Berufsschule ohne Barrieren. - Barrierefrei
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Berufsschule ohne Barrieren. - Barrierefrei
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Leitfaden für eine umfassende<br />
<strong>Barrierefrei</strong>heit in berufsbildenden Schulen<br />
<strong>Berufsschule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Barrieren</strong><br />
Integrative Berufsorientierung - Integrative Berufsausbildung
„Die Stärken jedes einzelnen Menschen tragen Früchte. Die Früchte in ihrer Farbe stehen für<br />
Frische und Vitalität, Buntheit und Vielfalt. Früchte wachsen und reifen unter<br />
verschiedensten Bedingungen und klimatischen Verhältnissen.<br />
Es gilt jeden Menschen in seiner Gesamtheit und Einzigartigkeit zu sehen und<br />
anzuerkennen. Nur so können individuelle Stärken gefordert, gefördert und geerntet<br />
werden.“<br />
Grundgedanken zu<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
Impressum:<br />
Entstanden im Rahmen der<br />
EQUAL-Entwicklungspartnerschaft IBEA<br />
www.ibea.co.at<br />
Herausgeber:<br />
equalizent Schulungs u. BeratungsGmbH<br />
Obere Augartenstraße 20<br />
1020 Wien<br />
Mitherausgeber:<br />
LLL Projektmanagement GmbH<br />
Grazer Straße 24<br />
8680 Mürzzuschlag<br />
Für den Inhalt verantwortlich: Autorin: Isabell Grill, equalizent GmbH<br />
Layout und Satz: creativwerk.com<br />
Grafik: Arte-net Graz,<br />
Fotos: www.neuebilder.at<br />
Erstellt im April 2007<br />
© 2007 EQUAL-PROJEKT AT – 4A – 08/234:<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen<br />
als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf deshalb der vorherigen Einwilligung des<br />
Mitherausgebers LLL Projektmanagement GmbH.<br />
Die Entwicklungspartnerschaft wird im Rahmen der EU Gemeinschaftsinitiative<br />
EQUAL aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Mitteln des<br />
Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur finanziert.
Inhaltsverzeichnis I<br />
Vorwort 4<br />
1. Einleitung 5<br />
Ziel des Leitfadens 6<br />
Erste Schritte 7<br />
2. Haltung und Einstellung 9<br />
3. Infrastruktur der Schule und des Internats 17<br />
Rechtliche Voraussetzungen 20<br />
Orientierung 21<br />
Berollbare Gebäude 22<br />
Sanitäranlagen 22<br />
Gefahren 23<br />
Lichtverhältnisse 23<br />
Akustik 24<br />
Sitzordnung 25<br />
Ruheräume 25<br />
Raumatmosphäre 25<br />
<strong>Barrieren</strong> selbst erfahren – ein Experiment 26<br />
Interview: Auf dem Weg zu einem barrierefreien Schulgebäude 27<br />
4. Kommunikation und Unterstützung 31<br />
Feedback-Kultur 34<br />
Hilfestellung und Unterstützung 35<br />
Formen der Assistenz 36<br />
Technische Hilfsmittel 38<br />
<strong>Barrierefrei</strong>e Information 39<br />
Sprache in schriftlichen Texten 40<br />
Nicht-diskriminierende Sprache und Gespräche 41<br />
Fotos als visuelle Unterstützung 43<br />
Interview: Erfolgreiche Unterstützung in der <strong>Berufsschule</strong> 44<br />
5. Unterrichtsgestaltung 49<br />
Klassengemeinschaft und Gruppendynamik 54<br />
Kompetenzorientierte Lernziele definieren 55<br />
Interview: Individuelle Lernziele in der <strong>Berufsschule</strong> 57<br />
Vielfältige Lernarrangements schaffen 61<br />
Interview: Schüler/innen übernehmen Verantwortung für ihr Lernen 64<br />
Lehrmittel 67<br />
Demonstration und Beurteilung von Leistungen 68<br />
Einsatz von Entwicklungsberichten mit Portfolios in <strong>Berufsschule</strong>n 70<br />
6. Abschluss – Fragenkatalog 71<br />
7. Weitere Informationen 75<br />
Institutionen 77<br />
Weiterführende Literatur 79<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
3
V Vorwort<br />
Vorwort<br />
Der vorliegende Leitfaden ist ein Produkt der EU-Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA. Die Abkürzung IBEA steht für Integrative Berufsorientierung und Integrative<br />
Berufsausbildung. Das zweijährige Projekt hatte zum Ziel integrative Berufsorientierungs-<br />
und Berufsvorbereitungsmodelle für Polytechnische Schulen zu<br />
entwickeln. Weiters erprobte die Entwicklungspartnerschaft innovative Maßnahmen<br />
für den Berufsschulbereich. Insgesamt haben 23 Partnerorganisationen<br />
zusammen gearbeitet, um das Angebot der Polytechnischen Schulen und<br />
<strong>Berufsschule</strong>n zu erweitern und Jugendliche in ihrer Berufswahl und Ausbildung<br />
bestmöglich zu unterstützen. In den Pilotregionen Niederösterreich, Oberösterreich,<br />
Steiermark, Tirol und Wien wurden Maßnahmen evaluiert und Erfahrungen<br />
gesammelt.<br />
Die Ergebnisse dieser Arbeit bilden die Basis des vorliegenden Leitfadens.<br />
Vorrangig soll er speziell zum <strong>Barrieren</strong>abbau in <strong>Berufsschule</strong>n für Jugendliche<br />
mit Behinderungen beitragen. Doch diese Denkanstöße helfen auch allgemein<br />
<strong>Barrieren</strong> für Menschen in der beruflichen Erstausbildung zu erkennen und zu<br />
verringern.<br />
Aus der Erfahrung wissen wir, dass durch die Aufnahme von Schülerinnen und<br />
Schülern mit Behinderungen <strong>Barrieren</strong> in Schulen (wie auch in Betrieben) sichtbarer<br />
werden. Bei genauerer Betrachtung betreffen sie aber meist mehr<br />
Personen. Der Abbau von diesen <strong>Barrieren</strong> kann deshalb eine Chance sein, die<br />
Schule schüler/innenzentrierter zu gestalten und dadurch zu einer befriedigenden<br />
Wissensvermittlung und zu einer guten Arbeitsatmosphäre beizutragen.<br />
In „<strong>Berufsschule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Barrieren</strong>“ werden verschiedene Aspekte der vielfältigen<br />
Bedürfnisse möglichst aller Schülerinnen und Schüler berücksichtigt, von baulichen<br />
Voraussetzungen bis hin zu didaktischen Notwendigkeiten.<br />
Ziel ist es mögliche Ausschlussfaktoren zu verringern.<br />
Viele Personen waren an der Entstehung dieses Leitfadens beteiligt. Ihnen<br />
möchte ich herzlich danken und Ihnen werte Leserin, werter Leser, wünsche<br />
ich eine anregende Lektüre.<br />
Mag.a Monika Haider<br />
Geschäftsführerin equalizent GmbH, http://www.equalizent.com<br />
PS: Auch nach Projektende stehen wir Ihnen gerne für weitere Fragen zur Verfügung, z.B. zum Thema Managen von Vielfalt<br />
(„Diversity Management“), Arbeit mit heterogenen Gruppen, usw. Scheuen Sie sich nicht mit uns in Kontakt zu treten.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
4 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
1. Einleitung<br />
Einleitung E<br />
<strong>Berufsschule</strong>n sind ein wichtiger Faktor in der beruflichen Erstausbildung von<br />
Jugendlichen. Durch die Einführung der Integrativen Berufsausbildung wurde ein<br />
entscheidender Schritt gesetzt, der es benachteiligten und behinderten<br />
Jugendlichen erleichtert die duale Ausbildung zu absolvieren.<br />
Als öffentliche Institution haben die zuständige Schulbehörde und die Schule nun<br />
den Auftrag, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit alle Schüler<br />
und Schülerinnen gleichberechtigt am Unterricht teilnehmen können. In diesem<br />
Zusammenhang fällt häufig das Schlagwort „<strong>Barrierefrei</strong>heit“. Eine Assoziation ist<br />
dabei oft, ein Gebäude rollstuhlgerecht zu adaptieren. <strong>Barrieren</strong> müssen jedoch<br />
wesentlich umfangreicher verstanden werden und entstehen in den unterschiedlichsten<br />
Bereichen: unter anderem in der Haltung in der man Menschen begegnet,<br />
in der Zugänglichkeit von Informationen oder in der Gestaltung des<br />
Unterrichts.<br />
Grundsätzlich muss das Ziel einer barrierefreien Institution sein, keine Person<br />
von ihrem Angebot auszuschließen. In <strong>Berufsschule</strong>n werden deshalb Rahmen<br />
+bedingungen und Voraussetzungen benötigt, die allen Schülerinnen und<br />
Schülern eine qualitativ hochwertige Ausbildung ermöglichen.<br />
Denn eines zeigt sich dabei immer wieder: <strong>Barrieren</strong>, die für behinderte<br />
Menschen vorhanden sind, wirken sich auch auf andere Menschen aus. Deshalb<br />
ist der Prozess, Schulen für behinderte Menschen barrierefrei zu gestalten, eine<br />
Möglichkeit, Hindernisse für viele Menschen abzubauen.<br />
Oft hilft die Perspektive von behinderten Personen, <strong>Barrieren</strong> sichtbar zu machen,<br />
die auch anderen Personen den Schulbesuch erschweren.<br />
Begleitende Tafelbilder, Diagramme und das Aufschreiben wesentlicher<br />
Schlagwörter auf der Tafel sind beispielsweise wichtige Hilfen. Für gehörlose<br />
Schülerinnen und Schüler ist es <strong>ohne</strong> eine Visualisierung kaum möglich die<br />
Inhalte zu erfassen. Auch Jugendlichen, die Schwierigkeiten haben einem mündlichen<br />
Vortrag aufgrund ihrer geringen Deutschkompetenz zu folgen, wird die<br />
Visualisierung der Inhalte helfen. Generell wird diese Unterstützung jedoch allen<br />
Schülerinnen und Schülern zu Gute kommen, die durch eine Vielfalt der<br />
Präsentation Inhalte leichter verstehen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
5
E Einleitung<br />
6<br />
Ziel des Leitfadens<br />
Der Leitfaden vermittelt einen ersten Eindruck, auf welchen Ebenen <strong>Barrieren</strong> im<br />
Ausbildungs- und Schulbereich bestehen und zeigt anhand kleiner Beispiele, wie<br />
sie abgebaut werden können.<br />
Dabei kann der Leitfaden als „Brille“ verstanden werden, die den Blick für<br />
<strong>Barrieren</strong> schärft. Denn nur wer <strong>Barrieren</strong> erkennt, kann diese vermeiden oder<br />
abbauen.<br />
Folgende Bereiche werden dabei näher betrachtet:<br />
Haltung und Einstellungen gegenüber behinderten Menschen<br />
Infrastruktur<br />
Kommunikation und Unterstützung<br />
Unterrichtsgestaltung<br />
Abgerundet werden die Kapitel durch praxisnahe Anregungen und Überlegungen.<br />
Es gibt viele Personen und Institutionen, die Sie auf dem Weg zur <strong>Barrierefrei</strong>heit<br />
unterstützen können. Deshalb finden Sie im letzten Kapitel Hinweise zu<br />
Fachliteratur oder Kontaktmöglichkeiten zu Organisationen die Ihnen weiterhelfen<br />
können.<br />
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IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Erste Schritte<br />
Der Weg zu einer barrierefreien Institution braucht Zeit. Aber nicht alle <strong>Barrieren</strong><br />
können auf einmal abgebaut werden. Beginnen Sie deshalb mit einer Analyse:<br />
• In welchen Bereichen gibt es viele <strong>Barrieren</strong> in Ihrer Schule<br />
und in welchen Bereichen weniger?<br />
• Was funktioniert bereits gut? Wo gibt es noch Bedarf <strong>Barrieren</strong> abzubauen?<br />
Danach setzen Sie die ersten Schritte, um <strong>Barrieren</strong>, die aktuell das Schulleben<br />
von behinderten Schülern oder Schülerinnen erschweren, zu beseitigen.<br />
Hier besteht sicherlich der dringendste Bedarf.<br />
Einleitung E<br />
Im nächsten Schritt können Sie vorausschauend weitere <strong>Barrieren</strong> in Angriff<br />
nehmen, damit in Zukunft eine Basis an barrierefreien Rahmenbedingungen<br />
gegeben ist. Dieser Prozess wird Erfolge, aber auch immer wieder Rückschläge<br />
mit sich bringen. Die Rückschläge sind jedoch genau so wichtig wie die Erfolge,<br />
da aus ihnen viel gelernt werden kann.<br />
Lassen Sie sich nicht entmutigen!<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
7
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
2. Haltung und Einstellung<br />
9
2. Haltung und Einstellung<br />
2. Haltung und Einstellung<br />
Die größte Barriere für viele behinderte Menschen ist, dass sie mit fixen Bildern,<br />
Erwartungen und Vorurteilen konfrontiert sind. Häufig kommt es zu vorschnellen<br />
Meinungen, welche Leistungen sie erbringen bzw. nicht erbringen können.<br />
Aber eine Behinderungsform sagt nicht grundsätzlich etwas darüber aus, was<br />
eine Schülerin oder ein Schüler leisten kann. Denn jeder Mensch – egal ob mit<br />
oder <strong>ohne</strong> Behinderung – hat eine facettenreiche Persönlichkeit, mit verschiedenen<br />
Stärken, Schwächen und einer einzigartigen Biographie. Die Behinderung ist<br />
ein Aspekt davon.<br />
In unserer Gesellschaft wird behinderten Menschen oft diese Individualität abgesprochen<br />
und es wird sehr schnell in starren Kategorien gedacht. So wird unter<br />
anderem oft angenommen, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten keine<br />
Vorstellung von Geld haben und daher keine Verantwortung für Geld – nicht für<br />
ihr eigenes und schon gar nicht für fremdes – übernehmen können. Menschen<br />
mit Lernschwierigkeiten, die in Gastronomiebetrieben oder Geschäften die Kassa<br />
betreuen, sind ein Beispiel dafür wie sehr diese Vorurteile trügen.<br />
Was ich als Lehrerin oder Lehrer einer Person zutraue, hat dabei gravierenden<br />
Einfluss auf die Lernerfolge, die Schüler und Schülerinnen erbringen. Ein erster<br />
wichtiger Schritt ist daher, sich eigener Vorstellungen und Meinungen über<br />
Stärken und Schwächen von Menschen mit einer bestimmten Behinderung<br />
bewusst zu werden und diese zu hinterfragen.<br />
Danach wird sich der Blick weiten und der Fokus kann sich auf die Stärken und<br />
Bedürfnisse der einzelnen Jugendlichen richten.<br />
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2. Haltung und Einstellung<br />
Bestimmte Vorstellungen und Gefühle erschweren in unserer Gesellschaft eine<br />
Offenheit und Akzeptanz:<br />
• fehlende Erfahrungen, Kontakte und Kommunikation mit behinderten<br />
Menschen<br />
• die Angst jemanden zu beleidigen und ein Gefühl von Mitleid<br />
• die Annahme, dass an den aktuellen Rahmenbedingungen sowieso nichts<br />
geändert werden kann<br />
• Mythen zum Thema Behinderung<br />
Beispielhaft sollen hier einige Mythen und Vorurteile hinterfragt werden:<br />
Eine Behinderung macht einen Menschen schwach.<br />
„Ich habe Down-Syndrom“<br />
Ich habe Down-Syndrom<br />
Aber ich stehe dazu<br />
und bin kein Alien<br />
denn ich bin so wie ich bin und jeder soll es verstehen<br />
und mich respektieren.<br />
Gedicht von Svenja Giesler, aus der Zeitschrift "Ohrenkuss", zitiert nach Platte/Seitz/Terfloth 2006, 77<br />
Ein behinderter Mensch hat Stärken. So wie jeder andere Mensch auch. Natürlich<br />
hat jeder behinderte Mensch auch Schwächen. Ebenfalls wie jeder andere<br />
Mensch. Gerade bei Menschen mit Behinderungen ist das Bild, das andere sich<br />
von ihnen machen, jedoch vorrangig von Schwächen und Defiziten geprägt.<br />
Deshalb ist es umso wichtiger, als Lehrkraft bewusst den Blick auf die vorhandenen<br />
Stärken zu legen und die Jugendlichen in der Weiterentwicklung dieser persönlichen<br />
Stärken zu unterstützen.<br />
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12 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
2. Haltung und Einstellung<br />
Behinderte Jugendliche werden durch die Unterstützung<br />
bevorzugt, die anderen Schüler und Schülerinnen kommen<br />
dabei zu kurz.<br />
„Für mich ist die größte Ungerechtigkeit, alle gleich zu behandeln. Jede Person<br />
ist einzigartig und deshalb steht jedem und jeder eine einzigartige Form der<br />
Unterstützung zu. Dabei ist es die Qualität der Unterstützung die zählt und es<br />
sind nicht die ‚gerecht aufgeteilten‘ Minuten.“<br />
Monika Roszkowska<br />
Chancengleichheit heißt gleiche Chancen für alle, aber nicht gleiche Behandlung<br />
für alle. Das bedeutet, allen Menschen so zu begegnen, dass sie ihr Potenzial<br />
ausschöpfen können und nicht behindert werden. Dies entspricht auch dem<br />
generellen Ansatz einer schüler- und schülerinnenzentrierten Schule. Wenn alle<br />
Schülerinnen und Schüler als Individuum im Zentrum stehen und die Entwicklung<br />
ausgehend von ihren persönlichen Voraussetzungen als Maßstab des Erfolgs gilt,<br />
ist es auch nicht unfair, wenn beispielsweise eine Schülerin mit einer sprachlichen<br />
Einschränkung mehr Zeit für eine mündliche Prüfung bekommt. Und je<br />
weniger <strong>Barrieren</strong> zu überwinden sind, desto geringer wird der Bedarf an<br />
Unterstützung sein.<br />
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IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
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2. Haltung und Einstellung<br />
Die Behinderungsform sagt generell aus, welche<br />
Unterrichtsinhalte und Gegenstände für den Schüler oder<br />
die Schülerin geeignet sind.<br />
„Ist es auch gefährlich blinde Menschen auf die Straße gehen zu lassen?<br />
Genauso wie auf der Straße ist es für einen Blinden und einen Sehenden,<br />
Gefahren gibt es überall, man muss nur wissen, was man sich zutraut oder nicht!<br />
Nur wenn man es versucht und probiert, kann man es wissen, egal ob sehend<br />
oder blind!“<br />
Helmut Schachinger<br />
Eine Behinderungsform sagt grundsätzlich noch nichts darüber aus, welche<br />
Lerninhalte sinnvoll für eine Person sind. Mit Flexibilität und Kreativität lassen<br />
sich viele unterschiedliche Lösungen finden. Für eine gehörlose Schülerin oder<br />
einen gehörlosen Schüler ist der Englischunterricht ebenso sinnvoll, auch wenn<br />
sie oder er an Übungen der mündlichen Kommunikation in einer anderen Form<br />
teilnehmen wird. Möglicherweise recherchiert sie Gebärden der „American Sign<br />
Language“.<br />
Behinderte Schüler und Schülerinnen sowie deren Eltern sind Experten und<br />
Expertinnen für ihr Leben. Eine große Bereicherung besteht darin, sie nach ihren<br />
Erfahrungen zu fragen und ihre Ideen und Vorschläge aufzugreifen.<br />
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14 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
2. Haltung und Einstellung<br />
Bei uns sind alle nett, da findet sich schon wer der/die<br />
hilft. Deshalb brauchen wir keine barrierefreie Infrastruktur.<br />
„Hier kommt mir mein Lieblingssatz von zwei russischen Autoren in den Sinn:<br />
‚Das Problem des Ertrinkens ist ein Problem der Ertrinkenden selbst‘ (Ilfi i<br />
Petrov). In letzter Konsequenz musst du dir selbst helfen und bist auf dich allein<br />
gestellt. Und dieses Problem haben wir ‚Behinderte‘ genauso zu bewältigen wie<br />
alle ‚nicht Behinderten‘ auch.<br />
Ich wünsche NIEMANDEM vor den Stufen einer Brücke stundenlang zu stehen<br />
und auf Hilfe warten zu müssen, um auf das andere Ufer gelangen zu können.<br />
Da leider nicht ALLE und IMMER nett und hilfsbereit sind! Und ich möchte mir<br />
meine Zähne selbst putzen können, egal ob mit meinen Händen oder mit technischen<br />
Hilfsmitteln!<br />
Denn mit den richtigen Hilfsmitteln, wie Sauerstoffmaske und Flossen, wird aus<br />
dem Ertrinken ein Tauchen.“<br />
Marinela Vecerik<br />
Hilfsbereite Menschen sind natürlich wunderbar, doch das reicht nicht. Das Ziel<br />
einer barrierefreien Umgebung muss sein, dass sich die Personen <strong>ohne</strong> fremde<br />
Hilfe selbstbestimmt und selbständig bewegen können. Wenn beispielsweise ein<br />
Schüler oder eine Schülerin jedes Mal Mitschüler oder Mitschülerinnen um Hilfe<br />
bitten muss, um zum WC zu kommen, dann ist das eine massive Einschränkung<br />
der persönlichen Autonomie und stellt keine ideale Lösung dar.<br />
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IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
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2. Haltung und Einstellung<br />
Eine neue Perspektive:<br />
Es ist tiefster Winter. Die Stiege und die Rampe vor einer Schule müssen vom<br />
Schnee freigemacht werden. Der Hausmeister steht bei der Stiege und schaufelt<br />
diese frei. Ein Mädchen im Rollstuhl spricht ihn an:<br />
„Können Sie bitte die Rampe freimachen, damit ich in das Gebäude kann?“<br />
Der Hausmeister: „Erst nachdem ich die Stiege frei habe, über sie müssen mehr<br />
Menschen in das Haus.“<br />
„Aber wenn Sie die Rampe frei machen, können alle in das Gebäude.“<br />
Quelle: Michael F. Giangreco, Kevin Ruelle: Teaching Old Logs New Tricks: More Absurdities and Realities of Education<br />
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16 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
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3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
3. Infrastruktur der Schule<br />
und des Internats<br />
Oft wird bei barrierefreiem Bauen nur an rollstuhlgerechte Gebäude gedacht.<br />
<strong>Barrierefrei</strong>e Gebäude müssen aber auch auf die Bedürfnisse anderer Personen<br />
abgestimmt sein. Beispielsweise sollten für blinde Personen taktile (tastbare)<br />
Leitsysteme zur Verfügung stehen.<br />
In den Ö-Normen 1600 und 1602 sind Standards für die <strong>Barrierefrei</strong>heit von<br />
Räumen – im Speziellen für Bildungsinstitutionen – festgelegt, die unterschiedliche<br />
Bereiche berücksichtigen. In verschiedenen Broschüren sind<br />
Zusammenfassungen der Ö-Normen zu finden.<br />
Beispielsweise:<br />
• „Broschüren barrierefreies Bauen“ der Stadt Graz<br />
http://www.graz.at/cms/beitrag/10027263/421952/<br />
• „barrierefrei am Arbeitsplatz“ der Allgemeinen Unfallversicherung.<br />
http://www.auva.at/mediaDB/49105.PDF<br />
• „<strong>Barrierefrei</strong>es Bauen“ von Uniability<br />
http://info.tuwien.ac.at/uniability/bauen.htm<br />
Wenn Sie Ihr Gebäude derzeit aus finanziellen oder anderen Gründen nicht<br />
umbauen können, dann bringen kleine Adaptionen oft schon eine Erleichterung<br />
für behinderte Besucherinnen und Besucher.<br />
Zum Beispiel:<br />
• mobile Rampen, die über Treppen führen<br />
• gut sichtbare Streifen am Boden, die Stufen ankündigen<br />
• Abdeckungen über Unebenheiten, die eine Sturzgefahr verringern<br />
• Wege von Hindernissen wie Blumentöpfen befreien<br />
Achten Sie darauf, dass nicht nur die Schule selbst, sondern auch Werkstätten,<br />
Speisesäle, Umkleideräume, Internat und Räume für Freizeitaktivitäten bei der<br />
Adaption miteinbezogen werden. Auch diese Räume müssen für alle benutzbar<br />
sein.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
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3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
Rechtliche Voraussetzungen<br />
Seit Jänner 2006 ist in Österreich das Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft<br />
und setzt damit ein Diskriminierungsverbot in vielen Bereichen des täglichen<br />
Lebens und der Arbeitswelt. Behinderte Menschen haben nun in Österreich die<br />
Möglichkeit, gegen Diskriminierungsfälle rechtliche Schritte einzuleiten.<br />
Hier eine Definition von mittelbarer Diskriminierung:<br />
„Mittelbare Diskriminierung kann dadurch verursacht sein, dass der Öffentlichkeit<br />
zur Verfügung stehende Angebote von Waren und Dienstleistungen nicht barrierefrei<br />
zugänglich sind.<br />
Als barrierefrei definiert das Gesetz bauliche und sonstige Anlagen,<br />
Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der<br />
Informationsverarbeitung sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für<br />
Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, <strong>ohne</strong> besondere<br />
Erschwernisse und grundsätzlich <strong>ohne</strong> fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.<br />
Verantwortlich für bauliche <strong>Barrieren</strong> im Sinne des Gesetzes sind nicht die<br />
Gebäudeeigentümer, sondern jene Anbieter von Waren und Dienstleistungen,<br />
deren Angebote in diskriminierender Weise nicht allgemein zugänglich sind.“<br />
http://www.gleichundgleich.at Interessensbereiche Diskriminierung durch<br />
<strong>Barrieren</strong><br />
Für neue Gebäude ist das Gesetz bereits in Kraft getreten, für den Umbau bestehender<br />
Gebäude gibt es Übergangsfristen.<br />
Näheres finden Sie auf der Informationsplattform des Bundesministeriums für<br />
Soziales und Konsumentenschutz http://www.gleichundgleich.at.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
20 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Orientierung<br />
3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
Eine große Barriere ist es, wenn die Orientierung den Schülern und Schülerinnen<br />
schwer fällt. Orientierungshilfen müssen leicht verständlich sein und so gestaltet<br />
werden, dass sie auch die Bedürfnisse sinnesbehinderter Menschen berücksichtigen.<br />
Blinden Menschen wird die Orientierung durch taktile (mit Blindenstöcken, Hand<br />
oder Fuß ertastbar) und akustische Informationen ermöglicht.<br />
Taktile Leitsysteme können oft schon durch einfache Hilfsmittel, wie Klebefolien,<br />
erzeugt werden. Informationselemente, wie Orientierungstafeln, sollten gut ausgeleuchtet,<br />
in großer Schrift und in einem leicht lesbaren Schriftzug geschrieben<br />
sein. Durch eine kontrastreiche Gestaltung kann die Erkennbarkeit zusätzlich verbessert<br />
werden.<br />
Besonders hilfreich sind visuelle Ergänzungen zu den Hinweistexten.<br />
So können die Schilder, die den Weg zum Sekretariat, zur Direktion und zum<br />
Konferenzzimmer ausweisen, mit Fotos der Personen ergänzt werden.<br />
Dadurch können auch Jugendliche, die diese Begriffe nicht verstehen, zu den<br />
Räumen finden.<br />
Ordnung und wenige Wechsel in der räumlichen Konstellation erleichtern nicht<br />
nur sehbehinderten Menschen die Orientierung. Geordnete, klare<br />
Raumverhältnisse helfen auch schwerhörigen oder gehörlosen Menschen einen<br />
Überblick über die Situation zu erhalten. Dadurch können sie sich besser auf die<br />
Gegebenheiten einstellen und sich orientieren.<br />
Generell sollten Raumwechsel vermieden werden, denn diese verursachen für<br />
manche behinderten Schüler und Schülerinnen zusätzliche Erschwernisse.<br />
Beispielsweise müssen sie ihre Hilfsmittel mitnehmen und sich immer wieder<br />
neu orientieren. Gerade für Jugendliche mit Lernschwierigkeiten ist eine neue<br />
Umgebung oft verunsichernd. Auch für die gesamte Klassengemeinschaft ist ein<br />
Klassenraum fördernd und bietet den Jugendlichen die Möglichkeit ihn zu ihrem<br />
Raum zu machen und eine angenehme Lernatmosphäre zu schaffen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
21
3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
Berollbare Gebäude<br />
Gebäude sind berollbar, wenn sie mit einem Rollstuhl zu befahren sind. Eine<br />
Voraussetzung dafür ist, dass alle Bereiche stufenlos erreichbar sind:<br />
Stiegen sind über Rampen umfahrbar oder ein Aufzug bzw. eine Aufstiegshilfe<br />
sind vorhanden. Wo sich Schwellen und Niveauunterschiede nicht vermeiden<br />
lassen, soll ihre Höhe so gering wie möglich sein.<br />
Weiters muss ein Rollstuhl durch die Gänge passen und gewendet werden<br />
können. Türen brauchen deshalb eine Durchgangsbreite von mindestens 85 cm.<br />
Griffe, Licht- und Liftschalter, Speiseausgaben und andere Bedienungsvorrichtungen<br />
müssen auch von einem Rollstuhl aus einfach zu benutzen sein.<br />
Die ideale Höhe dafür beträgt 85 cm.<br />
Diese Maße gelten für die Mobilität mit Rollstühlen. Es zeigt sich aber immer<br />
wieder, dass barrierefreie Wege die Arbeit für viele Personen in der Organisation<br />
erleichtern, beispielsweise für Reinigungskräfte, die mit Putzwägen durch das<br />
Gebäude fahren oder wenn Geräte innerhalb der Schule transportiert werden.<br />
Sanitäranlagen<br />
Die Unbenutzbarkeit von Sanitärräumen ist ein großes Integrationshindernis für<br />
behinderte Menschen. Ein umständliches Erreichen der Toilette – zum Beispiel,<br />
wenn sie sich in einem anderen Teil des Gebäudes befindet – bereitet behinderten<br />
Menschen zusätzliche Probleme zur <strong>ohne</strong>hin schon schwierigen<br />
Alltagsbewältigung.<br />
Die genauen Daten für die barrierefreie Gestaltung von Sanitäranlagen finden Sie<br />
ebenfalls in den Ö-Norm Vorschriften. Im Idealfall ist das WC mit einem Hebelift<br />
ausgestattet oder bietet zumindest genügend Raum, dass ein mobiler Hebelift,<br />
den die betroffenen Personen selbst mitbringen, verwendet werden kann.<br />
Manche Menschen müssen Gegenstände ertasten oder es ist für sie nicht möglich,<br />
die Toilette zu benutzen, <strong>ohne</strong> sich hinzusetzen. Deshalb muss besonders<br />
auf die Sauberkeit und Hygiene von Toilettenanlagen und Bädern geachtet<br />
werden.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
22 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Gefahren<br />
3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
Für blinde Menschen stellen Gegenstände in Augenhöhe – Blumen auf Trägern,<br />
Erste-Hilfe-Kästen etc. – große Hindernisse dar, da diese mit einem Blindenstock<br />
nicht ertastet werden können. Diese Dinge sollten umgestellt oder umgehängt<br />
werden.<br />
Auf Gefahren, wie große, ungeteilte Glasflächen, Glastüren, Stiegen und andere<br />
Hindernisse, kann rechtzeitig durch Markierungen mit Klebefolien oder Gravuren<br />
aufmerksam gemacht werden.<br />
Lichtverhältnisse<br />
Die Räume sollten ausreichend beleuchtet sein. Wichtig ist ein Licht, das starke<br />
Kontraste erzeugt, aber keine Blendungen verursacht. Idealerweise gibt es flexible<br />
Lichtquellen, die in der Intensität verändert werden können (Dimmer).<br />
Unterschiedliche Lichtquellen, mit denen der vordere und hintere Bereich eines<br />
Raums getrennt beleuchtet werden kann, sind dabei sehr hilfreich.<br />
Der Standort der sprechenden Person im Klassenraum ist ebenfalls wichtig. Ihr<br />
Gesicht soll dabei gut beleuchtet sein. Vermeiden Sie, mit dem Rücken zu<br />
Lichtquellen, wie einem Fenster oder einer hellen Lampe zu stehen. Dadurch<br />
wird ein Schatten auf Ihr Gesicht geworfen und Ihre Mimik und Lippen sind<br />
schwer zu erkennen. Gleichzeitig wird dadurch vermieden, dass die angesprochene<br />
Person durch das Gegenlicht geblendet wird, was auch für sehbehinderte<br />
Menschen unangenehm ist.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
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3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
Akustik<br />
Hall und Echo sollten vermieden werden. Leere, hohe Räume neigen zu einer<br />
unangenehmen Akustik, die sowohl blinden als auch schwerhörigen Menschen<br />
Probleme bereitet. Vorhänge und Teppiche dämpfen den Hall. Mit diesen einfachen<br />
Mitteln kann eine erste Verbesserung der Akustik erzeugt werden.<br />
Nebengeräusche sind für viele Menschen ein großes Problem: Schüler oder<br />
Schülerinnen mit Konzentrationsschwierigkeiten werden durch Nebengeräusche<br />
leicht abgelenkt. Für schwerhörige Personen entsteht durch sie ein Geräuschteppich,<br />
der es ihnen fast unmöglich macht, die sprechende Person heraus zu<br />
hören. Aber auch für blinde und sehbehinderte Menschen sind Nebengeräusche<br />
irritierend und beschwerlich.<br />
Für schwerhörige Menschen ist die Installation einer Induktionsanlage eine große<br />
Hilfe. Diese erzeugt über ein Mikrofon und eine Induktionsschleife eine Verstärkung<br />
der gesprochenen Sprache der Lehrer und Lehrerinnen. Diese Verstärkung<br />
ist nur für Personen mit einem Hörgerät merkbar, und wird von Menschen <strong>ohne</strong><br />
Hörgerät nicht wahrgenommen. Informationen zu induktiven Höranlagen erhalten<br />
Sie unter: http://www.schwerhoerigen-netz.at<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
24 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Sitzordnung<br />
3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
Eine flexible Sitzordnung und leicht bewegbare Tische unterstützen nicht nur die<br />
<strong>Barrierefrei</strong>heit, sondern ermöglichen auch einen flexibleren Unterricht. So können<br />
beispielsweise für Gruppenarbeiten die Möbel schnell umgestellt werden.<br />
In einer Reihenaufstellung der Tische können nicht alle Schüler und Schülerinnen<br />
einander sehen bzw. verstellen einander den Blick zur Lehrperson. Gerade<br />
schwerhörige oder gehörlose Menschen müssen aber ständig einen freien Blick<br />
zu den anderen Personen und ganz besonders zu den Dolmetscherinnen und<br />
Dolmetschern haben. Deshalb ist für sie die Sitzordnung besonders wichtig. Eine<br />
Anordnung in V- oder U-Form ist dabei gut geeignet.<br />
Ruheräume<br />
Ein spezielles Service – nicht nur für behinderte Menschen – ist ein Ruheraum.<br />
In diesem können sich Personen zur Erholung oder zum stillen Arbeiten zurückziehen.<br />
Ein Ruheraum sollte auf jeden Fall mit einer Liegemöglichkeit und bequemen<br />
Stühlen ausgestattet sein.<br />
Raumatmosphäre<br />
Schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre im Gebäude. Das beginnt bereits<br />
im Empfangsbereich der Institution und reicht bis zur Gestaltung der Schulungsund<br />
Pausenräume. Eine Umgebung, in der sich Menschen willkommen und wohl<br />
fühlen, fördert den Lernprozess. Oft machen schon kleine Veränderungen in den<br />
Räumen einen großen Unterschied. Freundliche Farben oder schöne Sitzgelegenheiten<br />
können sehr zum Wohlfühlen beitragen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
25
3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
<strong>Barrieren</strong> selbst erfahren – ein Experiment:<br />
Starten Sie doch einen Versuch mit Ihren Schülerinnen und Schülern: untersuchen<br />
Sie Ihre Gebäude auf bestehende <strong>Barrieren</strong>. Ein Teil verbindet sich die<br />
Augen, andere gehen mit Krücken, andere versuchen sich mit einem Karton,<br />
der die Breite und Tiefe eines gängigen Rollstuhls hat, durch das Gebäude zu<br />
bewegen.<br />
Wie leicht war es sich durch die Räume zu bewegen?<br />
Welche <strong>Barrieren</strong> fallen den Jugendlichen auf?<br />
Welche Hindernisse waren überwindbar, entweder durch Umwege, durch die<br />
Hilfe anderer Lehrlinge oder durch das Verstellen von Gegenständen?<br />
Welche waren nicht überwindbar?<br />
Wenn behinderte Schülerinnen oder Schüler in der Gruppe sind, können diese<br />
von ihren Erfahrungen erzählen und als Experten und Expertinnen Ideen für<br />
Lösungen für den Barriereabbau einbringen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
26 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
Interview:<br />
Auf dem Weg zu einem barrierefreien Schulgebäude<br />
Berufsschuldirektor Johann Dinhobl leitet die Landesberufsschule für Tourismus<br />
in Waldegg.<br />
Kontakt:<br />
BD Johann Dinhobl, LBS Waldegg<br />
Hauptstraße 41, 2754 Waldegg<br />
Telefon: 02633/42278<br />
E-Mail: office@lbs-waldegg.at<br />
Web: http://www.berufsschulen-noe.at/waldegg<br />
Das Schulgebäude der LBS Waldegg befindet sich gerade am Weg barrierefrei<br />
zu werden. Können Sie die bisherigen Schritte für uns umreißen?<br />
Unsere Schule besteht bereits seit 1946. Seit dem wurde das Gebäude teilweise<br />
weggerissen und wieder aufgebaut. Es gab laufend Umbauarbeiten und<br />
Adaptionen des Gebäudes, vom ursprünglichen Gebäude steht nichts mehr. Im<br />
Zuge der letzten Sanierungs- und Umbauarbeiten war es uns wichtig, den<br />
Zugang für Rollstuhlfahrer zu ermöglichen. Integration ist ein Thema, das uns<br />
begleitet und deshalb war es für uns selbstverständlich auch im Umbau die<br />
Frage der <strong>Barrierefrei</strong>heit zu diskutieren.<br />
Wer hat die Kosten dafür übernommen?<br />
Der Schulerhalter, das Land Niederösterreich.<br />
Auf welche Aspekte der <strong>Barrierefrei</strong>heit wurde hier besonders geachtet und<br />
warum?<br />
Unsere Schule liegt auf einer Hanglage. Das ist zwar landschaftlich sehr schön,<br />
bedeutet aber das unser Schulgebäude auf einer Schräglage gebaut wurde und<br />
wir uns auf sieben Stockwerken bewegen. Deshalb war es für uns vorrangig, die<br />
Höhenunterschiede im Gebäude durch Rampen auszugleichen und Treppen zu<br />
vermeiden. Es war auch wichtig, dass die verschiedenen Stockwerke durch Lifte<br />
gut erreichbar sind. Im Zuge dieser Umbauarbeiten wurden auch barrierefreie<br />
WCs und automatische Schiebetüren eingebaut. Somit ist es uns gelungen, bis<br />
auf einen Trakt, der noch nicht umgebaut wurde, das Gebäude gut zugänglich zu<br />
machen.<br />
Das heißt, bei Ihnen bezieht sich <strong>Barrierefrei</strong>heit nur darauf, dass das<br />
Gebäude berollbar ist?<br />
Hier liegt unser Schwerpunkt, weil, wie gesagt, die Stufen und Höhenunter-<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
27
3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
schiede die größten <strong>Barrieren</strong> waren. Aber wir haben auch andere<br />
Aspekte bedacht, vor allem in unseren Lehrküchen, die wir<br />
Küchenstudios nennen. Im Zuge dieser Neugestaltung wollten wir die<br />
Küchen jugendgerecht machen und sie farblich ansprechend gestalten.<br />
Daraus hat sich ergeben, dass wir jetzt 6 Lehrküchen in 6 verschiedenen<br />
Farben haben. Das heißt: von den Fliesen bis zum<br />
Messergriff ist alles farblich abgestimmt. Ja, und da hat sich angeboten,<br />
dass man ein Farbleitsystem auf den Gängen macht, so dass<br />
man nicht mehr sagen muss: „Gehen Sie in die Lehrküche 2“, wo<br />
<strong>ohne</strong>hin niemand weiß, wo diese liegt, sondern: „Gehen Sie in die<br />
rote Küche“. Die Schüler sehen dann anhand von farblichen Streifen,<br />
wo sie hingehen müssen. Wie sich herausstellt, erleichtert das die<br />
Orientierung für die Jugendlichen sehr. Sie merken es sich auch<br />
leichter. Wenn ich heute einen Schüler frage: „Wo kochen Sie?“ dann<br />
sagt er: „In der roten Küche“. Früher hatten sie nicht immer gewusst,<br />
welche Nummer die Küche hat, in der sie arbeiten. Das erleichtert es<br />
schon. Und es gefällt den Schülern.<br />
Wurde auch in den Küchen auf die <strong>Barrierefrei</strong>heit geachtet?<br />
Dort haben wir es nicht vorrangig mitbedacht. Die Küchen sind nach<br />
den bestehenden Standards eingerichtet. Die Extraanfertigung ist da<br />
leider eine Kostenfrage. ABER: Wir haben eine Sequenz flexibel<br />
gestaltet und es gibt auch tragbare Induktionsplatten, das sind<br />
moderne Herdplatten. Dadurch kann zumindest ein Arbeitsplatz<br />
immer an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden, also<br />
z.B. niedriger eingerichtet werden. Da kann man dann sicher auch<br />
gut mit einem Rollstuhl zufahren.<br />
Sie versuchen also sich so flexibel wie möglich an die<br />
Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler anzupassen?<br />
Farbleitsystem Uns ist es wichtig, die Entwicklung unserer Schüler zu beobachten,<br />
d.h. wir versuchen vorausschauend den jetzigen aber auch den<br />
zukünftigen Bedarf unserer Schüler zu erkennen. Denn das Ziel ist, dass sie die<br />
<strong>Berufsschule</strong> und die Lehre bestmöglich absolvieren und wir sie unterstützen, wo<br />
immer es möglich ist. Wenn es daher einen Bedarf bei der Adaption der<br />
Infrastruktur gibt, dann reagieren wir rasch darauf. Aber das bezieht sich nicht nur<br />
auf die Infrastruktur. Wir versuchen zum Beispiel auch einen niederschwelligen<br />
Zugang für unsere Schüler im sozialen Bereich zu gestalten. So wird bei uns,<br />
erstmalig an <strong>Berufsschule</strong>n, eine Sozialarbeiterin eingesetzt. Im Schülerkaffee,<br />
das übrigens von den Schülern eigenständig geführt wird, gibt es die Möglichkeit<br />
mit der Sozialarbeiterin in Kontakt zu treten. Die Schüler haben somit die<br />
Möglichkeit einer begleitenden Betreuung, auch über die Schulzeit hinaus.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
28 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
3. Infrastruktur der Schule und des Internats<br />
Sehen Sie weitere Vorteile, die sich durch den Umbau ergeben haben?<br />
Da gibt es viele Vorteile. Integration von Schülern mit Behinderungen ist schlichtweg<br />
ein Thema, das man nicht ignorieren kann. Aber diese Umbauten ermöglichen<br />
auch eine Öffnung für andere Menschen. Wir haben z.B. einen Lehrberechtigten,<br />
der im Rollstuhl sitzt. Noch vor sieben Jahren hätte er sich kaum in<br />
unserem Haus bewegen können. Jetzt kann er <strong>ohne</strong> Probleme zu Projektpräsentationen<br />
kommen. Das sind schon auch Überlegungen, wo einem klar wird,<br />
wer nicht kommen kann, nur weil man zu viele Treppen hat. Es ist uns wichtig die<br />
Schule also nicht nur für Lehrlinge, sondern auch für Personen aus dem Umfeld<br />
zugänglich zu machen.<br />
Und einen praktischen, logistischen Vorteil gibt es auch. Man denkt auch an die<br />
Anlieferungen und an den Materialtransport innerhalb der Schule logisch. Das<br />
sind natürlich auch Überlegungen, die man in die Planung von so einem Haus<br />
mit einbezieht.<br />
Ist Ihr Weg zur <strong>Barrierefrei</strong>heit bereits abgeschlossen?<br />
Nein, bei weitem noch nicht. So wie wir alle paar Jahre Umbau- und Sanierungsarbeiten<br />
benötigen, werden wir auch im Sinne der <strong>Barrierefrei</strong>heit immer Adaptionen<br />
brauchen. Und wir haben ja noch einen Trakt, der noch nicht umgebaut ist.<br />
Auch der Haupteingang hat noch keine Rampe. Die Schule ist zwar sehr gut über<br />
die Hofseite zugänglich, aber noch nicht über den vorderen Eingang. Wir befinden<br />
uns also mitten in diesem Prozess. Und es geht auf zwei Wegen weiter.<br />
Einerseits werden wir bei laufenden Umbauarbeiten immer die <strong>Barrierefrei</strong>heit<br />
mitbedenken. Andererseits gehen wir auf die Bedürfnisse einzelner Schüler ein,<br />
d.h. mit verschiedenen Adaptionen möchten wir sicher gehen, dass unsere<br />
Schüler sich gut im Schulgebäude bewegen und arbeiten können. Aber das<br />
machen wir dann im konkreten Anlassfall und schauen was der Schüler braucht.<br />
Haben Sie noch einen Tipp für andere <strong>Berufsschule</strong>n?<br />
Hm, das ist nicht einfach. Aber vielleicht diesen: Sie sollen möglichst versuchen<br />
einen Architekten zu finden, der auf die Wünsche der Schule eingeht. Es liegt ja<br />
normalerweise nicht unbedingt an der Schule. Ein Schulleiter kann in der Regel<br />
nicht den Architekten aussuchen, denn der Schulerhalter vergibt den Auftrag.<br />
Aber es ist wichtig, sich mit den Architekten hinzusetzen und Dinge zu besprechen.<br />
Man muss einfach immer wieder auf die Wichtigkeit der <strong>Barrierefrei</strong>heit hinweisen,<br />
das Gespräch suchen und argumentieren. Es hängt viel von den handelnden<br />
Personen ab. Aber das ist wahrscheinlich mein Tipp: Dinge aufzeigen<br />
und diese an den richtigen und wichtigen Stellen zu deponieren. Und auch<br />
vehement sein, wenn es um die <strong>Barrierefrei</strong>heit geht.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
29
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
31
4. Kommunikation und<br />
Unterstützung<br />
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Eine gute Kommunikation ist das zentrale Werkzeug für den Barriereabbau, denn<br />
nur durch ausreichende Information können adäquate Lösungen gefunden werden.<br />
Einerseits ist es wichtig eine gute Kommunikationsbasis mit den betroffenen<br />
Schülern und Schülerinnen aufzubauen. Andererseits ist es auch wesentlich<br />
einen regen Austausch im Team und mit anderen beteiligten Personen und<br />
Institutionen wie Berufsausbildungsassistenz oder Lehrbetrieb zu pflegen.<br />
Dadurch können effiziente und rasche Schritte gesetzt und passende Rahmenbedingungen<br />
für eine bestmögliche Ausbildung geschaffen werden. Das hilft<br />
Frustration bei allen Beteiligten zu vermeiden.<br />
Die Voraussetzung für eine gelungene Kommunikation ist eine vertrauensvolle<br />
Beziehung zwischen den Beteiligten. Diese stellt einerseits für die Jugendlichen<br />
sicher, dass mit ihren Daten und Informationen bedacht und vertraulich umgegangen<br />
wird, andererseits ermöglicht sie auch dem Team, Rückschläge oder Unsicherheiten<br />
anzusprechen. Deshalb sollte es klare Regeln geben, wie mit vertraulichen<br />
Informationen umgegangen wird.<br />
Der Aufbau von Vertrauen gelingt am besten durch gegenseitige Wertschätzung<br />
und Respekt aller Beteiligten: der Jugendlichen, der Lehrer und Lehrerinnen, der<br />
Eltern, der Firma und der restlichen unterstützenden Personen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
33
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Feedback-Kultur<br />
Teil gegenseitiger Wertschätzung ist, dass die Meinung der beteiligten Personen<br />
ernst genommen wird, und ein Rahmen besteht, in dem diese Meinung ausgedrückt<br />
werden kann. Dafür sind regelmäßige Feedback-Möglichkeiten sehr hilfreich.<br />
Sie geben allen Beteiligten die Chance ihre Meinung über das, was gut<br />
und das was weniger gut funktioniert, zu äußern.<br />
Dabei können sich beispielsweise die Lehrer und Lehrerinnen untereinander<br />
Feedback über ihre Arbeit geben, den Jugendlichen ihre Eindrücke von ihrer<br />
Entwicklung mitteilen, oder die Jugendlichen können dem Lehrpersonal rückmelden,<br />
wie geeignet der Unterricht für sie ist, oder wie adäquat spezielle<br />
Adaptionen waren.<br />
Das Feedback kann unter anderem zu regelmäßigen Gesprächsterminen stattfinden.<br />
Wichtig ist dabei, dass es Raum und Zeit für ein Gespräch gibt und dass<br />
alle beteiligten Personen ernst genommen werden. Es sollten dabei sowohl<br />
Stärken als auch Schwächen der Zusammenarbeit thematisiert werden. Dadurch<br />
kann ein Verbesserungspotenzial erkannt werden und es lassen sich konkrete<br />
Erfolge feststellen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
34 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Hilfestellung und Unterstützung<br />
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Egal in welcher Form Sie eine Hilfestellung geben wollen, bieten Sie diese an,<br />
aber akzeptieren Sie auch eine Ablehnung. Fragen Sie nach, in welchem<br />
Ausmaß und auf welche Weise Hilfe benötigt und gewünscht wird.<br />
Die betroffene Person kennt sich selbst und ihre Situation am besten und weiß,<br />
wann und in welcher Form sie Hilfe benötigt.<br />
Eine besonders heikle Frage stellt dabei oft der Umgang mit Körperkontakt dar.<br />
Grundsätzlich gilt, dass niemand <strong>ohne</strong> Einwilligung berührt werden darf.<br />
Ein kurzes „Darf ich?“ kann hier helfen. Viele Menschen – egal ob sie nun behindert<br />
oder nichtbehindert sind – empfinden es als Grenzüberschreitung, ungefragt<br />
berührt zu werden. Bei manchen Behinderungsformen wie zum Beispiel der<br />
Osteogenesis imperfecta (auch bekannt als Glasknochenkrankheit) können solche<br />
Berührungen sogar gefährlich sein.<br />
Behinderte Schülerinnen und Schüler sind manchmal auf besondere Hilfestellungen<br />
angewiesen. Für Lehrerinnen und Lehrer ist es dabei wichtig zu wissen,<br />
welche Funktion diese Assistenz übernimmt und ob es eine Auswirkung auf den<br />
Schulbesuch hat. Hier sollen beispielhaft Formen der Assistenz vorgestellt werden.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
35
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Formen der Assistenz<br />
Berufsausbildungsassistenz:<br />
Die Berufsausbildungsassistenz (BAS) ist eine Person, die Lehrlingen der<br />
Integrativen Berufsausbildung beratend und unterstützend zur Seite steht. Sie<br />
übernimmt im Besonderen die Rolle einer Kommunikationsschnittstelle zu allen<br />
beteiligten Personen und Institutionen. Dabei wird auf eine kontinuierliche<br />
Prozessbegleitung während der gesamten Lehrausbildung geachtet. Diese<br />
Leistung wird über das Bundessozialamt oder das AMS finanziert.<br />
Persönliche Assistenz:<br />
Die persönliche Assistenz ist eine Form der persönlichen Hilfe, die behinderte<br />
Menschen in die Lage versetzt, ihr Leben selbstbestimmt und eigenverantwortlich<br />
zu gestalten. Das reicht im schulischen Bereich über Unterstützung bei der<br />
Mobilität, der Ausführung von körperlichen Tätigkeiten bis hin zu einer Kommunikationsunterstützung.<br />
Diese Leistung wird durch verschiedene Gelder (z.B.<br />
Pflegegeld) finanziert, die Auftraggeberin oder der Auftraggeber ist die betroffene<br />
Person selbst.<br />
Stützlehrer oder Stützlehrerinnen:<br />
Stützlehrer oder Stützlehrerinnen unterstützen die Schüler oder Schülerinnen bei<br />
ihren schulischen Tätigkeiten und arbeiten mit den Fachlehrkräften zusammen.<br />
Am erfolgreichsten ist dieses System, wenn sie als Team kooperieren und<br />
gemeinsam die Unterrichtsplanung vornehmen. Die Ressourcen der Stützlehrer<br />
und Stützlehrerinnen werden an den Schulen verwaltet.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
36 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Gebärdensprachdolmetscherinnen oder Gebärdensprachdolmetscher bzw.<br />
Kommunikationsassistenz:<br />
Um sicherzustellen, dass Ihre gehörlosen Schüler und Schülerinnen gleichwertig<br />
alle Informationen erhalten, ist es unerlässlich Gebärdensprachdolmetscher oder<br />
Gebärdensprachdolmetscherinnen einzusetzen. Denn auch wenn gehörlose<br />
Menschen im Lippenlesen geübt sind, kann nur ein Bruchteil der Information aufgenommen<br />
werden. Es ist auch sehr anstrengend für die Person, die von den<br />
Lippen abliest und führt zu schnellen Ermüdungserscheinungen. In manchen<br />
Fällen wird anstelle einer Dolmetscherin bzw. eines Dolmetschers auch eine<br />
Kommunikationsassistenz eingesetzt. Sie übersetzt nicht genau, was gesprochen<br />
wird, sondern fasst zusammen, filtert die Informationen und unterstützt auch bei<br />
Verständnisfragen.<br />
Tipp: Weiterführende Informationen zur Kommunikation zwischen hörenden<br />
Lehrenden mit gehörlosen Lernenden finden Sie unter:<br />
http://www.univie.ac.at/diversity/php/info_gl_lehrende.html<br />
Lernassistenz/Bildungsassistenz:<br />
Sie unterstützt Personen im Lernprozess und in der Teilhabe am schulischen<br />
Geschehen. Menschen mit Lernschwierigkeiten nehmen die Lernassistenz beispielsweise<br />
in Anspruch, um Inhalte zu wiederholen oder in ihrem Tempo lernen<br />
zu können. Die Assistenzleistung kann sowohl während der Unterrichtszeit, als<br />
auch in der Freizeit stattfinden.<br />
Begleithunde:<br />
Sie unterstützen ihre Besitzer oder Besitzerinnen bei alltäglichen Verrichtungen<br />
und haben überall Zutritt. Sie sind in ihrer Funktion als Assistenz anwesend, nicht<br />
als Haustier. So sollten sie auch behandelt werden. Der Hund darf nicht abgelenkt<br />
werden, sonst kann er die begleitete Person in Gefahrensituationen bringen.<br />
Sprechen Sie deshalb immer zuerst mit der Besitzerin oder dem Besitzer ab, ob<br />
und wie Sie Kontakt mit dem Tier aufnehmen dürfen.<br />
Generell gilt: unabhängig von der Art der Assistenz, Ihre Ansprechpartnerinnen<br />
oder Ansprechpartner sind immer die Schülerinnen und Schüler, nicht die<br />
Assistenz. Sie ist nur als Unterstützung sowie Begleitung für die Person dabei.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
37
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Technische Hilfsmittel<br />
Einige behinderte Schüler und Schülerinnen werden mit technischen Hilfsmitteln<br />
arbeiten. Das können beispielsweise besondere Tastaturen, Computerprogramme<br />
oder spezielle Ausgabegeräte sein. Gewisse Geräte sollten aber auch fix an der<br />
Schule zur Verfügung stehen.<br />
Ein Scanner ist ein wichtiges Hilfsmittel, um Texte in den Computer eingeben zu<br />
können. Damit können gedruckte Texte digital verarbeitet und unter anderem für<br />
sehbehinderte und blinde Schülerinnen und Schüler durch eine Vergrößerungssoftware,<br />
Sprachausgabe oder mit einer Braillezeile (einem Gerät, das Text in der<br />
Brailleschrift darstellt) nutzbar gemacht werden.<br />
Einen umfassenden Überblick über das Angebot an Hilfsmitteln bietet eine<br />
Datenbank des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz:<br />
http://handynet-oesterreich.bmsg.gv.at<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
38 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
<strong>Barrierefrei</strong>e Information<br />
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Bei der Aufbereitung von Informationen gibt es verschiedene Formen wie <strong>Barrieren</strong><br />
entstehen können. So werden Informationen, die nur in einem Format zur<br />
Verfügung stehen zur Barriere. Gedruckte Texte sind zum Beispiel für sehbehinderte<br />
oder blinde Menschen nicht oder nur schwer lesbar. Informationen, die nur<br />
gesprochen bekannt gegeben werden, sind für gehörlose oder schwerhörige<br />
Personen schwer zugänglich.<br />
Es gibt bereits zahlreiche Anleitungen, wie Informationen aufbereitet werden müssen,<br />
damit sie barrierefrei sind. Eine einfache, aber sehr effiziente Möglichkeit ist<br />
es, die Informationen in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. Durch computerunterstützte<br />
Hilfsprogramme können sie zum Beispiel über eine Vergrößerungssoftware,<br />
Sprachausgabe oder Braillezeile ausgegeben werden. Für Menschen<br />
mit motorischen Einschränkungen ist es ebenfalls oft einfacher, Informationen auf<br />
dem Bildschirm, als aus einem Buch oder einem Informationsblatt zu lesen.<br />
Wichtig ist es dabei, sich an bestehende Standards der <strong>Barrierefrei</strong>heit zu halten,<br />
damit die Informationen von den Hilfsprogrammen verarbeitet werden können.<br />
Besonders bei der Veröffentlichung von Informationen auf der Website und bei<br />
eLearning Plattformen ist auf die <strong>Barrierefrei</strong>heit zu achten. Wenn von vornherein<br />
an diese Standards gedacht wird, dann bedeuten sie meist keinen Mehraufwand.<br />
Nähere Informationen zu den Richtlinien finden Sie unter:<br />
http://www.w3c.de/Trans/WAI/webinhalt.html,<br />
http://www.barrierefrei-kommunizieren.de oder http://www.anderssehen.at<br />
Ein Tipp: Für Druckversionen sollten Schriften mit einer Schriftgröße von mindestens<br />
14 Punkt, für digitale Dokumente mindestens eine 12-Punkt-Schrift verwendet<br />
werden.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
39
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Sprache in schriftlichen Texten<br />
Eine weitere Barriere sind Informationen, die nicht für alle Personen verständlich<br />
sind. Verständnisschwierigkeiten können bei Menschen auftreten, deren Muttersprache<br />
nicht Deutsch ist, bei Menschen mit einem niedrigeren Bildungsniveau<br />
oder auch bei Menschen mit Lernschwierigkeiten.<br />
Beispielhafte Kriterien für eine einfache Sprache sind 1 :<br />
• einfacher Satzbau<br />
• keine ungewöhnlichen Wörter oder Fremdwörter<br />
• keine abstrakten Begriffe<br />
• ein Gedanke pro Satz<br />
• aktive Verben<br />
• Konjunktiv-Formulierungen vermeiden<br />
• kurze Absätze<br />
Hier ein Beispiel, wie ein Text vereinfacht werden kann:<br />
Ausgangstext: „Die Personalwirtschaft umfasst alle Tätigkeiten, die dazu dienen,<br />
die Planung, die Beschaffung und den zielgerichteten und effizienten Einsatz der<br />
Mitarbeiter eines Unternehmens sicherzustellen.“<br />
Text in einfacher Sprache: „Als Personalwirtschaft versteht man die Tätigkeiten in<br />
einer Firma, die mit dem Personal zu tun haben. Zuerst überlegt die Firma, welche<br />
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sie braucht. Dann müssen diese Menschen<br />
gesucht und angestellt werden. Wenn sie in der Firma arbeiten, wird geplant,<br />
wann sie wo arbeiten und welche Arbeit sie machen. Alles das ist Personalwirtschaft.“<br />
Zusätzliche Bilder und Visualisierungen erleichtern ebenfalls die Lektüre von<br />
Texten. Der vermehrte Einsatz von Bildern und Tabellen stellt allerdings für blinde<br />
und sehbehinderte Personen ein Problem dar. Dieses kann aber durch eine<br />
zusätzliche verbale Beschreibung relativ leicht behoben werden.<br />
Zusammengefasst soll Information:<br />
• in einfacher Sprache verfasst werden<br />
• visuell durch Bilder oder Grafiken ergänzt werden, die die Inhalte untermauern,<br />
aber keine zusätzliche Information enthalten, die für blinde oder sehbehinderte<br />
Personen Relevanz hat<br />
• in digitaler Form verfügbar sein, damit sie in alternativen Formaten ausgegben<br />
werden können<br />
1 Diese Regeln beziehen sich auf das Dokument „Sag es einfach“:<br />
http://www.inclusion-europe.org/documents/SAD66EETRDE.pdf<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
40 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Nicht-diskriminierende Sprache und<br />
Gespräche<br />
Über die Sprache zeigt sich die innere Haltung einer Person, auch wenn dies<br />
oft unbewusst geschieht. Eine nicht-diskriminierende Sprache vermittelt dem<br />
Gegenüber Respekt und Wertschätzung. Achten Sie deshalb darauf, welche<br />
Wörter und Sprachbilder Sie verwenden.<br />
Es wird bei Mädchen vermutlich Widerstand erzeugen, wenn Sie eine Schülerin<br />
als Vertreterin des „schwachen Geschlechts“ bezeichnen. Ebenso wird durch<br />
diskriminierende Aussagen gegenüber Menschen aus anderen Kulturen keine<br />
Atmosphäre des Respekts geschaffen.<br />
Gleiches gilt auch für Sprachbilder, die in Verbindung mit behinderten Menschen<br />
verwendet werden. Menschen im Rollstuhl empfinden sich nicht als daran „gefesselt“,<br />
im Gegenteil, der Rollstuhl ist ein Mittel zur Mobilität. Begriffe wie „taub“<br />
oder „Invalide“ sind veraltet und sollten daher nicht mehr verwendet werden.<br />
Vielmehr spricht man von „gehörlos“ und „Menschen mit Behinderung“ oder<br />
"behinderten Menschen".<br />
Ebenso fordern Selbstvertretungsorganisationen, dass an Stelle von „geistig<br />
Behinderte“ „Menschen mit Lernschwierigkeiten“ als Begriff benützt wird.<br />
Eine Kurzinformation zum Sprachgebrauch zum Thema Behinderung gibt es<br />
im Folder „An den Rollstuhl gefesselt?“ der Wirtschaftskammer Österreich.<br />
Online abrufbar unter:<br />
http://wko.at/sp/arbeitundbehinderung/Folder_Rollstuhl_gefesselt.pdf<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
41
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Das „Buch der Begriffe“ zeigt in anschaulichen Beispielen, welche Bilder durch<br />
Sprache erzeugt werden können und zeigt den Hintergrund auf, wieso manche<br />
Begriffe verwendet bzw. nicht verwendet werden sollen.<br />
Im Internet kann das „Buch der Begriffe“ bezogen werden:<br />
https://broschuerenservice.bmsg.gv.at/PubAttachments/buch_der_begriffe.pdf<br />
Weiters gilt auch eine Sprache als diskriminierend, die nicht für alle Beteiligten<br />
verständlich ist (siehe Tipps und Tricks für leichte Sprache der Selbstvertretungsorganisation<br />
People First http://www.people1.de/was_halt.html).<br />
Dafür gibt es einfache Grundregeln, die den auf S. 40 angeführten ähnlich sind:<br />
• einfache, kurze Sätze<br />
• Fremdwörter vermeiden<br />
• Rücksicht nehmen, ob die Information für alle klar verständlich ist<br />
• Bilder helfen den Text zu verstehen<br />
• Zeitdruck vermeiden. Er löst Stress und Frustration aus und wird dadurch<br />
zur Barriere.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
42 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Fotos als visuelle Unterstützung:<br />
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Mit digitalen Kameras lassen sich sehr einfach Fotos machen, die in digitale<br />
Dokumente eingebaut werden können. So wird die Beschreibung eines Gerätes<br />
durch Fotos der Maschine und der einzelnen Teile anschaulicher und für<br />
Jugendliche mit nicht-deutscher Muttersprache oder Lernschwierigkeiten leichter<br />
verständlich.<br />
Es können auch die einzelnen Arbeitsschritte der Bedienung dieses Gerätes als<br />
Dokumentation fotografiert werden. Dadurch wird der Wiedererkennungseffekt<br />
des Vorgangs unterstützt.<br />
Projektidee: Lassen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler selbst diese Dokumente<br />
gestalten! Der Lerneffekt wird nachhaltiger und Sie erhalten dadurch rasch eine<br />
große Sammlung an Fotos, die Sie immer wieder einsetzen können.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
43
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Interview:<br />
Erfolgreiche Unterstützung in der <strong>Berufsschule</strong><br />
Simon Prucker macht eine Integrative Berufsausbildung (Teilqualifikation) zum<br />
Bürokaufmann. Er arbeitet im Verein TAFIE und besucht die 2. Klasse der Tiroler<br />
Fachberufsschule für Büroberufe in Innsbruck. Im Rahmen seiner Lehre arbeitet<br />
er sowohl in der Organisation und Administration des Seminarprogramms mit,<br />
macht viel Öffentlichkeitsarbeit und kümmert sich auch um Verwaltungsaufgaben.<br />
Außerdem ist er Sekretär der Selbstvertretungsgruppe „die GleichberechtigungsrebellInnen“.<br />
Kontakt:<br />
Simon Prucker, Verein TAFIE Innsbruck Land<br />
Egger Lienz Straße 2, 6112 Wattens<br />
Tel: 05224/ 55638<br />
E-Mail: simon.prucker@tafie-il.at<br />
Web: http://www.tafie-il.at<br />
http://www.selbstvertretung.at<br />
Können Sie uns kurz erzählen, wie es Ihnen zurzeit in der <strong>Berufsschule</strong><br />
geht?<br />
Ich bin jetzt in der zweiten Klasse und gehe jede Woche für einen Tag in die<br />
Schule. Die erste Klasse habe ich gut abgeschlossen, nur in Buchführung und<br />
kaufmännisch Rechnen habe ich einen anderen Stoff. In allen anderen Fächern<br />
habe ich die normalen Inhalte.<br />
Wenn Sie sich zurückerinnern, wie war vor einem Jahr der Beginn der<br />
<strong>Berufsschule</strong> für Sie?<br />
Die Kommunikation in der Schule, mit den Lehrern und Lehrerinnen war sehr gut.<br />
Sie haben sich schnell auf mich eingestellt und darauf, was für mich schwerer ist.<br />
Dabei haben sie mir bei sämtlichen Sachen im Unterricht geholfen. Das hat von<br />
Anfang an gut funktioniert. Mit den Schülern und Schülerinnen habe ich am<br />
Anfang nicht viel Kontakt gehabt, aber es hat grundsätzlich keine Probleme mit<br />
ihnen gegeben.<br />
Welche Unterstützung der Lehrer und Lehrerinnen hilf Ihnen?<br />
Ich definiere unter anderem unter Unterstützung, dass man einfach immer wieder<br />
nachfragt. Ich bin immer wieder gefragt worden: „Verstehst du den Stoff oder ist<br />
es ein bisschen zu schnell gegangen? Kannst du das auf der Tafel lesen? Kann<br />
ich dir sonst irgendwie helfen?“<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
44 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
Oder ein konkretes Beispiel in kaufmännisch Rechnen: Ich<br />
bekomme da zusätzliche Unterlagen, wo Rechenaufgaben noch<br />
einmal genauer erklärt und veranschaulicht sind. Die anderen<br />
Schüler und Schülerinnen, die eine gewöhnliche Lehre machen,<br />
bekommen das nicht. Das sind spezielle Unterlagen für die integrativen<br />
Schüler in der Klasse. Das macht es für mich einfacher<br />
und hilft mir sehr. Das habe ich aber nur in kaufmännisch<br />
Rechnen in Rechnungswesen. In den anderen Fächern komme<br />
ich soweit zurecht, nur in Buchführung und kaufmännisch<br />
Rechnen brauche ich mehr Unterstützung. In Buchführung haben<br />
wir auch eine Stützlehrerin, die mich und eine Kollegin unterstützt.<br />
Mit ihr gehen wir den Stoff durch, der ist ein bisschen<br />
leichter, als der reguläre Stoff der 2. Klasse.<br />
Lernmaterial<br />
Hat sich für Sie die Situation in der Schule seit dem Anfang<br />
verändert?<br />
Ich habe jetzt mehr Kontakt mit den Mitschülern und Mitschülerinnen. Da bekomme<br />
ich auch immer wieder Hilfe und wir verstehen uns gut. Mit den Lehrerinnen<br />
und Lehrern läuft es gleich gut wie am Anfang. Ich bin froh, dass da in der<br />
Unterstützung nicht nachgelassen worden ist, sondern dass es bis heute gleich<br />
durchgezogen wird. Wir bekommen eine gleich gute Unterstützung, man hilft uns<br />
immer. Das finde ich sehr gut.<br />
Haben Sie Angst gehabt, dass Sie am Anfang viel Unterstützung bekommen<br />
und dann weniger?<br />
Ja, das wäre möglich gewesen, das habe ich mir gedacht. Es ist ja schon eine<br />
andere Art von Unterricht. Und das ist vielleicht für die Lehrerinnen und Lehrer<br />
aufwendiger, wenn man auf bestimmte Schüler oder Schülerinnen mehr eingehen<br />
muss.<br />
Es wäre vielleicht bequemer, dass man wenig auf die integrativen Schülerinnen<br />
und Schüler eingeht, dass wir keine zusätzlichen Unterlagen bekommen. Oder<br />
man erklärt zwar die Sachen, aber fragt nicht nach, ob wir es verstanden haben.<br />
Es kann schon sein, dass es ihnen egal ist wie es den Schülerinnen oder den<br />
Schülern geht. Dass man einfach nur den Stoff durchbringt. Aber in meiner<br />
Schule ist das nicht so, und darüber bin ich sehr froh.<br />
Und die Unterstützung funktioniert in allen Fächern?<br />
Ja, in allen Fächern gehen sie auf mich ein. Ich habe nur in Buchführung eine<br />
Stützlehrerin, in allen anderen Fächern werde ich gemeinsam mit der restlichen<br />
Klasse von der gleichen Lehrerin oder dem gleichen Lehrer unterrichtet. Und<br />
auch sie nehmen mich ernst und fragen nach, was ich brauche.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
45
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
War das für alle Lehrer und Lehrerinnen ganz selbstverständlich, Sie als<br />
Experten für Ihre eigene Unterstützung zu akzeptieren?<br />
Ich habe das Gefühl gehabt, dass sie von Anfang an gewusst haben, dass heuer<br />
Schüler und Schülerinnen mit einer Teilqualifikation kommen. Und dass diese<br />
mehr Unterstützung brauchen. Ich glaube, sie haben sich darauf vorbereitet. Das<br />
habe ich irgendwie gleich gespürt.<br />
War das gut, das gleich zu spüren?<br />
Das war sehr angenehm, weil es keine Missverständnisse gegeben hat, so wie<br />
ich das aus den Schulen kenne, in denen ich vorher war. Die Lehrerinnen und<br />
Lehrer haben sich gleich darauf eingestellt: „Ja, da und dort braucht der Schüler<br />
etwas und darum werden wir uns kümmern.“ Das war früher nicht immer so.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie früher gemacht?<br />
Da habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie nicht erkannt haben, dass für mich<br />
manche Sachen schwerer sind. In einigen Sachen war ich sehr gut. Und da<br />
haben sie sich gedacht: „Der „Bursch“ kann doch alles, was die anderen Schüler<br />
können.“ Aber da hat es Missverständnisse gegeben: „Was hat er jetzt genau, wo<br />
braucht er die Unterstützung, der ist eh so gut.“ Meinen Nachteil, den hat man<br />
dann oft verkannt.<br />
Wie haben Sie das dann in der <strong>Berufsschule</strong> geklärt?<br />
Es hat am Anfang ein Gespräch in der Schule gegeben und dann hat es sich mit<br />
der Zeit herausgestellt, wo ich Unterstützung brauche. Meine Lehrerinnen, meine<br />
Lehrer und ich haben schnell bemerkt, dass ich z.B. in kaufmännisch Rechnen<br />
Unterstützung brauche.<br />
Das ist nicht von Anfang an festgestanden?<br />
Es hat eine Eingangszeit gegeben, ungefähr 3-4 Wochen, also ein paar<br />
Berufsschultage lang. Da haben wir immer wieder zeigen können, wo wir<br />
Unterstützung brauchen und wo nicht. Dann ist festgelegt worden, wo wir zusätzliche<br />
Unterstützung und einen anderen Lehrplan bekommen. Wir haben eine<br />
Stützlehrerin in Buchführung bekommen, meine Mitschülerin und ich. Und das<br />
war gut. Ich habe immer das Gefühl es war und ist in meinem Interesse, was da<br />
passiert.<br />
Gibt es eine Form von Hilfe, die Sie nicht wollen?<br />
Ja, wenn meine Kollegen und Kolleginnen bzw. die Lehrer und Lehrerinnen<br />
anfangen mich anders zu behandeln. Ich will, dass sie mich weiterhin behandeln<br />
wie bis jetzt und nicht anders. Nur weil ich in manchen Dingen mehr<br />
Unterstützung brauche, weil ich Lernschwierigkeiten habe, will ich als Mensch<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
46 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
4. Kommunikation und Unterstützung<br />
ganz normal behandelt werden. Ich will, dass sie denken: „Der Simon gehört<br />
auch zur Klassengemeinschaft, der tut sich halt ein bisschen schwerer in manchen<br />
Sachen, aber wir behandeln ihn als Mensch deshalb nicht anders als die<br />
anderen Schüler oder Schülerinnen.“<br />
Wo würdest du dir noch mehr Unterstützung wünschen?<br />
Ich bin rundum zufrieden mit dem was ich bekomme. Ich brauche nicht mehr. Es<br />
ist meiner Person angemessen. Das passt wirklich, das geht gut. Ich gehe wirklich<br />
gerne in die Schule. Ich bin auch in allen Fächern, bis auf kaufmännisch<br />
Rechnen und Buchführung, am gleichen Niveau vom Lehrstoff her, wie die nichtintegrativen<br />
Schüler und Schülerinnen. Da bin ich stolz. Und ich werde höchstwahrscheinlich<br />
auch das dritte Berufsschuljahr machen.<br />
Haben Sie noch einen Tipp für die <strong>Berufsschule</strong>n?<br />
Ja, unbedingt. Wenn ein Lehrer oder eine Lehrerin offensichtlich sieht, heuer<br />
habe ich Schüler oder Schülerinnen, die sich schwerer tun, dann sollen sie nicht<br />
wegschauen und das ignorieren. Viele glauben, das wird schon irgendwie gehen.<br />
Aber sie müssen handeln und ihnen die Unterstützung geben, die ihnen zusteht.<br />
Mein Tipp: „Redet mit dem Schüler oder der Schülerin, redet mit den Leuten,<br />
sprecht die Situation an und ignoriert es nicht.“ Weil irgendwann kommt der<br />
Augenblick, da kann man es nicht mehr ignorieren und dann ist Feuer am Dach.<br />
Alle sind dann aufgebracht, die Lehrer und Lehrerinnen, die betroffene Schüler<br />
oder Schülerinnen und die Eltern. Und keiner kennt sich mehr aus. Und man<br />
steht vor einem Haufen Probleme, weil nichts angesprochen worden ist. Alle<br />
haben einen irrsinnigen Druck. Dem Schüler geht's nicht gut. Er geht zwar in die<br />
Schule, aber er kriegt fast nichts mit. Die Eltern haben vielleicht nichts mitbekommen.<br />
Die Lehrer und Lehrerinnen wissen nicht weiter und sind verärgert, weil sie<br />
glauben der Schüler will nicht lernen. Und auf einmal gibt es ein großes Missverständnis,<br />
niemand weiß was los ist, weil nicht geredet und gehandelt worden ist.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
47
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
5. Unterrichtsgestaltung<br />
49
5. Unterrichtsgestaltung<br />
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Ein Eckpfeiler für eine qualitativ hochwertige Ausbildung und für eine gelungene<br />
Integration ist die Unterrichtspraxis. Dabei müssen Rahmenbedingungen und<br />
Lehrvoraussetzungen geschaffen werden, die alle Schülerinnen und Schüler<br />
darin unterstützen, das für sie höchstmögliche Bildungsniveau zu erreichen. So<br />
können sie eine erfolgreiche berufliche Qualifizierung erhalten.<br />
Eine Barriere auf diesem Weg ist ein Unterricht, der im Lernen der Jugendlichen<br />
von einer Norm ausgeht. Dabei werden gleiche Lernbedingungen für alle<br />
Jugendlichen geschaffen, im Rahmen derer es nicht möglich ist flexibel zu bleiben<br />
und die individuellen Voraussetzungen der Jugendlichen miteinzubeziehen.<br />
Hier handelt es sich nicht nur um eine Barriere für behinderte Jugendliche, sondern<br />
für alle, die aus dieser vermeintlichen Norm fallen. Je unterschiedlicher die<br />
Schülerinnen und Schüler sind, desto schwieriger wird es, dieses „Mittelmaß“ zu<br />
beschreiben, da es offensichtlich wird, dass es keine Norm gibt; weder im<br />
Lerntempo, noch bei den Lernvoraussetzungen oder dem Vorwissen und auch<br />
nicht in den Lernstrategien der Jugendlichen.<br />
Gerade in Berufsschulklassen war die Zusammensetzung schon immer sehr<br />
heterogen. Beispielsweise sind die Lehrlinge in folgenden Punkten oft sehr unterschiedlich:<br />
• Bildungsabschlüsse und Bildungszugänge:<br />
Manche Jugendliche haben keinen positiven Hauptschulabschluss, wenn sie in<br />
die <strong>Berufsschule</strong> kommen. Einige haben die Jahre davor als Hilfskräfte gearbeitet<br />
und sind schulisches Lernen nicht mehr gewöhnt. Andere wiederum haben eine<br />
AHS oder BHS abgebrochen oder haben sogar die Matura absolviert.<br />
• Arbeitsalltag und Arbeitsrealität:<br />
Abhängig davon in welchem Betrieb Lehrlinge ausgebildet werden, wird das<br />
Vorwissen und der Zugang zu den Lerninhalten sehr unterschiedlich sein – je<br />
nachdem wie intensiv sie im Betrieb betreut werden, oder welchen fachlichen<br />
Schwerpunkt die Firma hat.<br />
• Sozialer Hintergrund:<br />
Der Lebensalltag und die soziale Situation wirken sich auf die Schüler und<br />
Schülerinnen ganz unterschiedlich aus.<br />
• u.v.m.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
51
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Ein neuer Punkt wurde durch die Einführung der Integrativen Berufsausbildung<br />
geschaffen:<br />
• Lehrplan:<br />
Die Jugendlichen in einer Klasse unterscheiden sich nun auch darin, ob sie den<br />
allgemeinen Lehrplan erfüllen müssen und wie viel Zeit ihnen dafür zur Verfügung<br />
steht. Zudem ist es nun möglich, dass Lehrlinge einen individuellen Lehrplan im<br />
Zuge einer Teilleistungsqualifizierungslehre erhalten 2 .<br />
All diese Punkte haben einen großen Einfluss auf die Lernzugänge der einzelnen<br />
Lehrlinge. Ob er oder sie eine Behinderung hat, ist dabei also nur ein Unterscheidungsmerkmal<br />
von vielen.<br />
Für den Abbau der Barriere ist deshalb ein Unterricht notwendig, der die<br />
Schülerinnen und Schüler mit ihren individuellen Lernvoraussetzungen und<br />
Lernbedürfnissen ins Zentrum stellt und an ihre Lebensrealitäten anknüpft.<br />
Die <strong>Berufsschule</strong> kann an zwei Seiten ansetzen, die sie bei einem individualisierten<br />
Unterricht unterstützen:<br />
• Sie kann auf ihre Erfahrung im Unterricht mit heterogenen Klassen aufbauen.<br />
• Durch ihre Nähe zur Arbeitsrealität in den Lehrbetrieben besteht ein Potenzial,<br />
sich auf praktische Alltagserfahrungen der Jugendlichen zu beziehen, das in<br />
anderen Schulformen weniger gegeben ist.<br />
In diesem Punkt kann der Berufsschulunterricht gut mit der beruflichen<br />
Erwachsenenbildung verglichen werden, die immer mehr die einzelne lernende<br />
Person mit ihrem konkreten Arbeitsumfeld und Arbeitsalltag ins Zentrum der<br />
Bildungsmaßnahme rückt (vgl. Arnold/Schüßler 2003).<br />
2 Detaillierte Informationen zur Lehrplangestaltung im Rahmen der Integrativen Berufsausbildung siehe „Integrative<br />
Berufsausbildung. Evaluierung § 8b des Berufsausbildungsgesetzes“ (KMU Forschung 2006, 80)<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
52 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Drei Aspekte von Bildungsmaßnahmen, die sich an den lernenden Personen<br />
orientieren, sollen hier besonders hervorgehoben werden:<br />
• Stärkenorientiert arbeiten:<br />
Es wird auf die Stärken und Kompetenzen der einzelnen Personen aufgebaut <br />
sowohl bei den Lernenden als auch bei den Lehrenden.<br />
• Die Vielfalt der Gruppe nutzen:<br />
Die Lernenden lernen in und von der Gruppe.<br />
• Selbständigkeit der Lernenden fördern:<br />
Durch selbstgesteuerte Lernphasen wird die Selbständigkeit der Lernenden<br />
gefördert. Die Lernenden entwickeln dafür gemeinsam mit den Lehrpersonen<br />
Lernziele und Lernstrategien.<br />
In Lernarrangements, die auf diesen Kriterien aufbauen, ist es auch für<br />
behinderte Jugendliche einfacher, sich ebenfalls mit ihren Stärken einzubringen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
53
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Klassengemeinschaft und Gruppendynamik<br />
Eine schwerwiegende Barriere ist eine Isolation von einzelnen Jugendlichen im<br />
Klassenverband. Ein Unterricht, in dem jede Person ihre Stärken einbringen kann<br />
und Schwächen nicht verstecken muss, braucht ein vertrauensvolles Umfeld 3 .<br />
Deshalb ist es besonders wichtig, dass Lehrerinnen und Lehrer auf die Gruppendynamik<br />
achten und sie beobachten (vgl. Ott 2000, 49 ff; Gieskemeyer/Straif<br />
2006, 44 ff).<br />
Hilfreich ist es dabei, allgemein kompetenz- und ressourcenorientiert zu arbeiten.<br />
Dies fördert eine generelle Wertschätzung und verringert die Gefahr eines<br />
respektlosen Umgangs miteinander.<br />
Der Unterricht muss deshalb Aktivitäten und Projekte ermöglichen, in denen alle<br />
ihre Stärken einbringen können und auf einander angewiesen sind. Das bietet<br />
Schülern oder Schülerinnen die Chance mit ihren individuellen Potenzialen und<br />
Erfahrungen wahrgenommen zu werden. Dadurch werden sie nicht mehr ausschließlich<br />
über ihre Defizite definiert. Ausschlüsse aus dem Klassenverband sind<br />
zu vermeiden, da die Jugendlichen sonst leicht in eine Außenposition geraten.<br />
Besonders eignen sich auch Exkursionen und gemeinsame außerschulische<br />
Aktivitäten im Internat als gruppenstärkende Maßnahmen. Hier muss darauf<br />
geachtet werden, dass tatsächlich alle Jugendlichen uneingeschränkt daran<br />
teilnehmen können.<br />
Die Einstiegsphase der Berufsschulzeit ist dabei eine entscheidende Phase.<br />
Hier formiert sich die Gruppe, die Jugendlichen lernen sich und die <strong>Berufsschule</strong><br />
kennen und müssen sich orientieren.<br />
Deshalb ist es hilfreich und notwendig, in den ersten Tagen Möglichkeiten zu<br />
schaffen, in denen die Jugendlichen Beziehungen zueinander aufbauen. Diese<br />
Phase bietet auch den Lehrerinnen und Lehrern die Chance, ihre Schülerinnen<br />
und Schüler besser kennen zu lernen. Sie erhalten dadurch wichtige<br />
Informationen, die in der Planung des Unterrichts sehr hilfreich sein können.<br />
3 Eine Methodensammlung für Sozial-Trainings in berufsbildenden Schulen ist „Teamarbeit. Soziales Lernen in berufsbildenden<br />
Schulen und Institutionen“ (vgl. Hergovich/Mitschka/Pawek 2001)<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
54 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Kompetenzorientierte Lernziele definieren<br />
Eine Voraussetzung für einen individualisierten Unterricht ist es, festzustellen, an<br />
welchem Ausgangspunkt eine Schülerin oder ein Schüler sich befindet. Es abzuklären,<br />
welche Kompetenzen er oder sie bereits mitbringt und wie diese noch<br />
weiter ausgebaut werden können.<br />
Ebenso muss hier festgehalten werden, wo der Bedarf besteht, an Schwächen<br />
zu arbeiten. Diese Informationen erhalten die Lehrer und Lehrerinnen durch<br />
Gespräche mit den Schülern und Schülerinnen sowie durch eine genaue<br />
Beobachtung.<br />
In der <strong>Berufsschule</strong> steht für diese Beobachtung wenig Zeit zur Verfügung. Die<br />
Lehrgänge dauern nur wenige Wochen, bzw. die Jugendlichen sind nur an einem<br />
Tag in der Woche in der Schule. Umso wichtiger ist deshalb die Kommunikation<br />
mit allen beteiligten Personen – wie zum Beispiel mit den Jugendlichen selbst,<br />
mit dem ausbildenden Betrieb, mit der Assistenzen und den Eltern – um einen<br />
regelmäßigen Informationsaustausch zu sichern (vgl. KMU Forschung 2006, 67 f).<br />
Im nächsten Schritt werden die individuellen Lernziele definiert. Dafür werden<br />
grobe, nach dem Lehrplan festgelegte Lernziele in kleinere, klar beschreibbare<br />
unterteilt.<br />
Diese Ziele sollten für die Jugendlichen transparent gemacht werden. Danach<br />
wird festgelegt, in welcher Form diese Lernziele erreicht werden können und auf<br />
welche vorhandenen Kompetenzen dabei aufgebaut wird.<br />
Für Teilqualifizierungslehren ist dieser Schritt der Individualisierung der Lernziele<br />
durch die Lehrform vorgegeben. Jedoch profitieren alle Schüler und Schülerinnen<br />
davon wenn sie an individualisierten Zielen arbeiten können.<br />
Eine Möglichkeit dies in der Praxis umzusetzen ist, Wahlmöglichkeiten für<br />
Lernziele zu bieten. Durch die Entscheidung, welche Lernziele sie verfolgen<br />
möchten, müssen die Jugendlichen automatisch Verantwortung für ihren<br />
Lernprozess übernehmen und ihre Selbständigkeit wird dadurch gefördert.<br />
In manchen <strong>Berufsschule</strong>n wird diese Wahlmöglichkeit insofern geschaffen, dass<br />
die Jugendlichen selbst – mit Unterstützung der Lehrpersonen – entscheiden<br />
können, ob sie bei Lerninhalten nur den Basisstoff erarbeiten, oder sich vertiefend<br />
damit beschäftigen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
55
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Beispielsweise können im Rechnungswesenunterricht beim Thema Umsatzsteuer<br />
die Lernziele für manche Jugendliche darin liegen, Prozentrechnungen am<br />
Beispiel von einer netto auf brutto Umsatzsteuer-Berechnung zu lösen und diese<br />
Kompetenz zu festigen. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Stärkung der<br />
Rechenkompetenz.<br />
Andere Schülerinnen oder Schüler haben hingegen das zusätzliche Lernziel den<br />
wirtschaftlichen Aspekt des Umsatzsteuersystems zu verstehen. Hier ist das Ziel,<br />
dass sie nicht nur Berechnungen durchführen können, sondern auch die<br />
Aufgabenverteilung und Zahlschuld von Einzelhandel – Großhandel –<br />
Konsumenten und Konsumentinnen – Finanzamt erklären können.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
56 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Interview:<br />
Individuelle Lernziele in der <strong>Berufsschule</strong><br />
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Dipl.-Päd. Martina Jeindl unterrichtet an der <strong>Berufsschule</strong> Graz 9 (Handel,<br />
Schönheitsberufe und Chemietechnik). Sie lehrt die wirtschaftlichen Fächer<br />
(Fachgruppe 1) und im Bereich Handel auch Fachkunde (Fachgruppe 2).<br />
Frau Jeindl steht anderen steirischen <strong>Berufsschule</strong>n als Beraterin für Fragen<br />
zur Integrativen Berufsausbildung zur Verfügung.<br />
Kontakt:<br />
Martina Jeindl, <strong>Berufsschule</strong> Graz 9<br />
Hans-Brandstetter-Gasse 12, 8020 Graz<br />
Telefon: 0316/47 16 53<br />
E-Mail: martina.jeindl@lbs-graz9.ac.at<br />
Web: http://www.lbs-graz9.ac.at/<br />
Was waren Ihre ersten Erfahrungen mit der Erstellung von individuellen<br />
Lernzielen?<br />
Vor einigen Jahren habe ich in einem Versuchsprojekt in Feldbach mitgemacht.<br />
Wir hatten drei Schüler mit Down-Syndrom in der Klasse. Die Lernvoraussetzungen<br />
der Schüler waren so unterschiedlich – manche konnten nicht im Zahlenraum<br />
zehn rechnen – und da konnten wir nicht anders, als individuelle Lernziele<br />
zu erstellen.<br />
Warum arbeiten Sie jetzt mit individuellen Lernzielen in der <strong>Berufsschule</strong>?<br />
Die Individualisierung ergibt sich vor allem durch die Einführung der Integrativen<br />
Berufsausbildung. Bei uns in der Steiermark sind wir verpflichtet, bei jedem<br />
Schüler mit einer Teilqualifizierungslehre eine individuelle Lehrstoffverteilung<br />
zu erstellen. Diese Individualisierung wird von unserem Landesschulinspektor<br />
gefordert.<br />
Können Sie uns den Prozess beschreiben wie Sie die Lernziele festlegen?<br />
Bevor die Schüler kommen, nehme ich mit der Berufsausbildungsassistenz (BAS)<br />
Kontakt auf. Meine Schüler werden z.B. von der Lebenshilfe sehr intensiv betreut<br />
und wir erhalten hier viel Vorinformation. Im Vergleich zu der Standardlehrstoffverteilung,<br />
die wir ja für die reguläre Lehre haben, entwickle ich dann die individuellen<br />
Lernziele. Ich glaube, das Vorgespräch mit den Betreuern und der BAS<br />
ist wesentlich, denn meiner Erfahrung nach wissen sie bereits sehr viel über den<br />
Schüler. Und mit diesem Wissen kann ich mich besser auf die Schüler vorbereiten.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
57
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Wie sehen die nächsten Schritte aus, wenn der Lehrgang beginnt?<br />
Wir starten mit einem Vorschlag einer Lehrstoffverteilung. Die erste Zeit nützen<br />
wir zur Beobachtung des Schülers und adaptieren die Lernziele. Die Lehrstoffverteilung<br />
entwickeln wir in einem Teamprozess. Wir besprechen und beraten uns<br />
in kollegialen Gesprächen, aber bei Bedarf können da auch spontane Konferenzen<br />
gemacht werden. Spätestens nach zehn Unterrichtstagen sollte die individuelle<br />
Lehrstoffverteilung für den Lehrgang fertig sein.<br />
Dabei ist wichtig, dass die Lernziele laufend evaluiert werden. Manchmal gibt es<br />
im Laufe des Lehrgangs noch große Änderungen. Je nachdem wie gerade die<br />
Lebenssituation des Schülers ist, wie es ihm psychisch geht und wie viel er im<br />
Moment leisten kann.<br />
Woran erkennen Sie ob die Lernziele noch stimmig sind oder wann sie<br />
verändert werden müssen?<br />
Ich merke das in der Arbeit mit den Schülern. Zum Beispiel hatte ich einen<br />
Schüler mit großen Gedächtnisschwierigkeiten, das war auch medizinisch diagnostiziert.<br />
Er hatte das Lernziel, den Verlauf eines Kaufvertrages anhand eines<br />
Beispiels mit Moderationskarten, auf denen die einzelnen Bestandteile notiert<br />
waren, in eine korrekte Ordnung zu bringen. Das ging auch recht schnell. Doch<br />
auf einmal war alles wieder weg, er konnte sich an nichts mehr erinnern. Das war<br />
für uns ein Zeichen, dass wir das Lernziel adaptieren müssen. Die sieben Teile<br />
wurden auf fünf reduziert. Und das hat er dann auch wirklich gekonnt.<br />
Aber das heißt nicht, dass wir automatisch immer das Lernziel heruntersetzen.<br />
Zuerst schauen wir, warum er das Lernziel nicht erreichen kann. Wenn es z.B.<br />
psychische Probleme sind, dann versuchen wir dabei zu helfen. Wenn er eine<br />
andere Lernform braucht, dann schauen wir was wir hier machen können. Nur<br />
wenn wir merken, dass Lernziel war wirklich zu hoch gesetzt, wird es reduziert.<br />
Wie setzen Sie Prioritäten bei den Lernzielen?<br />
Bei teilqualifizierten Schülern sollen vor allem die Tätigkeiten, die der Lehrling auf<br />
seinem Arbeitsplatz macht, unterstützt werden. Ich konzentriere mich also darauf,<br />
was er an der Arbeitsstelle machen muss und ergänze das mit den theoretischen<br />
Inhalten. Die Inhalte sollen für den Schüler von Bedeutung sein und ich versuche<br />
natürlich auch auf seinen Fähigkeiten aufzubauen und diese zu stärken.<br />
Wie werden die Informationen über erreichte Lernziele weitergegeben?<br />
Am Ende des Lehrgangs halten wir die erreichten Lernziele schriftlich fest. Diese<br />
werden dem Stammblatt des Schülers beigelegt. Hier notieren wir auch, welche<br />
Form der Unterstützung hilfreich war, z.B. ob es hilft wenn die Unterlagen für den<br />
Schüler durch Bilder ergänzt werden. Darauf können die Lehrer aus dem nächsten<br />
Lehrgang zurückgreifen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
58 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
5. Unterrichtsgestaltung<br />
So haben wir innerhalb der Schule einen guten Kommunikationsablauf geschaffen.<br />
Aber das ist normalerweise auch nicht das Problem. Denn viele Lehrer kennen<br />
die Schüler schon, bzw. sie reden mit den Kollegen. In den Konferenzen<br />
besprechen wir natürlich auch die Erfahrungen und geben Empfehlungen für den<br />
nächsten Lehrgang ab.<br />
Wie gestalten Sie den Unterricht mit differenzierten<br />
Lernzielen?<br />
Wir versuchen, dass alle Jugendlichen an ähnlichen Dingen arbeiten,<br />
aber mit unterschiedlichen Aufgaben. Zum Beispiel setzt ein<br />
Schüler Puzzleteile eines Geschäftsbriefs zusammen während die<br />
anderen Geschäftsbriefe schreiben. Manchmal kann es natürlich<br />
schon sein, dass die Schüler mit einem individuellen Lehrplan an<br />
einem anderen Thema arbeiten, z.B. wenn sie für ein Lernziel<br />
noch eine längere Übungsphase brauchen. Dann arbeiten sie<br />
noch an diesem Thema und die anderen sind schon wo anders.<br />
Aber da richten wir uns danach, was die Schüler brauchen.<br />
Wie erfahren die Schüler bzw. Schülerinnen an welchen<br />
Lernzielen sie arbeiten bzw. welche Lernziele für sie<br />
festgelegt wurden?<br />
Das wird recht unterschiedlich gemacht. Prinzipiell wird bei uns für<br />
die ganze Klasse das Lernziel bekannt gegeben: Es gibt am<br />
Anfang des Lehrgangs einen Überblick über den gesamten Stoff<br />
und danach zeigen wir sie von Thema zu Thema noch einmal auf.<br />
Zum Teil haben wir auch Arbeitsblätter, mit den aufgelisteten<br />
Lernzielen. Wenn er glaubt, dass er etwas kann, so hakt er das<br />
auf der Liste ab. Der Lehrer gibt dann noch sein Feedback dazu.<br />
Aber es gibt keine grundsätzliche Vorgangsweise.<br />
Wirkt sich die Arbeit an unterschiedlichen Lernzielen auf die<br />
Gruppendynamik und das Klassenklima aus?<br />
Das hängt schon sehr von der Klasse ab. Wichtig ist für mich,<br />
dass ich zu Beginn des Lehrgangs auch immer aufkläre, warum Lernziele<br />
manche an anderen Dingen arbeiten und weniger machen müssen.<br />
Bis jetzt hatte ich auch immer das Glück, dass sehr interessierte und sozial<br />
kompetente Schüler in der Klasse waren. Sie unterstützen sich auch gegenseitig.<br />
Das geschieht – gelenkt und geleitet – doch regelmäßig. Ja, da haben wir auch<br />
immer ein sehr gutes Klassenklima.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
59
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Kann es auch zu Problemen kommen?<br />
Durch die unterschiedlichen Benotungen kann es zu Problemen kommen. Ich<br />
habe in Klassen die Frage erlebt, warum ein Schüler ein „Sehr gut“ bekommt,<br />
obwohl er weniger Stoff hat. Das größte Problem, das ich hier sehe, sind andere<br />
lernschwache Schüler, die aber keine Teilqualifikation haben. Sie würden die<br />
zusätzliche Hilfe auch brauchen. Natürlich kriegen sie von uns auch die<br />
Unterstützung, vor allem wenn wir doppelt besetzt sind. Aber sie haben keine<br />
reduzierte Lehrstoffverteilung. Sie erhalten deshalb mit den gleichen Leistungen<br />
die schlechteren Noten. Das ist für manche schwer zu verstehen. Aber wenn man<br />
das vorher bespricht und die unterschiedlichen Lehrformen erklärt, dann funktioniert<br />
das.<br />
Wie sehen die organisatorischen Rahmenbedingungen für diesen differenzierten<br />
Unterricht aus?<br />
Wir dürfen bei einer Klasse mit integrativen Lehrlingen die Klassenschülerzahl<br />
heruntersetzen. Das geht nicht immer aber wenn, dann sind es ca. 20 Schüler.<br />
Wir unterrichten dann die meiste Zeit alleine in der Klasse, bis auf ein paar<br />
Stunden, die doppelt besetzt sind. Also z.B. mit einem Schüler mit einer<br />
Teilqualifizierung sind das sechs Stunden von einem Stützlehrer. Meistens haben<br />
wir nicht mehr als einen Schüler mit einer Teilqualifikation pro Klasse. Wir planen<br />
das nicht so, sondern das ergibt sich automatisch aufgrund der Einschreibungen.<br />
Aber ich habe einmal in einer Klasse mit 32 Schülern, davon ein Lehrling der die<br />
Integrative Lehre gemacht hat, ausgeholfen. Da wird es wirklich anstrengend. Ich<br />
weiß nicht, wie man das gut bewältigen soll.<br />
Haben Sie noch einen Tipp für andere <strong>Berufsschule</strong>n?<br />
Es ist schwer einen Tipp zu geben, da die Situation immer sehr speziell ist.<br />
Aber mein Tipp könnte sein: unvoreingenommen auf den Schüler zuzugehen<br />
und den Mut zu haben, den Stoff herunter zu brechen. Ich höre oft von Kollegen:<br />
„Aber das muss er ja können.“ Und ich glaube der Schüler muss eben nicht alles<br />
können, gerade bei einer Teilqualifikation. Den Mut zu haben, weniger zu<br />
machen, das ist für mich das Wesentlichste.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
60 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Vielfältige Lernarrangements schaffen<br />
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Ein individualisierter Zugang zu Lernzielen bedarf offener Lernformen, die vielfältige<br />
Lernhandlungen ermöglichen. Diese tragen den unterschiedlichen Interessen<br />
und Lernvoraussetzungen der Jugendlichen Rechnung. Lernarrangements bereiten<br />
den Boden dafür, dass Jugendliche eine Palette an persönlichen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten einsetzen können, um die vereinbarten Lernziele zu erreichen.<br />
Die Öffnung des Unterrichts kann durch unterschiedliche Methoden erfolgen, die<br />
in Kombination ihre größte Wirkung zeigen:<br />
• Projektorientierter Unterricht:<br />
Die Schüler und Schülerinnen arbeiten an konkreten Projekten, um die Lernziele<br />
zu erreichen. Dabei stehen Probleme und Aufgaben im Vordergrund, die mehr<br />
oder weniger offen gehalten sind und Schülerinnen und Schüler zum Überlegen,<br />
Experimentieren und Diskutieren herausfordern.<br />
(vgl. Hofmann/Moser 2004, 38 ff; Feyerer/Prammer 2003, 112 ff; Espert 2005)<br />
• Planphasen:<br />
Die Lehrlinge erhalten einen Plan mit Arbeitsaufträgen, die in einer bestimmten<br />
Zeitspanne erfüllt werden müssen. Wie sie die Arbeitsschritte organisieren und<br />
wie sie sich die Zeit einteilen, liegt in der Verantwortung der Jugendlichen selbst.<br />
Diese Vorgangsweise entspricht auch den Arbeitsbedingungen von vielen berufstätigen<br />
Menschen, die eine „To-do-Liste“ erhalten, die innerhalb eines Zeitrahmens<br />
erfüllt werden muss. (vgl. Hofmann/Moser 2004, 34 ff; Feyerer/Prammer<br />
2003, 79 ff)<br />
• Werkstattunterricht, Stationenbetrieb oder Lernzirkel:<br />
Als Einstieg in die Arbeit mit Plänen eignet sich der Werkstattunterricht,<br />
Stationenbetrieb oder Lernzirkel. Diese drei Begriffe werden oft als Synonym<br />
für folgende Unterrichtsform verwendet: Zu einem Thema werden vielfältige<br />
Arbeitsstationen vorbereitet. Die Jugendlichen bearbeiten diese anhand von<br />
konkreten und nach Schwierigkeitsgraden abgestuften Arbeitsanweisungen. In<br />
welcher Reihenfolge sie das machen und wie viel Zeit sie an welcher Station<br />
verbringen, können sie, in einem vorgegebenen Zeitrahmen, selbst organisieren.<br />
Wichtig ist dabei, dass es sowohl Stationen gibt, die verpflichtend bearbeitet<br />
werden müssen (Pflichtstationen) und andere Stationen, die frei gewählt werden<br />
können (Wahlstationen). Das fördert nicht nur die Motivation der Schüler und<br />
Schülerinnen, sondern sie lernen auch selbständig Entscheidungen über ihren<br />
Lernprozess zu treffen. (vgl. Riedl 2004, 52 ff; transfer I/2005, transfer IV/2005<br />
I/2006; Gieskemeyer/Streif 2006)<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
61
5. Unterrichtsgestaltung<br />
• Freiarbeit:<br />
In dieser Zeit steht es den Jugendlichen frei, sich Arbeiten selbst zu wählen.<br />
Diese Freiarbeitsphasen können für spezielle Interessensgebiete genutzt werden,<br />
oder um einen Bereich, in dem sich die Jugendlichen noch unsicher fühlen, zu<br />
üben und somit ihr Wissen zu festigen.<br />
Auch die Arbeit in Freiarbeitsphasen ist leistungsorientiert und soll daher dokumentiert<br />
und mit Ergebnissen abgeschlossen werden. (vgl. Hofmann/Moser 2004,<br />
37 ff; Feyerer/Prammer 2003; 79 ff)<br />
• Gebundener Fachunterricht:<br />
Auch der klassische Vortrag oder das Lehrgespräch haben in dieser Methodenvielfalt<br />
eine wichtige Funktion. Dabei sollen Jugendliche auch im gebundenen<br />
Unterricht eine tragendere Rolle übernehmen und beispielsweise ihre Projektarbeit<br />
in diesem Forum präsentieren (vgl. Feyerer/Prammer 2003, 65).<br />
Das eigenverantwortliche Lernen nach Heinz Klippert (vgl. Klippert 2004) ist für<br />
manche Schulen ein guter Ausgangspunkt, da es bereits Erfahrungen mit diesem<br />
Modell gibt. Aufbauend darauf können dann offene Unterrichtsformen eingeführt<br />
werden. Ebenso sind viele handlungsorientierte didaktische Ansätze (vgl. Riedl<br />
2004, 80 ff; Ott 2000, 198 ff) ein guter Anknüpfungspunkt, da hier schüler- und<br />
schülerinnenzentrierte Methoden eingesetzt werden.<br />
Ausschlaggebend dabei ist, dass es Möglichkeiten der inneren Differenzierung<br />
und Individualisierung gibt (vgl. Giekemeyer/Straif 2006; Paradies/Linser 2001).<br />
Unter einer inneren Differenzierung ist eine Lernsituation zu verstehen, in der die<br />
Jugendlichen im gleichen Raum, betreut von den gleichen Lehrerinnen und<br />
Lehrern, an unterschiedlichen Aufgabenstellungen arbeiten, die aber eine thematische<br />
Klammer verbindet (vgl. Feuser 1995; Feyerer/Prammer 2003, 79).<br />
Beispielsweise können alle Jugendlichen zum Thema Kontoführung arbeiten:<br />
Einige Schüler oder Schülerinnen arbeiten dabei daran, das abstrakte Konzept<br />
eines Kontos für sich begreifbar zu machen. Dazu lernen sie, wie ein Konto funktioniert,<br />
was ein Überziehungsrahmen ist und erarbeiten ähnliche Fragen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
62 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Andere wiederum sammeln Angebote unterschiedlicher Banken für Jugendkonten<br />
und berechnen Haben- und Sollzinsen. Als Ergebnis erstellen sie anhand von<br />
konkreten Berechnungsbeispielen eine Liste, welches Konto unter welchen<br />
Umständen am besten geeignet ist. Eine dritte Gruppe beschäftigt sich einstweilen<br />
mit der Umlegung von der Idee eines privaten Kontos auf Firmenkonten und<br />
bearbeitet Geschäftsfälle.<br />
Obwohl alle am gleichen Thema der Kontoführung arbeiten, wird innerhalb der<br />
Gruppe anhand der definierten Lernziele differenziert.<br />
Offene, individualisierte Unterrichtsformen entsprechen dabei den Forderungen<br />
einer integrativen/inklusiven Pädagogik (vgl. Bintinger/Eichelberger/Wilhelm<br />
2005). Aber auch den zentralen Forderungen einer modernen beruflichen<br />
Bildung. Denn auch hier wird eine offene, handlungsorientierte Ausbildung<br />
gewünscht, die von den Lernenden von Anfang an eine Selbständigkeit fordert<br />
und diese dadurch fördert.<br />
Elke Gruber fordert in ihrem Artikel „Berufsbildung in Österreich – Einblicke in<br />
einen bedeutenden Bildungssektor“ dafür folgende Entwicklungen (Gruber 2004, 35):<br />
• „von der detaillierten Lehrplanvorgabe zur kooperativen Lehrplangestaltung,<br />
• von der Fächerorientierung zur Situationsorientierung,<br />
• von der Zerstückelung in Unterrichtsstunden zur problemorientierten<br />
Lerneinheit,<br />
• vom Faktenwissen zum Zugriffswissen,<br />
• von der Lehrerzentriertheit zur Teilnehmer/innenorientierung,<br />
• vom Frontalunterricht zur Projektorientierung,<br />
• vom fremdbestimmten Lernen zum selbst organisiertem Lernen,<br />
• von der Unterweisung zum Erfahrungslernen,<br />
• von der Trennung von Theorie und Praxis zur Verbindung von Theorie und<br />
Praxis“.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
63
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Interview:<br />
Schüler und Schülerinnen übernehmen Verantwortung<br />
für ihr Lernen<br />
Vl Ulrike Schachner unterrichtet allgemeine und wirtschaftliche Fächer<br />
(Fachgruppe 1) in der <strong>Berufsschule</strong> Wels 1. Im Zuge des Projekts IBEA war sie<br />
die Koordinatorin der Schule für die Pilotierung von offenen Unterrichtsformen in<br />
Rechnungswesen.<br />
Kontakt:<br />
Ulrike Schachner, <strong>Berufsschule</strong> Wels 1<br />
Linzerstraße 68, 4600 Wels<br />
Telefon: 07242/46 5 98<br />
E-Mail: bs-wels1.post@ooe.gv.at<br />
Web: http://schulen.eduhi.at/bs1.wels/start.htm<br />
In Ihrer Schule haben Sie begonnen offene Unterrichtsformen in einem wirtschaftlichen<br />
Fach auszuprobieren. Was bedeutet offener Unterricht für Sie?<br />
Meinen beiden Kollegen (Frau Ruth Brigitta Tiziani und Herrn Hermann Bauda)<br />
und mir ist bei einem offenen Unterricht wichtig, dass die Selbständigkeit und<br />
Eigenverantwortung der Schüler gefördert und gefordert wird. Mit dem Begriff<br />
„Offenes Lernen“ kommen aber oft Assoziationen von fehlender Leistung und<br />
Beliebigkeit auf. Deshalb bezeichnen wir den offenen Unterricht als<br />
„Eigenverantwortliches Lernen“. Das trifft für uns den Kern der Sache besser:<br />
Den Schülern die Möglichkeit zu geben, Verantwortung für ihr Lernen und ihre<br />
Arbeit zu übernehmen.<br />
Was ist Ihr Ziel?<br />
Unser Anliegen ist es, den Schülern beste Unterstützung, je nach Schülerverhalten<br />
und Leistungsvermögen, mit möglichst großem Freiraum zu gewähren.<br />
Dadurch wollen wir eine optimale Förderung von allen Schülern erreichen.<br />
Warum hatten Sie den Wunsch, ein neues Unterrichtskonzept zu testen?<br />
Wir sind grundsätzlich in der <strong>Berufsschule</strong> mit dem Problem konfrontiert, dass wir<br />
in sehr heterogenen Klassen unterrichten, die sich aus HTL-Abbrechern, lernschwachen<br />
und unterschiedlich motivierten Schülern sowie aus Integrationsschülern<br />
zusammensetzen. Die Fähigkeiten der Einzelnen sind somit in jeder<br />
Klasse sehr breit gestreut.<br />
Wir streben deshalb nach einem Unterrichtskonzept, das es uns erlaubt, sowohl<br />
den Integrationsschüler, als auch den besten Schüler der Klasse zu fördern.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
64 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Eine Einteilung des Lehrstoffes in verschiedene Schwierigkeitsgrade war einfach<br />
unumgänglich. Dann brauchten wir nur noch die Form, wie wir das umsetzen<br />
können.<br />
Warum haben Sie sich gerade für diese Form des Unterrichts entschieden?<br />
Wir kannten diese Form des eigenverantwortlichen Lernens aus der <strong>Berufsschule</strong><br />
Schärding, zudem unterrichteten bereits zwei Kollegen aus der BS Wels 1 (Herr<br />
Markus Edthaler und Herr Friedrich Platzer) aus der Fachgruppe 2 im Gegenstand<br />
Angewandte Mathematik nach der Methode „Eigenverantwortliches<br />
Lernen“. Uns hat daran gefallen, dass damit sowohl Integrationsschüler als auch<br />
sehr gute Schüler die Chance hatten, sich innerhalb ihrer Möglichkeiten Wissen<br />
anzueignen. Ihnen wird dabei viel Verantwortung zurückgegeben: Sie entscheiden<br />
selbst über die Auswahl des Stoffbereiches, über ihre Zeiteinteilung und<br />
die Lernform, z.B. ob sie alleine arbeiten möchten oder lieber in einer kleinen<br />
Gruppe. Entscheidend war für uns aber dabei, dass dieses Konzept sehr<br />
leistungsorientiert ist, d.h. die Schüler werden gefordert, ihre bestmögliche<br />
Leistung zu erbringen. Und es zeigt sich, dass sie das sehr motiviert. Ein wichtiger<br />
Motivationsfaktor ist dabei die Note und Leistungsanerkennung: je tiefer er<br />
bei den Stoffgebieten geht, desto besser wird seine Note.<br />
Welche konkreten Arbeitsschritte waren dafür notwendig?<br />
Die Vorbereitungsphase war sehr intensiv. Als 3-köpfiges Lehrerteam haben wir<br />
zuerst den Lehrstoff in drei Schwierigkeitsgrade eingeteilt und zwar in den<br />
Basisstoff, den Leistungsstoff und den Top-Stoff. Der Basisstoff entspricht den<br />
Grundlagen des Lehrplans, im Leistungsstoff werden die Beispiele aufbauend auf<br />
den Basisstoff komplexer und beim Top-Stoff werden die schwierigsten Themen<br />
des Stoffgebietes behandelt. Und der ist für die Schüler schon sehr anspruchsvoll,<br />
hier sind auch sehr Gute wirklich gefordert.<br />
Wir haben dann ca. 500 Beispiele mit Lösungswegen und Ergebnissen für diese<br />
Bereiche entwickelt. Diese waren angelehnt an Beispiele von der <strong>Berufsschule</strong><br />
Schärding. Damit wurde unsere, von Frau Tiziani erstellte, Datenbank befüllt, aus<br />
der sich die Schüler später die Beispiele herausholen können.<br />
Zusätzlich wurden die Arbeitskarten mit den Erklärungen produziert und die<br />
Arbeitsblätter erstellt. Diese Arbeiten wurden vor dem Lehrgangsstart durchgeführt.<br />
Wie funktioniert das Eigenverantwortliche Lernen in der Klasse<br />
dann konkret?<br />
In der ersten Stunde gibt es eine Einführung und ein Informationsblatt für jeden<br />
Schüler, wie das Eigenverantwortliche Lernen funktioniert. Dabei erklären wir<br />
auch sehr genau wie die Note zustande kommt. Es ist wichtig, dass der<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
65
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Notenschlüssel für alle Schüler klar ist und sie verstehen, dass sie selbst den<br />
größten Einfluss darauf haben, welche Note sie erhalten.<br />
Wenn das System verstanden wurde, beginnen wir gleich mit dem<br />
Unterricht:<br />
Zuerst wird der neue Lehrstoff von uns erklärt. Die Schüler bekommen<br />
im Anschluss je ein Arbeitsblatt, welches sie mit Hilfe einer<br />
„Merkkarte“ ausfüllen. Danach rechnet jeder Schüler 2-3<br />
Basisbeispiele, kann sich danach auch für Leistungs- oder Top-Stoff<br />
entscheiden und mit den Arbeitskarten und den Beispielen mit<br />
Selbstkontrollen aus der Datenbank weiterarbeiten.<br />
Zwischen den Schularbeiten gibt es regelmäßig<br />
Lernabschnittskontrollen. Sie sind ein wichtiges Instrument für<br />
Schüler und Lehrer, um eine Rückmeldung über den Lernstand des<br />
Schülers zu bekommen. Daran kann der Schüler erkennen, ob seine<br />
Selbsteinschätzung bei der Stoffwahl stimmt, ob er schon einen<br />
Schritt weitergehen und die nächste Stufe wählen kann, oder ob er<br />
noch die Inhalte der vorherigen Stufe festigen muss.<br />
Wo bringt diese Form des Unterrichts den größten Vorteil?<br />
Die Schüler können ihre Möglichkeiten besser ausschöpfen und sie<br />
haben zusätzlich eine erhöhte Individualförderung. Durch selbständi<br />
Merkkarte<br />
ges Arbeiten bleibt mehr Zeit für die Betreuung der schwachen<br />
Schüler. Aber man hat auch einmal Zeit, sich um die besseren<br />
Schüler zu kümmern, die sonst oft zu wenig Förderung erhalten.<br />
Und für die Lehrer gibt es auch einen wichtigen Vorteil: Es ist weniger Frontalunterricht<br />
und das schont die Stimme. Und es gibt mehr Einzelkontakt zum<br />
Schüler, dadurch lernt man sie besser kennen.<br />
Welche Probleme sind aufgetreten, welche Stolpersteine sehen Sie?<br />
Beim nächsten Mal werden wir sicher den Mut zur Lücke haben und einige<br />
Stoffgebiete nur streifen, damit noch mehr Zeit zum Üben aber auch zum<br />
Wiederholen und somit für die Beurteilung der Mitarbeit bleibt.<br />
Haben Sie Tipps für andere <strong>Berufsschule</strong>n, die ebenfalls offenen Unterricht<br />
einführen möchten?<br />
Ein wichtiger Hinweis ist, dass man zu Beginn des Projekts viel Zeit und<br />
Idealismus mitbringt, denn die Vorbereitungsarbeiten sind sehr zeitintensiv,<br />
schweißen aber auch die Kollegen durch viel gemeinsam verbrachte Zeit und das<br />
gemeinsame Ziel zusammen. Zusätzlich sollte man sich nicht von Skeptikern<br />
abbringen lassen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
66 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Lehrmittel<br />
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Durch Lehrmittel werden Informationen weitergegeben. Deshalb gelten für sie<br />
grundsätzlich die Kriterien einer barrierefreien Information, wie sie auf S. 39-43<br />
beschrieben wurden. Wichtig dabei ist, dass Lehrmittel klar strukturiert und einfach<br />
verständlich sind. Ebenfalls sollen sie in alternativen Formaten vorhanden<br />
sein. Auch sollen sie unterschiedliche Lernzugänge ermöglichen, d.h. verschiedene<br />
Lerntypen und Lernstrategien unterstützen.<br />
Materialien, die für das eigenständige Erlernen von Inhalten eingesetzt werden<br />
sollen (vgl. Feyerer/Prammer 2003, 89):<br />
• ansprechend sein,<br />
• eindeutig in ihrer Anforderung und den Anweisungen sein,<br />
• kommunikations- und kooperationsfördernd sein,<br />
• Selbstkontrolle ermöglichen,<br />
• Selbsttätigkeit fördern und<br />
• handelnden Umgang ermöglichen (auch motorische und emotionale<br />
Ebenen ansprechen).<br />
Fördern Sie auch die selbständige Gestaltung von Lernmaterialien durch die<br />
Schüler und Schülerinnen. Dadurch entsteht eine intensive Auseinandersetzung<br />
mit den Lerninhalten und die Jugendlichen reflektieren, welche Form ihr individuelles<br />
Lernen unterstützt.<br />
Jugendliche können dabei auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Materialien selbst<br />
bzw. gemeinsam mit der Lehrperson herstellen. Dadurch lernen sie Strategien<br />
kennen, wie sie eigenständig mit auftretenden <strong>Barrieren</strong> umgehen können.<br />
Beispielsweise vereinfachen Jugendliche mit Lernschwierigkeiten gemeinsam mit<br />
Lehrern oder Lehrerinnen Sätze von einem Informationsblatt. Diese werden durch<br />
Bilder ergänzt, damit die Schülerinnen und Schüler selbständig die Informationen<br />
lesen können. Andere Jugendliche nehmen Vorträge und Anleitungen auf Tonband<br />
auf, damit sie diese für sich nochmals wiederholen können.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
67
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Demonstration und Beurteilung von<br />
Leistungen<br />
Bei Prüfungen und Schularbeiten muss es für behinderte Jugendliche die<br />
Möglichkeit eines „Nachteilsausgleichs“ geben. Das bedeutet, dass eine<br />
Schülerin mit einer motorischen Einschränkung, die selbst schreiben kann, aber<br />
länger dafür braucht, für einen schriftlichen Test mehr Zeit zur Verfügung hat.<br />
Gleiches gilt für blinde oder sehbehinderte Personen, die trotz des Einsatzes von<br />
Hilfsmitteln oft mehr Zeit zur Bearbeitung der Aufgabe benötigen.<br />
Es bietet sich aber auch die Möglichkeit, dass der Schüler oder die Schülerin die<br />
Antworten der Assistenz diktiert. Ebenso kann es bedeuten, dass dieser Test in<br />
Form einer mündlichen Prüfung abgenommen wird (vgl. Keune/Fr<strong>ohne</strong>nberg<br />
2004).<br />
Generell sind jedoch einheitliche Prüfungen für alle eine schlechte Voraussetzung,<br />
um das individuelle Wissen und Können eines Schülers oder einer<br />
Schülerin abzubilden (vgl. Feyerer/Prammer 2003, 148 ff; Vierlinger 1999).<br />
Für einen Unterricht, der die individuellen Fortschritte der Jugendlichen aufzeigen<br />
will, ist es deshalb wichtig vielfältige Möglichkeiten der Leistungspräsentation zu<br />
schaffen.<br />
Ein leistungsbezogener Unterricht ist motivierend für Jugendliche. Eine erbrachte<br />
Leistung, die auf meine persönlichen Fähigkeiten und Stärken zurückzuführen ist,<br />
bietet ein Erfolgserlebnis und fördert dadurch die Motivation für weitere Arbeiten.<br />
Eine Note allein sagt wenig darüber aus, welche eigenständige Leistung und welche<br />
individuellen Fähigkeiten dafür ausschlaggebend waren, aber es gibt vielfältige<br />
Möglichkeiten, wie zusätzliche Leistungsdarstellungen erfolgen können.<br />
Deshalb ist es wesentlich, dass jeder Schüler und jede Schülerin die Möglichkeit<br />
bekommt, die eigene Leistung in der bestmöglichen Form darzustellen. Produkte,<br />
die man anschauen, angreifen und herzeigen kann, sind besonders geeignet, die<br />
erbrachte Leistung zu präsentieren.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
68 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Eine Möglichkeit dafür ist die Arbeit mit Entwicklungsberichten mit Portfolios<br />
(vgl. Feyerer/Prammer 2003, 158 ff). Darin können Jugendliche ihre erbrachten<br />
Leistungen über einen Zeitraum hinweg dokumentieren.<br />
In einem Entwicklungs-bericht ist eine Auflistung der bewältigten Lerninhalte<br />
beschrieben. Zusätzlich können im Portfolioteil beispielsweise Fotos von selbst<br />
angefertigten Werkstücken oder die Dokumentation von erarbeiteten Projekten<br />
gesammelt werden.<br />
Somit ist es für Personen, die später den Entwicklungsbericht sehen, nachvollziehbar,<br />
welche Leistungen der Schüler oder die Schülerin erbracht hat, bzw.<br />
welche Entwicklungsschritte über einen gewissen Zeitraum erfolgt sind.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
69
5. Unterrichtsgestaltung<br />
Einsatz von Entwicklungsberichten mit<br />
Portfolios in <strong>Berufsschule</strong>n<br />
Neben der differenzierten Beurteilungsmöglichkeit bringen Entwicklungsberichte<br />
in <strong>Berufsschule</strong>n wichtige Vorteile. Sie ermöglichen den Jugendlichen auf einfache<br />
Art dem Ausbildungsbetrieb konkrete Leistungen zu zeigen, die sie in der<br />
<strong>Berufsschule</strong> erbringen. Dadurch kann sich auch die Einschätzung im Betrieb<br />
über die Lehrlinge verändern und sich deren Aufgabenfeld erweitern.<br />
Umgekehrt können Produkte, die im Lehrbetrieb erzeugt wurden, auch in das<br />
Portfolio aufgenommen werden und dienen als Information für die <strong>Berufsschule</strong>.<br />
Da es häufig schwierig ist, eine regelmäßige Kommunikation zwischen Schule<br />
und Betrieb aufrecht zu halten, kann ein Entwicklungsbericht mit Portfolio ein<br />
hilfreiches Informationsinstrument sein.<br />
Auch innerhalb der <strong>Berufsschule</strong> ermöglicht das Portfolio einen guten Informationsfluss<br />
(beispielsweise von einem Jahrgang zum nächsten, wenn die Lehrerinnen<br />
oder Lehrer wechseln).<br />
Besonders für Jugendliche, die noch keine Lehrstelle gefunden haben und ihre<br />
Lehre in einem Ausbildungslehrgang beginnen, können die Entwicklungsberichte<br />
und besonders der Portfolioteil eine hilfreiche Bewerbungsunterlage sein.<br />
Somit stellt ein Entwicklungsbericht mit Portfolio eine gute Ergänzung zur<br />
Kommunikation zwischen Schule, Berufsausbildungsassistenz, Unternehmen,<br />
Jugendlichen und Eltern dar.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
70 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
6. Abschluss - Fragenkatalog<br />
71
Notizen Notizen<br />
Notizen<br />
6. Abschluss – Fragenkatalog<br />
6. Abschluss – Fragenkatalog<br />
Sheryl Burgsthaler hat für den beruflichen Bildungsbereich (für Colleges und<br />
Precolleges in den USA) den Fragenkatalog „Universal Design of Instruction 4<br />
“<br />
zusammengestellt. Die Institutionen sollen dabei reflektieren, inwieweit die<br />
eigenen Bildungsangebote für alle Schüler und Schülerinnen barrierefrei sind.<br />
Der Fragebogen ist online abrufbar unter:<br />
http://www.washington.edu/doit/Brochures/PDF/instruction.pdf<br />
Er bietet eine gute Zusammenfassung der zuvor beschriebenen Bedingungen für<br />
eine barrierefreie <strong>Berufsschule</strong> und wurde deshalb für diesen Leitfaden übersetzt<br />
und leicht adaptiert 5<br />
.<br />
Universelles Design für Lernarrangements<br />
1. Wird Anderssein und Vielfalt in der Gruppe positiv bewertet?<br />
Schaffen Sie eine Klassensituation, in der Anderssein und Vielfalt respektiert und wertgeschätzt<br />
werden. Vermeiden Sie dabei den Ausschluss oder eine Stigmatisierung von<br />
einzelnen Schülern oder Schülerinnen.<br />
2. Ist eine physische Zugänglichkeit gegeben?<br />
Stellen Sie sicher, dass die Klassenräume, die Werkstätten und Exkursionsorte für alle<br />
zugänglich und benutzbar sind.<br />
3. Werden vielfältige Unterrichtsformen eingesetzt?<br />
Verwenden Sie vielfältige Methoden, um die Lerninhalte zu vermitteln oder bearbeiten<br />
zu lassen. Sowohl Lehrpräsentationen, als auch praktische Aktivitäten, Diskussionen<br />
und selbstgesteuerte Lernphasen sollten im Unterricht vorkommen und an die<br />
Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler angepasst werden.<br />
4 „Universelles Design“ oder „Design für Alle“ ist ein Konzept nachdem Produkte und Dienstleistungen für einen möglichst großen<br />
Personenkreis benutzbar sein sollen. Besonderes Augenmerk wird auf die Gruppe älterer Menschen oder Menschen mit Behinderungen<br />
gelegt. Wichtig ist in diesem Konzept die Idee, dass Produkte, die für spezielle Zielgruppen entwickelt wurden auch bei den<br />
„Durchschnittskonsumenten und -konsumentinnen“ Anklang finden. (vgl. Firlinger 2003, 101)<br />
5 Übersetzung und Adaption von Isabell Grill<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
73
Notizen<br />
Notizen<br />
Notizen<br />
Notizen<br />
6. Abschluss – Fragenkatalog<br />
4. Sind Informationen zugänglich?<br />
Stellen Sie Informationen in alternativen Formaten zur Verfügung. Besonders wichtig ist<br />
dabei eine digitale Version, die in unterschiedlichen Medien ausgegeben und einfach<br />
adaptiert werden kann.<br />
Bedenken Sie, dass die Adaption von Materialien einer Vorbereitung bedarf und stellen<br />
Sie deshalb die Unterlagen rechtzeitig zur Verfügung (z.B. für Stützlehrpersonen oder<br />
Kommunikationsassistenz).<br />
5. Wird Interaktion gefördert?<br />
Fördern Sie unterschiedliche Formen der Interaktion und Kooperation zwischen den<br />
Klassenmitgliedern. Achten Sie dabei darauf, dass wirklich alle Schüler und Schülerinnen<br />
daran beteiligt sind und niemand ausgeschlossen wird.<br />
6. Gibt es regelmäßiges Feedback?<br />
Geben Sie laufend den Schülern und Schülerinnen Feedback zu ihrer Arbeit, nicht nur<br />
nach abgeschlossenen Prüfungen. Je zeitlich näher das Feedback an der erbrachten<br />
Leistung liegt, desto besser kann es verarbeitet werden.<br />
7. Kann Wissen auf unterschiedliche Art demonstriert werden?<br />
Schaffen Sie vielfältige Formen, wie die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen und ihre<br />
Leistung präsentieren können. So bieten beispielsweise neben herkömmlichen Tests und<br />
Prüfungen Portfolios und Präsentationen von Projektarbeiten eine gute Möglichkeit neue<br />
Fähigkeiten darzustellen.<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
74 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
7. Weitere Informationen<br />
75
7. Weitere Informationen<br />
7. Weitere Informationen<br />
Institutionen<br />
Hier finden Sie weiterführende Informationen und Kontaktadressen zu relevanten<br />
Organisationen und Institutionen:<br />
Zentrum für inklusive Berufsbildung (ZIBB)<br />
Eine Beratungseinrichtung zu Fragen der Integration und Inklusion in der<br />
Berufsbildung<br />
http://www.ibea.co.at<br />
Bundessozialämter<br />
Die Bundessozialämter sind die zuständigen Stellen für das Thema Behinderung<br />
des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz. Unter anderem<br />
sind sie für einen Großteil der Berufsausbildungsassistenz zuständig. In den<br />
Landesstellen erhalten Sie auch Informationen zu relevanten Landesgesetzen.<br />
Eine Auflistung der Landesstellen des Bundessozialamtes finden Sie unter:<br />
http://www.basb.gv.at<br />
Sonderpädagogische Netzwerke in Österreich<br />
mit weiterführenden Links zu Sonderpädagogischen Zentren<br />
http://www.cisonline.at<br />
Berufspädagogische Akademien des Bundes<br />
mit Informationen zu diversen integrationspädagogischen Aus- und<br />
Weiterbildungsveranstaltungen<br />
http://www.bmukk.gv.at/schulen/bw/leb/Berufspaedagogischen_Aka1986.xml<br />
Steiermark: http://www.bpa-graz.at<br />
Oberösterreich: http://www.bpa-linz.ac.at<br />
Tirol: http://www.bpa-innsbruck.tsn.at<br />
Wien: http://www.bpa-wien.ac.at<br />
Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR)<br />
Dachverband der Behindertenverbände Österreichs<br />
http://www.oear.or.at<br />
Informationsplattform „Gleich und Gleich“<br />
mit Informationen zum Thema Behindertengleichstellung und umfassender<br />
<strong>Barrierefrei</strong>heit<br />
http://www.gleichundgleich.at<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
77
7. Weitere Informationen<br />
Informationsdatenbank „service4u“<br />
vielfältige Informationen zum Thema Behinderung<br />
http://www.service4u.at<br />
Arbeit und Behinderung<br />
Informationsplattform zum Thema Arbeit und Behinderung, die insbesondere<br />
auch Unternehmen anspricht, die behinderte Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen<br />
eingestellt haben bzw. diese einstellen möchten.<br />
http://www.arbeitundbehinderung.at<br />
Clearing Österreich<br />
Clearingstellen begleiten behinderte Jugendliche in ihrem Berufsauswahlprozess.<br />
http://www.clearing.or.at<br />
Good Practice Center zur Förderung von Benachteiligten in der<br />
Berufsausbildung<br />
Online-Plattform zu verschiedenen Themen der Benachteiligtenförderung des<br />
deutschen Bundesinstituts für Berufsbildung<br />
http://www.good-practice.de<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
78 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
Weiterführende Literatur<br />
7. Weitere Informationen<br />
Arnold, Rolf/Schüßler, Ingeborg (Hg.): Ermöglichungsdidaktik.<br />
Erwachsenenpädagogische Grundlagen und Erfahrungen. Hohengehren 2003<br />
berufsbildung. Zeitschrift für Praxis und Theorie in Betrieb und Schule Nr. 82:<br />
Perspektivenwechsel in der Förderung beruflich Benachteiligter. Seelze 2003<br />
berufsbildung. Zeitschrift für Praxis und Theorie in Betrieb und Schule Nr. 93:<br />
Schwierige Lernsituationen gestalten. Seelze 2005<br />
berufsbildung. Zeitschrift für Praxis und Theorie in Betrieb und Schule Nr. 94/95:<br />
Selbstgesteuertes Lernen/Pädagogische Diagnostik. Seelze 2005<br />
Bauer, Lucie/Seifner, Christine (Hg.) für das Zentrum für Schulentwicklung: Step<br />
by Step. Anregungen und Tipps zum gemeinsamen Unterricht in<br />
Integrationsklassen der Sekundarstufe I. Wien 2001<br />
Online abrufbar unter: http://www.cisonline.at/publikationen.html<br />
Bintinger, Gitta/Eichelberger, Harald/Wilhelm, Marianne: Von der Integration<br />
zur Inklusion. In: Grubich, Rainer u.a.: Inklusive Pädagogik. Beiträge zu einem<br />
anderen Verständnis von Integration. Wien-Meran 2005<br />
Booth, Tony/Ainscow, Mel et al.: Index für Inklusion. Lernen und Teilhabe in der<br />
Schule der Vielfalt entwickeln. Halle-Wittenberg 2003<br />
Burgsthaler, Sheryl: Universal Design of Instruction, Seattle 2005. Online<br />
abrufbar unter: http://www.washington.edu/doit/Brochures/PDF/instruction.pdf<br />
Debenjak, Peter (Hg.) für das Zentrum für Schulentwicklung: Integration<br />
Sekundarstufe I. Lernspiele und Materialien, deren Herstellung und vielfältige<br />
Anwendbarkeit im Unterricht. Heft A & B. Klagenfurt 1997<br />
Espert, Sünne (Hg.): Mit Projekten lernen. Darmstadt 2005<br />
Exenberger, Silvia/Schober, Paul (Hg.): Baustelle Lehrlingsausbildung.<br />
Handlungsfelder einer qualitätsorientierten Berufsbildung.<br />
Innsbruck/Wien/München 2005<br />
Faulstich, Peter et al. (Hg.): Praxishandbuch selbstbestimmtes Lernen.<br />
Konzepte, Perspektiven und Instrumente für die berufliche Aus- und<br />
Weiterbildung. München 2002<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
79
7. Weitere Informationen<br />
Feuser, Georg: Behinderte Kinder und Jugendliche zwischen Integration und<br />
Aussonderung. Darmstadt 1995<br />
Feyerer, Ewald/Prammer, Wilfried: Gemeinsamer Unterricht in der<br />
Sekundarstufe I. Anregungen für eine integrative Praxis. Weinheim 2003<br />
Firlinger, Beate für Integration:Österreich (Hg.): Buch der Begriffe. Sprache.<br />
Behinderung. Integration. Wien 2003<br />
Online abrufbar unter:<br />
https://broschuerenservice.bmsg.gv.at/PubAttachments/buch_der_begriffe.pdf<br />
Firlinger, Beate/Braunreiter, Michaela/Aubrecht, Brigitte (Hg.): Mainual.<br />
Handbuch barrierefreie Öffentlichkeit. Wien 2005<br />
Giangreco, Michael F. (Hg.): Quick Guides to Inclusion. Ideas for Educating<br />
Students with Disabilities. Baltimore Nummer 1: 1997; Nummer 2: 1998; Nummer<br />
3: 2002<br />
Giekemeyer, Renate/Straif, Charlotte: Binnendifferenzierung in Ausbildungs- und<br />
Trainingsmaßnahmen. Darmstadt 2006<br />
Grill, Isabell: Inklusive Bildung. Erste Schritte zu einer gemeinsamen<br />
Erwachsenenbildung für behinderte und nichbehinderte Menschen. Wien 2005<br />
Online abrufbar unter: http://www.equalizent.com<br />
Gritsch, Ulrike/Rauchberger, Monika/Köbler, Reinhard/Scheiblauer, Jasmin:<br />
Das WIBS Kursbuch. Innsbruck 2005<br />
Gruber, Elke: Berufsbildung in Österreich - Einblicke in einen bedeutenden<br />
Bildungssektor. In: Verzentisch, F., Schlögl, P., Prischl, A., Wieser, R. (Hg.):<br />
Jugendliche zwischen Karriere und Misere. Die Lehrausbildung in Österreich,<br />
Innovationen und Herausforderungen. Wien 2004<br />
Hergovich, Doris/Mitschka, Ruth/Pawek, Robert: Teamarbeit. Soziales Lernen in<br />
berufsbildenden Schulen und Institutionen. Linz 2001<br />
Hofmann, Franz/Moser, Gerlinde: Offenes Lernen planen und coachen. Ein<br />
Handbuch für Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe. Linz 2004<br />
Kasakoff, Barbara/Öhler, Ulrike: Integration an der PTS. Graz/Wien 2001<br />
Online abrufbar unter: http://www.cisonline.at/publikationen.html<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
80 IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
7. Weitere Informationen<br />
Klippert, Heinz: Eigenverantwortliches Arbeiten und Lernen. Bausteine für den<br />
Fachunterricht. Weinheim 2004<br />
Keune, Saskia/Fr<strong>ohne</strong>nberg, Claudia: Nachteilsausgleich für behinderte<br />
Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmer. Bonn 2004<br />
KMU Forschung: Integrative Berufsausbildung. Evaluierung von § 8b des<br />
Berufsausbildungsgesetzes. Wien 2006<br />
Magistrat der Stadt Graz: Bauen für Alle. Graz 2000<br />
Online abrufbar unter: http://graz.at/planen_bauen/wohnberatung_behinderte<br />
Ott, Bernhard: Grundlagen des beruflichen Lernens und Lehrens. Ganzheitliches<br />
Lernen in der beruflichen Bildung. Berlin 2000<br />
Paradies, Liane/Linser, Hans Jürgen: Differenzieren im Unterricht. Berlin 2001<br />
Platte, Andrea; Seitz, Simone; Terfloth, Karin (Hg.): Inklusive Bildungsprozesse.<br />
Klinkhartdt 2006<br />
Riedl, Alfred: Didaktik der beruflichen Bildung. Wiesbaden 2004<br />
Schade, Wolfgang: Die neue <strong>Berufsschule</strong>. Maria Montessori in der beruflichen<br />
Bildung. Frankfurt am Main 1994<br />
transfer I/2005: Methode Lernzirkel. Durch Lernzirkelarbeit die<br />
Qualifizierungsarbeit in heterogenen Gruppen optimieren. Darmstadt 2005<br />
transfer III/2005: Peerteaching. Darmstadt 2005<br />
transfer IV/2005-I/2006: Praxis der Lernzirkelarbeit. Konzepte – Materialien –<br />
Erfahrungen. Darmstadt 2005<br />
Uniability (Hg.): Informationen für Vortragende. Wien o.J.<br />
Online abrufbar unter: http://info.tuwien.ac.at/uniability/vortrag.htm<br />
University of Tasmania (Hg.): Inclusive Practice is Good Practice. o.O.1999<br />
Online abrufbar unter:<br />
http://services.admin.utas.edu.au/Gateways/IPIGP_pubs/ipigp.html<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung<br />
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82<br />
7. Weitere Informationen<br />
University of Wales (Hg.): Accessible Curricula. Good Practice for all. Cardiff<br />
2002.<br />
Online abrufbar unter: http://www.techdis.ac.uk/resources/files/curricula.pdf<br />
Vierlinger, Rupert: Leistung spricht für sich selbst. „Direkte Leistungsvorlage“<br />
(Portfolios) statt Ziffernzensuren und Notenfetischismus. Heinsberg 1999<br />
Wir vertreten uns selbst! (Hg.): Wörterbuch für leichte Sprache. Kassel 2001<br />
Wilhelm, Marianne/Bintinger, Gitta/Eichelberger, Harald: Eine Schule für dich<br />
und mich! Inklusiven Unterricht, inklusive Schule gestalten. Ein Handbuch zur<br />
integrativen Lehrer/innenaus- und -weiterbildung. Innsbruck 2002.<br />
Zettel, Petra: Integrative Berufsausbildung. Eine Chance für Jugendliche?<br />
Innsbruck 2005. Online abrufbar unter:<br />
http://bidok.uibk.ac.at/library/zettel-berufsausbildung-dipl.html<br />
Entwickelt im Rahmen der EQUAL Entwicklungspartnerschaft<br />
IBEA Integrative Berufsorientierung – Integrative Berufsausbildung
IBEA: Eine Österreich weite Partnerschaft<br />
zur Berufsorientierung und Qualifizierung<br />
benachteiligter Jugendlicher<br />
Die Berufs- und Arbeitswelt ist im Umbruch. Neue<br />
Berufe entstehen, weltweiter Wettbewerb und<br />
Informationstechnologien erhöhen das Tempo,<br />
Anforderungen an junge Menschen werden immer<br />
höher – benachteiligte Jugendliche, sprich:<br />
Jugendliche mit körperlichen, geistigen oder sozialen<br />
Beeinträchtigungen, finden besonders schwer<br />
Zugang zur Ausbildung und Beschäftigung!<br />
• ICH bin ICH<br />
Anregungen und Materialien zur Bewerbung für<br />
Ausbildung und Beruf<br />
• ICH bin ICH<br />
Vorbereitung auf Ausbildung und Berufsleben.<br />
Methodensammlung zur Information, Beratung und<br />
Orientierung für Bildung und Beruf<br />
• Kompetenzenbilanz<br />
Wirksame Methode zum Sichtbar Machen von<br />
Wissen. Können. Persönlichkeit.<br />
¨• I=Q von der Integration zur Inklusion = Qualität.<br />
Verbindliche Qualitätsprozesse in der<br />
Integrativen Berufsausbildung.<br />
Materialien für Kurzschulungen und<br />
Lehrlingsbegleitmappe<br />
• Curriculum zur Coach-Ausbildung<br />
für Integrative Ausbildung an <strong>Berufsschule</strong>n<br />
Fotos: www.neuebilder.at<br />
Genau dort setzte IBEA an – in einem bundesweiten<br />
Netzwerk arbeiteten namhafte Bildungseinrichtungen,<br />
Vereine, <strong>Berufsschule</strong>n, Polytechnische Schulen,<br />
Landesschulräte und Sozialpartner an nachhaltigen<br />
Gesamtkonzepten zur Vorbereitung benachteiligter<br />
Schüler und Schülerinnen auf Ausbildung und Beruf<br />
sowie an der innovativen Weiterentwicklung inklusiver<br />
Qualifizierungsmodelle.<br />
Nähere Informationen zu den Produkten:<br />
www.ibea.co.at<br />
• Indikatoren für Inklusion an <strong>Berufsschule</strong>n<br />
Vielfalt als Bereicherung – <strong>Barrierefrei</strong>heit in Schulen<br />
• ZIBB – Zentrum für inklusive Berufsbildung<br />
• Erfolgreicher Unterricht für ALLE<br />
Unterstützung zur Umsetzung der Integrativen<br />
Ausbildung an <strong>Berufsschule</strong>n<br />
• Lehrmaterialien und Unterrichtsvorschläge<br />
für einen inklusiven Unterricht<br />
• Die <strong>Berufsschule</strong><br />
Informationen für gehörlose Lehrlinge<br />
• <strong>Berufsschule</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Barrieren</strong><br />
Leitfaden für eine umfassende <strong>Barrierefrei</strong>heit in<br />
berufsbildenden Schulen<br />
…über uns? - nur mit uns!<br />
Anleitungshandbuch für Betroffenen Mainstreaming<br />
Gefördert aus den Mitteln des Europäischen<br />
Sozialfonds und des Bundesministeriums für Unterricht,<br />
Kunst und Kultur.