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PDF Download - 2,7M - Kliniken des Bezirks Oberbayern

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den Maßnahmen seien nur selten aufgelegt worden. Die<br />

gerontopsychiatrische Fachpflege sei in der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland in vielen Regionen gar nicht vertreten oder<br />

deutlich unterrepräsentiert. Die Bilanz, die in diesem Gutachten<br />

gezogen wurde, war also verheerend.<br />

Die meisten gerontopsychiatrischen Patienten leben heute<br />

in der Gemeinde und werden von ihren Familien und/<br />

oder professionellen Diensten unterstützt. Die ärztliche<br />

Versorgung erfolgt in der überwiegenden Mehrzahl durch<br />

die Hausärzte, was ohne gerontopsychiatrische Qualifizierung<br />

als eine offenkundige Unter- und Fehlversorgung<br />

angesehen werden muss. Diese Mangelsituation ist<br />

dadurch gekennzeichnet, dass die Identifikation gerontopsychiatrisch<br />

relevanter Syndrome als behandlungsbedürftige<br />

Krankheiten in der Standardversorgung noch bei<br />

weitem nicht die Regel ist. Besonders gut belegt ist dies<br />

bei Demenzen und Depressionen. Ein anderer Grund für<br />

die Unterversorgung ist, dass Patienten und Angehörige<br />

selbst die therapeutischen Möglichkeiten in der Regel<br />

nicht kennen und auch viele krankhafte Entwicklungen<br />

und Zustände nicht als Krankheiten begreifen. Viele Jüngere<br />

und selbst Betroffene halten krankheitsbedingte und<br />

psychiatrisch erfolgreich behandelbare Entwicklungen für<br />

unvermeidliche und gegebene Begleiterscheinungen <strong>des</strong><br />

Alter(n)s.<br />

Außerhalb von Ballungszentren ist ein nervenärztliches<br />

Angebot für die Klientel der Älteren kaum vorhanden. Ein<br />

weiteres Problem ist, dass alte Patienten sich noch öfter<br />

als Jüngere der Überweisung zum Nervenarzt vehement<br />

widersetzen. Diese Abwehr dürfte zu wesentlichen Teilen<br />

dem weit verbreiteten negativen Stereotyp gegenüber<br />

psychischen Krankheiten und den sie behandelnden Institutionen<br />

geschuldet sein.<br />

Menschen, die über 60 Jahre alt sind, stellen einen großen<br />

Teil der Klientel psychiatrischer Notfalldienste dar. Festzuhalten<br />

ist auch, dass das Bedürfnis nach Psychotherapie<br />

bei älteren Patienten nicht ansatzweise befriedigt wird,<br />

obwohl auch bei Älteren die Psychotherapie in gleichem<br />

Maße wie bei Jüngeren sinnvoll, notwendig und Erfolg versprechend<br />

ist. Die Multidimensionalität der Problemlagen<br />

sowie die Komplexität der professionellen Versorgungslandschaft<br />

erfordern eine spezifische, gerontopsychiatrische<br />

Hilfeplanung und fächerübergreifende Steuerung mit<br />

allen anderen Versorgungspartnern.<br />

Auch die stationär gerontopsychiatrisch zu versorgenden<br />

Patienten erhalten aktuell zunehmend keine adäquate<br />

Diagnostik und Therapie ihrer psychischen und neuropsychiatrischen<br />

Erkrankungen. Anlass zur Sorge ist auch, dass<br />

parallel zur konstatierten massiven Zunahme psychisch<br />

Kranker im Heimbereich die diagnostischen und akutstationären<br />

Aufnahmen und eine gegebenenfalls erforderliche<br />

medikamentöse Feineinstellung nicht mehr fachkompetent,<br />

das heißt gerontopsychiatrisch erfolgen.<br />

Heute kommen viele ältere und hochbetagte Menschen<br />

ohne kompetente Intervention eines gerontopsychiatrisch-geriatrischen<br />

Facharztes oder einer Fachabteilung<br />

aus der eigenen Wohnung ins Allgemeinkrankenhaus oder<br />

direkt ins Heim. Die Dekompensation der Angehörigen<br />

bildet den häufigsten Grund für eine Heimeinweisung.<br />

Gerade im Heim stellt aber die fachärztliche Versorgung<br />

eine besondere Problematik dar. Der Anteil chronisch<br />

psychisch Kranker in Altenheimen und Pflegeheimen<br />

variiert in Abhängigkeit von deren Größe und Zielsetzung<br />

stark. In einigen Einrichtungen sind bis zu 75 % der<br />

Bewohner chronisch psychisch erkrankt. Dabei dominieren<br />

depressive und dementielle Störungsbilder (5). Die<br />

überwiegende Mehrheit der Bewohner muss ärztlich im<br />

Heim besucht werden. Für die niedergelassenen Fachärzte<br />

ist eine aufsuchende Heimversorgung häufig nicht leistbar,<br />

eigene Heimärzte sind sehr selten und die Mitversorgung<br />

durch die aufsuchend tätigen psychiatrischen Institutsambulanzen<br />

ist ebenfalls noch selten oder auf Ballungsgebiete<br />

beschränkt. Der fachärztliche Versorgungsgrad der<br />

gerontopsychiatrisch-geriatrischen Patienten ist besonders<br />

in ländlichen Regionen unbefriedigend.<br />

Die Vorstellung, dass das allgemeinpsychiatrische Angebot<br />

den Bedarf an gerontopsychiatrischer Versorgung genügen<br />

könnte, ist durch die stationäre und ambulante Versorgungsrealität<br />

überholt worden. Bei Betrachtung <strong>des</strong> psychiatrischen<br />

Konsiliardienstes, zeigt sich, dass zunehmend<br />

gerontopsychiatrische Aspekte und dementsprechende<br />

Kenntnisse <strong>des</strong> Konsiliararztes in diesem Dienst verankert<br />

sein müssen. Gerade bei den gerontopsychiatrisch<br />

abzuklärenden Fällen – sie sind im Allgemeinkrankenhaus<br />

mehr als doppelt so zahlreich wie ihr demografischer Anteil<br />

erwarten ließe – weisen mehr als 30 % der Patienten<br />

eine behandlungsbedürftige psychiatrische Komorbidität<br />

auf. Diese bleibt jedoch mangels gerontopsychiatrischer<br />

Kompetenz meistens unentdeckt und unbehandelt.<br />

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