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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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106 3. Kap.: Die Demokratie<br />

Interpretation folgten <strong>de</strong>r Konstrukturalismus, <strong>de</strong>r Kommunitarismus und<br />

ähnliche Gesellschaftstheorien. Zusätzlich zu diesen Interessengruppen, die<br />

sich nicht als politische Gebil<strong>de</strong> verstehen, bil<strong>de</strong>ten sich solche, die sich eng<br />

an bestehen<strong>de</strong> Parteien anschlossen, wie z.B. die Gewerkschaften und Unternehmerverbän<strong>de</strong>.<br />

Die repräsentative Demokratie kann für sich <strong>de</strong>n Vorteil buchen, daß sie <strong>de</strong>m<br />

alten Anliegen <strong>de</strong>s Gemeinwohls näherkommt als die plebiszitäre Demokratie,<br />

da die politischen Entscheidungen nicht lediglich das mathematische<br />

Ergebnis <strong>de</strong>r Mehrheit sind. Die Elitentheorie Schumpeters unterstreicht noch<br />

diesen Gesichtspunkt <strong>de</strong>r politischen Arbeitsteilung im Sinn <strong>de</strong>s Gemeinwohls.<br />

Die große Lücke im <strong>de</strong>mokratischen Pluralismus: das fehlen<strong>de</strong> Gemeinwohl<br />

So sehr <strong>de</strong>r Individualismus in <strong>de</strong>r repräsentativen Demokratie eine gewisse<br />

Einschränkung erfuhr, bleibt doch das Dilemma, daß <strong>de</strong>r Interessenpluralismus<br />

von Gruppen immer noch nicht <strong>de</strong>r Einheitsi<strong>de</strong>e, die wesentlich zum<br />

Staatswesen gehört, entspricht. Man kann auf <strong>de</strong>n Begriff eines sachlich<br />

begrün<strong>de</strong>ten Gemeinwohls als einer die Individuen übergreifen<strong>de</strong>n Norm<br />

nicht verzichten, wenn man eine stabile Politik betreiben will. Der Pluralismus<br />

als Gegenmaßnahme gegen <strong>de</strong>n Totalitarismus kann für sich allein noch<br />

keine Lösung sein. E. Fraenkel 2<br />

hat darum von seinem Neopluralismus aus<br />

erklärt: „Eine pluralistische Demokratie ist nur lebensfähig, wenn über ihrem<br />

in <strong>de</strong>n Partikulargruppen in Erscheinung treten<strong>de</strong>n pluralistischen Charakter<br />

nicht übersehen wird, daß sie eine Organisation <strong>de</strong>s Gesamtvolkes, d.h. aber<br />

eine Demokratie darstellt. Die Gretchenfrage einer je<strong>de</strong>n pluralistischen Demokratie<br />

lautet, wie trotz <strong>de</strong>r Anerkennung von kollektiv geltend zu machen<strong>de</strong>n<br />

Partikularinteressen ein Gemeinwille gebil<strong>de</strong>t und das Gemeinwohl geför<strong>de</strong>rt<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Das kennzeichnen<strong>de</strong> Merkmal einer pluralistisch organisierten<br />

Demokratie ist darin zu erblicken, daß sie das bonum commune<br />

durch <strong>de</strong>n Ausgleich <strong>de</strong>r Gruppeninteressen im Rahmen <strong>de</strong>s Staates unter<br />

Beachtung <strong>de</strong>r Minimalerfor<strong>de</strong>rnisse einer allgemeingültigen Wertordnung<br />

zu erreichen bestrebt ist." Woher Fraenkel diese allgemeingültige Wertordnung<br />

nimmt, wird allerdings nicht klar. Eine allgemeingültige Wertordnung<br />

ist nur durch ein moralisches Urteil erkennbar. Doch scheint bei Fraenkel als<br />

Erkenntnismittel nur <strong>de</strong>r reine Kompromiß <strong>de</strong>r Interessenvertreter übrigzubleiben.<br />

Und das genügt für eine naturrechtliche Begründung nicht, die<br />

Fraenkel eigentlich sucht, aber nicht fin<strong>de</strong>t. 3<br />

2<br />

Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 5 1973.<br />

3<br />

Vgl. dazu Joachim Detjen, Neopluralismus und Naturrecht, Zur politischen Philosophie <strong>de</strong>r<br />

Pluralismustheorie, Pa<strong>de</strong>rborn 1988.

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