ZAHNÄRZ TEBLATT
MÄRZ 2015 N I E D E R S Ä C H S I S C H E S ZAHNÄRZ TEBLATT 4 Signifikante Verbesserung der Mundgesundheit von pflegebedürftigen Senioren 10 Kurz vor dem Referentenentwurf – Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen 28 Adhäsion in der Zahnheilkunde – Hinweise der Wissenschaft für die tägliche Praxis 32 Säurebedingte Zahnhartsubstanzdefekte
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MÄRZ 2015<br />
N I E D E R S Ä C H S I S C H E S<br />
<strong>ZAHNÄRZ</strong> <strong>TEBLATT</strong><br />
4 Signifikante Verbesserung<br />
der Mundgesundheit<br />
von pflegebedürftigen<br />
Senioren<br />
10 Kurz vor dem<br />
Referentenentwurf –<br />
Bekämpfung<br />
der Korruption im<br />
Gesundheitswesen<br />
28 Adhäsion in der<br />
Zahnheilkunde –<br />
Hinweise der Wissenschaft<br />
für die tägliche Praxis<br />
32 Säurebedingte<br />
Zahnhartsubstanzdefekte
Aufruf an alle Zahnarztpraxen Niedersachsens:<br />
Bitte unterstützen Sie<br />
unsere Hilfsmaßnahmen<br />
Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege!<br />
Die Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ) bittet Sie um Ihre Unterstützung.<br />
Als berufsständische Hilfsorganisation – vom Zahnarzt Carl-Heinz Bartels vor mehr als 25 Jahren in Göttingen<br />
gegründet – hat sie in dieser Zeit dringend benötigte Hilfe im Wert von über 30 Millionen Euro weltweit und<br />
hier in Deutschland leisten können. Über diese zahlreichen Hilfsmaßnahmen berichten Artikel regelmäßig<br />
im Niedersächsischen Zahnärzteblatt, Zahnärztliche Mitteilungen, Die Zahnarzt Woche u.a. sowie unsere<br />
Homepage unter www.stiftung-hdz.de.<br />
Wir können aber nur helfen, wenn unsere Kollegenschaft das HDZ auch (weiterhin) unterstützt.<br />
Noch sind die (Alt-) Goldspenden neben Geldspenden unsere wichtigsten Ressourcen.<br />
Das Verfahren der HDZ-Altgoldsammlung ist – wie Sie sicherlich wissen – denkbar einfach:<br />
Sie überreichen dem Patienten sein Altgold (Krone, Brücke), einen HDZ-Flyer und die Versandtasche<br />
und bitten ihn, mit seiner Altgoldspende das HDZ zu unterstützen.<br />
Der so motivierte Spender erhält vom HILFSWERK – falls gewünscht – eine Spendenbescheinigung<br />
und noch mehr Informationen.<br />
Dieses Verfahren befreit Ihre Praxis von einer Reinigung und Verrechnung des Materialwerts. Der Patient<br />
entscheidet über die Verwendung seines Altgoldes selbst und die Spende wird – ohne Abzüge durch<br />
Scheidekosten – einem wohltätigen Zweck zugeführt.<br />
Das Kuratorium der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte wacht über die satzungsgemäße Verwendung der<br />
Mittel und Transparenz. Die Bilanzen der Stiftung werden von der Bundeszahnärztekammer, der Stiftungsbehörde<br />
Braunschweig und vom Finanzamt Göttingen geprüft und sind auf<br />
der Homepage veröffentlicht.<br />
Gern senden wir Ihnen Flyer und Versandtaschen zu. Wenn<br />
Sie Fragen dazu haben, kontaktieren Sie uns bitte. Auf unserer<br />
Homepage finden Sie unter Download das entsprechende<br />
Formular. http://www.stiftung-hdz.de/spendeninformation<br />
Wir sind uns bewusst, dass unsere Hilfen das Elend in dieser<br />
Welt nicht beseitigen werden. Doch gemeinsam können wir<br />
die vielen sozialen Brennpunkte – hier und dort – menschlicher<br />
gestalten.<br />
Dafür steht das HDZ und ist Ihr bewährter und dankbarer Partner.<br />
Mit freundlichen, kollegialen Grüßen<br />
Dr. Klaus Winter<br />
Foto: © drubig-photo/Fotolia.com<br />
Kontakt<br />
Stiftung Hilfswerk Deutscher<br />
Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete<br />
Hagenweg 2 L, 37081 Göttingen<br />
Tel. 0551 600233, Fax 0551 600313<br />
HDZ-Spendenkonto<br />
Deutsche Apotheker- und Ärztebank<br />
Konto: 000 4444 000 (BLZ 300 606 01)<br />
IBAN: DE28 3006 0601 0004 4440 00<br />
BIC (SWIFT-Code): DAAEDEDD<br />
www.stiftung-hdz.de
Unverschlüsselt<br />
Foto: NZB-Archiv<br />
E D I T O R I A L<br />
Anlässlich der Einführung der zweijährigen<br />
„Gewährleistung“ als Kostendämpfungsmaßnahme<br />
zu Lasten der Zahnärzte ohne Änderung der<br />
Rechtsstellung eines Dienstvertrages (so der Gesetzgeber)<br />
beeindruckte ein längst verstorbener, wortgewandter<br />
Kollege aus Wolfsburg auf einer Kreisstellenversammlung<br />
mit folgender Erzählung: Eine Patientin habe einen Schneidekantenaufbau<br />
verloren und begehrte die Wiederherstellung.<br />
Er habe ihr daraufhin erklärt, das ginge nicht, dafür<br />
könne er keine „Gewähr“ übernehmen. Eine Krone könne<br />
er auch nicht anfertigen lassen, auch dafür könne er keine<br />
„Gewähr“ übernehmen. Unter den Bedingungen der<br />
gesetzlichen Regelungen im SGB V könne er den Zahn nur<br />
extrahieren. Auf die Frage der Patientin, ob er den Aufbau<br />
dann privat erneuern könne, habe er geantwortet: Jetzt<br />
haben Sie das Prinzip verstanden!<br />
Natürlich entsprechen die heroischen Schilderungen auf<br />
Versammlungen nicht immer dem vollen Wahrheitsgehalt,<br />
aber dennoch war der Kollege sozusagen ein Vorreiter der<br />
Defensivmedizin, wie sie als Ergebnis von übertriebenen<br />
Qualitätsbestrebungen etlicher Systemtheoretiker im<br />
Elfenbeinturm resultiert. Wenn sich die Bezahlung nach<br />
„rankings“ ausrichtet, dann überweist ein Krankenhaus<br />
eben Risiken an die Hochschule, ehe es sich das „ranking“<br />
verdirbt!<br />
Trotzdem werden unverdrossen solche qualitätsorientierten<br />
Honorierungen auch für den ambulanten Bereich gefordert,<br />
natürlich mit regelmäßiger „Aktualisierung“ des rankings.<br />
In diesem Zusammenhang muss man das Urteil des<br />
Bundessozialgerichtes sehen, das die Entscheidung des<br />
Bundesschiedsamtes für nichtig erklärt hat, wonach den<br />
Kassen für ihre Aufgaben verschlüsselte Zahnarztnummern<br />
bei der Abrechnungsübermittlung genügten und eine<br />
Entschlüsselung nur im konkreten Einzelfall vorzunehmen<br />
sei, z.B. bei Verdacht auf Falschabrechnung, o.ä.<br />
Seit Anfang dieses Jahres muss also auch die KZV Niedersachsen<br />
zusammen mit jeder Abrechnung die unverschlüsselte<br />
zugehörige Zahnarztnummer übermitteln!<br />
Im Rahmen der letzten Vertreterversammlung der KZVN<br />
haben wir darüber diskutiert, ob damit die seit vielen<br />
Jahren bekämpften Tagesprofile Realität sind. Mag sein,<br />
dass die Theoretiker im Elfenbeinturm das immer noch<br />
anstreben, und bei den Ärzten gibt das ja vielleicht auch<br />
noch einen theoretischen Sinn: Eine dreißigminütige Untersuchung<br />
kann nun einmal maximal 48 mal am Tag abgerechnet<br />
werden. Dazu müssten die Kassen aber alle ihre<br />
Daten zusammenführen, und dazu fehlt derzeit noch(!) die<br />
gesetzliche Grundlage. Außerdem fehlen auch noch die<br />
Daten der Privatpatienten für ein Tagesprofil.<br />
Bei den Zahnärzten gibt es kaum Zeitvorgaben. Wenn es<br />
nicht so traurig wäre, könnte man sich im Nachhinein ja<br />
fast freuen über die damalige „Dänenstudie“, die mit dem<br />
Ziel einer BEMA-Abwertung zu dem Ergebnis kam, ein<br />
Zahnarzt benötigt für das Präparieren einer Krone 3 Minuten,<br />
den Rest erledigen Mitarbeiter! Danach könnten an einem<br />
8-Stunden-Tag 160 Kronen präpariert werden, ehe man<br />
auffällig wird – absurd!<br />
Für mich birgt die unverschlüsselte Zahnarztnummer eine<br />
näherliegende Gefahr: Die einzelne Kasse kann nun<br />
„Zahnarzthistorien“ erstellen und für ihre Versicherten z.B.<br />
beantworten, wie viele Zähne innerhalb eines beliebigen<br />
Zeitraumes nach endodontischer Behandlung extrahiert<br />
worden sind.<br />
Das berücksichtigt zwar nicht alle Umstände der Behandlung,<br />
auch nicht z.B. soziologische Hintergründe, Wünsche der<br />
Patienten, usw., kann aber in den Köpfen von Theoretikern<br />
trotzdem ein geeignetes Kriterium z.B. für Selektivverträge<br />
sein, deren Abschlüsse für die Kassen gerade mit der aktuellen<br />
Gesetzgebung erleichtert werden sollen.<br />
Hoffen wir, dass sich dort die bisherige pragmatische Ansicht<br />
weiterhin durchsetzt, dass Selektivverträge im zahnärztlichen<br />
Bereich nicht der Weisheit letzter Schluss sind!<br />
Ansonsten müsste jeder Zahnarzt für sich entscheiden, wie<br />
weit er dem Beispiel des oben zitierten Kollegen folgen<br />
will.<br />
Unabhängig davon lehnen wir den gläsernen Zahnarzt<br />
genau so ab, wie es jede Gruppe für sich tut!<br />
Wie sagte der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums<br />
für den Datenschutz in Schleswig-Holstein, Dr. Thilo Weichert:<br />
„Die Ärzte wollen nicht von den Krankenkassen kontrolliert<br />
werden, und sie haben Recht!“<br />
ß<br />
—<br />
Dr. Thomas Nels<br />
Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der<br />
Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | E D I T O R I A L<br />
1
I M P R E S S U M<br />
NIEDERSÄCHSISCHES <strong>ZAHNÄRZ</strong><strong>TEBLATT</strong> – 50. Jahrgang<br />
Monatszeitschrift niedersächsischer Zahnärztinnen und Zahnärzte mit<br />
amtlichen Mitteilungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen<br />
(KZVN), erscheint elfmal jährlich, jeweils zum 15. eines jeden Monats.<br />
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Heft 05 / 15: 13. April 2015<br />
Heft 06 / 15: 11. Mai 2015<br />
Heft 07 / 15: 11. Juni 2015<br />
4<br />
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2 I M P R E S S U M | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
10<br />
12<br />
40<br />
E D I T O R I A L<br />
EDITORIAL<br />
1 Dr. Thomas Nels:<br />
Unverschlüsselt<br />
POLITISCHES<br />
4 Parallelen zu „AundB“ auch in<br />
Niedersachsen möglich<br />
4 Signifikante Verbesserung<br />
der Mundgesundheit von<br />
pflegebedürftigen Senioren<br />
8 Manche Denken Kontraproduktiv<br />
9 KZBV-App „Zahnarztsuche“<br />
10 Kurz vor dem Referentenentwurf<br />
Bekämpfung der Korruption im<br />
Gesundheitswesen<br />
12 Der Entwurf des Korruptionsgesetzes<br />
für Berufsgruppen des Gesundheitswesens<br />
verursacht Verleumdung!<br />
13 Heilberufe nicht unter<br />
Generalverdacht stellen<br />
KZBV und BZÄK zum Referentenentwurf<br />
für ein Gesetz zur Bekämpfung der<br />
Korruption im Gesundheitswesen<br />
FACHLICHES<br />
16 Neue Begriffe in der restaurativen<br />
Zahnerhaltung<br />
28 Adhäsion in der Zahnheilkunde –<br />
Hinweise der Wissenschaft für die<br />
tägliche Praxis<br />
32 Säurebedingte<br />
Zahnhartsubstanzdefekte<br />
Erosionen – von der Diagnose<br />
zur Therapie<br />
38 Vorsicht ist besser als Nachsicht<br />
Brandschutz in der Zahnarztpraxis<br />
TERMINLICHES<br />
45 Termine<br />
PERSÖNLICHES<br />
45 Dienstjubiläen in der KZVN<br />
KZVN<br />
46 Niederlassungshinweise<br />
KLEINANZEIGEN<br />
48 Kleinanzeigen<br />
32<br />
T E R M I N L I C H E S I N T E R E S S A N T E S F A C H L I C H E S P O L I T I S C H E S<br />
40 IT Sicherheit in der Zahnarztpraxis –<br />
so schützen Sie Ihre Daten vor<br />
unbefugten Zugriffen<br />
41 15 Jahre Motor und Herz in der LAGJ<br />
Dr. Andrea Barth wird verabschiedet<br />
P E R S Ö N L I C H E S<br />
42 Braunschweiger Zahnärzteball –<br />
zum 45. Mal ein rauschendes Fest<br />
43 Rechtstipp: Wenn der Patient seiner<br />
Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt<br />
– Mahngebühren/Verzugszinsen<br />
K Z V N<br />
44 Aktuelles aus der Rechtsprechung<br />
K L E I N A N Z E I G E N<br />
I N H A LT<br />
28<br />
© Fotos Titel/Inhaltsverzeichnis: NZB-Archiv; Alexander Raths/Fotolia.com; Prof. Dr. Mutlu Özcan; PD Dr. Nadine Schlüter, Prof. Dr. Carolina Ganß; Ingo Bartussek/Fotolia.com<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | I N H A L T<br />
3
Parallelen zu „AundB“ auch<br />
in Niedersachsen möglich<br />
Der nachfolgende Artikel aus dem Zahnärzteblatt<br />
Baden-Württemberg, Februar-Ausgabe<br />
2015, berichtet von den Ergebnissen einer vom<br />
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen<br />
und Senioren des Landes Baden-Württemberg im Jahr<br />
2011 initiierten Studie mit dem Arbeitstitel „Evaluation des<br />
Gesundheitszustandes, der Lebensqualität und der ärztlichen<br />
Versorgungssituation von Menschen in Pflegeheimen sowie<br />
der Akzeptanz und Wirksamkeit von Interventionskonzepten<br />
zu ihrer Verbesserung“. Dem Engagement der Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg, insbesondere dem<br />
Arbeitskreis für Alterszahnheilkunde und Behindertenbehandlung<br />
ist es zu verdanken, dass auch zahnmedizinische<br />
Fragestellungen in die Studie aufgenommen wurden.<br />
Nun ist Baden-Württemberg nicht Niedersachsen und<br />
Baden-Württemberg dank des Engagements der Landeszahnärztekammer<br />
auch auf dem Gebiet der zahnmedizinischen<br />
Betreuung von pflegebedürftigen älteren Menschen<br />
und Menschen mit Behinderungen („AundB“-Konzepte)<br />
seit Jahren in der Umsetzung von dort vor Jahren schon<br />
erarbeiteten Konzepten durch die Kollegenschaft deutlich<br />
weiter, als wir dies in Niedersachsen sind. Dennoch kann<br />
man sicherlich Parallelen aus den Ergebnissen der Studie<br />
aus dem Flächenland Baden-Württemberg für das Flächenland<br />
Niedersachsen ableiten. Und mit diesen Ergebnissen<br />
und den daraus gewonnenen Erkenntnissen lassen sich<br />
sicherlich die nun auch in Niederachsen für die Kollegenschaft<br />
durch engagierte und in „AundB-Zahnmedizin“<br />
erfahrene Kolleginnen und Kollegen erarbeiteten und<br />
vorgelegten Konzepte zur präventiven Betreuung von<br />
pflegebedürftigen alten Menschen und Menschen mit<br />
Behinderungen effektiver und schneller zum Wohle der<br />
bedürftigen Patienten umsetzen. Dass in Niedersachsen<br />
auf dem Gebiet gegenüber beispielsweise Baden-Württem-<br />
© Alexander Raths/Fotolia.com<br />
Signifikante Verbesserung der<br />
Mundgesundheit von<br />
pflegebedürftigen Senioren<br />
INTERDISZIPLINÄRE STUDIE DES UNIVERSITÄTSKLINIKUMS HEIDELBERG<br />
Die Versorgungssituation und der Mundgesundheitszustand<br />
von institutionalisierten Senioren werden oftmals<br />
als verbesserungswürdig eingestuft; der zahnärztliche<br />
Behandlungsbedarf ist hoch und unerkannt. Repräsentative<br />
Daten zur Versorgungslage dieser vulnerablen<br />
Bevölkerungsgruppe fehlen. Aus dieser Motivation<br />
heraus hat das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung,<br />
Familie, Frauen und Senioren des Landes Baden-Württemberg<br />
im Jahr 2011 eine Studie mit dem Arbeitstitel „Evaluation<br />
des Gesundheitszustandes, der Lebensqualität<br />
und der ärztlichen Versorgungssituation von Menschen<br />
in Pflegeheimen sowie der Akzeptanz und Wirksamkeit<br />
von Interventionskonzepten zu ihrer Verbesserung“,<br />
kurz: „EVI-P“ initiiert.<br />
Das Forschungsprojekt soll insbesondere repräsentative<br />
Daten zur medizinischen und zahnmedizinischen Situation<br />
von kognitiv eingeschränkten, stark pflegebedürftigen<br />
Senioren liefern. Mit den zahnmedizinischen Forschungsarbeiten<br />
wurde die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Peter Ram-<br />
4 P O L I T I S C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
erg noch Nachholbedarf bestehen wird, kann man vielleicht<br />
daran ermessen, dass – einer zm-online-Meldung<br />
vom 29. Januar zufolge – in dem „neuen” Bundesland<br />
Sachsen-Anhalt bereits 150 Kooperationsverträge zwischen<br />
Zahnärzten und den 460 Pflegeheimen des Landes<br />
geschlossen wurden (http://www.zm-online.de/home/<br />
zahnmedizin/Vom-Patenschaftszahnarzt-zum-Kooperationspartner_270421.html),<br />
während in Niedersachsen<br />
Mitte Februar der Kassenzahnärztlichen Vereinigung 120<br />
geschlossene Verträge gemeldet worden waren bei gut<br />
viermal so vielen Pflegeheimen wie in Sachsen-Anhalt<br />
(Stand 2011).<br />
Es wäre aber nicht richtig, die Anzahl der geschlossenen<br />
Kooperationsverträge als alleiniges Indiz für die Breitenwirksamkeit<br />
von Betreuungskonzepten durch die Kollegenschaft<br />
sowie die Akzeptanz von Pflegeeinrichtungen für<br />
zahnärztliche Betreuungsbemühungen zu nehmen. Denn,<br />
und das darf nicht vergessen werden, es findet auch –<br />
und zudem durch sehr viele, engagierte Kolleginnen und<br />
Kollegen – seit vielen Jahren eine zahnmedizinische<br />
Betreuung von pflegebedürftigen älteren Menschen und<br />
Menschen mit Behinderungen auf Basis vieler individueller<br />
Konzepte mit den unterschiedlichsten Herangehensweisen<br />
statt.<br />
Dieser schon betriebene Betreuungsaufwand ist aktuell nicht<br />
zu beziffern, unter anderem, weil vielfach Leistungen aus<br />
rein ethischer Motivation heraus erbracht und mangels vertraglicher<br />
Regelungen nicht abgerechnet werden konnten.<br />
Wünschenswert wäre auch für Niedersachsen eine Studie<br />
ähnlich der in Baden-Württemberg in 2011 initiierten, die<br />
den status praesens in der Zielgruppe ermittelt und gleichzeitig<br />
durch intelligentes Studiendesign ermöglicht, aus<br />
den gewonnenen Ergebnissen flankierende Hilfestellungen<br />
für eine möglichst schnelle und breite Umsetzung<br />
der präventiven und zahnmedizinischen Betreuung von<br />
pflegebedürftigen alten Menschen und Menschen mit<br />
Behinderungen in Niedersachsen zu bieten.<br />
ß<br />
P O L I T I S C H E S<br />
—<br />
Dr. Wilhelm Bomfleur, Schüttorf<br />
Vorsitzender der Arbeitsgruppe A+B Konzept der KZVN<br />
Vorsitzender der Arbeitsgruppe Zahnärztliche<br />
Behindertenhilfe in Niedersachsen e.V.<br />
Nachhaltige Verbesserung. Das Forschungsteam stellte fest, dass<br />
sich die Mundgesundheit durch Interventionen wie zahnärztliche<br />
Schulungen des Pflegepersonals sowie Einrichtung von Ultraschallbädern<br />
zur Prothesenreinigung nachhaltig verbessern lässt.<br />
melsberg, Dr. Andreas Zenthöfer und Prof. Dr. Alexander<br />
Hassel (Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik am Universitätsklinikum<br />
Heidelberg) beauftragt. Es ist unter anderem<br />
dem Engagement der Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg und dem Arbeitskreis für Alterszahnheilkunde<br />
und Behindertenbehandlung Baden- Württemberg (Dr. Elmar<br />
Ludwig) zu verdanken, dass auch zahnmedizinische Fragestellungen<br />
in die Studie aufgenommen wurden. Insgesamt<br />
konnten 269 Senioren aus 14 Pflegeeinrichtungen, die<br />
aufgrund ihrer Lage, Größe und Zusammensetzung als<br />
repräsentativ für Baden- Württemberg gelten können, über<br />
einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren nachuntersucht<br />
werden. In acht der Pflegeeinrichtungen wurden Schulungen<br />
des Pflegepersonals zu alterszahnmedizinischen Aspekten<br />
durchgeführt, Ultraschallbäder zur Prothesenreinigung eingerichtet<br />
sowie ein standardisiertes Assessment von behandlungsbedürftigen<br />
Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten<br />
durch zahnmedizinische Laien (Revised Oral Assessment<br />
Guide) trainiert und etabliert. Darüber hinaus wurden<br />
Qualitätszirkel für zahnärztliche und ärztliche Kollegen<br />
vor Ort mit dem Ziel eines fachlichen Austausches und<br />
der Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine gute<br />
medizinische Versorgung initiiert. In sechs Pflegeeinrichtungen<br />
hingegen wurden innerhalb des Studienzeitraums keine<br />
Interventionen angeboten, um das Studienergebnis auf<br />
mögliche natürliche Verlaufsschwankungen der Versorgungssituation<br />
und des Mundgesundheitszustands überprüfen<br />
zu können. Das Projekt kann planmäßig im Sommer 2015<br />
abgeschlossen werden.<br />
Bisheriges Ergebnis der Studie<br />
Durch punktuelle, aber intensive Interventionen wie<br />
zahnärztliche Schulungen des Pflegepersonals sowie<br />
Einrichtung von Ultraschallbädern zur Prothesenreinigung<br />
lässt sich die Mundgesundheit klinisch relevant und nachhaltig<br />
verbessern. Mundgesundheit und Versorgungssituation<br />
der Studienteilnehmer in der Kontrollgruppe (keine 8<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />
5
Sonstige Prothesen<br />
n = 21 (7,8%)<br />
Kein Zahnersatz<br />
trotz Zahnlosigkeit<br />
n = 12 (4,5%)<br />
100 Plaque Control Record<br />
50<br />
Totalprothese<br />
n = 140 (52%)<br />
Natürliche Zähne/<br />
festsitzender<br />
Zahnersatz<br />
n = 60 (22,3%)<br />
0<br />
Doppelkronenprothese<br />
n = 36 (13,4%)<br />
-50<br />
-100<br />
Kontrollgruppe<br />
Interventionsgruppe<br />
Sonstige Prothesen<br />
n = 25 (9,3%)<br />
Kein Zahnersatz<br />
trotz Zahnlosigkeit<br />
n = 24 (8,9%)<br />
50<br />
25<br />
0<br />
Denture Hygiene Index<br />
Totalprothese<br />
n = 94 (34,9%)<br />
Doppelkronenprothese<br />
n = 42 (15,6%)<br />
Natürliche Zähne/<br />
festsitzender<br />
Zahnersatz<br />
n = 84 (31,2%)<br />
-25<br />
-50<br />
-75<br />
-100<br />
Kontrollgruppe<br />
Interventionsgruppe<br />
Zahnersatz bei Senioren. Auch im Pflegeheim werden<br />
Totalprothesen immer seltener. Über Doppelkronen verankerte<br />
Teilprothesen und festsitzende Versorgungen sind im Oberkiefer<br />
(vgl. Kreisdiagramm oben) und Unterkiefer (vgl. Kreisdiagramm<br />
unten) weit verbreitet.<br />
Substanzielle Verbesserung der Mund- und Prothesenhygiene.<br />
Ein halbes Jahr nach den ersten Interventionen konnten ein<br />
signifikant reduzierter Plaque Control Record (obere Abbildung)<br />
und ein verbesserter Denture Hygiene Index (untere Abbildung)<br />
beobachtet werden.<br />
8<br />
zahnärztliche Intervention) zeigten sich vergleichbar mit<br />
der Situation zu Studienbeginn. Das Studienkonzept wurde<br />
im Herbst 2014 mit einem mit 3.000 EUR dotierten Wrigley-<br />
Prophylaxe-Preis im Bereich Wissenschaft ausgezeichnet.<br />
Künftige Herausforderungen<br />
Die vorliegende durch das Sozialministerium geförderte<br />
Studie erlaubte nicht nur Einblicke in die zahnärztliche<br />
Versorgungswirklichkeit einer besonders vulnerablen<br />
Bevölkerungsgruppe, sondern konnte auch Strategien zur<br />
Verbesserung der Mundgesundheit aufzeigen. Für große<br />
Bevölkerungsteile in Baden-Württemberg gibt es jedoch<br />
außer Abrechnungsdaten kaum Informationen zur zahnärztlichen<br />
Versorgung. Auch Auswertungen über die Häufigkeit<br />
von Problemen, die meist auf die Ergebnisqualität (z. B.<br />
Randpassung von Kronen, Länge einer Wurzelkanalfüllung)<br />
abzielen und deshalb vor einem Gutachterausschuss oder<br />
einem Gericht landen, bilden die zahnmedizinische Versorgung<br />
nur unzureichend und einseitig ab. Viel größeren<br />
Einfluss auf den langfristigen Zahnerhalt und die Mundgesundheit<br />
haben vermutlich das Inanspruchnahmeverhalten<br />
der Patienten und die Indikationsstellung für Extraktionen,<br />
die Einbeziehung von wurzelbehandelten Zähnen unter<br />
Teilprothesen und Brücken oder die Entscheidung zur<br />
Überkronung in Konkurrenz zur Füllungstherapie.<br />
Um belastbare Daten zu gewinnen und ggf. Versorgungsstrategien<br />
zu optimieren, plant die Forschungsgruppe<br />
des Universitätsklinikums Heidelberg eine repräsentative<br />
Untersuchung zur Darstellung der zahnmedizinischen<br />
Versorgungsrealität in Baden-Württemberg.<br />
ß<br />
—<br />
Prof. Dr. Peter Rammelsberg<br />
Dr. Andreas Zenthöfer<br />
Prof. Dr. Alexander Hassel<br />
Universitätsklinikum Heidelberg<br />
Quelle: Zahnärzteblatt Baden-Württemberg Nr. 02/2015<br />
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Der GKV-Spitzenverband und die Kassenzahnärztliche<br />
Bundesvereinigung (KZBV)<br />
haben 2014 eine einheitliche Gutachtervereinbarung für<br />
alle Verbände geschlossen, die die Möglichkeit eröffnet,<br />
auf Landesebene das bisherige Prothetik-Einigungs-<br />
Verfahren durch ein Obergutachterverfahren zu ersetzen.<br />
Gleichzeitig sind darin Maßnahmen zur Qualitätssicherung<br />
vereinbart und zudem ist das Vorschlagsrecht für<br />
einvernehmlich zu bestellende Gutachter auch für die<br />
Verbände festgelegt.<br />
In etlichen Bundesländern haben die Primärkassen von<br />
dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und den Übergang<br />
zum Obergutachterverfahren mit den jeweiligen<br />
Kassenzahnärztlichen Vereinigungen vereinbart, weil es<br />
schneller und kostengünstiger erscheint.<br />
Auch in Niedersachsen hat es entsprechende Anfragen<br />
an die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZVN) gegeben.<br />
Der Vorstand hat signalisiert, dass man sich eine solche<br />
Vereinbarung vorstellen könne, allerdings nur bei einer<br />
vollständigen Rückkehr zum gemeinsam vereinbarten<br />
Vertragsgutachterwesen.<br />
Dazu wurde von der KZVN angeboten, gemeinsame Anstrengungen<br />
zu einer Qualitätsverbesserung zu unternehmen<br />
zum Wohle aller Beteiligten, vor allem der Versicherten!<br />
Deren Interessen scheinen aber in Niedersachsen im<br />
Moment nicht im Focus zu liegen!<br />
Der Kompromissvorschlag der Kassen, das Obergutachterverfahren<br />
nur für Nachbegutachtungen einzuführen, bei<br />
Planungsgutachten aber den status quo zu belassen,<br />
war nicht akzeptabel. Dann müssten die Vertragsgutachter<br />
weiterhin die aufwendigen und oft nicht kostendeckenden<br />
Nachbegutachtungen und die entsprechenden Obergutachten<br />
durchführen, damit die Kassen gegebenenfalls<br />
schneller zu ihrem Geld kommen. Die weniger aufwendigen<br />
Planungsgutachten blieben den Vertragsgutachtern vorenthalten<br />
– und damit auch eine betriebswirtschaftlich nötige<br />
„Mischkalkulation“.<br />
Eine löbliche Ausnahme stellt der Landesverband der IKKen<br />
dar, der seinen Sitz außerhalb Niedersachsens hat, und<br />
dessen Verantwortliche offensichtlich die Interessen der<br />
Versicherten im Auge hatten, als sie entschieden, auch bei<br />
uns das Obergutachterverfahren einzuführen ohne Rücksicht<br />
auf die außerhalb Niedersachsens kaum nachvollziehbaren<br />
Überlegungen und Bindungen der Kassen an den Medizinischen<br />
Dienst der Krankenversicherung (MDK)!<br />
Die KZVN hat etliche Fälle dokumentiert, bei denen die<br />
Versorgung der Versicherten unnötig verzögert wurde<br />
durch die Weigerung der Kassen, ein Vertragsgutachten<br />
einzuleiten. So hat ein Versicherter erst nach einem halben<br />
Jahr einen Widerspruchsbescheid erhalten, weil er unter<br />
Berufung auf das BSG-Urteil einen ablehnenden Bescheid<br />
der Kasse aufgrund einer Stellungnahme des MDK nicht<br />
akzeptieren wollte.<br />
Senden Sie auch weiterhin solche Vorgänge an den Vorstand<br />
der KZVN, weil im politischen Raum auch die quantitative<br />
Frage eine Rolle spielt – obwohl doch jeder Rechtsverstoß<br />
und jede Verzögerung der Behandlung eine(r) zu viel ist!<br />
Ein Trauerspiel, dass sich nach wie vor Angehörige unseres<br />
Berufstandes für dieses Vorgehen der Kassen zur Verfügung<br />
stellen! Eine ideelle Motivation dafür gibt es schon lange<br />
nicht mehr!<br />
Und kontraproduktiv, weil ohne sie die Kassen gezwungen<br />
wären, mit der KZVN gemeinsam das vertragliche Gutachterwesen<br />
im Interesse der Versicherten schneller und besser<br />
zu gestalten!<br />
8 P O L I T I S C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
Vor diesem Hintergrund hat die Vertreterversammlung den<br />
Vorstand aufgefordert, alle Vorbereitungen zu treffen, um<br />
den Kassen den einfachen Weg über das Honorarkonto im<br />
Falle eines Behandlungsmisserfolges zu verbauen, und die<br />
Nachbegutachtungen so lange auszusetzen, wie die Kassen<br />
die Planungsgutachten nicht vertragsgemäß von einem<br />
gemeinsam bestellten Vertragsgutachter erstellen lassen.<br />
Wenn diese Forderung der Vertreterversammlung umgesetzt<br />
ist, müssen die Kassen mit ihren „gutachtlichen Stellungnahmen“<br />
des MDK den Weg über die Sozialgerichte gehen,<br />
um ihre Regressforderungen zu realisieren.<br />
Noch mehr aber ist der Versicherte betroffen, der derzeit in<br />
der Mehrzahl der Fälle von dem Zahnarzt seinen Eigenanteil<br />
erstattet bekommt, wenn entweder der Prothetik-Einigungs-<br />
KZBV-App<br />
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Patienten bundesweit an jedem Standort<br />
schnell und unkompliziert über ihr Smartphone einen<br />
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Ermöglicht wird dies durch die App „Zahnarztsuche“ der<br />
Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), die kostenlos<br />
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Ausschuss (PEA) oder das Obergutachten zu einer entsprechenden<br />
Einschätzung kommt. Auch der Versicherte muss<br />
dann klagen, oder analog mindestens den Ausgang des<br />
Verfahrens der Kasse abwarten – Dauer derzeit ca. 2 bis 3<br />
Jahre!<br />
Das dann wahrscheinlich reflexartig vorgetragene Argument,<br />
die KZVN würde Interessenpolitik auf dem Rücken der<br />
Patienten austragen, greift hier noch weniger, als sonst.<br />
Die KZVN ist auf den Kompromissvorschlag der Rechtsaufsicht<br />
eingegangen, die Kassen waren dazu nicht bereit.<br />
Eher ist es dann genau anders herum!<br />
ß<br />
— NZB-Redaktion<br />
Sobald Sie die Dateneingabe abgeschlossen haben, können<br />
Sie die Richtigkeit Ihrer Daten entweder online mit Hilfe<br />
einer elektronischen Signatur bestätigen oder das Dokument<br />
mit Ihren Daten ausdrucken und unterschrieben an die<br />
KZBV senden.<br />
Erst wenn der Datensatz erfolgreich signiert bzw. das<br />
unterschriebene Dokument bei der KZBV eingegangen ist,<br />
werden Ihre Praxisdaten für die App freigeschaltet.<br />
Änderungen möglich<br />
Zahnärzte, die sich bereits in der App registriert haben,<br />
können ihre Daten nachträglich ändern lassen.<br />
Entsprechende Änderungswünsche müssen schriftlich<br />
an folgende Anschrift übermittelt werden:<br />
KZBV, Stichwort „App“ Universitätsstr. 73, 50931 Köln.<br />
Ihre Ansprechpartnerin bei der KZBV:<br />
Daniela Dorsch<br />
Tel.: 030 280179-29<br />
ß<br />
— st-dr<br />
P O L I T I S C H E S<br />
9
Kurz vor dem Referentenentwurf<br />
BEKÄMPFUNG DER KORRUPTION IM GESUNDHEITSWESEN<br />
Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz<br />
war fleißig – aktuell kursieren<br />
zwei Entwürfe für Gesetze zur Korruptionsbekämpfung. Der<br />
eine zielt auf die Umsetzung von Europarecht in nationales<br />
Recht (Richtlinie 2013/40/EU über Angriffe auf Informationssysteme<br />
und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses<br />
2005/222/JI des Rates; Richtlinie 2008/99/EG über den<br />
strafrechtlichen Schutz der Umwelt) und überführt daneben<br />
mehrere Korruptionstatbestände aus dem Nebenstrafrecht<br />
in das Strafgesetzbuch (StGB). Dieser Entwurf ist schon vom<br />
Bundeskabinett beschlossen worden. Der andere – der<br />
Entwurf eines Referentenentwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes<br />
zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen<br />
– will die Korruption im Gesundheitswesen<br />
bekämpfen. Dazu soll ein neuer Straftatbestand der<br />
Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen ins<br />
Strafgesetzbuch eingeführt werden.<br />
Der Entwurf des Strafrechtsänderungsgesetzes zur<br />
Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen lehnt<br />
sich maßgeblich an einen Gesetzentwurf des Bundesrates<br />
aus der vergangenen Legislaturperiode an (Bundestagsdrucksache<br />
17/14575 vom 14. August 2013). Dieser<br />
wiederum war Reaktion auf eine Entscheidung des Großen<br />
Senats des Bundesgerichtshofes vom 29. März 2012, der<br />
Foto: NZB-Archiv<br />
hinsichtlich der Korruption durch Ärzte gesetzlichen Handlungsbedarf<br />
aufgezeigt hatte (vgl. hierzu auch gid Nr. 39/<br />
Nr. 40 vom 11. Januar 2013). Insbesondere niedergelassene<br />
und für die vertragsärztliche Versorgung zugelassene Ärzte<br />
seien weder Amtsträger noch Beauftragte der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung, weshalb die im Strafgesetzbuch<br />
verankerten Straftatbestände der Vorteilsannahme (§ 331<br />
StGB) und der Bestechlichkeit und Bestechung im<br />
geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) nicht greifen können.<br />
Mit der Gesetzesinitiative zur Bekämpfung der Korruption<br />
im Gesundheitswesen sollen die strafrechtlichen Lücken<br />
nun geschlossen werden. Damit der Wettbewerb im Gesundheitswesen<br />
geschützt und das Vertrauen der Patienten<br />
in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen nicht<br />
beschädigt wird. In der Umsetzung lehnt sich der Gesetzgeber<br />
dabei an die Regelungen an, die für Bestechung und<br />
Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gelten (§ 299 StGB).<br />
Dazu werden die §§ 300 bis 302 durch die §§ 299a bis<br />
302 ersetzt. Im Einzelnen enthält der Gesetzentwurf die<br />
folgenden Normierungen:<br />
1. Mit dem neuen § 299a StGB werden Bestechlichkeit<br />
und Bestechung im Gesundheitswesen zu einem<br />
neuen Straftatbestand, der mit einer Freiheitsstrafe bis<br />
zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden<br />
kann. Der neue Straftatbestand ist nicht nur auf Ärzte<br />
anwendbar, sondern gilt für alle akademischen Heilberufe<br />
wie Zahnärzte, Apotheker, Psychologische Psychotherapeuten,<br />
selbst Tierärzte. Er gilt daneben für die<br />
Gesundheitsfachberufe wie Physiotherapeuten, Krankenpfleger<br />
oder Logopäden; auch wenn das Risiko unlauterer<br />
Einflussnahme auf Entscheidungen nicht-akademischer<br />
Heilberufsgruppen weniger schwer wiegen dürfte<br />
als bei Ärzten, wie der Entwurf in seiner Begründung<br />
einräumt. Mit der Verankerung im Strafgesetzbuch wird<br />
der Straftatbestand der Korruption auch über den engen<br />
Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus<br />
gelten. Er erstreckt sich dann auf das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen<br />
oder Annehmen von Vorteilen und zwar<br />
immer dann, wenn der Vorteil als Gegenleistung für<br />
eine Bevorzugung im Wettbewerb oder eine Verletzung<br />
von Berufsausübungspflichten anzusehen ist. Dabei<br />
umfasst der Vorteilsbegriff auch immaterielle Vorteile wie<br />
zum Beispiel Ehrungen und Ehrenämter.<br />
2. Das höhere Strafmaß, das für besonders schwere Fälle<br />
der Korruption im geschäftlichen Verkehr gilt, soll auch<br />
10 P O L I T I S C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
im Gesundheitswesen zur Anwendung kommen. Wenn<br />
der Vorteil besonders groß ist oder der Täter gewerbsmäßig<br />
handelt oder Mitglied einer Bande ist, kann mit<br />
einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren<br />
reagiert werden. Eine Geldstrafe ist dann ausgeschlossen.<br />
Von einem besonders schweren Fall ist auch auszugehen,<br />
wenn es infolge einer korruptiv bedingten Falschbehandlung<br />
zu einer Schädigung oder erheblichen Gefährdung<br />
der Gesundheit eines Patienten gekommen ist.<br />
3. Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen<br />
werden nicht von Amts wegen verfolgt; es sei denn,<br />
die Strafverfolgungsbehörden halten ein Einschreiten<br />
aufgrund eines besonderen öffentlichen Interesses für<br />
geboten. Gemäß § 301 StGB soll eine sogenannte<br />
„relative Antragspflicht“ gelten. Berechtigt einen Strafantrag<br />
zu stellen, sind diejenigen, die durch Bestechung<br />
und Bestechlichkeit „verletzt“ werden und so einen<br />
Nachteil erleiden. Das sind zunächst die Konkurrenten<br />
oder die Patienten. Daneben sollen auch die Verbände<br />
der verletzten Mitbewerber – in erster Linie die Berufsverbände<br />
– antragsberechtigt sein. Umfassen Unrechtsvereinbarungen<br />
Verletzungen der Pflichten gegenüber<br />
Krankenkassen, zum Beispiel die Pflicht zur wirtschaftlichen<br />
Leistungserbringung oder Verordnungsweise, können auch<br />
diese einen Strafantrag stellen. Der neue § 301 StGB<br />
stärkt zudem die Eingriffsbefugnisse der berufsständigen<br />
Kammern und räumt auch ihnen für den Fall, dass der<br />
Täter zum Zeitpunkt der Tat Mitglied war, ein Antragsrecht<br />
ein.<br />
4. Nach § 302 StGB soll auch der so genannte „erweiterte<br />
Verfall“ (§ 73d StGB) in den Fällen von Bestechung und<br />
Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gelten. Handelt ein<br />
Täter gewerbsmäßig oder ist er Mitglied einer Bande,<br />
kann das Gericht Gegenstände des Täters einziehen,<br />
wenn sie aus der abzuurteilenden Straftat oder aus<br />
anderen rechtswidrigen Taten stammen. Diese gehen<br />
dann in das Eigentum des Staates über. Sind die<br />
Gegenstände aufgrund ihrer Beschaffenheit oder aus<br />
anderen Gründen nicht für einen Verfall geeignet, kann<br />
das Gericht anordnen, dass eine entsprechende Geldsumme<br />
aus dem Vermögen des Täters an den Staat fällt.<br />
5. Abschließend wird das Gerichtsverfassungsgesetz dahingehend<br />
ergänzt, dass für den neuen Straftatbestand der<br />
Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen<br />
die Wirtschaftsstrafkammern bei den Landgerichten<br />
zuständig sind.<br />
Das Gesetz soll nach Verkündung in Kraft treten. Doch<br />
soweit ist es noch nicht. Schließlich handelt es sich bei<br />
dem kursierenden Entwurf noch nicht um den offiziellen<br />
Referentenentwurf. Ende der 5. Kalenderwoche werden<br />
sich Bundesjustizministerium, Bundesgesundheitsministerium<br />
und die Berichterstatter der Regierungsfraktionen<br />
über die Vorlage verständigen. Änderungen sind daher<br />
noch möglich.<br />
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen<br />
Bundestages und Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion<br />
für das Thema Korruption, Professor Edgar Franke MdB, der<br />
das Gesetzgebungsvorhaben – immerhin seit 2009 – mit<br />
maßgeblich vorangetrieben hat, scheint mit der grundsätzlichen<br />
Ausrichtung des Entwurfs zufrieden zu sein wie<br />
aus einem aktuellen Interview hervorgeht (vgl. Schütze-<br />
Brief Nr. 7/2015 vom 29. Januar 2015). Die für den Entwurf<br />
formulierungstechnisch offenbar schwerste Hürde, die<br />
erwünschte Zusammenarbeit verschiedener Akteure im<br />
Gesundheitswesen, wie bei der Integrierten Versorgung, in<br />
der beispielsweise Vertragsärzte, gesetzliche Krankenkassen<br />
und Industrie zusammen kooperieren können, durch das<br />
Gesetz nicht zu verunmöglichen, scheint genommen.<br />
Deshalb ist es durchaus möglich, dass Bundesjustizminister<br />
Heiko Maas den offiziellen Referentenentwurf noch in der<br />
ersten Februarwoche ins Kabinett bringt.<br />
ß<br />
—<br />
Quelle: gid, 20. Jahrgang, Nr. 3/2015<br />
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11
Der Entwurf des<br />
Korruptionsgesetzes<br />
für Berufsgruppen<br />
des Gesundheitswesens<br />
verursacht<br />
Verleumdung!<br />
Die Überlegungen der politischen Mandatsträger<br />
in den letzten Legislaturperioden<br />
enden immer wieder in der Unterstellung, als würden in<br />
dem über 300 Milliarden Euro Gesundheitsmarkt große<br />
Summen zur Korruption eingesetzt. Dazu gibt es aber<br />
keinerlei statistische Daten und geprüfte Untersuchungen<br />
von neutral agierenden Institutionen. Immer wieder wird<br />
an Einzelfällen der visionäre, nur in seltenen Fällen<br />
tatsächliche erwiesene Generalverdacht, von der Politik<br />
und den Krankenkassen geschürt.<br />
Dabei ist das Vorhaben für dieses gesetzgebende Verfahren<br />
erneut voll im Sinne einer nicht nachhaltigen Politik.<br />
Der bereits bestehende Kontroll- und Leistungsdruck der<br />
gesetzlichen Krankenkassen auf alle Berufsgruppen und<br />
Institutionen würde nochmals gestärkt. Jede Verordnung,<br />
Behandlung, jeder Betreuungsaufwand für den einzelnen<br />
Patienten oder für Gruppen von Patienten kann von den<br />
Krankenkassen willkürlich als Vorwand genutzt werden,<br />
um die Staatsanwaltschaft einzuschalten.<br />
Die aufstiegswilligen Staatsanwälte werden auf Kosten der<br />
Qualität der Versorgung der Bürger alle Möglichkeiten zur<br />
Betätigung nutzen.<br />
Nicht nur Budget- und Regressandrohungen, sondern<br />
dann auch noch die Androhung von strafrechtlichen<br />
Maßnahmen werden das Gesundheitswesen insgesamt<br />
zu einem Moloch der „Rationierung von Leistungen für die<br />
Bürger/Versicherten/Patienten“ umgestalten.<br />
Als Reaktion darauf werden sich Teile der Berufsgruppen<br />
und Institutionen vom deutschen Markt verabschieden<br />
und sich entweder in andere Aufgabenstellungen begeben<br />
oder das Ausland bevorzugen. Eine Ausdünnung der<br />
Versorgung in allen Bereichen Deutschlands wird die Folge<br />
sein. Dies ist nicht im Sinne einer nachhaltigen Politik und<br />
der Krankenkassen.<br />
Fazit der Bürger Initiative Gesundheit e.V.:<br />
Dieses Gesetzesvorhaben treibt einen Keil in die bestehende<br />
Vertrauensbasis zwischen den Berufsgruppen der Versorgung<br />
und den vielfältigen Schichten der Bürger/Versicherten/<br />
Patienten. Es baut Vertrauen ab, steigert Misstrauen und<br />
die Kosten und senkt die Qualität.<br />
Auf der einen Seite fordert die Politik zum Wohle des<br />
Patienten sinnvollerweise von Kliniken ein Entlassmanagement<br />
mit Kooperationen und generell eine notwendige<br />
Vernetzung der Berufsgruppen und Institutionen, auf der<br />
anderen Seite wird dieses wichtige Vorhaben durch das<br />
Gesetzesvorhaben konterkariert.<br />
Der mit dem Korruptionsgesetz verbundene personelle<br />
und finanzielle Aufwand steht in keinem Verhältnis zur<br />
vorhandenen Korruption in Deutschland im Gesundheitswesen.<br />
Es baut erneut vorhandene Ressourcen ab, die<br />
dringend für die Versorgung zur Verfügung stehen müssen.<br />
Es gilt zu verhindern, dass die gesetzlichen Krankenkassen<br />
mit Duldung der nicht nachhaltig agierenden Politiker zum<br />
Scharfrichter oder Verleumder für jede Person oder Institution<br />
in der Versorgung im Gesundheitswesen werden.<br />
ß<br />
—<br />
Wofram-Arnim Candidus<br />
Präsident Bürger Initiative Gesundheit e.V.<br />
Quelle: Presseinformation Bürger Initiative Gesundheit e.V.<br />
vom 10.02.2015<br />
12 P O L I T I S C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
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7. Jahrestagung<br />
der Deutschen Gesellschaft<br />
für Umwelt-ZahnMedizin<br />
vom 08. bis 09. Mai 2015<br />
in Frankenthal<br />
14<br />
Heilberufe nicht unter<br />
Generalverdacht stellen<br />
P O L I T I S C H E S<br />
KZBV UND BZÄK ZUM REFERENTENENTWURF<br />
FÜR EIN GESETZ ZUR BEKÄMPFUNG DER<br />
KORRUPTION IM GESUNDHEITSWESEN<br />
Der aktuelle Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung<br />
der Korruption im Gesundheitswesen ist unnötig, da bereits<br />
vorhandene Sanktionsinstrumente ignoriert werden, anstatt diese auszubauen,<br />
bemängeln Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und<br />
Bundeszahnärztekammer (BZÄK).<br />
Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV: „Statt die Heilberufe<br />
unter Generalverdacht zu stellen und das Land flächendeckend mit Sonderstaatsanwaltschaften<br />
zu überziehen, sollte der Gesetzgeber vielmehr die<br />
Möglichkeiten der Selbstverwaltungskörperschaften stärken, um die wenigen<br />
schwarzen Schafe im Gesundheitswesen, die es im Übrigen in allen Bereichen<br />
der Gesellschaft gibt, noch konsequenter sanktionieren zu können.<br />
Zudem sollten die Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und<br />
Staatsanwaltschaften gefördert und entsprechende Schnittstellen verbessert<br />
werden.“<br />
„Es gibt bereits sehr etablierte berufs- und sozialrechtliche Sanktionierungsmöglichkeiten”,<br />
ergänzt BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel. „Das zahnärztliche<br />
Berufsrecht greift umfassend. Damit steht Bestechlichkeit auch jetzt schon<br />
unter Strafe – bis hin zum Entzug der Approbation, was einem Berufsverbot<br />
gleichkommt. Mehr Rechtsaufwand löst nicht das Problem, sondern schafft<br />
nur Mehraufwand für alle.“<br />
KZBV und BZÄK gehen einer Null-Toleranz-Politik nach. Jeder Rechtsbruch ist<br />
einer zu viel und wird im Interesse von Versicherten und Patienten unnachgiebig<br />
verfolgt.<br />
ß<br />
—<br />
Quelle: Presseinformation der KZBV und BZÄK vom 28.02.2015<br />
Oraler Galvanismus<br />
Kieferorthopädie<br />
und ihre Folgen<br />
Der Darm als „Leid“-Organ<br />
zahnärztlicher Werkstoffe<br />
Toxikologie von<br />
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Neue Begriffe in der<br />
restaurativen Zahnerhaltung<br />
<br />
Die Adhäsivtechnik ist heute Standard in<br />
der modernen Zahnerhaltung, Prothetik<br />
und Kieferorthopädie. Gerade im Zusammenhang mit der<br />
GOZ von 2012 wurden wiederholt Begriffe verwendet,<br />
die eine mehrdeutige Interpretation zulassen. Ziel dieser<br />
Übersicht ist es, heutige Begrifflichkeiten der Adhäsivtechnik<br />
incl. aktueller Modifikationen vorzustellen und<br />
gegeneinander abzugrenzen. Neben konventionellen<br />
Begriffen z.B. Konditionieren betrifft dies heute auch<br />
Reparaturen von Metall, Keramik und Komposit sowie<br />
die Infiltration von Schmelz- und Dentinkaries.<br />
1 Was gehört zur Adhäsivtechnik?<br />
1.1 Definitionen/Begriffe<br />
Adhäsivtechnik ist ein wesentlicher Bestandteil der Restaurativen<br />
Zahnmedizin (Zahnerhaltung, Prothetik), die durch<br />
die nicht mehr nötige Makroretention komplett neue<br />
Möglichkeiten bietet. Adhäsion (lat. adhaerere) bedeutet<br />
„Haften unterschiedlicher Substanzen“ durch Annäherung<br />
an den Berührungsflächen und dadurch wirksam werdende<br />
molekulare Anziehungskräfte [147]. Dabei benötigt man eine<br />
feste (aufnehmende) Fläche, das Substrat (oder Adhärens),<br />
und eine flüssige Phase, das Adhäsiv [147]. Neben rein<br />
mechanischen, mikroretentiven Verbindungen an rauen/<br />
porösen Materialoberflächen sind auch rein chemische<br />
Verbindungen zwischen Adhäsiv und Substrat (Ionenbindungen,<br />
kovalente Bindungen, Wasserstoffbrückenbindungen,<br />
Dipolbeziehungen, Van-der-Waals-Kräfte) möglich [119, 140].<br />
Ein enger Kontakt ist unabdingbar für eine dauerhafte<br />
Verbindung, daher setzt man dünnfließende Adhäsive ein,<br />
um eine gute Benetzung der beteiligten Oberflächen zu<br />
gewährleisten [94, 143, 147]. Das ideale Adhäsionssubstrat<br />
verfügt über eine hohe Oberflächenenergie, das perfekte<br />
Adhäsiv ist so niedrigviskös, dass die Oberflächenspannung<br />
des Adhäsivs geringer ist als die Oberflächenenergie des<br />
Substrates. Daneben beeinflusst auch die Rauigkeit des<br />
Substrats die Adhäsion, da eine Oberflächenvergrößerung<br />
nach Ausfüllen der Unregelmäßigkeiten mikromechanische<br />
Retentionen erzeugt [94, 143, 147]. Adhäsivtechnik als<br />
Möglichkeit, z.B. Kompositmaterialien an Schmelz und Dentin<br />
zu kleben, wird in der Regel als primär mikromechanisch<br />
beschrieben, da reine/zusätzliche chemische Verbindungen<br />
bislang nur in geringem Maße nachgewiesen werden<br />
konnten [94, 146, 148]. Chemische Haftung ist dann<br />
möglich, wenn zwei Atome gemeinsame Elektronen nutzen.<br />
Wasserstoffbrückenbindungen und Anziehung polarer<br />
Gruppen sind physikalische Adhäsionsprozesse. Zur<br />
Ausbildung chemischer Adhäsionskräfte müssen Moleküle<br />
auf mindestens 0,7 nm angenähert werden, bei sekundären<br />
chemischen Kräften auf mindestens 3 nm [141]. Aus klinischer<br />
Sicht ist die Rolle der mikromechanischen Verankerung<br />
im Rahmen der Adhäsivtechnik eindeutig dominant [115,<br />
138, 140–143]. Da harzbasierte Materialien (wie z.B. Mikrooder<br />
Nanohybridkomposite, Kompomere, Ormocere, Silorane)<br />
keine Adhäsion zu Schmelz und Dentin aufweisen wie<br />
z.B. Glasionomerzemente oder selbstadhäsive Materialien<br />
[38, 54, 88, 147], benötigen sie ein Adhäsiv. Ohne letzteres<br />
entstünden direkt nach erfolgter Polymerisation Randspalten,<br />
welche durch die unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten<br />
von Zahnhartsubstanzen und Restaurationsmaterial<br />
sowie die mechanische Belastung der Restauration<br />
verstärkt werden [8, 12, 14, 20, 29, 52, 55, 61, 69, 72, 87,<br />
142, 147]. Ohne effektive Vorbehandlung der Zahnhartsubstanzen<br />
ist eine dauerhafte Verbindung mit den Zahnhartsubstanzen<br />
unmöglich [37, 39, 41, 85, 106, 116, 119, 140,<br />
146]. Historisch betrachtet ist es erst durch die Evolution<br />
der Adhäsivtechnik möglich geworden, einen effektiven<br />
Antagonismus zur Polymerisationsschrumpfung der Komposite<br />
zu etablieren [14, 23, 25, 38, 55, 56]. Obwohl es<br />
Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der marktüblichen<br />
Adhäsivsysteme gibt und Haftkräfte und Abdichtungsvermögen<br />
adhäsiv befestigter Restaurationen im Lauf der<br />
mechanisch/biologischen Gebrauchsphase im Mund des<br />
16 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
Patienten nachlassen, sind heute Langzeiterfolge von weit<br />
mehr als 10 Jahren in der Literatur belegt [25, 52–54, 56,<br />
88, 99, 116, 145]. Entscheidend für den klinischen Langzeiterfolg<br />
sind dabei weniger absolute Haftkräfte oder<br />
Dichtigkeitsnachweise in vitro als funktionell und ästhetisch<br />
akzeptable Restaurationen ohne endodontische oder<br />
parodontale Irritationen in vivo [40–42, 57, 58].<br />
1.2 Adhäsivtechnik und Schmelzhaftung<br />
Die Bedeutung der Adhäsivtechnik für die Schmelzhaftung<br />
ist eindeutig. Ätzen mit 30- bis 40%iger Phosphorsäure<br />
schafft eine ideale Oberflächenmorphologie für die mikromechanische<br />
Verankerung von Kunststoffen [37, 41, 62, 69,<br />
71, 143]. Durch die unterschiedliche Säurelöslichkeit der<br />
Schmelzprismen im Zentrum und in der Peripherie entsteht<br />
eine raue Struktur, die ungefüllten und gefüllten Adhäsiven<br />
das Einfließen ermöglicht und durch die Polymerisation<br />
zu einer innigen Verzahnung mit dem Zahnschmelz führt<br />
[37, 41, 47, 62, 69, 71, 143]. Durch den Ätzvorgang werden<br />
ca. 10 µm der Schmelzoberfläche irreversibel abgetragen<br />
und darunter eine Rautiefe von bis zu 50 µm erzeugt,<br />
das so genannte Ätzmuster [48]. Dieses retentive Ätzmuster<br />
zeichnet sich durch eine hohe Oberflächenenergie aus,<br />
die Benetzbarkeit des Schmelzes wird erhöht. Gängige<br />
Phosphorsäure-Konzentrationen liegen bei 35–40 %, bei<br />
Konzentrationen unter 27 % entstehen weniger lösliche<br />
Präzipitate, daher entspricht es nicht den Tatsachen, dass<br />
niedrigere Konzentrationen „schonender“ und genauso<br />
effektiv sind. Als ideal wird für präparierten Schmelz eine<br />
Konzentration von ca. 37 % bei 30 sec Ätzdauer empfohlen<br />
[39, 48, 143, 147]. Kürzere Ätzzeiten sind an präpariertem<br />
Schmelz möglich, während an nicht präpariertem Schmelz<br />
(Fissurenversiegelung, approximale Versiegelung, Zahnverbreiterung)<br />
60 sec geätzt werden sollte [47, 111, 112].<br />
Die Schmelzprismen sollten quer zu ihrer Verlaufsrichtung<br />
angeätzt werden, bei längs verlaufenden Prismen kann<br />
das Adhäsiv lediglich seitlich in die gelockerten Prismenbereiche<br />
einfließen [13]. Daher wurde die Notwendigkeit der<br />
Schmelzabschrägung im Seitenzahnbereich immer wieder<br />
diskutiert. Obwohl In-vitro-Resultate die Überlegenheit der<br />
Anschrägung belegen [13], gibt es klinisch keinen Beweis<br />
für dieses Paradigma [71, 73, 74, 76, 77], da weitere Parameter<br />
hinzukommen und eine Anschrägung nicht nötig ist,<br />
wenn die Prismen bei der Präparation schon quer/schräg<br />
angeschnitten werden. Der eigentliche Schmelzverbund<br />
wird über funktionelle Adhäsive bewerkstelligt wie z.B.<br />
mit Monomeren auf Basis von bis-GMA, evtl. verdünnt mit<br />
TEGDMA. Die Haftung wird über so genannte Tags und<br />
interkristalline Retention aufgebaut [55, 143, 147]. Nach<br />
Phosphorsäure-Ätzung separat aufgetragene Primer sollen<br />
nicht länger als 15 sec aktiv in die geätzte Schmelzoberfläche<br />
einmassiert werden, da sich sonst durch eventuelle<br />
Zerstörung des Ätzmusters die Haftwerte verschlechtern<br />
[30]. „Konditionierung“ ist ein separater Arbeitsschritt, der<br />
in der Regel mit einem Spülvorgang vergesellschaftet ist.<br />
Dies trifft bei allen Etch and Rinse-Adhäsivsystemen zu,<br />
auch für früher verwendete Systeme, die sich nicht der<br />
Phosphorsäure sondern anderer Säuren (z.B. 10 % Maleinsäure,<br />
10 % Oxalsäure) bedienten [3].<br />
Selbstätzende Adhäsivsysteme wurden ursprünglich primär<br />
zur schonenden Vorbehandlung von Dentin entwickelt –<br />
heute werden diese Adhäsivsysteme jedoch auch für die<br />
„Ätzung“ von Schmelz eingesetzt [8, 23, 37, 52]. Selbstätzende<br />
Adhäsivsysteme enthalten saure Primer oder saure<br />
Monomermischungen (pH < 1 bis pH 2), die in der Lage<br />
sind, im Schmelz ein (gewisses) Ätzmuster zu erzeugen<br />
[133, 141, 144]. Die Ätzmuster, die diese selbstätzenden<br />
Systeme erzeugen, sind deutlich schwächer ausgeprägt<br />
als nach Phosphorsäureätzung [30, 37, 105]. Die Effektivität<br />
und vor allem die Dauerhaftigkeit des durch selbstätzende<br />
Adhäsive generierten Schmelzverbunds sind in der Literatur<br />
umstritten. Untersuchungen zeigen für selbstätzende<br />
Adhäsive bisher immer schlechtere Ergebnisse als die für<br />
Etch and Rinse-Adhäsive [8, 36, 37, 114]. Das Randverhalten<br />
im Schmelz von Kompositfüllungen an Molaren war nach<br />
thermischer und mechanischer Belastung signifikant<br />
schlechter als für die Etch and Rinse-Systeme [8, 37].<br />
Mehrere Autorengruppen konnten zeigen, dass eine selektive<br />
Konditionierung des Schmelzes mit Phosphorsäure die<br />
Wirksamkeit von selbstätzenden Systemen verbessert [39,<br />
132, 139]. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass es<br />
sich dann um eine reine selektive Ätzung des Schmelzes<br />
handelt [39]. 8<br />
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1.3 Adhäsivtechnik und Dentinhaftung<br />
Eine erfolgreiche Implementierung des Dentins als Adhäsionssubstrat<br />
dauerte Jahrzehnte länger als beim Schmelz<br />
[20, 21, 23, 24, 88, 108]. Hauptsächlich waren dabei zwei<br />
Probleme zu bewältigen, auf der einen Seite die Hydrophilie<br />
des Dentins incl. der mit Dentinliquor gefüllten Tubuli<br />
[139–141], auf der anderen Seite die Präsenz einer<br />
Schmierschicht, welche nach mechanischer Bearbeitung<br />
entsteht [97, 152, 156]. Erste Entwicklungsstufen der Dentin -<br />
adhäsive konnten nie den Anforderungen für den klinischen<br />
Einsatz gerecht werden, da lediglich eine Bindung an<br />
die Schmierschicht erreicht wurde [152]. Es wurde zwar<br />
eine recht gute Infiltration der Schmierschicht erreicht, die<br />
Haftung des Komposits wurde aber durch die geringe Adhäsion<br />
der Schmierschicht am Dentin limitiert [10, 11, 49].<br />
Darüber hinaus ist die Schmierschicht hydrolytischen<br />
Degradationsprozessen ausgesetzt [103]. Klinisch relevante<br />
Dentinhaftungen konnten erst mit der nächsten Entwicklungsstufe<br />
erzielt werden (z.B. Gluma/Bayer Dental, Syntac/<br />
Ivoclar Vivadent, A.R.T. Bond/Coltène). Dabei wurde der<br />
präparierte Schmelz konventionell mit Phosphorsäure konditioniert,<br />
also eine selektive Schmelzätzung durchgeführt<br />
[39, 40, 71, 72]. Erst im zweiten Schritt wurde dann ein<br />
Self-etch-Primer appliziert, eine saure Monomerlösung,<br />
die in der Lage war, die Schmierschicht aufzulösen.<br />
Charakteristikum der nächsten Entwicklungsstufe war das<br />
simultane Ätzen beider Zahnhartsubstanzen mit Phosphorsäure.<br />
Dies wurde früher „total etching“ genannt, heute<br />
korrekter „Etch and Rinse-Technik“ [143, 145]. Der nach<br />
Phosphorsäure-Ätzung applizierte Primer hat nun die<br />
Aufgabe, die hydrophile Oberfläche mithilfe enthaltener<br />
amphiphiler Moleküle vorzubereiten. Danach wird das<br />
hydrophobe Adhäsiv zur chemischen Bindung an das<br />
nachfolgend aufzutragende Komposit appliziert. Somit sind<br />
zwei getrennte Komponenten (Primer, Adhäsiv) charakteristisch<br />
für diese Entwicklungsstufe der Adhäsivsysteme.<br />
Danach erfolgte die Einführung der sogenannten „One<br />
bottle bonds“. Erste Erscheinungsform dieser Gruppe war<br />
das Kompomer-Adhäsiv Dyract PSA (Dentsply). Aus werkstoffkundlicher<br />
Sicht ist es plausibel, dass die Kombination<br />
der Eigenschaften (Penetrationsfähigkeit vs. mechanische<br />
Stabilität) einen Kompromiss darstellt, da nicht beide Punkte<br />
voll entwickelt sein können. Unabhängig davon ist allen<br />
Etch and Rinse-Systemen ein Problem gemeinsam: Das<br />
Kollagennetzwerk, das nach der Phosphorsäureapplikation<br />
freigelegt wird, muss von einem hydrophilen Monomer<br />
durchdrungen werden. Dazu darf das Kollagennetzwerk<br />
nicht kollabieren. Bei der Etch and Rinse-Technik werden<br />
wie für die Schmelzkonditionierung meist eingefärbte<br />
35– bis 40%ige Phosphorsäure-Gele eingesetzt. Die Säure<br />
dringt bevorzugt entlang der Dentintubuli, die durch die<br />
Konditionierung eröffnet werden, in die Tiefe. Das intertubuläre<br />
Dentin wird bis in eine Tiefe von 3 bis 10 µm, manchen<br />
Autoren zufolge sogar bis zu 20 µm, demineralisiert<br />
[106, 108, 109]. Der Säureangriff ist peritubulär effektiver<br />
als intertubulär. Der durchschnittliche irreversible Verlust an<br />
Dentin beträgt dabei etwa 10 µm, während die Tiefe der<br />
Kollagenfreilegung mit etwa 20 µm, in Abhängigkeit von<br />
der Säurekonzentration und Ätzdauer beschrieben wird<br />
[107]. Die Säure dringt maximal etwa 30 µm in das Dentin<br />
ein und hat daher auf Dentin per se keine schädigende<br />
Wirkung [104]. Je nach Dauer der Ätzung mit Phosphorsäure<br />
resultieren unterschiedliche Demineralisationstiefen, die<br />
zusätzlich davon abhängig sind, ob das Ätzgel während<br />
der Applikation in Bewegung gehalten wurde oder nicht<br />
[151]. So wurde nach 10 sec ohne Bewegung so gut wie<br />
keine Demineralisation des kompakten Dentins festgestellt,<br />
während in Bewegung gehaltenes Ätzgel in 10 sec eine<br />
ca. 3 µm tiefe Kollagenfaserschicht freilegte. Nach 60 sec<br />
konnte mit Bewegung eine Demineralisationstiefe von<br />
13 µm gemessen werden. Im Allgemeinen wird eine<br />
Applikationszeit der Phosphorsäure auf Dentin von 15 (–20)<br />
sec empfohlen, bei verlängerten Ätzzeiten besteht die<br />
Gefahr, dass das Kollagen dabei auch in tieferen Schichten<br />
freigelegt wird, wo es dann möglicherweise nicht vollständig<br />
von den Komponenten des Bondingsystems durchdrungen<br />
werden kann [118]. Die nicht mit Monomeren infiltrierten<br />
Kollagenbereiche des demineralisierten Dentins werden<br />
als besonders kritisch bezüglich einer möglichen Degradation<br />
angesehen. Bei einer zu langen Einwirkung der Säure<br />
kann daher der Verbund geschwächt werden [31, 110]. Das<br />
durch Phosphorsäure-Ätzung freigelegte Kollagennetzwerk<br />
muss anschließend sicher von Monomeren durchdrungen<br />
werden. Dieses besitzt allerdings eine geringe Oberflächenenergie,<br />
sodass die Applikation von oberflächenaktiven<br />
Komponenten in Form von Primern für die Haftung an<br />
konditioniertem Dentin besonders wichtig ist. Um den<br />
Erfolg der sinnvollerweise gleichzeitig erfolgten Schmelzätzung<br />
sichtbar zu machen, müssen zumindest die Schmelzränder<br />
getrocknet werden. Dadurch wird aber dem instabilen<br />
Kollagenfasergeflecht wichtige Feuchtigkeit entzogen,<br />
woraus ein Zusammenfallen und Verkleben des Kollagens<br />
resultiert. „Wet bonding“, also das Belassen sichtbarer<br />
Feuchtigkeit auf der Dentinoberfläche kann diesen Kollagenkollaps<br />
verhindern sowie die Penetration in die interfibrillären<br />
Räume fördern [31, 37, 106, 109 110]. Der Begriff des<br />
„wet bonding“ stammt jedoch aus Untersuchungen, die<br />
mit acetonbasierten Systemen (z.B. Prime and Bond NT)<br />
durchgeführt wurden [64]. Bei Verwendung von Aceton<br />
als Lösungsmittel funktioniert nur feuchtes Dentin als Bindungspartner<br />
für solche Systeme. Ein Wiederanfeuchten<br />
des Dentins („Re-wetting“) ist ebenfalls möglich und meist<br />
leichter durchzuführen [63]. Auf getrocknetem Dentin sind<br />
ethanol- oder acetonhaltige Primer daher signifikant weniger<br />
wirksam [39, 106, 109]. Tert-Butanol ist ein weniger<br />
techniksensitives Lösungsmittel wie in XP Bond (Dentsply<br />
18 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
DeTrey, Konstanz), trotzdem ist auch hier ein Re-wetting<br />
grundsätzlich empfehlenswert [7]. Eine unvollständige<br />
Penetration der hydrophilen Primer in das Kollagennetzwerk<br />
bedeutet, dass nicht ausgefüllte Bereiche der nanoskopischen<br />
interfibrillären Räume zurückbleiben, die zu „Nanoleakage“<br />
führen [26, 33, 37, 118, 123, 134, 135]. Klinisch<br />
treten dann vermehrt postoperative Hypersensitivitäten auf.<br />
Wasser- (z.B. Adper Scotchbond Multi-Purpose, 3M Espe)<br />
und wasser-/alkoholbasierte Systeme (z.B. OptiBond FL,<br />
Kerr), erreichen durch das im Primer enthaltene Wasser<br />
auch ohne Re-wetting eine akzeptable Rehydrierung [31,<br />
33, 41, 58, 69, 80].<br />
Um die Gefahr eines Zusammenfallens des Kollagennetzwerkes<br />
zu umgehen, sind Adhäsivsysteme auf Self-Etch-<br />
Basis entwickelt worden. Sie enthalten Primer mit einem<br />
sauren pH-Wert, die in der Lage sind, Schmelz und Dentin<br />
zu demineralisieren und gleichzeitig in diese konditionierten<br />
Oberflächen einzudringen. Die bei dieser Variante der Dentinvorbehandlung<br />
aufgebrachten Säuren werden bewusst<br />
nicht abgespült. Es existieren 2-Schritt- und 1-Schritt-Systeme.<br />
Beim 2-Schritt-System wird ein Self-Etch-Primer auf<br />
Schmelz und Dentin appliziert und getrocknet, bevor im<br />
zweiten Schritt das Adhäsiv aufgetragen und lichtgehärtet<br />
wird. Zur weiteren Vereinfachung wurden dann die beiden<br />
Komponenten zusammengefasst zu selbstätzenden Primer-<br />
Adhäsiven, die auch All-in-one-Adhäsive genannt werden.<br />
Sie enthalten eine ausgewogene Mischung von hydrophilen<br />
und hydrophoben Monomeren und sind so sauer, sodass<br />
sie neben der Funktion des Adhäsivs gleichzeitig auch<br />
die des Ätzmittels und des Primers erfüllen. Nach dem<br />
Grad der Auflösung von Hydroxylapatit unterscheidet man<br />
selbstkonditionierende Präparate mit starker (pH ca. 1),<br />
moderater (pH ca. 1,5) oder milder (pH ca. 2) Ätzwirkung<br />
(Produkte siehe Tab. 1) [133]. Weder für die Haftung am<br />
Dentin noch für die Schmelzhaftung kann aus dem pH der<br />
selbstkonditionierenden Lösungen auf die erzielte Haftfestigkeit<br />
bzw. auf deren Langzeitbeständigkeit geschlossen<br />
werden [65]. Das Lösungsmittel dieser selbstätzenden<br />
Adhäsivsysteme muss zumindest zu einem relativ großen<br />
Teil aus Wasser bestehen, denn nur in wässriger Lösung<br />
können Säuren dissoziieren und damit ihre Ätzwirkung<br />
entfalten. Self-Etch-Primer müssen nach einer gewissen 8<br />
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Systeme mit dentinkonditionierenden<br />
Primern (alleinige Schmelzätzung mit<br />
Phosphorsäure und anschl. Absprühen)<br />
Primer zum Anmischen:<br />
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Systeme für die Etch and Rinse-Technik<br />
(Schmelz- und Dentinätzung mit<br />
Phosphorsäure und anschl. Absprühen)<br />
Drei-Schritt-Systeme<br />
(Ätzung/Primer/Adhäsiv):<br />
Adper Scotchbond MP (3M Espe)<br />
cmf adhesive system (Saremco)<br />
Ecusit Primer/Mono (DMG)<br />
Gluma Solid bond (Heraeus Kulzer)<br />
Microbond (Saremco)<br />
OptiBond FL (Kerr Hawe)<br />
Paama 2 (SDI)<br />
Quadrant Uni Bond (Cavex)<br />
Solobond Plus (Voco)<br />
Syntac (Ivoclar Vivadent)<br />
Sonderform<br />
(Ätzung/2x Primer-Adhäsiv):<br />
Ambarino Bond (Creamed)<br />
Ena Bond (Loser&Co)<br />
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Cumdente Adhesive (Cundente)<br />
Solist (DMG)<br />
Zwei-Schritt-Systeme<br />
(Ätzung/Primer-Adhäsiv):<br />
Admira Bond (Voco)<br />
Adper Scotchbond 1 XT (3M Espe)<br />
Bond 1 (Pentron)<br />
Clearfil New Bond (Kuraray)<br />
Clearfil Photo Bond (Kuraray)<br />
Cosmedent Complete (Cosmedent)<br />
Dentamed P&B (Dr. Ihde)<br />
Excite (Ivoclar Vivadent)<br />
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James-2 (Saremco)<br />
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Mirage Dentin Adhäsiv (Tanaka)<br />
One Coat Bond (Coltène)<br />
OptiBond Solo Plus (Kerr Hawe)<br />
PQ1 (Ultradent)<br />
Prime & Bond NT (Dentsply)<br />
Quadrant Uni (1) Bond (Cavex)<br />
Solobond Mono (Voco)<br />
Stae (SDI)<br />
TECO (DMG)<br />
XP Bond (Dentsply)<br />
Systeme mit schmelz- und<br />
Dentin-konditionierenden Primern<br />
(ohne Absprühen der sauren Primer)<br />
getrennte Applikation von Primer und<br />
Adhäsiv Primer zum Anmischen:<br />
Clearfil Liner Bond 2V (Kuraray)<br />
FL-Bond (Shofu)<br />
Resulcin AquaPrime & MonoBond<br />
(Merz Dental)<br />
Primer gebrauchsfertig:<br />
AdheSE (Ivoclar Vivadent)<br />
Adper Scotchbond SE (3M Espe)<br />
Clearfil SE Bond (Kuraray)<br />
Clearfil Protect Bond (Kuraray)<br />
Contax (DMG)<br />
OptiBond Solo plus (Kerr Hawe)<br />
One Coat Self Etch Bond (Coltène)<br />
Unifil (GC)<br />
All-in-one-Adhäsive mit Anmischen:<br />
Adper Prompt L-Pop (3M Espe)<br />
Futurabond NR (Voco)<br />
One Up-Bond F (Tokuyama)<br />
Xeno III (Dentsply DeTrey)<br />
Flowsive SE (R-Dental)<br />
ohne Anmischen:<br />
Adect* (BonaDent)<br />
AdheSE One (Ivoclar Vivadent)<br />
Adper Easy Bond (3M Espe)<br />
AQ-Bond (Morita)<br />
artCem One (Merz)<br />
Bond Force (Tokuyama)<br />
Clearfil Tri S Bond (Kuraray)<br />
Futurabond M (Voco)<br />
G-Bond (GC)<br />
Hybrid Bond (Morita)<br />
iBond Self Etch (Heraeus Kulzer)<br />
One Coat 7.0 (Coltène)<br />
OptiBond All-in-one (Kerr)<br />
Xeno V (Dentsply)<br />
Scotchbond Universal** (3M)<br />
* Doppelte Applikation erforderlich<br />
** mit oder ohne separate<br />
Dentinätzung mit Phosphorsäure<br />
Tab 1: Auflistung marktüblicher Produkte der verschiedenen Adhäsivsystem-Klassen nach Primerfunktionalität.<br />
20 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
8 Einwirkperiode von in der Regel 30 sec lediglich verblasen<br />
werden, um die enthaltenen Lösungsmittel (Aceton, Alkohol<br />
und vor allem Wasser) zu verflüchtigen. Dabei werden die<br />
aufgelöste Schmierschicht und die anorganischen Komponenten<br />
des dekalzifizierten Dentins mit in den Verbund<br />
integriert [133, 143, 148].<br />
1.4 Adhäsion mit selbstadhäsiven Materialien<br />
1.4.1 Selbstadhäsive Komposite für direkte<br />
restaurative Therapien<br />
Bedingt durch den großen Erfolg der selbstadhäsiven<br />
Befestigungskompositmaterialien wurde versucht, auch bei<br />
den direkten Füllungsmaterialien eben diese Haftmechanismen<br />
zu etablieren – also ein selbstadhäsives Restaurationsmaterial<br />
ohne eigentliches Adhäsiv. Das erste kommerziell<br />
angebotene selbsthaftende Produkt war Vertise Flow<br />
(Fa. Kerr Corporation, Orange, USA). In diesem Produkt ist<br />
ein spezielles Monomer enthalten (GPDM= Glycerol-Phosphat-Dimethacrylat),<br />
welches aus einer funktionellen Phosphatgruppe<br />
besteht. Diese ist in dissoziierter Form in der<br />
Lage, chemische Bindungen zum Kalzium der Zahnhartsubstanzen<br />
einzugehen. Somit wirkt das Molekül wie ein<br />
Haftvermittler, der auf der einen Seite durch die saure<br />
Phosphatgruppe die Oberfläche ätzt, damit eine mikroretentive<br />
Oberfläche schafft und die chemische Bindung eingeht,<br />
an dem anderen Ende des Moleküls aber über Methacrylatgruppen<br />
verfügt, die mit anderen Monomeren vernetzen<br />
können. Ein weiteres Produkt, Fusio Liquid Dentin (Fa.<br />
Pentron Clinical, Orange, USA), setzt 4-META als adhäsives<br />
Monomer ein, das ähnlich dem Glasionomerzement über<br />
Carboxylatgruppen eine Haftung zur Zahnhartsubstanz<br />
aufbaut. Abweichend von traditionellen fließfähigen Kompositen<br />
benötigen selbstadhäsive Flowables keine Vorbehandlung<br />
mit einem Adhäsiv. Damit ein selbsthaftendes<br />
(flowable) Komposit in engen Kontakt mit den Haftflächen<br />
kommt, muss es aktiv aufgetragen werden. Bei Vertise Flow<br />
erfolgt die Applikation mit einem Pinsel oder Microbrush,<br />
der durch die reibende Bewegung das fließfähige Komposit<br />
in einer ca. 0,5 mm dicken Schicht auf der Haftfläche<br />
verteilen soll. Mit dieser aktiven Applikationsweise wird die<br />
Interaktion der sauren Monomere mit der Kontaktfläche<br />
verstärkt. Diese möglichst gleichmäßige Schicht muss<br />
durch Lichtinitiation aushärten. Bei Vertise Flow wird vom<br />
Hersteller eine Polymerisationszeit von 20 sec empfohlen,<br />
da adhäsive Monomere eine verzögerte Reaktion bei der<br />
Lichthärtung aufweisen. Während die hydrophile Phosphatgruppe<br />
also für die mikromechanische und chemische<br />
Bindung an der Zahnhartsubstanz verantwortlich ist, wird<br />
die mechanische Festigkeit durch die Vernetzung der Methacrylatgruppen<br />
erreicht. Die hydrophile Phosphatgruppe<br />
ist allerdings auch für die Wasseraufnahme verantwortlich,<br />
welche bei Vertise Flow signifikant höher als bei nicht<br />
adhäsiven Flowables ausfällt [155]. Die Hydrophilie eines<br />
adhäsiven Monomers hängt von der chemischen Struktur<br />
ab, und zwar von dem räumlichen Abstand zwischen den<br />
Methacrylatgruppen und der Phosphatgruppe. Diese<br />
Hydrophilie ist nötig, um eine Benetzbarkeit sicherzustellen,<br />
sodass das Monomer überhaupt in einen innigen Kontakt<br />
mit der Substratoberfläche kommen kann. Andererseits<br />
zeigt dieses hydrophile Ende neben der Wasseraufnahme<br />
auch eine Anfälligkeit bezüglich Hydrolyse. Da der Phosphorsäureester,<br />
den das GPDM-Molekül bildet, jedoch stabiler<br />
als andere Ester ist, müsste eigentlich nicht mit einer so<br />
starken Hydrolyse dieser Verbindung gerechnet werden,<br />
welche die Langzeitstabilität der Haftung beeinträchtigen<br />
könnte [15, 155]. In Laborstudien wird eine solche Abnahme<br />
der Haftung nach thermischer Belastung aber tatsächlich<br />
beobachtet. Direkt nach der Applikation werden Haftwerte<br />
gemessen, die durchaus mit denen von Adhäsivsystemen<br />
der Etch and Rinse-Technik vergleichbar sind. Nach Temperaturwechselbadbelastungen<br />
zeigen sich dann statistisch<br />
signifikant reduzierte Werte [44]. Daher wird der klinische<br />
Einsatz noch sehr kritisch gesehen. Auch die erhöhte Wasseraufnahme<br />
von Vertise Flow konnte in Studien bestätigt<br />
werden. Im Vergleich zu herkömmlichen Flowables und<br />
pastösen Kompositen zeigte Vertise Flow die höchsten<br />
Werte, was auf den größeren Anteil von Monomeren an<br />
sich und vor allem auf den der hydrophilen Monomere<br />
zurückzuführen ist [154, 155]. Laboruntersuchungen haben<br />
eine eher geringere Haftung am Schmelz gemessen [150].<br />
Die Haftwerte am Schmelz können durch vorherige selektive<br />
Schmelzätzung mit Phosphorsäure verbessert werden.<br />
Im Dentin hat diese Vorbehandlung jedoch einen negativen<br />
Einfluss auf die Haftwerte. Das kann mit der eingeschränkten<br />
Benetzbarkeit des selbstadhäsiven Flowables erklärt<br />
werden, denn die Fließfähigkeit reicht nicht aus, um in das<br />
durch die Phosphorsäureätzung freigelegte Kollagennetzwerk<br />
einzudringen. Dadurch sind diese Kollagenfasern der<br />
späteren Degradation ausgesetzt [115]. Außerdem wird<br />
durch die Phosphorsäureätzung des Dentins der Kalziumgehalt<br />
der Haftfläche derartig reduziert, dass die chemische<br />
Haftung des adhäsiven Monomers massiv eingeschränkt<br />
ist, ähnlich wie es bei selbstadhäsiven Zementen der Fall<br />
ist [60]. Bei Beachtung der Arbeitsanleitung, also ohne<br />
Phosphorsäureätzung, sind die Ergebnisse im Dentin<br />
vergleichbar mit dem Randverhalten von Etch and Rinse-<br />
Systemen. Da Vertise Flow wegen der hydrophilen Monomere<br />
eine hygroskopische Expansion aufweist, könnte das<br />
gute Randverhalten auf den Ausgleich der Polymerisationsschrumpfung<br />
zurückzuführen sein [155]. Es gibt aber<br />
andererseits Studien, die weniger vorteilhafte Ergebnisse<br />
fanden und daraufhin empfahlen, für Zahnhalsdefekte die<br />
selbsthaftenden Flowables in Kombination mit einem<br />
Adhäsiv anzuwenden [100]. Dann jedoch wird der Vorteil<br />
im Vergleich zur Anwendung von herkömmlichen Flowables 8<br />
F A C H L I C H E S<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
21
8<br />
durchaus in Frage gestellt. Untersuchungen in Klasse-I-Kavitäten<br />
zeigten, dass Vertise Flow bei der Anwendung als<br />
Liner vor dem Auffüllen der Kavität mit einem Kompositfüllungsmaterial<br />
auch der thermischen und mechanischen<br />
Belastung standhielt (unveröffentlicht). Wurden die standardisierten<br />
Klasse-I-Kavitäten vollständig in Schichttechnik<br />
mit dem selbsthaftenden Flowable aufgefüllt, ergaben sich<br />
allerdings mit ca. 60 % signifikant geringere Anteile randdichter<br />
Füllungsbereiche (unveröffentlicht). Dieses Resultat<br />
wurde auch an minimalinvasiven okklusalen Kavitäten<br />
bestätigt. Inzwischen liegen die Resultate einer klinischen<br />
Studie vor, die nach 6 Monaten keine postoperativen<br />
Sensibilitäten bei der Versorgung von minimalinvasiven<br />
okklusalen Defekten feststellen konnte [149]. Die nicht<br />
besonders hohen Haftwerte am Schmelz könnten bei der<br />
Klebung von Brackets sogar von Vorteil sein. Ähnlich wie<br />
Untersuchungen mit selbstätzenden Adhäsivsystemen<br />
sowohl in vitro [127] als auch in vivo [27] gezeigt haben,<br />
konnten mit Vertise Flow kieferorthopädische Brackets<br />
geklebt werden. Das Entfernen erfolgt hier schmelzschonender<br />
als bei der Anwendung von Etch and Rinse-Systemen<br />
[44]. Im klinischen Einsatz könnte dies einen besonderen<br />
Vorteil darstellen, sodass das Kleben von Brackets mit<br />
einer Ein-Schritt-Technik möglich wird, denn an einer glatten<br />
labialen bzw. bukkalen Fläche ist die aktive Applikation des<br />
selbstadhäsiven Flowables sicherlich eher durchführbar als<br />
in einer Kavität. Selbst die vorherige Phosphorsäureätzung<br />
hat die Haftung am Schmelz zu Beginn nicht erhöht, sondern<br />
nur den Abfall der Haftwerte nach einer thermischen<br />
Belastung vermindert. In dieser Studie wurde von einem<br />
Abfall der Haftwerte nach Wasserlagerung berichtet, was<br />
die Autoren mit den hydrophilen Monomeren begründen<br />
[44]. Eine ähnliche Problematik ergibt sich bei der Haftung<br />
an Edel- und Nichtedelmetallen, die laut Herstellerangaben<br />
für Vertise Flow gegeben ist [Vertise Flow – Technical<br />
Bulletin]. Diese Aussage konnte in einer In-vitro-Studie<br />
nicht bestätigt werden, bei welcher der Verbund zu den<br />
Brackets nach Wasserlagerung verloren ging [44].<br />
1.4.2 Selbstadhäsive Komposite für die<br />
Befestigung von Werkstücken<br />
Vor 10 Jahren wurde das erste selbstadhäsive Universalbefestigungsmaterial<br />
eingeführt (RelyX Unicem, 3M Deutschland,<br />
Seefeld). Eine Vorbehandlung von Dentin und Schmelz ist<br />
nicht nötig, lediglich eine Reinigung der Zahnhartsubstanz<br />
mit Bimsmehl ist empfohlen. RelyX Unicem ist für die<br />
Befestigung aller indirekten Restaurationsmaterialien (Edelmetalllegierungen,<br />
edelmetallfreie Legierungen, Oxidkeramiken,<br />
Silikatkeramiken) freigegeben. Der Adhäsionsmechanismus<br />
auf der Zahnoberfläche beruht auf der Existenz von phosphorsauren<br />
Methacrylatgruppen. Diese können die Zahnhartsubstanz<br />
demineralisieren [22] und aufgrund ihrer<br />
negativen Ladung mit den positiv geladenen Oberflächen<br />
(Ca+) reagieren [43]. Selbstadhäsive Befestigungskomposite<br />
haben zwei unterschiedliche Abbindereaktionen: Eine radikalische<br />
Polymerisationsreaktion, die sowohl ohne als<br />
auch mit Lichtinitiierung abläuft und für die ein speziell<br />
für den sauren pH-Bereich entwickeltes Initiatorsystem<br />
verantwortlich ist, sowie eine Säure-Base-Reaktion unter<br />
Beteiligung der phosphorsauren Methacrylate, basischer<br />
Füllerkomponenten und des in der Zahnhartsubstanz<br />
befindlichen Apatits. Bei dieser Reaktion wird Wasser freigesetzt,<br />
welches initial für eine Hydrophilie des Materials<br />
und damit für eine gute Benetzung des ebenfalls hydrophilen<br />
Dentins sorgt. Das Wasser wird durch Reaktion mit<br />
überschüssigen Säuren und basischen Füllkörpern in einer<br />
Zementreaktion wieder abgefangen, sodass das Material<br />
hydrophober und damit unempfindlicher gegenüber dem<br />
wässrigen Mundmilieu wird. In-vitro-Versuche zeigten, dass<br />
die Schmelzhaftung ca. 50 % niedriger ist als diejenige von<br />
Kompositen auf konditionierten Schmelzoberflächen [1, 22,<br />
26, 60]. Eine zusätzliche Schmelzätzung mit Phosphorsäure<br />
birgt die Gefahr, dass auch Dentinbereiche konditioniert<br />
werden, was zur Zerstörung der Dentinhaftung führt [22].<br />
In-vitro-Untersuchungen zur Dentinhaftung sind widersprüchlich:<br />
Während einige Autoren mit und ohne thermische<br />
Belastung eine gleichbleibende, der konventionellen<br />
adhäsiven Befestigung ähnliche Haftung nachwiesen [1,<br />
22], kamen andere zu niedrigeren Werten [83]. Es gibt<br />
heute eine Reihe von weiteren selbstadhäsiven Befestigungskompositen.<br />
Hierzu gehören etwa Clearfil SA (Fa. Kuraray<br />
Europe, Hattersheim), Bifix SE (Fa. Voco, Cuxhaven), Speed-<br />
CEM (Fa. Ivoclar Vivadent, Ellwangen), iCem (Fa. Heraeus<br />
Kulzer, Hanau), SmartCem 2 (Fa. Dentsply DeTrey, Konstanz)<br />
und Maxcem Elite (Fa. Kerr, Rastatt). Vor Anwendung der<br />
letztgenannten Produkte sollte stets abgeklärt werden, ob<br />
sie auch wirklich für die Befestigung der entsprechenden<br />
Restaurationsmaterialien freigegeben sind. Im Vergleich zu<br />
RelyX Unicem sind jedoch selbst In-vitro-Studien über diese<br />
Produkte in der internationalen Literatur kaum vorhanden [83].<br />
Während bei der beschriebenen Materialgruppe keine<br />
Vorbehandlung oder Konditionierung der Zahnoberfläche<br />
durchgeführt werden muss, müssen jedoch alle Restaurationsmaterialien,<br />
die mit selbstadhäsiven Befestigungszementen<br />
eingegliedert werden sollen, wie bei der konventionellen<br />
adhäsiven Befestigung konditioniert werden. Bei der<br />
selbstadhäsiven Befestigung von Edelmetallen empfiehlt<br />
sich eine Silikatisierung und eine Silanisierung (z.B. Rocatec<br />
Soft 30 µm + Silanisierung für 60 sec). Bei Nichtedelmetallen<br />
reicht Abstrahlen mit Aluminiumoxidpartikeln.<br />
Zirkonoxidkeramiken sollten mit einem Abstrahldruck von<br />
maximal 2 bar ebenfalls mit Aluminiumoxid der Größe<br />
50 µm konditioniert werden. Zirkonoxidkeramiken und<br />
edelmetallfreie Legierungen können aber auch silikatisiert<br />
und silanisiert werden. Herkömmliche Silikatkeramiken sind<br />
60 sec mit Flusssäure zu ätzen und dann weitere 60 sec<br />
22 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
mit einem Haftsilan zu behandeln. Lithiumdisilikatkeramiken<br />
(e.max CAD und e.max Press, Fa. Ivoclar Vivadent) als<br />
Sonderformen der Silikatkeramiken müssen 20 sec mit<br />
Flusssäure geätzt und 60 sec silanisiert werden. Wichtig<br />
beim Einsetzen mit den selbstadhäsiven Befestigungszementen<br />
ist ein gewisser Anpressdruck des Materials an den<br />
Zahn, damit die eingangs beschriebenen Wechselwirkungen<br />
zwischen Zahn und Komposit wirken können [22].<br />
Kofferdam ist laut Gebrauchsanweisung bei der Anwendung<br />
selbstadhäsiver Befestigungszemente nicht zwingend<br />
notwendig.<br />
Zum Befestigungszement RelyX Unicem existieren zwei<br />
2-Jahres-Studien. Die eine Studie untersuchte das Langzeitverhalten<br />
von RelyX Unicem im Vergleich zur klassischen<br />
Befestigungstechnik mit dem Mehrflaschenadhäsiv Syntac<br />
und dem Einsetzkomposit Variolink bei silikatkeramischen<br />
Inlays und Teilkronen [131]. Nach 2 Jahren erwiesen<br />
sich die Resultate hinsichtlich der Klebefuge in der RelyX-<br />
Unicem-Gruppe als etwas schlechter. Da das Phänomen<br />
bekannt ist, führten andere Autoren bei der Hälfte der<br />
Zähne, die mit RelyX Unicem und silikatkeramischen<br />
Teilkronen versorgt wurden, eine selektive Schmelzätzung<br />
durch [126]. Im Gesamtergebnis ergab sich jedoch kein<br />
signifikanter Vorteil für die marginale Integrität der Inlays mit<br />
selektiver Schmelzätzung [126]. Zum jetzigen Zeitpunkt<br />
sind klinische Studien über einen längeren Zeitraum nicht<br />
verfügbar. Für die Befestigung von Lithiumdisilikatkronen<br />
und anderer Kronenrestaurationen liegen ebenfalls nur<br />
wenige klinische Untersuchungen vor [5, 128]. Für Veneers<br />
sind diese Materialien gar nicht freigegeben. Zusammenfassend<br />
ist der selbstadhäsive Befestigungszement RelyX<br />
Unicem v.a. bei den klinisch schwierigeren Fällen (mit<br />
Dentinflächen/-begrenzung, subgingivale Kronenränder)<br />
empfohlen [1].<br />
Per definitionem gehört zur „Adhäsivtechnik“ ein<br />
Adhäsionssubstrat (z.B. Schmelz/Dentin), ein Werkstoff<br />
(z.B. Komposit) und als Verankerungsmedium<br />
ein Adhäsiv. Es existieren jedoch Graduierungen<br />
in Aufbau als auch Effektivität dieser Verbindungen<br />
bis hin zur selbstadhäsiven Werkstoffklasse ohne<br />
separates Adhäsivsystem.<br />
Aufgrund der Daten in der Literatur incl. klinischer<br />
Studien wird folgende Definition mit Abstufung für<br />
die Adhäsivtechnik vorgeschlagen:<br />
A. Multiadhäsiv:<br />
an mehreren unterschiedlichen Substraten<br />
(Zahnhartsubstanzen und Werkstoffe)<br />
(z.B. Scotchbond Universal)<br />
B. Volladhäsiv/Etch and Rinse:<br />
Anwendung eines Adhäsivsystems incl. Konditionierung<br />
mit Phosphorsäure (selektiv oder total)<br />
C. Volladhäsiv/Self-etch:<br />
Anwendung eines Adhäsivsystems ohne<br />
Konditionierung mit Phosphorsäure<br />
D. Selbstadhäsiv:<br />
Anwendung eines selbstadhäsiven Materials<br />
(Komposit) ohne separate Konditionierung und<br />
ohne separates Adhäsiv<br />
E. Semiadhäsiv:<br />
Anwendung eines selbstadhäsiven, überwiegend<br />
chemisch und weniger mikroretentiv haftenden<br />
Materials (Glasionomerzement) ohne/mit Konditionierung<br />
und ohne Adhäsiv<br />
2 Was versteht man unter:<br />
a) Anätzen<br />
b) Primer<br />
c) Bonding<br />
Ein Blick auf die Funktionalität marktüblicher Adhäsivsysteme<br />
verdeutlicht die gestellte Frage (Tab. 1):<br />
In Analogie zeigt Tabelle 2 einen Einblick in die Schritte<br />
der Adhäsivtechnik:<br />
Leistungsinhalte der Bestandteile<br />
a) Anätzen:<br />
Anätzen bedeutet bezüglich der Adhäsion an<br />
die Zahnhartsubstanzen heute in der Regel eine<br />
Konditionierung mit Phosphorsäure.<br />
b) Primer:<br />
Priming ist die chemische Vorbehandlung der<br />
hydrophilen Dentinoberfläche als Übergang zur<br />
Aufnahme eines hydrophoben Substrats. Dies<br />
erfolgt in einem separaten Primer-Schritt oder<br />
zusammen mit dem Adhäsiv.<br />
c) Bonding:<br />
Unter Bonding versteht man die Applikation eines<br />
Adhäsivsystems. Bei Multi-Step-Adhäsiven handelt<br />
es sich hier um ein hydrophobes Bonding Agent,<br />
bei simplifizierten Adhäsiven um multifunktionale<br />
Gemische aus Primer und Bonding. 8<br />
F A C H L I C H E S<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
23
Tab. 2: Auflistung marktüblicher Produkte der verschiedenen Adhäsivsystem-Klassen nach Adhäsionssubstraten und Schritten.<br />
8<br />
3 Was ist Konditionieren?<br />
Einige wichtige in der Adhäsivtechnik in den letzten Jahren<br />
eingeführte Termini werden in Tabelle 3 aufgeführt.<br />
4 Abgrenzungen<br />
4.1 Klassische adhäsive Befestigung von<br />
Werkstücken vs. Füllungstherapie<br />
Klassische adhäsive Befestigung bedeutet die Umsetzung<br />
der o.g. Techniken im Zuge der indirekten Restauration. Bei<br />
den bewährten Mehrflaschenadhäsiven wie Syntac (Ivoclar<br />
Vivadent, Ellwangen) erhöht eine zusätzliche 15-sekündige<br />
Anätzung des Dentins mit Phosphorsäure während der<br />
Schmelzätzung signifikant die Dentinhaftung [39]. Bei den<br />
All-in-One-Adhäsiven (nicht zu verwechseln mit den selbstadhäsiven<br />
Befestigungszementen, s.u.) werden in einem<br />
Schritt Schmelz- und Dentinoberfläche vorbehandelt. Aufgrund<br />
der verwendeten Komponenten gibt es die Bezeichnungen<br />
Mehrflaschen- und Einflaschensysteme, wobei<br />
erstere immer noch als sehr zuverlässig und weniger techniksensitiv<br />
gelten [8, 31, 110]. Alle Systeme, die eine Vorbehandlung<br />
des Schmelzes und des Dentins beinhalten, setzen<br />
eine sichere Trockenlegung voraus. Die Dauerhaftigkeit<br />
der klassischen adhäsiven Befestigung von Restaurationen<br />
ist ausführlich in klinischen Studien belegt worden [40, 57,<br />
72, 86, 88]. Gerade die adhäsive Befestigung von silikatkeramischen<br />
Inlays und Teilkronen stellt ein probates Mittel<br />
dar, um die verbliebene Zahnhartsubstanz bei der Kavitätenpräparation<br />
zu schonen und mithilfe der adhäsiven<br />
Befestigung zu stabilisieren [89]. Auch Lithiumdisilikatkeramiken<br />
müssen als Inlays und Teilkronen adhäsiv befestigt<br />
werden. Bei Lithiumdisilikatkronen kann eine adhäsive<br />
Befestigung erfolgen (v.a. wenn keine ausreichende Retention<br />
vorhanden ist). Auch Klebebrücken aus Metall oder<br />
Vollkeramik können gleichfalls adhäsiv befestigt werden<br />
[66]. Bei konventionellen Kronen- und Brückenversorgungen<br />
(Edelmetall oder Zirkonoxid) ist der Vorteil der adhäsiven<br />
Befestigung (mit dem einhergehenden Mehraufwand)<br />
gegenüber konventioneller Zementierung bei ausreichender<br />
Retention umstritten. Ein Vorteil der adhäsiven Befestigung<br />
sämtlicher Restaurationen besteht in der sicheren Versiegelung<br />
des Dentins [70].<br />
24 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
4.2 Adhäsion an teilbelassene Restaurationen (Reparatur)<br />
4.2.1 Reparatur von Komposit<br />
Die komplette Entfernung einer Kompositrestauration ist<br />
sehr zeitaufwändig und geht meist mit einem zusätzlichen<br />
Verlust von Zahnhartsubstanz einher [78]. Gerade bei rein<br />
kompositbegrenzten Defekten ist es sinnvoll, effektiv zu<br />
reparieren. Früher standen in der Literatur lediglich Scherversuche<br />
zur Verfügung, um das Potenzial von Reparaturen<br />
abzuschätzen [8, 125, 129]. Man ging bei der Reparaturfestigkeit<br />
aufgrund dieser Studien von ca. 65 % der kohäsiven<br />
Stärke intakter Kompositproben aus [125, 129]. Anrauen<br />
mit Siliziumkarbid-Steinchen oder Präparationsdiamanten<br />
einerseits oder Sandstrahlen andererseits wurden hier als<br />
vielversprechende Methoden eingestuft [34, 81, 82, 84,<br />
121, 130]. Studien an Zähnen mit der Reparatur gealterter<br />
Kompositfüllungen zeigten, dass eine absichtliche Extension<br />
der Reparaturkavität bis in den angrenzenden Schmelz<br />
nicht zu empfehlen ist [34, 35]. Zwar kann auch diese öfter<br />
vorkommende Situation gelöst werden, a priori anzustreben<br />
ist sie jedoch nicht, da bei der Exposition mehrerer Adhärenden<br />
(Komposit/Schmelz/Dentin) mehr Probleme entstehen<br />
als gelöst werden [34, 35]. Eine andere Studie untersuchte<br />
den Einfluss der Präparationsgeometrie auf die Integrität<br />
des Reparaturverbundes bei gealterten Kompositfüllungen.<br />
Hauptresultat hier war, dass eine Schwalbenschwanzpräparation<br />
keinen Sinn macht, da sich dadurch der C-Faktor<br />
signifikant erhöht und systemimmanente Spannungen<br />
zunehmen [35]. Minimal invasive Präparationen zeigten<br />
die besten Resultate, wobei die Lining-Technik mit Flowable-Kompositen<br />
die marginale Qualität nochmals steigerte<br />
[35]. Für die Vorbehandlung des gealterten, zu reparierenden<br />
Komposits werden mehrere Ansätze diskutiert. Unter vielen<br />
Alternativen hat sich das intraorale Sandstrahlen mit Korund<br />
(27 µm oder 50 µm) als beste Methode herausgestellt, da<br />
das intraorale Silikatisieren zwar gut funktioniert, aber hier<br />
nur Komposit als alleiniges Adhäsionssubstrat vorhanden<br />
sein sollte [50, 51, 59, 82]. Auch rotierende Werkzeuge<br />
(Siliziumkarbidsteinchen, grobe Diamantschleifer) erzeugen<br />
eine durchaus messbare Oberflächenvergrößerung auf zu<br />
reparierendem Komposit, es ist aber schwer, in die kaum<br />
zugänglichen Randbereiche vorzustoßen, ohne Nachbarzähne<br />
zu verletzen. Daher ist neben der Effektivität auch<br />
der Zugang zu schlecht erreichbaren Kavitätenrändern<br />
ein Vorteil von Sandstrahlern [59, 82]. Es gibt bis dato nur<br />
wenig klinische Daten zu Neuanfertigung vs. Reparatur:<br />
Bei randverfärbten Kompositrestaurationen zeigte sich nach<br />
mehreren Jahren Beobachtungsdauer kein Unterschied zwischen<br />
Reparatur, Versiegelung oder Neuanfertigung [45, 88b].<br />
4.2.2 Reparatur von Keramik<br />
Da bei Keramik mit Abstand die meisten Versagensfälle<br />
durch Frakturen verursacht sind, ist die Frage nach der<br />
Reparabilität ebenso interessant und wichtig wie bei Komposit.<br />
Auch hier liegen Daten aus der Literatur vor [6, 32].<br />
Bei großen (katastrophalen) Frakturen (bulk fracture) ist<br />
eine Neuanfertigung oft nötig, bei den viel häufiger auftretenden<br />
Chippings jedoch wäre eine Reparatur gegenüber<br />
einer vermutlich Zahnhartsubstanz-raubenden und teuren<br />
Neuanfertigung vorzuziehen. Selbst bei ästhetisch heiklen<br />
Keramikveneers zeigten Peumans et al., dass ein Versuch<br />
der Reparatur bei Teilfrakturen vor Neuanfertigung steht<br />
[113]. Zur Keramikinlayreparatur existieren ebenfalls wenig<br />
Daten in der Literatur. In einer Labor-Studie mit der Simulation<br />
einer zweijährigen klinischen Trageperiode waren nur<br />
die Flusssäure- und die CoJet-Vorbehandlung dazu in der<br />
Lage, Reparaturfüllungen dauerhaft zu retinieren (unveröffentlicht).<br />
Ungepufferte Flusssäure ist hochtoxisch und kann zu tiefgreifenden<br />
Gewebeschädigungen führen. Ihre intraorale<br />
Anwendung ist deshalb heute nicht mehr indiziert, da<br />
gepufferte Flusssäureprodukte zur intraoralen Anwendung<br />
freigegeben sind. Gleichwohl sind auch hier Vorsichtsmaßnahmen<br />
geboten [68]. Eine Alternative besteht im universell<br />
einsetzbaren Verfahren der intraoralen Silikatisierung (Cojet,<br />
3MESPE) [32, 59, 81, 82]. 8<br />
dental bauer – das dental depot<br />
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25
Terminus Definition Abrechnungstechnische Anmerkungen<br />
Oberflächenkonditionierung<br />
Oberflächenanätzung<br />
Uni-/bi- und multifunktionale<br />
Adhäsion<br />
Infiltration<br />
Vorbereitung von Oberflächen für<br />
Adhäsionsmaßnahmen<br />
Auftragen von Säuren auf Oberflächen<br />
(z.B. Phosphor- oder Salzsäure auf<br />
Zahnhartsubstanzen oder Flusssäure auf<br />
Glaskeramik)<br />
Adhäsionsphänomene an einer oder<br />
mehreren Oberflächen; diese sind<br />
Zahnhartsubstanzen (Schmelz, Dentin),<br />
Metalle (Amalgame, Gussmetalle) und/<br />
oder zahnfarbene Werkstoffe (Komposite,<br />
Keramiken)<br />
„Imprägnierung“ veränderter oder<br />
geschädigter Zahnhartsubstanzen (zum<br />
Beispiel infolge physikalischer, chemischer<br />
und/oder mikrobieller Vorgänge wie<br />
Karies) zur Vermeidung einer weiteren<br />
Ausbreitung<br />
Konditionierung wird erreicht durch<br />
Ätzung oder Sandstrahlen unterschiedlicher<br />
Adhärenden<br />
Jede Ätzung ist eine Konditionierung –<br />
aber nicht jede Konditionierung ist eine<br />
Ätzung<br />
Diese Form der Adhäsion ist<br />
abrechnungstechnisch bislang<br />
nicht hinreichend erfasst<br />
Diese Form der Adhäsion ist<br />
abrechnungstechnisch bislang<br />
nicht hinreichend erfasst<br />
Tab. 3: Neue Termini der Adhäsivtechnik.<br />
8<br />
4.2.3 Reparatur von Metall<br />
Reparaturen an Goldrestaurationen werden neben Sekundärkaries<br />
in der Regel meist durch zwei Umstände nötig –<br />
eine falsche Präparation und hohe Belastung, die zu Höckerfrakturen<br />
der Zahnhart-substanz oder zum Randspalt führt<br />
bzw. eine Trepanation. Bei größeren Defekten ist eine intra -<br />
orale Silikatisierung ebenso sinnvoll wie bei der Keramikreparatur,<br />
wenn der Defekt klinisch zugängig und machbar<br />
ist [32, 59]. Bei Versiegelung von Randspalten (ggf. nach<br />
Sekundärkariesentfernung) können trotz Verzicht auf Silikatisierung<br />
gute klinische Ergebnisse erzielt werden [59].<br />
4.2.4 Sonderformen der Adhäsion<br />
4.2.4.1 Infiltration von Schmelzläsionen<br />
Neben der Fissurenversiegelung ist die Infiltration in labiale<br />
und approximale Schmelzläsionen die am wenigsten invasive<br />
Versorgungsmöglichkeit für initiale Kariesläsionen [91,<br />
92, 101, 102, 117]. Auch hier wird die Zahnhartsubstanz<br />
konditioniert (10 % Salzsäure) und ein Adhäsiv (Infiltrant)<br />
eingebracht, daher kann man prinzipiell auch hier von<br />
Adhäsivtechnik sprechen. Die Applikationszeiten dauern<br />
jedoch mit 120 sec (Salzsäure) bzw. 180 sec (Infiltrant)<br />
wesentlich länger als bei adhäsiven Restaurationen. Durch<br />
die Applikation einer speziell entwickelten Doppelfolie<br />
kann auch gezielt approximal wie labial direkt geätzt und<br />
infiltriert werden. Zur Entwicklung des Infiltrationsprocedere<br />
(Icon, DMG, Hamburg) exisitieren mehrere Publikationen<br />
[91, 92, 101, 102]. Die klinische Potenz zur Arretierung<br />
von Schmelzläsionen ist anhand klinischer Studien belegt<br />
[92, 101]. Eine größere Durchdringung des Marktes hat nach<br />
drei Jahren jedoch noch nicht stattgefunden. Die weiter<br />
verbreiterte internationale Perzeption beginnt gerade erst<br />
[46, 79, 137].<br />
4.2.4.2 Infiltration von kariös verändertem Dentin<br />
Auch in kariös verändertem Dentin kann eine Infiltration<br />
stattfinden, die mittlerweile therapeutisch auch gezielt<br />
angestrebt wird. Es ist seit längerer Zeit bekannt, dass<br />
sowohl kariös erweichtes und somit infiziertes als auch<br />
durch Karies verändertes Dentin (affected dentin), das teils<br />
sklerosiert und ohne hohe Bakterienlast, mit konventioneller<br />
Adhäsivtechnik penetrierbar ist. Interaktionsstrukturen können<br />
hier sogar stärker ausgeprägt sein als beim Bonding an<br />
frisch geschnittenem, gesundem Dentin [2, 19, 95, 122,<br />
124]. Die „Resin Tags“ werden durch Mineraldeposits in den<br />
Dentintubuli zwar kürzer, die Dicke der Hybridschichten ist<br />
jedoch teilweise erheblich größer als beim Bonding an nicht<br />
verändertes, frisch geschnittenes Dentin [93, 98, 106, 153].<br />
Dies ist aus zwei Gründen wichtig für die Einschätzung der<br />
Adhäsivtechnik in diesen Bereichen: 99 % der publizierten<br />
Studien zur Evaluation von Dentinhaftungsphänomenen sind<br />
an gesunden bleibenden Zähnen durchgeführt worden,<br />
die also gar keine Restauration „benötigt“ hätten [80, 89].<br />
Dies ist zwar für die Etablierung der Haftung und deren<br />
standardisierte Untersuchung ein wichtiges Substrat, gerade<br />
aber nach Kariesexkavation bleibt in der Regel kariös<br />
verändertes bzw. sklerotisches Dentin zurück [16, 17, 19].<br />
Dieses spielt aber gerade bei der Versiegelung relevanter<br />
Bereiche in Abgrenzung zum Pulpodentinkomplex eine<br />
26 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
Vita<br />
UNIV.-PROF. DR. MED. DENT.<br />
ROLAND FRANKENBERGER<br />
1967 geboren in Eichstätt/Bayern<br />
1987-92 Studium der Zahnheilkunde,<br />
Universität Erlangen-Nürnberg<br />
1993 Promotion<br />
1999 Visiting Assistant Professor,<br />
University of North Carolina at Chapel Hill, USA<br />
2000 Habilitation, Ernennung zum Oberarzt<br />
2001 Miller-Preis der DGZMK<br />
2006-2008 3 Preise für gute Lehre in der klinischen<br />
Zahnmedizin, Med. Fak. FAU Erlangen<br />
2008 Walkhoff-Preis der DGZ<br />
2008 Forschungspreis der AG Keramik<br />
2008 Visiting Associate Professor,<br />
Nova Southern University, Fort Lauderdale, USA<br />
2009 Direktor der Abteilung für Zahnerhaltungskunde,<br />
Med. Zentrum für ZMK, Philipps-Universität Marburg<br />
2009-2012 Stellvertretender Vorsitzender der APW<br />
2011-heute Chefredakteur der „Quintessenz“<br />
2012-14 Präsident der DGZ<br />
2012-heute Geschäftsführender Direktor<br />
der Zahnklinik Marburg<br />
2012 Visiting Professor, University of Tennessee,<br />
Memphis, USA<br />
2014 Associate Editor des Journal of Adhesive Dentistry<br />
Publikationen 250 Artikel, 35 Buchbeiträge, 2 Bücher,<br />
>700 Vorträge in 20 Ländern<br />
Promotionen 135<br />
Foto: DZZ<br />
4.2.4.4 Adhäsion an iatrogen veränderten Oberflächen<br />
Im Rahmen endodontischer Eingriffe (Spülmittel), Farbkorrekturen<br />
(Bleichmittel) oder des Blutungsmanagements bei<br />
extrem tiefen Kavitäten (adstringierende Substanzen usw.)<br />
kann es zu Oberflächenveränderungen der Zahnhartsubstanzen<br />
kommen, die die Adhäsion beeinflussen. So ist<br />
beispielsweise bekannt, dass diverse Agentien, die zur Förderung<br />
der Blutstillung eingesetzt werden, unter bestimmten<br />
Bedingungen die Adhäsion zu Kompositen dramatisch<br />
reduzieren können [96]. Daher müssen nach iatrogener<br />
Veränderung von Zahnhartsubstanzoberflächen eventuell<br />
weitere Zwischenschritte vorgenommen werden, bevor<br />
eine Adhäsivtechnik erfolgreich zum Einsatz kommen<br />
kann. Auch dies ist bislang abrechnungstechnisch noch<br />
nicht erfasst<br />
Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt<br />
im Sinne der Richtlinien des International Committee<br />
of Medical Journal Editors besteht.<br />
ß<br />
—<br />
Prof. Dr. R. Frankenberger, Abteilung für Zahnerhaltungskunde,<br />
Medizinisches Zentrum für ZMK, Philipps-Universität<br />
Marburg und Universitätsklinikum Gießen und Marburg<br />
Prof. Dr. D. Heidemann, Zentrum der ZMK (Carolinums) des<br />
Klinikums der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt<br />
Prof. Dr. H. J. Staehle, Poliklinik für Zahnerhaltungskunde der<br />
Mund-, Zahn- und Kieferklinik des Universitätsklinikums<br />
Heidelberg<br />
Prof. Dr. E. Hellwig, Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und<br />
Kieferheilkunde, Abteilung für Zahnerhaltungskunde und<br />
Parodontologie, Universitätsklinikum Freiburg<br />
F A C H L I C H E S<br />
wichtige Rolle. Nach der Kariesexkavation bleiben in der<br />
Regel Areale mit kariös verändertem Dentin zurück [4, 28,<br />
67]. Unter modernen Gesichtspunkten der Kariologie ist<br />
heute eine schonendere Kariesexkavation (z.B. mit Polymerbohrern)<br />
erstrebenswert, da hier in der Regel noch remineralisierbares<br />
Dentin erhalten werden kann [4, 18, 28, 67,<br />
90, 120, 136, 157]. Das verbleibende kariös veränderte<br />
Dentin kann mit Adhäsiven auch gezielt versiegelt werden.<br />
Dieser Erhalt trägt zur Schonung der Zahnhartsubstanz<br />
sowie der vitalen Pulpa bei [67].<br />
4.2.4.3 Adhäsion bei Zahnbildungsstörungen/<br />
Strukturstörungen<br />
Auch im Rahmen der Therapie von Zähnen mit Strukturanomalien<br />
(z.B. Amelogenesis imperfecta, Dentinogenesis<br />
imperfecta, Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, Fluorose<br />
etc.) haben sich adhäsive Maßnahmen weitgehend durchgesetzt,<br />
und sei es nur, um in der Kinderzahnheilkunde<br />
wichtige Zeit zu überbrücken. Diese Maßnahmen sind nicht<br />
mit der Effektivität in der bleibenden Dentition vergleichbar,<br />
aber zweckmäßig und therapeutisch sinnvoll.<br />
Dr. U. Blunck, CMD Zentrum für Kiefergelenkdiagnostik und<br />
Therapie – DROS-Therapeut, Theaterstraße 3, 30159 Hannover<br />
Prof. Dr. R. Hickel, Poliklinik für Zahnerhaltung und<br />
Parodontologie, Klinikum der Universität München<br />
Quelle: „Mit freundlicher Genehmigung des Deutschen<br />
Ärzte-Verlags, Erstveröffentlichung DZZ 2014;69:722-734“<br />
Korrespondenzadresse<br />
Univ.-Prof. Dr. Roland Frankenberger<br />
Abteilung für Zahnerhaltungskunde<br />
Medizinisches Zentrum für ZMK<br />
Philipps-Universität Marburg und<br />
Universitätsklinikum Gießen und Marburg,<br />
Standort Marburg<br />
Georg-Voigt-Str. 3, 35039 Marburg<br />
E-Mail: frankbg@med.uni-marburg.de<br />
Die Literaturliste können Sie unter<br />
https://www.kzvn.de/nzb/literaturlisten.html herunterladen<br />
oder unter www.nzb-redaktion@kzvn.de anfordern.<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
27
Adhäsion in der Zahnheilkunde –<br />
Hinweise der Wissenschaft für<br />
die tägliche Praxis<br />
Adhäsive Techniken sind die Grundlage der<br />
modernen Zahnmedizin geworden. Dies<br />
können insbesondere die vielen Praktiker bestätigen, die<br />
in ihrer täglichen Arbeit dem Wunsch der Patienten nach<br />
zahnfarbenem Zahnersatz ohne Metall nachkommen.<br />
Auf der universitären Forschungsseite beschäftigt sich<br />
eine sehr große Zahl Werkstoffkundler auf der ganzen<br />
Welt mit den vielschichtigen Fragen der Adhäsion. Unterschiedliche<br />
Fragestellungen sollen dort evidenzbasiert mit<br />
großem technischem und zeitlichem Aufwand erforscht<br />
werden. Doch wie kommunizieren Praktiker und Forscher<br />
miteinander? Leben sie auf unterschiedlichen Planeten<br />
und jeder ist in seiner Welt zufrieden?<br />
Praktiker stellen konkrete Fragen für die unmittelbaren<br />
Probleme der täglichen, adhäsiven Zahnmedizin:<br />
Soll man Ätzgel überall verwenden?<br />
Kann man im Mund Komposit nur an Zähne ankleben?<br />
Prof. Dr. Mutlu Özcan, Zürich.<br />
Genügt das Anrauen von Zahnersatzmaterialien mit<br />
dem grünen Steinchen?<br />
Kann man dabei die üblichen Adhäsive für Schmelz<br />
oder Dentin verwenden?<br />
Erfordert das Einsetzen von Zahnersatz auf Zirkonbasis<br />
besondere Maßnahmen?<br />
Machen Reparaturmaßnamen im Mund Sinn?<br />
Wie geht man bei Reparaturmaßnahmen im Mund vor?<br />
Gibt es dabei unterschiedliche Strategien zum Ankleben<br />
von Komposit auf Nichtedelmetall, Edelmetall, Komposit<br />
und Keramik?<br />
Welche Rolle spielt dabei das Sandstrahlen?<br />
Kann es vermieden werden?<br />
Wie ergänzt man defekte Kompositfüllungen am besten?<br />
Gibt es Universaladhäsive? Ist es möglich mit einem<br />
einzigen Material auszukommen?<br />
Macht es Sinn auf weniger Arbeitsschritte umzustellen?<br />
Kann ich mein Adhäsiv weiter verwenden, oder gibt es<br />
etwas Besseres?<br />
Befolge ich fehlerfrei das empfohlene Einsatzprotokoll<br />
für meinen Befestigungszement?<br />
Was bedeuten Silikatisieren und Silanisieren?<br />
Welche Tricks gibt es beim Verwenden von Silan?<br />
Wie geht man vor, wenn unterschiedliche Oberflächen<br />
bei Reparaturmaßnahmen betroffen sind?<br />
Kann man die vorhandenen Pulverstrahler zur<br />
Prophylaxe verwenden?<br />
Dies ist nur eine Auswahl möglicher Fragestellungen. Die<br />
IAAD – International Association of Adhesive Dentistry –<br />
hat sich entschlossen, sog. IAAD Working Instructions zu<br />
veröffentlichen, die dem Praktiker als Richtlinien empfohlen<br />
werden und zunächst im Journal of Adhesive Dentistry,<br />
Quintessenzverlag veröffentlicht werden. Zur Frage der<br />
Konditionierung von indirektem Zahnersatz auf Zirkonbasis<br />
sollen hier exemplarisch die Richtlinien zum Sandstrahlen<br />
für Zirkonoberflächen vorgestellt werden. In weiteren<br />
Ausgaben des NZBs werden periodisch andere Richtlinien<br />
zur Diskussion gestellt werden. 8<br />
28 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
F A C H L I C H E S<br />
Fotos: © Prof. Dr. Mutlu Özcan<br />
Abb. 1: Zahnpräparation einer Klebebrücke mit einem Schmelzrand.<br />
Abb. 2: Konditioniertes Zirkongerüst mit<br />
CoJet Sandstrahlungssystem, welches<br />
mit MDP-enthaltenden Silanen und Haftvermittler<br />
ummantelt ist (MDP: 10-methacryloyloxydecyl<br />
dihydrogen phosphate).<br />
Abb. 3: Zementierung mit MDP-enthaltendem,<br />
chemisch härtendem Zement<br />
Panavia 21.<br />
Abb. 4.: Verblendete Zirkonklebebrücke<br />
in situ.<br />
Abb. 6: Microetcher auf Turbinenkupplung.<br />
Abb. 7: Die benutzten Materialien für die Zementierung.<br />
Abb. 5a-5c: Oberflächen im Elektronenmikroskop<br />
a) Aluminumoxid (Al 2 O 3 ),<br />
b) Rocatec Plus c) CoJet-Partikel in<br />
500facher Vergrößerung. Man vergleiche<br />
die scharfkantige Oberfläche bei reinem<br />
Al 2 O 3 (Abb. 5a) im Vergleich zu Al 2 O 3 ,<br />
das mit Siliziumdioxid (bei 5b und 5c)<br />
beschichtet ist.<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
29
8<br />
Richtlinien der IAAD (*) zum Sandstrahlen von festsitzendem<br />
Zahnersatz aus Zirkon zur Oberflächenkonditionierung vor<br />
der Zementierung – Warum und Wie?<br />
Während der Einprobe von Zahnersatz auf Zirkonbasis kommt<br />
es zur Verunreinigung der Gerüstoberfläche durch den<br />
Kontakt mit dem Gipsmodell, Speichel, Silikonmaterialien<br />
wie Fit-Checker o.ä.. Diese Verunreinigungen können am<br />
besten durch Sandstrahlen entfernt werden. Gleichzeitig<br />
raut das Sandstrahlen die Gerüstoberfläche auf und erleichtert<br />
eine mikromechanische Anhaftung des Kompositzementes.<br />
Das Sandstrahlprotokoll sollte das Strahlmittel,<br />
den angewendeten Druck, die Zeitdauer und den Arbeitsabstand<br />
berücksichtigen.<br />
Was tun?<br />
Einprobe des Zahnersatzes<br />
Überprüfen Sie die Passgenauigkeit des Zahnersatzes<br />
z.B. mit einem dünnfließenden Silikonmaterial.<br />
Entfernen Sie das Silikon sorgfältig, sprühen Sie ab<br />
und trocknen Sie.<br />
Markieren Sie die abzustrahlende Oberfläche mit<br />
Filzstift oder Bleistift.<br />
Schützen Sie die verblendete Oberfläche mit<br />
einem Glyceringel.<br />
Strahlen Sie chair-side die innere Oberfläche der<br />
Restauration ab.<br />
Strahlmittel: Aluminiumoxid mit Siliziumdioxid<br />
überzogen oder Siliziumdioxid.<br />
Partikelgröße: 30 bis 50 µm.<br />
Strahldruck: 0.5 to 2.5 bar.<br />
Dauer: Ungefähr 20 s für einen Bereich von<br />
10 mm 2 bis zum Verschwinden der Markierung<br />
Arbeitsabstand: Entfernung zirka 10 mm.<br />
Bewegung: Kreisende Bewegung unter Drehen der<br />
Arbeitsspitze.<br />
Ultraschallreinigung der Zirkonrestauration<br />
in Alkohol.<br />
Warum?<br />
CAD/CAM hergestellte Restaurationen sind womöglich weniger passgenau<br />
wie konventionell hergestellte Goldrestaurationen.<br />
Je nach verwendetem System könnte es zu Störstellen beim Aufpassen<br />
des Zahnersatzes kommen. 1<br />
Materialien wie Fit-Checker zeigen Störstellen, die entfernt werden<br />
müssen. Notfalls muss die Restauration wiederholt werden.<br />
Silikonstrukturen dringen in die Oberflächenrauigkeiten des<br />
Zirkons ein. 2,5 Das Absprühen und Trocknen beseitigt das Silikon.<br />
Da das Strahlgut in der Regel weißlich gefärbt ist, ist die Kontrolle der<br />
abgestrahlten Fläche schwierig. Die Markierung hilft beim kontrollierten<br />
Sandstrahlen.<br />
Sandpartikel könnten die verblendeten Oberflächenanteile<br />
unerwünscht beschädigen.<br />
Sandstrahlen der Zementierungsoberfläche entfernt Verunreinigungen und<br />
raut die Oberfläche an. Eine Ätzung mit Fluorsäue ist nicht zielführend,<br />
da Zirkon keinen Siliziumdioxidanteil enthält. Das Abstrahlen chairside<br />
überlässt dem Behandler die wichtige Kontrolle über diesen Arbeitsschritt. 7<br />
Aluminiumoxidpartikel zeigen mehr amorphe Muster als Aluminiumoxidpartikel,<br />
die mit Siliziumdioxid überzogen sind. Siliziumdioxidpartikel führen nicht<br />
zu Rissen unterhalb der Zirkonoberfläche. 9<br />
Eine höhere Partikelgröße verstärkt die monokline Phase, was die<br />
Festigkeit des Zirkons beeinträchtigen könnte. 6,11<br />
Der Strahldruck sollte idealerweise etwa 0,5 bar betragen. 5 Gemäß der ISO<br />
Norm erzeugt allerdings auch ein Luftdruck bis 2,5 bar keine Erhöhung der<br />
monoklinen Phase über einen kritischen Grenzwert. 4<br />
Zirkon ist sehr hart. Es dauert eine gewisse Zeit, bis die Oberfläche<br />
angeraut ist. 8<br />
Ein zu geringer Arbeitsabstand erzeugt Dellen in der Oberfläche. Der Abstand<br />
von ca. 10 mm erlaubt eine geeignete Streuung des Partikelstrahles. 8<br />
Durch eine kreisende und drehende Bewegung wird eine<br />
gleichmäßige Anrauung der Oberfläche erreicht. 8<br />
Rückstände loser Partikel können die Benetzbarkeit durch das Silan<br />
oder einen Primer und demzufolge eines Adhäsivs beeinträchtigen.<br />
Die Ultraschallreinigung entfernt solche Partikelrückstände am besten. 3<br />
30 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
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CAVE: Um eine saubere Oberfläche für eine optimale<br />
Adhäsion zu erzeugen, rauen Sie die Innenfläche der<br />
Zirkonrestauration gleichmäßig an, ohne die monokline<br />
Phase im Zirkon zu erhöhen. Um Nachteile für die<br />
Stabilität des Zirkons zu vermeiden befolgen Sie ein<br />
genaues und schonendes Protokoll.<br />
ß<br />
—<br />
Prof. Dr. Mutlu Özcan, Zürich<br />
Korrespondenz:<br />
Prof. Dr. med. dent. Ph. D Mutlu Özcan<br />
Universität Zürich, Klinik für Kronen- und<br />
Brückenprothetik, Teilprothetik und zahnärztliche<br />
Materialkunde<br />
Wissenschaftliche Abteilungsleiterin der Materialkunde<br />
Plattenstrasse 11, CH-8032, Zürich, Schweiz<br />
Tel.: +41-44-634-5600,<br />
Fax: +41-44-634-4305<br />
E-Mail: mutluozcan@hotmail.com<br />
Die Literaturliste können Sie unter<br />
https://www.kzvn.de/nzb/literaturlisten.html herunterladen<br />
oder unter www.nzb-redaktion@kzvn.de anfordern.<br />
(*) International Academy for Adhesive Dentistry<br />
Fortbildung der Hildesheimer Initiative für<br />
Zahngesundheit e.V. (HIZ):<br />
All about „adhesive dentistry“<br />
Prof. Dr. Mutlu Özcan, Ph. D, Zürich<br />
All about „Plateaus zur<br />
Bisshebung“<br />
Dr. Horst Landenberger, Bad Soden<br />
Samstag, 16. Mai 2015<br />
Novotel-Hotel, Bahnhofsallee 38,<br />
31134 Hildesheim<br />
Beginn: 09:00 (s.t.), Ende: 15:15 Uhr<br />
Kosten<br />
HIZ-Mitglieder „Verzehrpauschale“ 30,- €<br />
cand. med. dent „Verzehrpauschale“ 30,- €<br />
BVAZ-Mitglieder red. Teilnahmegebühr 99,- €<br />
Nichtmitglieder volle Teilnahmegebühr 160,- €<br />
F A C H L I C H E S<br />
Vita<br />
PROF. DR. MUTLU ÖZCAN<br />
studierte 1993 Zahnheilkunde an der Universität<br />
Marmara in Istanbul, Türkei, und erhielt<br />
1999 ihren Abschluss als Dr. med. dent. an der<br />
zahnärztlichen Fakultät der Universität Köln,<br />
Deutschland.<br />
Von 2001-2002 arbeitete sie als Forschungsassistentin<br />
an der Universität Turku, Abteilung für Prothetische<br />
Zahnheilkunde und Biomaterialienforschung in<br />
Finnland.<br />
2002 war sie Dozentin und wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin an der Universität Groningen, Abteilung<br />
für Zahnheilkunde und Dentalhygiene, Niederlande.<br />
2003 absolvierte sie an derselben Universität das<br />
Doktorat in Materialwissenschaften (Ph.D).<br />
8 Fortbildungspunkte gem.<br />
KZBV/BZÄK/DGZMK.<br />
Direkt zur Online-Anmeldung<br />
www.tinyurl.com/hiz-20150516<br />
Seit 2007 Professorin und wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Institut für klinische zahnärztliche<br />
Biomaterialien an der Universität Groningen.<br />
Seit 2009 Leitung der Abteilung für zahnärztliche<br />
Materialkunde an der zahnmedizinischen Fakultät der<br />
Universität Zürich, Schweiz.<br />
Anmeldungen sind nur online möglich!<br />
Foto: © vgstudio/Fotolia.com<br />
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31
Säurebedingte<br />
Zahnhartsubstanzdefekte<br />
EROSIONEN – VON DER DIAGNOSE ZUR THERAPIE<br />
Abbildungen 1 und 2.<br />
Fotos: © PD Dr. Nadine Schlüter, Prof. Dr. Carolina Ganß<br />
Erosionen werden, wie Karies, durch den<br />
Einfluss von Säuren hervorgerufen. Jedoch<br />
besitzen Erosionen verursachende Säuren meist einen<br />
niedrigeren pH-Wert und haben dadurch ein höheres<br />
Demineralisationspotential. Zusätzlich wirken sie auf<br />
plaquefreie Oberflächen ein. Diese Unterschiede haben<br />
einen Einfluss auf das Erscheinungsbild, den Pathomechanismus<br />
und auf Präventions- und Therapiestrategien<br />
von Erosionen.<br />
Ätiologie<br />
Verschiedene erosionsätiologische Faktoren können unterschieden<br />
werden: In erster Linie sind chemische Faktoren<br />
der einwirkenden Säure relevant. Hier spielen neben dem<br />
pH-Wert die Art der Säure, die Pufferkapazität, Chelateigenschaften<br />
und die Bindungsfähigkeit an Zahnoberflächen<br />
eine Rolle. Verschiedene Säuren haben unterschiedliches<br />
erosives Potential. So ist Zitronensäure bei vergleichbarem<br />
pH-Wert erosiver als Phosphorsäure, da sie nicht nur demineralisierende,<br />
sondern auch kalziumbindende Eigenschaften<br />
hat. Der Gehalt an Mineralien wie Kalzium und Phosphat<br />
spielt ebenfalls eine Rolle. Sind saure Lebensmittel reich<br />
an Kalzium und Phosphat, wie beispielsweise saure Milchprodukte<br />
oder Orangensäfte mit Kalziumzusatz, sind sie<br />
nicht erosiv.<br />
Zusätzlich müssen biologische Faktoren berücksichtigt<br />
werden. Die Zähne verschiedener Personen zeigen eine<br />
ganz individuelle Anfälligkeit für Demineralisationen, was<br />
zu einem individuellen Risiko für Erosionen führt. Auch<br />
Speichelfaktoren, etwa bestimmte Speichelproteine und<br />
Speichelenzyme, könnten eine Rolle spielen. Eine Reduktion<br />
des Speichelflusses wird ebenfalls als erosionsbegünstigender<br />
Faktor diskutiert.<br />
Neben chemischen und biologischen Faktoren müssen<br />
noch Gewohnheits- oder Verhaltensfaktoren berücksichtigt<br />
werden. Vor allem der hochfrequente Konsum von Sportund<br />
Erfrischungsgetränken birgt ein hohes Erosionsrisiko in<br />
sich. Der Konsum dieser Getränke hat sich von den 1960er<br />
bis zu den 1990er Jahren etwa verdreifacht und verbleibt<br />
seitdem auf einem konstant hohen Niveau. Zusätzlich ist<br />
der Verbrauch an Sportgetränken über die letzte Dekade<br />
um etwa 60 Prozent gestiegen, so dass beispielsweise<br />
jeder männliche Jugendliche und junge Erwachsene derzeit<br />
durchschnittlich etwas mehr als einen Liter eines sauren<br />
Getränkes pro Tag verzehrt.<br />
Neben Sport- und Erfrischungsgetränken können auch<br />
andere saure Lebensmittel wie Essigprodukte, Obst und<br />
Obstprodukte (z. B. Smoothies oder Früchtetees) Erosionen<br />
hervorrufen. Saure Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel<br />
oder eine berufliche Säureexposition sind ebenfalls Säurequellen,<br />
die zu Erosionen führen können, spielen jedoch<br />
eine untergeordnete Rolle. Als nicht erosiv sind hingegen<br />
Mineralwässer ohne Geschmackszusatz und kalziumhaltige<br />
Speisen einzustufen und können bedenkenlos empfohlen<br />
werden.<br />
Zusätzlich zu diesen Faktoren müssen auch Grunderkrankungen<br />
wie ein chronischer Reflux oder Essstörungen<br />
in Kombination mit Erbrechen (Bulimie) als ätiologische<br />
Faktoren bedacht werden. Der Mageninhalt ist mit einem<br />
pH-Wert von 1 bis 3 sehr sauer und stellt bei regelmäßigem<br />
32 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
Definition und Ätiologie<br />
Diagnostische Kriterien<br />
Demineralisationsprozesse durch<br />
den direkten Einfluss von exogenen<br />
oder endogenen Säuren<br />
Lokalisation: Okklusalflächen, Inzisalflächen, Glattflächen<br />
Verlust der oberflächlichen Strukturen und des Glanzes<br />
Erosion<br />
Säuren wirken auf saubere, plaquefreie<br />
Zahnoberflächen ein<br />
Okklusal-/Inzisalflächen: Dellen und muldenförmige Defekte,<br />
Verlust des Höcker-Fissuren-Reliefs, Restaurationen können das<br />
Niveau der umgebenden Zahnhartsubstanz überragen<br />
Keine Beteiligung von bakteriellen<br />
Prozessen<br />
Glattflächen: Flächenhafte Defekte koronal der Schmelz-Zement-<br />
Grenze, meist zervikal intakter Schmelzbereich, Tiefenausdehnung<br />
geringer als Breitenausdehnung<br />
Abfraktion<br />
Keilförmiger Defekt<br />
Mikroaussprengungen im Schmelz<br />
und im Dentin durch Zug- oder<br />
Scherspannungen im Bereich der<br />
Schmelz-Zement-Grenze<br />
Lokalisation: vestibuläre Glattflächen<br />
scharf begrenzter Defekt im Bereich der Schmelz-Zement-<br />
Grenze;<br />
koronal senkrecht verlaufend, zervikal flach auslaufend<br />
Tiefenausdehnung größer als Flächenausdehnung<br />
Abrasion<br />
Substanzverlust aufgrund der<br />
Einwirkung „fremder“ Objekte<br />
Drei-Medien-Verschleiß<br />
bspw. durch falsch angewandte<br />
Mundhygieneprodukte oder Habits<br />
Sonderform Demastikation<br />
(Substanzverlust aufgrund von<br />
Abrasivstoffen in der Nahrung)<br />
Lokalisation: Okklusalflächen, Inzisalflächen, Glattflächen<br />
Auf den Glattflächen oft im Wurzeldentin<br />
Erscheinungsbild entsprechend der Noxe<br />
in Form von Rillen, Kerben oder amorphen Defekten<br />
ähnliche Defektform wie bei Erosionen, differentialdiagnostisch<br />
schwer voneinander abzugrenzen<br />
aber: Demastikationen nur okklusal<br />
F A C H L I C H E S<br />
Attrition<br />
Substanzverlust aufgrund von<br />
Zahn-zu-Zahn-Kontakten<br />
Kein Einwirken „fremder“ Objekte<br />
Lokalisation: Okklusalflächen<br />
scharf begrenzte, plane und hochglänzende Schlifffacetten<br />
Zwei-Medien-Verschleiß<br />
kongruente Flächen an den Antagonisten<br />
Tab. 1: Zahnhartsubstanzdestruktionen. Definition, Ätiologie und diagnostische Kriterien<br />
für nicht kariesbedingte Zahnhartsubstanzdestruktionen.<br />
Übertritt in die Mundhöhle ein Erosionsrisiko dar.<br />
Die Prävalenz für einen chronischen, symptomatischen<br />
Reflux liegt bei etwa 5 bis 7 Prozent. Typische Symptome<br />
sind saures Aufstoßen und Sodbrennen sowie Übelkeit,<br />
schlechter Geschmack im Mund bis hin zu Symptomen<br />
der Atemwege wie chronisches Husten oder eine belegte<br />
Stimme. Allerdings werden diese Symptome nicht von<br />
jedem Patienten wahrgenommen oder können sogar<br />
vollständig ausbleiben. In diesem Fall handelt es sich um<br />
einen asymptomatischen oder stillen Reflux, für den die<br />
Prävalenz in der allgemeinen Bevölkerung sogar bei etwa<br />
25 Prozent liegt.<br />
Etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung leiden an Bulimie.<br />
Vor allem weibliche Jugendliche und junge Erwachsene<br />
sind davon betroffen. Allerdings ist der Zusammenhang<br />
zwischen der Erbrechens- und Erkrankungsdauer sowie<br />
der Erbrechensfrequenz und dem Auftreten von Erosionen<br />
nicht sehr deutlich. Typische nicht-dentale Symptome einer<br />
Essstörung sind Mundwinkelrhagaden, trockene Haut,<br />
Vergrößerung der Ohrspeicheldrüse und Rötungen der<br />
Schleimhaut.<br />
Nicht jeder Säureeinfluss führt zu Demineralisationen der<br />
Zahnhartsubstanz. Erst der regelmäßige Einfluss von Säuren<br />
bewirkt einen klinisch manifesten Defekt. Derzeit wird 8<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
33
Abb. 3: Okklusaler Erosionsdefekt mit muldenförmiger Vertiefung<br />
auf der mesio-palatinalen Höckerspitze und beginnender<br />
Einebnung des okklusalen Reliefs (Abb. 3, li.).<br />
Abb. 4: Höcker-Fissuren-Relief. Verlust des gesamten<br />
Höcker-Fissuren-Reliefs durch den Konsum von Sport- und<br />
Erfrischungsgetränken und das Halten des Getränkes im Mund.<br />
8<br />
davon ausgegangen, dass mehr als vier Säurekontakte<br />
pro Tag in Kombination mit weiteren Risikofaktoren das<br />
Erosionsrisiko erhöhen. Verhaltensmuster oder Erkrankungen,<br />
die eine verlängerte Kontaktzeit zwischen Zahn und<br />
Säure hervorrufen wie das Halten von sauren Getränken<br />
im Mund, das Spülen mit einem Erfrischungsgetränk oder<br />
möglicherweise auch ein reduzierter Speichelfluss sind<br />
derartige zusätzliche Risikofaktoren.<br />
Diagnostik<br />
Zähne sind im Laufe des Lebens einer Vielzahl von chemischen,<br />
aber auch mechanischen Einflüssen ausgesetzt, die<br />
alle zu Destruktionen der Zahnhartsubstanz führen können.<br />
Zu den mechanisch bedingten Zahnhartsubstanzdefekten<br />
zählen Attrition, Abfraktion und der keilförmige Defekt sowie<br />
Abrasion.<br />
Sowohl mechanisch bedingte Defekte als auch Erosionen<br />
schreiten nicht weiter voran, sobald die kausale Noxe nicht<br />
mehr auf die Zähne einwirkt. Das bedeutet, dass primär<br />
ursachenbehebende Therapiemaßnahmen durchgeführt<br />
werden sollten. Das setzt allerdings eine genaue Kenntnis<br />
über Erscheinungsbild und Ätiologie als Grundlage für die<br />
differentialdiagnostische Abgrenzung voraus (Tabelle 1).<br />
Die Vielzahl der Einflüsse auf die Zähne bewirkt in der<br />
Regel eine Überlagerung der verschiedenen Erscheinungsbilder,<br />
was eine Ursachenfindung erschweren kann.<br />
Initiale Erosionen sind durch den Verlust der oberflächlichen<br />
Strukturen der Zahnhartsubstanz gekennzeichnet, die<br />
Zahnoberfläche kann seidenmatt erscheinen. Da dieses<br />
Stadium nur nach Trocknung der Zahnoberfläche gut<br />
sichtbar ist (Abb. 1), werden Erosionen oft erst spät erkannt,<br />
meist wenn bereits manifeste Defekte vorhanden sind.<br />
Diese zeigen sich auf den Glattflächen als flächenhafte<br />
Defekte, die in der Breite größer sind als in der Tiefe. Zervikal<br />
verbleibt in der Regel ein intakter Schmelzbereich (Abb. 2).<br />
Damit sind sie gut von keilförmigen Defekten zu unterscheiden,<br />
die in ihrer Tiefenausdehnung größer als in ihrer<br />
Flächenausdehnung sind, im Bereich der Schmelz-Dentin-<br />
Grenze liegen und sich apikal auf die Wurzeloberfläche<br />
erstrecken.<br />
Auf den Okklusalflächen zeigen sich zu Beginn umschriebene<br />
muldenförmige Defekte auf den Höckerspitzen (Abb. 3).<br />
Schließlich werden die okklusalen Strukturen mehr und<br />
mehr eingeebnet, was zu einem vollständigen Verlust des<br />
gesamten Höcker-Fissuren-Reliefs führen kann (Abb. 4). Da<br />
Restaurationen nicht erodiert werden, ist das Herausragen<br />
von Füllungen über das Niveau der umgebenden Zahnhartsubstanz<br />
ein weiteres typisches Zeichen. Erosionen betreffen<br />
zunächst den Schmelz, allerdings kann in Bereichen<br />
mit sehr dünnem Schmelzmantel (zervikal und auf den<br />
Höckerspitzen) bereits frühzeitig Dentin exponiert werden.<br />
Histologisch zeigt sich im Schmelz auf der Oberfläche ein<br />
klassisches Ätzmuster. Im Querschnitt lässt sich peripher<br />
ein vollständiger Mineralverlust erkennen. Dieser wird<br />
gefolgt von einem schmalen Band teilweise demineralisierten<br />
Schmelzes. Anders als bei einer initialkariösen Läsion,<br />
die peripher durch eine mineraldichte, pseudointakte<br />
Oberflächenschicht mit einem darunterliegenden, potenziell<br />
remineralisierbaren Läsionskörper charakterisiert ist,<br />
verbleiben bei Erosionen an der Oberfläche keine nennenswerten<br />
remineralisierbaren Strukturen.<br />
Begleitet wird ein erosiver Mineralverlust von einer Reduktion<br />
der Oberflächenhärte, wodurch erodierter Schmelz für<br />
mechanisch bedingte Zahnhartsubstanzverluste anfälliger<br />
werden kann.<br />
Prävention und Therapie<br />
Aufgrund des unterschiedlichen Pathomechanismus von<br />
Erosionen und Karies ist nicht nur das Erscheinungsbild,<br />
sondern auch die Therapiestrategie grundlegend verschie-<br />
34 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
PD Dr. Nadine Schlüter.<br />
Vita<br />
PD DR. NADINE SCHLÜTER<br />
Prof. Dr. Carolina Ganß.<br />
1996 - 2001 Studium der Zahnheilkunde,<br />
Georg-August-Universität Göttingen<br />
2002 - 2011 Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Poliklinik<br />
für Zahnerhaltungskunde und Präventive Zahnheilkunde,<br />
Justus-Liebig-Universität Gießen<br />
2004 Promotion<br />
2011 - heute Oberärztin Poliklinik für Zahnerhaltungskunde<br />
und Präventive Zahnheilkunde, Justus-Liebig-<br />
Universität Gießen<br />
derzeit Forschungsaufenthalt an der Universität Bern,<br />
Medizinische Fakultät, Zahnmedizinische Kliniken, Klinik<br />
für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin<br />
(Leitung Prof. Dr. A. Lussi)<br />
den. Anders als bei einer initialen Karies kann das primäre<br />
Ziel der Erosionstherapie nicht die Remineralisation sein,<br />
da remineralisierbare Strukturen fehlen. Vielmehr müssen<br />
weitere Demineralisationsprozesse vermieden werden,<br />
was primär kausal durch das Meiden der erosiven Noxe<br />
erfolgen sollte.<br />
Die ursächlichen Noxen werden im Gespräch mit dem<br />
Patienten identifiziert. Neben Grunderkrankungen, Medikamenteneinnahmen<br />
sowie Beruf und Sport sollten auch<br />
Ernährungsgewohnheiten erfragt werden. Letzteres erfolgt<br />
am besten mit einem Ernährungstagebuch, in dem über<br />
mindestens vier Tage einschließlich eines Wochenendes<br />
alles, was konsumiert wurde – einschließlich Getränken<br />
und Zwischenmahlzeiten, notiert werden sollte. Dieses<br />
Tagebuch stellt die Basis für eine Ernährungsberatung dar,<br />
in der erosive Komponenten der Ernährung aufgezeigt und<br />
entsprechende Alternativen angeboten werden sollten<br />
sowie das Bewusstsein für das schädigende Potential von<br />
Säuren geweckt werden kann.<br />
Patienten sollten die Frequenz des Konsums saurer Speisen<br />
reduzieren, die Kontaktdauer zwischen sauren Getränken<br />
und Zähnen möglichst gering halten und saure Getränke<br />
möglichst durch nicht erosive wie Mineralwasser ersetzen.<br />
Auch die Kombination von Milchprodukten mit sauren<br />
Speisen oder der Verzehr kalziumangereicherter Orangensäfte<br />
kann hilfreich sein.<br />
Säuren können jedoch nicht immer gemieden werden,<br />
etwa bei Magensäure-assoziierten Erosionen oder bei<br />
beruflichen Expositionen. In diesen Fällen und zur Unterstützung<br />
der kausalen Therapie sind symptomatische<br />
Therapiestrategien angezeigt. Bei durch Grunderkrankungen<br />
hervorgerufenen Erosionen sollte gleichzeitig eine Überweisung<br />
an die jeweilige Fachdisziplin erfolgen.<br />
Zur symptomatischen Therapie eignen sich Strategien, die<br />
zu einer Erhöhung der Säureresistenz der Zahnhartsubstanz<br />
und damit auch zu einer Reduktion weiterer Demineralisationen<br />
führt. Als erste und einfachste Maßnahme wird<br />
häufig empfohlen, nach einem Säureeinfluss das Zähneputzen<br />
zu verschieben. Dabei wird angenommen, dass<br />
die Zahnhartsubstanz durch Remineralisation durch den<br />
Speichel wieder erhärten könne.<br />
Unter Laborbedingungen können durch kalzium- und<br />
phosphatreiche Mineralsalzlösungen (künstlicher Speichel) 8<br />
F A C H L I C H E S<br />
– Anzeige –<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
35
Tab. 2: Therapiemaßnahmen. BEWE-Index: Empfehlungen für kausale und symptomatische<br />
Therapiemaßnahmen sowie für Kontrollintervalle.<br />
8<br />
leicht mineralische Ablagerungen auf erodierten Zahnproben<br />
etabliert werden, dadurch können sogenannte Bürstabrasionen<br />
tatsächlich reduziert werden. Unter Mundbedingungen<br />
werden jedoch keine vergleichbaren Mineralablagerungen<br />
beobachtet, da der native Speichel Proteine enthält, die<br />
das Ausfallen von Mineralien verhindern.<br />
Eine Erhöhung der Oberflächenhärte und damit eine<br />
Reduktion von Bürstabrasionen ist durch ein Verschieben<br />
des Zahnputzzeitpunktes klinisch nicht realisierbar.<br />
Außerdem kann diese Empfehlung dazu führen, dass das<br />
Reinigen der Zähne gänzlich unterbleibt.<br />
Abgesehen von Personen mit extremen Säureeinflüssen<br />
wie Patienten mit Bulimie, die ihre Zähne nicht nach jedem<br />
Erbrechen putzen sollten, sollte Patienten mit Erosionen<br />
eine Veränderung der Mundhygienegewohnheiten nur<br />
dann empfohlen werden, wenn sie traumatisch oder<br />
insuffizient ist.<br />
Sinnvoller sind Strategien, die Demineralisationsprozesse<br />
und die damit verbundene Reduktion der Mikrohärte<br />
grundsätzlich reduzieren. Hierzu eignen sich zinnhaltige<br />
Mundspüllösungen, Zahnpasten oder Gele, die im Rahmen<br />
der normalen Mundhygiene angewendet werden können.<br />
Die Applikation dieser Präparate führt zu einer deutlichen<br />
Reduktion der Säurelöslichkeit durch eine Einlagerung<br />
des Zinns in die Zahnhartsubstanz und durch die Bildung<br />
zinnhaltiger, säurestabiler Präzipitate.<br />
Innerhalb der zurückliegenden Jahre sind zahlreiche Präparate<br />
mit der speziellen Indikation „anti-erosive Wirkung“ auf<br />
den Markt gekommen, die eine Vielzahl von unterschiedlichen<br />
Wirkstoffen enthalten. Neben Zinn und Fluorid sind<br />
36 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
hier vor allem Formulierungen mit Hydroxylapatit (HAp) in<br />
nanokristalliner Form, Zink-HAp, Biopolymere wie Chitosan<br />
und auch Zusätze zur Erhöhung der Verfügbarkeit von<br />
Fluorid zu nennen. Lediglich für Zinn in Kombination mit<br />
Fluorid sowie für Chitosanzusätze zu einer zinn- und fluoridhaltigen<br />
Zahnpaste konnte eine antierosive Effektivität<br />
nachgewiesen werden.<br />
Für HAp-haltige Pasten wurden zwar Effekte unter Laborbedingungen<br />
gezeigt. Allerdings gilt hier Ähnliches wie für<br />
das Verschieben des Zahnputzzeitpunktes: HAp-Niederschläge,<br />
hauptsächlich Kalzium und Phosphat, sind im<br />
Labor leicht zu erzeugen. Unter Mundbedingungen<br />
entstehen derartige Niederschläge jedoch nicht – ebenfalls<br />
aufgrund der im Speichel vorhandenen Proteine.<br />
Ähnlich wie Schmelz selbst ist auch HAp in Säuren gut<br />
löslich; eine besondere Stabilität dieser Verbindung durch<br />
die Verwendung von nanokristallinen Formen ist nicht<br />
belegt. Hydroxylapatithaltige Produkte können daher zur<br />
Therapie von Erosionen nicht empfohlen werden, zumal<br />
sie teilweise fluoridfrei sind, was aus kariespräventiver<br />
Sicht inakzeptabel ist.<br />
Dentinerosionen stellen eine therapeutische Herausforderung<br />
dar; zusätzlich können sie Hypersensibilitäten verursachen.<br />
Ergänzend zu zinnhaltigen Präparaten, kann die Applikation<br />
von Adhäsiven hilfreich sein. Zum einen schützen sie vor<br />
weiteren Demineralisationsprozessen, zum anderen mildern<br />
sie Überempfindlichkeiten.<br />
Auch wenn derartige Maßnahmen derzeit nur eine limitierte<br />
Beständigkeit von etwa drei bis sechs Monaten haben,<br />
sind sie als Akutmaßnahme, beispielsweise bei Patienten<br />
mit einer ausgeprägten Essstörung, gut geeignet.<br />
Bei sehr fortgeschrittenen Defekten, vor allem wenn bereits<br />
funktionelle und ästhetische Einschränkungen eingetreten<br />
sind, müssen restaurative Maßnahmen in das Behandlungskonzept<br />
einbezogen werden. Da die noch vorhandene<br />
Zahnhartsubstanz in der Regel kariesfrei ist, sollte vor allem<br />
auf minimalinvasive Strategien zurückgegriffen werden,<br />
beispielsweise mit direkten und indirekten Kompositrestaurationen.<br />
Um Langlebigkeit zu erzielen, sollte vor der Versorgung<br />
aber ein Stillstand der Erosionsprogression angestrebt<br />
werden.<br />
Eine korrekte Diagnosestellung und die Einschätzung der<br />
Behandlungsbedürftigkeit sind nicht immer einfach. Hilfestellung<br />
kann hier ein neuer Index (BEWE, Basic Erosive<br />
Wear Examination) geben. Der BEWE-Index erfasst Erosionen<br />
mit einem vierstufigen Bewertungsschema an jedem Zahn;<br />
notiert wird, ähnlich wie beim PSI, jeweils der schwerste<br />
Grad in jedem Sextanten. Über diese Werte kann neben<br />
dem aktuellen Schweregrad bei wiederholter Anwendung<br />
die Progression der Erosionen dokumentiert werden. Aus<br />
allen Sextantenwerten wird zusätzlich ein Summenwert<br />
gebildet, der den Gesamtschweregrad der Erosionserkrankung<br />
widerspiegelt. Die Schweregrade sind in vier Kategorien<br />
eingeteilt (Tabelle 2) und jeder dieser Kategorien<br />
sind Therapieempfehlungen nicht als starres Schema,<br />
aber als Grundlage für eine individuelle Therapieplanung<br />
zugeordnet.<br />
ß<br />
—<br />
PD Dr. Nadine Schlüter, Prof. Dr. Carolina Ganß,<br />
Poliklinik für Zahnerhaltungskunde und Präventive<br />
Zahnheilkunde, Medizinisches Zentrum für Zahn-, Mundund<br />
Kieferheilkunde, Justus-Liebig-Universität Gießen.<br />
E-Mail: nadine.schlueter@dentist.med.uni-giessen.de<br />
Quelle: Zahnärztliche Nachrichten Sachsen-Anhalt 1/2015,<br />
Erstveröffentlichung Zahnärzteblatt Rheinland-Pfalz 3/2014<br />
ERRATUM<br />
BETRIFFT NZB 2015/02;<br />
SEITEN 27F<br />
In dem Artikel „Reichweite der Behandlungsverpflichtung<br />
des Vertragszahnarztes“ von Dr. Dagmar<br />
Frieling in der Februar-Ausgabe des NZBs bitten<br />
wir folgenden Fehler zu korrigieren:<br />
„Der Vertragszahnarzt ist weiter gemäß § 4 Abs. 3<br />
BMV-Z bzw. gemäß § 2 Abs.4 EKV-Z berechtigt, die<br />
Behandlung abzulehnen, wenn der Patient Wunschleistungen<br />
verlangt, die zahnmedizinisch jedoch<br />
nicht indiziert und/oder unwirtschaftlich sind. Denn<br />
nach den zuvor zitierten Normen (hier § 4 Abs. 3<br />
BMV-Z bzw. gemäß § 2 Abs. 4 EKV-Z) darf der<br />
Vertragszahnarzt Leistungen, die für die Erzielung<br />
des Heilerfolges nicht notwendig (= zahnmedizinisch<br />
nicht indiziert) oder die unwirtschaftlich sind, nicht<br />
zu Lasten der Krankenkassen bewirken oder verordnen;<br />
die Krankenkasse darf sie nicht nachträglich<br />
bewilligen".<br />
Aus dem vorstehenden Satz, wonach Leistungen, die<br />
für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig<br />
(= zahnmedizinisch nicht indiziert) oder die unwirtschaftlich<br />
sind, nicht zu Lasten der Krankenkassen<br />
bewirkt oder verordnet werden können, folgt<br />
zwangsläufig, dass diese dann auch nicht nachträglich<br />
von der Krankenkasse bewilligt werden dürfen.<br />
Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.<br />
ß<br />
— NZB-Redaktion<br />
F A C H L I C H E S<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
37
© fovito/Fotolia.com<br />
Vorsicht ist besser als Nachsicht<br />
BRANDSCHUTZ IN DER ZAHNARZTPRAXIS<br />
Hilfe, in der Praxis brennt‘s! Diese Situation<br />
mag vielleicht selten vorkommen, aber<br />
bei einem Brand kann es um Leben und Tod gehen –<br />
abgesehen natürlich von hohen Sachschäden. Jetzt gilt<br />
es, richtig und schnell zu handeln. Wisst ihr, ganz spontan,<br />
was im Ernstfall zu tun ist? Wir haben viele wichtige<br />
Pflichten und Tipps rund um den vorbeugenden und<br />
abwehrenden Brandschutz zusammengestellt.<br />
Zahnarztpraxen gehören gemäß BGR 133 zwar zu den<br />
Arbeitsstätten mit geringer Brandgefährdung. Trotzdem<br />
muss der Praxisbetreiber für den Ernstfall gewappnet sein.<br />
Insbesondere was Brände und Explosionen anbelangt, ist<br />
es laut §10 Arbeitsschutzgesetz seine Pflicht, entsprechende<br />
Maßnahmen zur Brandbekämpfung und Evakuierung der<br />
Beschäftigten zu treffen. Zum vorbeugenden Brandschutz<br />
gehören der bauliche, anlagentechnische und organisatorische<br />
Brandschutz. Zum abwehrenden Brandschutz zählen<br />
die Kernelemente Retten, Löschen und Bergen.<br />
Feuer! Was nun?<br />
Bei einem Brand gilt es, rasch zu handeln, da sich schnell<br />
eine große Hitze und gefährliche Brand- und Rauchgase<br />
entwickeln. Deshalb muss jeder einzelne Mitarbeiter<br />
bereits vorher wissen, was im Brandfall zu tun ist. Ein<br />
aktueller Alarmplan muss daher an einem gut sichtbaren<br />
Standort – zum Beispiel in Nähe der Rezeption – angebracht<br />
werden und regelmäßiger Bestandteil der Mitarbeiterunterweisungen<br />
sein. Auf diesem stehen neben Hinweisen<br />
zum Verhalten im Brandfall auch die wichtigsten Notrufnummern.<br />
Schnell raus! Aber wie?<br />
Ernstfälle passieren meist unerwartet – im Umkehrschluss<br />
muss immer damit gerechnet werden. So dürfen vorhandene<br />
Flucht- und Rettungswege und Notausgänge niemals<br />
verstellt werden, müssen immer leicht passierbar und<br />
dauerhaft gekennzeichnet sein, zum Beispiel mit lang<br />
nachleuchtenden Piktogrammen. Notausgänge müssen<br />
leicht zu öffnen sein. Auch Brandschutztüren dürfen nie<br />
verkeilt oder aufgebunden werden. Sind in eurer Praxis<br />
alle Flucht- und Rettungswege und Notausgänge gekennzeichnet<br />
und auch für Patienten schnell zu entdecken?<br />
Löschmitteleinheiten bei geringer Brandgefährdung<br />
Grundfläche bis<br />
Löschmitteleinheiten<br />
50 m 2 6<br />
100 m 2 9<br />
200 m 2 12<br />
300 m 2 15<br />
400 m 2 18<br />
500 m 2 21<br />
600 m 2 24<br />
700 m 2 27<br />
800 m 2 30<br />
900 m 2 33<br />
1000 m 2 36<br />
je weitere 250 m 2 6<br />
38 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
Vorausdenken! An was?<br />
Durch ein paar organisatorische Maßnahmen ist es möglich,<br />
die Brandgefahr bereits im Vorfeld deutlich zu reduzieren.<br />
Als erstes müssen die Mitarbeiter im Rahmen einer Unterweisung<br />
unter anderem im Umgang mit Feuerlöscheinrichtungen<br />
vertraut gemacht werden. Am besten funktioniert das<br />
mit einer praktischen Übung. Dieses Wissen muss mindestens<br />
einmal pro Jahr aufgefrischt werden (Dokumentation!).<br />
Eine weitere einfach realisierbare Maßnahme ist, entzündliche<br />
und brandfördernde Stoffe in der Praxis auf ein Minimum<br />
zu reduzieren: Das heißt, diese Stoffe lieber öfter<br />
nachbestellen, als riesige Vorräte zu horten! Nicht mehr<br />
benötigte entzündliche und brandfördernde Stoffe sollten<br />
fach- und sachgerecht entsorgt werden. Als weitere<br />
Maßnahme ist es sinnvoll, Elektrogeräte – insbesondere<br />
Hauselektrogeräte – nur auf einem schwer entflammbaren<br />
Untergrund zu betreiben. Auch Kerzen sollten niemals<br />
unbeaufsichtigt brennen.<br />
Feuerlöscher! Aber wo?<br />
Rasches Handeln ist wichtig – ein Feuerlöscher muss schnell<br />
gefunden werden. Stellen, an denen sich eine Feuerlöscheinrichtung<br />
befindet, müssen gut sichtbar und stets leicht<br />
zugänglich sein, ansonsten sind diese dauerhaft mit lang<br />
nachleuchtenden Piktogrammen zu kennzeichnen.<br />
Die Pflicht, in der Praxis gebrauchsfertige Feuerlöscher<br />
bereitzustellen, ist hoffentlich jedem Praxisbetreiber bewusst.<br />
Diese Feuerlöscher müssen außerdem dem Stand der<br />
Technik und den einschlägigen Normen in ihrer jeweils<br />
gültigen Fassung entsprechen. Sie müssen alle zwei Jahre<br />
durch eine befähigte Person überprüft werden. Die Anzahl<br />
der Löschmitteleinheiten ergibt sich zum einen aus der<br />
Grundfläche der Praxis, zum anderen aus der geringen<br />
Brandgefährdungsklasse, der Zahnarztpraxen zugeordnet<br />
sind. Ein Beispiel: Eine Praxis mit ca. 200 qm benötigt 12<br />
Löschmitteleinheiten. Dabei hat auf jeder Etage mindestens<br />
ein Feuerlöscher zu stehen. Doch was sind Löschmitteleinheiten?<br />
Jeder Feuerlöschertyp hat eine bestimmte Anzahl<br />
an Löschmitteleinheiten. Ein Feuerlöscher mit der Kennzeichnung<br />
21 A zum Beispiel erbringt 6 Löschmitteleinheiten,<br />
einer mit der Aufschrift 27 A hat 9 Löschmitteleinheiten.<br />
Der Buchstabe A steht für die Brandklasse A, also für<br />
Brände fester Stoffe. Die Brandklasse B steht für Brände<br />
von flüssigen oder flüssig werdenden Stoffen und die<br />
Brandklasse C für Brände von Gasen etc. Es gibt jedoch<br />
auch Feuerlöscher mit geringerer und größerer Löschmittelkapazität.<br />
Schaut doch mal nach, was auf eurem Feuerlöscher<br />
steht!<br />
Windrichtung gelöscht werden. Mit den Löscharbeiten<br />
sollte am besten vorne und vor allem unten begonnen<br />
werden, das Löschmittel sollte flächenförmig über den<br />
Brand verteilt werden. Den Feuerlöscher auf keinen Fall<br />
wahllos mitten in die Flammen einbringen. Beim Löschvorgang<br />
sollte darauf geachtet werden, dass nur so viel<br />
Löschmittel eingesetzt wird, wie benötigt wird, um für<br />
eventuelle Rückzündungen gewappnet zu sein. Größere<br />
Brände sollten idealerweise mit gleich mehreren Feuerlöschern<br />
gelöscht werden. Und nicht vergessen: Nach Benutzung<br />
des Feuerlöschers muss dieser unbedingt wieder<br />
befüllt und geprüft werden, um optimal auf den nächsten<br />
Ernstfall vorbereitet zu sein.<br />
ß<br />
—<br />
Kristina Hauf<br />
Quelle: Praxisteam Aktuell 02/2015, LZK BW<br />
AUF EINEN BLICK:<br />
CHECKLISTE FÜR DIE PRAXIS<br />
1. Sind die Mengen an entzündlichen und<br />
brandfördernden Stoffen in der Zahnarztpraxis<br />
auf ein Minimum reduziert?<br />
2. Sind funktionsfähige und geeignete Feuerlöscheinrichtungen<br />
in ausreichender Zahl vorhanden?<br />
3. Sind Feuerlöscheinrichtungen jederzeit<br />
schnell und leicht erreichbar?<br />
4. Sind die Standorte der Feuerlöscher<br />
und sonstiger Brandschutzeinrichtungen<br />
deutlich (idealerweise lang nachleuchtend)<br />
gekennzeichnet?<br />
5. Werden Feuerlöscher alle zwei Jahre überprüft?<br />
6. Sind ausreichend viele Beschäftigte mit der<br />
Handhabung der Löscheinrichtungen vertraut?<br />
7. Ist ein Alarmplan für den Brandfall vorhanden<br />
und sichtbar ausgehängt?<br />
8. Werden Flucht- und Rettungswege und<br />
Notausgänge stets freigehalten? Lassen sich<br />
Notausgänge möglichst leicht öffnen?<br />
9. Werden die Praxismitarbeiter über die<br />
Maßnahmen im Brandfall (Handhabung von<br />
Feuerlöschern, Alarmplan, Verhaltensregeln<br />
etc.) vor Arbeitsaufnahme und anschließend<br />
mindestens einmal jährlich unterwiesen?<br />
F A C H L I C H E S<br />
Löschen! Und wie?<br />
Jetzt heißt es: Nerven bewahren. Eigentlich ist es ganz<br />
einfach, mit einem Feuerlöscher umzugehen. Generell gilt:<br />
Das Feuer muss außerhalb von Gebäuden immer mit der<br />
© Guido Grochowski/Fotolia.com
Fotos: NBZ-Archiv<br />
IT Sicherheit in der Zahnarztpraxis –<br />
so schützen Sie Ihre Daten vor<br />
unbefugten Zugriffen<br />
In Zahnarztpraxen werden sensible und schützenswerte<br />
Patienten- und Sozialdaten verarbeitet sowie<br />
gespeichert. Deswegen müssen auch Zahnarztpraxen<br />
besonders auf die Sicherheit dieser Daten fokussiert<br />
sein. Dazu gehört es, sowohl mögliche Gefahren zu<br />
kennen als auch sich daraus ergebene mögliche Gegenmaßnahmen<br />
zu ergreifen. Damit sich die niedersächsischen<br />
Zahnärzte aktuell zu diesen wichtigen Themen informieren<br />
konnten, gab es im Haus der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigung Niedersachsen (KZVN) im Februar einen ganz<br />
besonderen Vortrag. Als fachkompetenten Referenten<br />
hatte die KZVN Alexander Dörsam von der Firma Antago<br />
GmbH aus Heppenheim eingeladen.<br />
Die Antago GmbH bietet, unabhängig von Herstellern,<br />
ausschließlich Beratung und Analysen zur IT-Sicherheit an.<br />
Herr Dörsam ist Leiter Information Security und Gesellschafter<br />
bei der Antago GmbH und beschäftigt sich vor allem<br />
mit der Behandlung von akuten IT-Sicherheitsvorfällen in<br />
Wirtschaftsunternehmen in ganz Deutschland.<br />
Während eines fast 4-stündigen „Livehackings“ zeigte Herr<br />
Dörsam den anwesenden Zahnärztinnen, Zahnärzten und<br />
Mitarbeiterinnen die Gefahren im Umgang mit Computern,<br />
Smartphones und Co. und gab wichtige Tipps zur Vermeidung<br />
von Risiken. Ob manipulierte E-Mails, gehackte<br />
Web-Sites oder manipulierte WLAN-Verbindungen – alles<br />
wurde live und im Original an mehreren Laptops demonstriert<br />
und per Beamer großflächig für alle sichtbar gemacht.<br />
Das Ergebnis: sprachloses Staunen beim Publikum.<br />
Dieses Staunen konnte Herr Dörsam allerdings in Neugierde<br />
umkehren, denn gegen alle von ihm live demonstrierten<br />
Sicherheitsangriffe auf Daten, sind wirksame Schutzmaßnahmen<br />
möglich. Schutzmaßnahmen, die in vielen Fällen<br />
nur auf Basis schon vorhandener Soft- bzw. Hardware<br />
aktiviert und konfiguriert werden muss. Hier sind die<br />
IT-Fachleute die richtigen Ansprechpartner, die in der Regel<br />
die Hard- und Software in den Praxen betreuen.<br />
Am Ende der Veranstaltung waren sich alle einig – das<br />
schwierige Thema wurde anschaulich und spannend,<br />
auch für „IT-Laien“ an die interessierten Zuhörer gebracht.<br />
Wenn auch Sie an einem Livehacking interessiert sind,<br />
empfehlen wir Ihnen den Fortbildungsflyer der KZVN für das<br />
2. Halbjahr 2015. Dieser erscheint im Juni – und hier finden<br />
Sie sicherlich den nächsten Termin für ein spannendes<br />
„Livehacking“ mit Herrn Dörsam.<br />
ß<br />
—<br />
Monika Popp<br />
Gruppenleiterin Monatsabrechnung/<br />
Leiterin Fortbildungsorganisation der<br />
KZV Niedersachsen<br />
Alexander Dörsam.<br />
40 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
Dank und Anerkennung auch<br />
vom Vorstand der KZVN<br />
(Dr. Jobst-W. Carl, Dr. Thomas<br />
Nels, von re. n. li.).<br />
Erst die Arbeit und dann… Dr. Andrea Barth und Dr. Jörg Hendriks führten<br />
gewohnt professionell durch diese besondere Sitzung.<br />
Der Abschied fällt nicht leicht:<br />
Dr. Andrea Barth.<br />
Fotos: NBZ-Archiv<br />
15 Jahre Motor<br />
und Herz in der<br />
LAGJ<br />
DR. ANDREA BARTH WIRD<br />
VERABSCHIEDET<br />
Die Landesarbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege<br />
(LAGJ e.V.) tagte am 04. März<br />
unter Vorsitz von Dr. Jörg Hendriks in den Räumen der KZVN.<br />
Die eigentliche Vorstands- und die sich daran anschließende<br />
Mitgliederversammlung waren fast „business as usual“. Die<br />
Tagesordnungen (TO) wurden abgearbeitet, Geschäfts- und<br />
Kassenbericht abgesegnet, Vorstand sowie Geschäftsführung<br />
entlastet und Rechnungs- und Kassenprüfer gewählt.<br />
Keine „Aufreger“, sondern soweit das notwendige, aber<br />
übliche Procedere.<br />
Das sollte sich bei Punkt 8 der TO ändern, der in der Einladung<br />
unspektakulär mit „Änderung in der Geschäftsführung<br />
der LAGJ“ daherkam.<br />
Immerhin ging es um eine wichtige Personalie für die LAGJ,<br />
denn Dr. Andrea Barth scheidet aus familiären Gründen<br />
Ende April als Geschäftsführerin der LAGJ aus.<br />
Das Ausscheiden sei ein großer Verlust, so Dr. Jörg Hendriks,<br />
Vorsitzender der LAGJ, in seiner Laudatio, denn Dr. Barth sei<br />
in den vergangenen 15 Jahren Motor und Herz der LAGJ<br />
gewesen. Ihr sei es zu verdanken, dass die Arbeit der LAGJ<br />
über Niedersachsens Grenzen hinaus nicht nur bekannt<br />
sondern auch anerkannt sei. Auch als Netzwerkerin war<br />
Dr. Andrea Barth erfolgreich unterwegs. Ein nicht immer<br />
einfaches Geschäft angesichts der Vielfalt der Institutionen<br />
und Organisationen und der durchaus differierenden Interessenslage<br />
der beteiligten Akteure.<br />
Auch für Dr. Barth wird der endgültige Abschied kein leichter<br />
sein. Sie gehe mit einem lachenden und einem weinenden<br />
Auge – so Dr. Barth in ihren Dankesworten an Vorstand<br />
Mitglieder und Mitarbeiter der Geschäftsstelle der LAGJ.<br />
Die LAGJ<br />
Die Förderung und Unterstützung von Maßnahmen auf dem<br />
Gebiet der Kinder- und Jugendzahnpflege, insbesondere in<br />
Kindergärten, Schulen und Behinderteneinrichtungen ist<br />
die zentrale Aufgabe der LAGJ.<br />
Das macht allein das Veranstaltungsprogramm 2015 mehr<br />
als deutlich: Diverse Fortbildungen für Jugendzahnärzte,<br />
Jugendzahnpflegereferenten, Erzieherinnen und Prophylaxefachkräfte.<br />
Präsenz zeigt die LAGJ auch beim Weltkindertag<br />
(21.09.15, Hannover), beim Tag der Zahngesundheit<br />
(26.09.15, Hannover + 01.10.15 Langenhagen), auf der<br />
Messe Infalino (17./18.10.15, Hannover) und beim Göttinger<br />
Symposium Zahnmedizin (28.11.15).<br />
Finanziert wird die Arbeit der LAGJ aus Eigen- und Fremdmitteln.<br />
Die Fremdmittel kommen zu je einem Drittel von<br />
der niedersächsischen Zahnärzteschaft, sprich KZV und<br />
Kammer, von den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen<br />
und dem Land Niedersachsen.<br />
Im laufenden Geschäftsjahr hat Dr. Jörg Hendriks, Mitglied<br />
der Vertreterversammlung der KZVN und Vorsitzender<br />
der Verwaltungsstelle Ostfriesland, für die Zahnärzteschaft<br />
den Vorsitz in der LAGJ. Im kommenden Jahr wird dieses<br />
Amt dann wieder alternierend von einem Vertreter der<br />
Landesverbände der Krankenkassen übernommen.<br />
Weitere Infos zur LAGJ sind online unter www.lagj-nds.de<br />
abrufbar.<br />
ß<br />
— st-dr<br />
F A C H L I C H E S<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
41
Braunschweiger Zahnärzteball –<br />
zum 45. Mal ein rauschendes Fest<br />
„Ein Hoch auf das, was vor uns liegt...“, unter<br />
diesem Motto hatte Michael Elisat im Namen<br />
der Kreisstelle Braunschweig der Zahnärztekammer Niedersachsen<br />
zum Zahnärzteball eingeladen. Die Organisation<br />
und Moderation des Balles legte er wieder in die bewährten<br />
Hände von Corinna Maaz und Regine Peters. Am<br />
Samstag, dem 10. Januar hießen beide die Gäste aufs<br />
herzlichste willkommen im festlichen Ballsaal des Ölper<br />
Waldhauses.<br />
Nun schon seit 45 Jahren gehört dieser Ball zum festen<br />
Termin im Kalender vieler Kolleginnen und Kollegen aus<br />
Braunschweig und der weiteren Umgebung und so sind<br />
auch in diesem Jahr wieder viele der Einladung mit Familie<br />
und Freunden gefolgt.<br />
Für das leibliche Wohl wurde bestens gesorgt, Frau Ossada<br />
zauberte mit ihrem Team ein köstliches Büffet und Tony<br />
Pop sorgte anschließend mit seiner Band für wunderbare<br />
Unterhaltung. Die Tanzfläche füllte sich sehr schnell.<br />
Einer der Höhepunkte dieses Balles war sicherlich die<br />
wunderbare Darbietung zweier Tanzpaare des Braunschweiger<br />
Tanzsportklubs. Regine Peters und Corinna Maaz ist es<br />
gelungen, zwei Meisterschaftspaare zu engagieren. Daniel<br />
Radu & Anne Weber sowie Lennart Sauerland & Julia<br />
Mertens boten eine traumhafte Vorstellung ihrer Standardtänze<br />
in wunderschönen Kostümen. Die Begeisterung der<br />
Ballgäste war riesig und die Leistung der Tänzer wurde mit<br />
großem Applaus honoriert.<br />
Natürlich durfte auch, wie jedes Jahr, die Wohltätigkeitstombola<br />
nicht fehlen mit ihren großartigen Hauptgewinnen.<br />
An dieser Stelle geht der Dank an alle Sponsoren,<br />
die durch ihre Großzügigkeit nun schon seit vielen Jahren<br />
dafür sorgen, dass fleißig Lose gekauft werden. Den ersten<br />
Preis, einen Reisegutschein über 1000,- €, spendete wieder<br />
die Deutsche Apotheker- und Ärztebank, ein Gutschein<br />
über 750,-€ eines örtlichen Stromanbieters kam von der<br />
Volksbank Braunschweig-Wolfsburg. Den dritten Hauptgewinn,<br />
ein Fahrrad im Wert von 600,- €, überreichte Herr<br />
Fusenig vom Dentallabor Schäfer und Fusenig. Der Erlös<br />
der Tombola geht an die Kroschke Stiftung für Kinder.<br />
Auch dieser schöne Ballabend ging leider irgendwann spät<br />
in der Nacht zu Ende und die Vorfreude auf das, was 2016<br />
vor uns liegt, begann…..auf den nächsten Zahnärzteball<br />
am 9. Januar 2016 im Ölper Waldhaus in Braunschweig.<br />
ß<br />
— Dr. Helmut Peters, Braunschweig Fotos: © Foto-Poppe<br />
42 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
Rechtstipp<br />
Wenn der Patient seiner Zahlungsverpflichtung<br />
nicht nachkommt – Mahngebühren/Verzugszinsen<br />
a. Mahngebühren<br />
Viele Patienten zahlen pünktlich. Es kommt aber<br />
immer wieder aus den unterschiedlichsten Gründen<br />
vor, dass ein Patient die Honorarforderung nicht<br />
innerhalb der ihm gesetzten Frist zahlt. In der<br />
Regel erhält er dann vom Zahnarzt/von der<br />
Zahnärztin eine Zahlungserinnerung, in der er –<br />
höflich- zur Zahlung aufgefordert wird. Hierbei<br />
handelt es sich um keine Mahnung im rechtlichen<br />
Sinne, auch wenn die meisten Computerprogramme<br />
dieses mit „Zahlungserinnerung“<br />
überschriebene Schreiben als 1. Mahnung werten.<br />
Es folgt dann die eigentliche 1. Mahnung, d.h.<br />
dringende Zahlungsaufforderung, die eine Frist<br />
enthalten sollte und vielfach als 2. Mahnung<br />
fälschlicherweise überschrieben ist.<br />
Rechtlich von entscheidender Bedeutung ist die<br />
1. Mahnung im Sinne einer dringenden Zahlungsaufforderung.<br />
Rechtlich bedarf es keiner 2. oder<br />
3. Mahnung.<br />
Da viele Unternehmen in der letzten Zeit immer<br />
höhere Mahngebühren ihren säumigen Kunden<br />
in Rechnung gestellt haben, haben sich wiederholt<br />
Gerichte auch mit der Höhe der Mahngebühren<br />
auseinander gesetzt. Fordern Sie Mahngebühren,<br />
sollten Sie folgendes beachten:<br />
1. Die Kosten für das 1. Mahnschreiben können<br />
vom Patienten nicht verlangt werden, weil erst<br />
mit diesem 1. Mahnschreiben die Verzugsfolgen<br />
ausgelöst werden. Erst wenn der Verzug eingetreten<br />
ist, hat der Schuldner den durch die<br />
verspätete Zahlung eingetretenen Schaden zu<br />
zahlen. So hat er zum Beispiel entstandene<br />
Rechtsanwaltsgebühren erst ab eingetretenem<br />
Verzug zu zahlen. Bevor die Angelegenheit zur<br />
Weiterverfolgung dem Anwalt übergeben wird,<br />
empfiehlt es sich, den Patienten durch Mahnung<br />
in Verzug zu setzen.<br />
2. Als Mahngebühren für die 2. und eventuell<br />
3. Mahnung dürfen Sie nur die Kosten dem<br />
Patienten in Rechnung stellen, die Ihnen<br />
© Matthias Eckert / Fotolia.com<br />
tatsächlich entstanden sind. Hierunter fallen<br />
Ausgaben für Porto, Papier, Druck etc.; hierzu<br />
gehören nicht die Personal- und Verwaltungskosten.<br />
So sind einige Amtsgerichte in der letzten<br />
Zeit dazu übergegangen, nur noch Gebühren<br />
für Mahnschreiben in Höhe von bis zu pauschal<br />
2,50 Euro anzuerkennen und die Klagen auf<br />
höhere Mahngebühren abzuweisen.<br />
Sie sollten daher genau überlegen, ob Sie tatsächlich<br />
höhere Mahngebühren fordern sollten.<br />
Außer Spesen nichts gewesen? Bitte auf jeden Fall<br />
weiterlesen.<br />
b. Verzugszinsen<br />
Haben Sie den Patienten ordnungsgemäß mit<br />
einer Mahnung unter Fristsetzung in Verzug<br />
gesetzt, können Sie einen Tag nach Fristablauf<br />
Verzugszinsen verlangen. Angesichts der derzeitigen<br />
Niedrigzinsphase ein für den Schuldner<br />
schlechtes Geschäft, denn der Verzugszins beträgt<br />
p.a. 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz<br />
(aktuell Basiszinssatz: –0,83 %, Stand<br />
01.01.2015-30.06.2015), somit 4,17 % p.a.<br />
c. Fazit<br />
Ein stringentes und gut organisiertes Forderungsmanagement<br />
kann sich durchaus auszahlen.<br />
Auch hier gilt: Der Patient sollte nicht grundlos<br />
verärgert werden, aber auf der anderen Seite<br />
muss ihm jedoch auch vom Forderungsinhaber<br />
deutlich gemacht werden, dass er für die empfangenen<br />
Leistungen zu zahlen hat.<br />
ß<br />
Wencke Boldt,<br />
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht<br />
Hildesheimer Straße 33, 30169 Hannover<br />
Tel.: 0511 8074-995, Fax: 0511 8074-997<br />
— Quelle: www.zfn-online.de<br />
F A C H L I C H E S<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
43
Aktuelles aus der Rechtsprechung<br />
Aktuelle Urteile…<br />
© Sandor Jackal / Fotolia.com<br />
…AUS DER ARBEITSWELT<br />
Elternzeit/Urlaubsrecht: Der Arbeitgeber darf<br />
„pro Kalendermonat“ ein Zwölftel abziehen<br />
Auch während der Elternzeit steht der frischgebackenen<br />
Mutter (beziehungsweise dem Vater) des Kindes Erholungsurlaub<br />
zu. Der Arbeitgeber darf allerdings für „jeden vollen<br />
Kalendermonat“ diesen Anspruch um ein Zwölftel kürzen.<br />
Beginnt eine Elternzeit also am 20. Januar, so kann der<br />
Urlaubsanspruch für das betreffende Jahr um elf Zwölftel<br />
gekürzt werden (= 11 „volle Kalendermonate“ von Februar<br />
bis Dezember). Entsprechend verhält es sich am Ende der<br />
Elternzeit. Der Arbeitgeber muss seine Kürzungsabsicht<br />
„nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt“ aussprechen.<br />
Es genügt, wenn er dies zum Ende der Elternzeit tut –<br />
selbst dann, wenn das Arbeitsverhältnis zu diesem<br />
Zeitpunkt endet. (LAG Rheinland-Pfalz, 5 Sa 180/13)<br />
Kündigung: Nachts ein paar Stunden Zeitungen<br />
austragen macht nichts<br />
Arbeitgeber von Mitarbeitern, die (möglicherweise) „blau<br />
machen“, haben es schwer, ihnen zum Beispiel nachzuweisen,<br />
dass sie eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung<br />
„erschlichen“ haben. So in diesem interessanten Fall vor<br />
dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Ein Mitarbeiter<br />
hatte eine Bescheinigung seines Arztes vorgelegt, dass er<br />
wegen Rückenproblemen arbeitsunfähig sei. Es wurde aber<br />
auch festgestellt, dass der Arbeitnehmer nachts stundenweise<br />
Zeitungen ausgetragen hatte. Damit war an sich der<br />
Beweiswert des ärztlichen Attestes erschüttert. Doch die<br />
Richter urteilten, dass mit diesen Ausrutschern nicht unbedingt<br />
der Nachweis erbracht worden sei, dass der Mitarbeiter<br />
nicht arbeitsunfähig krank gewesen sei. Die Verstöße<br />
gegen das Gebot sich “genesungsförderlich” zu verhalten,<br />
seien nicht “schwerwiegend genug” gewesen. Außerdem<br />
habe eine vorherige Abmahnung gefehlt.<br />
(LAG Rheinland-Pfalz, 5 Sa 275/13)<br />
…AUS DEM SOZIALRECHT<br />
Unfallversicherung: Auf dem Arbeitsweg zum Arzt zur<br />
Blutkontrolle ist eine private Angelegenheit<br />
Legt ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit einen<br />
kleinen Umweg ein, um bei seinem Arzt eine Kontrolle der<br />
Blutwerte vornehmen zu lassen, und wird er auf diesem<br />
Weg in einen Unfall verwickelt, so handelt es sich nicht<br />
um einen Arbeits-Wegeunfall, der Leistungen der Berufsgenossenschaft<br />
zur Folge hätte. Dies unabhängig davon,<br />
dass der Arztbesuch mittelbar auch „der Erhaltung der<br />
Arbeitskraft“ diente und dass der Arbeitgeber mit dem<br />
späteren Arbeitsbeginn des Mitarbeiters einverstanden war.<br />
Das Gericht stufte den Arztbesuch als „privat veranlasst“<br />
ein. (Bayerisches LSG, L 2 U 180/13)<br />
Sozialhilfe: Auch für Großeltern ist der Zugang erleichtert<br />
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass<br />
Großeltern gegenüber den Jugendämtern auch dann<br />
Anspruch auf Kostenübernahme für die (Vollzeit-)Pflege von<br />
Enkelkindern haben, wenn sie die Ämter nicht ernsthaft<br />
vor die Alternative stellen, entweder für ihre Entlohnung zu<br />
sorgen oder auf ihre Betreuungsdienste verzichten zu<br />
müssen. (Das hieß im Klartext: Großeltern mussten amtlich<br />
erklären, dass sie die Enkel nicht betreuen und stattdessen<br />
in eine Pflegefamilie abgeben würden, wenn das Jugendamt<br />
keine finanzielle Unterstützung hergab.) „Diese in der<br />
früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts<br />
aufgestellte Anforderung ist jedenfalls überholt“, so das<br />
Gericht. Die Vollzeitpflege sei „durch unterhaltspflichtige<br />
Verwandte und damit auch die Gewährung von Pflegegeld<br />
an diese unter erleichterten Voraussetzungen“ zuzulassen.<br />
(BVwG, 5 C 32/13)<br />
44 F A C H L I C H E S | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
Terminliches<br />
STEUERTERMINE 2015<br />
Persönliches<br />
BEZIRKSSTELLE VERDEN<br />
18.03.1015<br />
Referent: Dr. Markus Kaup,<br />
Universität Münster<br />
Thema: Das Frontzahntrauma –<br />
systematische Übersicht und<br />
aktuelle Entwicklungen<br />
22.04.2015<br />
Referent: Dipl. Kfm. Oliver Behn<br />
Thema: Die Zahnarztpraxis im Internet<br />
27.05.2015<br />
Referent: Prof. Dr. Dr. Georg Meyer,<br />
Greifswald<br />
Thema: Verlust von Zahnhartsubstanz:<br />
Karies besiegt – kommt jetzt die Erosion<br />
Ort: Niedersachsenhof,<br />
Lindhooper Str. 97, 27283 Verden<br />
Fortbildungsreferent:<br />
Dr. Walter Schulze<br />
Zahnärztekammer Niedersachsen /<br />
Bezirksstelle Verden, Nordstr. 5,<br />
27356 Rotenburg/W.<br />
Tel.: 04261 3665, Fax: 04261 4742<br />
E-Mail: drws.walter@t-online.de<br />
April<br />
10.04.<br />
Umsatzsteuer mtl. für März bzw.<br />
Februar mit Dauer-Fristverlängerung<br />
Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag,<br />
ev.- und röm.-kath. Kirchenlohnsteuer<br />
für März<br />
13.04.<br />
Ablauf der Zahlungsschonfrist<br />
für Umsatzsteuer, Lohn- und<br />
Kirchenlohnsteuer sowie<br />
Solidaritätszuschlag<br />
Dies gilt jedoch nicht bei<br />
Barzahlung und Zahlung<br />
per Scheck.<br />
Mai<br />
11.05.<br />
Umsatzsteuer mtl. für April bzw.<br />
März mit Dauer-Fristverlängerung<br />
Umsatzsteuer vierteljährlich für das<br />
I. Quartal mit Dauer-Fristverlängerung<br />
Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag,<br />
ev.- und röm.-kath. Kirchenlohnsteuer<br />
für April<br />
15.05.<br />
Ablauf der Zahlungsschonfrist<br />
für Umsatzsteuer, Lohn- und<br />
Kirchenlohnsteuer sowie<br />
Solidaritätszuschlag<br />
Dies gilt jedoch nicht bei<br />
Barzahlung und Zahlung<br />
per Scheck.<br />
DIENSTJUBILÄEN IN<br />
DER KZVN<br />
10-jähriges Jubiläum<br />
am 01.03.2015<br />
Susanne Köhler<br />
(Abtl. Abrechnung)<br />
Der Vorstand der KZVN gratuliert<br />
herzlich und dankt – auch<br />
im Namen der Mitglieder –<br />
für die geleistete Mitarbeit in den<br />
zurückliegenden Jahren.<br />
F A C H L I C H E S<br />
T E R M I N L I C H E S<br />
Foto: NZB-Archiv<br />
Hilfe zum Helfen gesucht<br />
HANNOVERSCHES ZAHNMOBIL UND SEINE<br />
PATIENTEN BRAUCHEN HILFE<br />
P E R S Ö N L I C H E S<br />
Das zahnmedizinische Team vom Zahnmobil Hannover<br />
http://www.zahnmobil-hannover.de) braucht dringend Verstärkung<br />
durch Zahnmedizinische Fachangestellte als „Springer“.<br />
Die Patienten des Zahnmobils suchen weiterhin Zahnarztpraxen im<br />
Innenstadtbereich von Hannover, die bereit sind, die Behandlungen<br />
wie Totalprothesen, Kronen und Brückenarbeiten, die nicht im<br />
Zahnmobil erbracht werden können, zu übernehmen.<br />
Helfen Sie mit helfen!<br />
Kontakt: Mobil: 0170 8145673, Festnetz: 0511 451031<br />
E-Mail: ingeburg@mannherz.com, werner@mannherz.com<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | T E R M I N L I C H E S<br />
45
Niederlassungshinweise<br />
AUSZUG AUS DER ZULASSUNGS VERORDNUNG<br />
FÜR VERTRAGS<strong>ZAHNÄRZ</strong>TE (ZV-Z)<br />
§ 18<br />
(1) Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. In dem<br />
Antrag ist anzugeben, für welchen Vertragszahnarztsitz<br />
und gegebenenfalls unter welcher Gebietsbezeichnung<br />
die Zulassung beantragt wird. Dem Antrag sind<br />
beizufügen<br />
a) Ein Auszug aus dem Zahnarztregister, aus dem der<br />
Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das<br />
Zahnarztregister und gegebenenfalls der Tag der<br />
Anerkennung des Rechts zum Führen einer bestimmten<br />
Gebietsbezeichnung hervorgehen müssen,<br />
b) Bescheinigungen über die seit der Approbation<br />
ausgeübten zahnärztlichen Tätigkeiten,<br />
c) gegebenenfalls eine Erklärung nach § 19 a Abs. 2<br />
Satz 1, mit der der aus der Zulassung folgende<br />
Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt wird.<br />
(2) Ferner sind beizufügen:<br />
1. ein Lebenslauf,<br />
2. ein polizeiliches Führungszeugnis,<br />
3. Bescheinigungen der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigungen, in deren Bereich der Zahnarzt bisher<br />
niedergelassen oder zur Kassenpraxis zugelassen<br />
war, aus denen sich Ort und Dauer der bisherigen<br />
Niederlassung oder Zulassung und der Grund<br />
einer etwaigen Beendigung ergeben,<br />
4. eine Erklärung über im Zeitpunkt der Antragstellung<br />
bestehende Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse<br />
unter Angabe des frühestmöglichen Endes des<br />
Beschäftigungsverhältnisses,<br />
5. eine Erklärung des Zahnarztes, ob er drogen- oder<br />
alkoholabhängig ist oder innerhalb der letzten fünf<br />
Jahre gewesen ist, ob er sich innerhalb der letzten<br />
fünf Jahre einer Entziehungskur wegen Drogenoder<br />
Alkoholabhängigkeit unterzogen hat und dass<br />
gesetzliche Hinderungsgründe der Ausübung des<br />
zahnärztlichen Berufs nicht entgegenstehen.<br />
(3) An Stelle von Urschriften können amtlich beglaubigte<br />
Abschriften beigefügt werden.<br />
(4) Können die in Absatz 1 Buchstabe b und in Absatz<br />
2 Buchstabe c bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt<br />
werden, so ist der nachzuweisende Sachverhalt<br />
glaubhaft zu machen.<br />
Kolleginnen und Kollegen, die sich in Niedersachsen<br />
niederlassen möchten, wenden sich bitte an die<br />
Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen,<br />
Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />
Niedersachsen, Zeißstraße 11, 30519 Hannover,<br />
Tel. 0511 8405-323/361, E-Mail: info@kzvn.de.<br />
Antragsformulare können entweder bei der Geschäftsstelle<br />
des Zulassungsausschusses Niedersachsen<br />
angefordert oder unter www.kzvn.de als PDF-Dokument<br />
heruntergeladen werden.<br />
Bitte achten Sie darauf, bei der Einreichung der Anträge<br />
zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit sämtliche in § 18<br />
Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (ZV-Z)<br />
aufgeführten Unterlagen beizufügen.<br />
GEMEINSAME AUSÜBUNG DER<br />
VERTRAGS<strong>ZAHNÄRZ</strong>TLICHEN TÄTIGKEIT<br />
(Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft)<br />
Bei Anträgen auf Genehmigung der gemeinsamen<br />
Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit ist<br />
grundsätzlich die Vorlage eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages<br />
notwendig.<br />
Bitte achten Sie bei entsprechenden Anträgen darauf,<br />
den Gesellschaftsvertrag spätestens bis zum Abgabetermin<br />
bei der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />
einzureichen.<br />
VERLEGUNGEN<br />
Nach § 24 Abs. 7 ZV-Z ist im Falle einer Verlegung des<br />
Vertragszahnarztsitzes grundsätzlich ein entsprechender<br />
Antrag an den Zulassungsausschuss zu richten. Die<br />
Verlegung ist erst möglich, wenn der Zulassungsausschuss<br />
diesem Antrag stattgegeben hat.<br />
SITZUNGEN DES<br />
ZULASSUNGSAUSSCHUSSES<br />
NIEDERSACHSEN FÜR <strong>ZAHNÄRZ</strong>TE<br />
Alle Anträge an den Zulassungsausschuss Niedersachsen<br />
sind unter Beifügung sämtlicher erforderlicher Unterlagen<br />
rechtzeitig bis zum Abgabetermin bei der<br />
Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />
Niedersachsen, Zeißstraße 11, 30519 Hannover, in<br />
Urschrift und eigenhändig unterschrieben einzureichen.<br />
46 K Z V N | N Z B | M Ä R Z 2 0 1 5
© diego cervo / iStockphoto.com<br />
Abgabe bis 11.05.2015<br />
Sitzungstermin 10.06.2015<br />
Abgabe bis 21.08.2015<br />
Sitzungstermin 16.09.2015<br />
Abgabe bis 23.10.2015<br />
Sitzungstermin 18.11.2015<br />
Verwaltungsstelle Oldenburg<br />
ß Planungsbereich Landkreis Oldenburg:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Oldenburg mit 23.995 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 33,3 % versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Oldenburg der KZVN,<br />
Vorsitzende: Zahnärztin Silke Lange, Bloher Landstraße 24,<br />
26160 Bad Zwischenahn, Tel. 0441 6990288,<br />
Fax 0441 691650, E-Mail: oldenburg@kzvn.de<br />
HINWEISE AUF PRAXISORTE<br />
FÜR NIEDERLASSUNGEN<br />
a) Vertragszahnärzte<br />
Verwaltungsstelle Ostfriesland<br />
ß Planungsbereich Landkreis Aurich:<br />
Unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines<br />
Nordsee-Kurbades ist auf der Insel Norderney ein<br />
Vertragszahnarztsitz vakant.<br />
ß Planungsbereich Landkreis Leer:<br />
Unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines<br />
Nordsee-Kurbades ist auf der Insel Borkum ein<br />
Vertragszahnarztsitz vakant.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Ostfriesland der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Jörg Hendriks, Julianenburger Straße 15,<br />
26603 Aurich, Tel. 04941 2655, Fax 04941 68633,<br />
E-Mail: ostfriesland@kzvn.de<br />
b) Fachzahnärzte für Kieferorthopädie<br />
In folgenden Planungsbereichen besteht Bedarf an<br />
Fachzahnärzten für Kieferorthopädie:<br />
Verwaltungsstelle Osnabrück<br />
ß Planungsbereich Landkreis Osnabrück:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Osnabrück mit 69.505 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 48,9 % versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Osnabrück der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Carsten Vollmer, Lotter Straße 127,<br />
49078 Osnabrück, Tel. 0541 76099965, Fax 0541 45363,<br />
E-Mail: osnabrueck@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Ostfriesland<br />
ß Planungsbereich Landkreis Aurich:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Aurich mit 35.425 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 45,2 % versorgt.<br />
ß Planungsbereich Landkreis Leer:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Leer mit 31.913 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 43,9 % versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Ostfriesland der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Jörg Hendriks, Julianenburger Straße 15,<br />
26603 Aurich, Tel. 04941 2655, Fax 04941 68633,<br />
E-Mail: ostfriesland@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Braunschweig<br />
ß Planungsbereich Landkreis Peine:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Peine mit 24.547 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 48,9 % versorgt.<br />
—<br />
Stand 17.02.2015<br />
K Z V N<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Braunschweig der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Helmut Peters, Münzstraße 9,<br />
38100 Braunschweig, Tel. 0531 13605, Fax 0531 4811315,<br />
E-Mail: braunschweig@kzvn.de<br />
BITTE NICHT VERGESSEN:<br />
Das BSG-Urteil von 1989 gilt nach wie vor (interne Beratung<br />
der Kassen durch Dritte, ob Leistungszusage oder Einleitung<br />
eines Vertragsgutachtens), und wer sich als Zahnarzt dem<br />
MDK zur Verfügung stellt, unterstützt die Kassen bei ihrem<br />
rechtswidrigen Verhalten!<br />
— NZB-Redaktion<br />
M Ä R Z 2 0 1 5 | N Z B | K Z V N<br />
47
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der zahnärztlichen Kollegenschaft<br />
verwenden Sie bitte immer das<br />
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die Abwicklung. Einfach ausfüllen<br />
und an die angegebene Nummer<br />
faxen.<br />
Ihre Zuschriften auf<br />
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richten Sie bitte an:<br />
Niedersächsisches Zahnärzteblatt<br />
(NZB), c/o KZVN, Barbara Podgorski,<br />
Chiffre-Nr. -------------------------<br />
Zeißstraße 11, 30519 Hannover<br />
48<br />
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Ihr Kleinanzeigenauftrag<br />
Auch online möglich:<br />
www.kzvn.de im Zahnarztportal unter Publikationen / NZB<br />
oder Fax: 0511 8405 -262<br />
Niedersächsisches Zahnärzteblatt (NZB)<br />
c/o KZVN<br />
Barbara Podgorski<br />
Zeißstraße 11<br />
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Nur für Zahnärztinnen und Zahnärzte<br />
Kleinanzeigen erscheinen als fortlaufender Text ohne<br />
Hervorhebungen. Bitte tragen Sie Ihren gewünschten<br />
Text in Druckschrift gut leserlich in die unten stehenden<br />
Kästchen ein, für jeden Wortzwischenraum und jedes<br />
Satzzeichen bitte ein Feld benutzen. Die Zeilen werden<br />
im NZB veröffentlicht wie von Ihnen im Formular<br />
vorgegeben. Die Anzahl der (angefangenen) Zeilen<br />
und damit den Preis Ihrer Anzeige bestimmen Sie<br />
selbst. Bei Chiffre Anzeigen rechnen Sie zur Zeilengebühr<br />
noch die Gebühr von 10,- EUR für die Chiffre Nr.<br />
hinzu. – Für alle Kleinanzeigenaufträge ist Ihre Einzugsermächtigung<br />
für den Bankeinzug erforderlich.<br />
Annahmeschluss für Kleinanzeigen ist der<br />
17. des Vormonats vor Erscheinen der Zeitschrift.<br />
Das NZB macht Sommerpause. Es erscheint 2015<br />
Mitte August eine Doppelausgabe. Das darauf folgende<br />
NZB wird wieder Mitte Oktober veröffentlicht.<br />
Folgende Kleinanzeige bitte<br />
nur einmal<br />
in den nächsten Ausgaben<br />
veröffentlichen unter der Rubrik:<br />
Verkauf<br />
Ankauf<br />
Stellenmarkt<br />
Verschiedenes<br />
Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen (KZVN)<br />
Zeißstraße 11, 30519 Hannover<br />
Gläubiger-ID DE93ZZZ00000166202<br />
Mandatsreferenz ANZEIGEN NZB<br />
Preis je angefangene<br />
Zeile 5,20 EUR<br />
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SEPA – Basislastschrift:<br />
Ich ermächtige die KZVN, einmalig eine Zahlung von meinem Bankkonto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut<br />
an, die von der KZVN auf mein Konto gezogene Lastschrift einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem<br />
Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />
Vorname und Name (Kontoinhaber)<br />
Straße und Hausnummer<br />
Postleitzahl und Ort<br />
IBAN<br />
DE<br />
Zeilengebühr<br />
Die Anzeige soll unter Chiffre<br />
erscheinen, Chiffregebühr 10,- EUR<br />
Die Anzeige soll auch im Internet<br />
erscheinen (www.assistentenboerse.de)<br />
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