Ausgabe April 2015
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nKUNST UND KULTUR<br />
52<br />
Hure, Ehefrau, Zigeunerkönigin<br />
Von Ursula von Malleck | Es ist<br />
mitten im Dreißigjährigen Krieg,<br />
mordend, plündernd und brandschatzend<br />
ziehen Soldaten und<br />
Landsknechte durch das verwüstete,<br />
ausgeblutete Land. Die<br />
Welt ist aus den Fugen geraten.<br />
Es gibt keine Strukturen mehr,<br />
nur noch Angst, Hunger und eine<br />
unfassbare Brutalität. Vergewaltigungen<br />
sind an der Tagesordnung.<br />
Um ihre Jungfräulichkeit<br />
zu schützen, wird die bildhübsche<br />
dreizehnjährige Libuschka<br />
in Männerkleider gesteckt<br />
und dient einem Rittmeister als<br />
Page. Doch als ihr bei einer Rauferei<br />
einer an die „Courasche“<br />
packt, wird sie enttarnt. Nach<br />
und nach entwickelt sie sich zu<br />
einer durchtriebenen, mit allen<br />
Wassern gewaschenen Frau, der<br />
Courasche. Sie will leben – gut<br />
leben, und dazu ist ihr jedes<br />
Mittel recht. Sie schlägt sich<br />
durch als Hure, Soldatin oder<br />
Marketenderin, wird siebenmal<br />
Ehefrau und Witwe und zum<br />
Schluss Zigeunerkönigin. Bald<br />
lässt sie sich von den Männern<br />
nichts mehr sagen, treibt mit ihnen<br />
ihre derben Späße, nimmt<br />
es skrupellos mit ihnen auf. Sie<br />
schlägt einem Gegner in vollem<br />
Galopp den Kopf ab, schließt mit<br />
einem Mann einen Ehevertrag,<br />
der ihr all die Vorrechte sichert,<br />
die sonst die Männer für sich in<br />
Anspruch nehmen.<br />
Nun, als „alte Vettel“, legt sie<br />
eine unverblümte Lebensbeichte<br />
darüber ab, wie es ihr trotz<br />
der Wirren der Zeit immer wieder<br />
gelang, ihre Schönheit listenreich<br />
und durchtrieben im<br />
Kampf um Wohlstand und ums<br />
Überleben einzusetzen. Sie tut<br />
dies nicht, weil sie ihr Lotterleben<br />
bereut, sondern, um sich an<br />
Simplicissimus zu rächen, der<br />
sich „in seinem eigenen Buch<br />
so despektierlich über sie geäußert<br />
hat“. Kurios ist hierbei, dass<br />
Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen,<br />
der jene turbulente<br />
Zeit selbst als Soldat miterlebt<br />
hat, der Autor beider Geschichten<br />
ist. Jutta Seiferts Mut, diese<br />
aus vielen oft verbindungslosen<br />
Episoden bestehende Geschichte<br />
als Bühnenstück zu präsentieren,<br />
ist zu bewundern. Karg<br />
und statisch ist das Bühnenbild<br />
im Palais. Es gibt keinen wirklichen<br />
Kostümwechsel. Seifert<br />
muss, ohne größere Hilfsmittel,<br />
nur aus sich selbst heraus, ihr<br />
Publikum in den Bann dieser<br />
schillernden Persönlichkeit ziehen,<br />
und das in einer Sprache,<br />
23. <strong>April</strong> <strong>2015</strong><br />
Brillant stellte Jutta Seifert mit „Die Courasche“ von Grimmelshausen die erste Ich-Erzählerin der deutschen Literatur auf die<br />
Bühne des „Goldenen Salons“ im Palais<br />
Bildhauer reloaded<br />
Von Britta Lübbers | Am 17.<br />
Mai gibt es ein Wiedersehen<br />
mit den Künstlern der Rasteder<br />
Bildhauerwerkstatt. Michaela<br />
Biet, Ralf Ehmann, Hans<br />
Otto Lohrengel und Ignacy Nowodworski<br />
werden dabei sein,<br />
Ohne größere Hilfsmittel schlägt Jutta Seifert ihr Publikum in den Bann | Foto: von Malleck<br />
Ausstellung im Palais: Von Mai bis Juli kann die Bildhauerwerkstatt noch einmal nacherlebt werden.<br />
wenn im Palais Rastede die der Werkstatt entstandenen<br />
Ausstellung „Bildhauerwerkstatt<br />
Aufnahmen des Fotoclubs<br />
reloaded“ eröffnet wird.<br />
Und sie haben (kleinere) Werke<br />
dabei, die noch bis zum 12.<br />
Juli zu sehen sind. Außerdem<br />
zeigt die Schau die während<br />
„Blende 8“ und die bildhauerischen<br />
Arbeiten, die – inspiriert<br />
durch das Freiluftatelier – von<br />
Schülerinnen und Schülern der<br />
7. Jahrgangsstufe der KGS ge-<br />
die nah am Original und manchem<br />
Zuschauer nicht immer<br />
verständlich ist. Seifert zeigte<br />
alle Facetten ihrer Schauspielkunst,<br />
war die Frau der tausend<br />
Gesichter, spielte die Courasche,<br />
spielte mit ihrem Publikum, bis<br />
es Teil der Szenerie wurde – war<br />
mal sarkastisch, mal verführerisch,<br />
mal bissig oder ausgelassen<br />
und zeigte eine mitreißende<br />
Darbietung von einem für diese<br />
Zeit ungewöhnlich selbstbewussten<br />
Frauenleben, das Liebe<br />
und Schönheit im Kampf<br />
um Dukaten in die Waagschale<br />
wirft.<br />
n<br />
fertigt wurden. Unter dem Titel<br />
„Verkehrte Bildhauerwerkstatt“<br />
steht die Kinderkunstwerkstatt,<br />
die am 30. Mai von 10 bis<br />
12.30 Uhr im Palais stattfindet.<br />
Die Teilnehmer basteln Figuren<br />
u.a. aus Papier. n<br />
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