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„Lieben – Laufen – Lernen“ - Wiener Seniorenbund

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Kunst und Kultur für seniorinnen und senioren<br />

Venedig – Aufstieg und Fall<br />

Von prof. gerhard ederndorfer<br />

Mehr als 1000 Jahre war Venedig<br />

eine unabhängige Großmacht.<br />

Sein politischer und finanzieller<br />

Einfluss wurde überall in der bekannten<br />

Welt bewundert und gefürchtet.<br />

Der Legende nach wurde Venedig<br />

im Jahre 421 gegründet. Fakt ist, dass<br />

der letzte Doge 1797 abdankte. Dazwischen<br />

liegen fast 1400 Jahre, in denen<br />

die Stadt erbaut, geschmückt und<br />

schließlich zur Weltmacht wurde, dann<br />

aus dem Rampenlicht verschwand, um<br />

als eines der beliebtesten Touristenziele<br />

Europas wieder aufzustehen.<br />

Zuflucht im Wasser<br />

Gegründet wurde Venedig aus Angst.<br />

Als das Römische Reich unter dem<br />

Ansturm der Barbaren zusammenbrach<br />

und das Ende der Zivilisation<br />

gekommen schien, flohen die Bewohner<br />

des Festlandes vor den Hunnen<br />

an die Lagune und siedelten auf die<br />

kleinen sumpfigen Inseln. Vom Wasser<br />

beschützt genoss das frühe Venedig relativ<br />

friedliche Jahrhunderte, während<br />

für das übrige Europa die finsteren<br />

Zeiten anbrachen.<br />

Macht, Reichtum, Gier<br />

Als die Venezianer 697 ihren ersten<br />

Dogen als Schirmherren über die wachsende<br />

Stadt wählten, waren sie bereits<br />

meisterhafte Schiffbauer geworden.<br />

Wenn man Schiffe bauen kann, kann<br />

man reisen, kann man Handel betreiben.<br />

Um die Schiffsrouten zu sichern<br />

und sichere Handelsstützpunkte zu<br />

schaffen, eignete sich Venedig Gebiete<br />

am Mittelmeer und im Nahen Osten<br />

an. 1203 fand sich Venedig bereit, den<br />

Vierten Kreuzzug ins Heilige Land zu<br />

transportieren und zu versorgen. Im<br />

Gegenzug erhielt es Hilfe für ein örtliches<br />

Problem. Es war das christliche<br />

Konstantinopel, das mit Venedig in<br />

Streit lag und nun mit vereinten Kräften<br />

gebrandschatzt wurde. Nun kontrollierte<br />

Venedig die Handelswege nach<br />

Osten und bereicherte sich am Beutegut<br />

– unter anderen gehörten die Bronzepferde<br />

in der Marcusbasilika dazu.<br />

Die Tage des Ruhmes<br />

Ab dem 15. Jhdt. war das reiche, mächtige<br />

Venedig eine der größten Städte<br />

Europas. Glanzvolle Bauwerke zierten<br />

die Stadt. Ihre Bewohner waren berühmt<br />

für ihre luxuriöse Kleidung, Juwelen<br />

und hedonistische Lebensweise.<br />

Das politische System, das auf komplizierten,<br />

gegenseitigen Kontrollen beruhte,<br />

die sicherstellen sollten, dass kein<br />

Teil der politischen Elite mächtig wurde,<br />

funktionierte. Oberer Rat, Unterer<br />

Rat, Senat, Oberste Richter, Zehnerrat,<br />

aber auch Ausschüsse, Angestellte und<br />

Spione hielten das fragile Gleichge­<br />

Kultur & Ausflüge<br />

wicht aufrecht. Über allen thronte der<br />

Doge, auf Lebenszeit gewählt und in<br />

alle Geheimnisse eingeweiht.<br />

Ein zweiseitiges Problem<br />

1453 fiel Konstantinopel an die Türken<br />

und Venedig verlor den Zugang zu<br />

den östlichen Handelswegen, während<br />

Vasco da Gama das Kap der Guten<br />

Hoffnung umsegelte und den Seeweg<br />

nach Osten öffnete. Binnen 50 Jahren<br />

verlor Venedig Handelsmonopol und<br />

wirtschaftliche Basis, das Menetekel<br />

erschien an der Wand. Der Ernst der<br />

Lage wurde jedoch von den Wenigsten<br />

erkannt, denn man war verwöhnt<br />

durch Jahrhunderte angehäufte Beuteschätze.<br />

Als sich die Staatskassen<br />

leerten, erfand sich Venedig als Vergnügungshauptstadt<br />

Europas neu, als<br />

Mekka für Genießer. Der Karneval<br />

wurde „erfunden“.<br />

Das Ende der Republik<br />

1789 wurde Lodovico Manin zum 120.<br />

Dogen gewählt. Um den Karneval nicht<br />

zu stören, verlief seine Wahl fast unbemerkt.<br />

Acht Jahre später fegte der junge<br />

Napoleon in die Stadt und setzte Manin<br />

ab. Er ging wortlos, setzte seinen Dogenhut<br />

ab, das tausendjährige Symbol<br />

der Republik, und gab ihn seinen Diener<br />

mit den Worten: „Nimm ihn, ich werde<br />

ihn nicht mehr brauchen.“<br />

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Foto: fotolia.com

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