Schmuckstücke 2015
Süddeutsche Reitpferdeauktion am 25. April 2015 auf der Olympia-Reitanlage in München-Riem Alles Infos und Videos der Kollektion: www.suedpferde.de
Süddeutsche Reitpferdeauktion
am 25. April 2015 auf der Olympia-Reitanlage in München-Riem
Alles Infos und Videos der Kollektion: www.suedpferde.de
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einem ernsthaft reitenden Mann<br />
wohlwollend begegnen als jemandem,<br />
bei dem man Kühnheit und Gefühl<br />
vermuten kann.<br />
Drittens: Wenige Sportarten sind so<br />
geeignet, einen Demut zu lehren und<br />
jede Zickigkeit zu vertreiben. Reiten<br />
wirklich zu lernen dauert sehr lange.<br />
Aber es lohnt sich. Wenn man es<br />
kann, dann sitzt man nicht auf dem<br />
Pferd, man sitzt im Pferd, so heißt das<br />
in der Pferdesprache. Das Pferd und<br />
der Mensch werden eins, und das ist<br />
ein einmaliges Gefühl.<br />
Leider sind solche Momente von Harmonie<br />
und in Perfektion selten. Vor<br />
allem bei mir. Der Frühling ist deshalb<br />
eine besonders schöne Zeit für<br />
Reiter. Nach langen düsteren Monaten<br />
in der Reithalle und einem Leben<br />
in Softshell und Daune kann man<br />
endlich wieder raus, ins Freie, in unserem<br />
Fall heißt das: in den Wald.<br />
Man kann die Zügel lang lassen und<br />
auf den perfekten Sitz pfeifen. Der<br />
Schnee ist weg, die Mücken sind noch<br />
nicht da, alles ist erwartungsvolle Vorfreude.<br />
Für das Pferd ist es eine besonders<br />
aufregende Zeit. So viel neue<br />
Gerüche, Tiere, Dinge, vor denen<br />
man sich fürchten kann!<br />
Manche Pferde zum Beispiel haben<br />
Angst vor Wildschweinen, dass sie<br />
komplett ausflippen, wenn sie sie nur<br />
wittern. Mein Pferd bleibt wie angewurzelt<br />
stehen, wenn ein Radfahrer<br />
am Straßenrand auftaucht. Es reißt<br />
den Kopf hoch, schnorchelt wie ein<br />
wilder Stier und versucht hektisch,<br />
Reißaus zu nehmen. Ich muss es dann<br />
daran erinnern, dass ich auch noch da<br />
bin. Hunde, andere Pferde und Papiertüten,<br />
von denen es im Berliner<br />
Wald leider nicht wenige gibt, hält er<br />
für Gespenster.<br />
Über Wildschweine und vorbeidonnernde<br />
15-Tonner sieht mein Pferd<br />
hingegen ungerührt hinweg. Kein Galopp<br />
auf dem Heimweg, so lautet<br />
eine verbreitete Reiterregel, viele<br />
Pferde entwickeln nämlich auf dem<br />
Rückweg einen solchen Stalldrang,<br />
dass sie nur schwer zu bremsen sind.<br />
Wenn die anderen nervös sind, fange<br />
ich an, mich zu entspannen: Mein<br />
Pferd ist das einzige Pferd, das den<br />
Weg zurück ohne seinen Reiter nie<br />
und nimmer finden würde. Wenn<br />
man bei seinen Kollegen die Zügel<br />
lang lässt, streben sie dem heimatlichen<br />
Stall zu. Wenn ich die Zügel<br />
lang lasse, verschwindet das Pferd<br />
rechts und links im Unterholz. Das<br />
Pferd braucht mich. Und ich brauche<br />
das Pferd. Es rettet mich vor den Zumutungen<br />
des Erwachsenenlebens,<br />
und ich rette es vor Fahrrädern und<br />
zeige ihm den Weg nach Hause.<br />
Das Pferd, aber das bleibt jetzt bitte<br />
unter uns, hat auch einen Namen: Armani.<br />
Peinlich, ich weiß. Kurzzeitig<br />
habe ich überlegt, es umzunennen.<br />
Aber das Pferd kennt seinen Namen,<br />
es kommt angerannt, wenn ich es<br />
rufe. Ich tröste mich damit, dass es<br />
auch schlimmer hätte kommen können.<br />
Einer seiner Kollegen heißt Louis<br />
Vuitton.<br />
Tina Hildebrandt<br />
Zeitmagazin Nr. 10/<strong>2015</strong>