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typisch evangelisch - Kirchenbezirk Geislingen

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Miteinander Glauben leben<br />

Die Erfahrung eines Ehepaares verschiedener Konfession<br />

FRIEDERIKE MAIER<br />

Heutzutage sind konfessionsverschiedene Ehen – eine<br />

Ehe also, bei welcher ein Partner <strong>evangelisch</strong>, der andere<br />

katholisch ist – keine Seltenheit mehr.<br />

Das war früher anders. Fanden ein Evangelischer und eine<br />

Katholische zusammen, so hatten sie oft beide Familien<br />

gegen sich: „Wie kannst du einen „Wiaschdglaibigen“<br />

heiraten?“ Manch katholischer Priester versuchte von der<br />

Heirat abzuraten oder den <strong>evangelisch</strong>en Partner zum<br />

Übertritt zu bewegen. Bei der Hochzeit verpflichteten sich<br />

beide, ihre Kinder im römisch-katholischen Glauben zu<br />

erziehen. Viel Druck und Anfeindung von verschiedenen<br />

Seiten mussten die Paare standhalten.<br />

Das ist heute – Gott sei dank – nicht mehr so.<br />

Seit 1971 gibt es die Möglichkeit einer Trauung, in der<br />

Pfarrer beider Konfessionen beteiligt sind. Eine ökumenische<br />

Trauung ist das freilich nicht. Kirchenrechtlich<br />

heiratet man entweder <strong>evangelisch</strong> – mit Beisein eines<br />

katholischen Priesters. Oder katholisch – mit Beisein eines<br />

<strong>evangelisch</strong>en Pfarrers, einer <strong>evangelisch</strong>en Pfarrerin. Auch<br />

sonst ist es nicht immer einfach: Bei der Taufe der Kinder<br />

muss die Entscheidung für eine Konfession fallen, gemeinsam<br />

Abendmahl feiern ist kirchenrechtlich nicht möglich.<br />

Ganz zu schweigen von pragmatischen Fragen: Wo besuchen<br />

wir den Gottesdienst? In welcher Kirchengemeinde<br />

engagieren wir uns?<br />

Und doch gestalten konfessionsverbindende Ehepaare<br />

ihren Alltag ökumenisch: Sie sind in beiden Kirchen<br />

zuhause, geben ihren Kindern zwei Traditionen weiter,<br />

leben gemeinsam Glauben in Vielfalt.<br />

Glauben in Vielfalt leben<br />

Wie das gelingen kann, ist deutlich geworden im<br />

Gespräch mit Hans-Peter und Hildegard Bühler aus<br />

Kuchen, die eine konfessionsverbindene Ehe führen.<br />

Hildegard Bühler stammt aus Dellmensingen bei Ulm,<br />

einem tief-katholischen Gebiet. Sie ist im römisch-katholischen<br />

Glauben aufgewachsen wie ihre ganze Familie.<br />

Hans-Peter Bühler dagegen hat eine stark <strong>evangelisch</strong>e<br />

Prägung erfahren. Zum damaligen Kuchener Pfarrer<br />

Fabinyi stand er wie in einem „Ziehsohnverhältnis“.<br />

Im Pfarrhaus ging er ein und aus, bekam Zugang zum<br />

Glauben, Verbindung zur <strong>evangelisch</strong>en Kirche.<br />

Als Hans-Peter und Hildegard sich kennen und lieben<br />

lernten, machten sie die Erfahrung, dass sie in der Familie<br />

des jeweils anderen herzlich aufgenommen wurden.<br />

„Weder ihre Familie, noch sie oder der Priester haben den<br />

Versuch gestartet, dass ich konvertieren soll“, erzählt er,<br />

„auch nicht umgekehrt.“ Die unterschiedliche Konfession<br />

war kein Problem.<br />

Da es Trauungen mit Pfarrern beider Konfessionen damals<br />

noch nicht gab, haben sie katholisch geheiratet. Das war<br />

eine eher pragmatische Entscheidung, da überwiegend die<br />

Hildegard und Hans-Peter Bühler<br />

Mutter die Kinder erziehen würde. Und so wurden Thomas<br />

und Angelika katholisch getauft.<br />

In ihrem Alltag war die Familie in beiden Kirchen<br />

zuhause: Hildegard Bühler engagierte sich als Kommunionsmutter,<br />

Hans-Peter Bühler war im <strong>evangelisch</strong>en Kirchengemeinderat<br />

aktiv, die Kinder feierten Kommunion<br />

und besuchten Kinderkirche und Jugendgruppen der<br />

<strong>evangelisch</strong>en Kirchengemeinde. Das Miteinander beider<br />

Konfessionen war unkompliziert und selbstverständlich.<br />

„Wir diskutierten viel, aber wir akzeptierten uns gegenseitig.<br />

Es standen nie irgendwelche Dinge zwischen uns.“<br />

„Ich will <strong>evangelisch</strong> werden!“<br />

Für Überraschung sorgte Tochter Angelika, als sie als<br />

12-Jährige den Wunsch äußerte „Ich will <strong>evangelisch</strong> werden!“<br />

Für die Eltern war es zunächst ein Schock. Das kam<br />

so unerwartet. Sie versuchten, ihre Gründe zu verstehen.<br />

Die Eltern wollten ihre Tochter einerseits auf ihrem Weg<br />

begleiten, andererseits nicht vorschnell einem Übertritt<br />

zustimmen. So haben sie sich miteinander auf den Weg<br />

gemacht: Angelika besuchte zwei Jahre den <strong>evangelisch</strong>en<br />

Religionsunterricht und nahm am Konfirmandenunterricht<br />

teil. Schließlich ließ sie sich konfirmieren und wurde<br />

damit <strong>evangelisch</strong>.<br />

Im Rückblick sagen die Eltern: „Wir fanden es toll, wie<br />

stark sie sich mit dem Glauben auseinandersetzte. Wir<br />

wollten sie begleiten, ihr deutlich machen, dass sie nicht<br />

alleine ist, wenn sie ihren Weg geht, dass wir hinter ihr<br />

stehen.“<br />

Die Familie hat sich zusammen auf den Weg gemacht<br />

und beide Traditionen vertieft entdeckt. Miteinander leben<br />

sie Ökumene, gestalten gemeinsam<br />

Glauben. Und wie selbstverständlich<br />

und fröhlich sie das tun, das strahlt aus!<br />

Das Gespräch führte<br />

Friederike Maier,<br />

Pfarrerin in Süßen<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

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