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typisch evangelisch - Kirchenbezirk Geislingen

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Was wollen wir als landeskirchliche Gemeinden<br />

bewusst „festhalten“?<br />

æ Freiheit zu verschiedenen Ausprägungen statt Konformität.<br />

æ Die Freude die biblischen Geschichten täglich neu von<br />

ihrer Mitte her zu entdecken statt der Bibel als starres<br />

Gesetzbuch.<br />

æ Kein schwarz-weiß Denken, das für die bunte Welt und<br />

die so verschiedenen Geschöpfe Gottes nur zwei<br />

Schubladen hat.<br />

æ Die Zusage, dass Gott und in seinem Auftrag die<br />

Gemeinde den Einzelnen in Freud und Leid durchträgt,<br />

kein Wohlstandsevangelium, das die falsche Versprechung<br />

in die Welt setzt, Glaube mache reich, gesund<br />

und erfolgreich.<br />

æ Das Bewusstsein, dass Gott auch in den kleinen<br />

Zeichen der Bewahrung, Begleitung, des Kraft-Schöpfens<br />

mitten im Alltag erlebt wird und nicht nur in<br />

Wundern und außerordentlichen Erfahrungen.<br />

æ Keinen Umgang mit dem Bösen, bei dem man dessen<br />

Ursache hauptsächlich außen sucht, in dämonischen<br />

Einflüssen, die man dann austreiben muss. Wir verstehen<br />

uns als Gemeinschaft von Menschen, die auch als<br />

Christen noch Sünder bleiben, die<br />

aber immer wieder in der Seelsorge,<br />

im Gottesdienst, im Abendmahl<br />

Gottes unverdiente Gnade erfahren.<br />

Pfarrerin Annette Kick<br />

ist Weltanschauungsbeauftragte<br />

der Landeskirche<br />

Singen ist <strong>evangelisch</strong><br />

Die Geschichte der <strong>evangelisch</strong>en Kirche ist zugleich eine Geschichte der Kirchenmusik<br />

BERNHARD LEUBE<br />

Als in den Tagen der Reformation, so erzählt man, die<br />

Ideen dieses Wittenberger Mönches zur Reform der Kirche<br />

auch in die Stadt Lemgo gedrungen waren, entstand<br />

auf dem Rathaus eine gewisse Unruhe, denn Gerüchte<br />

schwirrten durch die Stadt, in den Gottesdiensten würden<br />

sich merkwürdige Dinge zutragen, Leute gäb’s, die wollten<br />

in der Kirche alles anders machen. Der Luther würde<br />

noch gefährlich werden, wenn man nicht aufpasste.<br />

Sicher konnte man nicht alles lassen, wie es war, aber die<br />

Sache durfte auch nicht aus dem Ruder laufen. Der Bürgermeister<br />

wollte genauer Bescheid wissen und schickte<br />

seinen Stadtschreiber in das Gotteshaus, er solle da mal<br />

nach dem Rechten sehen und ihm von diesen Umtrieben<br />

berichten. Nach geraumer Zeit kam der Schreiber wieder<br />

zurück ins Rathaus. „Und?“ fragte der Bürgermeister. „O<br />

Herr, die singen schon alle!“ antwortete der Ratsschreiber<br />

nur, und der Bürgermeister stellte lakonisch fest: „Ei, dann<br />

ist alles verloren.“ Der Mann hat etwas von Musik und<br />

ihrer Kraft verstanden! Singen ist <strong>evangelisch</strong>.<br />

Das Wort wird lebendig im Klang<br />

Die Reformation ist eine Singbewegung und die<br />

Geschichte der <strong>evangelisch</strong>en Kirchen von Anfang an<br />

zugleich eine reiche Geschichte der Kirchenmusik. Kirchenmusik<br />

ist in der <strong>evangelisch</strong>en Kirche deshalb unverzichtbar,<br />

weil die Lebendigkeit des Evangeliums an seiner<br />

Mündlichkeit hängt, an seinem Erklingen. Das Evangelium<br />

ist ein Klangereignis. Was wir gedruckt in Büchern haben,<br />

ist eine Gedächtnisstütze für unser schwaches Gehirn, das<br />

die Bibel nicht auswendig kann. Lebendig aber wird das<br />

Wort erst im Klang.<br />

Lieder sind Gottesrede<br />

Es gibt von Luther jene berühmte Definition des Gottes-<br />

dienstes, die er in der Predigt<br />

zur Einweihung der Torgauer<br />

Schlosskirche formulierte, in<br />

diesem Haus solle nichts<br />

anderes geschehen, „als dass<br />

unser lieber Herr selbst mit<br />

uns rede durch sein heiliges<br />

Wort und wir wiederum<br />

mit ihm durch Gebet und<br />

Lobgesang.“ Das könnte<br />

man oberflächlich so deuten,<br />

als habe eben der<br />

Pfarrer oder die Pfarrerin<br />

das göttliche Wort zu<br />

sagen, und die Gemeinde<br />

antworte darauf unter anderem mit ihrem<br />

Singen. Wenn wir die Lieder Luthers aber selbst<br />

anschauen, sehen wir sofort, dass das Singen auf beiden<br />

Seiten der liturgischen Kommunikation seinen Ort hat.<br />

Viele Lieder sind Lob- und Danklieder, Klage- und Bittlieder.<br />

Wenn wir sie singen, dann loben und danken wir,<br />

klagen und bitten. Aber das ist nur die eine Seite. Geistliche<br />

Lieder sind nicht nur das eigene Wort derer, die Gott<br />

gemeinsam antworten, sondern sie sind auch das fremde<br />

Wort, das paradoxerweise in unserem eigenen Mund von<br />

außen auf uns zukommt, ja in ihnen spricht unter<br />

Umständen Gott selbst: „Er sprach zu mir: ‚Halt dich an<br />

mich, es soll dir jetzt gelingen; ich geb mich selber ganz<br />

für dich …“ (EG 341,7) Das sage nicht ich, wenn ich<br />

singe, das sagt Christus. Die letzten Strophen von Luthers<br />

„Nun freut euch, lieben Christen g’mein“ redet Christus.<br />

Auch Jochen Kleppers „Ja, ich will euch tragen bis zum<br />

Alter hin“ (EG 380) könnte man nennen, das ganze Lied<br />

ist pure Gottesrede nach Jesaja 46, 3.4.<br />

Die <strong>evangelisch</strong>e Kirchenmusik hat auf dieser anspruchsvollen<br />

Grundlage in mehreren Jahrhunderten einen riesigen<br />

Aufschwung genommen, nicht zuletzt dadurch, dass<br />

EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />

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