PDF Download - 2,7M - Kliniken des Bezirks Oberbayern
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Ohne uns geht’s nicht!<br />
Der demografische Wandel rückt die Gerontopsychiatrie<br />
ins Zentrum der Medizin<br />
Prof. Dr. med. Hans Gutzmann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e.V.,<br />
Ärztlicher Direktor Krankenhaus Hedwigshöhe, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik<br />
Gerontopsychiatrie ist akademisch betrachtet die Wissenschaft<br />
von der Krankheitslehre, Diagnostik, Therapie<br />
und Prävention sämtlicher psychischer Erkrankungen <strong>des</strong><br />
höheren und hohen Lebensalters unter Einbeziehung und<br />
Berücksichtigung aller medizinischen Aspekte <strong>des</strong> Alter(n)s.<br />
Neben den hirnorganischen Erkrankungen wie Demenzen<br />
umfasst dies auch alle nichtorganischen psychischen<br />
Störungen, zum Beispiel Depressionen (1). Da es keine<br />
starre biologische Altersgrenze gibt, sollte die Abgrenzung<br />
<strong>des</strong> Arbeitsfel<strong>des</strong> der Gerontopsychiatrie in der Praxis<br />
patientenorientiert gehandhabt werden. Wissenschaftlich<br />
ist sie meist – wie in allen Gebieten der Altersforschung –<br />
über die variable Berentungsgrenze operationalisiert.<br />
Das absolute und relative Anwachsen der Bevölkerung der<br />
oberen Altersgruppen und ihr erhöhtes Erkrankungsrisiko<br />
für viele Erkrankungen, besonders auch neuropsychiatrische<br />
Störungsbilder, verweisen auf den zunehmenden Versorgungsbedarf<br />
psychisch kranker alter Menschen. Der Hauptgrund,<br />
weshalb die Aufgabe der Versorgung dieser Bevölkerungsgruppe<br />
für die Gesellschaft zum Thema geworden<br />
ist, liegt in den Erfolgen der modernen Medizin. War früher<br />
für die Steigerung der Lebenserwartung die verringerte<br />
Kindersterblichkeit verantwortlich, geht diese anhaltende erfreuliche<br />
Entwicklung heute auf das Konto der über 65-Jährigen.<br />
Mit zunehmendem Alter steigt aber das Risiko für eine<br />
Vielzahl von Erkrankungen. So liegen bei einem Viertel der<br />
über 65-Jährigen psychische Störungen im weitesten Sinne<br />
vor. Etwa 40 % dieser Erkrankungen sind behandlungsbedürftig.<br />
Dabei entfallen 6 bis 8 % der psychischen Erkrankungen<br />
auf dementielle Störungen. Dabei geht die Alzheimer<br />
Krankheit, die als häufigste Form der Demenzen im Alter<br />
einen exponentiellen Häufigkeitsanstieg aufweist, zu mehr als<br />
10 % mit depressiven Störungen und erhöhtem Suizidrisiko<br />
einher. Etwa ebenso hoch ist der Anteil an psychoreaktiven<br />
Erkrankungen oder Anpassungsstörungen, die spezifische<br />
psychotherapeutische Interventionen erfordern.<br />
Aufgrund epidemiologischer Hochrechnungen dürfte<br />
die Zahl der psychisch behandlungsbedürftig erkrankten<br />
Älteren in den nächsten 30 Jahren aus zwei wesentlichen<br />
Gründen um ca. 275 % steigen (Abbildung 1). Zum einen<br />
steigt im Rahmen der allgemeinen Zunahme der Lebenserwartung<br />
auch die Zahl der älteren psychisch Kranken,<br />
die Mortalität jüngerer psychisch Kranker sollte jedoch<br />
im Rahmen der besseren medizinischen Versorgung und<br />
Prävention sinken (2). Als Problem dürfte jedoch die Zahl<br />
Millionen<br />
Abbildung 1<br />
Geschätzte Prävalenz psychiatrischer<br />
Erkrankungen Jüngerer und Älterer<br />
(ohne Demenzen) in den USA<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
30-44 Jahre<br />
> 65 Jahre<br />
1970 1990 2010 2030<br />
nach: Jeste et al; Arch Gen Psychiatry Sep 1999<br />
der Leichtkranken durch intensivierte Früherkennungsprogramme<br />
und die Zahl der Schwerkranken durch die<br />
bessere allgemeinmedizinische Versorgung jeweils überproportional<br />
zunehmen. Verglichen mit dem Jahr 2000<br />
wird in Deutschland für den stationären psychiatrischen<br />
Bereich allein für die F-Diagnosen bis 2030 eine Zunahme<br />
der Krankenhausbehandlungsfälle um über 80 % prognostiziert.<br />
Ältere und hochbetagte Patienten sind schon heute ein<br />
wesentlicher Teil <strong>des</strong> therapeutischen und diagnostischen<br />
Alltags der nervenärztlichen Praxis. Deren Zukunft<br />
werden sie dominieren. Der demografische Wandel wird<br />
zunehmend auch auf den medizinisch-fachlichen Ebenen<br />
ein Thema hinsichtlich der adäquaten Fallführung werden.<br />
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