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Clostridienerkrankungen bei Schaf und Ziege

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<strong>Clostridienerkrankungen</strong> <strong>bei</strong> <strong>Schaf</strong> <strong>und</strong> <strong>Ziege</strong><br />

Dr. med vet. habil. Bernd Köhler<br />

Die Krankheits- <strong>und</strong> Todesursachen werden von 1811 gestorbenen <strong>Schaf</strong>en, die im Rahmen<br />

der Routinediagnostik von 1985-1997 im Staatlichen Veterinäruntersuchungsamt Potsdam<br />

zur diagnostischen Untersuchung eingeschickt worden sind unter besonderer<br />

Berücksichtigung von Clostridientoxinfektionen, ausgewertet. Bei 76,1% der gestorbenen<br />

<strong>Schaf</strong>e wurden bakterielle Infektionen diagnostiziert. Abbildung 1 zeigt die häufigsten<br />

Erkrankungen zur Feststellung. 36,3% der <strong>Schaf</strong>e starben infolge Toxinfektionen durch<br />

pathogene Clostridien (658 Tiere), wo<strong>bei</strong> Clostridium (Cl.) perfringens- Enterotoxämien mit<br />

334 Tieren (18,4%) die wichtigsten Krankheits- <strong>und</strong> Todesursache bildeten, gefolgt von<br />

Gasödeminfektionen<br />

(16,9% = 306 <strong>Schaf</strong>e). Danach gelangten Listeriose (16,2% = 294 Tiere), bakterielle<br />

Septikämien (11,2% = 200 Tiere), Pneumonien (10,2% = 185 <strong>Schaf</strong>e), Parasitosen<br />

(140 <strong>Schaf</strong>e =7,2%), Vergiftungen (4,3% = 78 <strong>Schaf</strong>e), bakterielle Enteritiden (49 Tiere =<br />

2,7%) u.a. Erkrankungen. Der Anteil von Toxinfektionen durch sonstige pathogene<br />

Clostridien (Tetanus, Cl. sordellii u.a.) betrug 1,0% (18 <strong>Schaf</strong>e). Bei den Cl. perfringens-<br />

Enterotoxämien ist zwischen seuchenhaft verlaufenden Enterotoxämien durch<br />

Cl. perfringens Typ B, die im Untersuchungsmaterial nur selten diagnostiziert wurden <strong>und</strong><br />

enzootisch bzw. sporadisch vorkommenden Enterotoxämien zu unterscheiden. Die<br />

wichtigsten Einflussfaktoren <strong>bei</strong> der Entstehung der Cl. perfringens- Enterotoxämien sind aus<br />

Abbildung 2 ersichtbar. Abbildung 3 vergleicht die Häufigkeit von Cl. perfringens-<br />

Enterotoxämien <strong>bei</strong> 13 verschiedenen Haus- <strong>und</strong> Nutztierarten. Bei der <strong>Ziege</strong> erreichte der<br />

Anteil von Cl. perfringens- Enterotoxämien im Sektionsgut 32%. Danach folgten <strong>Schaf</strong><br />

(18,44%), Saugferkel (13,64%), Kalb (10,09%), Pferd (6,8%), erwachsene Schweine<br />

(5,99%), u.a. In jüngster Zeit ist der Anteil der Cl. perfringens-Toxinfektionen <strong>bei</strong> Puten<br />

dramatisch angestiegen, so dass sie gegenwärtig die erste Stelle einnehmen dürften.<br />

Ursache für das gehäufte Vorkommen von Cl. perfringens- Enterotoxämien <strong>bei</strong> <strong>Schaf</strong>en <strong>und</strong><br />

<strong>Ziege</strong>n dürften unter spezifischen Fütterungsbedingungen vor allem ihre besonders hohe<br />

Empfindlichkeit gegen ε- Toxin –Lämmer wiesen von allen geprüften Haus- <strong>und</strong> Labortieren<br />

die mit Abstand höchste Empfindlichkeit auf- <strong>und</strong> gegen β-Toxin (Lämmer standen an<br />

zweiter Position <strong>und</strong> Kaninchen an erster Position) sein. Die Empfindlichkeit von Lämmern<br />

gegen α-Toxin ist nicht geprüft worden. Hier erwiesen sich Vögel wegen der besonderen<br />

Struktur ihrer Erythrozyten als 5 -10 mal empfindlicher als Säugetiere pro Gewichtseinheit<br />

(siehe Abbildung 4). Eine besondere Rolle in der Ätiologie der Toxinfektionen kommt Cl.<br />

perfringens Typ A zu, der sowohl als Ursache von Cl. perfringens- Enterotoxämien als auch<br />

1


von Gasödeminfektion zur Feststellung gelangte. Nur α- Toxin bildende Cl. perfringens-<br />

Stämme können Gasödeminfektionen (Gasbrand, Pararauschbrand, Hepatitis u.a.)<br />

verursachen (siehe Abbildung 5).<br />

Abbildung 6 zeigt eine Übersicht der durch die verschiedenen Cl. perfringens- Typen<br />

verursachten Enterotoxämien <strong>bei</strong> <strong>Schaf</strong>en. 169 mal wurde Typ A diagnostiziert (9,38%),<br />

136 mal Typ D (7,5%), 15 mal Typ B (0,8%), 7 mal Typ C (0,4%), Typ E (0,3%).<br />

Clostridientoxinfektionen treten hauptsächlich im späten Frühjahr <strong>und</strong> zeitigem Sommer auf,<br />

gefolgt von einem zweiten kleinen Gipfel im September <strong>und</strong> Oktober (siehe Abbildung 7). An<br />

Abbildung 8 ist die monatliche Verteilung der 3 häufigsten <strong>Schaf</strong>krankheiten ersichtlich. Das<br />

Spektrum der Gasödeminfektionen des <strong>Schaf</strong>es ist aus Abbildung 9 ersichtlich. Als Ursache<br />

der in der Literatur als „Struck“ beschriebene Cl. perfringens- Typ C- Enterotoxämie wurde<br />

<strong>bei</strong> den diagnostischen Untersuchungen eine durch Cl. perfringens Typ C hervorgerufene<br />

„Nekrotische Hepatitis“ diagnostiziert. (siehe Abbildung 10).<br />

Im zweiten Teil der Präsentation werden die Ergebnisse der diagnostischen Untersuchung<br />

<strong>bei</strong> <strong>Ziege</strong>n eines Milchziegengroßbestandes von ca. 2.000 Tieren dargelegt. Eine Übersicht<br />

der bakteriologischen Bef<strong>und</strong>e zeigt die Abbildung 11.<br />

Die wichtigsten Krankheits- <strong>und</strong> Todesursachen bildeten Enterotoxämien, durch<br />

Cl. perfringens Typ A <strong>und</strong> Typ D, die <strong>bei</strong> 17 der 18 gestorbenen <strong>Ziege</strong>n nachgewiesen<br />

wurden <strong>und</strong> sich häufig in Assoziation mit Septikämien durch Mannheimia (M.) haemolytica,<br />

Escherichia (E.) coli, Streptococcus gallolyticus subsp. gallolyticus <strong>und</strong> Helcococcus kunzii<br />

entwickelten.<br />

Die Toxinprüfung der Cl. perfringens Typ A <strong>und</strong> vor allem der Typ D- Stämme ergab, dass es<br />

sich um Erreger mit herausragend starker α- Toxinbildung handelte (siehe Abbildung).<br />

Das erklärt auch, warum die kommerzielle Cl. perfringens Typ D- Enterotoxämie- Vakzine<br />

keine ausreichende Schutzwirkung entwickelte.<br />

Deshalb wurden in dieser <strong>Ziege</strong>nproduktionsanlage seit mehr als 5 Jahren<br />

bestandsspezifische Impfstoffe zur Bekämpfung der <strong>Ziege</strong>nerkrankungen <strong>und</strong> Verluste<br />

eingesetzt. Die Herstellung der Impfstoffe erfolgte im RIPAC-LABOR GmbH Potsdam, Am<br />

Mühlenberg 11, 14476 Potsdam. Die <strong>Ziege</strong>nverluste reduzierten sich von mehr als 14% auf<br />

unter 5%. Die Impfung erfolgte zweimal jährlich im Frühjahr im Abstand von 4 Wochen <strong>und</strong><br />

hat sich als Mittel der Wahl zur Kontrolle der <strong>Ziege</strong>nverluste <strong>und</strong> zur Verbesserung des<br />

Ges<strong>und</strong>heitsstatus der Milchziegen bewährt.<br />

2


Abbildung 1<br />

Häufigste Krankheits- <strong>und</strong> Todesursache <strong>bei</strong> 1811 gestorbenen <strong>Schaf</strong>en in Brandenburg<br />

(10 Jahresanalyse)<br />

334<br />

306<br />

18 658 294 200<br />

140 185 49<br />

78<br />

Anzahl<br />

18,4 16,9 1,0<br />

36,3 16,2 11,0 7,7 10,2 2,7 4,3<br />

Prozent<br />

Cl.<br />

perfringens<br />

Enterotoxämien<br />

Gasödeminfektionen<br />

P.m. = Pasteurella multocida<br />

M.h. = Mannheimia haemolytica<br />

A.p. = Arcanobacterium pyogenes<br />

S.tm. = Salmonella typhimurium<br />

Sonstige<br />

Clostridieninfektionen<br />

(Tetanus,<br />

Cl. sordellii<br />

u.a.)<br />

<strong>Clostridienerkrankungen</strong><br />

insgesamt<br />

Listeriose<br />

Bakterielle<br />

Septikämien<br />

Parasitosen<br />

Pneumonien<br />

(P.m., M.h.,<br />

A.p., u.a.)<br />

Enteritiden<br />

(S.tm.,<br />

E. coli u.a.)<br />

Sonstige relevante Erkrankungen<br />

E. coli-Ruhr 15<br />

Paratuberkulose 16<br />

S. tm.- Infektion 7<br />

Corynebacterium pseudotuberkulosis- Infektionen 11<br />

Vergiftungen<br />

Abbildung 2<br />

Einflussfaktoren <strong>bei</strong> Clostridium perfringens- Enterotoxämie<br />

Exogene Einflüsse<br />

Cl. perfringens<br />

Toxintyp<br />

stark toxisch<br />

Seuchenhafte<br />

Jungtierenterotoxämie<br />

Enzootische Enterotoxämien<br />

Endogene Einflüsse<br />

Endoparasitosen<br />

Alter<br />

schwach toxisch<br />

- Nichtinfektiöse Magen-Darmerkrankungen<br />

(z.B. Pansenazidose,<br />

Tympanie, u.a.)<br />

Immunität<br />

Persistenz<br />

<strong>Schaf</strong><br />

Plötzlicher Wechsel zur guten Seite<br />

- Verdauungsstörungen<br />

- Andere bakterielle <strong>und</strong> virale<br />

Darminfektionen<br />

Futter<br />

Überfütterung<br />

Überangebot von Kohlehydraten<br />

- chronische Reizungen der Magen-<br />

Darmschleimhaut<br />

Umwelt<br />

Parasiten<br />

- Motilitätsstörungen des Darmtraktes<br />

(Schiffstransporte,<br />

experimentell mit Pansensonden)<br />

Haltungsbedingungen<br />

- Stress<br />

Transportstress<br />

3


Abbildung 3<br />

Vergleich des Auftretens von Enterotoxämien durch Clostridium perfringens<br />

<strong>bei</strong> Haus- <strong>und</strong> Nutztieren (12 Jahresanalyse)<br />

13<br />

334<br />

1082 132 8 226 46 34 24 251 41 4 69<br />

∑ 2251<br />

Anzahl<br />

32,0 18,44 13,64 10,09 6,84 5,99 4,83 4,30 2,93 2,40 1,43 1,84 0,77<br />

∑ 5,62<br />

Prozent<br />

<strong>Ziege</strong><br />

<strong>Schaf</strong><br />

Kalb<br />

Pferd/<br />

Fohlen<br />

erw.<br />

Schweine<br />

Kaninchen<br />

H<strong>und</strong>/<br />

Katze<br />

Pute<br />

Wassergeflügel<br />

Masthähnchen<br />

erw.<br />

Hühner<br />

Nutria<br />

Saugferkel<br />

Gesamt<br />

Abbildung 4<br />

Susceptibility of mice, chickens, guinea pigs, rabbits, piglets and lambs<br />

against α-, β1- and ε-Toxin of Cl. perfringens<br />

1000<br />

186<br />

> 173<br />

100<br />

52,4<br />

10<br />

Susceptibility<br />

Mouse = 1,0 per g body weight<br />

4,8<br />

1<br />

0,6<br />

0,81<br />

0,37<br />

0,69<br />

0,78<br />

0,4<br />

0,81<br />

1,02<br />

0,2 0,22<br />

0,1<br />

chicken<br />

chicken rabbit lamb piglet guinea pig piglet<br />

guina<br />

pig<br />

rabbit<br />

piglet<br />

rabbit<br />

lamb<br />

guinea<br />

pig<br />

piglet<br />

chicken<br />

guinea piglet<br />

pig<br />

lamb rabbit chicken<br />

α-Toxin<br />

A 3624 ATCC<br />

A 1664 NE Broiler<br />

A 962 NE Broiler<br />

β1-Toxin<br />

C 3628 ATCC<br />

C 105003 ATCC<br />

ε-Toxin<br />

D 2012<br />

(own isolate)<br />

4


Abbildung 5<br />

Ätiologische Relevanz von Clostridium perfringens Typ A- Stämmen<br />

5<br />

Abbildung 6<br />

Clostridienenterotoxämie <strong>bei</strong> gestorbenen <strong>Schaf</strong>en <strong>und</strong> Lämmern<br />

5


Abbildung 7<br />

Vergleich der monatlichen Häufigkeit von Clostridieninfektionen (643 Tiere),<br />

Listeriose (294 Tiere), Septikämien durch aerobe bakterielle Erreger (200 Tiere),<br />

Parasitosen (140 Tiere) <strong>und</strong> pneumonischen Erkrankungen (183 Tiere) <strong>bei</strong> 1811<br />

diagnostisch untersuchten <strong>Schaf</strong>en (20 Jahresanalyse)<br />

Abbildung 8<br />

Vergleich der monatlichen Häufigkeit der häufigsten Erkrankungen <strong>bei</strong>m <strong>Schaf</strong><br />

(Listeriose, Cl. perfringens-Enterotoxämie, Gasödeminfektion (10 Jahresanalyse)<br />

Monat<br />

15<br />

6


Abbildung 9<br />

Vergleich der der Gasödem- <strong>und</strong> W<strong>und</strong>infektionen als Krankheits- <strong>und</strong> Todesursache<br />

<strong>bei</strong> 922 erwachsenen <strong>Schaf</strong>en (S) <strong>und</strong> 889 Lämmern (L)<br />

Prozent<br />

30,0%<br />

∑ 251<br />

∑ 63<br />

26,5%<br />

erw. <strong>Schaf</strong>e: 922<br />

Lämmer: 889<br />

25,0%<br />

20,0%<br />

15,0%<br />

12,4%<br />

10,0%<br />

5,0%<br />

5,3%<br />

4,6%<br />

0,2%<br />

3,5%<br />

R<br />

M<br />

7,1%<br />

1,5%<br />

4,1%<br />

1,0% 4,1%<br />

0,2%<br />

G<br />

0%<br />

0,0%<br />

S L S L S L S L S L<br />

Nekrotische<br />

Hepatitis<br />

G = Geburtspararauschbrand M = Nekrotisierende Mastitis R = Rauschbrand<br />

G<br />

M<br />

R<br />

W<strong>und</strong>infektionen<br />

Labmagenpararauschbrand<br />

Gasödeminfektionen<br />

insgesamt *<br />

* einschließlich 7 Tetanusfällen<br />

Abbildung 10<br />

7


Abbildung 11<br />

Abbildung 12<br />

8

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