typisch evangelisch - Kirchenbezirk Geislingen
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Gemeinsamer Religionsunterricht<br />
für Evangelische und Katholische<br />
Ein Modellprojekt an den Schulen<br />
JOHANNES GEIGER<br />
Zur ersten Religionsstunde im neuen Schuljahr sollen die<br />
Erstklässler in den <strong>evangelisch</strong>en oder katholischen Religionsunterricht<br />
gehen. Ein paar Kinder stehen unsicher da,<br />
sie fragen, wohin sie gehen sollen, weil sie gar nicht<br />
wissen, ob sie <strong>evangelisch</strong> oder katholisch sind. Diese<br />
Erfahrung machen LehrerInnen in jedem Schuljahr.<br />
Im Religionsunterricht werden Fragen nach Gott, der Bibel<br />
und dem Glauben besprochen, die SchülerInnen lernen<br />
die Bedeutung von christlichen Festen und Bräuchen kennen<br />
und vieles mehr. In der Regel gestalten die ReligionslehrerInnen<br />
über den Unterricht hinaus auch die Schulgottesdienste.<br />
Nach Artikel 7, 3 des Grundgesetzes wird<br />
der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach, als <strong>evangelisch</strong>er<br />
oder katholischer Religionsunterricht erteilt. Im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> besuchen in diesem Schuljahr<br />
über 5100 SchülerInnen den <strong>evangelisch</strong>en Religionsunterricht.<br />
An fünf Schulen im Bezirk wird eine besondere<br />
Form des Religionsunterrichts praktiziert: der konfessionell-kooperativ<br />
Religionsunterricht.<br />
Was bedeutet konfessionell-kooperativ?<br />
Grundlage ist die am 1. März 2005 von den <strong>evangelisch</strong>en<br />
und katholischen Kirchen in Baden-Württemberg<br />
verabschiedete Vereinbarung zur konfessionellen Kooperation<br />
im Religionsunterricht an allgemein bildenden<br />
Schulen. Sie gilt zunächst für drei Jahre, derzeit läuft die<br />
wissenschaftliche Auswertung, die eine Grundlage für<br />
weitere Beschlüsse bilden wird.<br />
Grundsätzlich ist auch der konfessionell-kooperative Religionsunterricht<br />
konfessioneller Religionsunterricht. Er ist<br />
keine neue Form zusätzlich zum <strong>evangelisch</strong>en und<br />
katholischen Unterricht, sondern eine besondere Form.<br />
Aus diesem Grund wird der etwas sperrige Begriff<br />
„konfessionell-kooperativ“ verwendet und nicht „ökumenisch“.<br />
Es gibt ja keine ökumenische Konfession,<br />
sondern die <strong>evangelisch</strong>e und die katholische.<br />
Für zwei Schuljahre werden die <strong>evangelisch</strong>en und katholischen<br />
SchülerInnen einer Klasse gemeinsam in Religion<br />
unterrichtet, in den Klassen 1 und 2 der Grundschule<br />
oder in zwei Jahrgängen der weiterführenden Schulen,<br />
zum Beispiel in den Klassen 5 und 6. Die <strong>evangelisch</strong>e<br />
und katholische Lehrkraft wechseln sich in diesem<br />
Zeitraum ab, in der Regel nach einem Jahr.<br />
Die Inhalte<br />
Bedingung für die Genehmigung ist ein Unterrichtsplan,<br />
der die Schwerpunkte der Bildungspläne beider Konfessionen<br />
erfüllt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass mit<br />
den SchülerInnen alle verbindlichen Themen der eigenen<br />
und darüber hinaus die der anderen Konfession erarbeitet<br />
werden, ohne dass dadurch mehr Themen bearbeitet<br />
werden.<br />
Evangelische und katholische SchülerInnen sitzen dabei<br />
gemeinsam im Religionsunterricht. Sie haben die Möglichkeit,<br />
die jeweils andere Konfession authentisch zu<br />
erleben, durch die Unterrichtsthemen und durch die<br />
Gespräche in der Gruppe. Fast zwangsläufig führt das<br />
immer wieder zu der Frage: was heißt es, <strong>evangelisch</strong> zu<br />
sein, was heißt es, katholisch zu sein. Gibt es Fragen, die<br />
die MitschülerInnen aus der anderen Konfession anders<br />
beantworten? Wie sehen sie beispielsweise Maria und<br />
wie wir? Konfessionell-kooperativer Religionsunterricht<br />
befasst sich noch intensiver mit der eigenen Konfession.<br />
Natürlich betrifft dies nicht nur die Kinder, sondern auch<br />
die Lehrkräfte, die sich in neue Fragestellungen einarbeiten<br />
und Themen unterrichten, die bisher nicht vorkamen.<br />
Erfahrungen<br />
Die Erfahrungen mit dem konfessionell-kooperativen Religionsunterricht<br />
sind ausgesprochen positiv, bei Schülern,<br />
Lehrkräften und Eltern. Die ReligionslehrerInnen machen<br />
gute Erfahrungen, obwohl mehr Aufwand und Absprachen<br />
mit dieser Form des Religionsunterrichts verbunden<br />
sind. Die Zusammenarbeit der <strong>evangelisch</strong>en und katholischen<br />
Fachschaften wird auf diese Weise intensiver. Das<br />
Modell eignet sich jedoch nicht für jede Schule in gleicher<br />
Weise, es kommt immer auf die örtlichen Gegebenheiten<br />
an, die in jedem Fall einzeln zu prüfen sind.<br />
Die wissenschaftliche Auswertung ist noch nicht abgeschlossen,<br />
daher sind für das kommende Schuljahr<br />
2008/09 nur Folgeanträge der Schulen zugelassen, die<br />
bereits nach dem Modell arbeiten. Eine gut fundierte Analyse<br />
und Auswertung der bisherigen Modellphase ist notwendig<br />
und wird innerhalb der Kirchen in Baden-Württemberg<br />
erwartet. Sie ist auch unter dem bundesweiten<br />
Blickwinkel wichtig, da das Modell aus den <strong>evangelisch</strong>en<br />
und katholischen Kirchen außerhalb Baden-Württembergs<br />
sehr aufmerksam verfolgt wird. Es bleibt spannend<br />
abzuwarten, welche Beschlüsse die Kirchen nach dem<br />
Abschluss der Auswertung fassen werden. Ich hoffe<br />
jedoch, dass das Modell fortgesetzt und damit auch für<br />
andere Schulen geöffnet wird.<br />
Johannes Geiger ist Schuldekan<br />
der <strong>Kirchenbezirk</strong>e<br />
<strong>Geislingen</strong> und Heidenheim<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
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