JOURNAL 2015-03
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
BERUFSBILDUNG<br />
Berufslehre oder Gymnasium?<br />
Viele Schweizer Akademiker wollen ihre Kinder vor allem aus Prestigegründen im<br />
Gymnasium sehen. Die Aussichten am Arbeitsmarkt sind für Lehrlinge mindestens so<br />
gut wie für Gymnasiasten. Entscheidend ist bei beiden Wegen die Weiterbildung.<br />
Von Hansueli Schöchli aus der NZZ<br />
vom 14. Januar <strong>2015</strong><br />
Was tun nach der obligatorischen Schule?<br />
Ist die Berufslehre zu Recht immer noch<br />
der Königsweg – oder geht man doch<br />
gescheiter ins Gymnasium? Die Frage<br />
sorgt unter Eltern wie unter Bildungspolitikern<br />
immer wieder für Emotionen. Mit<br />
dem steigenden Anteil von Akademikern<br />
(welche die Güte der Berufslehre nur aus<br />
der Theorie kennen) und von Ausländern<br />
(welche das Schweizer Berufslehresystem<br />
vielleicht nicht einmal in der Theorie<br />
kennen) steigt seitens der Eltern tendenziell<br />
der Druck in Richtung Gymnasium.<br />
Kritisch mit der Berufslehre hatten sich<br />
in den letzten Jahren unter anderem die<br />
Akademie der Wissenschaften und das<br />
Denkinstitut Avenir Suisse auseinandergesetzt.<br />
Angesichts des raschen technischen<br />
und wirtschaftlichen Wandels ist<br />
in der Lesart der Kritiker mehr Flexibilität<br />
gefordert und deshalb mehr Allgemeinwissen<br />
statt betriebsspezifisches Wissen<br />
gefragt. Zumindest zwischen den Zeilen<br />
ist die Befürchtung zu vernehmen, dass<br />
Lehrabgänger zu stark vorgespurt seien<br />
und Gefahr liefen, auf dem Abstellgleis<br />
zu landen. Bildungspolitiker reagieren<br />
auf solche Kritik mit Verteidigungsreden<br />
zugunsten der Berufslehre und dem<br />
Hinweis, dass dank der Berufslehre die<br />
Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz<br />
relativ tief sei. Letzteres klingt plausibel,<br />
ist aber statistisch nicht ganz schlüssig<br />
nachzuweisen.<br />
Das Verdikt<br />
des Arbeitsmarkts<br />
Rund zwei Drittel der Jugendlichen machen<br />
eine Lehre. Die Quote der gymnasialen<br />
Matur liegt im Durchschnitt bei 20%,<br />
hinzu kommen etwa 13% mit der Berufsmatur.<br />
Schaut man die gängigen Arbeitsmarktstatistiken<br />
an, scheint der Fall<br />
klar: Akademiker haben im Durchschnitt<br />
deutlich tiefere Arbeitslosigkeit und deutlich<br />
höhere Löhne als Personen mit Berufslehre<br />
ohne Weiterbildung. Doch das<br />
30 SWISSMECHANIC 3/<strong>2015</strong>