>s allgemeinen Wohles ist, so daß je<strong>de</strong>rmann <strong>de</strong>m öffentlichen Interesse<br />

vor <strong>de</strong>m privaten <strong>de</strong>n Vorzug gibt, ist es dann nicht gerecht, daß ein<br />

solches Volk durch das Gesetz ermächtigt wird, sich seine Behör<strong>de</strong>n selbst zu<br />

wählen, die seine Sache - <strong>de</strong>nn dies ist doch <strong>de</strong>r Staat - verwalten sollen? ...<br />

Wenn aber ein Volk entartet, so daß es seine privaten Interessen <strong>de</strong>n öffentlichen<br />

voranstellt, sich seine Stimmen abkaufen, sich von ehrgeizigen Männern<br />

bestechen läßt und die Herrschaft über sich gewissenlosen Leuten überantwortet,<br />

ist es dann nicht gleichfalls recht, daß ein tüchtiger und angesehener<br />

Mann diesem Volk die Gewalt, Ämter zu verleihen, nimmt und die Herrschaftsgewalt<br />

einigen wenigen guten Männern o<strong>de</strong>r auch nur einem einzigen<br />

anheimgibt?" 2 Was hier Augustinus von je<strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Demokratie leben<strong>de</strong>n<br />

Bürger im Hinblick auf die politische Tätigkeit sagt, gilt in gesteigertem<br />

Maße von <strong>de</strong>n in einer politischen Vereinigung verbun<strong>de</strong>nen Bürgern, d.h.<br />

von <strong>de</strong>r Partei.<br />

Auf <strong>de</strong>r höchsten Ebene <strong>de</strong>r Ethik <strong>de</strong>r Partei ist noch nicht die Re<strong>de</strong> von einer<br />

gegebenen Staatsverfassung mit einem Parteiengesetz. Es wäre schlimm,<br />

wenn es so wäre, dann könnte sich eine Partei damit abfin<strong>de</strong>n, einzig von <strong>de</strong>r<br />

Verfassung, die gera<strong>de</strong> gültig ist, normiert zu sein. Dann wäre es im Dritten<br />

Reich eine moralische Selbstverständlichkeit gewesen, zur NSDAP zu gehören.<br />

Gewissenhafte Politiker haben sich dagegen gesträubt und sind teilweise<br />

für ihre Haltung in <strong>de</strong>n Tod gegangen. Waren sie vielleicht schlechte Politiker,<br />

die eine "falsche" Vorstellung von einer Partei gehabt hätten?<br />

Gemäß <strong>de</strong>m Gesagten läßt sich die erste, wenngleich noch sehr allgemeine<br />

ethische Definition <strong>de</strong>r Partei gewinnen: Die Partei ist ein <strong>de</strong>n vorstaatlichen<br />

Gemeinwohlwerten verpflichteter Verband, <strong>de</strong>r um <strong>de</strong>n Zugang zur Staatsgewalt<br />

kämpft o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n politischen Willensprozeß beeinflussen will.<br />

Diese Definition ist aber noch zu allgemein, das heißt, sie impliziert noch<br />

manches, was erläutert wer<strong>de</strong>n muß, um im <strong>de</strong>mokratischen Staat praktisch<br />

wer<strong>de</strong>n zu können. Zur Demokratie gehört nämlich grundsätzlich die Zulassung<br />

von mehreren Parteien. Und zum Rechtsstaat gehört außer <strong>de</strong>r Verfassung<br />

die juristische Reglementierung <strong>de</strong>r Parteiaktivitäten.<br />

2<br />

De libero arbitrio, L. I, cap. VI, 14; vgl. J. Messner, Naturrecht, 301.

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