Junge Erwachsene als Freiwillige in internationalen Sozialprojekten

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12.04.2015 Aufrufe

Überraschend ist die verhältnismäßig hohe Anzahl von Freiwilligen, welche Wasser unbehandelt tranken; die Zahlen aus Afrika und Asien liegen noch im verständlichen Rahmen, aber über die Hälfte der Freiwilligen in Mittel-/Südamerika trank nicht industriell abgefülltes Wasser unbehandelt. Dies ist, gerade aufgrund der angegebenen Herkunft des Wassers (43% städtische Leitung, 27% direkt aus einem Brunnen oder aus einem Brunnen oder Fluss/See und von dort per Leitung), eine überraschend hohe Zahl und somit ein überraschend unvorsichtiger Umgang mit nicht industriell abgefülltem Trinkwasser. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO werden Diarrhöen in den meisten Fällen über bakteriell, viral oder mit parasitären Organismen kontaminiertes Wasser verursacht (www.who.int Stand Mai 2010). Zudem können viele weitere Erkrankungen, wie beispielsweise die Cholera, Typhus, Poliomyelitis, Hepatitis A oder E, über entsprechend kontaminiertes Wasser übertragen werden (www.who.int Stand Mai 2010), (Schoenen 2002). Dies sollte den Freiwilligen in Vorbereitungsseminaren bewusst gemacht werden, um sie so für die Relevanz industriell abgefüllten Trinkwassers bzw. die Behandlung nicht industriell abgefüllten Trinkwassers langfristig zu sensibilisieren. In diesem Zusammenhang sei erneut auf die geringe Zahl der Typhus-Geimpften in der vorliegenden Studie hingewiesen, insbesondere in Hinblick auf die Hochrisiko Gebiete Asiens. Viele der Freiwilligen beschrieben eine anfangs bessere Beachtung von Hygieneempfehlungen, welche aber im Laufe der Zeit vernachlässigt wurde. „Veränderung der Einstellung zu Hygiene im Laufe des Jahres. Zunächst großes Misstrauen, dann mehr und mehr Vertrauen (Kauf bei Händlern auf der Straße, Vernachlässigung der Reinigung der Lebensmittel, Trinken des unbehandelten Leitungswassers) mit weniger Auftreten von gesundheitlichen Problemen (Durchfall, Hautausschlag), unvorsichtigerer Umgang. Vertrauen auf Impfung (Hepatitis A).“ „Anfangs haben wir meist das Wasser abgekocht, später dann direkt aus der Leitung getrunken. Ich hatte kaum Durchfallprobleme, andere Freiwillige jedoch schon, teils auch stark und über einen längeren Zeitraum hinweg.“ „…Mit der Zeit wird man nachlässiger, dann büßt man wieder mit dem häufigen Besuch der Toilette und dann hält man sich wieder gerne an die Regeln!“ 54

Zudem scheint es schwierig, Hygienemaßnahmen, wie beispielsweise das Abkochen nicht industriell abgefüllten Trinkwassers, im Umgang mit Einheimischen durchzuführen, da diese beispielweise bei Einladungen nicht vor den Kopf gestoßen werden sollten und teilweise auch mit Unverständnis zu reagieren schienen. So beschrieben zwei Freiwillige: „Unbehandeltes Trinkwasser nur getrunken, wenn ich eingeladen wurde.“ „Nach häufigen Magenbeschwerden habe ich das Wasser abkochen lassen, welches aber in meinem Projekt auf Unverständnis stieß und nach meinem Gefühl nicht immer sorgfältig betrieben wurde.“ In Einzelfällen scheint es also einen Zielkonflikt zwischen dem Wunsch nach Integration und einer Krankheitsvermeidung zu geben. Dies könnte beispielsweise anhand von Rollenspielen in Vorbereitungsseminaren thematisiert werden, um so Freiwilligen Handlungsbeispiele aufzuzeigen. Selten wurde angegeben, dass die Aufbereitung für alle Bewohner im Haus durchgeführt wurde. Dies fordert ein entsprechend großes Maß an Eigeninitiative der Freiwilligen. Entsprechend sollte in Vorbereitungsseminaren durch eine ausführliche Behandlung des Themas Trink-/Nutzwasser, einschließlich Auswirkungen und Konsequenzen bei Nutzung von kontaminiertem Wasser, ein Bewusstsein für ebensolches geschaffen und so Eigeninitiativen gestärkt werden. Zu erwarten war, dass nur wenige Freiwillige industriell abgefülltes Wasser zum Zähneputzen nutzen, 5,9% ist allerdings ein überraschend geringer Wert. Auch hier ist zu hinterfragen, ob sich die jungen Freiwilligen über mögliche Risiken, denen sie sich bereits mit einem kleinen Schluck verunreinigtem Wasser aussetzen können, bewusst sind. 4.3 Sanitäre Einrichtungen Auffällig ist, dass die sanitären Einrichtungen insgesamt am Wohnort einem besseren Standard entsprechen, die Projekte also in vielen Fällen in puncto sanitäre Einrichtungen schlechter versorgt sind. 12/153 Freiwilligen gaben sogar an, dass dort keine sanitäre Einrichtung vorhanden war. Bei Betrachtung 55

Zudem sche<strong>in</strong>t es schwierig, Hygienemaßnahmen, wie beispielsweise das Abkochen<br />

nicht <strong>in</strong>dustriell abgefüllten Tr<strong>in</strong>kwassers, im Umgang mit E<strong>in</strong>heimischen<br />

durchzuführen, da diese beispielweise bei E<strong>in</strong>ladungen nicht vor den<br />

Kopf gestoßen werden sollten und teilweise auch mit Unverständnis zu reagieren<br />

schienen. So beschrieben zwei <strong>Freiwillige</strong>:<br />

„Unbehandeltes Tr<strong>in</strong>kwasser nur getrunken, wenn ich e<strong>in</strong>geladen wurde.“<br />

„Nach häufigen Magenbeschwerden habe ich das Wasser abkochen lassen,<br />

welches aber <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Projekt auf Unverständnis stieß und nach me<strong>in</strong>em Gefühl<br />

nicht immer sorgfältig betrieben wurde.“<br />

In E<strong>in</strong>zelfällen sche<strong>in</strong>t es <strong>als</strong>o e<strong>in</strong>en Zielkonflikt zwischen dem Wunsch nach<br />

Integration und e<strong>in</strong>er Krankheitsvermeidung zu geben. Dies könnte beispielsweise<br />

anhand von Rollenspielen <strong>in</strong> Vorbereitungssem<strong>in</strong>aren thematisiert werden,<br />

um so <strong>Freiwillige</strong>n Handlungsbeispiele aufzuzeigen.<br />

Selten wurde angegeben, dass die Aufbereitung für alle Bewohner im Haus<br />

durchgeführt wurde. Dies fordert e<strong>in</strong> entsprechend großes Maß an Eigen<strong>in</strong>itiative<br />

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Bewusstse<strong>in</strong> für ebensolches geschaffen und so Eigen<strong>in</strong>itiativen gestärkt werden.<br />

Zu erwarten war, dass nur wenige <strong>Freiwillige</strong> <strong>in</strong>dustriell abgefülltes Wasser zum<br />

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hier ist zu h<strong>in</strong>terfragen, ob sich die jungen <strong>Freiwillige</strong>n über mögliche Risiken,<br />

denen sie sich bereits mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Schluck verunre<strong>in</strong>igtem Wasser aussetzen<br />

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4.3 Sanitäre E<strong>in</strong>richtungen<br />

Auffällig ist, dass die sanitären E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong>sgesamt am Wohnort e<strong>in</strong>em<br />

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