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ALEA [Kostenloser Text aus FRANCISELLA TULARENSIS]

Warum ich? Was ist mit mir? Ich sollte nicht mehr darüber nachdenken, und nicht mehr darüber schreiben. Schreiben ist nutzlose und darum gefährliche Spinnerei. Schon der geringste Verdacht, dass ich dazu fähig bin, oder immer noch die Fähigkeit besitze die Zeichen zu ordnen, zu deuten und meine Gedanken zu verbinden, kann unabsehbare Folgen haben. Aber darauf komme ich später zurück.

Warum ich? Was ist mit mir? Ich sollte nicht mehr darüber nachdenken, und nicht mehr darüber schreiben. Schreiben ist nutzlose und darum gefährliche Spinnerei. Schon der geringste Verdacht, dass ich dazu fähig bin, oder immer noch die Fähigkeit besitze die Zeichen zu ordnen, zu deuten und meine Gedanken zu verbinden, kann unabsehbare Folgen haben. Aber darauf komme ich später zurück.

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Raoul Yannik und Amélie von Tharach werden betreut von<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Sterile Insect Technology (SIT)<br />

SIT ist eine wirksame Methode, um Schadinsekten innerhalb von zwei oder drei<br />

Generationen zu dezimieren oder <strong>aus</strong>zurotten. Die Wirkung von SIT schont die Umwelt und<br />

ist auf die betroffene Insektenart beschränkt. Die Vorgehensweise ist im Verhältnis zum<br />

Ertrag einfach. Eine große Anzahl der Insekten wird im Labor gezüchtet und die Männchen<br />

mithilfe von ionisierender Strahlung sterilisiert. Dann werden die männlichen Insekten<br />

im Zielgebiet freigelassen. Die sterilen Männchen konkurrieren mit den in der Natur<br />

lebenden, nicht sterilen Männchen um die Weibchen. Bei genügend großer Anzahl steriler<br />

Tiere ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Weibchen von einem sterilen<br />

Männchen begattet wird und dadurch keine Nachkommen bringt, sehr groß. Die<br />

Population verringert sich, oder verschwindet sogar ganz. Experimente mit unfruchtbaren<br />

Insektenweibchen haben noch zu keinem nennenswerten Ergebnis geführt.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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• E w i g e s G l ü c k<br />

„Ich liebe sie, und ich werde sie immer lieben. Aber ich weiß, dass ich<br />

mich vollkommen falsch verhalten habe. Es gelingt mir nicht, mich zu<br />

beherrschen. Wenn ich nicht lerne, meine Gefühle zu verbergen, wird<br />

mein Versagen mein Untergang. Ich hätte es ihr nicht sagen sollen<br />

und wahrscheinlich wäre es besser gewesen, sie anzulügen. Aber<br />

konnte ich damit rechnen, dass sie <strong>aus</strong>gerechnet an dem Platz<br />

auftaucht, wo ich sie niemals erwartet hätte? Sie weiß doch, dass sie<br />

da nicht hingehört. Ich habe immer noch ein schlechtes Gewissen,<br />

weil ich jeder Konfrontation <strong>aus</strong> dem Weg gegangen bin.<br />

Normalerweise gehe ich nicht an solchen Orten auf. Eigentlich gehe<br />

ich nirgendwo hin. Ich hasse Ansammlungen, ich hasse die<br />

Ausdünstungen und die Geräusche der Menschen. Ich will nur mit<br />

meiner Alea zusammen sein, und mehr möchte ich nicht. Ich liebe<br />

meine göttliche Alea. Sie liebt mich, bis in alle Ewigkeit …“<br />

Noui<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Groß-Berlin<br />

Samstag, 11. Mai 2080<br />

____________________<br />

Ich weiß es, du weißt es, und es gehört zu den<br />

ewig geltenden Leitlinien: „Die<br />

Staatengemeinschaft wird dafür sorgen, dass alle<br />

Menschen für alle Zeiten glücklich leben können.“<br />

Noch nie zuvor durfte die Menschheit in einem<br />

Zeitalter des unendlichen Glücks leben. Der Weg<br />

dahin war schwer und voller Opfer. Aber zu viel<br />

Nachdenken provoziert Unglück, und was<br />

notwendig war, ist nun mal geschehen. Meine<br />

Erinnerungen beginnen immer schneller zu<br />

verblassen, und das ist gut so. Die meisten die ich<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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kenne sind schon einige Bewusstseinsstufen weiter.<br />

Ich bin schwach und sentimental. Ich hänge an dem<br />

blöden Notizbuch, und ich schreibe schon wieder.<br />

Es bringt nichts, es ist sinnlos, und ich mach es<br />

dennoch. Wir alle kennen den Leidspruch: „Wenn<br />

sich etwas zum Guten verändern soll, dann gehören<br />

Opfer dazu.“ Wir, die wir zur Elite und zu den<br />

Privilegierten gehören, haben verstanden, dass<br />

solche - die Entwicklung zu einer besseren<br />

Menschheit - nun mal begleitenden Schäden, im<br />

Ganzen gesehen, nicht weiter ins Gewicht fallen.<br />

Darum ist das was wir tun müssen, unbedingt<br />

notwendig und richtig.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Warum ich? Was ist mit mir? Ich sollte nicht<br />

mehr darüber nachdenken, und nicht mehr darüber<br />

schreiben. Schreiben ist nutzlose und darum<br />

gefährliche Spinnerei. Schon der geringste<br />

Verdacht, dass ich dazu fähig bin, oder immer noch<br />

die Fähigkeit besitze die Zeichen zu ordnen, zu<br />

deuten und meine Gedanken zu verbinden, kann<br />

unabsehbare Folgen haben. Aber darauf komme ich<br />

später zurück.<br />

Den Anderen, die es nicht ins Zentrum des<br />

ewigen Glücks geschafft haben, geht es gut - hieß es<br />

vor langer Zeit. Auch daran erinnere ich mich,<br />

obwohl mir das Schicksal der HTs eigentlich<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

gleichgültig sein müsste. Warum über das Schicksal<br />

von Millionen nachdenken und das auch noch<br />

aufschreiben? Wenn es denen gut geht, dann<br />

denken die auch nicht an uns, sonst hätten wir ein<br />

Lebenszeichen bekommen.<br />

Ich war <strong>aus</strong>erwählt und durfte in der Stadt des<br />

grenzenlosen Glücks leben. Dennoch schleichen sich<br />

hin und wieder schlechte Gedanken in mein Gehirn.<br />

Ich weiß, dass wir in einer Gesellschaft des<br />

vollkommenen Glück nur dann leben können, wenn<br />

die Gemeinschaft eine hohe Bewusstseinsebene<br />

erreicht, und die Unzufriedenen hinter sich lässt.<br />

Eine Vor<strong>aus</strong>setzung von Vielen ist das Erlernen der<br />

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Fähigkeit, die Vergangenheit <strong>aus</strong> dem Gedächtnis zu<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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löschen. Das fängt bei den Erinnerungen an ferne<br />

Tage an, und endet bei dem, was gestern war noch<br />

lange nicht. Nur das Heute, das Jetzt ist wichtig, und<br />

alles andere ist Verbrechen. Ich sage es nur dir, und<br />

bitte verrate mich nicht. Ich weiß, dass ich immer<br />

noch schwach bin, und den Zustand des<br />

vollkommenen Glücks noch nicht erreicht habe.<br />

Vielleicht erreiche ich ihn nie, und dann werde auch<br />

ich verschwinden und niemand wird sich an mich<br />

erinnern. Mich hat es nie gegeben, aber unsere<br />

Gesellschaft wird weiterleben, bis in alle Ewigkeit.<br />

Ich bemühe mich, aber ich bin verzweifelt. Die<br />

Erinnerungen leben wie gefräßige Würmer in<br />

meinem Gehirn. Manchmal schlafen die, dann<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

bewegen sich meine Gedanken, und winden und<br />

strecken sich. Ich weiß, dass ich mit diesem Zustand<br />

nicht lange weiterleben kann und will. Niemand<br />

wird es freiwillig zugeben. Sinnlosigkeit ist eine<br />

ansteckende Krankheit, an der viele, wenn nicht die<br />

meisten Privilegierten leiden. Dann kommen wieder<br />

die Erinnerungen, und ich denke, dass es eine<br />

schöne, wenn nicht sogar die schönste Zeit in<br />

meinem Leben war.<br />

Obwohl ich dazu verpflichtet war und die<br />

Strafen für Meldeverstöße kenne, habe ich meine<br />

Erinnerungen nicht gemeldet. Ich habe mich auch<br />

keiner Glücksschulung unterzogen, obwohl es mein<br />

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Seite 10<br />

Leben noch einmal deutlich verbessern könnte.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Niemand weiß von meinen Gedanken, aber wenn<br />

du mir bei deinem Leben versprichst, dass du mit<br />

niemand darüber redest, erzähle ich dir meine<br />

Geschichte.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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• M o n o t o n i e<br />

„Glück und Leistungsfähigkeit können nur in <strong>aus</strong>gereiften<br />

Persönlichkeiten heranwachsen. Die Zeit, die der Staat und jeder<br />

Einzelne darauf verwenden, die verschiedensten Wesensarten zu<br />

formen, und mit den Zielen des Ganzen in Einklang zu bringen, ist<br />

niemals verschwendet, und eine lösbare Aufgabe, die vom Staat<br />

gesteuert und seinen Organen mit allen Mitteln durchgesetzt werden<br />

müssen. Dieses große Ziel kann nur gelingen, wenn <strong>aus</strong> kleinen Zellen<br />

ein Ganzes geformt wird.“<br />

4. Zusatz zur Staatsverfassung<br />

Groß-Berlin<br />

Samstag, 11. Mai 2080 bis Sonntag, 12. Mai 2080<br />

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Wenn ich mich nicht verzählt habe, muss es<br />

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Seite 12<br />

ein Handzeichen, oder wenn du die alte<br />

Zeitrechnung noch verstehst, fünf Jahre vor dem<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Zusammentreffen mit Joa gewesen sein. Damals<br />

waren die Tagesbezeichnungen <strong>aus</strong> der Vorzeit<br />

noch geduldet, was ich auch heute noch für einen<br />

großen Fehler halte. Man hätte schon viel früher<br />

damit beginnen sollen, die von Erinnerungen<br />

Geplagten aufzuspüren. Vielleicht hätte man mir<br />

helfen können. Seltsam, aber ich spüre auch heute<br />

noch die feuchte Hitze des Nachmittags. Damals<br />

gab es noch Menschen, die zu festgelegten Zeiten<br />

und zu bestimmten Stunden eine Tätigkeit für die<br />

Gesellschaft <strong>aus</strong>üben mussten. Damals war es ein<br />

„Muss.“ Heute ist es ein „Darf“, und das ändert<br />

alles. Ich kann mich sogar noch an die Geräusche<br />

erinnern. Der gellende Ton der Sirenen, der den<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Schichtwechsel von der Lichtschicht zur<br />

Dunkelschicht ankündigte, klingt immer noch in<br />

meinen Ohren, und manchmal, wenn mich die<br />

Träume plagen, schreckt mich das an- und<br />

abschwellende Heulen <strong>aus</strong> dem Schlaf. Schlaf?<br />

Daran mag ich nicht denken. Schlaf ist unsozial und<br />

ein dekadentes Bedürfnis das soweit wie möglich zu<br />

unterdrücken ist. Es heißt, dass einige Meister noch<br />

nie geschlafen haben, und über uns und unsere<br />

neue Gesellschaft wachen. Das gibt mir ein gutes<br />

Gefühl.<br />

Ein Paradies für die Menschheit kann nur<br />

durch Sicherheit bestehen. Sicherheit gibt es nur<br />

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Seite 14<br />

durch Regeln und Kontrollen. In der Umbruchphase<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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war es auch in den inneren Bezirken es gefährlich<br />

geworden, wenn man ohne genehmigtes Ziel vom<br />

Weg abwich. Nicht viele hatten den Mut<br />

aufgebracht, und ich habe mir oft vorgenommen, es<br />

nicht zu tun, und nur den mir genehmigten Weg zu<br />

gehen, aber es war wie ein Zwang. Ich suchte für<br />

mich immer neue Gründe um mein Appartement zu<br />

verlassen, und ich kam immer wieder an dem<br />

Gebäude vorbei.<br />

An den seltenen Tagen, an denen keine Wolke<br />

am Himmel war, kam es mir vor, als ob mich das<br />

Gesicht zärtlich anlächeln würde. An den grauen<br />

Tagen war sie abweisend und stumm, und dann<br />

kam es mir vor, als ob sie mir ganz leicht,<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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unmerklich um uns nicht zu verraten, zuzwinkern<br />

würde, um mit her<strong>aus</strong>hängender Zunge und weit<br />

aufgerissenen Augen auf den seltsamen Torbogen<br />

zu deuten. „Geh da rein, tu es“ war die Botschaft.<br />

Ich musste die seltsame Konstruktion immer und<br />

immer wieder betrachten. Wenn ich die Augen<br />

schließe, sehe ich wieder alles vor mir, als ob es<br />

jetzt in dieser Lichtperiode wäre. An den<br />

Außenwänden befanden sich schräggestellte,<br />

ineinander verkeilte Stützbalken <strong>aus</strong> grob<br />

behauenem Holz, die weit in den <strong>aus</strong>getretenen<br />

Weg hinein ragten. Sie sollten den bröckelnden<br />

Mauern Halt geben, aber ich hatte immer den<br />

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Seite 16<br />

Verdacht, dass die mächtigen Balken nur als<br />

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martialische Verzierung dienten um etwas zu<br />

verbergen - etwas was mich abschrecken und<br />

gleichzeitig anziehen sollte, um meinen Mut zu<br />

testen.<br />

Wie ein faulender Zahn in einem<br />

strahlendweißen Gebiss, unterbrach das baufällige<br />

Gebäude die makellos glatte Fassadenfront der<br />

Häuserzeile. Vergangenheit war eine barbarische<br />

Zeit, und so etwas durfte es nicht mehr geben, denn<br />

dadurch konnten Erinnerungen geweckt werden,<br />

und Erinnerungen sind die Vorboten für Aufstände,<br />

für Revolution und Zerstörung. Damals hatte ich<br />

nicht darüber nachgedacht, warum das schiefe H<strong>aus</strong><br />

mit der altertümlichen, grauen Fassade und den<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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verschnörkelten Verzierungen, inmitten der edel<br />

glänzenden Fassaden der City noch nicht abgerissen<br />

war.<br />

Nicht ganz in der Mitte, an der linken Seite der<br />

mit handgroßen Einschlägen geschmückten<br />

H<strong>aus</strong>wand war ein Zugang, der zum hinteren Teil<br />

des Gebäudes führte. Von der höchsten Stelle des<br />

Torbogens, grinste mich ein verzerrtes Gesicht, mit<br />

einem geöffneten Mund und einer<br />

her<strong>aus</strong>hängenden Zunge an. Der steinerne Kopf sah<br />

<strong>aus</strong>, als ob er mich verspotten wollte. An der<br />

Fassade des Gebäudes, neben dem Durchgang war<br />

in Augenhöhe ein mit rostigen Schrauben<br />

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Seite 18<br />

befestigtes, blaues Blechschild mit einer ehemals<br />

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weißen, jetzt nur noch schwer entzifferbaren<br />

Aufschrift „Ludwigkirchplatz.“ Offensichtlich hatte<br />

das Amt für Sauberkeit vergessen, das Schild zu<br />

entfernen, denn Schriftzeichen durften schon lange<br />

nicht mehr öffentlich dargestellt werden.<br />

Alle die ich kannte, wussten etwas darüber.<br />

Man hatte es mir zugeflüstert, und die, die noch<br />

nicht dort waren, hatten mich vor der grauen M<strong>aus</strong><br />

gewarnt. Der Zugang zu der Bar mit dem seltsamen<br />

Namen lag gut versteckt in dem<br />

heruntergekommenen Hinterhof des H<strong>aus</strong>es, und er<br />

war nicht leicht zu finden. Ich kann mich nicht mehr<br />

erinnern, warum ich den Mut aufbrachte, durch das<br />

Tor zu gehen. Es war nicht wegen einer Frau. Ich<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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habe mich immer an die strengen Gesetze gehalten<br />

und meine Erfahrungen mit Frauen waren, wie es<br />

meinem Rang und meinen Privilegien entsprach, auf<br />

die vorgeschriebenen Regeln der Kommunikation<br />

beschränkt. Die strikte Trennung der Geschlechter<br />

war unumstößliches Gesetz, und nur so war unsere<br />

Gesellschaft und letztendlich unser Planet noch zu<br />

retten. Zwar war es immer noch nicht gelungen, mit<br />

den frei erhältlichen, triebdämpfenden<br />

Genussmitteln, alle sozialschädlichen Bedürfnisse zu<br />

unterdrücken, aber die Mehrzahl der Privilegierten<br />

war sich ihrer Verantwortung bewusst. Ich dachte<br />

nicht mehr an Frauen, ich hatte auch keinen Bedarf,<br />

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Seite 20<br />

meine kostbare Energie zu verschwenden. Warum<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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auch? Ich war glücklich. Als privilegierter Bürger<br />

genoss ich die Sicherheit der Gegenwart und den<br />

Wohlstand der inneren City, und das war ein<br />

unbezahlbares Gut.<br />

Du bewunderst meinen starken Willen?<br />

Ich muss zugeben, dass es für mich nicht<br />

einfach war, das neue Bewusstsein zu erlernen.<br />

Auch ich war schwach und ich musste meine<br />

sexuellen Erfahrungen machen. Ich schäme mich<br />

immer noch, dass ich trotz der Gefahren die<br />

Gesetze übertreten habe, wie viele Andere auch.<br />

Vielleicht geschah es, weil es mit dem trügerischen<br />

Recht der Jugend entschuldig wird. Oft erst später<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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und manchmal auch nie, fragt man sich, warum<br />

man das Risiko eingegangen ist.<br />

Vergessen ist eine schwer erlernbare Kunst,<br />

die nur wenige bewundernswerte Männer<br />

beherrschen.<br />

Du fragst nach meinem ersten sexuellen<br />

Erlebnis mit einer Frau? Ich habe versucht, es <strong>aus</strong><br />

meinem Gedächtnis zu löschen, und nicht mehr<br />

daran zu denken, auch wenn sich die Bilder immer<br />

wieder in meine Phantasie drängten. Dennoch<br />

konnte ich Joa nicht wiedersehen. Obwohl sie<br />

meine große Jugendliebe war, hatten wir uns zu<br />

weit voneinander entfernt. Sie war in einer<br />

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Seite 22<br />

anderen, mir fremden Welt. Ich konnte nicht zu ihr,<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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und sie nicht zu mir. Sie war keine Privilegierte, und<br />

auf Dauer wäre es für mich zu gefährlich gewesen,<br />

mich offen zu ihr zu bekennen. Heute weiß ich, dass<br />

sie mir sehr viel bedeutet hat. Joa war erfahrener<br />

als ich und mir kam es vor als ob sie sich mehr<br />

davon versprochen hatte. Außerdem war der Platz,<br />

an dem ich sie wiedergefunden hatte gefährlich,<br />

und mit Gefahren und Konflikten konnte ich noch<br />

nie umgehen.<br />

Ich bin nicht homosexuell, obwohl es für die<br />

Bewohner der inneren Bezirke eine zwar nicht<br />

offiziell erlaubte, aber tolerierte Lebensform<br />

geworden war. Ich hatte einfach keine Lust auf Sex,<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

denn Sex bedeutete Verantwortung, die ich nicht<br />

übernehmen konnte.<br />

Manchmal empfand ich meine<br />

Unscheinbarkeit auch als Vorteil. Die wenigen<br />

Frauen die es in meiner Umgebung noch gab<br />

beachteten mich nicht und ich hatte meine Ruhe.<br />

Mein zweites Erlebnis war mit einer älteren<br />

und sehr betrunkenen Prostituierten <strong>aus</strong> einem<br />

äußeren Bezirk. Danach wollte ich nur noch<br />

vergessen und mich auf meine Arbeit<br />

konzentrieren. Vielleicht weil es eine<br />

widernatürliche und eigentlich monströse Tat war,<br />

hat es sich un<strong>aus</strong>löschlich in meinem Gedächtnis<br />

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Seite 24<br />

eingebrannt.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Die HTs hatte vor uns Respekt, und zu der<br />

damaligen Zeit konnte man sich in den äußeren<br />

Bezirken noch relativ frei und gefahrlos bewegen.<br />

An die Bezeichnung des Viertels kann ich mich nicht<br />

mehr erinnern, aber den Geruch der <strong>aus</strong> dem Loch<br />

in der Wand kam, habe ich immer noch in der Nase.<br />

Die Mischung von Urin, Erbrochenem und<br />

aufgekochten Gemüseersatzstoffen war damals<br />

typisch für die gutbürgerlichen H<strong>aus</strong>eingänge. Sie<br />

stand regungslos da und sie sah mich nicht an, aber<br />

ich wusste, dass sie jede meiner Bewegungen genau<br />

wahrnahm. Vielleicht hat mich diese gespielte<br />

Gleichgültigkeit gereizt, ich weiß es nicht.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Ich war ja nicht durch einen Zufall hier. Ich<br />

wusste genau, dass es verboten war, und sie wusste<br />

es auch. Zwar waren die Strafen für Kontakte mit<br />

Frauen <strong>aus</strong> den Außenbezirken noch gering, aber es<br />

bestand immer die Gefahr, dass Kontakte mit<br />

Trashys durch eine Unachtsamkeit bemerkt und in<br />

mein Führungsprofil gelangen konnten. Außerdem<br />

waren die Prinzipien meines Standes<br />

unmissverständlich definiert. Kontakte mit HT-<br />

Personen waren auf das Notwendigste zu<br />

beschränken. Das war und ist Gesetz.<br />

Sie hatte mich berührt und ohne zu sprechen<br />

in die Dunkelheit des H<strong>aus</strong>eingangs gezogen. Wir<br />

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Seite 26<br />

mussten nicht miteinander reden, und ich hätte<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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ihren Slang auch nicht verstanden. Für mich war es<br />

eine ungeheuerliche Tat, als sie begann, mich mit<br />

ihrem Mund und schnellen Bewegungen ihres<br />

Kopfes zu stimulieren. Für einen kurzen Moment<br />

empfand ich das Gefühl als eine angenehme<br />

Erfahrung, aber dann sah ich, dass die Haare auf<br />

ihrem Kopf verrutscht waren und sie unter dem<br />

struppigen Haarersatz große haarlose und<br />

verschorfte Stellen hatte. Ich erschrak, und das was<br />

ich als Lust empfunden hatte, schlug in Ekel um. Ich<br />

stieß sie von mir weg, und dann sah ich, dass es ein<br />

Mann war. Er fing mit einer hohen Stimme an zu<br />

schreien und ich bin so schnell ich konnte<br />

weggelaufen, obwohl ich ihn hätte töten können.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Niemand hätte sich darum gekümmert. Einen<br />

unbekannten, als Frau verkleideten Toten <strong>aus</strong> einer<br />

Human-Trash Gegend mehr oder weniger – schon<br />

damals interessierte sich niemand mehr dafür. Ich<br />

hatte es nicht getan, weil ich es nicht konnte. Ich<br />

bin einfach nur weggerannt.<br />

Im Jahr 2080 gab es für die Privilegierten noch<br />

Arbeiten, die täglich und in zwei wechselnden<br />

Arbeitszyklen <strong>aus</strong>geübt werden durften. Der<br />

Morgenzyklus bezeichnete die Lichtzeiten und<br />

dauerte zehn Tage. Der Sonnenaufgang war der<br />

natürliche Arbeitsbeginn, und der Sonnenuntergang<br />

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Seite 28<br />

markierte das Ende der Arbeit. Dann gab es den<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Nachtzyklus der bis zum Sonnenaufgang andauerte.<br />

Die sogenannten „Tage der Ruhe“ hatte man vor<br />

vier Jahrzehnten als unproduktive und für die<br />

Gesellschaft schädliche Zeiten abgeschafft. Nur in<br />

meinen Notizen konnte ich noch nachlesen, dass es<br />

vor langer Zeit eine andere Zeitrechnung gab. Es<br />

war eines meiner kleinen Laster, die neuen Zyklen<br />

in die verbotene Einteilung der alten Zeit<br />

umzurechnen. Vielleicht ist es nur eine skurrile<br />

Angewohnheit, die mich wegen der Gefahr gereizt<br />

hat, und die ich bis heute beibehalten habe.<br />

Manchmal kommen mir die Zeichen, die doch von<br />

meiner Hand geschrieben waren, wie Botschaften<br />

<strong>aus</strong> einer anderen Welt vor. Ich kann mich zwar<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

nicht daran erinnern, aber meine Notizen sind für<br />

mich der Beweis, dass es früher einmal einen Tag<br />

gab, der als siebter, oder heiliger Tag bezeichnet<br />

wurde.<br />

Ob ich das für die Privilegierten staatlich<br />

garantierte Glück der Vollbeschäftigung als ein<br />

Segen oder einen Fluch empfand, weiß ich nicht<br />

mehr, weil ich nichts anderes kannte.<br />

Damals war ich noch operativer System-<br />

Analytiker, und ich nahm eine besondere Stellung<br />

innerhalb der streng abgegrenzten Hierarchie ein.<br />

Seit zehn plus zehn Arbeitszyklen war ich mit einer<br />

komplexen Aufgabe beschäftigt, die mich voll in<br />

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Seite 30<br />

Anspruch nahm. Ich sollte eine Theorie zur<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Verbreitung von Krankheiten über internationale<br />

Verkehrsknotenpunkte entwickeln, um dar<strong>aus</strong><br />

Schwachstellen zu identifizieren und<br />

Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Warum man<br />

<strong>aus</strong>gerechnet mich dafür <strong>aus</strong>gewählt hatte, weiß ich<br />

nicht.<br />

Für die zu entwickelnde Strategie war ich die<br />

denkbar schlechteste Wahl, denn ich hatte bis auf<br />

meine gelegentlichen, genehmigten Fußmärsche<br />

durch die City, noch keine Erfahrung mit den<br />

sogenannten internationalen<br />

Verkehrsknotenpunkten. Genaugenommen hatte<br />

ich überhaupt keine Vorstellung, was unter dem<br />

Begriff „Verkehrsknotenpunkt“ zu verstehen war,<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 31


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

und ich kannte niemand, der jemals ein größeres<br />

Fluggerät <strong>aus</strong> der Nähe gesehen hatte. Ich hatte<br />

schon lange den Verdacht, dass solche Arbeiten<br />

keinem anderen Zweck dienten, die Besten und<br />

tüchtigsten her<strong>aus</strong>zufiltern.<br />

Für die Privilegierten gab es ungeschriebene<br />

Regeln, und eine Bestimmung betraf das Tabu der<br />

Fragen. Fragen stellen war als subversive<br />

Kommunikationsform unerwünscht, weil sich die<br />

Theorie durchgesetzt hatte, dass <strong>aus</strong> Fragen alles<br />

Unheil entstehen kann, und auf einer höheren<br />

Kommunikationsebene Fragen überflüssig wären,<br />

weil alle Antworten schon bekannt sind.<br />

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Seite 32<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Mein Leben spielte sich in meinem<br />

Appartement im achtzehnten Stock eines für meine<br />

Begriffe äußerst luxuriösen Towers für<br />

Singlemänner und vor meinen zwei Bildschirmen<br />

ab. Der linke Bildschirm schaltete sich automatisch<br />

an und <strong>aus</strong>. Dann wusste ich, dass es an der Zeit<br />

war, mit meiner Arbeit zu beginnen. Wenn der<br />

Bildschirm erlosch, hatte ich meinen täglichen<br />

Arbeitszyklus hinter mir. Der rechte Bildschirm<br />

versorgte mich mit allem Wissenswerten der Welt,<br />

aber es gab häufig atmosphärische Störungen, dann<br />

sah ich auf dem Bildschirm nur den<br />

menschenleeren Platz vor dem Wohntower.<br />

Manchmal betrachtete ich stundenlang das graue<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 33


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Bild des Platzes, immer in der Hoffnung, dass sich<br />

irgendetwas bewegen würde, aber nie ist etwas<br />

geschehen. Sogar die Vögel waren verschwunden.<br />

Mir fällt ein, dass ich schon seit langer Zeit keine<br />

Vögel mehr gesehen habe. Ob es Vögel jemals gab?<br />

Vielleicht hat mir mein Gehirn wieder einen Streich<br />

gespielt.<br />

Obwohl mein Glück davon abhing und ich<br />

verpflichtet war, mein Arbeitspensum zu leisten,<br />

ließen die vielen Vorteile meines Jobs mein Leben<br />

angenehm und <strong>aus</strong>gefüllt erscheinen. Ich musste<br />

nicht jeden Tag durch die noch begehbaren<br />

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Seite 34<br />

Sicherheitskorridore in die tristen Industriegebiete,<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

um in einer Arbeitszelle mein Pensum für die<br />

Gesellschaft abzuleisten. Ich konnte arbeiten, wann<br />

und wie ich wollte, solange ich innerhalb der mir<br />

zugewiesenen Zyklen tätig war, oder durch<br />

Berühren der Tasten so tat, als ob ich an meinem<br />

Projekt arbeiten würde.<br />

Es gab auch Nachteile, aber die waren im<br />

Vergleich zu den Vorteilen kaum erwähnenswert.<br />

Manchmal, wenn <strong>aus</strong> einem mir unverständlichen<br />

Grund, die mir zustehenden Psycho-Food-<br />

Lieferungen <strong>aus</strong>blieben, versank ich in eine<br />

trübsinnige Lethargie. Dann verschwammen die<br />

Tage, die Nächte und Lichtzeiten zu einer trägen,<br />

grauen Einheit, wie ein ewig gleichförmig<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

dahinfließender Fluss, in dem ich schwimmen<br />

musste und <strong>aus</strong> dem es kein Entrinnen gab. Das<br />

waren die schrecklichen Zeiten und manchmal<br />

dachte ich, dass es <strong>aus</strong> meinem monotonen Leben<br />

keinen Ausweg geben würde. Dann fiel mir wieder<br />

ein, dass ich das Privileg genoss, ein glücklicher<br />

Mensch zu sein. Ich war in Sicherheit und das Leben<br />

erschien mir wieder erträglich.<br />

Jetzt möchte ich dir von diesem besonderen<br />

Tag erzählen. Nach meinen Notizen und nach der<br />

alten Zeitrechnung war es ein Samstag. Ich hatte<br />

Rückenschmerzen, ich fühlte mich <strong>aus</strong>gelaugt und<br />

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Seite 36<br />

das Leben mit seinem gleichförmigen Trott erschien<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

mir ohne Sinn. Ich konnte mich nicht mehr an der<br />

Schönheit der Rituale meines Lebens er freuen.<br />

Vielleicht war es mein eingeschlafener<br />

Überlebensinstinkt, der mir zuerst sanft<br />

zugeflüstert, dann immer drängender den Befehl<br />

gab: „Wenn du leben willst, geh r<strong>aus</strong>. Sei kein<br />

Feigling, zeig endlich Mut und geh dahin, wo das<br />

verbotene Leben ist.“<br />

Das waren aufrührerische und verbotene<br />

Gedanken, denn im Zeitalter des Glücks konnte und<br />

durfte es keine Monotonie, aber auch keine<br />

Abweichung von der vorgeschriebenen Linie geben.<br />

Auch wenn ich es damals nicht wahrhaben wollte,<br />

dieser Samstag im Mai war der erste, winzige Schritt<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 37


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

des Versuchs eines Ausbruchs <strong>aus</strong> der Routine<br />

meines Lebens. Ein Leben, das so perfekt geregelt<br />

war, dass es mir manchmal vorkam, als ob Andere<br />

vor mir es schon einmal, sozusagen zur Probe und<br />

zum <strong>aus</strong>merzen aller Ecken und Kanten gelebt<br />

hätten.<br />

Das Gedränge in den verwinkelten Räumen<br />

der grauen M<strong>aus</strong>, empfand ich als unangenehme<br />

Erfahrung, und die mir fremden Gerüche und das<br />

laute Stimmengewirr mit Lauten, die so<br />

disharmonisch klangen, dass ich sie nicht als Musik<br />

definieren konnte, betäubten meine Ohren.<br />

Zwischen den vielen Männern in der engen Bar<br />

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Seite 38<br />

fühlte ich mich wie in einem hermetisch<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

abgeschotteten Behälter. Ich wusste sofort, dass ich<br />

mich am falschen Ort befand, um eine Lösung für<br />

meine Probleme zu finden. Schon nach kurzer Zeit<br />

wollte ich nur noch r<strong>aus</strong>, an die frische Luft und das<br />

alles vergessen. Ich hatte sogar ein Würgegefühl in<br />

meinem Magen, so ekelte mich die Dekadenz der<br />

schwitzenden, lauten und sich aneinander<br />

drängelnden Leiber an.<br />

Wie ich an den großen Getränke<strong>aus</strong>schank im<br />

hinteren Teil des düsteren Raums gekommen bin<br />

weiß ich nicht mehr. Vielleicht war es eine<br />

geheimnisvolle Fügung, oder nur die Kräfte von<br />

Druck und Gegenwirkung, die mich an diesen<br />

geschoben hatten. Zuerst waren es undeutliche<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Wortfetzen, die zwischen dem lauten<br />

Stimmengewirr nur bruchstückhaft zu mir<br />

durchdrangen.<br />

„Es ist einfach unbeschreiblich, du musst es<br />

<strong>aus</strong>probieren“, war der Satz, der mich aufhorchen<br />

ließ. Die drei Typen, die <strong>aus</strong>sahen, als ob sie <strong>aus</strong> der<br />

Zuteilungsabteilung einer untergeordneten Behörde<br />

entlaufen wären, redeten ohne Scham und ohne<br />

Angst, dass sie vielleicht auffliegen könnten, von<br />

einem Sexerlebnis wie von einer Ware. Solche<br />

Reden inmitten vieler Uniformträger waren extrem<br />

gefährlich. Man konnte nie wissen, wer ein<br />

heimlicher Trendberichter, wer nur seine Pflicht tat<br />

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Seite 40<br />

und jeden Verstoß gegen die<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Kommunikationsrichtlinien meldete, und wer nur<br />

gleichgültig jedes noch so defätistische Geschwätz<br />

tolerierte und nicht sofort meldete, und sich damit<br />

doppelt strafbar machte. Zuerst dachte ich, dass<br />

sich das Gespräch um irgendwelche Phantastereien<br />

handeln würde. Die neuen, kostenlosen Mind-<br />

Drinks waren eine wunderbare Erfindung, aber es<br />

gab auch Nebenwirkungen, die dazu führten, dass<br />

die Menschen wie aufgedreht redeten, und<br />

redeten, und oft zu viel von sich gaben. Dann<br />

dachte ich an die wenigen, noch zugelassenen<br />

Hostessen. Die waren zwar toleriert, aber wer sich<br />

öffentlich dazu bekannte, konnte schnell in den<br />

Verdacht geraten, ein sozialer Feind zu sein. Ich<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

dachte auch einen Moment an die zugewiesene<br />

Frau eines ranghohen Privilegierten, aber diese<br />

Vorstellung war doch zu unwahrscheinlich. Das<br />

waren Gerüchte die kursierten, aber eigentlich<br />

undenkbar waren. Plötzlich klopfte mir jemand zu<br />

fest und aufdringlich auf die linke Schulter.<br />

„Na, alter Kumpel. Wie geht´s dir? Dich habe<br />

ich ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen.“<br />

Ohne mich umzudrehen wusste ich wer es<br />

war. Ika war weder ein „alter Kumpel“, noch<br />

mochte ich ihn besonders. Außerdem mußte er<br />

wissen, dass selbst harmlos klingende Fragen nach<br />

der Gesundheit oder dem Wohlbefinden gefährlich<br />

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Seite 42<br />

waren. Das war nicht die Form der tolerierten<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Kommunikation zwischen Privilegierten, auch wenn<br />

er im Rang etwas über mir stand.<br />

Ika sprach mit seiner unangenehm hohen<br />

Stimme zu schnell zu viel Belangloses, und wenn er<br />

einen Zuhörer gefunden hatte, gab es gegen seinen<br />

Redeschwall kaum eine Gegenwehr. Ika war der<br />

untersetzte Typ, der sich in jedes Gespräch drängt,<br />

anbiedert, und ständig neue Opfer sucht, um sie<br />

anzuquatschen, vermutlich weil er sich für den<br />

Mittelpunkt der Welt hielt. Er hatte auch die für<br />

mich unangenehme Angewohnheit, zu dicht<br />

heranzurücken, sodass ich seinen von schlechten<br />

Zähnen beeinflussten Atem und den intensiven<br />

Körpergeruch wahrnehmen konnte. Sein<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

inakzeptables Benehmen war ein <strong>aus</strong>reichender<br />

Grund, ihm soweit es mir möglich war, <strong>aus</strong> dem<br />

Weg zu gehen.<br />

Ich wollte mich schon mit einer gemurmelten<br />

Ausrede wegdrehen, um unauffällig in der Menge in<br />

Richtung Ausgang zu verschwinden, aber als Ika<br />

auch noch seine Hand auf meinen Arm legte und<br />

nicht mehr wegnahm, war es zu spät. Eingekeilt im<br />

Gedränge musste ich bleiben.<br />

Mit lauter Stimme bestellte Ika ein Getränk.<br />

Sofort bekam ich von einer Hilfskraft mit dem für<br />

Dienstpersonal vorgeschriebenen, enthaarten<br />

Schädel, einen weißen Plastikbecher in die Hand<br />

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Seite 44<br />

gedrückt. Ich betrachtete die dickflüssige rötliche<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Flüssigkeit. Obwohl ich meine mir täglich<br />

vorgeschriebene Menge noch nicht getrunken<br />

hatte, stieg wieder dieser Ekel in mir auf.<br />

„Ich muss es dir jetzt erzählen. Ich hab mir eine<br />

liefern lassen. Du glaubst ja gar nicht, was das für<br />

ein Kracher ist.“<br />

Am Anfang verstand ich nicht, von was Ika so<br />

begeistert schwärmte. Mit einem neutralen<br />

„Hauptsache, du bist damit zufrieden“ wollte ich das<br />

Gespräch abwürgen. Zuerst nahm ich an, dass er<br />

irgendein, vermutlich vollkommen nutzloses<br />

technisches Spielzeug erworben hätte, und nach ins<br />

Unendliche <strong>aus</strong>ufernden Beschreibungen der<br />

technischen Details stand mir inmitten der<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

drangvollen Enge und mit meinen bohrenden<br />

Kopfschmerzen nicht der Sinn. Ich nahm einen<br />

Schluck <strong>aus</strong> dem Plastikbecher. Der Mind-Drink<br />

schmeckte bitter und ich spürte ein Kratzen in<br />

meinem Hals. Ich wollte mich abwenden, aber Ika<br />

hielt mich fest und redete einfach weiter.<br />

„Lass dir doch erzählen, es ist nichts<br />

Technisches, es ist eine geile Frau“ war Ikas zu laute,<br />

mit einem meckernden Lachen verbundene<br />

Antwort.<br />

Ich erschrak. Mir erschien nicht nur das<br />

Gespräch gefährlich, sondern auch Ikas Gesellschaft<br />

zunehmend peinlich. Zu viele Männer standen in<br />

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Seite 46<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Hörweite und ich nahm an, dass alle mithören<br />

konnten.<br />

Leise und gleichgültig erscheinend antwortete<br />

ich: „Du wirst wissen was du machst. Ich weiß ja,<br />

dass du eine Vorliebe für Plastiknutten hast, aber du<br />

kannst so etwas nicht legal bekommen. Die<br />

Beziehungen hast du doch gar nicht, und außerdem<br />

ist das auch verboten und ich müsste das melden.“<br />

„Du musst keine Angst haben. Es ist ganz<br />

anders als du denkst. Da ist jetzt alles erlaubt. Die<br />

Glückswächter sehen das nicht mehr so streng.<br />

Außerdem ist es keine Frau. Doch eigentlich ist es<br />

eine Frau und auch wieder nicht. Du kannst jetzt<br />

solche Frauen kaufen. Ganz legal.“<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Mein Gesichts<strong>aus</strong>druck muss irgendwie<br />

dämlich <strong>aus</strong>gesehen haben, und ich verstand immer<br />

noch nicht, was mir Ika sagen wollte. In den<br />

Schulungen bekam man manchmal alte<br />

Geschichtsdateien zu sehen, und man konnte Bilder<br />

von käuflichen Frauen betrachten, und auch die<br />

archaischen Strafen mit den brennenden<br />

Holzhaufen waren <strong>aus</strong>führlich dargestellt. Doch<br />

diese barbarischen Zeiten waren längst vorbei. Ich<br />

hatte Gerüchte gehört, dass es auch in den Zentren<br />

der Privilegierten möglich war, zu<br />

Schulungszwecken, Frauen als<br />

Gesprächspartnerinnen zu mieten. Das war nicht<br />

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Seite 48<br />

leicht und sehr teuer, aber trotz der eindeutigen<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Gebote zum Schutz des Zeitalters des unendlichen<br />

Glücks auch nichts Ungewöhnliches. Ich wusste<br />

auch von einer illegalen T<strong>aus</strong>chbörse, das bis in die<br />

inneren Führungskreise reichte und lange Zeit von<br />

den Ministerien stillschweigend geduldet wurde, bis<br />

die Sicherheitskräfte das komplette Netzwerk<br />

infiltrieren und zerstören konnte. Den<br />

Organisatoren wurde der Prozess gemacht, und die<br />

Verantwortlichen öffentlich hingerichtet, oder in die<br />

Außenbezirke verbannt.<br />

Obwohl die Privilegierten dazu bestimmt<br />

waren, der Menschheit und den HTs ein Vorbild zu<br />

sein, war es immer noch nicht gelungen, den<br />

Geschlechtstrieb vollkommen zu unterdrücken.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Darum war es gesellschaftliche Pflicht jedes<br />

Einzelnen, seine Triebstrukturen regelmäßigen Tests<br />

zu unterziehen. Ich kannte niemand, der bei<br />

Verstößen gegen die Trieb-Richtlinien die<br />

angeordneten Schulungen unbeschadet<br />

überstanden hatte. Die armen Teufel besaßen<br />

danach keinen eigenen Willen mehr. Das waren<br />

zitternde Nervenbündel, die nur noch<br />

unverständliche Laute stammeln konnten. Dazu<br />

kamen Brandmale in den Gesichtern, die die<br />

Triebtäter für alle Zeiten stigmatisierte. Von Liebe<br />

sprach schon lange niemand mehr, seit der Begriff<br />

und alles damit Zusammenhängende als<br />

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Seite 50<br />

unerwünschtes Wort diffamiert war. Ich vertrat<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

schon immer die Meinung, dass Sex in einer neuen<br />

Gesellschaft nur noch eine zeitlich beschränkte<br />

Funktion haben konnte. Ich war noch nie prüde,<br />

und man konnte mit mir sogar über so etwas<br />

Verbotenes wie Sex reden. Aber den Ort zwischen<br />

den vielen laut redenden Männern fand ich<br />

irgendwie unpassend.<br />

Mit einem uninteressierten „das weiß ich<br />

doch“ wollte ich das peinliche Gespräch abtun. Als<br />

ich die Hand hob, um dem Keeper einen Wink zum<br />

Bezahlen zu geben, drückte Ika meinen Arm runter.<br />

„Nein, es ist ganz anders. Es ist keine richtige<br />

Frau, eher eine bessere Frau. Es ist sogar erlaubt.<br />

Sag bloß, du hast noch nichts davon gehört?“<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

„Nein, und ich will es auch nicht wissen.“ Das<br />

Getränk begann meinen Verstand zu vernebeln. Ika<br />

überhörte meine Ablehnung und redete wild<br />

gestikulierend einfach weiter.<br />

„Ich hab mir eine von den neuen Züchtungen<br />

zugelegt. Eigentlich ist es eine Mischung zwischen<br />

Pflanze und Tier. Es ist unglaublich, aber es ist<br />

wirklich so. Es ist eine Bio-Frau.“<br />

Einen Moment dachte ich, Ika hätte zu viele<br />

von den blauen und roten Mind-Drinks<br />

durcheinander getrunken. Man wusste, dass diese<br />

Mischung eine stark euphorisierende Wirkung<br />

hatte, oder er wollte mich nur lautstark und<br />

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Seite 52<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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<strong>aus</strong>giebig vor den Anwesenden wegen meiner<br />

Blödheit vorführen.<br />

Auf meinen Einwand: „Was denn nun? Hast du<br />

dir ein Gewächs oder eine Frau gekauft? Entscheide<br />

dich doch mal oder hast du zu viel getrunken?“ ging<br />

er nicht ein.<br />

Ika legte seinen Arm um meine Schulter und<br />

zog mich zu sich heran. Vermutlich nahm er an, dass<br />

ich ihn in dem Lärm in der Bar nicht verstehen<br />

würde. Dann flüsterte er mir ins Ohr: „Du hast sie<br />

doch schon gesehen, die neuen Gebäude? Ich weiß,<br />

man sollte nicht zu viele Fragen stellen, aber ich sag<br />

dir, was sich darin verbirgt. Es sind hochmoderne<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 53


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Human-Farming-Center. Und da hab ich mir ein<br />

ganz frisches Exemplar liefern lassen.“<br />

Ich erinnerte mich undeutlich, dass ich etwas<br />

über Human-Farming gehört, das Gerücht aber als<br />

Fake abgetan hatte, denn ich hatte angenommen,<br />

dass das oberste Richtliniengremium so etwas<br />

niemals tolerieren würde.<br />

Als Ika die Ereignisse der letzten Monate<br />

etwas <strong>aus</strong>schweifend und <strong>aus</strong>geschmückt mit<br />

plastischen Details beschrieben hatte, konnte ich es<br />

nicht glauben. Aber auch seine selbstbewusste<br />

Aufforderung: „Komm mit, ich zeig sie dir“ ließ mich<br />

noch zweifeln.<br />

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Seite 54<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Ika war entgegen seinen sonstigen<br />

Gewohnheiten überraschend großzügig und<br />

bezahlte auch meine Getränke. Dann zog er mich,<br />

fast so, als ob er es nicht erwarten konnte, mit.<br />

„Komm mit, du kannst sie dir ansehen. Es ist<br />

alles ganz legal. Sie ist toll.“<br />

Ikas Erzählungen erschienen mir immer noch<br />

wie ein unglaublicher Scherz, der sich bald auflösen<br />

würde, aber sein Redefluss klang so begeistert, dass<br />

ich neugierig wurde.<br />

Wir gingen das kurze Stück zu Ikas Penthouse<br />

am Ende der ehemaligen Lietzenburger Straße. Das<br />

Blechschild mit der ungültigen Straßenbezeichnung<br />

war noch nicht entfernt, und das neue Piktogramm,<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 55


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

das endlich den alten Namen ersetzen sollte, war<br />

mannshoch, aber nur provisorisch auf eine Holztafel<br />

aufgemalt. Offensichtlich kamen die Stadtplaner mit<br />

dem Auswechseln der Schilder immer noch nicht<br />

voran.<br />

Ika drückte den roten Button neben der<br />

Abbildung von vier Handflächen mit <strong>aus</strong>gestreckten<br />

Fingern. Mit dem Aufzug fuhren wir ins zwanzigste<br />

Stockwerk. Ika sah kurz in den Irisscanner, und die<br />

schwere Metalltür zu seiner Wohnetage öffnete<br />

sich.<br />

Den Anblick werde ich niemals vergessen. Er<br />

war eine atemberaubende, wie die bis ins kleinste<br />

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Seite 56<br />

Detail auf Wirkung geplante Inszenierung. Eine<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

vollkommene Frau mit einem ebenmäßigen Gesicht,<br />

umrahmt von hellblonden, leicht gelockten und wie<br />

pures Gold schimmernden Haaren stand am<br />

großen, im Boden eingelassenen Fenster, an der<br />

gegenüberliegenden Seite des Raums. Im<br />

Hintergrund konnte man die glitzernde Skyline der<br />

weiten Stadt und am Horizont zwei der neuen<br />

mächtigen Gebäude in der glutrot leuchtenden, von<br />

kleinen schwarzgrauen Wolken umrahmten<br />

Abendsonne sehen. Dazwischen stiegen wie von<br />

bizarren Gewächsen, dunkle Rauchwolken auf, die<br />

sich am Himmel zerrissen. Ich war von dem Anblick<br />

wie elektrisiert. Ika, der Spinner, der Aufschneider<br />

hatte nicht zu viel, eher zu wenig erzählt.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Die hohen Wangenknochen gaben ihr ein<br />

exotisch eurasisches Aussehen, oder jedenfalls das,<br />

was ich dafür hielt. Ihre Augen besaßen eine<br />

tiefgrüne Farbe mit übergroßen schwarzen Pupillen,<br />

die mir etwas geweitet vorkamen. Noch nie zuvor<br />

hatte ich in so faszinierende Augen geblickt.<br />

Unwillkürlich musste ich dem warmen,<br />

hingebungsvollen Blick <strong>aus</strong>weichen, der tief in<br />

meine Seele einzudringen schien. Dieses Wesen war<br />

<strong>aus</strong> einer anderen Welt. Für einen Mann wie mich<br />

unerreichbar und doch zum Greifen nah.<br />

Voller Neid dachte ich: „Wie kriegt so ein<br />

kleiner, dicker, schlecht riechender Kerl so eine<br />

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Seite 58<br />

Frau?“<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Jetzt erst fielen mir die hektischen<br />

Bewegungen und die roten Flecken in Ikas Gesicht<br />

auf. War es die Aufregung oder der Besitzerstolz? Er<br />

lehnte sich auf seinem übergroßen, schwarzen Sofa<br />

zurück. Dann sagte er ihr in einem überheblichen<br />

Ton und mit einer kurzen Handbewegung zu ihr:<br />

„Hol uns etwas zu trinken.“<br />

Als sie vollkommen nackt dicht an uns<br />

vorbeiging, nahm ich einen seltsam ber<strong>aus</strong>chenden,<br />

aber kaum wahrnehmbaren Geruch auf. Ihre<br />

Bewegungen waren von einer anmutigen und doch<br />

raubtierartigen Grazie. Ich muss zugeben, ich war<br />

verlegen und ich wagte kaum ihren Körper, der von<br />

einer ästhetischen Ebenmäßigkeit war, zu<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

betrachten. Ihre Figur war nicht so dünn wie bei<br />

den wenigen Frauen der oberen Privilegierten, die<br />

jeden Tag Sport trieben und in den Bodystyling-<br />

Centern jedes überflüssige Gramm Fett<br />

abtrainierten. Die Figur dieses überirdischen<br />

Wesens war proportional ästhetischer verteilt und<br />

doch von einer fraulichen Anmut. Es gab sogar die<br />

zwei kleinen Grübchen oberhalb ihrer perfekt<br />

gerundeten, festen Po-Backen. Ihre leicht<br />

gekräuselten, wie zarter Goldflaum glänzende<br />

Härchen zwischen den langen, festen Beinen sahen<br />

wunderschön <strong>aus</strong> und keine Unebenheit zeichnete<br />

sich auf Ihrer Haut ab. Ika besaß eine schöne Frau,<br />

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Seite 60<br />

die er mir, seinem Freund vollkommen nackt<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

vorführte. Ich konnte es an seinen Gesten<br />

erkennen. Mit dem Stolz des Besitzers genoss er<br />

meine unverhohlene Bewunderung.<br />

Als ob er mir die Rechtmäßigkeit seiner<br />

Erwerbung zusätzlich beweisen wollte, deutete er<br />

auf das breite, schwarze Halsband <strong>aus</strong> einem<br />

unzerstörbaren Kunststoff.<br />

„Ich sehe es dir an, dass du mir nicht glaubst.<br />

Da steht es, schau es dir an.“<br />

Zu der schönen Frau sagte er: „Komm mal<br />

her.“<br />

Als ob sie darauf abgerichtet wäre, jedes Wort<br />

ihres Besitzers bedingungslos zu befolgen, kam sie<br />

näher.<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 61


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

„Sieh dir mal die Kennmarke an. Alles ist legal<br />

und amtlich registriert.“<br />

Ika gab ihr mit einer Handbewegung zu<br />

verstehen, was sie tun sollte. Als sie sich lächelnd zu<br />

mir vorbeugte, sah ich ein in das Halsband<br />

eingeschweißtes Plastikschild, das mit einem Siegel<br />

des Güterverteilungsministeriums, Ika als<br />

rechtmäßigen Eigentümer <strong>aus</strong>wies. Meine Gefühle<br />

schwankten zwischen Neid und Bewunderung.<br />

Gleichzeitig wünschte ich Ika zum Teufel und für<br />

sein Verhalten die Pest an den Hals. Damals ahnte<br />

ich nicht, dass nicht nur der Teufel seine Beute<br />

betrachtete.<br />

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Seite 62<br />

„Du kannst sie haben, wenn du willst, ich leih<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

sie dir“ war Ikas herablassend-gönnerhafte Antwort<br />

und er lachte, als er meinen verblüfften<br />

Gesichts<strong>aus</strong>druck sah.<br />

Zuerst dachte ich an einen schlechten Witz, an<br />

ein Spiel, das manchmal auf Partys mit<br />

Ahnungslosen gespielt wird, die dann zu viel<br />

belachten Akteuren werden. Aber Ikas Lachen klang<br />

echt.<br />

„Stell dich nicht so an, du kannst alles mit ihr<br />

machen. Alles, auf was du Lust hast. Ich lass euch<br />

auch allein, wenn du zu wenig Übung oder<br />

Hemmungen vor mir hast.“<br />

Mein verlegenes Schweigen verriet meine<br />

Empfindungen überdeutlich. So ein Angebot hatte<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 63


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

ich noch nie zuvor bekommen.<br />

„Es ist eine Einladung, alter Kumpel. Ich meine<br />

es ernst. Es ist doch nur irgendeine exotisches<br />

Pflanzenwesen und ich hab mir schon ein zweites<br />

Exemplar bestellt. Bald gibt es genug davon.“<br />

Ich wehrte sein Angebot heftig ab. Mir war<br />

nicht nach Sex mit der Frau eines Anderen, obwohl<br />

ich immer noch nicht begriffen hatte, dass diese<br />

Frau nur eine Züchtung, ein Kunstprodukt und keine<br />

Menschenfrau war. Ich wusste nicht, wie ich mich<br />

verhalten sollte, aber eines wusste ich genau, so ein<br />

überirdisch schönes Wesen wollte ich auch<br />

besitzen.<br />

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Seite 64<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

• V o r b e r e i t u n g<br />

„Ihr fragt euch, ob ihr Liebe kaufen könnt?<br />

Ja, man kann Liebe kaufen,<br />

und ihr könnt sogar Menschen kaufen.<br />

Kann man ein Stück Natur kaufen?<br />

Auch das ist möglich.<br />

Ob man Menschen, Liebe und Natur dauerhaft beherrschen<br />

kann, ist eine andere Frage.<br />

Eine Antwort kenne ich nicht. Darum stellt keine Fragen.“<br />

Noui<br />

____________________<br />

2081<br />

Unzählige Gedanken gingen Noui durch den<br />

Kopf. „Was sind das für Ideale? In was für einer<br />

oberflächlichen Gesellschaft muss ich leben? Ist alles<br />

was geschieht nur noch auf Äußerlichkeiten fixiert.“<br />

Noui empfand Ikas Verhalten zutiefst materialistisch<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

und dekadent. Er schwor sich: „Niemals werde ich<br />

mich an dem Rummel um die künstlichen Frauen<br />

beteiligen.“<br />

Aber dann, in den langen Nächten in denen er<br />

nicht schlafen konnte, sah er in seinen fiebrigen<br />

Phantasien Ikas schöne Frau vor sich. Der Anblick<br />

ihres nackten, makellosen Körpers am Fenster, von<br />

der Abendsonne mit feurigen Strahlen umhüllt,<br />

hatte sich un<strong>aus</strong>löschlich in seiner Seele<br />

eingebrannt. Die heimlich geflüsterten Sagen von<br />

der Liebe waren nicht nur Hirngespinste. Noui hatte<br />

die Liebe mit eigenen Augen gesehen.<br />

Menschenfrauen waren sehr selten geworden, aber<br />

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Seite 66<br />

jetzt gab es für Noui die realistische Möglichkeit ein<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Wesen zu besitzen, das all das besaß, was tief in<br />

seinem Unterbewusstsein verborgen war.<br />

In den gesetzlich vorgeschrieben Ruhezyklen,<br />

in denen sich Noui nicht um seine Arbeit kümmern<br />

konnte, waren seine Zweifel wie weggewischt, er<br />

wollte es auch tun - sofort und ohne Ängste. Dann<br />

kam der Kampf mit seinen Bedenken, aber es war<br />

ein <strong>aus</strong>sichtsloser Kampf zwischen einer<br />

Entscheidung, die sein Herz schon längst getroffen<br />

hatte und seinen kleinlichen Ängsten, was er<br />

danach, wenn er so eine Frau besitzen würde, damit<br />

tun sollte. Wenn er über seine Sicherheit als<br />

privilegierter Bewohner der inneren Bezirke<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

nachdachte, kam ihm die Vergangenheit wie eine<br />

permanente Vergewaltigung seiner Bedürfnisse vor.<br />

„Was soll das alles? Moralische Überlegungen<br />

sind doch ein überholter Zwang.“ Wenn Noui sich<br />

solche, sein Gewissen beruhigende Worte<br />

zuflüsterte, zerbrachen seine Ängste wie eine<br />

bröckelnde Mauer.<br />

„Es war doch schon immer so. Den Mutigen<br />

gehört die Welt und Feiglinge bekommen den<br />

kümmerlichen Rest.“ Wie unter einem magischen<br />

Zwang betrachtete er immer wieder die farbigen<br />

Bilder makelloser Biofrauen auf seinem Bildschirm,<br />

die sich vor ihm in lasziven Posen räkelten und in<br />

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Seite 68<br />

sanften Lauten zu ihm sprachen. Noch nie zuvor war<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

es ihm möglich gewesen, solche Wesen zu<br />

betrachten. Doch offensichtlich hatten die<br />

Zensurbehörden neue Richtlinien bekommen, und<br />

gesperrte Bereiche für die Privilegierten geöffnet.<br />

Noui konnte sich nicht satt sehen. „Mein Leben<br />

dauert noch lang und ich will nicht mehr allein sein.“<br />

Noui wollte auch so eine Frau besitzen.<br />

Irgendwo hatte Noui gelesen, dass nur die<br />

Mutigen Entscheidungen treffen können. Damit<br />

schaffen sich die Mutigen ihre eigene Moral, und<br />

die Anderen, die Mutlosen müssen sich dieser<br />

Moral unterwerfen.<br />

Noui musste noch nie Entscheidungen treffen.<br />

Er musste auch nicht um die Erfüllung seiner<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Grundbedürfnisse kämpfen. Noui war in Sicherheit.<br />

Er zeichnete sich nicht durch übermäßige Intelligenz<br />

oder durch her<strong>aus</strong>ragende Fähigkeiten <strong>aus</strong>. Noui<br />

war <strong>aus</strong> einem ihm unbekannten Grund schon seit<br />

seiner Geburt privilegiert. Manchmal dachte er,<br />

dass es vielleicht mit seiner Herkunft zusammen<br />

hängen könnte. Marius, sein Vater hatte<br />

weitreichende Verbindungen besessen und früher<br />

wurde Noui häufig von Beauftragten der MCG3000<br />

oder den Mitarbeitern irgendeiner<br />

Regierungsbehörde besucht. Es waren harmlose,<br />

fast freundschaftlich <strong>aus</strong>sehende Besuche, deren<br />

Zweck Noui nicht deuten konnte. Manchmal wurde<br />

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Seite 70<br />

er gebeten, einen Geschicklichkeitstest<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

durchzuführen. In regelmäßigen Abständen waren<br />

auf seinem Bildschirm umfangreiche<br />

Fragenkataloge einer Behörde für Sozial- und<br />

Bevölkerungshygiene, die er beantworten sollte.<br />

Obwohl er die ungehörige Aufforderung als eine<br />

Zumutung empfand, beantwortete er die vielen<br />

Fragen oft wahrheitsgemäß, dann log er wieder und<br />

oft gab er auch vollkommen unsinnige Antworten.<br />

Niemand schien ihm das zu verübeln.<br />

Als er noch ein Kind war, hatte ihn Marius<br />

manchmal in ein großes Gebäude gebracht, wo<br />

ernst blickende Männer Kabel an ihn anschlossen.<br />

Noui fand das immer lustig, denn das tat nicht weh.<br />

Er durfte auch mit anderen Jungs in einem großen<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Raum voller riesiger Geräte spielen. Es waren<br />

schöne Erlebnisse, die aber aufhörten, als er älter<br />

geworden war. Was es bedeutet hatte, wusste Noui<br />

nicht. Später, als Heranwachsender, war er so gut<br />

es ging allen Konflikten <strong>aus</strong> dem Weg gegangen und<br />

darum stand er auch noch nie vor einer wirklichen<br />

Her<strong>aus</strong>forderung.<br />

Mit siebzehn Jahren hatte er Marius verlassen<br />

müssen. Das war normal. Damit wollte man<br />

vermeiden, dass Bindungen bestehen blieben, die<br />

schädlich für das Erinnerungsvermögen waren. Noui<br />

bekam einen Job in der Analyseabteilung des<br />

Ministeriums für internationale Kommunikation und<br />

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Seite 72<br />

ein kleines Appartement in einem für damalige<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Verhältnisse luxuriösen Living-Tower in der sicheren<br />

Berliner City 1. Er wusste, dass es nur Wenigen<br />

vergönnt war, ohne umständliche<br />

Bewerbungsprozedur ein hochmodernes<br />

Appartement zugeteilt zu bekommen, aber die<br />

Gründe für seine Bevorzugung hatten ihn nie<br />

interessiert.<br />

Die ersten fünf Jahre musste Noui noch zu<br />

seinem Arbeitsplatz in einem nur wenige hundert<br />

Meter von seinem Appartement entfernten<br />

Bürocenter gehen. Später konnte er die verlangten<br />

Analysen in seinem Appartement bearbeiten. Er saß<br />

vor seinen Bildschirmen und konnte ohne<br />

Leistungsdruck arbeiten, wann und wie er wollte.<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 73


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Niemand schien sich für die Qualität oder das<br />

Quantum seiner Arbeit zu interessieren. Aber das,<br />

was er in den ersten Jahren als ruhiges,<br />

ungebundenes Leben ohne Verpflichtungen<br />

empfunden hatte, verkam zu einer Reduzierung<br />

seiner gleichförmigen Bedürfnisse. Ikas neue Frau<br />

und seine Träume waren die Ursachen, dass er<br />

etwas verändern wollte.<br />

„Nur meine Mutlosigkeit ist an allem schuld.<br />

Mit meiner Mutlosigkeit werde ich niemals etwas<br />

beherrschen können, außer vielleicht mich selbst.“<br />

Aber wenn Noui die Bilder und kurzen<br />

Präsentationssequenzen der angebotenen<br />

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Seite 74<br />

Biofrauen auf seinen Bildschirmen betrachtete und<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Hand an sich legte, ahnte er, dass er dabei war, sich<br />

vor sich selbst zu rechtfertigen.<br />

„Ich werde alles sehr genau auf Legalität und<br />

Seriosität prüfen. Wenn es sich zeigen sollte, dass<br />

irgendetwas nicht korrekt abläuft, mach ich es<br />

nicht.“ Für Noui war es eine unerträgliche<br />

Vorstellung, dass er auf Scharlatane hereinfallen<br />

könnte. Der zu erwartende Spott, dem er vielleicht<br />

<strong>aus</strong>gesetzt wäre, ließ ihn immer wieder zweifeln.<br />

Es dauerte einige Tage und er hatte Ika noch<br />

einmal besucht. Noui dachte sogar daran, Ikas<br />

Angebot anzunehmen, aber als Ikas schöne Biofrau<br />

mit ihm allein im Raum war, verließ ihn der Mut.<br />

„Ich helfe dir, sonst wird das nichts.“ Ika<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 75


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

drängte Noui, sich doch endlich zu entscheiden. „Ich<br />

geh mit, wenn du dich nicht tr<strong>aus</strong>t.“<br />

Zuerst wollte Noui Ikas Hilfe nicht annehmen,<br />

aber die Entscheidung den ersten Schritt zu tun,<br />

war schwieriger als er dachte. Noui bekam keine<br />

Erlaubnis, eines der mächtigen schwarzen Gebäude<br />

zu betreten. In einer höflich formulierten Nachricht<br />

wurde Noui mitgeteilt, dass der Schutz vor<br />

möglichen Verunreinigungen Vorrang habe, und das<br />

Genmaterial geschützt werden müsse. Aber ohne<br />

große Formalitäten konnte Noui und Ika eines der<br />

neu entstandenen Biodesign-Center besichtigen.<br />

Als sie die Eingangshalle betraten, wurden sie<br />

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Seite 76<br />

von einer sehr attraktiven und freundlich<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

lächelnden jungen Frau empfangen. Noui und Ika<br />

konnten sich einer Gruppenführung durch eine<br />

hochmodern <strong>aus</strong>gerüstete Aufzuchthalle<br />

anschließen. In scheinbar endlosen Reihen standen<br />

glänzende Edelstahlwannen. Darin lagen, sorgsam<br />

eingebettet in feuchtglänzender Erde,<br />

hundertt<strong>aus</strong>ende von kleinen, tiefschwarz<br />

glänzenden Früchten.<br />

„Sie sehen so klein und verletzlich <strong>aus</strong>“,<br />

flüsterte Noui voller Ehrfurcht zu Ika, der in ein<br />

respektloses, meckerndes Lachen <strong>aus</strong>brach. Noui<br />

konnte sich nicht dagegen wehren. Er spürte eine<br />

seltsame Nähe zu den paarweise angeordneten<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 77


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Früchten, die halb eingebettet auf mattfeucht<br />

glänzendem Mutterboden lagen.<br />

Gewundene, metallisch glänzende Rohre<br />

wanden sich wie Schlangen auf die langen Reihen<br />

der heranreifenden Früchte zu. Aus den Rohren<br />

verzweigten feine Gespinste von hauchdünnen,<br />

vielfarbigen Kabeln, die mit winzigen Sonden in den<br />

Früchten endeten.<br />

„Was hat das alles bedeuten?“ Nouis leise<br />

Frage wurde <strong>aus</strong>führlich und sehr kompetent<br />

beantwortet. Die Erklärung klang selbst für einen<br />

Laien einleuchtend, und so, als ob sie schon<br />

unzählige Male so aufgesagt worden wäre.<br />

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Seite 78<br />

„Es gehören immer zwei Früchte zusammen.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Warum das so ist, wissen wir noch nicht. Entfernt<br />

man eine Frucht, stirbt die andere ab. Jede<br />

Zwillingsfrucht wird von uns rund um die Uhr<br />

beobachtet. Eine computergesteuerte<br />

Sondentechnik sorgt dafür, dass die Früchte im<br />

Reifungsprozess mit genau dosiertem Wasser und<br />

allen wichtigen Nährstoffen versorgt werden.<br />

Sobald die Messgeräte zum Beispiel einen Kalium-<br />

Mangel registrieren, versorgt die<br />

Computersteuerung die notleidende Pflanze<br />

umgehend mit einer Extra-Portion Kalium. Wir<br />

können damit zielgenau die Wünsche unserer<br />

Kunden steuern und zum Beispiel das Wachstum,<br />

aber auch bestimmte Merkmale, beeinflussen.“<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 79


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Noui hörte aufmerksam zu, während sich Ika<br />

mehr für die in den Gängen zwischen den<br />

Aufzuchtwannen geschäftig hin und hergehenden<br />

Technikerinnen zu interessieren schien.<br />

„Wir messen mit den Sonden auch elektrische<br />

Spannungen und die Konzentration von Nährstoffen.<br />

Eine weitere weltweit einzigartige Errungenschaft<br />

kommt dem Bedürfnis unserer Kunden nach<br />

ökologischer Aufzucht entgegen. Vor dem<br />

Hintergrund der weltweiten Wasserknappheit<br />

haben wir festgestellt, dass sich das Wachstum und<br />

die Qualität der Früchte durch die Bewässerung mit<br />

Brauch- und Abwasser erheblich verbessern. Wir<br />

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Seite 80<br />

nutzen damit alle wertvollen Ressourcen und<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

schaffen gleichzeitig qualitativ hochwertige<br />

Biofrauen, die nicht nur über einen hohen<br />

individuellen Customer-Individualwert verfügen,<br />

sondern auch der Allgemeinheit dauerhaft nutzen.<br />

Wir können Ihnen heute schon die vierte Generation<br />

von Biofrauen präsentieren, die durch unbehandelte<br />

Abwässer, die reich an Phosphaten und Nitraten<br />

sind, eine bessere Qualität und eine längere<br />

Lebensdauer erreichen. Wir nennen dieses weltweit<br />

patentierte Verfahren Human-Farming.“<br />

Noui war von der kompetenten Antwort<br />

beeindruckt, obwohl ihn die nüchterne Darstellung<br />

der Aufzucht etwas abstieß.<br />

In einer anderen Halle wurden ihm fertig<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 81


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

entwickelte Frauen gezeigt, die scheinbar schlafend,<br />

nackt in Glasbehältern lagen. Noui konnte die<br />

Biofrauen in den verschiedenen Wachstumsstadien<br />

betrachten und er war begeistert. Noui sah perfekte<br />

Frauen heranwachsen, eine schöner als die andere<br />

und doch jedes Zwillingspaar ein Unikat mit<br />

eigenständigen Persönlichkeiten.<br />

Ika lief aufgeregt hin und her, und Noui hörte,<br />

wie er mit einer der Verkaufsassistentinnen über<br />

Preise und Lieferungen sprach. Offensichtlich wollte<br />

Ika eine zweite Biofrau kaufen.<br />

Trotz der interessanten Führung und den<br />

<strong>aus</strong>führlichen Antworten auf seine vielen Fragen<br />

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Seite 82<br />

war Noui immer noch skeptisch. Zwar hatte man<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

ihm einen Datenträger <strong>aus</strong>gehändigt, auf dem<br />

umfangreiches Bildmaterial gespeichert war. Noui<br />

hatte von Ika gehört, dass es angeblich über<br />

vierhundert verschiedene Modelle geben soll, aber<br />

die Vorstellung, ein Kunstwesen zu besitzen, das<br />

hundertt<strong>aus</strong>end Anderen gleichen würde, schreckte<br />

ihn ab. Auch diese Bedenken konnten ihm<br />

genommen werden. Es gab zwar noch die<br />

Standardmodelle <strong>aus</strong> den ersten<br />

Entwicklungsreihen, aber je weiter die Experten mit<br />

der Entschlüsselung des Codes auf den sechs<br />

Steinkugeln kamen, umso mehr Varianten von<br />

Biofrauen schien es zu geben. Inzwischen konnte<br />

man sich Biofrauen nach persönlichen Vorlieben<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 83


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

und für jeden Verwendungszweck züchten lassen.<br />

Das kostete natürlich mehr, aber für Noui war es<br />

eine Selbstverständlichkeit, wie mit technischen<br />

Sonderwünschen für ein beliebiges Produkt. Ika<br />

hatte Noui zugeflüstert: „Wer daran Spaß hat,<br />

warum nicht.“<br />

Nur eines war nicht möglich. Es gab keine<br />

Biofrau, die einmalig war. Es gab immer einer<br />

zweite, die der ersten bis ins kleinste Detail glich<br />

und die auf einen anderen Erwerber wartete - und<br />

es war nicht möglich zwei zusammengehörende<br />

Biofrauen zu erwerben.<br />

Bevor Noui den Kauf- und Liefervertrag<br />

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Seite 84<br />

unterschreiben konnte, wurden seine Privilegierten-<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Legitimation und seine Befähigung überprüft. Die<br />

vielen Erklärungen, die er an einem Terminal<br />

abgeben musste, empfand Noui als lästige, aber<br />

notwendige Pflicht. Er hasste es, dass Ika dabei war<br />

und sich mit seinen Bemerkungen und Ratschlägen<br />

nicht abschütteln ließ.<br />

Noui musste versichern, dass er für den<br />

Unterhalt und die geeignete Unterbringung seiner<br />

neuen Frau aufkommen würde. Die<br />

Beitrittserklärung in einen anerkannten Schutzbund<br />

für biologische Nutzwesen unterschrieb er ohne zu<br />

zögern. Als er seine Biofrau <strong>aus</strong>suchen und gleich<br />

mitnehmen wollte, bekam Noui zur Antwort: „Ihre<br />

ganz persönliche Biofrau wird nach Ihren<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Vorstellungen gezüchtet. Sie erhalten Qualität und<br />

die Produktion dauert eine gewisse Zeit.“<br />

Als Noui an einem Bildschirm eine<br />

umfangreiche Wunschliste zu den Eigenschaften<br />

seiner Wunschfrau erstellen sollte, begann für ihn<br />

der schwierigste Teil. Zuerst wusste er nicht, wie er<br />

seine Wünsche artikulieren sollte. Aber dann dachte<br />

er, dass ihm Ika dabei helfen könnte, der ja schon<br />

einige Erfahrung besaß. Man hatte ihm den Rat<br />

gegeben, nicht zu lange zu überlegen, sondern die<br />

Fragen intuitiv und spontan zu beantworten. Nouis<br />

Wünsche waren sehr einfach und mit Ikas Hilfe fiel<br />

es ihm nicht schwer, die Fragen mit einfachen Klicks<br />

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Seite 86<br />

sehr schnell zu beantworten.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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In einem kleinen Raum betrachteten sie in<br />

Ruhe die verschiedensten Frauentypen. Zu jedem<br />

Modell gab es <strong>aus</strong>führliche Beschreibungen der<br />

Wesensart, der Eignung und der<br />

Nutzungsmöglichkeiten für den zukünftigen<br />

Besitzer. Noui sah sich die vielen Bilder und die<br />

Beschreibungen an, aber je mehr ihm Ika<br />

dazwischen redete, umso klarer wurde ihm, dass er<br />

bereits eine feste Vorstellung hatte, wie seine<br />

Traumfrau beschaffen sein sollte.<br />

Noui wollte eine dunkelhaarige Frau. Sie sollte<br />

ihn lieben und treu sein. Sie sollte intelligent sein<br />

und Noui träumte von nächtelangen Gesprächen<br />

über seinen Job und die Probleme, die ihn<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 87


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

beschäftigen. Sie sollte auch schön sein. Blaugraue<br />

Augen sollte sie haben, denn davon war er schon<br />

immer fasziniert. Und sie sollte eine gute Figur mit<br />

großen festen Brüsten und einem wohlgeformten<br />

Hinterteil haben.<br />

Einige Tage später nahm er an dem<br />

empfohlenen Wochenend-Seminar teil. Ika hatte<br />

keine Lust dabei zu sein. Er kannte alles und<br />

außerdem war es schwer, einen der raren Plätze zu<br />

bekommen. Aber für Noui war in letzter Minute ein<br />

Platz frei geworden. Noui erfuhr alles Wissenswerte<br />

über die Pflege, die Unterbringung und Nutzung.<br />

Für Noui war es neu, dass es nur Pflanzen mit<br />

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Seite 88<br />

weiblicher Natur gab, die wie perfekte Frauen<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

<strong>aus</strong>sahen. Es war noch nicht gelungen, Pflanzen mit<br />

männlichen Primärmerkmalen zu züchten, aber die<br />

Referentinnen des Seminars verstanden es,<br />

rhetorisch geschickt, auch die geheimsten<br />

Phantasien zu wecken. „Es ist nur eine Frage der<br />

Zeit bis auch ungewöhnliche Wünsche erfüllt<br />

werden können.“ Als die Referentin den Satz<br />

<strong>aus</strong>gesprochen hatte, gab es im Saal Gelächter und<br />

Getuschel.<br />

Nach den <strong>aus</strong>führlichen Erklärungen der<br />

Vorteile, erschien die Pflege der Biofrauen einfach.<br />

„Biofrauen sind weitgehend anspruchslos“ war<br />

der Satz, der Noui überzeugte. Sie kannten keine<br />

geregelten Essenszeiten. Die Nahrung bestand <strong>aus</strong><br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

einer Art Tablette mit einer faserigen Konsistenz die<br />

man in Wasser auflösen musste und die sie tranken.<br />

Sie benötigten viel Wasser, aber das wurde nur am<br />

Rande, eher beiläufig erwähnt. Ansonsten konnten<br />

sie wochenlang ohne Nahrung <strong>aus</strong>kommen.<br />

„Biofrauen sind sehr reinlich. Sie baden gern,<br />

oft mehrere Male am Tag.“<br />

Den Hinweis empfand Noui als eine<br />

Beruhigung. Reinlichkeit war für ihn eine positive<br />

Eigenschaft. Mehr musste nicht beachtet werden.<br />

„Biofrauen sind äußerst robust. Bis heute sind<br />

keine Anfälligkeiten für Krankheiten bekannt.<br />

Verletzungen verheilen sehr schnell und man kann<br />

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Seite 90<br />

sie für jeden gewünschten Zweck einsetzen.“<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Das aufkommende Gelächter im Saal empfand<br />

Noui als peinliche Reaktion auf eine geschmacklose<br />

Bemerkung. Aber die Referentin sprach mit einem<br />

Lächeln und einem Augenzwinkern ungerührt<br />

weiter: „Biofrauen lernen schnell und es entstehen<br />

keine Probleme mit den Lebensumständen und den<br />

individuellen Gewohnheiten der Besitzer. Es gibt<br />

praktisch keine Risiken und Nachwuchs kann man<br />

mit ihnen auch nicht zeugen.“<br />

Noui war überzeugt, dass er mit seinem Kauf<br />

die richtige Entscheidung getroffen hatte. Es gab<br />

sogar ein Umt<strong>aus</strong>ch- und Rückgaberecht, falls<br />

irgendeine Eigenschaft nicht zufrieden stellend sei.<br />

Auf seine Bemerkung: „Die zurückgegebenen<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Biofrauen bekommen doch sicher einen neuen<br />

Besitzer?“ wurde nicht reagiert. Als Noui mutig<br />

aufstand und eine Antwort verlangte, wurde ein<br />

Berater gerufen, der etwas von „Recycling“<br />

murmelte und mit einem verschmitzten Lächeln auf<br />

eine große Glasvitrine deutete, in dem dekorative<br />

Metallbehälter standen. Sie enthielten die<br />

Tabletten, die den Biofrauen als Nahrung dienten.<br />

Es gab keine weiteren Fragen.<br />

Nouis ärztliche Untersuchung dauerte sehr<br />

lang. Zum Schluss des Kauf- und<br />

Übertragungsvorgangs musste er seine rechte Hand<br />

auf einen Scanner legen. Bei dem Hinweis: „Jede<br />

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Seite 92<br />

Biofrau bekommt die langlebigen Gene ihres<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Erstbesitzers. Sie entsteht sozusagen <strong>aus</strong> Ihren<br />

Genen und fühlt sich darum ihrem Erstbesitzer<br />

zugehörig“, spürte er wie sich zwei kleine Nadeln in<br />

seine Fingerkuppen bohrten und ihm etwas Blut<br />

entnommen wurde.<br />

Mit einem Lächeln sagte ihm die Ärztin: „Es ist<br />

wie bei Adam und Eva. Eva entstand auch <strong>aus</strong> der<br />

Rippe des Mannes und war ihm dann Untertan.<br />

Heutzutage ist es nicht anders. Eine Vor<strong>aus</strong>setzung<br />

für die Zufriedenheit der Erwerber ist die Qualität<br />

des Genmaterials.“<br />

Noui musste über die schlagfertige Antwort<br />

lachen und antwortete nicht darauf. Er sah, wie<br />

hinter einer Glaswand mehrere Ärztinnen aufgeregt<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

miteinander tuschelten. Aber er dachte sich nichts<br />

weiter dabei.<br />

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Seite 94<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

• A l e a<br />

„Angeblich soll Besitz glücklich machen. Es gibt auch eine Theorie,<br />

nach der zunehmender Gebrauch eines Gegenstandes eine direkte<br />

Beziehung zu abnehmendem Glück hat. Eine zerstörerische Kraft ist<br />

das Wissen um die eigene Minderwertigkeit, im Vergleich mit<br />

Abgöttern. Mit dem Besitz eines seltenen und wertvollen Gutes wird<br />

das Glücksgefühl verstärkt und die Minderwertigkeit unterdrückt - für<br />

kurze Zeit. Mit Mut, einem starken Willen und einer vollbrachten Tat<br />

kann man den Zustand der Minderwertigkeit ändern - manchmal.“<br />

Noui<br />

___________________<br />

Freitag, 13. November 2082<br />

um die Mittagszeit<br />

Die Gedanken an seine Traumfrau die sich<br />

noch in der Produktion befand ließen Noui nicht<br />

mehr los. Die ihm endlos erscheinende Lieferzeit<br />

von dreizehn Monaten war quälend langsam<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

vergangen. Manchmal konnte er es verdrängen,<br />

aber in seinen Gedanken war er bei seiner<br />

Bestellung und den möglichen Konsequenzen die<br />

sich dar<strong>aus</strong> für sein Leben ergeben würden.<br />

Noui war von der Perfektion und der<br />

pünktlichen Lieferung beeindruckt. Am 13.<br />

November 2082, nach der alten Zeitrechnung war<br />

es ein Freitag, um 12:24 Uhr hielt endlich ein<br />

dunkelblaues, unauffälliges Lieferfahrzeug im<br />

dritten Untergeschoß der Tiefgarage. Noui hatte<br />

diesen Zeitpunkt herbeigesehnt, aber auch Angst<br />

davor. Zuerst dachte Noui, dass seine<br />

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Seite 96<br />

Wohnungsnachbarn darüber reden würden. Aber er<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

wusste, dass seit neuestem, auffallend viele schöne<br />

Frauen in seinem Living-Tower lebten und er ahnte<br />

schon länger, dass er mit seinem Kauf nicht mehr<br />

allein war. Noui war kein Außenseiter mehr, er<br />

gehörte jetzt dazu.<br />

Es ist schon seit Menschengedenken so. Der<br />

erste Eindruck entscheidet über die Kräfte der<br />

Liebe. Bei Noui war es nicht anders. Die Lieferbox<br />

war makellos weiß und besaß die Form eines<br />

eineinhalb Meter hohen Würfels. An der linken<br />

Seite klebte ein kleines grünes Siegel mit der<br />

Aufschrift „geprüfte Markenqualität“, das Noui ein<br />

intuitives Gefühl der Sicherheit für einen guten Kauf<br />

vermitteln sollte. Als die Plomben an den<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Verriegelungen geöffnet und die gepolsterten<br />

Seitenwände und die Abdeckung der Box entfernt<br />

waren, fiel ihm zuerst auf, dass der Stahl ihres eng<br />

anliegenden Halsbandes matt in der Mittagssonne<br />

schimmerte. Sie streckte sich und Noui sah, wie sich<br />

die Muskeln unter ihrer Haut bewegten. Vor Noui<br />

lag nackt und halb aufgerichtet, in einer obszön<br />

unschuldigen Pose, eine wunderschöne Frau. Noui<br />

besaß wenige Vergleichsmöglichkeiten, aber sie<br />

kam ihm vor, als ob sie gerade achtzehn Jahre alt<br />

geworden wäre.<br />

Innerlich aufgewühlt und nervös gab er sich<br />

alle Mühe, ruhig und souverän zu wirken. Sie sah<br />

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Seite 98<br />

ihn mit einem lockenden und gleichzeitig fragenden<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Blick an. So als ob sie ihm sagen wollte: „Du bist<br />

mein Herr, wie kann ich dir gehorchen?“<br />

Für die zwei Mitarbeiter der Lieferfirma war es<br />

alltägliche Routine. Sie standen mit einem<br />

gleichgültig erscheinenden Gesichts<strong>aus</strong>druck über<br />

ihr und überreichten Noui eine blaue<br />

Kunststoffmappe mit den Besitz- und<br />

Garantieurkunden. Zögernd, so als ob er sein Glück<br />

nicht fassen könnte, betrachtete Noui die Folie, in<br />

der die Bilder der amtlichen Dokumente<br />

eingeschweißt waren. Er konnte nur mühsam seine<br />

Gefühle verbergen, als er die weiche, blaue<br />

Plastikschlaufe, an der ein dünnes Stahlseil befestigt<br />

war, in die Hände nahm. Noch nie zuvor war er in so<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

einer Situation. Plötzlich spürte er eine ihm<br />

unbekannte Macht und gleichzeitig fühlte er sich<br />

hilflos. Es war, als ob die Energie von ihr, dem hilflos<br />

vor ihm liegenden Wesen, zu ihm fließen würde.<br />

Noui schoss der Gedanke durch den Kopf: „Du bist<br />

doch stark. Du bist die Krone der Schöpfung, aber ob<br />

ich das auch bleibe, zeigt sich jetzt.“<br />

Einige Minuten später traf auch der<br />

Fachberater des Biodesign-Centers ein. Nach einer<br />

kurzen Beschreibung der Produktvorzüge und den<br />

zu beachtenden Pflegeregeln sicherte ihm der<br />

Berater zu, dass sie fabrikneu wäre, und sie noch<br />

kein Mann berührt habe. Noui hatte noch viele<br />

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Seite 100<br />

Fragen, aber der Berater verabschiedete sich mit<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

den Worten: „Sie müssen sich über die Behandlung<br />

nicht allzu viele Gedanken machen. Alle erweisen<br />

ihren Besitzern den schuldigen Respekt. Wir hatten<br />

noch nie Reklamationen.“<br />

Auf eine weitere Vorführung und Einweisung<br />

in die Erziehungsmethoden verzichtete Noui.<br />

Seinen Besitz und sein Glück wollte er mit niemand<br />

teilen. Noui hatte sie bezahlt. Sie war jetzt sein<br />

Eigentum. Er nahm sich vor, sie immer gut zu<br />

behandeln und lächelnd sagte er: „Du bist jetzt mein<br />

Besitz bis ans Ende meiner Tage.“<br />

Ihr Gesicht war perfekt und doch auf eine<br />

wunderschöne Art unvollkommen. Die<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

schulterlangen, tiefschwarzen Haare fielen ihr wie<br />

sinnlich schimmernder Samt weich über die weißen<br />

Schultern. Wie gebannt sah Noui in ihre blaugrauen<br />

Augen mit den etwas geweiteten, tiefschwarzen<br />

Pupillen, die für ihn ein geheimnisvolles Feuer<br />

<strong>aus</strong>strahlten. Noui versprachen diese Augen<br />

Unnahbarkeit und bedingungslose Hingabe.<br />

Eigentlich war sie noch schöner, als er es sich in<br />

seinen Träumen vorgestellt hatte. Er war<br />

unsterblich in die nach seinen Wünschen<br />

gezüchtete Frau verliebt.<br />

Noui war es schwer gefallen, sein Geheimnis<br />

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Seite 102<br />

für sich zu behalten. Biofrauen waren zwar bekannt,<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

aber durch die seit Jahren eingeschränkten<br />

Kommunikationsmöglichkeiten und die rigiden<br />

Beschränkungen des zensierten Internets hatten<br />

noch nicht allzu viele Männer von den einfachen<br />

Anschaffungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht.<br />

Selbst bei den Privilegierten mit einfacheren<br />

Zugangsmöglichkeiten, rankten sich immer noch<br />

viele Gerüchte um die Erwerber, weil die Wenigen<br />

die eine Biofrau besaßen, ihre neue Sexualität zu<br />

offensichtlich <strong>aus</strong>lebten und darum als verschroben<br />

galten. Auch moralisch fühlte sich Noui noch<br />

unwohl. Die religiösen Gebote waren noch nicht<br />

geändert und es gab noch keine allgemein gültigen<br />

Stellungnahmen der Glaubenskongregationen.<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 103


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Noui nahm an, dass er etwas sehr Seltenes<br />

gekauft hätte. Vielleicht wollte er mit seinem Kauf<br />

auch demonstrieren, dass er jetzt unzweifelhaft und<br />

offensichtlich zu den Privilegierten des inneren<br />

Kreises gehörte und es zu etwas gebracht hätte. In<br />

seiner Vorfreude hatte er an ein kleines<br />

Begrüßungsfest mit seinen wenigen Freunden<br />

gedacht. Er wollte die Blicke spüren und die<br />

Gedanken lesen, die mit nichts anderem als mit<br />

Neid und Vergleichen beschäftigt wären. Noui<br />

dachte auch daran, Ika einzuladen, aber den<br />

Gedanken verwarf er gleich wieder. Der Wert seiner<br />

Frau wäre durch Ikas zweite Biofrau und sein<br />

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Seite 104<br />

lautstarkes und unberechenbares Auftreten<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

geschmälert worden.<br />

Fasziniert sah Noui in ihre sinnlich glitzernden<br />

Augen. Als sie sich aufrichtete, stellte sie ihre Beine<br />

langsam, fast auffordernd <strong>aus</strong>einander. In diesem<br />

Moment fiel Noui spontan der Name Alea ein und<br />

so nannte er sie. Ihre Augen versenkten sich in<br />

seine und es war ein leichtes, fast spitzbübisches<br />

Lächeln in ihrem schönen Gesicht zu sehen. Als sie<br />

mit einem leise gurrenden Laut antwortete, spürte<br />

Noui, dass ihr der Name Alea gefiel. Jetzt, in diesem<br />

Moment ahnte Noui, dass Besitz und<br />

Abhängigkeiten zusammen gehören. Er wollte sein<br />

kostbares Juwel für sich allein. Niemand sollte es<br />

betrachten oder berühren.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

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Seite 106<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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• W i r<br />

„Am Anfang aller Zeiten stand nicht das Wort. Es war nicht dunkel<br />

und die Welt war auch nicht öd und leer. Alles was geschrieben steht<br />

ist falsch. Ganz am Anfang gab es nur die Phantasie. Dar<strong>aus</strong> ist die<br />

Welt entstanden. Das Leben besteht <strong>aus</strong> Phantasie und das Ende ist<br />

ohne Phantasie nicht denkbar.<br />

Aber die Phantasie ist schwach. Allein kann sie kann nichts<br />

erschaffen und nichts erobern. Ihr fällt nichts ein – sie ist dumm. Sie<br />

braucht einen Antrieb.<br />

Sex ist der Antrieb der Phantasie.<br />

Sex bewegt die Welt. Sex verwandelt Phantasien in Produkte, versieht<br />

sie mit Preisschildern und verkauft sie an phantasielose<br />

Menschen. Produkte sind Treibstoff für die Phantasie.<br />

Sex und Phantasie gehören zusammen –<br />

sie sind der Anfang, das Leben und das Ende der Welt.“<br />

Noui<br />

____________________<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 107


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Groß-Berlin<br />

November 2082 bis Dezember 2083<br />

Du möchtest die ganze Wahrheit erfahren? Du<br />

möchtest von mir hören, wie das Leben mit ihr war?<br />

Für mich war es wie ein realer Traum von einem<br />

Paradies. Ich kenne das Paradies nicht. Man hat mir<br />

viel darüber erzählt. Obwohl es klare Richtlinien<br />

über den Weg dahin gab, waren sich sogar die<br />

Glaubensbeauftragen über den Ort und das Leben<br />

im Paradies nicht einig. Früher war mir mein Leben<br />

als Vorbereitungszeit für das Paradies wichtig. Ich<br />

hatte alles darauf <strong>aus</strong>gerichtet. Doch mit Alea war<br />

alles anders. Das erstrebenswerte Paradies lag nicht<br />

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Seite 108<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

in ferner Zukunft. Das Paradies war zu mir<br />

gekommen.<br />

Damals waren das verbotene Gedanken, die<br />

man besser nicht <strong>aus</strong>sprach, aber anders kann ich<br />

es nicht beschreiben. Vielleicht war es auch nur<br />

eine besondere Form der Erwartung, weil ich sie mit<br />

meinem Blut zum Leben erweckt hatte. Aber schon<br />

in den ersten Sekunden war zwischen mir und<br />

meiner Alea eine intime Vertrautheit, ganz so, als<br />

ob sie ein Teil meines Körpers und <strong>aus</strong> mir und<br />

meinem Leib erschaffen worden wäre.<br />

Ich erinnere mich noch gut an das Leben in<br />

den ersten Wochen mit ihr. Als Verpackung hatte<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

man ein keimfreies, bodenlanges Kleidungsstück<br />

<strong>aus</strong> einem weißen Plastikmaterial mitgeliefert, aber<br />

sie zog es nicht an und ließ es unbenutzt auf dem<br />

Boden liegen. Nacktheit war für sie ein natürlicher<br />

Zustand. Menschliche Begriffe wie Scham kannte sie<br />

nicht. Jetzt, mit zeitlichem Abstand klingt es dumm<br />

und unbeholfen. Aber meine Freude über den Kauf<br />

wurde durch meine Angst und meine Hilflosigkeit<br />

nicht geschmälert.<br />

Ich war auch etwas irritiert, wagte aber nicht<br />

mich zu beschweren. Vielleicht war ich bei der<br />

Bestellung nicht sorgfältig genug auf die Details<br />

eingegangen, obwohl ich mir sicher war, dass ich an<br />

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Seite 110<br />

alles gedacht hatte.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Schon Monate vor der Lieferung wurde ich mit<br />

Werbeinformationen über die Ausstattung, Pflege<br />

und Unterbringung von Biofrauen überhäuft. Eines<br />

Tages stand für mich vollkommen überraschend<br />

sogar eine Verkaufshostess des Biodesign-Centers<br />

vor meiner Tür und in einem Anfall von<br />

Großzügigkeit und Vorfreude habe ich ohne zu<br />

überlegen eine Erst<strong>aus</strong>stattung mit hochhackigen<br />

Schuhen und einigen kurzen Oberteilen bestellt. Ich<br />

habe die Schuhe meiner Alea hingestellt und es sah<br />

<strong>aus</strong>, als ob die Schuhe nur für sie gemacht wären.<br />

Im ersten Moment hat es mich etwas irritiert.<br />

Mit Schuhen war sie etwa fünfzehn Zentimeter<br />

größer als ich, was durch die hochhackigen, roten<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Schuhe noch verstärkt wurde. Ich hätte es nicht<br />

gedacht, aber ich habe mich schnell daran gewöhnt.<br />

Es war ein ganz besonderes Gefühl, eine schöne<br />

selbstbewusste Frau an meiner Seite zu haben, auch<br />

wenn ich zu ihr aufsehen musste.<br />

Wie lang ich sie nur betrachtet habe, weiß ich<br />

nicht mehr. Für mich war es ein unbekannter,<br />

ästhetischer Genuss ihr zuzusehen, wie sie mit<br />

ihrem stolzen Gang und kleinen Schritten einen Fuß<br />

vor den anderen setzte. Mir gefiel ihr gerader<br />

Rücken, der durch die hohen Schuhe noch edler<br />

wirkte. Ich konnte mich nicht satt sehen. Alles hat<br />

mich fasziniert, ihre festen Brüste, ihre hohen<br />

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Seite 112<br />

Pobacken und das Spiel der Muskeln unter ihrer<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

straffen Haut. Es war eine unbeschreiblich,<br />

erotischer Anblick, wenn sie sich voller Genuss auf<br />

dem Boden räkelte und vor mir kniete.<br />

Meine vorsichtigen Berührungen<br />

beantwortete sie mit leisen, zärtlichen Lauten, die<br />

meinen Körper und meine Seele durchdrangen.<br />

Noch wagte ich nicht, sie richtig anzufassen, aber<br />

meinen behutsamen Berührungen wich sie nicht<br />

<strong>aus</strong>. Alea war ohne Scheu und sie kam mir ohne<br />

Angst und Vorsicht - Reflexe die Fluchttieren zu<br />

Eigen sind, entgegen. Wenn ich sie betrachtete,<br />

hatte ich sogar das Gefühl, dass sie sich vom ersten<br />

Moment des Beisammenseins nach meinem Körper<br />

und meiner Seele sehnte. Obwohl sie mein<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Eigentum war und ich mit ihr machen konnte, was<br />

ich wollte, war sie für mich immer noch eine<br />

unerreichbare Frau mit einem makellosen Körper.<br />

Jedes Piktogramm der dreiseitigen<br />

Bedienungsanleitung und die bebilderten<br />

Abrichtungsempfehlungen hatte ich mir eingeprägt.<br />

Ich habe auch versucht, mir die Einzelheiten des<br />

Wochenendseminar wieder in Erinnerung zu rufen.<br />

Eine Empfehlung war mir besonders in Erinnerung<br />

geblieben. Die Erwerber sollten ihre Biofrauen in<br />

den ersten Monaten der Eingewöhnungszeit zur<br />

Sicherheit angeleint lassen und einen Schlafplatz<br />

auf dem Boden auf einer Decke zuweisen. Die neue<br />

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Seite 114<br />

Biofrau würde sich schnell an ihren zustehenden<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Platz gewöhnen. Man hatte mich auch darauf<br />

hingewiesen, sie mit Strenge und falls erforderlich<br />

mit dem mitgelieferten Stock <strong>aus</strong> blauem Kunststoff<br />

zu erziehen. Nur dann würde sie für mich eine<br />

Quelle der Zufriedenheit und Freude - das war der<br />

eindringliche Rat. Aber insgeheim hoffte ich vom<br />

ersten Moment, dass sie freiwillig in meinem Bett<br />

schlafen würde und den mitgelieferten, Plastikstock<br />

wollte ich auf keinen Fall <strong>aus</strong>probieren. Das hatte<br />

ich mir geschworen.<br />

Ich musste es nicht beantragen, die<br />

Genehmigung erschien ohne mein Zutun auf<br />

meinem Bildschirm. Wegen meinem Kauf durfte ich<br />

vier Arbeitszyklen <strong>aus</strong>fallen lassen, und ich genoss<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

das die Zeit ohne den ständigen Blick auf meine<br />

Bildschirme. Schon am ersten Abend legte sie sich<br />

mit leisen, fast zärtlichen Lauten zu mir. Ihr fester,<br />

gelenkiger Körper schmiegte sich an mich und ich<br />

wagte nicht, mich zu bewegen. Aleas Haut war glatt,<br />

aber ich spürte auf meinen Fingerspitzen kleine<br />

weiche Härchen auf ihrer Haut, die sich bei meinen<br />

Berührungen wie elektrisiert aufstellten. Am<br />

intensivsten empfand ich die Wärme ihres Körpers,<br />

als sie sich ihren den samtweichen Haaren an<br />

meinem Oberschenkel rieb. Hellwach hielt ich sie<br />

eng umschlungen in meinen Armen. Aleas kaum<br />

wahrnehmbarer Geruch – ich nahm an, dass es eine<br />

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Seite 116<br />

feine Mischung von sinnlichem Moschus, Vanille,<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

frischen Rosenblättern und duftenden Wiesen<br />

wäre, benebelte meine Sinne. Es war ein mir bis<br />

dahin unbekannter, erotischer R<strong>aus</strong>ch, der die<br />

Schranken meiner Persönlichkeit zerriss. In diesem<br />

Moment war ich mir hundertprozentig sicher: Sie<br />

wollte mich, nur mich und sonst nichts anderes, und<br />

das war unser Paradies.<br />

Sex hatten wir erst am frühen Morgen des<br />

nächsten Tages, als die Sonne glutrot aufging. Alea<br />

war für mich die virtuose Liebesgöttin und eine<br />

Hohepriesterin der Lust. Eine wundervolle<br />

Mischung zwischen unschuldigem Mädchen,<br />

herrschender Göttin und läufiger Schlampe. Das<br />

Zittern, das in kleinen Schauern ihren Körper<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

durchlief, empfand ich als unbeschreiblich sinnlich.<br />

Sie konnte sich vollkommen hingeben und ich<br />

dachte einen Moment an die weit offenen<br />

Schlafzimmerfenster. Vielleicht war es auch die<br />

Angst, dass die Nachbarn sie in der Morgenstille<br />

durch die dünnen Wände hören könnten. Denn<br />

offiziell war der Kontakt mit Frauen immer noch<br />

verboten. Aber eigentlich war es mir egal. Alle<br />

sollten uns hören und mich bewundern.<br />

Ich konnte nicht genug von ihr bekommen und<br />

sie nicht von mir. Es war mir egal, ob sie in die<br />

letzten Winkel meiner Gedanken eindringen<br />

konnte. Sie erriet Dinge, die tief versteckt in meiner<br />

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Seite 118<br />

Phantasie ruhten und die ich zuvor noch nie erlebt<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

und niemand erzählt hatte. Sie wollte mehr und sie<br />

trieb mich zu immer neuen Hemmungslosigkeiten.<br />

Tage und Nächte verbrachten wir im Bett und wir<br />

liebten uns in unzähligen Variationen und es war<br />

immer ein unbeschreibliches Erlebnis.<br />

Die ersten Tage verbrachten wir nur in meiner<br />

kleiner Wohneinheit. Wir liebten uns, alberten<br />

herum und ich freute mich über jeden Fortschritt,<br />

den Alea machte. Sie besaß die Fähigkeit in einer<br />

unglaublichen Geschwindigkeit und Intensität zu<br />

lernen. Bald verstand sie es, in einer faszinierend<br />

optimistischen Art zu sprechen und ihr Lachen hatte<br />

einen weichen, herzlichen Klang. Wir führten fast<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

endlose Gespräche, und ich wurde nicht müde,<br />

mich mit ihr zu beschäftigen.<br />

Am Anfang war es mehr ein unbeschwertes,<br />

fast kindliches Geplänkel mit einfachen Worten. Ich<br />

brachte ihr bei, wie man Worte <strong>aus</strong>sprach, worin<br />

der Sinn in den Betonungen und rhetorischen<br />

Wendungen lag und sie sprach mir alles nach. Jedes<br />

Wort, jeden meiner Sätze sog sie auf, als wären es<br />

Offenbarungen ihres göttlichen Herrschers.<br />

Manchmal versuchte ich sie mit falschen Details zu<br />

foppen. Aber Alea verstand sehr schnell den<br />

Unterschied zwischen dem, was gesagt, und dem<br />

was gemeint war.<br />

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Seite 120<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Ich brachte ihr Begriffe und abstraktes Denken<br />

bei. Auf einem Blatt Papier, das ich trotz der<br />

Abgabeappelle noch besaß, zeichnete ich einen<br />

Kreis. Alea sah die Zeichnung an und sagte: „Rad“,<br />

obwohl sie noch nie zuvor ein Rad gesehen hatte.<br />

Als ich sie erstaunt fragte, ob sie denn wüsste,<br />

welchen Sinn und Zweck das Rad hätte, bekam ich<br />

ein leises „Ja“ zu Antwort.<br />

Ich lachte und dachte, dass es nicht sein<br />

könnte, dass meine Alea, ein ungebildetes Wesen,<br />

das in der Entwicklungskette weit unter dem<br />

Menschen stand, so eine komplexe Frage<br />

vollständig beantworten könnte. Mit einem<br />

überheblichen Lächeln fragte ich nach: „Sag mir<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

doch mal, wie du darauf kommst, dass die<br />

Zeichnung ein Rad ist und wozu der Mensch das Rad<br />

erfunden hat.“<br />

Ich wollte Alea necken, um ihr dann mein<br />

Wissen zu zeigen. Alea, die ich erst wenige Tage<br />

besaß und die nur eine Züchtung war, begann<br />

zuerst zögernd, dann zusammenhängend mit leiser,<br />

sinnlicher Stimme zu sprechen: „Der Kreis ist die<br />

eindimensionale Vollkommenheit. Der Kreis ist das<br />

Transportmittel, um den Weg in die Zukunft zu<br />

finden. Also muss es ein Rad sein. Aber um die<br />

Zukunft, die Gegenwart und die Vergangenheit zu<br />

einen, bedarf es mehr. Es bedarf einer perfekt<br />

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Seite 122<br />

geformten Kugel ...“<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Ich war verblüfft. Die Antwort auf meine Frage<br />

überstieg mein Begriffsvermögen und ich schwieg.<br />

Ich musste über das Gehörte nachdenken. In dieser<br />

Zeit habe ich wieder viel gelesen. Zwar gab es nicht<br />

mehr viele frei erhältliche Schriftstücke, aber<br />

Marius hatte eine große Büchersammlung besessen<br />

und ich hatte, obwohl es streng verboten war,<br />

einige der alten Bücher in die neue Zeit gerettet.<br />

Einige Tage später, nahm ich ein dickes Buch mit<br />

technischen Zeichnungen und wissenschaftlichen<br />

Beschreibungen über Ölfördermöglichkeiten in der<br />

Nordsee <strong>aus</strong> meinem Versteck und gab es ihr.<br />

Niemand wusste, dass ich noch Bücher besaß, aber<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

ich vertraute Alea. Ich war neugierig, was sie damit<br />

machen würde.<br />

Es war wie ein Wunder. Als ob sie Bücher<br />

kennen würde, begriff meine Alea in wenigen<br />

Stunden, welche Macht Buchstaben und Zahlen<br />

bedeuteten. Sie gebraucht zum Zählen auch nicht<br />

Ihre Hände und ihre Finger, so wie es<br />

vorgeschrieben war. Alea verstand es, ohne<br />

Hilfsmittel mit Zahlen umzugehen. Schon am Ende<br />

der ersten Zehn-Tage-Woche konnte sie in einer<br />

atemberaubenden Geschwindigkeit lesen und sie<br />

begann nach wenigen Tagen über komplexe<br />

Zusammenhänge zu sprechen. Die wenigen Bücher<br />

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Seite 124<br />

die ich noch besaß, blätterte sie durch, und ich sah,<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

dass es für sie kein Spiel war. Jede Seite und jedes<br />

Wort brannte sich in Sekunden in ihrem Gedächtnis<br />

fest.<br />

Als sie das erste Mal einen endlos langen, und<br />

schon längst von der Geschichte überholten <strong>Text</strong><br />

über die Entwicklung der internationalen<br />

Geldströme im Jahr 2006 las, diskutierte sie <strong>aus</strong><br />

eigenem Antrieb mit mir darüber. Es gefiel mir, wie<br />

unkompliziert sie die Dinge sah, und ich muss<br />

zugeben, ich verstand nur wenig von diesem<br />

Thema.<br />

Alea interessierte sich für alles und bald<br />

brachte sie mich mit harmlosen Fragen dazu, über<br />

mich und mein Leben zu sprechen. Ich fühlte mich<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

geschmeichelt und erzählte ihr Dinge, die eine<br />

normale Frau vermutlich niemals interessiert und<br />

ich nehme an, noch weniger verstanden hätte. Alea<br />

war hochintelligent und schon nach den ersten<br />

Stunden spürte ich, dass ich ohne meine schöne<br />

Alea nicht mehr leben wollte.<br />

Erst viel später habe ich die Zusammenhänge<br />

verstanden. Alea handelte nach den evolutionären<br />

Regeln der Natur. Neues Leben passt sich nun mal<br />

schnell neuen Situationen an, oder es geht als<br />

Missgriff der Natur unter. Zwischen mir und Alea<br />

war es wie ein Wettrüsten zwischen<br />

konkurrierenden Lebensformen. Zuerst war ich<br />

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Seite 126<br />

hilfreich und nützlich. Durch meine Existenz habe<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

ich ihr Leben gesichert. Erst sehr viel später habe<br />

ich erkannt, dass mit zunehmendem Wissen die<br />

Vorteile, die sie in mir gesehen hat, zunehmend<br />

weniger wurden. Sie hat sich mir angepasst, weil es<br />

die beste aller Möglichkeiten war. Ihr Organismus<br />

war schon Millionen Jahre vorhanden und <strong>aus</strong> den<br />

Sedimenten der Urzeit haben wir sie wieder zum<br />

Leben erweckt. Ich war nur ein unbedeutender Teil<br />

der Wirtspopulation. Menschen sind zu schwach.<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 127


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

• S t ä r k e<br />

„Ist euer Verstand an euren Gefühlen zerbrochen?<br />

Sind eure Empfindungen nur noch unleserliche Zeichen auf<br />

einem Plan, den ihr vor langer Zeit mit „Liebe“ bezeichnet<br />

habt? Sind die Einzelteile eures Lebens nur noch Schrott, den ihr<br />

rational nicht verarbeiten könnt?<br />

Dann sucht eure Identität und ihr findet ein Muster für einen<br />

neuen Plan.“<br />

Noui<br />

____________________<br />

Mai 2089<br />

Es war im heißen Mai des Jahres 2085. Die<br />

Feierlichkeiten für den mit überwältigender<br />

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Seite 128<br />

Mehrheit gewählten Berliner Senat zogen sich den<br />

ganzen Monat hin. Aber die eigentliche Sensation<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

war, dass der Senat der Stadt und die Regierung des<br />

neu geschaffenen Bundeslandes nur noch <strong>aus</strong><br />

attraktiven Frauen bestanden. Es gab auch Männer,<br />

aber die besetzten die untergeordneten Ressorts<br />

und halfen ihren Frauen, wo sie nur konnten. Vor<br />

diesem großartigen Ereignis war Nouis Interesse für<br />

Politik nur gering gewesen. Wenn er etwas nicht<br />

verändern konnte, dann umging er es. Die<br />

Korruption und das ständige Spiel der<br />

verschiedensten Interessen von Politik und<br />

Wirtschaft stießen ihn ab. Noui fühlte sich<br />

ohnmächtig und in seinem Vorurteil zur Politik<br />

bestätigt. In seinem Zynismus ging ihm durch den<br />

Kopf: „Die Bürokratien sind so vernetzt, dass es nur<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 129


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

noch riesige Mechanismen zur Kontrolle und<br />

Verschleierung von Informationen sind.“<br />

Das Jahr 2085 stand unter dem Motto<br />

„Aufbruch in die neue Freiheit“, und die inneren<br />

Bezirke waren ein einziges, riesiges Festival mit<br />

immer neuen und noch spektakuläreren<br />

Attraktionen. Aus aller Welt waren über 10<br />

Millionen Besucher angereist, um mitzufeiern. Es<br />

gab kilometerlange Paraden, in denen über<br />

hundertt<strong>aus</strong>end schöne nackte Frauen Tag und<br />

Nacht zu ohrenbetäubender Musik tanzten.<br />

Plötzlich gab es wieder Theater und Musicals, die<br />

sich mit extravaganten Events übertrafen. Die<br />

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Seite 130<br />

Hotels, die neuen Clubs und wiedereröffneten<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Restaurants waren überfüllt und in den Nächten<br />

erhellten gewaltige Feuerwerke den Himmel. Das<br />

Einheitsgrau, das sich wie ein alles lähmender<br />

Schatten über die Welt gelegt hatte, war<br />

verschwunden. Es waren unvergessliche Tage und<br />

doch spürte Noui intuitiv, dass es nur eine<br />

glitzernde Fassade für etwas Unfassbares und der<br />

Anfang einer neuen Zeit war. Manchmal sagte er zu<br />

Alea: „Kommt es dir nicht auch so vor, als ob sich<br />

eine prophetische Vision erfüllt? Es ist wie ein Tanz<br />

um das Goldene Kalb.“<br />

Mit solchen Gedanken beobachtete Noui die<br />

Menschen. Ihm fiel in der Menge der Feiernden<br />

etwas auf: Die Männer standen nicht im<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 131


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Mittelpunkt. Sie waren nur noch geduldete<br />

Statisten.<br />

Alea war nicht mehr zu halten und sie bestand<br />

darauf, Tag und Nacht mitzufeiern. Noui war schon<br />

immer sehr häuslich und größere Veranstaltungen<br />

waren ihm zuwider. Sie sah ihn mit ihren sinnlichen<br />

Augen an, sie lächelte, und Noui dachte: „Sie liebt<br />

mich und ich kann nicht anders.“<br />

Lächelnd und etwas resigniert sagte er zu ihr:<br />

„Vielleicht ist der Unterschied zwischen lästigen<br />

Pflichten und unbeschwerter Freude nur eine<br />

Bewertung der Moral.“ Noui war zu schwach, ihr zu<br />

widerstehen.<br />

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Seite 132<br />

Viele Jahre später schrieb er in sein kleines<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

schwarzes Buch: „Ich hätte wissen müssen, dass Gut<br />

und Böse nur für die gilt, die den Willen besitzen, ein<br />

Ziel zu verfolgen. Ich sah das Ziel nicht, denn ich war<br />

blind und ahnungslos.“<br />

Als Noui sich hinter Alea durch die dicht<br />

gedrängte Menge der tanzenden und singenden<br />

Leiber drängte, erlebte er eine Überraschung. Seine<br />

Alea kannte viele Frauen. Er verstand es nicht, denn<br />

sie hatten in der Vergangenheit kaum gemeinsame<br />

Kontakte zu anderen Paaren oder einzelnen<br />

Biofrauen. Noui war verwirrt und wusste nicht, was<br />

er davon halten sollte. Seine Alea, die ihm nur<br />

selten von der Seite gewichen war, wurde, wo sie<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

auch hingingen, begrüßt und umarmt. Noui spürte<br />

die Blicke der anderen Biofrauen auf seinem Körper.<br />

„Die flirten mit mir.“ Am Anfang gefiel es Noui,<br />

wie sie ihn ansahen. Aber bald kam er sich verloren<br />

und deplatziert vor. So wie ein lästiges Anhängsel,<br />

das zur Begutachtung vorgeführt wird.<br />

In der Nacht zum 1. Mai 2089 wollte Alea<br />

unbedingt den Höhepunkt der Feste, eine Open-Air-<br />

Show auf einem stillgelegten Flugplatz im Zentrum<br />

von Berlin miterleben. Sie sagte zu Noui: „Es ist die<br />

weltberühmte Beltane-Show. Wir müssen unbedingt<br />

da hin.“<br />

Noui hatte bis dahin noch nie etwas davon<br />

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Seite 134<br />

gehört. Eigentlich interessierte es ihn auch nicht<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

besonders. Er wäre lieber Zuh<strong>aus</strong>e geblieben, aber<br />

er konnte seiner Alea den Wunsch nicht<br />

<strong>aus</strong>schlagen.<br />

Es war ein beeindruckendes Erlebnis. Schon<br />

am frühen Nachmittag mussten sie sich in einer<br />

endlos erscheinenden Menschenschlange anstellen,<br />

um durch die dicht gedrängte Menge<br />

durchzukommen. Viele Männer wurden an den<br />

Eingängen ohne Begründung abgewiesen, aber Alea<br />

und Noui ließen die Security-Frauen mit kleinen<br />

Verbeugungen und einem respektvollen Lächeln,<br />

ohne Probleme durch die Sicherheitszone in den<br />

inneren Ring. Noui wunderte sich, aber er schob es<br />

auf seine besonderen Privilegien.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Der Anblick war imposant und doch<br />

bedrückend. In der Mitte des riesigen Flugfeldes<br />

war eine mit schwarzen Tüchern verhüllte Bühne<br />

aufgebaut. Davor bewegte sich eine unübersehbare<br />

Menge von Leibern nach einem für Noui rätselhaft<br />

trägen Rhythmus. Es dauerte längere Zeit, bis Noui<br />

die faszinierenden Eindrücke verarbeiten konnte.<br />

Als sich seine Augen an den Anblick der Massen<br />

gewöhnt hatten, sah er, dass sich nur wenige<br />

Männer, aber unzählige Frauen dicht um die Bühne<br />

drängten.<br />

Die Show begann kurz vor Mitternacht mit<br />

einem orgiastischen Lichtspiel. Mächtige<br />

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Seite 136<br />

Laserstrahlen bewegten sich wie gespenstische<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Finger in den Himmel, in Richtung der groß am<br />

Himmel stehenden Vollmondscheibe. Als die Bühne<br />

enthüllt wurde und die schwarzen Tücher langsam<br />

sanken, ging ein Aufschrei durch die Menge. Aus<br />

der Bühne wuchs ein mehr als fünfzig Meter hoher,<br />

schwarz glänzender Quader. Dann sah es <strong>aus</strong>, als ob<br />

er in Zeitlupe zum stampfenden Rhythmus der<br />

Musik <strong>aus</strong>einander brechen würde. Immer neue,<br />

nackte Frauen mit golden glänzenden Körpern<br />

trugen die Bruchstücke des Quaders weg und es<br />

erschien eine gewaltige, schwarze Kugel. Als die<br />

Kugel vollkommen von der Hülle des Quaders<br />

befreit war, sah Noui, dass die Kugel zu schweben<br />

schien. Ein gellender Schrei wie <strong>aus</strong> unzähligen<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Kehlen pflanzte sich fort und die Menge der Frauen<br />

begann sich in Bewegung zu setzen.<br />

Es war eine beängstigende Szene, als um die<br />

glänzende Kugel Feuer in den Nachthimmel<br />

schossen. Noui war heiß, alles begann sich um ihn<br />

zu drehen und er hatte nur noch einen Wunsch, er<br />

wollte weg. Aber Alea hielt mit einem festen Griff<br />

sein Handgelenk fest und zog ihn mit. Es war ein<br />

kurzer intensiver Schmerz, als sich ihre Fingernägel<br />

in seine Haut bohrten. Sie sah Noui mit kalten<br />

Augen kurz an und mit zwei Fingerspitzen ihrer<br />

linken Hand berührte sie seine Stirn. Auf Nouis Haut<br />

war etwas Undefinierbares, wie eine eiskalte Salbe<br />

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Seite 138<br />

und plötzlich fror er in der Hitze.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Alea flüsterte ihm ins Ohr: „Konzentriere<br />

deinen Geist auf den Akt des Atmens. Das ist ein<br />

Zeichen unserer ewigen Verbundenheit. Du bist<br />

mein…“<br />

Noui konnte nicht antworten. Seine<br />

Stimmbänder waren wie gelähmt und seine Lungen<br />

schienen sich zusammen zu ziehen. Aber er musste<br />

trotz seiner panischen Angst mitgehen, sonst wäre<br />

er niedergetrampelt worden.<br />

Dreimal, eingeklemmt zwischen schreienden<br />

und schwitzenden Frauenkörpern, umrundeten sie<br />

die Kugel. Es war ein R<strong>aus</strong>ch und Nouis Körper war<br />

von Schweiß bedeckt. Zuerst war es, also ob sich die<br />

Stimmen, das Geschrei und die Musik immer weiter<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 139


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

von ihm entfernen würden. Er fühlte sich leicht, ihm<br />

wurde schwindelig und sein Körper wurde starr.<br />

Dann verlor er das Bewusstsein. Noui erinnerte sich<br />

nur noch, dass seine schöne Alea sich über ihn<br />

beugte und ihm mit einem Tuch den Schweiß von<br />

seiner Stirn trocknete. Sie küsste ihn auf den Mund<br />

und einen Moment kam es ihm vor, als ob sie ihm<br />

für eine kurze Zeit neues Leben schenken würde.<br />

Dann hörte er ihre leise Stimme, die ihm seltsame<br />

Worte ins Ohr flüsterte: „Verzweifle nicht, jeder<br />

Atemzug, jedes Wort, jeder Gedanke ist ein Akt der<br />

Liebe.“<br />

Am ganzen Körper zitternd erwachte Noui in<br />

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Seite 140<br />

seinem Bett und wusste nicht mehr, ob alles nur ein<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Traum gewesen war oder ob er den Tanz auf dem<br />

tatsächlich erlebt hatte.<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 141


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

• A b s t i e g<br />

„Selig sind die Armen,<br />

die sich nicht mehr erinnern können, wer in ihrer Schuld steht.<br />

Die Sorgen um die Beitreibung ihrer Forderungen sind<br />

unwichtig geworden, weil der Schuldner sich seinen<br />

Verpflichtungen entziehen wird.<br />

Selig sind die, die am letzten Tag ihres Lebens vergessen haben,<br />

dass sie durch ihre Gebete zu Gläubigern geworden sind.<br />

Heilig sind die Gläubiger, die nie daran gedacht haben,<br />

dass man ihnen die Rettung ihrer Seelen versprochen hat.<br />

Kämpft mit euren Gebeten gegen das Vergessen.<br />

Betet, dass sich eure Schuldner erinnern.<br />

Denkt an euer Seelenheil.“<br />

Noui<br />

____________________<br />

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Seite 142<br />

Ende 2090<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Unser schönes Leben war sehr schnell vorbei.<br />

Alea hatte mir eines Morgens, fast im Vorbeigehen<br />

und ohne erkennbare Emotionen gesagt: „Du<br />

musste heute <strong>aus</strong>ziehen.“ Dann war sie wieder mit<br />

den Aufgaben der Organisation beschäftigt und ich<br />

durfte sie nicht stören. Obwohl ich es geahnt hatte,<br />

war ich für einen Moment wie gelähmt. Alle<br />

anderen waren auch davon betroffen. Warum ich<br />

angenommen hatte, dass ich eine Ausnahme wäre,<br />

weiß ich heute nicht mehr. Nach Ikas Tod hatte ich<br />

sogar insgeheim damit gerechnet, aber ich habe die<br />

Realität verdrängt. Alea hatte darauf bestanden,<br />

dass ich sofort gehen müsse, und ich hatte es getan.<br />

Meine wenigen Sachen die zu meinem persönlichen<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 143


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Eigentum erklärt worden waren und nicht der<br />

Gemeinschaft gehörten, passten in einen kleinen<br />

Beutel. Aleas Entscheidung hatte ich klaglos<br />

akzeptiert. Nach den neuen Beschlüssen zu den<br />

Notstandsgesetzen durfte Alea nicht mehr mit<br />

einem Mann zusammenleben. Ich erinnere mich<br />

noch, dass ich an der Tür gezögert habe. Ich wollte<br />

nicht gehen und mit ihr sprechen. Aber Alea hatte<br />

mich nur mit ihren tiefen blaugrauen Augen<br />

angesehen. Es kam mir vor, als ob ich in ihren<br />

Augen die Zukunft lesen könnte.<br />

Gleichzeitig mit meinem Auszug <strong>aus</strong> dem<br />

Appartement und der Sicherheit der Innenstadt<br />

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Seite 144<br />

verlor ich auch meinen Job. Ich war überflüssig<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

geworden. Im T<strong>aus</strong>ch für meinen schnellen Auszug<br />

<strong>aus</strong> der luxuriösen Umgebung sicherte Alea mir zu,<br />

dass ich einen der seltenen bevorrechtigten Jobs in<br />

der Nähe der schwarzen Gebäude am Horizont<br />

bekäme, und dazu Lebensmittel so viel ich<br />

benötigen würde, falls sie verfügbar wären. Damals<br />

empfand ich es als ein Glücksfall, denn ohne eine<br />

bevorrechtigte Arbeit gab es kein Essen. Ich hätte<br />

um die letzten Lebensmittel kämpfen müssen und<br />

ich hatte noch nicht gelernt zu kämpfen.<br />

Ich musste ins ehemalige Charlottenburg,<br />

eines der noch nicht zu sehr heruntergekommenen<br />

und für ehemals privilegierte Männer reservierten<br />

Stadtviertel umziehen. Meinen grünen Ausweis, der<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 145


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

mir Schutz gewährte, hielt ich krampfhaft fest, als<br />

ob ich damit meine Vergangenheit zurückholen<br />

könnte.<br />

Der Weg zu Fuß, r<strong>aus</strong> <strong>aus</strong> der City in die Slums<br />

war lang und gefährlich. Es gab auch keine<br />

Bewacher und trotzdem strömten <strong>aus</strong> allen<br />

Richtungen die Männer in die zugewiesenen Viertel.<br />

Immer wieder kam es zu kleinen Rempeleien und<br />

Streitigkeiten, die schnell in einem mörderischen<br />

Handgemenge enden konnten. Ich bemühte mich<br />

so unauffällig wie möglich, im Schutz der<br />

H<strong>aus</strong>wände zu gehen. Meine Gedanken drehten<br />

sich im Kreis. „Ist das Gerechtigkeit? Wo ist denn<br />

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Seite 146<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Gott? Ist das die neue Gesellschaft und das<br />

versprochene Glück?“<br />

Ich hatte Hunger und fürchtete mich vor der<br />

Zukunft.<br />

„Wenn das die Liebe ist, die uns versprochen<br />

wurde, weil wir an einer neuen Gesellschaft<br />

mitwirken wollten, dann verstehe ich jetzt, warum<br />

wir eine armselige Spezies sind.“<br />

Ich sah nur noch verzweifelte Männer, die<br />

abgezehrt und zerlumpt <strong>aus</strong> der Sicherheit der City<br />

vertrieben wurden. „Jetzt sind wir auf Hilfe von dir<br />

angewiesen. Aber wo bist du mit deiner<br />

Gerechtigkeit? Waren wir so unmündig, dass wir auf<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 147


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

die fragwürdigen Versprechen einer imaginären<br />

Autorität hereingefallen sind?“<br />

Mich überkam tiefe Hoffnungslosigkeit. „Es<br />

kann keine Hoffnung mehr geben. Die glauben, dass<br />

alles nur noch besser werden kann. Aber der Glaube<br />

bedeutet doch nur, dass sich die Masse ruhig<br />

verhalten und nicht über ihr Schicksal nachdenken<br />

soll.“ Das schrieb ich in mein kleines, schwarzes<br />

Nuch.<br />

Aber wer hätte mir schon zuhören wollen. Es<br />

gab zu viele Männer, denen es noch schlechter ging.<br />

Als ich an einer sich dicht um eine H<strong>aus</strong>wand<br />

drängende Menschenmenge vorbeikam, konnte ich<br />

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Seite 148<br />

gerade noch die Überschrift erkennen:<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

„FÜR MÄNNER GESPERRTE STADTBEZIRKE“<br />

Dann folgte eine lange Aufzählung der Straßen<br />

und Bezirke und ich ahnte, dass es auch mich<br />

treffen würde. Meine Ausnahmegenehmigung<br />

besaß keinen Wert mehr.<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 149


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

„Kannst du mir sagen, ob es Mittel und Wege gibt, in die<br />

Zukunft zu sehen? Sag mir, ob du weißt was geschehen wird?“<br />

Solche Fragen entspringen <strong>aus</strong> deiner Angst.<br />

Du willst nur einem vermeintlich düsteren Schicksal entkommen.<br />

Manche Menschen betäuben ihre Ängste durch den Glauben<br />

an eine überirdische, alles lenkende Macht, die nur den Guten,<br />

den Konformen schützt und den Bösen, den Nonkonformisten<br />

bestraft. Es ist die Projektion einer Vorstellung wie eine<br />

gerechte Welt zu funktionieren hat.<br />

Da du aber <strong>aus</strong> eigener Kraft und durch deine kurze Lebenszeit<br />

nur eine beschränkte Anzahl guter Taten vollbringen kannst,<br />

siehst du es als deine ehrenvolle Pflicht, den vermeintlich Bösen auf<br />

den rechten Weg zu führen. Damit wird nur dein geringer<br />

Verdienst aufgewertet und die übermächtige Macht der Angst<br />

so unterdrückt, dass die Zukunft zu einer scheinbar berechenbaren<br />

Größe wird. Zuerst wird ein harmloser Zwang mit Gebeten und<br />

beschwörenden Gesprächen verstärkt.<br />

Dann, wenn <strong>aus</strong> dem Zwang eine Gewohnheit geworden ist,<br />

entsteht eine Verpflichtung, die Botschaft des schmalen Weges zur<br />

Errettung weiterzugeben.<br />

Glaub mir, Ängstliche erkennen sich.<br />

Angst verbindet und durch Angst wird man gebunden,<br />

um des eigenen Vorteils willen.“<br />

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Seite 150<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

Nachsätze<br />

Verehrte Leserin, lieber Freund. Was ich hier,<br />

auf diesen wenigen Seiten niedergeschrieben habe,<br />

stammt <strong>aus</strong> meiner privaten Schreib-Werkstatt. Ich<br />

habe es mir in langen, einsamen Nächten, im Schein<br />

einer Glühlampe, oft frierend, hungrig und durstig,<br />

<strong>aus</strong>gedacht.<br />

Vielleicht denkst du: „Das ist doch alles<br />

dummes Zeug. Das stimmt doch nicht. Das kann<br />

doch niemals so geschehen sein, was der da<br />

geschrieben hat ...“<br />

Ich muss dir zustimmen. Es stimmt nicht und<br />

es kann nicht stimmen. Obwohl, manches ist<br />

Dieser <strong>Text</strong> ist urheberrechtlich geschützt Seite 151


[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

____________________<br />

tatsächlich so geschehen. Darum schüttle nicht<br />

gleich mit dem Kopf, wenn es bei dir anders ist. Oft<br />

ist das ist nur eine Laune des Zufalls. Wenn du aber<br />

sagst: „Das ist es. Das muss ich Werner (oder wem<br />

auch immer) schicken, dem Blödmann!“ dann fühle<br />

ich mich reichlich belohnt ...<br />

Übrigens: Falls du es noch nicht bemerkt hast, das Zitat ist frei<br />

nach Kurt Tucholksky<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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Geboren im Oktober 1950 in der ehemals beschaulichen,<br />

schwäbischen Kleinstadt Sindelfingen. Nach Abitur und Ausbildung<br />

schloss sich ein längeres, <strong>aus</strong> heutiger Sicht ziemlich nutzloses<br />

Studium in Berlin an. Heute, nach einer kurzen Ehe und anderen<br />

Missgeschicken lebe ich <strong>aus</strong> Lebens- und Liebesgründen in Essen. Ich<br />

schreibe für mich über die Abgründe der Seele, über das was sein<br />

könnte und was ist, wenn wir es sehen können.<br />

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[Auszug <strong>aus</strong> <strong>FRANCISELLA</strong> <strong>TULARENSIS</strong>]<br />

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