EMV und Recht: Die EMV-Richtlinie der EU (Richtlinie ... - Schurter

Dr. iur. Jürg Zwicky 

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EMV und Recht: Die EMV-Richtlinie der EU 

(Richtlinie 2004/108/EG) 

EMV-Fachtagung im Technopark Zürich 

21. Mai 2008 

Dr. Jürg Zwicky, Rechtsanwalt, Zollikon 

Geschichtlicher Hintergrund 

• 1989: Erlass der ursprünglichen EMV-Richtlinie 

89/336/EWG nach dem Prinzip des „New Approach“ 

• 1991 - 1993: mehrere Ergänzungen der 89/336/EWG 

• 1993: Erster Leitfaden der EU-Kommission 

• 1997: Zweiter Leitfaden der EU-Kommission 

• Ueberarbeitung der Richtlinie im Rahmen des sog. SLIM- 

Prozesses (Simpler Legislation for the Internal Market) 

• 2004: Veröffentlichung der revidierten EMV-Richtlinie im 

EU-Amtsblatt vom 31.12.2004 (L 390) 

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Ziele der Revisionsarbeiten 

• Praxis zeigte Bedürfnis nach Vereinfachung, Erweiterung 

und Klarstellungen 

• Bessere Verständlichkeit und Uebersichtlichkeit 

• Umsetzung der Erfahrungen aus der Anwendung der 

alten Richtlinie 

• Rechtliche Konsolidierung der im Leitfaden von 1997 

erarbeiteten Prinzipien, welche keine Rechtskraft 

entfalteten (Status eines „Gentlemen agreement“) 

• Abgrenzung zwischen Geräten und ortsfesten Anlagen 

• Bessere Begriffsdefinitionen (ortsfeste/bewegliche 

Anlagen, Bauteile und Baugruppen) 

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Zeitplan für Implementierung der neuen EMV- 

Richtlinie 

• Bis 20.1.2007: Umsetzung in EU/EWR-Mitgliedstaaten 

(Richtlinien bedürfen der Umsetzung ins nationale Recht) 

• 20.7.2007 – 20.7.2009: Transitional Period (d.h. 

Anwendung der bisherigen oder der neuen Richtlinie 

durch die Hersteller; „Lagerabbau“ ermöglicht) 

• Für ortsfeste Anlagen ist neue Richtlinie schon seit 

20.7.2007 anzuwenden 

• Ab 20.7.2009: Neue EMV-Richtlinie 2004/108/EG ist 

zwingend anzuwenden 


Geographischer Anwendungsbereich 

• Erstmaliges Einführen/Inverkehrbringen im EWR 

• Europäischer Wirtschaftsraum EWR besteht aus 25 EU- 

Mitgliedstaaten plus Norwegen, Island und Liechtenstein 

• Weitere Umsetzung der bisherigen EMV-Richtlinie 

89/336/EWG erfolgte in der Schweiz (1997) und der 

Türkei (2004) 

• In der Schweiz ist die Umsetzung der neuen EMV- 

Richtlinie im Gange; zuständig ist das BAKOM 

• EMV-Richtlinie bildet Teil des bilateralen Abkommens 

„technische Handelshemmnisse“ Schweiz – EU: wichtig! 


Zielsetzung der EMV-Richtlinie und sachlicher 

Anwendungsbereich: Art. 1 

• Ziel: Elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln, 

freier Warenverkehr auf dem Binnenmarkt durch 

Festlegung eines einheitlichen Niveaus der EMV 

• Elektromagnetische Störungen dürfen das Funktionieren 

anderer Geräte nicht beeinträchtigen (Emissionen) 

• Störfestigkeit, soweit diese für das Funktionieren unter 

Einfluss elektromagnetischer Störungen nötig ist 

(Immunität) 

• EMV-Richtlinie regelt NICHT die Sicherheitsaspekte von 

Produkten (wie z.B. die Maschinen- oder die 

Niederspannungsrichtlinie der EU 


Ausnahmen von der Richtlinie, Art. 1 Abs. 2 

Ausgenommen sind 

• Betriebsmittel unter Richtlinie 1999/5/EG (Funkanlagen 

und Telekommunikationsendeinrichtungen) 

• (zivil)luftfahrttechnische Erzeugnisse 

• Nicht im Handel erhältliche Funkgeräte für Funkamateure 

gemäss ITU (Internationale Fernmeldeunion) 


„Gutartige“ und deshalb ausgenommene 

Betriebsmittel; Art. 1 Abs. 3 

• Betriebsmittel, die auf Grund ihrer physikalischen 

Eigenschaften unter EMV-Aspekten „gutartig“ sind, d.h. 

keine unakzeptablen Störungen aussenden und durch 

äussere Störungen nicht unakzeptabel beeinträchtigt 

werden (kumulative Bedingungen!) und keine aktiven 

elektronische Teile enthalten 

• Beispiele: Kabel, Kabelsätze und Kabelzubehör (trotz 

EMV-Relevanz für Betriebsmittel); Batterien, Akkumulatoren 

und Taschenlampen; Kopfhörer u. Lautsprecher, 

Induktionsmotoren, Steckdosen, passive Antennen etc. 


Lex specialis geht lex generalis vor: Art.1 Abs. 4 

• Wenn eine andere Richtlinie EMV-spezifischere 

Anforderungen festlegt, so gilt für diese Anforderungen 

die spezifischere Richtlinie und nicht die EMV-Richtlinie 

• Beispiele für Emissions- und Immunitätsaspekte ( = 

vollständig von EMV-Richtlinie ausgenommen): 

Motorfahrzeuge, Medizinprodukte (inkl. In Vitro- 

Diagnostika und aktiv implantable Medizinprodukte), 

Traktoren, Schiffsausrüstungen, 

• Ausschluss der EMV-RL nur für Störfestigkeit: 

Messinstrumente, nicht-selbsttätige Waagen 


Geräte, Bauteile und Baugruppen, bewegliche und 

ortsfeste Anlagen; Art. 2 

Definition Gerät: 

• Fertiger Apparat oder eine als Funktionseinheit in den 

Handel gebrachte Kombination solcher Apparate 

• für Endnutzer bestimmt (i.d.R. ohne EMV-Fachwissen), 

• kann elektromagnetische Störungen verursachen oder 

der bestimmungsgemässe Betrieb kann durch solche 

Störungen beeinträchtigt werden 

• Bauteile und Baugruppen sind ebenfalls Geräte und sind 

dazu bestimmt, vom Endnutzer in ein Gerät eingebaut zu 

werden, und können Störungen verursachen oder 

können gestört werden 



ortsfeste Anlagen; Art. 2 (Forts) 

• Als Gerät gelten auch bewegliche Anlagen, d.h. eine 

Kombination von Geräten/weiteren Einrichtungen, die 

beweglich ist und für den Einsatz an verschiedenen 

Orten bestimmt ist 

• Ortsfeste Anlage: Eine besondere Kombination von 

Geräten unterschiedlicher Art und evtl. weiteren 

Einrichtungen, die miteinander verbunden oder installiert 

werden und dazu bestimmt sind, auf Dauer an einem 

vorbestimmten Ort betrieben zu werden 




• Beispiele von Bauteilen, die von EMV-RL erfasst und für 

Endnutzer erhältlich sind: 

- Plug-in Karten für Computer 

- Elektromotoren (ausser Induktionsmotoren) 

- Diskettenlaufwerke für Computer 

- Elektronische Temperaturfühler 

- Netzgeräte (Steckernetzteile oder in Geräte 

einsteckbare Stromversorgungseinheiten) 




Beispiele von Bauteilen, welche NICHT von EMV-RL erfasst 

und zum Einbau durch andere Personen als die Endnutzer 

bestimmt sind 

•Elektrische oder elektronische Bauteile in elektrischen oder 

elektronischen Schaltkreisen 

•Dioden, Transistoren, Triacs, Widerstände, 

Kondensatoren, Spulen, LED‘s 

•Integrierte Schaltkreise 

•Kathodenstrahlröhren 




• Beispiel für bewegliche Anlage (unterliegen EMV-RL): 

- TV-Sendewagen 

- Jahrmarktgeräte (Vergnügungsbahnen) 

• Beispiele für ortsfeste Anlagen (unterliegen nur in 

technischer, nicht aber formeller Hinsicht der EMV-RL) 

- Produktionsstrassen 

- Kraftwerke und Energie-Verteilnetze 

- Kabel-TV-Netzwerke/Telekommunikationsnetze 

- Eisenbahn-Infrastrukturanlagen 

- Gepäcksortieranlagen auf Flughäfen 


Grundlegende Anforderungen: Art. 5 

• Verweis auf Anhang I 

- Betriebsmittel (Geräte und ortsfeste Anlagen) dürfen 

weder den Betrieb von Funk- und Telekommunikationsgeräten 

noch anderer Betriebsmittel stören 

- Betriebsmittel müssen bei bestimmungsgemässem 

Betrieb hinreichend unempfindlich sein gegen zu 

erwartende elektromagnetische Störungen 

• Ortsfeste Anlagen sind nach den anerkannten Regeln 

der Technik zu installieren und Komponenten sind 

gemäss den Vorgaben des Herstellers zu verwenden. 

Anerkannte Regeln sind zu dokumentieren! 


Verwendung von harmonisierten Normen Art. 6 

• Die Anwendung europäischer harmonisierter Normen 

(EN) ist freiwillig! 

• Hersteller müssen die grundlegenden Anforderungen der 

Richtlinie erfüllen, sei es unter Anwendung von EN oder 

durch sonstige Massnahmen 

• Befolgung der EN löst die gesetzliche Vermutung der 

Erfüllung der EMV-RL aus, soweit die EN angewendet 

wurde und soweit die EN die relevanten grundlegenden 

Anforderungen abdeckt 

• In der Praxis ist die Verwendung EMV-relevanter 

Normen häufig 


Konformitätsbewertung für Geräte: Art. 7; 

Anhänge II und III 

Pflichten des Herstellers (oder Bevollmächtigten) 

• Selbstdeklaration (Anhang II): Kein Beizug einer Drittstelle 

nötig! Drittstelle ist freiwillig: Verfahren in Anhang III 

• EMV-Bewertung zur Festellung, ob grundlegende 

Anforderungen erfüllt sind. Anwendung der EN ist einer 

EMV-Bewertung gleichgestellt 

• „Worst case-Methode“ bei verschiedenen 

Konfigurationen oder Betriebsbedingungen 

• Technische Unterlagen gemäss Anhang IV erstellen (10 

Jahre aufbewahren) 

• Konformitätserklärung ausstellen (Anhang IV) 

• CE-Kennzeichnung anbringen (Anhang V) 


Worst Case Methode 

• EMV-Bewertung umfasst voraussehbare Konfigurationen 

unter üblichen Bedingungen und bestimmungsgemässer 

Verwendung 

• Bewertung erfolgt anhand der Konfiguration, welche am 

meisten Störungen verursacht bzw. die höchste 

Störfestigkeit erfordert 

• Dasselbe gilt für Produkte aus gleicher Baureihe mit 

ähnlichen Charakteristiken (z.B. unterschiedliche 

Leistungsstärke) 


Technische Unterlagen (TU); Anhang IV 

• TU ermöglichen Beurteilung der Uebereinstimmung mit 

grundlegenden Anforderungen der Richtlinie 

- Allgemeine Beschreibung des Geräts 

- Nachweis der Uebereinstimmung mit EN 

- Bei Nichtanwendung von EN: Beschreibung der 

Schritte und Vorkehren, die zur Erfüllung der 

grundlegenden Anforderungen geführt haben 

(Entwurfsberechnungen, Prüfresultate etc.) 

- Im Falle des Beizugs einer benannten Stelle: 

Bestätigung dieser Stelle gehört in TU 

Für Marktüberwachungsbehörde zur Verfügung halten! 


Konformitätserklärung ; Anhang IV 

• Konformitätserklärung umfasst mindestens: 

- Verweis auf EMV-Richtlinie 2004/108/EG 

- Identifizierung des Geräts gemäss Art. 9 

- Name/Adresse Hersteller 

- Verweis auf angewandte EN oder sonstige 

technische Spezifikationen 

- Datum und rechtsgültige Unterschrift 

(zeichnungsberechtigte Person) 

In der Form und Ausgestaltung der 

Konformitätserklärung ist der Hersteller frei! 


CE-Kennzeichnung: Artikel 8 und Anhang V; 

Uebrige Kennzeichnungsvorschriften: Art. 9 

• Zeichen, die zu Verwechslungen mit CE-Zeichen führen 

können, sind nicht gestattet; Schriftbild CE obligatorisch 

• Unberechtigtes Anbringen des CE-Zeichens wird 

sanktioniert, allenfalls unter Schutzklausel gem. Art. 10 

• CE-Zeichen gehört auf Gerät oder Typenschild, oder, 

wenn nicht möglich oder sinnvoll, auf Verpackung oder 

Begleitunterlagen 

• Art. 9 verlangt Produktidentifikation wie durch 

- Typenbezeichnung, Baureihe, Seriennummer; Name 

und Adresse des Herstellers/Bevollmächtigten oder 

allenfalls des Inverkehrbringers 


Betriebs-/Wartungs-/Montageanleitung (Art. 9) 

• Falls für einen „EMV-konformen Betrieb“ nötig, muss Hersteller die 

Informationen liefern, damit das Gerät in seiner 

bestimmungsgemässen Verwendung die grundlegenden 

Anforderungen der Richtlinie erfüllt (z.B. hinsichtlich Erdung oder zu 

verwendenden Kabeln) 

• Papierform zwingend, andere (zusätzlich) Medien erlaubt Endnutzer 

muss ohne weiteres (z.B. ohne Internetan- schluss) Zugang zu den 

Informationen haben 

• Sprache des Verwenderlandes zu empfehlen (RL über allg. 

Produktesicherheit oder Produktehaftung), auch wenn keine explizite 

Vorschrift in EMV-Richtlinie 

• Deutschland: Deutsche Anleitung, falls Gerät für nicht-gewerbliche 

Nutzer bestimmt 

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Benannte Stellen; Artikel 12 

• Stellen werden von EU/EWR-Staaten der EU- 

Kommission gemeldet unter Angaben derer 

Kompetenzen und Zuständigkeiten 

• Anforderungen an benannte Stellen: Anhang VI 

• Liste der benannten Stellen wird publiziert 

• In der Schweiz sind die Stellen unter dem bilateralen 

Abkommen gemeldet 


Anforderungen an ortsfeste Anlagen: Art. 13 

• Weil ortsfeste Anlagen naturgemäss nicht dem freien 

Warenverkehr unterliegen, gelten Anforderungen betr. 

CE-Kennzeichnung, Konformitätserklärung oder formelle 

EMV-Bewertung nicht. 

• Hingegen müssen sie die technischen Anforderungen 

gemäss Anhang I erfüllen 

• In ortsfeste Anlagen eingebaute Geräte unterliegen in 

der Regel, der EMV-RL. Ausnahme: Geräte, welche für 

eine bestimmte (oder mehrere identische) ortsfeste 

Anlage bestimmt und sonst nicht erhältlich sind 

• Instruktionen der Komponentenhersteller sind zu beachten/aufzubewahren; 

der Stand der Technik ist zu erfüllen 


Anforderungen an ortsfeste Anlagen: Art. 13 (Forts.) 

• Dokumentation der Anwendung der anerkannten Regeln 

der Technik und Aufbewahrung dieser Unterlagen 

während der Betriebsdauer der ortsfesten Anlage 

• Behörden können im Falle von Störungen den Nachweis 

der Konformität verlangen oder Ueberprüfung 

veranlassen 

• Mitgliedstaaten erlassen Vorschriften bezüglich Person, 

welche für die ortsfeste Anlage bzw. deren Konformität 

verantwortlich ist 


Marktüberwachung: Art. 3, 4, 8(4), 10, 11 

• Die Marktüberwachung wird durch die Mitgliedstaaten 

vollzogen; ist nicht EU-weit harmonisiert! 

• Der Marktüberwachung unterliegen alle Betriebsmittel, 

also Geräte und ortsfeste Anlagen 

• Behörde kann Konformitätserklärungen und technische 

Unterlagen verlangen, Geräte verbieten, Schutzklausel 

anrufen, Sanktionen (wie Bussen) auferlegen 

• Sonderregelung bei Messen und Ausstellungen (Art.4(3)) 

• Sondermassnahmen an bestimmten Orten oder zum 

Schutz öffentlicher Telekommunikationsnetze oder 

Sende- und Empfangsanlagen (Art. 4(2)) 


Weiterführende Informationen 

• Liste harmonisierter europäischer Normen: 

http://ec.europa.eu/comm/enterprise/newapproach/stand 

ardization/harmstds/reflist/emc.html 

• www.cenelec.org, www.cen.eu, www.etsi.org 

• Benannte Stellen unter der EMV-Richtlinie: 

http://ec.europa.eu/enterprise/newapproach/nando/ 

index.cfm?fuseaction=directive.notifiedbody 

• Weitere Informationen und Publikationen auf 

http://ec.europa.eu/enterprise/electr_equipment/emc/ 

index.htm 


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