JOURNAL 2015-03
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
EDITORIAL<br />
Kampf gegen die Bürokratie<br />
Von Oliver Müller<br />
Es ist wieder einmal an der Zeit. Es ist dringend<br />
an der Zeit, Cyril Northcote Parkison<br />
zu rezitieren. Das geschieht immer dann,<br />
wenn die Bürokratie überbordet, was<br />
in unserem Lande seit längerer Zeit der<br />
Fall ist. Der britische Soziologe führte vor<br />
rund 50 Jahren seine Thesen zur Bürokratie<br />
aus, die bis heute als Parkinsonsches<br />
Gesetz Gültigkeit haben. Gemäss ihm ist<br />
Arbeit eine dehnbare Masse und breitet<br />
sich nicht nach der Masse aus, sondern je<br />
nachdem, wie viel Zeit für ihre Erledigung<br />
zur Verfügung steht. Nach seiner Theorie<br />
steht die Zahl der Angestellten in aufgeblähten<br />
Verwaltungsapparaten in keinem<br />
Verhältnis zur Menge der Arbeit, die<br />
es zu erledigen gilt. Dafür verantwortlich<br />
sind zwei Gesetzmässigkeiten. Erstens<br />
möchte jeder Angestellte nicht die Zahl<br />
seiner Rivalen, sondern jene seiner Untergebenen<br />
vergrössern. Rivalen können<br />
gefährlich werden, Untergebene machen<br />
die eigene Arbeit wichtiger. Und zweitens<br />
schieben sich Angestellte gegenseitig Arbeit<br />
zu, was den Zeitbedarf für einfachste<br />
Tätigkeiten überproportional verlängert.<br />
Auch für Sitzungen schuf Parkinson ein<br />
Gesetz, jenes der Trivialität: «Die auf einen<br />
Tagesordnungspunkt verwendbare<br />
Zeit ist proportional umgekehrt zu den<br />
jeweiligen Kosten». Das heisst, in Sitzungen<br />
werden nicht die wichtigsten Themen<br />
am ausführlichsten diskutiert, sondern<br />
die, von denen die meisten Teilnehmer<br />
eine Ahnung haben. Zugegeben, diese<br />
Trivialität gibt es nicht nur in öffentlichen<br />
Verwaltungen zu beobachten. Asche über<br />
unser Haupt.<br />
Auf dem Silbertablett<br />
präsentiert<br />
Bürokratie belastet uns alle, nicht nur<br />
durch das grassierende Parkinsonsche<br />
Gesetz oder die Trivialität, sondern auch<br />
durch intransparente Gesetzgebung. Wie<br />
viel kostet ein Gesetz den Staat, den Steuerzahler<br />
und die Unternehmen? Fragen,<br />
die in Bundesbern nur am Rande gestellt<br />
werden. Um die Bürokratie zu reduzieren<br />
braucht es Transparenz und die Lösung<br />
für dieses Problem liegt so nahe. Johannes<br />
Ludewig, Vorsitzender des Normenkontrollrates<br />
in Deutschland, referierte<br />
letzthin an einer Anti-Bürokratietagung<br />
in Bern. In seinem Referat präsentierte er<br />
uns mit der in Deutschland praktizierten<br />
Kostenkontrolle eine wirksame Waffe im<br />
Kampf gegen die Bürokratie. Diese unabhängige<br />
Stelle berechnet konsequent die<br />
Kosten eines jeden neuen Gesetzes. Auf<br />
dem Deckblatt des Antrages der im Parlament<br />
behandelt wird, werden die kurzund<br />
langfristigen Folgekosten für Verwaltung,<br />
Wirtschaft und Steuerzahler explizit<br />
festgehalten. So weiss jede Politikerin und<br />
jeder Politiker was es kosten wird, ein<br />
Gesetz umzusetzen. Totale Transparenz<br />
im Kampf gegen die Bürokratie. Und die<br />
Erfahrungen unseres Nachbarn zeigen:<br />
es funktioniert. So handelt man heute in<br />
Deutschland, England, Österreich, Holland<br />
und – man hört und staunt – bald<br />
auch in Frankreich, in einem Land, welches<br />
als Bürokratie-Riese verschrien wird.<br />
Auch dort werden Gesetze neu vor ihrer<br />
Verabschiedung nach Nutzen und Kosten<br />
untersucht.<br />
Lösungen importieren<br />
Ich habe schon vor 10 Jahren darauf<br />
hingewiesen, dass wir uns auf jenem<br />
Wege befinden, von dem alle um uns<br />
herum längst abgerückt sind. Wir schreiten<br />
jedoch unbeirrt weiter. Lasst uns<br />
gerade von den Deutschen lernen, die<br />
seit 2006 über einen Nationalen Normenkontrollrat<br />
verfügen. Beim Referat von<br />
Johannes Ludewig waren auch Wirtschaftsminister<br />
Schneider-Ammann und<br />
Funktionäre der selbsternannten Kämpferin<br />
gegen die Bürokratie, der FDP, anwesend.<br />
Ich hoffe sehr, dass das Referat<br />
auf offene Ohren gestossen ist und wir<br />
uns nicht zu schade sind, Lösungen aus<br />
dem Ausland zu importieren. Wir versinken<br />
nämlich in der Bürokratie und neue<br />
Ansätze um sie einzudämmen sind nicht<br />
nur willkommen, sondern dringend notwendig.<br />
Die KMU in der MEM-Branche<br />
kämpfen derzeit ums nackte Überleben<br />
und jeder Rappen zählt.<br />
Oliver Müller<br />
Direktor Swissmechanic Schweiz<br />
4 SWISSMECHANIC 3/<strong>2015</strong>