27.04.2015 Aufrufe

Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

I. Die ethische Rechtfertigung <strong>de</strong>r Demokratie 103<br />

eine kommunistische Konzeption geöffnet. In <strong>de</strong>r Demokratie wer<strong>de</strong>n die<br />

verschie<strong>de</strong>nsten Anliegen <strong>de</strong>s Volkes zu einem Ordnungsganzen zusammengestellt:<br />

Freiheit, beson<strong>de</strong>rs die freie Meinungsäußerung, Vielfalt, Pluralität<br />

<strong>de</strong>r Wertvorstsellungen, offene Dynamik, Meinungskonkurrenz, Gleichheit in<br />

<strong>de</strong>r Einkommens- und Vermögensverteilung usw. Je nach weltanschaulicher<br />

Orientierung hat eine <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Intentionen, die in <strong>de</strong>m reichhaltigen<br />

Begriff <strong>de</strong>r Demokratie dominiert, <strong>de</strong>finitorische Funktion. Grundsätzlich<br />

läßt sich sagen, daß in allen Konzeptionen die formale Freiheit, die sich <strong>de</strong>r<br />

Herrschaftsmacht gegenüber so weit wie immer möglich als vorrangig bezeichnet,<br />

<strong>de</strong>r Ausgangspunkt <strong>de</strong>mokratischen Denkens ist. Da die individuelle<br />

Freiheit sich auf die vielen Glie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r staatlichen Gemeinschaft aufteilt,<br />

kann man als Grundintention auch <strong>de</strong>n Entscheidungspluralismus angeben.<br />

Die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s Pluralismus<br />

Seit<strong>de</strong>m Descartes (1569-1650) <strong>de</strong>n Intellekt von <strong>de</strong>r Wirklichkeit getrennt<br />

hat, gibt es keine Wahrheit mehr, die über die sinnliche Erfahrung hinausgeht.<br />

Die sinnliche Erfahrung kann uns nur einmalige Fakten vermitteln, die<br />

wir sammeln mögen, ohne je zu einer <strong>de</strong>r Wirklichkeit entsprechen<strong>de</strong>n Erkenntnis<br />

<strong>de</strong>s Allgemeinen zu kommen. Jegliche sogenannte Werterkenntnis<br />

ist nichts an<strong>de</strong>res als das in <strong>de</strong>r eigenen Haut erfahrene Glücks- o<strong>de</strong>r Unglücksempfin<strong>de</strong>n.<br />

Je<strong>de</strong> Entscheidung für die Zukunft ist darum ein Versuch,<br />

eine neue Erfahrung im Sinn unseres Strebens nach Glück zu machen. Es<br />

bleibt aber immer beim Versuch, bei <strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>m Irrtum zu rechnen ist. In<br />

diesem Sinn hat K.R. Popper die Theorie von trial and error aufgebaut. Für<br />

die politische Entscheidung, die für eine Vielheit von Menschen gelten soll,<br />

bleibt darum nur die Entscheidung <strong>de</strong>r Mehrheit.<br />

Diese Theorie <strong>de</strong>r Mehrheitsentscheidung ist aber nicht die Gleiche wie die<br />

<strong>de</strong>r Mehrheitsentscheidung in <strong>de</strong>r klassischen Vorstellung. Die Klassiker<br />

haben im Anschluß an Aristoteles im Mehrheitsentscheid noch eine Annäherung<br />

an die Wahrheit erblickt. Man war <strong>de</strong>r Ansicht, daß die Mehrheit in<br />

gewisser Hinsicht gleich <strong>de</strong>m Resultat ausgewogener Vernunfterkenntnis sei.<br />

Seit<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Descartessche Sensualismus obsiegte, ist je<strong>de</strong> Hoffnung auch<br />

auf eine Annäherung an die Wahrheitserkenntnis ein Irrtum. Gleiches gilt für<br />

<strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s Gemeinwohls, <strong>de</strong>r irgen<strong>de</strong>ine reale Be<strong>de</strong>utung für die Ganzheit<br />

einer Mehrheit hätte. Das Empfin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r vielen Einzelnen ist darum die<br />

einzige Formel, um aus <strong>de</strong>m Dilemma herauszukommen, ohne je<strong>de</strong>n Anspruch<br />

auf Vernunft und Wahrheit. Auf dieser Philosophie, wenn man diese<br />

Denkweise noch so nennen darf, grün<strong>de</strong>t die liberale Definition <strong>de</strong>r Demokratie.<br />

Die Herrschaftsgewalt <strong>de</strong>s Staates ist damit ausgeschaltet.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!