typisch evangelisch - Kirchenbezirk Geislingen
typisch evangelisch - Kirchenbezirk Geislingen
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Evangelische<br />
Nachrichten aus dem Filstal und dem Helfensteiner Land<br />
2008/2009<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung <strong>Geislingen</strong><br />
” Von der bunten<br />
Vielfalt des<br />
<strong>evangelisch</strong>en<br />
Glaubens<br />
” Neues aus<br />
Bezirk und<br />
Gemeinden<br />
” Aktuelles<br />
Informationen<br />
Evangelisch aus gutem Grund
Inhalt<br />
Impressum<br />
Zeitung des<br />
Evangelischen <strong>Kirchenbezirk</strong>s<br />
<strong>Geislingen</strong> (Steige)<br />
Nr. 11 – 2008/2009<br />
vom 1. Juli 2008<br />
Herausgeber:<br />
Evangelischer <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
<strong>Geislingen</strong><br />
Hansengasse 2,<br />
73312 <strong>Geislingen</strong> (Steige),<br />
Tel. (0 73 31) 4 17 61<br />
Email:<br />
Ev.Dekanat.<strong>Geislingen</strong>@t-online.de<br />
www.kirchenbezirk-geislingen.de<br />
Redaktion:<br />
Anita Gröh, Daniela Hartmann,<br />
Judith Heiter, Susanne Jutz,<br />
Friederike Maier,<br />
Gertraude Reich-Bochtler<br />
Druck:<br />
C. Maurer, Druck und Verlag,<br />
<strong>Geislingen</strong> (Steige)<br />
Layout, Repro, Satz:<br />
Typografie + Medienwerkstatt<br />
Hermann, Schlat<br />
Auflage: 20.000<br />
Vertrieb:<br />
Evangelischer <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
<strong>Geislingen</strong><br />
Titelbild:<br />
„Kommunikation“<br />
Textiles Wandbild aus<br />
Seidenstoffen von Nicole Basien,<br />
Bad Ditzenbach<br />
Rückseite:<br />
Typisch <strong>evangelisch</strong><br />
Fotos:<br />
Gröh: 3, 7, 10, 13, 15, 17,<br />
18, 19, 22, 23, 26, 27, 31,<br />
43, 44, 45, 46, 47, 48<br />
Privat: 4, 5, 6, 8, 9, 11, 14,<br />
16, 19, 23, 24, 25, 28, 29,<br />
30, 31, 32, 33, 34, 35, 36,<br />
37, 38, 39, 40, 41, 42, 43,<br />
44, 45, 46, 47, 48<br />
OKR: 12, 21<br />
V.i.S.d.P.:<br />
Dekanin Gerlinde Hühn,<br />
Hansengasse 2,<br />
73312 <strong>Geislingen</strong> (Steige)<br />
2 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
3 Editorial<br />
Gerlinde Hühn<br />
4 Die neugewählten<br />
Kirchengemeinderäte<br />
6 Impuls<br />
Friederike Maier<br />
13 In eigener Sache . . .<br />
25 Quiz: Bin ich <strong>evangelisch</strong>?<br />
35 Wo finde ich Information und Hilfe<br />
43 Von Menschen, Begegnungen und Jubiläen<br />
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
7 Umfrage: Was ist <strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong>?<br />
8 Portrait<br />
Ulrike Voigt<br />
Gerlinde Hühn<br />
10 Aus der Landessynode<br />
Anita Gröh, <strong>Geislingen</strong><br />
Beate Keller, Süßen<br />
12 Evangelische Kirche –<br />
„nicht Kirche im eigentlichen Sinn?“<br />
Frank Otfried July<br />
14 Wie <strong>Geislingen</strong> <strong>evangelisch</strong> wurde<br />
Karlheinz Bauer<br />
16 95 Thesen verändern die Welt<br />
Dr. Michael Kannenberg<br />
17 Gemeinsamer Religionsunterricht<br />
für Evangelische und Katholische<br />
Johannes Geiger<br />
18 Kleine Kirche im katholischen Umfeld<br />
Gerlinde Hühn<br />
Anita Gröh<br />
20 Alles <strong>evangelisch</strong>, oder was?<br />
Annette Kick<br />
21 Singen ist <strong>evangelisch</strong><br />
Bernhard Leube<br />
23 Gottes Wort vielfältig und lebendig<br />
unters Volk bringen<br />
Martina Rupp<br />
24 Den eigenen Zugang zu Gott finden<br />
Markus Hartmann<br />
26 Wenn das Weib nicht mehr schweigt<br />
Sabine Bayreuther<br />
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
28 „Ich will immer ein Anwalt der Armen sein“<br />
Alfred Ehmann<br />
29 Miteinander Glauben leben<br />
Friederike Maier<br />
30 Lobby für Kinder<br />
Yasna Crüsemann<br />
31 Evangelisch sein im Pflegeheim<br />
Claudia Kupfer-Feine<br />
32 Chorgesang im Krankenhaus<br />
Klaus Hoof<br />
33 Wenn man sich schon an Weihnachten<br />
auf den Sommer freut<br />
Daniela Hartmann<br />
34 Genussvoll essen mit gutem Gewissen<br />
Judith Riehle<br />
Aus den Distrikten<br />
DISTRIKT ALB<br />
36 Gott ist treu – 15 Tage Zeltfestival<br />
in Amstetten<br />
36 Martin Luther und die Luther-Kirche<br />
in Böhmenkirch<br />
36 50 Jahre Posaunenchor Schalkstetten<br />
DISTRIKT GEISLINGEN<br />
37 Sozialführerschein in <strong>Geislingen</strong><br />
37 40 Jahre Christus-Kirche in Eybach<br />
38 Künstlerisches Kleinod auf der Alb –<br />
Die Michaelskirche in Stötten<br />
38 It’s my life!? – Das etwas andere Fotoprojekt<br />
DISTRIKT OBERE FILS<br />
39 325 Jahre Pfarrei Ganslosen-Auendorf<br />
39 Kunst in der Christuskirche<br />
in Bad Ditzenbach<br />
40 Martinskirche Gruibingen in<br />
neuer Helligkeit<br />
40 Gottesdienst für Motorradfahrer<br />
40 Musik in der Kirche fürs Gemeindehaus<br />
in Deggingen-Bad Ditzenbach<br />
41 200. Geburtstag in Wiesensteig<br />
DISTRIKT UNTERES FILSTAL<br />
42 Augenblickmal – Ausstellung in Donzdorf<br />
42 100 Jahre Kirchenchor Kuchen
Liebe Leserinnen und Leser<br />
unserer neuen <strong>Kirchenbezirk</strong>szeitung,<br />
„Evangelisch aus gutem Grund“<br />
so lautet das Thema dieser Ausgabe, das<br />
sich durch fast alle Artikel hindurch zieht<br />
und von den verschiedenen Seiten beleuchtet<br />
wird: Evangelisch im Kindergarten, im<br />
Waldheim, im Religionsunterricht, in der<br />
Kirchenmusik, in Umfragen, im Gegenüber<br />
zu den Freikirchen, bei Ehepartnern unterschiedlicher<br />
Konfession – das sind nur einige<br />
der Themen, über die Sie etwas erfahren<br />
können.<br />
In einer Zeit, in der die religiösen Profile zu<br />
verschwimmen scheinen, ist es sinnvoll,<br />
sich immer wieder klar zu machen, welchen<br />
Schatz wir an unserem reformatorischen<br />
Erbe haben. Für Luther stand das Kreuz, an<br />
dem sich Gott in Christus als der Liebende<br />
offenbart, im Zentrum seiner Theologie.<br />
Unser Titelbild weist darauf hin. Deutlich<br />
wird auch die bunte Vielfalt innerhalb der<br />
Evangelischen Kirchen.<br />
Der Schwedenkönig Gustav Adolf II. (1594<br />
bis 1632) hat die <strong>evangelisch</strong>e Kirche in<br />
Deutschland gerettet. Sein Eingreifen bewahrte<br />
die Protestanten davor, verfolgt und<br />
niedergemetzelt zu werden wie die Hugenotten<br />
in Frankreich, und sie konnten nicht<br />
in die Illegalität gezwungen werden wie die<br />
Evangelischen damals in Österreich.<br />
Das nach ihm benannte Werk der Evangelischen<br />
Kirche setzt sich heute noch zum<br />
Ziel, kleine <strong>evangelisch</strong>e Minderheiten im<br />
Ausland zu unterstützen.<br />
Das Fest des Gustav-Adolf-Werks (GAW)<br />
findet im kommenden Jahr wieder einmal<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> statt.<br />
Auch im Dekanat <strong>Geislingen</strong> gab es die Erfahrungen,<br />
als Evangelische in der Minderheit<br />
zu sein. Zwei Kirchengebäude, in<br />
Donzdorf und in Wiesensteig, wurden mit<br />
Mitteln des GAW gebaut. Inzwischen sind<br />
diese beiden <strong>evangelisch</strong>en Kirchengemeinden<br />
dort zu einem deutlich wahrnehmbaren<br />
Element im Leben des Ortes geworden.<br />
Von vielen Seiten ist die Qualität unserer<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>szeitung bereits gelobt worden.<br />
Das liegt vor allem an unserem Redaktionsteam,<br />
das sich von Jahr zu Jahr mehr<br />
journalistische Kenntnisse aneignet und mit<br />
großer Freude und mit Begeisterung für das<br />
neue Thema zusammenarbeitet. Ihnen sei<br />
an dieser Stelle gedankt für ihre Arbeit.<br />
Ebenso danke ich den Gemeinden und ihren<br />
Gemeindediensten, die wieder treu für die<br />
Verteilung der Zeitung an die 20.000 <strong>evangelisch</strong>en<br />
Haushalte sorgen.<br />
Ihnen, liebe Leser und Leserinnen, wünsche<br />
ich viel Freude beim Lesen und Entdecken.<br />
Und wenn Sie nach der Lektüre darin bestärkt<br />
worden sind, dass es gut ist, dass es<br />
unsere <strong>evangelisch</strong>e Kirche gibt, dann hat<br />
sich unsere Arbeit gelohnt.<br />
Es grüßt Sie<br />
Ihre<br />
Editorial<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
3
GRUIBINGEN<br />
WIESENSTEIG<br />
AUENDORF<br />
DEGGINGEN<br />
4 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
UNTERBÖHRINGEN<br />
HAUSEN<br />
SÜSSEN<br />
DONZDORF<br />
GINGEN<br />
KUCHEN<br />
„...dass die Kirche auf dem Grund des<br />
Evangeliums gebaut wird.“<br />
GEISLINGEN, MARKUSGEMEINDE<br />
BAD ÜBERKINGEN GEISLINGEN, MARTINSKIRCHE
GEISLINGEN, STADTKIRCHE<br />
GEISLINGEN, PAULUSGEMEINDE<br />
Die neugewählten<br />
Kirchengemeinderäte<br />
EYBACH<br />
STÖTTEN<br />
STEINENKIRCH<br />
TÜRKHEIM<br />
AUFHAUSEN<br />
WEILER O. H.<br />
WALDHAUSEN<br />
AMSTETTEN<br />
SCHALKSTETTEN<br />
BRÄUNISHEIM<br />
STUBERSHEIM<br />
HOFSTETT-EMERBUCH<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
5
impuls<br />
6 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Evangelisch aus gutem Grund?<br />
Evangelisch auf gutem Grund!<br />
FRIEDERIKE MAIER<br />
Gründe fürs <strong>evangelisch</strong> sein, ließen sich spontan<br />
einige nennen: Evangelische Pfarrer dürfen heiraten.<br />
Eine Frau kann Pfarrerin sein. Lehrmeinungen<br />
werden mehr in der Diskussion errungen, weniger<br />
von der Kirchenleitung vorgegeben. Und in<br />
Gesprächen mit Menschen begegnet mir oft die<br />
Aussage: Der <strong>evangelisch</strong>e Glaube sei freier, verständlicher,<br />
weltoffener, näher am Leben. Es gäbe<br />
weniger Dogmen, Regeln und altertümliche<br />
Gebräuche. All das könnte man als gute Gründe<br />
nennen, <strong>evangelisch</strong> zu sein.<br />
Doch den <strong>evangelisch</strong>en Glauben nur daran fest<br />
zu machen, greift für mich zu kurz. Ich möchte<br />
weiter gehend fragen: Was macht unseren <strong>evangelisch</strong>en<br />
Glauben aus? Was ist die Grundlage?<br />
Von der ursprünglichen Bedeutung her leitet sich<br />
„<strong>evangelisch</strong>“ von „Evangelium“ ab. Evangelisch<br />
ist, was der „guten Nachricht“, was der „frohen<br />
Botschaft“ entspricht.<br />
Vier grundsätzliche Kennzeichen eines <strong>evangelisch</strong>en<br />
Glaubens hat die reformatorische Theologie<br />
formuliert: Solus Christus – allein Christus,<br />
sola gratia – allein aus Gnade, sola fides – allein<br />
im Glauben, sola scriptura – allein die Heilige<br />
Schrift.<br />
In kurzen Sätzen erklärt, meint dies: Unser Heil<br />
kommt allein von Jesus Christus her. In ihm<br />
erweist Gott uns Menschen all seine Liebe. Aus<br />
eigener Kraft können wir unser Leben nicht zurechtbringen,<br />
mit unseren Werken unser Heil<br />
nicht verdienen. Gott schenkt uns sein Ja aus<br />
Gnade – „gratis“. Allein im Glauben haben wir<br />
daran Teil. Und die Heilige Schrift ist es, die uns<br />
Gott und seinen Heilswillen für uns offenbart.<br />
Was heißt das ins Leben übersetzt?<br />
Ein paar Spuren seien angedeutet.<br />
Wer entscheidet darüber, ob mein Leben recht ist?<br />
Nicht mein Tun und Lassen; nicht meine Leistung<br />
und mein Versagen; schon gar nicht Macht, Geld<br />
und Erfolg; auch nicht die Meinung der anderen.<br />
Gott ist es, der mein Leben zurechtbringt – obwohl<br />
ich Fehler mache, obwohl ich scheitere, obwohl<br />
so vieles bruchstückhaft bleibt. Gott ist es,<br />
der mir Heil schenkt, mich heil macht und mir zusagt:<br />
„Du bist mein geliebtes Kind!“ Darauf zu<br />
vertrauen, das ist <strong>evangelisch</strong>.<br />
Die Heilige Schrift ist so etwas wie das „Grundnahrungsmittel“<br />
für meinen Glauben: Ein Losungswort<br />
begleitet mich durch den ganzen Tag.<br />
Eine gute Predigt am Sonntagmorgen gibt mir<br />
Kraft für die nächste Woche. Ein Denkspruch, ein<br />
Wort Gottes, mir persönlich zugesprochen, geht<br />
mit mir durch mein Leben. Davon lebe ich, dass<br />
Gott mich anspricht – täglich neu.<br />
Das „Priestertum aller Gläubigen“ besagt, dass<br />
jeder Christ, jede Christin mündig den eigenen<br />
Glauben gestalten kann und soll. Wohl gibt es<br />
Pfarrerinnen, Diakone und andere, die speziell<br />
zum Dienst der Verkündigung freigestellt und beauftragt<br />
sind. Doch sie sind nicht höher gestellt,<br />
sie sind genauso Glied am einen Leib Christi. Alle<br />
wirken zusammen, jeder bringt sich mit seinen<br />
Begabungen ein, zusammen sind wir Kirche!<br />
All das und noch viel mehr ist <strong>evangelisch</strong>er<br />
Glaube – Glaube, der sich aufs Evangelium gründet,<br />
der von der frohen Botschaft lebt. Evangelisch<br />
auf gutem Grund!<br />
Doch da lässt sich fragen: Ist solcher Glaube ein<br />
Vorrecht der <strong>evangelisch</strong>en Kirche allein? Erheben<br />
die anderen Konfessionen nicht auch den Anspruch,<br />
auf dem Grund des Evangeliums zu stehen?<br />
Ist <strong>evangelisch</strong> also nicht gleich <strong>evangelisch</strong>?<br />
Mit unserer Kirchebezirkszeitung wollen wir das<br />
Gespräch darüber eröffnen.<br />
Evangelisch auf gutem Grund, was heißt das<br />
für Sie?<br />
Friederike Maier,<br />
Pfarrerin in Süßen
UMFRAGE:<br />
Was ist <strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong>?<br />
Was schätzen Sie an der <strong>evangelisch</strong>en Kirche?<br />
Günter<br />
Junginger,<br />
<strong>Geislingen</strong><br />
Das kann ich so nicht sagen.<br />
Ich finde alles normal. Ich<br />
finde es sehr wichtig, dass es<br />
die <strong>evangelisch</strong>e Kirche gibt.<br />
Dass bestimmte Gruppierungen<br />
in der <strong>evangelisch</strong>en Kirche<br />
sich nicht so politisch einbringen,<br />
finde ich schlecht.<br />
Felix Müller, Dekanatsreferent<br />
im katholischen <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Göppingen-<strong>Geislingen</strong>:<br />
Ich schätze das politische<br />
und diakonische Engagement.<br />
Ich bewundere die konsequente<br />
Bestärkung junger Menschen<br />
im Glauben durch die Konfirmation.<br />
Ich kenne <strong>evangelisch</strong>e<br />
Christen, die mit ihrem<br />
Glaubenszeugnis nicht hinterm<br />
Berg halten.<br />
Maie Pollety, <strong>Geislingen</strong><br />
Typisch <strong>evangelisch</strong>?<br />
Der <strong>evangelisch</strong>e Glaube.<br />
Pfarrer Martin Ehrler,<br />
St. Maria <strong>Geislingen</strong>:<br />
Ich schätze an den Evangelischen<br />
ihren Umgang mit der Bibel.<br />
Dr. Dieter Wolf, <strong>Geislingen</strong><br />
Typisch <strong>evangelisch</strong>? Leider<br />
immer weniger. Die Beziehung<br />
zur Gemeinde geht sehr zurück.<br />
Damit geht Engagement und<br />
Bindung verloren. Problematisch<br />
ist dies im persönlichen Bereich.<br />
Die Orientierung für Einzelne<br />
und die Gesellschaft verfällt.<br />
Ich möchte keine kirchliche<br />
Zentrierung. Individualität bei<br />
gewissen Zielen, sowohl<br />
politisch wie gesellschaftlich,<br />
kann sich in der Kirche sehr<br />
wohl zeigen. Auch bei der<br />
Auseinandersetzung mit Muslimen<br />
könnte dies sehr fruchtbar<br />
sein, wenn wir Stellung beziehen<br />
können.<br />
Alwine Aubele, Nähe Ulm<br />
Ich bin katholisch und wohne<br />
in einer stark katholischen<br />
Gemeinde. Ich erlebe die <strong>evangelisch</strong>e<br />
Gemeinde als klein<br />
und familiär.<br />
Annemarie<br />
Stütz,<br />
<strong>Geislingen</strong><br />
Ich hole 14-tägig die Seniorinnen<br />
und Senioren vom Samariterstift<br />
in den Gottesdienst.<br />
Unter <strong>evangelisch</strong> verstehe ich<br />
Christsein. Ich habe mir noch<br />
nie nähers Gedanken gemacht,<br />
obwohl ich mitten drin bin<br />
in der Kirche.<br />
Vikar<br />
Gerwin Klose,<br />
Katholische<br />
Kirchengemeinde<br />
Süßen<br />
Eine gewisse Freiheit, die es vielleicht<br />
katholischer Seits nicht<br />
gibt. In manchen Punkten kann<br />
man mehr experimentieren, was<br />
es heißt Kirche zu sein – mit<br />
allen Chancen und Gefahren,<br />
die das mit sich bringt.<br />
Schwester<br />
Arntraud und<br />
Mitschwestern<br />
der Vinzenz<br />
Klinik in Bad<br />
Ditzenbach:<br />
An der <strong>evangelisch</strong>en Kirche<br />
schätzen wir: den Umgang und<br />
Gebrauch der Heiligen Schrift<br />
und des täglichen Losungswortes,<br />
das Gesangbuch mit dem –<br />
die verschiedenen Generationen<br />
ansprechenden – Inhalt, die<br />
melodisch und textlich sehr<br />
schönen Choräle und Lieder,<br />
den Dienst der Diakonissen und<br />
der Diakonischen Schwestern<br />
und Brüder, die Offenheit für die<br />
Probleme in den Familien und<br />
der Gesellschaft<br />
Prälat<br />
Hubert Bour,<br />
Domkapitular<br />
der Diözese<br />
Rottenburg-<br />
Stuttgart:<br />
In Tübingen bin ich mit Evangelischen<br />
in Berührung gekommen.<br />
Da habe ich ihre Ernsthaftigkeit<br />
kennen gelernt, mit<br />
der <strong>evangelisch</strong>e Christen sich<br />
auf das Wort Gottes einlassen.<br />
Doris Zwiersch, <strong>Geislingen</strong><br />
Frei, aufgeschlossen, tolerant<br />
nicht eng und stur.<br />
Evangelisch ist man halt.<br />
Gülcan<br />
Özdemir,<br />
<strong>Geislingen</strong><br />
Die Töchter meiner Nachbarin<br />
gehen in den <strong>evangelisch</strong>en<br />
Kindergarten.<br />
Gerda<br />
Kottmann,<br />
<strong>Geislingen</strong><br />
Nachdem alles so ökumenisch<br />
ist, ist das schwierig.<br />
Typisch <strong>evangelisch</strong> ist für mich<br />
die Musik, Kirchenchöre und<br />
Posaunenchöre.<br />
7
P O R T R A I T<br />
8 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Ulrike Voigt<br />
GERLINDE HÜHN<br />
Wer ist Ulrike Voigt? Wir begegnen einer brandenburgischen<br />
Theologin, 45 Jahre alt. Sie ist<br />
verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.<br />
Seit 17 Jahren ist sie Gemeindepfarrerin in<br />
Schlepzig; seit 8 Jahren Superintendentin des<br />
Evangelischen Kirchenkreises Lübben im Spreewald,<br />
bekannt durch seinen berühmtesten<br />
Pfarrer, Paul Gerhardt. Wie lebt und arbeitet<br />
Ulrike Voigt in einem Kirchenkreis und in einer<br />
Landeskirche mit den Erfahrungen von 40 Jahren<br />
atheistischem Staat? Wie ist das Verhältnis der<br />
Bevölkerung zur Kirche? Warum ist Ulrike Voigt<br />
Theologin geworden?<br />
Warum Theologin?<br />
Ulrike Voigt ist die Enkelin von Bischof Albrecht<br />
Schönherr, der Vorsitzender des Bundes der<br />
Evangelischen Kirchen in der DDR war. Auch ihr<br />
Vater war Pfarrer.<br />
Haben der Großvater und der Vater sie beeinflusst?<br />
Eigentlich sei eher ihre Großmutter Annemarie<br />
Schönherr ihr weibliches Vorbild als<br />
Theologin gewesen, meint sie. Theologie studiert<br />
habe sie aus dem Gefühl heraus,<br />
„da müssen mehr Frauen rein“. Unter<br />
2 Schwestern und 19 Cousinen und Cousins<br />
ist sie als einzige ihrer Generation<br />
in der Familie Theologin geworden. Die<br />
großen männlichen Vorbilder empfand<br />
sie lange als hinderlich. Sie musste sich<br />
auseinandersetzen mit der Theologie der<br />
Väter. Dadurch hat sie sich frei geschwommen<br />
und ist zu eigenen Themen<br />
gelangt. Es prägten sie die Feministische<br />
Theologie von der Großmutter her, und<br />
von der Mutter her die Seelsorgebewegung.<br />
Ihre Mutter war eine der ersten<br />
ausgebildeten Krankenhausseelsorgerinnen<br />
in der DDR. Mit einem Wort: Ulrike<br />
Voigt musste sich an den Vätern abarbeiten,<br />
um zu dem zu gelangen, was von<br />
den Müttern her kam.<br />
Ihr Dienst<br />
Das Amt der Superintendentin entspricht dem<br />
einer Dekanin in Württemberg. Ulrike Voigt ist<br />
Dienstvorgesetzte für Pfarrerinnen und Pfarrer<br />
und Angestellte. Sie leitet den Kirchenkreis Lübben.<br />
40 % ihrer Tätigkeit füllt der Pfarrdienst<br />
aus. Da macht sie alles einschließlich Konfirmandenunterricht,<br />
Beerdigungen, Frauenkreis<br />
und vieles mehr. Verantwortlich ist sie auch für<br />
die theologische Arbeit im Kirchenkreis und für<br />
die Visitationen der Gemeinden. Zur finanziellen<br />
Struktur erklärt sie, dass die Haushalte der<br />
Kirchenkreise mit einem festen Budget auskommen<br />
müssen, ähnlich wie in Württemberg die<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>e.<br />
Der Kirchenkreis Lübben ist von der Fläche her<br />
beinahe so groß wie die Stadt Berlin. Er hat<br />
17,5 Pfarrstellen und 90 Kirchen, davon sind<br />
89 denkmalgeschützt. 23.500 Gemeindeglieder<br />
leben in 52 rechtlich selbständigen Gemeinden,<br />
die aber zusammenarbeiten. Ein Pfarrer muss<br />
bis zu zwölf Gemeinden versorgen und entsprechend<br />
viele Predigtstellen.<br />
Kirche im nichtchristlichen Umfeld<br />
Kirche im nichtchristlichen Umfeld ist eine<br />
große Herausforderung. „Unter den Nicht-Christen<br />
herrscht eher eine große Gleichgültigkeit als<br />
kämpferischer Atheismus“ meint die Superintendentin.<br />
„Man begegnet der Kirche mit Misstrauen<br />
und Ablehnung. Es gibt viele Leute, die<br />
nie eine Kirche betreten würden. Jeder, der das<br />
DDR-Schulsystem durchlaufen hat, ist an<br />
folgende drei Sätze gewöhnt: Die Kirche ist<br />
Opium des Volkes. Sie ist rückwärts gewandt<br />
und unglaubwürdig. Die Pfarrer predigen Wasser<br />
und trinken Wein. So kommt die Kirche mit<br />
vielen Leuten gar nicht ins Gespräch. Deshalb<br />
muss man als Pfarrerin Familienfeste wahrnehmen,<br />
denn dort trifft man auch diese Leute.“<br />
Wichtig ist Ulrike Voigt, dass die Kasualien, also<br />
Taufen, Trauungen und Beerdigungen, insgesamt<br />
gut gemacht sein müssen. Nur so könne ein<br />
positiver Eindruck von Kirche vermittelt werden.<br />
Die kirchliche Situation in der Nach-DDR fasst<br />
Ulrike Voigt mit einem Zitat des Theologen<br />
Wolf Krötke zusammen: „Die Kirche hat die<br />
Menschen in Massen verloren, und wir können<br />
sie nur einzeln zurückgewinnen.“<br />
Kirche auf dem Land<br />
Die Situation der Kirche auf dem Lande beschreibt<br />
Ulrike Voigt pragmatisch. Nicht überall<br />
kann alles angeboten werden. Der Grundsatz<br />
ihrer Arbeitet lautet: „In einer Gemeinde<br />
geschieht, was die Gemeinden selber erfinden.“<br />
Dabei begleiten die Hauptamtlichen die Ehrenamtlichen,<br />
helfen, die Arbeitsprozesse zu strukturieren,<br />
greifen bei Konflikten ein, üben Seelsorge<br />
in besonderen Fällen und führen die<br />
Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Beerdigungen<br />
durch.<br />
Ulrike Voigt stellt fest, dass die Gemeinden sehr<br />
unterschiedlich sind. Es gibt Gemeinden, die die<br />
kirchliche Arbeit bewusst in die Hand nehmen<br />
und es gibt Gemeinden, die (noch!) gar nichts tun.<br />
Als Beispiel erzählt sie von einem Miteinander<br />
von 15 Gemeinden, die nur noch zwei Pfarrstellen<br />
haben. Dort wurde ein Gemeindeberatungsprozess<br />
begonnen, um den Neuanfang vorzu-
ereiten, da die zwei Pfarrer demnächst in den<br />
Ruhestand gehen. „Es passieren erstaunliche<br />
Dinge“, beobachtet Ulrike Voigt. Ein Kinderkirchkreis<br />
wurde von Gemeindegliedern ins<br />
Leben gerufen, in einer anderen Gemeinde ein<br />
Hausgesprächskreis gegründet. Auch engagieren<br />
sich Gemeindeglieder kirchenmusikalisch. In<br />
einem Dorf bietet sich eine Familie als kirchlicher<br />
Ansprechpartner an. Einmal im Monat gestaltet<br />
sie einen Kindernachmittag für alle Kinder des<br />
Dorfs – auch für die nicht-<strong>evangelisch</strong>en. Alle<br />
15 Kinder des Ortes kommen. Die Christenlehre<br />
findet zentral in den Schulorten statt, weil in<br />
den jeweiligen Gemeinden keine Gruppe groß<br />
genug ist. In vielen Dörfern gibt es nur noch<br />
ganz wenige Kinder.<br />
Zukunft mit Kindern<br />
„Wir haben wenige Kinder, aber investieren<br />
überproportional in sie“, berichtet die Superintendentin.<br />
Die Frage ist jedoch, ob diese Kinder<br />
der Kirche erhalten bleiben. Es kommen viele in<br />
den Konfirmandenunterricht. Eine Austrittswelle<br />
ereignet sich beim Antritt der ersten Arbeitsstelle,<br />
wenn Kirchensteuer zu zahlen ist. Aber<br />
Ulrike Voigt ist überzeugt, dass Menschen, die<br />
im Kinder- und Jugendalter gute Erfahrungen in<br />
der Kirche gemacht haben, wiederkommen. Sie<br />
tauft jetzt die Kinder ihrer ersten Täuflinge und<br />
Konfirmanden.<br />
Ulrike Voigt ist noch im selben Dorf Pfarrerin, in<br />
dem sie vor 17 Jahren angefangen hat, nämlich<br />
in Schlepzig. 685 Einwohner, 350 Evangelische,<br />
also ein großes Dorf mit einer guten Infrastruktur:<br />
Es gibt Geschäfte, ein Hotel, Gasthäuser, der<br />
Ort ist lebendig, „da brummt es“ sagt sie zufrieden.<br />
Kinder treffen sich im Mütter-Kind-Kreis,<br />
dem so genannten „Zwergenkreis“. Auch nichtkirchliche<br />
Mütter kommen. Die Kinder werden<br />
dann in die <strong>evangelisch</strong>e Grundschule eingeschult.<br />
Es kommt vor, dass sie ganze Familien<br />
tauft.<br />
Kirche und Schule<br />
In der Schule sind Ressentiments auf beiden<br />
Seiten da. Es hat nie eine öffentliche Entschuldigung<br />
für die Repressionen gegen Christen in<br />
den DDR-Schulen gegeben. Auch heute noch<br />
gibt es starke Ablehnung von Seiten mancher<br />
Schulen gegenüber der Kirche. Deshalb ist es oft<br />
schwer, den Religionsunterricht in den Schulen<br />
zu verankern. Er ist nicht einmal ordentliches<br />
Lehrfach. „Die Einstellung hängt sehr stark vom<br />
Schulleiter aber. Wenn es Schulleiter vom alten<br />
Schlag sind, arbeiten sie dagegen. Es gibt allerdings<br />
auch Schulen, an denen der Religionsunterricht<br />
als Bereicherung erlebt wird“, sagt Ulrike<br />
Voigt.<br />
„Kleinarbeit ist nötig, so Ulrike Voigt. Die Kirche<br />
muss mit guter Qualität in die Schulen gehen,<br />
im Gespräch mit Lehrern<br />
offen reden und nicht<br />
ideologisch sein. Es geht<br />
über persönliche Kontakte.“<br />
Ulrike Voigt hat<br />
eine <strong>evangelisch</strong>e Grundschule<br />
gegründet, weil sie<br />
erlebt hat, wie wenig veränderungsbereit<br />
die staatlichen<br />
Schulen sind.<br />
In den Familien gibt es zu<br />
wenig gelebten christlichen<br />
Alltag. An den<br />
<strong>evangelisch</strong>en Schulen<br />
können die Kinder eine<br />
christliche Sozialisation<br />
bekommen, die sie woanders<br />
nicht erhalten. Die Gesellschaft brauche<br />
Kinder mit einer nachhaltigen christlichen Erziehung.<br />
An der <strong>evangelisch</strong>en Grundschule in<br />
Lübben werden auch nichtchristliche Kinder<br />
aufgenommen. Ulrike Voigt hält dies für eine<br />
missionarische Gelegenheit. Die verschiedenen<br />
Kinder lernen sich gegenseitig wertschätzen.<br />
Staatliche Grundschulen empfinden die kirchlichen<br />
als Konkurrenz.<br />
Der Rechtsradikalismus<br />
Der Rechtsradikalismus ist nach Ulrike Voigts<br />
Erfahrung ein Problem in Lübben. „Der Rechtsradikalismus<br />
ist nicht nur ein ostdeutsches Phänomen,<br />
sondern eine Herausforderung für Kirchen<br />
und Gemeinden in ganz Deutschland, der wir<br />
uns stellen müssen“ sagt sie.<br />
PROTESTANTISCHE VORBILDER<br />
Sie ist der Auffassung, dass sich 1933 nicht<br />
wiederholen werde. Aber diese rechtsradikalen<br />
Gruppen verbreiteten Angst. Sie würden Vorurteile<br />
gegen Ausländer, Juden und Christen pflegen.<br />
Sie hätten simple Antworten auf komplexe<br />
Probleme und schafften es, ein Klima von<br />
Angst, Vorurteilen, Hass und Misstrauen zu<br />
erzeugen. Dadurch entstehe eine Bunkermentalität.<br />
Sie war eine der ersten Frauen,<br />
die Pfarrerin werden wollten.<br />
Die Methode der Rechtsradikalen sei, gesell-<br />
Doch sie wurde von der Kirche<br />
schaftliche Orte zu besetzen. Sie böten zum<br />
an die Berufsschule abge-<br />
Beispiel an, das Kriegerdenkmal zu pflegen. schoben.<br />
Dann hieße es: „So nette junge Männer“. Ina Gschlössl, 1898 geboren,<br />
Auch Jugendarbeit bieten sie an, sozusagen eine nimmt das <strong>evangelisch</strong>e Theo-<br />
Pfadfindergruppe mit rechter Einstellung. Die logiestudium im Jahr 1922 auf.<br />
Kirche müsse vor ihnen da sein und Alterna- Da gibt es zwar noch keine<br />
tivangebote haben. Die Kirche müsse das Aussicht für Frauen, fürs Pfarr-<br />
Hinsehen fordern, wenn die Menschen einamt zugelassen zu werden.<br />
Aber träumen wird man ja<br />
geschüchtert würden.<br />
wohl dürfen. Doch ihr Lebenstraum<br />
platzt. Zwar dürfen<br />
Die Zukunft der Kirche<br />
Frauen ab 1927 Vikarin wer-<br />
Wohin steuert die Kirche, was sind die<br />
den. Doch die unbequeme<br />
Gschlössl wird im November<br />
Zukunftsvisionen von Superintendentin Voigt?<br />
1927 an die Berufsschule<br />
In einem langen, nun schon 10 Jahre andauern- „abkommandiert“, wie sie selber<br />
den Veränderungsprozess wurden in Branden- bis ins hohe Alter immer wieder<br />
burgischen Landeskirche bisher 40 % der Pfarr- bitter beklagt.<br />
stellen abgebaut. Bei den Angestellten ist es so<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
9
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
ähnlich. Fusionen von Kirchenkreisen und Gemeinden<br />
fanden und finden statt.<br />
In drei Punkten fasst Superintendentin Voigt die Trostbotschaft<br />
zusammen, die von Lübben nach <strong>Geislingen</strong><br />
gesandt werden kann angesichts der augenblicklichen<br />
Situation:<br />
1. Die Kirche lebt nicht davon, dass sie viele bezahlte<br />
MitarbeiterInnen hat.<br />
2. Es ist schmerzhaft, von vielem Abschied nehmen zu<br />
müssen. Doch Abschied ermöglicht<br />
Neubeginn und Neubesinnung. Man<br />
bekommt die Hände frei für Neues.<br />
3. Wenn Gott möchte, dass Kirche da<br />
ist, wird Kirche da sein, unabhängig<br />
von den Ressourcen.<br />
Das Gespräch mit Ulrike Voigt<br />
führte Dekanin Gerlinde Hühn<br />
Was sagt Ulrike Voigt zu . . .<br />
Freikirchen<br />
Wenn wir auch mal so wären – gut, dass wir<br />
nicht so sind.<br />
Martin Luther<br />
Gut, dass er so eine starke Frau hatte.<br />
Was ist Ihre Stärke?<br />
Ich kann gut andere Menschen einbeziehen<br />
und für etwas begeistern.<br />
Was ist Ihre Schwäche?<br />
Ich nehme mir mehr vor, als ich schaffen kann.<br />
Was ist Ihr Traum von Kirche?<br />
Ich halte in einem Dorf an, betrete die offene<br />
Kirche, treffe dort Gemeindeglieder, die<br />
gemeinsam den nächsten Gottesdienst vorbereiten<br />
und mit Freude dazu einladen.<br />
Gibt es ein Vorbild?<br />
Meine Großmutter, Annemarie Schönherr.<br />
Das ärgert Ulrike Voigt:<br />
Menschen, die an allem immer nur das<br />
Schlechte sehen können – und schlecht vorbereitete<br />
Gottesdienste.<br />
Was würden Sie mit einem Lottogewinn<br />
machen?<br />
Ein Schulhaus für die Evangelische Grundschule<br />
Lübben bauen.<br />
Was ist Ihr Lieblingsbuch?<br />
Thomas Mann: Joseph und seine Brüder<br />
Ihr Lieblingsessen?<br />
Spreewälder Spargel mit neuen Kartoffeln<br />
Lieblingsstelle in der Bibel?<br />
Johannes 4, Jesu Gespräch mit der samaritanischen<br />
Frau am Jakobsbrunnen;<br />
Deuterojesaja, es hat einen schönen Anfang:<br />
„Tröstet, tröstet mein Volk“. Ein biblisches<br />
Buch, das nahe bei den Menschen ist, die<br />
Menschenfreundlichkeit Gottes verkündet und<br />
seelsorgerlich mit den Menschen umgeht.<br />
10 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
A U S D E R<br />
Ich will in meinem Teil<br />
dafür Sorge tragen<br />
ANITA GRÖH<br />
„Willst du dir das wirklich antun?“ Dies hörte ich nicht nur<br />
einmal, als die Anfrage kam, ob ich bei der Kirchenwahl im<br />
November 2007 für die Landessynode kandidieren würde.<br />
In der Entscheidung, ob Ja oder Nein, ließ mich dieses<br />
„Willst du dir das wirklich antun?“ schon nachdenklich<br />
werden. Es ist ja nicht nur eine Frage, sondern auch eine<br />
Wertung mit einer doch recht negativen Vorstellung von<br />
einem Wahl-Amt.<br />
Was letztendlich meine Entscheidung zum „Ja“ beeinflusste,<br />
ist meine Überzeugung, dass wir weiterhin eine<br />
Volkskirche brauchen. Eine Volkskirche, die vor Ort präsent<br />
ist. Eine Volkskirche, die Menschen zur Seite steht in<br />
der Verkündigung, der Seelsorge, der Bildung, der Beratung<br />
und der Hilfe in Nöten aller Art. Eine Volkskirche,<br />
die sich als starke Institution für Menschen einsetzt. Eine<br />
Volkskirche, die gewählte Gremien hat, in denen die<br />
Entscheidungen über die inhaltlichen Schwerpunkte, die<br />
Strukturen und Finanzen demokratisch getroffen werden.<br />
Eine Volkskirche, die Kirche für alle ist und nicht nur für<br />
bestimmte Zielgruppen. Eine Volkskirche, die sich ihrer<br />
<strong>evangelisch</strong>en Tradition bewusst ist, und die ihren Auftrag<br />
kennt und voran bringt.<br />
Alle Landessynodalen wurden bei der konstituierenden<br />
Sitzung der Landessynode am 23. Februar 2008 von<br />
Landesbischof Frank Otfried July mit folgendem Gelübde<br />
verpflichtet:<br />
„Ich gelobe vor Gott, mein Amt als Mitglied der Landessynode<br />
im Aufsehen auf Jesus Christus, den alleinigen<br />
Herrn der Kirche, zu führen. Ich will in meinem Teil dafür<br />
Sorge tragen, dass die Kirche in Verkündigung, Ordnung<br />
und Leben auf den Grund des Evangeliums gebaut werde,<br />
wie es in der Heiligen Schrift gegeben und in den<br />
Bekenntnissen der Reformation bezeugt ist, ich will die
L A N D E S S Y N O D E<br />
Verfassung der Kirche gewissenhaft wahren und darauf<br />
Acht haben, dass falscher Lehre, der Unordnung und dem<br />
Ärgernis in der Kirche gewehrt werde. So will ich treulich<br />
mithelfen, dass die Kirche in allen Stücken wachse an<br />
dem, der das Haupt ist, Christus.“<br />
Als Mitglied im Ausschuss für Mission und Ökumene<br />
freue ich mich darauf, dort die Diskussion über den Begriff<br />
„Mission“ führen zu dürfen. Was heißt für uns als <strong>evangelisch</strong>e<br />
Kirche heutzutage Mission? Und ich freue mich<br />
darauf mit dazu beizutragen, den Prozess der Ökumene<br />
im Bewusstsein unseres <strong>evangelisch</strong>en Glaubens weiter<br />
voran zu führen.<br />
Ich will in meinem Teil dafür Sorge tragen, dass unsere<br />
Württembergische Evangelische Landeskirche, in der 1534<br />
die erste <strong>evangelisch</strong>e Predigt in der Stuttgarter Stiftskirche<br />
gehalten wurde, auch zukünftig Gott lobt, das<br />
Recht ehrt und Gesicht zeigt.<br />
Anita Gröh, <strong>Geislingen</strong><br />
Landessynodale, Offene Kirche<br />
Evangelisch –<br />
aus gutem Grund<br />
BEATE KELLER<br />
Beim Lesen dieses vorgegebenen Themas stellte sich mir<br />
die Frage, wie sie auch Kinder oft stellen: Warum bin ich<br />
<strong>evangelisch</strong>? Aus gutem Grund?<br />
Wir wissen, dass die Zugehörigkeit zu einer Konfession<br />
durch entsprechende Entscheidungen und Überzeugungen<br />
von den jeweiligen Herzögen, Fürsten oder Grafen<br />
bestimmt wurde und dann später von Generation zu<br />
Generation in der Regel weitervererbt wurde. Nur wenige<br />
unserer Mitchristen hatten oder nahmen sich die Möglichkeit,<br />
ihre Konfession zu wählen. Jedoch <strong>evangelisch</strong> zu<br />
bleiben, dafür gibt es viele gute Gründe. Einige der wichtigsten<br />
sind:<br />
Evangelisch – die Botschaft von der freien Gnade<br />
Gottes<br />
Theologisch wird sie die Botschaft von der Rechtfertigung<br />
des Menschen durch Gott genannt. Gott nimmt den Menschen<br />
an und wir Menschen können diese Annahme<br />
nicht durch Wohltaten oder besondere gute Leistungen<br />
erzwingen oder verdienen.<br />
Gottes Gnade ist freiwillig geschenkt, vollkommen unabhängig<br />
von der Person oder den Leistungen. Dies ist wahrlich<br />
Evangelium – Frohe Botschaft, in einer Zeit, wo der<br />
Mensch im Wesentlichen nach seiner Leistung beurteilt<br />
und abgeurteilt wird, sei es im Beruf, Sport oder selbst in<br />
seiner Freizeit. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und<br />
wer nichts leistet, ist nichts wert und hat nichts verdient.<br />
Wie vollkommen anders sieht Gott uns als Mensch an, als<br />
sein Gegenüber, dem er seine Gnade zuteil werden lässt,<br />
dem er seine Liebe schenkt, dem er seine Schuld vergibt –<br />
ohne Leistungsvorgabe, allein aus Gnade.<br />
Evangelisch – die Botschaft vom Kreuz<br />
Die Gnade Gottes erschließt sich nur vom Kreuz Christi her.<br />
Gottes Gnade erfahren wir Menschen darin, dass Gott in Jesus<br />
sich in unsere Welt aufgemacht hat, an allen Niedrigkeiten<br />
unseres menschlichen Lebens teilnahm und am Ende für<br />
unsere Schuld am Kreuz gestorben ist – die Strafe liegt auf<br />
ihm, „auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden<br />
sind wir geheilt“ (Jesaja 53, 5). Viele Menschen durften erfahren,<br />
wie zentnerschwere Lebenslast durch die Botschaft<br />
vom Kreuz von ihnen genommen wurde.<br />
Wir dürfen es uns täglich neu sagen lassen, das Gott uns<br />
unsere Schuld vergibt. Dies macht uns zu freien Menschen,<br />
frei von Schuld, frei zur Vergebung, frei zum Neubeginn,<br />
frei Brücken zu schlagen und Frieden zu stiften.<br />
Evangelisch – das Priestertum aller Gläubigen<br />
Hinter dieser Sichtweise steht das Bild von der Kirche als<br />
dem einen Leib Christi. Es ist ein Leib, und jedes Glied hat<br />
eine unersetzbare Funktion. Es gibt kein Oben und Unten.<br />
Ordinationen, theologische Bildungen oder andere Ehren<br />
machen keines dieser Glieder wichtiger oder größer. Die<br />
Mitarbeiterin in der Kinderkirche, der Gemeindebriefausträger,<br />
der Jungscharleiter, die Posaunenspielerin, . . . alle<br />
sind Mitarbeiter im Reich Gottes und bekommen von<br />
Gott die Legitimation Priester zu sein, Verantwortung in<br />
der Kirche zu übernehmen und die Botschaft auf seine<br />
Weise weiterzugeben.<br />
Beate Keller, Süßen<br />
Landessynodale, Lebendige Gemeinde<br />
Gerne sind die Landessynodalen im Wahlkreis <strong>Geislingen</strong>-<br />
Göppingen bereit, in die Gemeinden zu kommen und über<br />
das Geschehen und die Entwicklungen in der Landeskirche zu<br />
informieren und zu diskutieren. Denn nur so ist auch eine<br />
gemeindebezogene Arbeit in der Landessynode möglich.<br />
Gehen Sie auf sie zu.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
11
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Evangelische Kirche –<br />
„nicht Kirche im eigentlichen Sinn“?<br />
FRANK OTFRIED JULY<br />
Landesbischof<br />
Frank Otfried July<br />
12 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Eine Veröffentlichung des vergangenen<br />
Jahres hat in besonderer<br />
Weise in den <strong>evangelisch</strong>en<br />
Kirchen für Aufregung<br />
und Verstimmung gesorgt.<br />
„Gemeinschaften, die aus der<br />
Reformation des 16. Jahrhunderts<br />
hervorgegangen sind,<br />
können nicht Kirchen im<br />
eigentlichen Sinn genannt<br />
werden.“ So formulierte es<br />
die vatikanische Kongregation<br />
für Glaubenslehre in einer<br />
Schrift vom 29. Juni 2007 1 .<br />
In dieser Schrift, die von<br />
Papst Benedikt XVI. befürwortet wurde, wird in fünf<br />
Abschnitten das Selbstverständnis der römisch-katholischen<br />
Kirche dargestellt.<br />
Der Satz ist nicht neu. Im Jahr 2000 hatte die Glaubenskongregation<br />
unter dem Vorsitz von Joseph Kardinal<br />
Ratzinger dem Protestantismus schon einmal die volle<br />
Kirchlichkeit abgesprochen. 2<br />
Warum können – nach römisch-katholischem Verständnis<br />
– Gemeinschaften, die aus der Reformation des 16. Jahrhunderts<br />
hervorgegangen sind, nicht Kirchen im eigentlichen<br />
Sinn genannt werden? Wichtige „Kennzeichen“ von<br />
Kirche fehlten diesen Gemeinschaften, z. B. das sakramentale<br />
Priestertum, die apostolische Sukzession, die Anerkennung<br />
des Primates des Papstes und die „ursprüngliche<br />
und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums“,<br />
wie es in dem Papier heißt. Schon im Jahr 2000<br />
fanden viele ökumenisch Gesonnene auf beiden Seiten<br />
diese Formulierungen missglückt und missverständlich.<br />
Das katholische Kirchenverständnis<br />
Der Dialog der römisch-katholischen mit der <strong>evangelisch</strong>en<br />
Kirche hat ganz besonders die Frage nach dem<br />
geistlichen Amt und der „Successio“, der Nachfolge in<br />
diesem Amt, im Blick. Hier genügt zum Beispiel nicht die<br />
bloße Beauftragung als Voraussetzung für eine gültige<br />
Abendmahlsfeier, sondern es braucht den sakramental<br />
geweihten Priester für diesen Dienst. Ein weiterer Streitpunkt<br />
ist die regelgerechte Nachfolge im Bischofsamt. Ein<br />
Bischof muss nach römisch-katholischem Verständnis von<br />
einem anderen Bischof eingesetzt sein, der sich in direkter<br />
Linie zurückführen lässt auf jene Bischöfe, die von den<br />
Aposteln mit der Autorität Christi in den einzelnen Kirchen<br />
eingesetzt worden seien. Nur so steht er in der apostolischen<br />
Nachfolge. Zusammenfassend kann man das in<br />
einem Text des II. Vatikanischen Konzils lesen. 3 Wenn<br />
diese Grundaussagen ernst genommen werden, kann die<br />
römisch-katholische Kirche die <strong>evangelisch</strong>en Kirchen gar<br />
nicht Kirchen im eigentlichen Sinne nennen.<br />
Das <strong>evangelisch</strong>e Kirchenverständnis<br />
Das <strong>evangelisch</strong>e Kirchenverständnis aber ist von Grund<br />
auf anders. Martin Luther schreibt in den Schmalkaldischen<br />
Artikeln 1537 4 : „Es weiß – Gott Lob! – ein Kind<br />
von sieben Jahren, was die Kirche sei: die heiligen Gläubigen<br />
und die Schäflein, die ihres Hirten Stimme hören.“<br />
Kirche konstituiert sich nach <strong>evangelisch</strong>em Verständnis<br />
also durch das Evangelium und durch den Glauben, der<br />
aus dem Evangelium folgt. Kirche ist somit eine verborgene<br />
Größe. Natürlich muss sie für den Dienst an Wort<br />
und Sakrament und für die Verwirklichung der christlichen<br />
Jüngerschaft auch sichtbare Strukturen schaffen. Aber<br />
diese Strukturen sind nicht heilsnotwendig. Wahre Kirche<br />
ist überall dort zu finden, wo das Evangelium rein gepredigt<br />
wird und die Sakramente evangeliumsgemäß gereicht<br />
werden. Das ist der Grund, weshalb nicht eine Kirche<br />
allein, sondern die vielen miteinander die eine Kirche Jesu<br />
Christi verwirklichen.<br />
Der christliche Glaube<br />
Aus Luthers Äußerungen zur Kirche kann man zusammenfassend<br />
vier wichtige Merkmale für den christlichen<br />
Glauben ableiten: Er ist schriftgebunden, er ist katholisch,<br />
er ist protestantisch und er ist <strong>evangelisch</strong> 5 . Das muss<br />
man genauer erläutern:<br />
Christlicher Glaube ist schriftgebunden, weil für alles, was<br />
die Kirche verkündigt und lehrt und woraus sie lebt, die<br />
Heilige Schrift die alles bestimmende Grundlage ist. Sie<br />
gehört daher auch in die Hand jedes Christen und ist<br />
nicht besonders autorisierten Menschen vorbehalten.<br />
Das Zentrum dieser Schrift ist Jesus Christus. Von ihm<br />
und von seiner Verkündigung aus legt sich ihr gesamter<br />
Inhalt aus.<br />
Christlicher Glaube ist vom griechischen Ursprung des<br />
Wortes her katholisch. Das Wort heißt auf Deutsch „allgemein“.<br />
Gott ist der Vater aller Menschen und er nimmt<br />
alle Menschen in die Pflicht, weltweit. Durch die Taufe<br />
will er Gott aller Christen sein, und von daher gelten<br />
unter ihnen keinerlei Unterschiede mehr, weder hinsichtlich<br />
des Bildungsstandes noch hinsichtlich der von außen<br />
wahrgenommenen Frömmigkeit. Das bedeutet ganz konkret:<br />
Jeder getaufte Christ ist vor Gott ein Priester mit<br />
allen Rechten und Pflichten.<br />
Dass christlicher Glaube protestantisch ist, bedeutet:<br />
Zuständige Verfassungsorgane und alle einzelnen Christen<br />
haben nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, kritisch<br />
Rechenschaft abzugeben über das eigene Handeln und
über das Handeln der gesamten Kirche und der Gesellschaft.<br />
Die Kirche ist zwar das Werk Christi, und in Christi<br />
Wort ist sie heilig und gewiss. Aber in ihrer irdischen<br />
Form ist sie fehlbar. Und deshalb muss sie zuhören,<br />
bekennen und bereit sein, immer wieder Buße zu tun.<br />
Christlicher Glaube ist <strong>evangelisch</strong>. Das heißt, dass ein<br />
Christ nicht aus eigener Kraft seine Erlösung vor Gott<br />
erarbeiten muss. Er ist erlöst, weil Gott zu ihm steht und<br />
ihn bei sich haben will, ohne Wenn und Aber. Ein Christ<br />
kann furchtlos leben und handeln, weil er weiß, dass<br />
Gott ihn bedingungslos liebt. Das ist die Mitte des Evangeliums<br />
und die Mitte des <strong>evangelisch</strong>en Glaubens.<br />
Aus gutem Grund <strong>evangelisch</strong>e Kirche sein<br />
Aus all dem folgt: Uns kommt nach römisch-katholischer<br />
Definition die Bezeichnung „Kirche“ nicht zu. Das<br />
schmerzt einerseits, weil die vielfach gelebte ökumenische<br />
Gemeinsamkeit immer wieder neuen Belastungsproben<br />
ausgesetzt wird; andererseits kann es tapfer ertragen werden,<br />
weil wir die römisch-katholische Definitionshoheit<br />
über uns nicht anerkennen. Wir glauben, dass wir mit<br />
unserem Kirchenverständnis auf gutem biblischen Grund<br />
stehen. Weniger ist mehr!<br />
Fundamental wichtig ist für <strong>evangelisch</strong>e Kirchen die Verpflichtung,<br />
im Hören auf Gottes Wort ihre Gestalt und<br />
ihre Praxis jeweils so zu reformieren, dass sie dem Grund<br />
der Kirche in Jesus Christus entspricht. Die wahre Kirche<br />
ist und bleibt immer ein Geschöpf des Evangeliums.<br />
Das ist unser <strong>evangelisch</strong>er Glaube, den wir getrost und<br />
gelassen bekennen sollen. Wir sind <strong>evangelisch</strong> aus gutem<br />
Grund. Gleichzeitig streben wir immer neu die eine heilige,<br />
christliche Kirche an – in versöhnter Verschiedenheit.<br />
Die Ökumene aber wird das nicht beeinträchtigen.<br />
Sie lebt vom langen Atem aller Beteiligten. Um sie ist<br />
mir nicht bange. Denn über uns allen steht der Herr der<br />
Kirche, den wir gemeinsam glauben und bekennen und<br />
der spricht: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der<br />
Welt Ende“ (Matth. 28, 20).<br />
1 Das am 29. Juni veröffentlichte Dokument der Kongregation für die Glaubenslehre<br />
trägt den Titel: „Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über<br />
die Kirche“ und lässt sich zusammen mit einem Kommentar im Internet abrufen<br />
unter dem Stichwort „Vatikan: Glaubenskongregation gibt Antwort“.<br />
2 Erklärung Dominus Iesus vom 6. August 2000. Im Schlussteil heißt es: Bei der Erörterung<br />
des Themas der wahren Religion stellten die Väter des Zweiten Vatikanischen<br />
Konzils fest: „Diese einzige wahre Religion, so glauben wir, ist verwirklicht in der<br />
katholischen, apostolischen Kirche, die von Jesus dem Herrn den Auftrag erhalten<br />
hat, sie unter allen Menschen zu verbreiten.“<br />
3 Die dogmatische Konstitution Lumen gentium 8 von Papst Paul VI. vom 21. November<br />
1964 schreibt: „Die einzige Kirche Christi, die wir im Glaubensbekenntnis als<br />
die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen, ist in dieser Welt als Gesellschaft<br />
verfasst und geordnet und subsistiert in der katholischen Kirche, die vom<br />
Nachfolger des Petrus und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“<br />
4 Deutscher Text nach: Bekenntnisschriften der <strong>evangelisch</strong>-lutherischen Kirche (1930),<br />
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 405–468. 57: Artikel 12: Von der Kirche:<br />
„Wir gestehen ihnen nicht zu, daß sie die Kirche seien, und sie sind es auch nicht,<br />
und wir wollen auch nicht hören, was sie im Namen der Kirche gebieten oder verbieten;<br />
denn es weiß gottlob ein Kind von sieben Jahren, was die Kirche sei, nämlich<br />
die heiligen Gläubigen und »die Schäflein, die ihres Hirten Stimme hören« (Joh 10,3)“<br />
5 So aufgeführt bei Manfred Schulze, Was die Kirche trägt: Grundentscheidungen der<br />
Reformation Luthers für alle Geistliche. In: Die kleine Prophetin Kirche leiten. Festschrift<br />
für Gerrit Noltensmeier, hg. v. Martin Böttcher, Arno Schilberg, Andreas-<br />
Christian Tübler. Wuppertal 2005,195-210<br />
D I E R E D A K T I O N<br />
In eigener Sache . . .<br />
Liebe Leserin, lieber Leser!<br />
Die Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung lebt<br />
davon, dass die Leserinnen und Leser nicht<br />
nur Informationen bekommen, sondern dass<br />
auch ihre Meinung zu den Themen zu lesen<br />
ist. Dies war uns im Redaktionsteam immer<br />
wichtig. Sie, die Leserinnen und Leser, sollen<br />
die Möglichkeit haben, sich zu äußern. So<br />
weit so gut.<br />
Auch in dieser 11. Ausgabe der <strong>Kirchenbezirk</strong>s-<br />
Zeitung war uns Ihre Sicht wichtig. Deshalb<br />
sind wir auf den Wochenmarkt gegangen und<br />
haben gefragt. „Was ist für Sie <strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong>?<br />
Was schätzen Sie an der Evangelischen<br />
Kirche?“ Die Reaktionen waren ernüchternd:<br />
„Umfrage? Nein danke.“<br />
„Meine Meinung veröffentlichen? Das will ich<br />
nicht“.<br />
„Woher kommen Sie? Von der Kirche? Da<br />
weiß ich nichts“.<br />
„Typisch <strong>evangelisch</strong>? Das kann ich Ihnen<br />
nicht sagen“.<br />
„Mit Bild? Auf gar keinen Fall.“<br />
„Ich bin im Dienst. Da mache ich nicht mit“.<br />
Ist es ein gesellschaftliches Phänomen, dass<br />
die eigene Meinung nicht mehr öffentlich<br />
gesagt wird? Wird insgesamt zuviel befragt?<br />
Oder hängt es damit zusammen, dass die<br />
Kirche fragt? Vielleicht war die Frage zu<br />
schwer?<br />
Wir haben im Redaktionsteam über diese<br />
Erfahrung diskutiert. Das Fazit: Uns ist Ihre<br />
Meinung trotz allem wichtig. Und so freuen<br />
wir uns, wenn Sie uns schreiben – zum Thema,<br />
zu einzelnen Artikeln, was Ihnen gefallen hat<br />
oder nicht, was sie gefreut oder geärgert hat,<br />
kurz: Sagen Sie uns Ihre Meinung.<br />
Es grüßt Sie<br />
Ihr Redaktionsteam<br />
Redaktionsteam der <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung<br />
Evangelisches Dekanatamt<br />
Hansengasse 2<br />
73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Email: Ev.Dekanat.<strong>Geislingen</strong>@t-online.de<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
13
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
KARLHEINZ BAUER<br />
Die Reformation veränderte die kirchlichen Verhältnisse<br />
auch in unserer Landschaft tief greifend. Die Kunde über<br />
den Thesenanschlag Martin Luthers vom 31. Oktober<br />
1517 verbreitete sich in Windeseile und sein mutiges<br />
Auftreten im Sinne einer Erneuerung der Kirche löste in<br />
weiten Teilen des Reiches hohe Erwartungen, aber auch<br />
bange Fragen aus. In unserem Gebiet war es zuerst die<br />
Reichsstadt Ulm, in der die Schriften Luthers eifrig gelesen<br />
wurden. Als dann dort 1521 die ersten Prediger erschienen,<br />
um die neue Lehre zu verkünden, kamen sie als Aufwiegler<br />
kurzerhand ins Gefängnis. Doch bald milderte sich<br />
die Haltung des Rates. In Ulm wurde 1524 als <strong>evangelisch</strong>er<br />
Prediger Konrad Sam aus Rottenacker angestellt; er<br />
war ein Freund des Schweizer Reformators Ulrich Zwingli.<br />
Es war unausbleiblich, dass der reformatorische Brandherd<br />
in Ulm auch einen Funkenflug nach <strong>Geislingen</strong> bewirkte.<br />
Der Geislinger Stadtpfarrer Dr. Georg Osswald sah sich im<br />
Frühjahr 1526 veranlasst, gegen die <strong>evangelisch</strong>e Bewegung<br />
vorzugehen. Es war ihm bekannt geworden, dass<br />
auch in <strong>Geislingen</strong> schon Leute das Neue Testament<br />
besitzen und lesen. Von der Kanzel aus schalt er den<br />
Ulmer Prediger Konrad Sam einen Ketzer und behauptete,<br />
in Ulm lebe man „türkisch, viehisch und teuflisch“. Daraufhin<br />
wurde Osswald vor den Ulmer Rat geladen, der<br />
ihm sein höchstes Missfallen ausdrückte und ihn vor weiteren<br />
Schmähungen warnte. Doch der kampfbereite Pfarrer<br />
ließ sich davon nicht beirren und wetterte auf der Kanzel<br />
der Geislinger Stadtkirche weiterhin<br />
leidenschaftlich gegen die neue<br />
Lehre. Es half freilich wenig. Ulm<br />
setzte schon 1527 in <strong>Geislingen</strong><br />
einen <strong>evangelisch</strong>en Prädikanten<br />
ein; es war Paulus Beck aus Munderkingen,<br />
der zunächst in der<br />
dortigen Spitalkirche (ehemals am<br />
Wilhelmsplatz) predigte.<br />
Martin Luther<br />
Wie <strong>Geislingen</strong> <strong>evangelisch</strong> wurde<br />
Bürgerentscheid<br />
über Reformation<br />
Um das Kirchenwesen zu verändern,<br />
ging der Ulmer Rat äußerst<br />
vorsichtig zu Werk. Die Reformation<br />
wurde in der Reichsstadt<br />
nicht durch einen obrigkeitlichen<br />
Akt eingeführt, sondern kam auf<br />
demokratischem Wege zu Stande.<br />
Die gesamte Bürgerschaft war am<br />
3./4. November 1530 zur Abstim-<br />
Philipp Melanchton mung aufgerufen. Bei dieser denkwürdigen<br />
Befragung entschieden<br />
sich sieben Achtel der wahlberechtigten Bevölkerung für<br />
die <strong>evangelisch</strong>e Sache. Angesichts dieser breiten Mehrheit<br />
sah sich der Ulmer Rat berechtigt, in seinem gesamten<br />
Hoheitsgebiet das Kirchenwesen zu reformieren. Er<br />
bestellte dazu 1531 die berühmten Prediger Martin Butzer<br />
14 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
von Straßburg, Johann Ökolampad von Basel und<br />
Ambrosius Blarer von Konstanz. Es waren Theologen, die<br />
weniger im Sinne Martin Luthers dachten, sondern der<br />
Lehrmeinung Ulrich Zwinglis folgten.<br />
Zwangsweise sollte die Reformation im Ulmer Land nicht<br />
eingeführt werden. Es wurde vielmehr beschlossen, sämtliche<br />
Untertanen in ihre Amtsorte zu laden, dort drei Tage<br />
hintereinander durch einen Prediger aufklären und für die<br />
neue Sache gewinnen zu lassen. Man ging davon aus,<br />
dass sich die Abschaffung der Messe und die Beseitigung<br />
der Bilder aus den Kirchen leichter durchführen lasse,<br />
wenn eine entsprechende Belehrung des Volkes vorausgegangen<br />
wäre.<br />
Predigt und Gegenpredigt<br />
Diese Predigtaktion begann am Pfingstsonntag 1531.<br />
Sämtliche Untertanen mussten mit ihren Frauen, Kindern<br />
und Dienstboten morgens um 7 Uhr in den Kirchen der<br />
gebotenen Amtsorte zur Unterweisung erscheinen. Die<br />
Predigten in der Geislinger Stadtkirche hielt der Reformator<br />
Martin Butzer aus Straßburg. Dabei kam es zu einem<br />
höchst dramatischen Auftritt. Als Butzer seine Predigt<br />
beendet hatte, entgegnete ihm der streitbare Geislinger<br />
Stadtpfarrer Osswald: „Wenn ihr nicht gelehrter seid,<br />
wäret ihr wohl daheim geblieben.“ Dann bestieg er selbst<br />
die Kanzel und hielt eine Gegenpredigt, in der er Butzers<br />
Worte als ketzerische Lehre brandmarkte. Osswald fehlte<br />
es nicht an Mut und Kampfgeist; er war im ganzen Ulmer<br />
Land der einzige Pfarrer, von dem solches berichtet wird.<br />
Nachdem die Bevölkerung über die neue Lehre und die<br />
kirchlichen Veränderungen unterrichtet war, setzte man<br />
sich mit der Geistlichkeit auseinander. Alle Pfarrer wurden<br />
nach Ulm geladen und mussten ihre persönliche Haltung<br />
zu der neuen Lehre darlegen. Bei der Vernehmung seiner<br />
Pfarrer zeigte sich der Ulmer Rat wenig nachsichtig. Wer<br />
die Neuerungen ablehnte und sich weiterhin zur alten<br />
Lehre bekannte, wurde kurzerhand entlassen.<br />
Aus Altenstadt war Pfarrer Magister Hans Ruß ins Ulmer<br />
Rathaus zitiert. Er zeigte sich von Anfang an aufgeschlossen<br />
für die Reformation und<br />
erklärte bei seiner Vernehmung,<br />
er halte die Ulmer<br />
Artikel für christlich. Nachdem<br />
er den geforderten Eid<br />
auf das veränderte Kirchenwesen<br />
abgelegt hatte, durfte<br />
er in seiner Gemeinde bleiben.<br />
Hans Ruß war damit<br />
der letzte katholische und<br />
zugleich der erste <strong>evangelisch</strong>e<br />
Pfarrer in Altenstadt.<br />
Über sein Verbleiben<br />
beschloss der Ulmer Rat:<br />
„Ist zu dulden, in [der] Hoffnung,<br />
er werde Gottes Wort<br />
fleißiger als bisher oblie- Stadtkirche <strong>Geislingen</strong>
gen“. Weiter erging die Weisung, er soll „sich aber ehrlich<br />
den Artikeln gemäß halten und seine Dirne [Haushälterin]<br />
ehelichen.“ Ein Freund der Ehe scheint der gute Mann<br />
nicht gewesen zu sein, denn einige Wochen später wird<br />
über ihn berichtet: „Der Pfarrer zu Altenstadt hat seine<br />
Kellnerin noch immer zum Ärgernis bei sich und will sie<br />
nicht zur Kirche führen.“<br />
„In <strong>Geislingen</strong> sparet keine Mühe“<br />
In der Stadt <strong>Geislingen</strong> stieß der Ulmer Rat auf unerwartete<br />
Schwierigkeiten. Starke altgläubige Kräfte suchten<br />
dort die religiöse Neuordnung zu hintertreiben, ein<br />
Grund, dass sich die Reformation in der Stadt nicht<br />
sofort, sondern erst nach Ablauf vieler Jahre durchsetzte.<br />
Es war vor allem der hochgebildete und wortgewaltige<br />
Pfarrer Osswald – er hatte zwei Doktorgrade erworben –,<br />
der in einem leidenschaftlichen und polemischen Schriftwechsel<br />
mit dem Ulmer Rat verbissen um sein Amt<br />
kämpfte und auch die Bevölkerung zu mobilisieren wusste.<br />
Der Geislinger Widerstand erregte weithin Aufsehen.<br />
In einem Brief klagte der Reformator Martin Butzer, „die<br />
Geislinger seien ein hartnäckiges, jämmerlich verführtes<br />
Volk“, und selbst aus der Schweiz schaltete sich der<br />
Reformator Ulrich Zwingli ein, der schrieb: „In <strong>Geislingen</strong><br />
sparet keine Mühe, bis auch sie dem Wort des Allmächtigen<br />
weichen.“<br />
Es gelang dem Ulmer Rat zwar, Osswald zum Verzicht<br />
auf sein Amt zu zwingen, aber die Bevölkerung trotzte<br />
mehrheitlich weiterhin mit Ungehorsam. Der Besuch der<br />
<strong>evangelisch</strong>en Gottesdienste in der Stadtkirche ließ sehr<br />
zu wünschen übrig. Viele besuchten noch lange die<br />
katholischen Gottesdienste in Eybach. Dieser Ort gehörte<br />
nicht zum Ulmer Herrschaftsgebiet, sondern teils dem<br />
Stift Ellwangen, teils den Grafen von Degenfeld, die erst<br />
1607 in dem ihnen gehörigen Teil des Orts die Reformation<br />
einführten. So war Eybach der nächstgelegene Ort,<br />
wo noch katholische Messen gelesen wurden. Viele trugen<br />
ihre Kinder nach Eybach zur Taufe, ließen dort noch<br />
Wachs und Palmen weihen.<br />
Bilderkult und Bildersturm<br />
Auch der Bilderkult blühte noch lange Zeit nach. Nach<br />
Aussagen etlicher Frauen habe ein Marienbild in Altenstadt<br />
angefangen zu reden, so dass bald viele Menschen<br />
dahin zur Wallfahrt strömten. Der Ulmer Rat ließ sofort<br />
die Kirche schließen und stellte die Frage, was daraus<br />
wohl für ein Götzenspiel geworden wäre, wenn man dem<br />
Teufel nicht gewehrt hätte. In <strong>Geislingen</strong> erzählten sich<br />
alte Frauen, dass man zur Nacht die Muttergottes in<br />
einem weißen Mantel um die Stadtkirche gehen sehe.<br />
Bildwerke in den Kirchen wurden nach dem veränderten<br />
theologischen Verständnis als „Götzen“ betrachtet. Im<br />
Ulmer Land wurden daher Statuen, Gemälde und Altäre<br />
unnachsichtig aus den Kirchen entfernt, wobei die Beseitigung<br />
der Bilder emotionaler verlief wie in anderen Territorien,<br />
so dass damals viele mittelalterlichen Kunstwerke<br />
dem Bildersturm zum Opfer fielen. So ist in der Geislinger<br />
Stadtkirche, die einstmals etwa zwölf Altäre enthielt,<br />
heute nur noch als einziger der spätgotische Daniel-<br />
Mauch-Altar erhalten geblieben.<br />
Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 schuf klare<br />
Fronten, indem er festlegte: Wer die politische Herrschaft<br />
über ein Gebiet besitzt, soll auch die konfessionelle<br />
Zugehörigkeit seiner Untertanen bestimmen<br />
dürfen. Das Ulmer Land war am Ende der religiösen<br />
Wirren ein <strong>evangelisch</strong>es Territorium, und<br />
zwar lutherischer Prägung. Die Ulmer PROTESTANTISCHE VORBILDER<br />
Reformation hatte inzwischen ihre oberdeutschen<br />
Züge (Zwingli) ganz aufgegeben<br />
und sich vollständig dem Luthertum<br />
angeschlossen.<br />
<strong>Geislingen</strong> bleibt stur<br />
Aber auch jetzt waren die Verhältnisse in<br />
unserer Landschaft alles andere als stabil.<br />
Die heftigen konfessionellen Streitigkeiten<br />
hatten die einfachen Leute verunsichert;<br />
in ihren Köpfen lebte noch lange altkirchliches<br />
Glaubensgut fort. Noch 1572 stöhnte<br />
der Pfarrer an der Stadtkirche, „dass es nirgends<br />
so eine verfluchte, gotteslästerliche<br />
und teuflische Gemeinde gebe wie hier in<br />
<strong>Geislingen</strong>“.<br />
Einen Hort des alten Glaubens bildete<br />
immer noch die Klause der Franziskanerinnen<br />
(im heutigen <strong>evangelisch</strong>en Pfarrhaus<br />
neben der Stadtkirche). Die Nonnen<br />
wohnten dort unter der Leitung einer<br />
„Mutter“ in klosterähnlicher Gemeinschaft<br />
zusammen und versahen soziale Dienste an der ärmeren<br />
Stadtbevölkerung. Die Reformation hatte ihr beschauliches<br />
Dasein jäh erschüttert. Die Schwestern wollten aber<br />
katholisch bleiben und wichen dem Druck erst 1590,<br />
indem sie nach Wiesensteig zogen.<br />
Auch nach dem Wegzug der Nonnen ließ sich der Katholizismus<br />
nicht aus der Stadt vertreiben. Eine zweite Reformation<br />
wurde notwendig. 1593 mussten die Einwohner<br />
auf Geheiß des Ulmer Rates wieder an drei Sonntagen<br />
hintereinander Predigten besuchen. Doch die Katholiken,<br />
für die sie in erster Linie bestimmt waren, blieben den<br />
Predigten fern. Gegen diese „Unbelehrbaren“ ging man<br />
jetzt energisch vor. Man bestellte die katholischen Einwohner<br />
einzeln auf das Rathaus zu einer Aussprache.<br />
Danach gab es zwar zahlreiche Übertritte, aber ein Rest<br />
erwies sich als „halsstarrig“. Nach einer erneuten Belehrungspredigt<br />
blieben noch sieben Personen übrig, die den<br />
Übertritt verweigerten. Man zeigte sich ihnen gegenüber<br />
großzügig und ließ sie weiterhin in <strong>Geislingen</strong> wohnen<br />
und absterben. Der letzte Katholik starb erst kurz nach<br />
dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) als Evangelischer,<br />
weil man ihm als Katholiken eine Leichenpredigt verweigert<br />
hätte.<br />
Karlheinz Bauer war<br />
Stadtoberarchivrat<br />
und Leiter des<br />
Geislinger Kulturamtes<br />
von 1965 bis 1977<br />
Margot Käßmann, Landesbischöfin,<br />
Hannover:<br />
„Neidisch bin ich nur darauf,<br />
dass der Papst rote<br />
Schuhe tragen darf, ohne<br />
dass dies jemand kritisiert.<br />
Der Protestantismus zeichnet<br />
sich durch etwas ganz<br />
anderes aus: Bei uns herrscht<br />
inhaltliche Vielfalt.<br />
Wir sagen: Um die Wahrheit,<br />
um den richtigen Weg<br />
muss immer wieder gerungen<br />
werden. Das ist natürlich<br />
anstrengend und nicht<br />
so populär. Dennoch ist<br />
das für eine Kirche der<br />
richtige Weg, denke ich.“<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
15
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
95 Thesen verändern die Welt<br />
Warum sind wir <strong>evangelisch</strong>?<br />
DR. MICHAEL KANNENBERG<br />
Als der Augustiner-Mönch und Wittenberger Theologie-<br />
Professor Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine 95<br />
Thesen gegen den Ablass am Schwarzen Brett der Universität<br />
– oder war es doch an der Tür der Schlosskirche?<br />
– anheftete, da war das nichts Außergewöhnliches. Akademische<br />
Lehrer veröffentlichten auf diese Weise ihre<br />
Gedanken und stellten sie einem gelehrten Publikum zur<br />
Diskussion. Heute würde Luther einen Artikel an die<br />
Frankfurter Allgemeine Zeitung oder an die Süddeutsche<br />
Zeitung schicken. Und er könnte sicher sein, dass ihm<br />
schon bald mehr oder weniger schlaue Leserbriefe antworten<br />
würden. Oder er ließe einen Aufsatz in einer<br />
theologischen Zeitschrift abdrucken und würde dann<br />
gespannt auf die Reaktionen der Fachkollegen warten.<br />
Vom akademischen Streit zur Spaltung der Kirche<br />
Vor knapp 500 Jahren machte man einen Thesenanschlag<br />
und das kam öfter vor. Selten fand eine solche akademische<br />
Veröffentlichung aber ein derart gewaltiges Echo wie<br />
Luthers Ablassthesen. Er hatte den Nerv der Zeit getroffen.<br />
Und er hatte Freunde, die seine lateinischen Thesen ins<br />
Deutsche übersetzten, vervielfältigten und als gedruckte<br />
Flugblätter einem breiten Publikum in allen deutschen<br />
Ländern zugänglich machten. Das aber forderte den Widerstand<br />
der Kirchenhierarchie heraus. Solange gelehrte<br />
Theologen untereinander in universitären Hinterzimmern<br />
streiten, hebt kein dösender Bischof ein Augenlid. Wenn<br />
aber plötzlich in ganz Deutschland die kritischen Thesen<br />
eines bisher unbekannten Mönches diskutiert werden und<br />
vor allem Unterstützung finden, dann brennt die Kurie in<br />
Rom. Nicht lange und Luther hatte einen Glaubensprozess<br />
am Hals. Nur politische Gründe zögerten das Verfahren<br />
mehrere Monate hinaus. Im Juni 1520 wurde Luther<br />
schließlich die Exkommunikation angedroht. Genau besehen<br />
kam er der Kirche zuvor: Am 10. Dezember 1520<br />
verbrannte er vor dem Wittenberger Elstertor ein Exemplar<br />
des Kanonischen Rechts, also des kirchlichen Gesetzbuches.<br />
Mit diesem symbolischen Akt exkommunizierte<br />
Luther seinerseits die Papstkirche, die er ursprünglich von<br />
innen hatte reformieren wollen.<br />
Weniger mit dem 31. Oktober 1517 als mit dem 10. Dezember<br />
1520 war die Spaltung der Kirche vollzogen und<br />
die Entstehung zweier getrennter Konfessionskirchen<br />
angelegt. Luther und seine Anhänger gingen ab diesem<br />
Zeitpunkt daran, unabhängig von Rom, vom Papst und<br />
von den Bischöfen Kirche zu gestalten. Damit haben wir<br />
eine erste ereignisgeschichtliche Erklärung, warum wir<br />
heute <strong>evangelisch</strong> sind.<br />
Reformation begünstigt durch technischen Fortschritt<br />
Dass ein in den Anfängen akademischer Streit über den<br />
Ablass derart weitgreifende Folgen nach sich ziehen<br />
konnte, hatte allerdings notwendige Vorbedingungen und<br />
tiefer liegende Ursachen. Wie gesagt, Luther hatte den<br />
Nerv der Zeit getroffen. Aber er traf auch auf günstige<br />
Umstände. Dazu zählten wichtige Fortschritte der Kommunikation.<br />
Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen<br />
Lettern und das gleichzeitig entstehende öffentliche<br />
16 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Postwesen eröffneten ungeahnte Möglichkeiten der Massenkommunikation.<br />
Buchdruck und Post bewirkten eine<br />
Revolution der Kommunikation noch vor der Reformation<br />
und förderten diese ungemein. Hundert Jahre früher hätten<br />
Luthers Gedanken kaum diese rasche und umfassende<br />
Verbreitung finden können.<br />
Aufbruchstimmung<br />
Die tieferen Ursachen von Luthers Erfolg sind vielschichtig.<br />
Gelehrte Köpfe haben dazu schon unzählige Blätter<br />
an Papier und Tabak verbraucht und sind sich in hitzigen<br />
Debatten in die Haare geraten (so noch vorhanden).<br />
Die Jahrzehnte vor und nach 1500 waren in Europa eine<br />
ungeheuer dynamische Zeit. Neben der erwähnten Kommunikationsrevolution<br />
seien die Entdeckung ferner Erdteile<br />
durch Kolumbus und andere oder die Entdeckung<br />
des Individuums durch die Renaissancekunst genannt.<br />
Vieles war im Aufbruch. Und diese allgemeine Stimmung<br />
des Aufbruchs verband sich mit einer spürbaren antiklerikalen<br />
Stimmung auf der Ebene der Gemeinden. Kurz<br />
gesagt: Die spätmittelalterliche Papst-, Bischofs-, Priesterund<br />
Mönchskirche war schon lange reformbedürftig und<br />
hatte seit einiger Zeit auch schon manche Reform erfahren.<br />
Luther und seine Anhänger vermochten es aber nun,<br />
das Reformbedürfnis in griffige Formeln und Formulierungen<br />
zu packen. Sola scriptura war eine solche Formel.<br />
Allein die Schrift, allein die Bibel sollte darüber entscheiden,<br />
was in der Kirche und im Glauben richtig und<br />
wichtig sei – und nicht mehr der Papst oder die Bischöfe.<br />
Sola gratia, allein aus Gnade, war ein anderes wichtiges<br />
Schlagwort. Gott allein bewirkte das Heil der Menschen,<br />
nicht die Priester oder die Heiligen. Und schließlich und<br />
damit zusammenhängend: das allgemeine Priestertum<br />
aller Gläubigen. Nicht der Kirchenapparat von oben, sondern<br />
die Gemeinde vor Ort und von unten sollte das<br />
Gestaltungsprinzip der Kirche als Ganzer sein. Jede einzelne<br />
dieser Formeln ist für sich ein theologischer Grund,<br />
warum wir heute <strong>evangelisch</strong> sind.<br />
Einfluss vom Süden<br />
Als bewusste Württemberger und Württembergerinnen<br />
sollten wir allerdings eines – bei aller Ehre für Luther –<br />
nicht vergessen: Fast gleichzeitig mit ihm wirkte südlich<br />
unseres Landes der Schweizer Zwingli, der mit seinen<br />
Anhängern zu ganz ähnlichen Einsichten wie Luther<br />
gekommen war. Dass wir in und um <strong>Geislingen</strong> <strong>evangelisch</strong><br />
sind, hat auch ziemlich viel mit Zwingli und den<br />
Seinen zu tun. Denn zur Zeit der Reformation gehörte<br />
<strong>Geislingen</strong> zur Reichsstadt Ulm. Die aber wurde mit ihrem<br />
ganzen Territorium durch drei Freunde Zwinglis <strong>evangelisch</strong>:<br />
Martin Butzer, Johannes Ökolampad und Ambrosius<br />
Blarer. Unser schöner württembergischer<br />
Gottesdienst hat bei diesen Theologen<br />
seinen Ursprung. Nicht der schlechteste<br />
Grund, <strong>evangelisch</strong> zu sein!<br />
Dr. Michael Kannenberg war Pfarrer in<br />
Unterböhringen und Hausen. Er wohnt<br />
nun in Künzelsau und unterrichtet dort<br />
Religion am Gymnasium.
Gemeinsamer Religionsunterricht<br />
für Evangelische und Katholische<br />
Ein Modellprojekt an den Schulen<br />
JOHANNES GEIGER<br />
Zur ersten Religionsstunde im neuen Schuljahr sollen die<br />
Erstklässler in den <strong>evangelisch</strong>en oder katholischen Religionsunterricht<br />
gehen. Ein paar Kinder stehen unsicher da,<br />
sie fragen, wohin sie gehen sollen, weil sie gar nicht<br />
wissen, ob sie <strong>evangelisch</strong> oder katholisch sind. Diese<br />
Erfahrung machen LehrerInnen in jedem Schuljahr.<br />
Im Religionsunterricht werden Fragen nach Gott, der Bibel<br />
und dem Glauben besprochen, die SchülerInnen lernen<br />
die Bedeutung von christlichen Festen und Bräuchen kennen<br />
und vieles mehr. In der Regel gestalten die ReligionslehrerInnen<br />
über den Unterricht hinaus auch die Schulgottesdienste.<br />
Nach Artikel 7, 3 des Grundgesetzes wird<br />
der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach, als <strong>evangelisch</strong>er<br />
oder katholischer Religionsunterricht erteilt. Im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> besuchen in diesem Schuljahr<br />
über 5100 SchülerInnen den <strong>evangelisch</strong>en Religionsunterricht.<br />
An fünf Schulen im Bezirk wird eine besondere<br />
Form des Religionsunterrichts praktiziert: der konfessionell-kooperativ<br />
Religionsunterricht.<br />
Was bedeutet konfessionell-kooperativ?<br />
Grundlage ist die am 1. März 2005 von den <strong>evangelisch</strong>en<br />
und katholischen Kirchen in Baden-Württemberg<br />
verabschiedete Vereinbarung zur konfessionellen Kooperation<br />
im Religionsunterricht an allgemein bildenden<br />
Schulen. Sie gilt zunächst für drei Jahre, derzeit läuft die<br />
wissenschaftliche Auswertung, die eine Grundlage für<br />
weitere Beschlüsse bilden wird.<br />
Grundsätzlich ist auch der konfessionell-kooperative Religionsunterricht<br />
konfessioneller Religionsunterricht. Er ist<br />
keine neue Form zusätzlich zum <strong>evangelisch</strong>en und<br />
katholischen Unterricht, sondern eine besondere Form.<br />
Aus diesem Grund wird der etwas sperrige Begriff<br />
„konfessionell-kooperativ“ verwendet und nicht „ökumenisch“.<br />
Es gibt ja keine ökumenische Konfession,<br />
sondern die <strong>evangelisch</strong>e und die katholische.<br />
Für zwei Schuljahre werden die <strong>evangelisch</strong>en und katholischen<br />
SchülerInnen einer Klasse gemeinsam in Religion<br />
unterrichtet, in den Klassen 1 und 2 der Grundschule<br />
oder in zwei Jahrgängen der weiterführenden Schulen,<br />
zum Beispiel in den Klassen 5 und 6. Die <strong>evangelisch</strong>e<br />
und katholische Lehrkraft wechseln sich in diesem<br />
Zeitraum ab, in der Regel nach einem Jahr.<br />
Die Inhalte<br />
Bedingung für die Genehmigung ist ein Unterrichtsplan,<br />
der die Schwerpunkte der Bildungspläne beider Konfessionen<br />
erfüllt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass mit<br />
den SchülerInnen alle verbindlichen Themen der eigenen<br />
und darüber hinaus die der anderen Konfession erarbeitet<br />
werden, ohne dass dadurch mehr Themen bearbeitet<br />
werden.<br />
Evangelische und katholische SchülerInnen sitzen dabei<br />
gemeinsam im Religionsunterricht. Sie haben die Möglichkeit,<br />
die jeweils andere Konfession authentisch zu<br />
erleben, durch die Unterrichtsthemen und durch die<br />
Gespräche in der Gruppe. Fast zwangsläufig führt das<br />
immer wieder zu der Frage: was heißt es, <strong>evangelisch</strong> zu<br />
sein, was heißt es, katholisch zu sein. Gibt es Fragen, die<br />
die MitschülerInnen aus der anderen Konfession anders<br />
beantworten? Wie sehen sie beispielsweise Maria und<br />
wie wir? Konfessionell-kooperativer Religionsunterricht<br />
befasst sich noch intensiver mit der eigenen Konfession.<br />
Natürlich betrifft dies nicht nur die Kinder, sondern auch<br />
die Lehrkräfte, die sich in neue Fragestellungen einarbeiten<br />
und Themen unterrichten, die bisher nicht vorkamen.<br />
Erfahrungen<br />
Die Erfahrungen mit dem konfessionell-kooperativen Religionsunterricht<br />
sind ausgesprochen positiv, bei Schülern,<br />
Lehrkräften und Eltern. Die ReligionslehrerInnen machen<br />
gute Erfahrungen, obwohl mehr Aufwand und Absprachen<br />
mit dieser Form des Religionsunterrichts verbunden<br />
sind. Die Zusammenarbeit der <strong>evangelisch</strong>en und katholischen<br />
Fachschaften wird auf diese Weise intensiver. Das<br />
Modell eignet sich jedoch nicht für jede Schule in gleicher<br />
Weise, es kommt immer auf die örtlichen Gegebenheiten<br />
an, die in jedem Fall einzeln zu prüfen sind.<br />
Die wissenschaftliche Auswertung ist noch nicht abgeschlossen,<br />
daher sind für das kommende Schuljahr<br />
2008/09 nur Folgeanträge der Schulen zugelassen, die<br />
bereits nach dem Modell arbeiten. Eine gut fundierte Analyse<br />
und Auswertung der bisherigen Modellphase ist notwendig<br />
und wird innerhalb der Kirchen in Baden-Württemberg<br />
erwartet. Sie ist auch unter dem bundesweiten<br />
Blickwinkel wichtig, da das Modell aus den <strong>evangelisch</strong>en<br />
und katholischen Kirchen außerhalb Baden-Württembergs<br />
sehr aufmerksam verfolgt wird. Es bleibt spannend<br />
abzuwarten, welche Beschlüsse die Kirchen nach dem<br />
Abschluss der Auswertung fassen werden. Ich hoffe<br />
jedoch, dass das Modell fortgesetzt und damit auch für<br />
andere Schulen geöffnet wird.<br />
Johannes Geiger ist Schuldekan<br />
der <strong>Kirchenbezirk</strong>e<br />
<strong>Geislingen</strong> und Heidenheim<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
17
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
18 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Kleine Kirche im katholischen Umfeld<br />
Evangelisch sein ist Berufung – die Waldenserkirche in Italien<br />
Professor Dr. Paolo Ricca, Jahrgang 1936, ist emeritierter Professor für Kirchengeschichte und<br />
Praktische Theologie der Waldenserfakultät in Rom. Bei seinem Besuch in <strong>Geislingen</strong> konnten<br />
Dekanin Gerlinde Hühn und Anita Gröh, Geschäftsführerin im Dekanatsbüro in <strong>Geislingen</strong>,<br />
folgendes Interview mit ihm führen und ihn zur Situation der <strong>evangelisch</strong>en Waldenserkirche in<br />
Italien und zur Ökumene befragen.<br />
GERLINDE HÜHN · ANITA GRÖH<br />
Frage: Professor Dr. Ricca: Evangelisch aus<br />
gutem Grund ist das Thema dieser Ausgabe der<br />
Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung. Gibt es gute<br />
Gründe <strong>evangelisch</strong> zu sein?<br />
Ricca: Es gibt gute Gründe, Christ zu sein. Evangelisch<br />
zu sein ist nichts<br />
anderes, als eine besondere<br />
Art Christ zu sein.<br />
Warum ist jemand Christ?<br />
Es hängt nicht von uns ab,<br />
Christ zu sein. Die Entscheidung<br />
fällt zuerst bei<br />
Jesus. Nicht wir haben ihn<br />
gewählt, sondern er uns.<br />
Der gute Grund, Christ<br />
zu sein, liegt außerhalb unserer Entscheidung.<br />
Christ sein ist eine besondere Art und Weise des<br />
Menschseins. Luther sagte: Ein Christ ist ein<br />
Mensch, der nicht mehr in sich selbst und für sich<br />
selbst lebt, sondern in Christus durch den Glauben<br />
und durch die Liebe.<br />
Ein Leben, das im Glauben und in der Liebe gelebt<br />
wird, wird vermutlich ein gutes Leben sein,<br />
indem es zum Segen wird für die anderen Menschen<br />
und für die Umgebung. Andere Menschen<br />
werden sagen: „Wie froh war ich, einem solchen<br />
Menschen begegnet zu sein.“<br />
Frage: Wie ist es, <strong>evangelisch</strong> zu sein in einem<br />
katholischen Umfeld wie in Italien?<br />
Ricca: Evangelisch im konfessionellen Sinne ist<br />
die schlichteste Gestalt des Christentums.<br />
Schlicht heißt, auf das Wesentliche im Christentum<br />
konzentriert.<br />
Wesentlich ist Jesus, in ihm finden wir nicht nur<br />
die ganze Offenbarung Gottes, sondern auch die<br />
Erschließung dessen, was wir sind und wozu<br />
wir berufen sind. Heute ist Schlichtheit wichtig.<br />
Im Katholizismus gibt es vielerlei, was nicht<br />
wesentlich ist für den Glauben nicht wesentlich<br />
ist: Marienverehrung, Heilige, Hierarchie.<br />
Die <strong>evangelisch</strong>e Kirche hat eine Gestalt von<br />
Kirche zustande gebracht, die der grundsätzlichen<br />
geschwisterlichen Struktur der christlichen<br />
Gemeinde Rechnung trägt. Die katholische und<br />
die orthodoxe Kirche haben eine hierarchische<br />
Struktur. Dies entspricht nicht der evangeliumsgemäßen<br />
Form der Liebe, wie sich die Gemeinde<br />
Jesu im und aus dem NT entwickelt hat. Die<br />
Gestalt der Gemeinschaft, wie sie Jesus um sich<br />
geschart hatte, ist grundsätzlich eine geschwisterliche<br />
Gemeinde, in ihr sind alle Brüder und<br />
Schwestern.<br />
Frage: Wie ist man <strong>evangelisch</strong>?<br />
Ricca: Evangelisch ist nicht ein Titel, sondern<br />
eine Berufung. Man soll sein ganzes Leben als<br />
Berufung verstehen und versuchen, sie umzusetzen.<br />
Allerdings ist das Risiko der Freiheit für<br />
<strong>evangelisch</strong>e Christen hoch. Freiheit und Verantwortung<br />
zusammen zu halten ist schwer, und<br />
es macht Angst, wirklich frei zu sein. Im Katholizismus<br />
ist Gehorsam das Hauptanliegen.<br />
Frage: Wie ist die Situation einer Minderheits-<br />
Kirche, wie sie die Waldenserkirche in Italien ist?<br />
Ricca: In Italien ist das Papsttum zuhause. Die<br />
Macht der katholischen Kirche ist spürbar. Allerdings<br />
hat sich die Situation der Minderheits-<br />
Kirchen in Italien verändert. Die Gesellschaft ist
pluralistischer, niemand<br />
fragt nach der Zahl der<br />
Mitglieder, sondern<br />
danach, was man zu<br />
sagen oder beizutragen<br />
hat. Die Sache zählt. Die<br />
Säkularisierung hat die<br />
Situation der Minderheiten<br />
gegenüber früher<br />
verbessert.<br />
Selbst die katholische Kirche bezeichnet sich<br />
mittlerweile als Minderheit. Der Mailänder Kardinal<br />
Martini meint, nur 9 bis 10 % der Katholiken<br />
in Italien seien streng gläubig, und höchstens<br />
25 bis 30 % fühlen sich zur katholischen Kirche<br />
zugehörig. Politisch und diplomatisch ist die<br />
katholische Kirche allerdings noch eine Macht.<br />
Frage: Warum hat Papst Benedikt der XVI. den<br />
Protestanten abgesprochen, Kirche zu sein?<br />
Ricca: Mit dieser Erklärung des Papstes sollten<br />
wir dasselbe tun wie einst Luther mit der Bannbulle:<br />
sie verbrennen. Gott wird sagen, ob die<br />
<strong>evangelisch</strong>e Kirche eine Kirche ist, das heißt,<br />
ob wir mit unserem Leben ausfüllen, was Kirche<br />
bedeutet. Mich hat immer beeindruckt, dass im<br />
NT Jesus die Jünger als „kleingläubig“ bezeichnet<br />
hat. Mit Kleinglauben kann man nicht<br />
Kirche sein. Wir sollten das sehr ernst nehmen.<br />
Gott entscheidet, wer Kirche ist oder nicht.<br />
Frage: Warum hat Ihrer Einschätzung nach der<br />
Papst diese Erklärung abgegeben?<br />
Ricca: In der katholischen Kirche wächst an der<br />
Basis die Überzeugung, dass die Protestanten<br />
Kirche sind. Gegen diese Überzeugung will der<br />
Papst ankämpfen. Viele Katholiken in Italien sind<br />
über die Erklärung des Papstes betrübt. Sie riefen<br />
bei mir an oder schickten bedauernde E-Mails.<br />
Ich denke, der Papst wollte damit ein klares Wort<br />
gegen diese wachsende Überzeugung innerhalb<br />
der katholischen Kirche sagen.<br />
Frage: Welche Rolle haben die Protestanten in<br />
der EU? Wie sieht die Waldenserkirche dies?<br />
Ricca: Für die Waldenser ist es gut, dass Europa<br />
wichtiger wird und einheitlicher denkt. Dadurch<br />
ist auch in Italien der Protestantismus kein Fremdkörper<br />
mehr. Die katholische Auffassung über die<br />
Waldenser war Jahrhunderte lang die einer „importierten<br />
Ware“. Das ist jedoch völlig falsch.<br />
Die Waldenser gibt es seit Anfang des 13. Jahrhunderts<br />
in Italien, als es „Italien“ noch gar nicht<br />
gab. Je mehr die Italiener Europäer werden, desto<br />
weniger fremd wird der Protestantismus für sie.<br />
Allerdings wird über die Medien ein anderes Bild<br />
vermittelt: Päpste, Kardinäle werden bevorzugt<br />
befragt und zunehmend als Sprecher der Christenheit<br />
betrachtet. Das halte ich für problematisch.<br />
Ottopermille = 8 pro Mille = 8 %0<br />
Mit „8 %0“ bezeichnet man die so genannte Kultussteuer,<br />
die jeder Steuerzahler in Italien entrichten<br />
muss. Er kann dabei auf seiner Steuererklärung ankreuzen,<br />
welcher Institution er sein Geld zufließen<br />
lassen will: dem Staat, der Katholischen Kirche,<br />
den Waldensern, den Lutheranern, der jüdischen<br />
Glaubensgemeinde u.v. a.<br />
Innerhalb der Waldenserkirche hatte es lang anhaltende<br />
Diskussionen darüber gegeben, ob man aus<br />
theologischen Gründen überhaupt die Gelder des<br />
Ottopermille annehmen dürfe. Die Synode hat sich<br />
endlich dafür entschieden, allerdings werden die Einnahmen<br />
nur für diakonische und kulturelle Zwecke<br />
verwendet, nicht aber für die Kernaufgabe der Kirche,<br />
die Verkündigung des Evangeliums und auch<br />
nicht für die Pfarrerbesoldung.<br />
Da nur ein Bruchteil der Italiener überhaupt bei der<br />
Rubrik Ottopermille ankreuzt, werden die restlichen<br />
Einnahmen im Verhältnis der übrigen Ankreuzungen<br />
verteilt.<br />
Bisher hat die Waldenserkirche dieses zusätzliche<br />
Geld nicht angenommen. Es setzt sich aber immer<br />
mehr die Auffassung durch, dass es besser sei, das<br />
Geld für Diakonie und kirchliche Entwicklungshilfe<br />
zu verwenden, als es dem Staat für Irakeinsätze zu<br />
überlassen.<br />
Die Waldenserkirche ist die einzige Institution, die<br />
über die Verwendung der Ottopermille-Gelder völlig<br />
transparent berichtet. Dazu lässt sie einmal im Jahr<br />
in einer großen Tageszeitung die Bilanz veröffentlichen.<br />
Das trägt sehr zu ihrer Glaubwürdigkeit bei.<br />
Frage: Wie groß ist die Waldenserkirche in Italien?<br />
Ricca: Die Waldenserkirche hat etwa 20.000 Mitglieder.<br />
Durch die zurückgehende Geburtenrate<br />
wird die Zahl kleiner. Bei der Verteilung des „8%0<br />
(Ottopermille, siehe Kasten), der Steuer für kirchliche<br />
oder soziale Aufgaben in Italien, entscheiden<br />
sich mehr als 200.000 Steuerzahler dafür, die Waldenserkirche<br />
zu unterstützen, das sind zehn mal<br />
mehr als die Waldenserkirche Steuerpflichtige hat.<br />
Die Lutherische Kirche in Italien hat rund 5000 bis<br />
6000 Mitglieder. Sie beginnt jetzt allmählich damit,<br />
ihre Gottesdienste auch ab und zu in italienischer<br />
Sprache zu halten, denn die jungen Gemeindeglieder<br />
sprechen nicht mehr Deutsch. Aber es<br />
wird noch zwei bis drei Generationen dauern, bis<br />
die Lutherische Kirche Italiens eine italienische<br />
Kirche sein wird.<br />
Frage: Gibt es in Italien ökumenische Gottesdienste?<br />
Ricca: Ökumenische Gottesdienste finden nur in<br />
der „Gebetswoche für die Einheit der Christen“<br />
statt. Bei gesellschaftlichen Anlässen ist in der<br />
Regel die einzig eingeladene Kirche die katholische.<br />
Sie ist so viel größer als die anderen<br />
Kirchen, dass unter kirchlicher Präsenz immer nur<br />
die der katholischen Kirche verstanden wird.<br />
PROTESTANTISCHE VORBILDER<br />
Johannes Rau,<br />
Bundespräsident,<br />
* 16. Januar 1931;<br />
† 27. Januar 2006:<br />
Von 1965 bis 1999 gehörte<br />
Johannes Rau der Landessynode<br />
der Evangelische<br />
Kirche im Rheinland an<br />
und war stellvertretendes<br />
Mitglied der Kirchenleitung<br />
der Evangelischen Kirche im<br />
Rheinland; dem Deutschen<br />
Evangelischen Kirchentag<br />
war Rau eng verbunden;<br />
von 1966 bis 1974 war er<br />
Mitglied des Präsidiums und<br />
nahm auch danach regelmäßig<br />
am Kirchentag in<br />
offizieller Funktion und als<br />
Privatmann teil. Seine Art,<br />
den christlichen Glauben<br />
öffentlich zu leben, trug<br />
Rau die Bezeichnung<br />
„Bruder Johannes“ ein,<br />
aber auch satirische<br />
Wertung als „gefürchteter<br />
Kirchentagsschwätzer“.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
19
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Alles <strong>evangelisch</strong>, oder was?<br />
Die Vielzahl <strong>evangelisch</strong>er Gemeinden fordert uns heraus!<br />
ANNETTE KICK<br />
„Kann denn niemand mehr normal glauben?“ seufzte eine<br />
besorgte Großmutter, deren Enkelin in eine neu gegründete<br />
Gemeinde im Nachbarort geht. „Ist das wirklich eine <strong>evangelisch</strong>e<br />
Freikirche oder ist das eine Sekte?“ so lautet meist<br />
die Standardfrage. Die Antwort fällt aber nicht so einfach<br />
aus wie gewünscht. Denn die beiden Begriffe „Sekte“ und<br />
„Freikirche“ helfen uns nicht viel weiter. „Sekte“ wird unterschiedlich<br />
definiert und ist normalerweise zur Bezeichnung<br />
auch radikalerer Gruppen, die sich im protestantischen<br />
Spektrum bilden, nicht hilfreich. Des Weiteren ist weder der<br />
Begriff „<strong>evangelisch</strong>“ noch „Freikirche“ geschützt. Auch<br />
Gemeinden, die sich früher als überkonfessionell oder charismatisch<br />
oder pfingstlich bezeichnet haben, übernehmen<br />
jetzt gerne die Bezeichnung „<strong>evangelisch</strong>e Freikirche“.<br />
Die klassischen Freikirchen, wie die Methodisten, Baptisten,<br />
Mennoniten, die sich die Seriosität dieser Bezeichnung<br />
mühsam erarbeitet haben, sind eher unglücklich über die<br />
inflationäre Ausbreitung der Bezeichnung „<strong>evangelisch</strong>e<br />
Freikirche“. Die Verwechselbarkeit des Begriffes führt dann<br />
auch manchmal zu Vorwürfen von Betroffenen gegenüber<br />
mir als landeskirchlicher Beauftragter: „Ihr als Evangelische<br />
Landeskirche müsst doch dafür sorgen, dass eine so radikale<br />
Gruppe nicht unter dem Begriff „Evangelische (Frei-)Kirche<br />
segeln darf!“ Meine Antwort: „Dafür können wir nicht<br />
sorgen; aber dafür, dass wir informieren und auffordern,<br />
genau zu schauen, was da jeweils drin ist, wo Evangelisch<br />
drauf steht.“<br />
„Normal glauben“?<br />
Was die Anfragerin mit „normal glauben“ gemeint hat, ist<br />
das, woran man sich in Deutschland in Jahrhunderten<br />
gewöhnt hat. Gemeint ist, dass man zu einer der zwei<br />
großen Kirchen gehört. Seit etwa 20 Jahren lässt die Bindekraft<br />
und gesellschaftliche Bedeutung dieser großen Kirchen<br />
nach, ein ganz normaler Vorgang in einer modernen<br />
offenen Gesellschaft in einem neutralen Staat. Eine Vielzahl<br />
von religiösen Anbietern hat sich etabliert und stellt<br />
sich den Suchenden zur Wahl. Nicht einfach die religiöse<br />
Zugehörigkeit der Eltern zu übernehmen, sondern eine<br />
eigene Option zu treffen, wird mehr und mehr die Normalität.<br />
Für die Landeskirche und ihre Gemeinden führt<br />
das zu der ungewohnten Situation, dass auch sie nicht<br />
mehr einfach „das Normale“ sind, sondern dafür werben<br />
müssen, dass Menschen sich bewusst für sie entscheiden.<br />
Dazu müssen nun auch wir sagen, was drin ist, wenn bei<br />
uns „<strong>evangelisch</strong>“ drauf steht. So können wir in den<br />
neuen Freikirchen nicht nur die Gefahren sehen, z. B. die<br />
Gefahr der völligen Zersplitterung des Protestantismus.<br />
Sondern sie können uns zugleich auch Anlass sein, unser<br />
eigenes <strong>evangelisch</strong>es Profil zu überprüfen.<br />
Grob gesagt, mit einigen Ausnahmen, sind etwa zwei<br />
Drittel dieser neuen Gemeinden charismatisch-pfingstlich<br />
geprägt, darunter auch fremdsprachige aus Afrika oder<br />
20 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Lateinamerika. Ein Drittel ist bibelfundamentalistisch, darunter<br />
auch eine Anzahl von russlanddeutschen Gemeinden.<br />
Sie treten meist mit dem Anspruch auf, direkt an die<br />
Bibel und die biblische Gemeinde anzuknüpfen; wobei<br />
sie übersehen, dass es schon in der Bibel verschiedene<br />
Gemeindemodelle gibt. Die meisten dieser neuen Gemeinden<br />
sind hierarchisch geführt, in der Altersstruktur und<br />
Schichtzugehörigkeit ziemlich homogen. Sie erwarten von<br />
ihren Mitgliedern meist eine große Konformität. Organisatorisch<br />
teilen sie viele Kennzeichen mit den klassischen<br />
Freikirchen. Theologisch gibt es aber zwischen den<br />
meisten von ihnen und der Landeskirche gegenseitige<br />
Vorbehalte und deutliche Unterschiede.<br />
Fragen, zu denen die neuen Freikirchen uns herausfordern:<br />
Auf welche Stärken können wir uns besinnen?<br />
Von allen Schätzen, die wir aus der Vergangenheit und in<br />
der Gegenwart haben, will ich hier nur einen nennen: In<br />
einer Hinsicht sind wir als heutige Landeskirche vielleicht<br />
<strong>evangelisch</strong>er als alle anderen: Wir nehmen ganz ernst,<br />
dass der Mensch allein aus Glaube gerechtfertigt wird. Da<br />
kein Mensch diesen Glauben beurteilen kann, verzichten<br />
wir darauf, innerhalb unserer Mitglieder eine menschlich<br />
bestimmbare Grenze zwischen Christ und Nichtchrist zu<br />
ziehen. Wir verlangen nicht ein bestimmtes Maß an<br />
Engagement, an engen, angeblich biblischen Verhaltensnormen,<br />
an besonderen Erfahrungen mit dem Heiligen<br />
Geist. Wir erlauben es Menschen, ihren Abstand zur<br />
Gemeinde selbst zu bestimmen und ihr Christsein frei zu<br />
gestalten. Die Vielfalt von Glaubensstilen und Aktivitäten,<br />
die in einer <strong>evangelisch</strong>en Landeskirche Platz haben, darf<br />
nicht verwechselt werden mit Beliebigkeit, sondern sie ist<br />
Programm einer Kirche, die ernst nimmt, dass das Evangelium<br />
zu verschiedenen Menschen verschieden spricht. Der<br />
Beliebigkeit ist aber zu wehren, indem inhaltlich um Mitte<br />
und Grenze dessen gerungen werden muss, was in einer<br />
<strong>evangelisch</strong>en Gemeinde möglich ist.<br />
Was haben diese Gemeinden,<br />
was wir verloren haben?<br />
Die charismatisch-pfingstlichen Gemeinden erinnern uns<br />
vor allem daran, dass die Erfahrungs- und Erlebnisseite<br />
des Glaubens bei uns oft zu kurz kommt. Die fundamentalistischen<br />
Gemeinden erinnern uns daran, dass vor allem<br />
junge Menschen mehr klare Orientierung aus der Bibel<br />
suchen und Mitchristen, die einen Schritt weiter sind und<br />
mit ihnen den richtigen Weg suchen. Alle diese kleinen<br />
freien Gemeinden mit ihrem engen sozialen Zusammenhalt<br />
erinnern uns daran, dass wir neben den Außenbezirken<br />
mit distanzierten Mitgliedern, neben der Vielfalt mehr<br />
oder weniger verbindlicher Angebote in der Mitte der<br />
Gemeinde eine Gruppe brauchen, die sich insofern „freikirchlich“<br />
versteht, als hier Wärme, Geborgenheit, Verbindlichkeit<br />
und hohes Engagement in einem geistlichen<br />
Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen gelebt wird.
Was wollen wir als landeskirchliche Gemeinden<br />
bewusst „festhalten“?<br />
æ Freiheit zu verschiedenen Ausprägungen statt Konformität.<br />
æ Die Freude die biblischen Geschichten täglich neu von<br />
ihrer Mitte her zu entdecken statt der Bibel als starres<br />
Gesetzbuch.<br />
æ Kein schwarz-weiß Denken, das für die bunte Welt und<br />
die so verschiedenen Geschöpfe Gottes nur zwei<br />
Schubladen hat.<br />
æ Die Zusage, dass Gott und in seinem Auftrag die<br />
Gemeinde den Einzelnen in Freud und Leid durchträgt,<br />
kein Wohlstandsevangelium, das die falsche Versprechung<br />
in die Welt setzt, Glaube mache reich, gesund<br />
und erfolgreich.<br />
æ Das Bewusstsein, dass Gott auch in den kleinen<br />
Zeichen der Bewahrung, Begleitung, des Kraft-Schöpfens<br />
mitten im Alltag erlebt wird und nicht nur in<br />
Wundern und außerordentlichen Erfahrungen.<br />
æ Keinen Umgang mit dem Bösen, bei dem man dessen<br />
Ursache hauptsächlich außen sucht, in dämonischen<br />
Einflüssen, die man dann austreiben muss. Wir verstehen<br />
uns als Gemeinschaft von Menschen, die auch als<br />
Christen noch Sünder bleiben, die<br />
aber immer wieder in der Seelsorge,<br />
im Gottesdienst, im Abendmahl<br />
Gottes unverdiente Gnade erfahren.<br />
Pfarrerin Annette Kick<br />
ist Weltanschauungsbeauftragte<br />
der Landeskirche<br />
Singen ist <strong>evangelisch</strong><br />
Die Geschichte der <strong>evangelisch</strong>en Kirche ist zugleich eine Geschichte der Kirchenmusik<br />
BERNHARD LEUBE<br />
Als in den Tagen der Reformation, so erzählt man, die<br />
Ideen dieses Wittenberger Mönches zur Reform der Kirche<br />
auch in die Stadt Lemgo gedrungen waren, entstand<br />
auf dem Rathaus eine gewisse Unruhe, denn Gerüchte<br />
schwirrten durch die Stadt, in den Gottesdiensten würden<br />
sich merkwürdige Dinge zutragen, Leute gäb’s, die wollten<br />
in der Kirche alles anders machen. Der Luther würde<br />
noch gefährlich werden, wenn man nicht aufpasste.<br />
Sicher konnte man nicht alles lassen, wie es war, aber die<br />
Sache durfte auch nicht aus dem Ruder laufen. Der Bürgermeister<br />
wollte genauer Bescheid wissen und schickte<br />
seinen Stadtschreiber in das Gotteshaus, er solle da mal<br />
nach dem Rechten sehen und ihm von diesen Umtrieben<br />
berichten. Nach geraumer Zeit kam der Schreiber wieder<br />
zurück ins Rathaus. „Und?“ fragte der Bürgermeister. „O<br />
Herr, die singen schon alle!“ antwortete der Ratsschreiber<br />
nur, und der Bürgermeister stellte lakonisch fest: „Ei, dann<br />
ist alles verloren.“ Der Mann hat etwas von Musik und<br />
ihrer Kraft verstanden! Singen ist <strong>evangelisch</strong>.<br />
Das Wort wird lebendig im Klang<br />
Die Reformation ist eine Singbewegung und die<br />
Geschichte der <strong>evangelisch</strong>en Kirchen von Anfang an<br />
zugleich eine reiche Geschichte der Kirchenmusik. Kirchenmusik<br />
ist in der <strong>evangelisch</strong>en Kirche deshalb unverzichtbar,<br />
weil die Lebendigkeit des Evangeliums an seiner<br />
Mündlichkeit hängt, an seinem Erklingen. Das Evangelium<br />
ist ein Klangereignis. Was wir gedruckt in Büchern haben,<br />
ist eine Gedächtnisstütze für unser schwaches Gehirn, das<br />
die Bibel nicht auswendig kann. Lebendig aber wird das<br />
Wort erst im Klang.<br />
Lieder sind Gottesrede<br />
Es gibt von Luther jene berühmte Definition des Gottes-<br />
dienstes, die er in der Predigt<br />
zur Einweihung der Torgauer<br />
Schlosskirche formulierte, in<br />
diesem Haus solle nichts<br />
anderes geschehen, „als dass<br />
unser lieber Herr selbst mit<br />
uns rede durch sein heiliges<br />
Wort und wir wiederum<br />
mit ihm durch Gebet und<br />
Lobgesang.“ Das könnte<br />
man oberflächlich so deuten,<br />
als habe eben der<br />
Pfarrer oder die Pfarrerin<br />
das göttliche Wort zu<br />
sagen, und die Gemeinde<br />
antworte darauf unter anderem mit ihrem<br />
Singen. Wenn wir die Lieder Luthers aber selbst<br />
anschauen, sehen wir sofort, dass das Singen auf beiden<br />
Seiten der liturgischen Kommunikation seinen Ort hat.<br />
Viele Lieder sind Lob- und Danklieder, Klage- und Bittlieder.<br />
Wenn wir sie singen, dann loben und danken wir,<br />
klagen und bitten. Aber das ist nur die eine Seite. Geistliche<br />
Lieder sind nicht nur das eigene Wort derer, die Gott<br />
gemeinsam antworten, sondern sie sind auch das fremde<br />
Wort, das paradoxerweise in unserem eigenen Mund von<br />
außen auf uns zukommt, ja in ihnen spricht unter<br />
Umständen Gott selbst: „Er sprach zu mir: ‚Halt dich an<br />
mich, es soll dir jetzt gelingen; ich geb mich selber ganz<br />
für dich …“ (EG 341,7) Das sage nicht ich, wenn ich<br />
singe, das sagt Christus. Die letzten Strophen von Luthers<br />
„Nun freut euch, lieben Christen g’mein“ redet Christus.<br />
Auch Jochen Kleppers „Ja, ich will euch tragen bis zum<br />
Alter hin“ (EG 380) könnte man nennen, das ganze Lied<br />
ist pure Gottesrede nach Jesaja 46, 3.4.<br />
Die <strong>evangelisch</strong>e Kirchenmusik hat auf dieser anspruchsvollen<br />
Grundlage in mehreren Jahrhunderten einen riesigen<br />
Aufschwung genommen, nicht zuletzt dadurch, dass<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
21
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
an den großen Kirchen und Höfen auch große<br />
Musiker angestellt waren, zu deren Aufgaben die Komposition<br />
gehörte. Für alle erdenklichen Anlässe entstanden<br />
Oratorien, Kantaten, Liedsätze, Motetten, Sologesänge,<br />
Singsprüche, groß besetzt und für die kleinen Verhältnisse,<br />
Orgelmusik en miniature und im großen Stil.<br />
Kirchenmusik ist Seelenmusik und Predigtmusik, Spruchund<br />
Evangelienmotetten machten den Chor zum Prediger<br />
und Seelsorger.<br />
Singen ist fühlen und handeln<br />
Die Grundlagen der Kirchenmusik und damit des Singens<br />
in der Kirche verstehen sich heute nicht mehr von selbst.<br />
Was das Singen in der Kirche anbelangt, sind wir heute<br />
alle vom Pietismus geprägt, denn im Singen drücken wir<br />
uns selbst aus, außerdem sind wir alle Romantiker, denn<br />
wir empfinden Singen und Musik als Sprache des Gefühls.<br />
„Was ich nicht fühlen kann, kann ich auch nicht singen“,<br />
sagt Herbert Grönemeyer. Heute tritt die Popularmusik an<br />
mit dem Anspruch, gerade in der Kirche am Musikgeschmack<br />
der jüngeren Generation anzuknüpfen, Selbstausdruck<br />
und Gefühl eine ansprechende Gestalt zu geben<br />
und die jungen Leute musikalisch zu beheimaten. „Wir<br />
müssen die Menschen doch da abholen, wo sie sind“,<br />
wird oft als Motivation genannt. Vorausgesetzt wir wissen,<br />
wo die Menschen sind, worüber man streiten<br />
könnte, habe ich manchmal den Eindruck, wir holen dann<br />
zwar die Menschen da ab, wo sie vermeintlich sind, wir<br />
gehen aber nirgendwo hin mit ihnen, drehen uns ein paar<br />
Mal, und bleiben am Ende da, wo wir angefangen haben.<br />
Dass wir im geistlichen Singen und Musizieren nicht nur<br />
wir selbst sind, sondern mehr, ist aus dem Blick geraten:<br />
geistliches Singen ist auch Rollenhandeln. Wer singt, geht<br />
immer über sich hinaus.<br />
Das Singen der Gemeinde ist der Mutterboden aller Kirchenmusik.<br />
Wo er nicht gebildet und gepflegt wird, hängen<br />
Passionen und Motetten von Heinrich Schütz oder<br />
ein Deutsches Requiem von Brahms, hängt die Kirchenmusik,<br />
die auf weite Strecken Liedbearbeitung ist, auf die<br />
Dauer in der Luft. Die Kirchenmusik macht einen großen<br />
Teil unseres kulturellen Erbes als <strong>evangelisch</strong>e Kirche aus.<br />
Zwei Drittel der Orgelwerke Bachs sind Choralbearbeitungen,<br />
die zur schönen Klangsoße werden, wenn wir die<br />
zugehörigen Lieder nicht mehr assoziieren und innerlich<br />
mithören können. Es gibt heute neue geistliche Lieder in<br />
unübersehbarer Zahl, deren größter Teil dazu dient,<br />
bestimmten Milieus stets neue Klangmittel zur Darstellung<br />
ihrer selbst an die Hand zu geben. Das ist schön.<br />
Musik allerdings, die ursprünglich dazu diente, Menschen<br />
miteinander zu verbinden, dient heute weithin dazu, sie<br />
voneinander zu unterscheiden. Das kann man bedauern,<br />
es führt aber nichts an dieser Feststellung vorbei.<br />
Bei Fulbert Steffensky lese ich den schönen Satz: „Die Kirche<br />
hat Traditionen und heilige Texte, die die Menschen<br />
davor bewahren, in der puren Gegenwart zu versinken.“<br />
Nicht zuletzt die kirchenmusikalischen Traditionen<br />
gehören zum Reservoir unserer Identität. Wenn wir sie<br />
selbst nicht ernst nehmen, wie wollen wir erwarten, dass<br />
wir damit ernst genommen werden?<br />
22 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
PROTESTANTISCHE VORBILDER<br />
Dietrich Bonhoeffer, 4. Februar 1906 bis<br />
9. April 1945, <strong>evangelisch</strong>er Theologe.<br />
Bonhoeffer wollte kein Heiliger werden.<br />
1944 schreibt er „Ich erinnere mich eines<br />
Gesprächs mit einem französischen jungen<br />
Pfarrer vor 13 Jahren. Wir hatten uns<br />
ganz einfach die Frage gestellt, was wir<br />
mit unserem Leben eigentlich wollen. Da<br />
sagte er: ich möchte ein Heiliger werden ...;<br />
das beeindruckte mich damals sehr. Trotzdem widersprach<br />
ich ihm und sagte ungefähr: ich möchte glauben lernen,<br />
indem ich so etwas wie ein heiliges Leben zu führen versuche...<br />
Später erfuhr ich und ich erfahre es bis zur Stunde,<br />
dass man erst in der vollen Diesseitigkeit des Lebens glauben<br />
lernt. Erst wenn man völlig darauf verzichtet hat, aus<br />
sich selbst etwas zu machen – sei es einen Heiligen oder<br />
einen bekehrten Sünder oder einen Kirchenmann…, dann<br />
wirft man sich Gott ganz in die Arme… und so wird man<br />
ein Mensch, ein Christ.“<br />
Er wollte kein Heiliger werden. Vielleicht ist er aber für<br />
manchen von uns ein Vorbild, ein Lehrer – oder hat doch<br />
auch etwas Heiliges?<br />
Dietrich Bonhoeffer wurde am 9. April 1945 im<br />
KZ Flossenbürg durch die SS ermordet.<br />
30 Lieder für alle Gemeinden<br />
Der weiträumige Verlust einer gemeinsamen, generationenübergreifenden<br />
Liederkenntnis hat kürzlich zu der Initiative<br />
der „Kernliederliste“ geführt. In Württemberg und<br />
Baden wurde eine Liste von 30 Liedern und 3 Kanons erarbeitet<br />
und von beiden Kirchenleitungen allen Gemeinden<br />
empfohlen 6 . Inzwischen empfehlen sogar alle <strong>evangelisch</strong>en<br />
Kirchen in Deutschland ihren Gemeinden die Kernliederliste<br />
zur Übernahme, um langfristig wieder auf ein<br />
gemeinsames, generationenübergreifendes Liederrepertoire<br />
zuzugehen. Die Resonanz vor allem unter Religionslehrerinnen<br />
und -lehrern ist groß. Das Singen mit Kindern im<br />
Kindergarten und in der Grundschule, in Kinderchören und<br />
im Kindergottesdienst, die langfristig überlegte und wiederholte<br />
Verwendung dieser Lieder auch im Gottesdienst wird<br />
das künftige Bild der Kirchenmusik entscheidend prägen.<br />
Nicht nur zuhören, wie andere uns Lieder vorsingen, sondern<br />
selber singen, nicht sich im Stillen ärgern, wenn Lieder<br />
unbekannt sind, sondern fragen: wo können wir sie lernen,<br />
wenn sie interessant sind, das würde ich <strong>evangelisch</strong> nennen,<br />
die Mündigkeit der Christen an ihrer Mündlichkeit festmachen<br />
und sich inhaltlich nach wie vor daran orientieren,<br />
was Luther in seiner ersten Gesangbuchvorrede schrieb,<br />
„dass Christus unser Lob und Gesang sei“, auch wenn seit<br />
der Reformation im 16. Jahrhundert einiges Wasser die Elbe<br />
hinuntergeflossen ist.<br />
6 Zu finden bei: www.kirchenmusik.elk-wue.de; oder:<br />
www.gottesdienste.de/liturgische_projekte.php<br />
Prof. Bernhard Leube aus Süßen ist<br />
Pfarrer im Amt für Kirchenmusik,<br />
Stuttgart
Gottes Wort vielfältig und lebendig<br />
unters Volk bringen<br />
Evangelischer Gottesdienst – mehr als Martin Luther und Paul Gerhardt<br />
MARTINA RUPP<br />
Wenn man an einen <strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong>en Gottesdienst<br />
denkt, dann hat man den Pfarrer vor Augen, der – mit<br />
schwarzem Talar und weißem Beffchen angetan – wortgewaltig<br />
predigt. Die Orgel tönt und der Gemeindegesang<br />
ist mal stärker, mal schöner.<br />
Typisch <strong>evangelisch</strong> ist der Gottesdienst am Sonntagmorgen<br />
mit Martin Luther und Paul Gerhardt. Aus gutem Grund<br />
ist das so. Aus gutem Grund ist es aber auch noch ein bisschen<br />
anders.<br />
Seit 1968 stehen auf Württembergs <strong>evangelisch</strong>en Kanzeln<br />
auch Frauen und sind als ausgebildete Pfarrerinnen zur<br />
Leitung des Gottesdienstes beauftragt.<br />
Neben dem schwarzen Talar, der auf die Gelehrtentracht der<br />
Reformationszeit zurückgeht, tragen immer mehr Pfarrer<br />
und Pfarrerinnen an den Hochfesten die weiße Mantelalbe<br />
mit einer Stola in den Farben des Kirchenjahrs. Dabei haben<br />
sie nicht bei ihrem katholischen Kollegen in den Schrank<br />
gegriffen. Seit 1993 ist auch das helle Amtsgewand nach<br />
württembergischer Kleiderordnung genehmigt.<br />
Ordnung und Vielfalt<br />
Der württembergische Gottesdienst hat einen festgelegten<br />
Ablauf, der in allen Gemeinden mehr oder weniger gleich<br />
ist. Und das aus gutem Grund: Die Pfarrerinnen und Pfarrer<br />
müssen nicht jeden Sonntag den Gottesdienst neu erfinden<br />
und die Gemeinde muss nicht jeden Sonntag neu lernen,<br />
was jetzt wieder kommt.<br />
Dennoch ist der <strong>evangelisch</strong>e Gottesdienst so vielfältig wie<br />
die Gemeinden, die ihn feiern.<br />
Da ist die musikalische Gestaltung: Lieder aus Taizé haben<br />
Gottesdienst beim Stötten-Tag<br />
Einzug in den Gottesdienst gehalten. Manche<br />
Gemeinden haben eine Schola und singen<br />
gregorianisch Psalmen, anderswo gibt es eine<br />
Band. Das neue Ergänzungsheft zum Gesangbuch<br />
„Wo wir dich loben, wachsen neue<br />
Lieder“ bietet eine Sammlung neuer Lieder, die<br />
sich seit Erscheinen des neuen Gesangbuchs<br />
1996 etabliert haben.<br />
Mit allen Sinnen<br />
In den letzten Jahrzehnten wurde die Feier des<br />
Abendmahls wieder stärker in den Mittelpunkt<br />
des gottesdienstlichen Geschehens gerückt.<br />
Auch da gibt es eine große Vielfalt in der Ausgestaltung.<br />
Da ist die <strong>evangelisch</strong>e Messe, die<br />
mit ihren Wechselgesängen und Dialogen die<br />
Gemeinde stärker einbindet ins Geschehen.<br />
Da wird am Gründonnerstag das Abendmahl<br />
an Tischen gefeiert. Oder man verbindet die<br />
Austeilung der Gaben mit einem gemeinsamen<br />
Essen, so dass es bei der Mahlfeier noch mehr<br />
zu schmecken gibt als Brot und Wein.<br />
Gottes Wort lebendig unters Volk bringen –<br />
Evangelischer Gottesdienst<br />
„Schmecket und sehet“ – <strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong> ist eher das<br />
Hören. Aber auch da hat sich in den letzten Jahren ein<br />
Wandel angebahnt. In der <strong>evangelisch</strong>en Kirche werden<br />
neben dem Ohr auch die anderen Sinne wiederentdeckt<br />
und im Gottesdienst angesprochen.<br />
Als sichtbares Zeichen für die Hoffnung auf Auferstehung<br />
und ewiges Leben ist in vielen Kirchen die Osterkerze eingezogen.<br />
Bei Tauffeiern werden Taufkerzen an ihr entzündet.<br />
Gottesdienste, in denen eine Salbung oder eine Einzelsegnung<br />
vollzogen wird, berühren auf eindrückliche Weise.<br />
Bei Filmgottesdiensten werden Aussagen und die Bilderkraft<br />
eines Kinofilms mit der biblischen Botschaft in Beziehung<br />
gesetzt. Und der Motorradgottesdienst in Oberböhringen<br />
hat gezeigt: Biken und Bibel sind kein Widerspruch.<br />
Gottes Wort lebendig unters Volk zu bringen – das ist<br />
<strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong> in aller Vielfalt.<br />
Martina Rupp ist Pfarrerin<br />
in Deggingen-Bad Ditzenbach<br />
und Mitglied im Ausschuss der<br />
Landeskirche für Liturgie<br />
Paul-Gerhardt-<br />
Denkmal in Lübben<br />
(vor der<br />
Paul-Gerhardt-<br />
Kirche).<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
23
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Luther beim Thesenanschlag<br />
Den eigenen Zugang zu Gott finden<br />
Martin Luthers Übersetzung der Bibel war revolutionär<br />
MARKUS HARTMANN<br />
Welches Schlagwort fällt einem katholischen Theologen<br />
als erstes ein zum Thema protestantische Theologie?<br />
Richtig: Zuerst das sola gratia. Und als Zweites gleich das<br />
sola scriptura, die Besinnung darauf, dass die Heilige<br />
Schrift die einzige und authentische Quelle theologischer<br />
Erkenntnis ist. Und das nicht nur für Theologen, sondern<br />
für alle Glaubenden. Diese Erkenntnis ist im Grunde<br />
selbstverständlich. Dennoch war sie zur Zeit Martin<br />
Luthers, in der beginnenden Renaissance, in Vergessenheit<br />
geraten. Die Frömmigkeit dieser Zeit war geprägt von<br />
Vorstellungen des Spätmittelalters von einem richtenden<br />
und strafenden Gott, vor dem der Mensch bestehen<br />
muss. Das gilt auch für den jungen Martin Luther. Über<br />
seine Zeit im Erfurter Augustinerkloster schreibt er selbst:<br />
»Ist je ein Mönch in den Himmel gekommen durch Möncherei,<br />
so wollte ich auch hineingekommen sein«. Luther<br />
ringt immer wieder darum, die biblischen Texte über die<br />
Gerechtigkeit Gottes richtig zu verstehen. Er kommt zu<br />
der Einsicht, dass dem Menschen vom richtenden Gott<br />
nicht zwangsläufig ein hartes Urteil droht. Vielmehr<br />
schenkt Gott ihm die Gerechtigkeit durch seinen Sohn<br />
Jesus Christus. In seiner Übersetzung des Römerbriefs hat<br />
er diese Erkenntnis so formuliert: »So halten wir nun<br />
dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes<br />
Werke, allein durch den Glauben« (Röm 3,28).<br />
In elf Wochen übersetzt Luther<br />
das Neue Testament<br />
Mit seiner neuen Lehre gerät Luther auch in Konflikt mit<br />
der Kirche seiner Zeit, insbesondere mit einer Praxis, die<br />
sich beim Bußsakrament eingeschlichen hat: dem Ablasshandel.<br />
Luther fasst seine Einwände in 95 Thesen zusammen,<br />
die er am 31. Oktober 1517 an der Tür der Schlosskirche<br />
in Wittenberg anbringt. Der Konflikt eskaliert und<br />
am 3. Januar 1521 verhängt der Papst den Bann über<br />
Luther. Im April des gleichen Jahres steht Luther vor dem<br />
Reichstag in Worms. Unbeirrt hält er an seiner Meinung<br />
fest und wird als Ketzer für vogelfrei erklärt. Sein Landes-<br />
24 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
herr, Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, lässt ihn<br />
auf dem Rückweg von Worms zum Schein entführen und<br />
auf die Wartburg bringen. Dort lebt Luther zehn Monate<br />
zurückgezogen unter dem Decknamen »Junker Jörg« und<br />
übersetzt in der unglaublichen Zeit von nur elf Wochen<br />
das Neue Testament ins Deutsche. Im September 1522<br />
erscheint die Übersetzung in Wittenberg im Druck (das<br />
sogenannte »September-Testament«). Die Auflage war für<br />
die damalige Zeit ungewöhnlich hoch. Dennoch war das<br />
Buch in kürzester Zeit ausverkauft. Schon im Dezember<br />
1522 kommt eine zweite Auflage mit Verbesserungen im<br />
Text und Korrekturen an den Bildern auf den Markt<br />
(»Dezember-Testament«).<br />
Über Jahrhunderte ist Luthers<br />
Übersetzung Maßstab<br />
Für die Übersetzung des Alten Testaments benötigt<br />
Luther länger Zeit. Im Jahre 1534 zur Leipziger Michaelismesse<br />
vom 4. bis 11. Oktober 1534 legt er die erste vollständige<br />
Fassung seiner Bibel vor. Sie besteht aus sechs<br />
Einzelteilen mit jeweils eigenem Titelblatt und eigener Seitenzählung:<br />
Mose-Bücher (Pentateuch), historische und<br />
poetische Bücher, Propheten, Apokryphen (Spätschriften),<br />
Neues Testament. In der Folge arbeitet Luther bis an sein<br />
Lebensende weiter an seiner Übersetzung. Die letzte Fassung,<br />
die Luther selbst bearbeitet hat, die so genannte<br />
»Ausgabe letzter Hand«, erscheint im Todesjahr Luthers<br />
1545 in Wittenberg. Sie bleibt für die nächsten Jahrhunderte<br />
maßgeblich.<br />
Luther-Bibel vereinheitlichte<br />
die deutschen Sprache<br />
Einer der entscheidenden Faktoren für den Erfolg seiner<br />
Übersetzung war ihre sprachliche Qualität. Luther orientierte<br />
sich bei seiner Übersetzung an der sächsischen<br />
Kanzleisprache, »welcher es alle Herzöge und Könige<br />
Deutschlands nachtun, alle Reichsstädte, Fürsten, Höfe«.<br />
Sie wurde in ganz Deutschland verstanden, was wesentlich<br />
zur Verbreitung beitrug. Auf der anderen Seite<br />
gewann diese Sprache, die zunächst nur Verwaltungssprache<br />
gewesen war, eine Form, die sie zur Grundlage der<br />
deutschen Hoch- und Literatursprache werden ließ. So<br />
stammen zahlreiche, bis heute geläufige Sprichwörter und<br />
Redensarten aus der Lutherbibel, und erst ihre Verbreitung<br />
schuf die Voraussetzungen, dass Deutschland zu<br />
einem einheitlichen Sprachraum zusammenwachsen<br />
konnte.<br />
Luther selbst schreibt in seinem »Sendbrief vom Dolmetschen«,<br />
dass er beim Übersetzen »dem Volk aufs Maul<br />
sehen« wollte. Das bedeutet aber keineswegs, dass er sich<br />
eines volkstümlichen Gassenjargons bediente. Es ging ihm<br />
vielmehr darum, von möglichst vielen Menschen verstanden<br />
zu werden. Das wird unter anderem an der Art und<br />
Weise deutlich, wie Luther übersetzt hat: Er versucht, den<br />
charakteristischen Eigenarten der deutschen Sprache
Wartburg<br />
gerecht zu werden. Das heißt: Wichtiger als die genaue<br />
Reproduktion des Wortlauts des hebräischen und griechischen<br />
Originaltextes der Bibel war ihm, den Sinn des<br />
Textes möglichst treffend wiederzugeben: »Wer Deutsch<br />
reden will, der muss nicht der hebräischen Worte Weise<br />
führen, sondern muss darauf sehen, dass er den Sinn<br />
fasse und denke also: Lieber, wie redet der deutsche<br />
Mann in solchem Fall? Wenn er nun die deutschen Worte<br />
hat, die hierzu dienen, so lasse er die hebräischen Worte<br />
fahren und spreche frei den Sinn heraus aufs beste<br />
Deutsch, so er kann«<br />
Die Bibel wird immer wieder überarbeitet<br />
Seit der letzten Ausgabe der Übersetzung durch Luther<br />
hat sie mehrere sorgfältige Anpassungen an die gewandelte<br />
Gegenwartssprache und neuere theologische<br />
Erkenntnisse erfahren. Man spricht dabei von »Revisionen«.<br />
Jede dieser Überarbeitungen war streng dem Geiste<br />
Luthers verpflichtet. Und nur durch diese Revisionen<br />
konnte verhindert werden, dass die Übersetzung von<br />
Luther zum reinen Museumsstück wurde. So ist sie bis<br />
heute aktuell geblieben.<br />
Bis heute ist die Lutherbibel die in Deutschland am meisten<br />
gebrauchte Bibelübersetzung. Luthers Übersetzung<br />
der Bibel in eine Sprache, die »die Mutter im Hause, die<br />
Kinder auf der Gasse, der gemeine Mann auf dem Markt«<br />
verstehen können, war revolutionär: Jetzt war jeder<br />
Mensch grundsätzlich in der Lage, ohne Vermittlung<br />
durch die Kirche seinen eigenen Zugang zu Gott zu<br />
finden – allein durch das Studium der Heiligen Schrift.<br />
Seither spendet die Lutherbibel vielen Menschen in den<br />
unterschiedlichsten Situationen des<br />
Lebens Halt und Trost. Das ist ein kostbares<br />
Erbe, das es zu bewahren gilt.<br />
Markus Hartmann ist<br />
katholischer Theologe und Lektor<br />
für Jugendmedien bei der<br />
Deutschen Bibelgesellschaft<br />
in Stuttgart<br />
Bin ich <strong>evangelisch</strong>?<br />
Der ultimative Test für Protestanten.<br />
Und für alle, die es werden wollen.<br />
Bitte jeweils eine Antwort ankreuzen.<br />
Welche Bedeutung hat Brot und Wein beim<br />
Abendmahl nach Luther?<br />
a) ~ Sie stehen symbolisch für Christi Leib und<br />
Blut<br />
b) ~ In, mit und unter Brot und Wein gibt sich<br />
uns Christus<br />
c) ~ Brot und Wein wandeln sich in Christi Leib<br />
und Blut.<br />
Was würden Sie am ehesten über Ihr Bett<br />
hängen?<br />
a) ~ Poster von Tom Cruise?<br />
b) ~ Poster von Paris Hilton?<br />
c) ~ Bild von Papst Benedikt?<br />
d) ~ Bild von Martin Luther?<br />
e) ~ Ein Kreuz?<br />
3. Was sind reformierte Kirchen?<br />
a) ~ Ein anderer Begriff für Evangelische Kirchen?<br />
b) ~ Kirchen, die sich auf die Lehre von Calvin<br />
und Zwingli berufen?<br />
c) ~ Kirchen, in denen es die Frauenordination<br />
gibt?<br />
4. Was ist ein Kernsatz der Reformation?<br />
a) ~ Allein die Schrift<br />
b) ~ Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen<br />
c) ~ An Euren Werken werdet Ihr gemessen<br />
5. Was ist die Barmer Erklärung?<br />
a) ~ Zusicherung der Barmer Krankenkasse, den<br />
Angestellten der <strong>evangelisch</strong>en Kirchen in<br />
Deutschland ein bevorzugtes Versicherungsverhältnis<br />
einzuräumen<br />
b) ~ 1934 verfasste Erklärung der Bekennenden<br />
Kirche gegen den diktatorischen Machtanspruch<br />
des nationalsozialistischen Staates<br />
c) ~ 1449 auf Deutsch verfasste päpstliche<br />
Enzyklika zur Sozialethik „Des Schwachen<br />
sullt der Frumbe barmen“ (Der Fromme soll<br />
allem Schwachen gegenüber Barmherzigkeit<br />
üben).<br />
6. Von wem stammt der Satz: „Sündige tapfer<br />
und glaube noch tapferer?“<br />
a) ~ Papst Johannes Paul II<br />
b) ~ Billy Graham<br />
c) ~ Martin Luther<br />
7. Wo waren Sie bei der letzten Papstwahl?<br />
a) ~ Keine Ahnung<br />
b) ~ Vor dem Fernseher<br />
c) ~ In Rom<br />
Von Renate Schwarz und Elmar Bruker<br />
Auflösung und Testauswertung auf Seite 34<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
QUIZ<br />
25
Aus Kirche und Gesellschaft<br />
Wenn das Weib nicht mehr schweigt . . .<br />
Württemberg ordinierte vor 40 Jahren die ersten Pfarrerinnen<br />
SABINE BAYREUTHER<br />
Typisch <strong>evangelisch</strong>? Im Gegenüber zur römisch-katholischen<br />
und auch zu manchen anderen Kirchen sind Pfarrerinnen<br />
<strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong>: Frauen im Talar, Frauen auf der<br />
Kanzel, Frauen als Leiterinnen einer Gemeinde oder eines<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>s.<br />
Das war nicht immer so und ist auch heute noch - weltweit<br />
betrachtet – nicht in allen <strong>evangelisch</strong>en Kirchen so.<br />
Die Geschichte der Pfarrerinnen ist noch jung: Vor gerade<br />
einmal 40 Jahren, im berühmten Jahr 1968, wurde in der<br />
Württembergischen Landeskirche die Frauenordination<br />
eingeführt. Und erst vor 30 Jahren, 1978, erreichten die<br />
Pfarrerinnen in der EKD die volle rechtliche Gleichstellung<br />
gegenüber ihren männlichen Kollegen.<br />
„Während Sie da oben stehen,<br />
ist die Kanzel keine Kanzel.“<br />
Man kann wohl nicht genug Hochachtung haben vor<br />
dem Mut und dem Glauben der ersten Theologinnen! In<br />
den ersten Jahren, als Frauen zum Theologiestudium<br />
zugelassen waren, gab es noch keine vorgezeichnete Laufbahn<br />
als Theologin. Zwar konnten Frauen ab 1904 in<br />
Württemberg Theologie studieren, die übliche Abschlussprüfung,<br />
die bei der Kirche abgelegt wurde, war ihnen<br />
jedoch verwehrt. Als 1927 Elisabeth Mack als erste Frau<br />
in Württemberg die 1. Theologische Dienstprüfung<br />
ablegte, musste sie ihre Examenspredigt unter der<br />
Bezeichnung „biblische Ansprache“ nur vor der Prüfungskommission<br />
unter Ausschluss der Öffentlichkeit und nicht<br />
von einer Kanzel halten. Als zwei Jahre später die Theologin<br />
Else Breuning ihren Abschluss machte, war der<br />
Winter so kalt, dass die Prüflinge ihre Examenspredigten<br />
nicht im Kirchenraum, sondern in der Sakristei der Tübinger<br />
Schlosskirche halten mussten. Da in der Sakristei<br />
einzig eine Kanzel zum Predigen zur Verfügung stand,<br />
definierte einer der Prüfer kurzerhand: „Während Sie da<br />
oben stehen, ist die Kanzel keine Kanzel.“ Es darf eben<br />
nicht sein, was mancher nicht wahr haben will.<br />
Der Weg ins Pfarramt<br />
Der „ordentliche“ Weg auf die Kanzel war Ende der<br />
1920er Jahre für Frauen noch weit entfernt. Den Theologinnen<br />
wurde ab 1927 der Dienst als Religionslehrerin<br />
gestattet, sie wurden dafür mit dem Titel ausgestattet:<br />
„Höher geprüfte kirchliche Religionshilfslehrerin“ – wohlgemerkt:<br />
die Frauen hatten alle ein Universitätsstudium<br />
erfolgreich absolviert. Ihre männlichen Kollegen, mit<br />
denen sie gemeinsam studiert und das Examen abgelegt<br />
hatten, wurden Vikare und Pfarrer.<br />
Hinnehmen wollten diesen Zustand schon damals einige<br />
Frauen nicht und schlossen sich zu einer „Vereinigung<br />
Evangelischer Theologinnen“ zusammen. Ihr Ziel war das<br />
volle, ordentliche Pfarramt für Frauen. Für die Mehrheit der<br />
26 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
v.l.n.r.: Annette Leube, Donzdorf; Ingeborg Brüning,<br />
Steinenkirch; Edeltraud Meyer, Stubersheim; Helga Striebel,<br />
Türkheim; Dekanin Gerlinde Hühn, Gertraude Reich-<br />
Bochtler, Aufhausen; Susanne Jutz, Bad Überkingen;<br />
Claudia Kupfer-Feine, Altenheime; Sabine Kluger,<br />
<strong>Geislingen</strong>-Pauluskirche; Sabine Bayreuther, Donzdorf,<br />
Eva Zähringer, Deggingen-Bad Ditzenbach<br />
Männer in der Kirche war das jedoch noch undenkbar. Ab<br />
1937 wurden Theologinnen zwar für einen Dienst in der<br />
Kirche eingesegnet, dieser Dienst war jedoch nicht der<br />
Pfarrdienst und die Einsegnung war nicht die Ordination,<br />
wie Pfarrer sie erhielten. Frauen durften nur für Frauen<br />
und für Kinder die Schrift auslegen und konnten in Kirchengemeinden<br />
als Pfarrgehilfinnen arbeiten. Rechtlich<br />
war ihre Tätigkeit nicht abgesichert: sie erhielten ein minimales<br />
Einkommen und waren nicht sozialversichert.<br />
Frauen als Notnagel<br />
Die Notzeit des 2. Weltkrieges führte dann dazu, dass<br />
Theologinnen in der Praxis alle Aufgaben eines Pfarrers<br />
inklusive der Leitung von Gemeinden übernehmen mussten.<br />
Als immer mehr Vikare und Pfarrer zum Kriegsdienst<br />
eingezogen wurden, sollte das gottesdienstliche und<br />
gemeindliche Leben weitergehen: Kinder waren zu taufen,<br />
Gottesdienste für Erwachsene und Kinder sollten gehalten<br />
werden, Verstorbene mussten bestattet werden. Damit<br />
dies alles möglich blieb, wurden Laien, also geeignete Personen<br />
ohne theologische Ausbildung, für diesen Dienst<br />
beauftragt; und in den Gemeinden, in denen es sogenannte<br />
Pfarrgehilfinnen gab, übernahmen diese Theologinnen<br />
in der Regel die Arbeit des Pfarrers – ohne<br />
offizielle Beauftragung. Die Gemeinden konnten so die<br />
Erfahrung machen, dass es gut ist, wenn Frauen den<br />
Dienst des Pfarrers übernehmen.<br />
„Mit dem Wesen der Frau unvereinbar“<br />
Als nach 1945 die Pfarrer und Vikare zurückkamen, mussten<br />
die Frauen das Feld wieder räumen. Was in der Notzeit<br />
möglich gewesen war, dass Frauen öffentlich das<br />
Wort verkündigen, Abendmahlsgottesdienste feiern und<br />
eine Gemeinde leiten, war nun von einem Tag auf den<br />
anderen mit dem Wesen der Frau nicht mehr vereinbar. Es<br />
wurde tatsächlich 1948 ausdrücklich festgestellt, dass der
schöpfungsmäßige Unterschied zwischen Mann und Frau<br />
Leitungsaufgaben allein Männern vorbehalte. Besonders<br />
schwer vorstellbar schien es, dass eine verheiratete Frau<br />
Pfarrerin sein könnte, womöglich gar als Mutter von Kindern.<br />
Deswegen gab es für Vikarinnen – wie ab 1948 die<br />
Theologinnen im Gemeindedienst ihr Leben lang tituliert<br />
wurden – eine Zölibatsklausel: mit der Eheschließung<br />
wurden die Frauen in der Regel aus dem kirchlichen<br />
Dienst entlassen.<br />
Dennoch wurde die Zahl der Theologinnen immer größer<br />
und ihre Arbeit immer mehr geschätzt. Deshalb musste<br />
man Regelungen finden, wie theologisch ausgebildete<br />
Frauen in der Kirche arbeiten können. Den Frauen zuzugestehen,<br />
dass sie ordentliche Pfarrerinnen mit Talar und<br />
allen Kompetenzen sein können, fiel vor allem den männlichen<br />
Kollegen schwer; die Gemeinden hatten damit<br />
erheblich weniger Probleme. Vielen Menschen in den<br />
Gemeinden schien es irgendwann nicht mehr plausibel,<br />
dass Frauen keine Pfarrerinnen sein sollten.<br />
Die Wende<br />
Das Jahr 1968 brachte dann den Theologinnen in Württemberg<br />
die Feststellung: „Der Dienst der Theologin und<br />
des Theologen sind gleichwertig.“ Nun konnten Frauen<br />
ins Pfarramt ordiniert werden, durften öffentlich in<br />
Gemeindegottesdiensten das Wort verkündigen, Kinder<br />
taufen und Abendmahlsgottesdienste feiern. Nur in der<br />
Bezahlung waren Theologinnen und Theologen noch 10<br />
weitere Jahre nicht gleichgestellt.<br />
1970 wurde Heide Kast als erste Gemeindepfarrerin unserer<br />
Landeskirche in Ludwigsburg eingesetzt und Marianne<br />
Koch wurde 1984 in Weikersheim erste Dekanin.<br />
Ein Hauch von Progressivität –<br />
Pfarrerinnen im <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong><br />
Vermutlich gab es im <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> vor und<br />
während des 2. Weltkrieges noch keine Theologinnen,<br />
aber bereits 1951 kam eine Vikarin nach <strong>Geislingen</strong>: Ruth<br />
Wöhr. Sie muss wohl eine begabte Theologin gewesen<br />
sein, hatte offenbar aber im Umgang mit Menschen<br />
wenig Ausstrahlung. Sie war über 20 Jahre, von 1951 bis<br />
1975 in <strong>Geislingen</strong> tätig, vor allem als Klinikseelsorgerin;<br />
ein Gemeindepfarramt hatte sie nie inne.<br />
Seit den 1980er Jahren waren dann immer wieder Ausbildungsvikarinnen<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong>. Die erste Gemeindepfarrerin<br />
kam erst 1992: Annegret Maurer in Gruibingen.<br />
1995 wurde mit Gerlinde Hühn zum zweiten Mal in der<br />
Württembergischen Kirchengeschichte eine Frau zur<br />
Dekanin gewählt, jetzt in <strong>Geislingen</strong>. Das Württembergische<br />
Gemeindeblatt titelte damals: „Ein Hauch von Neuerung<br />
durchweht den Bezirk“. Und es war und ist noch<br />
immer etwas Besonderes, wenn eine Frau in der Kirche<br />
ein solches Leitungsamt übernimmt.<br />
In den 51 württembergischen <strong>Kirchenbezirk</strong>en gibt es<br />
heute gerade mal 6 Dekaninnen. An der mangelnden<br />
Begabung von Frauen kann das kaum liegen. Dass Frauen<br />
für das Dekaninnenamt genauso qualifiziert und begabt<br />
sind wie Männer, ist wohl keine Frage mehr. Ob es die<br />
qualifizierten Frauen selber sind oder die sie umgebenden<br />
Männer, die ihnen die Übernahme eines so machtvollen<br />
Amtes nicht zutrauen, kann man nur mutmaßen. Es<br />
gibt darüber keine Untersuchungen.<br />
Auch das Pfarramt hat landeskirchenweit noch mehrheitlich<br />
ein männliches Gesicht. Einen einzigen <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
in der Landeskirche gibt es, in dem genauso viele Frauen<br />
wie Männer im Pfarramt sind: unseren <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong>.<br />
Die Vision der frühen Theologinnen, dass Frauen<br />
gleichberechtigt Pfarrerinnen sein können, ist bei uns im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> Wirklichkeit.<br />
Die Zukunft der <strong>evangelisch</strong>en Kirche:<br />
Der Pfarrberuf als Frauenberuf?<br />
Auch wenn heute noch – von <strong>Geislingen</strong> einmal abgesehen<br />
– Pfarrer mehrheitlich Männer sind, beginnen manche<br />
Menschen sich darüber Gedanken zu machen, ob und<br />
warum der Pfarrberuf zum Frauenberuf wird. Schaut man<br />
sich die Entwicklung an den Universitäten an, dann kann<br />
man in der Theologie seit vielen Jahren einen kontinuierlichen<br />
Anstieg der Zahl der Studentinnen sehen. An der<br />
Universität Tübingen haben an der Evangelisch-theologischen<br />
Fakultät die Frauen die Männer überholt. Im letzten<br />
Wintersemester 2007/08 studierten dort 55% Frauen und<br />
nur noch 45% Männer. So wird es in ein paar Jahren vermutlich<br />
mehr Vikarinnen als Vikare und in ein paar Jahrzehnten<br />
mehr Pfarrerinnen als Pfarrer geben.<br />
Aber nicht erst dann werden die Frauen dem Pfarramt ein<br />
neues Gesicht geben. Das geschieht bereits jetzt. Denn<br />
mit dem Einzug von Pfarrerinnen in die <strong>evangelisch</strong>en<br />
Pfarrhäuser sind die Lebensformen im Pfarrhaus vielfältiger<br />
geworden. Das traditionelle Modell des Pfarrers, dessen<br />
Frau als Pfarrfrau aktiv das Gemeindeleben mitgestaltet,<br />
ist immer seltener zu finden. Stattdessen findet man Ehepaare,<br />
die in Stellenteilung ein Pfarramt versehen, oder<br />
Pfarrerinnen, deren Ehemänner ihren eigenen Berufen<br />
nachgehen. Auch gibt es inzwischen Männer, die mit Teilauftrag<br />
Pfarrer sind, weil sie sich an der Erziehung ihrer<br />
Kinder intensiv und gleichberechtigt beteiligen wollen.<br />
Wie wird sich das Pfarramt wohl weiter entwickeln,<br />
wenn immer mehr Frauen Pfarrerinnen werden? Wir werden<br />
es sehen. Aber das weibliche Gesicht des Pfarramtes<br />
ist aus der <strong>evangelisch</strong>en Kirche nicht mehr wegzudenken.<br />
Für die Gemeinden und die Kirche ist es ein Segen,<br />
dass Frauen Pfarrerinnen sind.<br />
Wenn das Weib nicht mehr schweigt… wie arm wäre die<br />
Kirche, wenn sie auf die Gaben ihrer Pfarrerinnen<br />
verzichten würde!<br />
Sabine Bayreuther<br />
ist Vikarin in Donzdorf<br />
40 Jahre Frauenordination – dieses Jubiläum<br />
wird begangen mit einem Gottesdienst im<br />
Ulmer Münster mit Prälatin Gabriele Wulz am<br />
15. November 2008 um 15.00 Uhr<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
27
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
„Ich will immer ein Anwalt der Armen sein“<br />
(Gustav Adolf II., 1594 –1632)<br />
Das Gustav-Adolf-Werk unterstützt mehr als 40 Partnerkirchen<br />
ALFRED EHMANN<br />
Das älteste <strong>evangelisch</strong>e Hilfswerk in Deutschland ist das<br />
Gustav-Adolf-Werk, kurz „GAW“ genannt. Es ist das<br />
Diasporawerk der Evangelischen Kirchen und engagiert<br />
sich weltweit.<br />
„Diaspora“, das sind die zahlenmäßig kleinen und zum<br />
Teil weit verstreut lebenden <strong>evangelisch</strong>en Gemeinden in<br />
Ost- und Südeuropa und in Lateinamerika. Das GAW<br />
unterhält intensive Kontakte zu diesen Gemeinden und<br />
ihren Einrichtungen, um sie zu begleiten, zu stärken und<br />
zu ermutigen.<br />
Es geht um christliche Nächstenliebe nach dem biblischen<br />
Motto „Lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist<br />
aber an des Glaubens Genossen“ (Galater 6, 10). Das ist<br />
der Grundgedanke, mit dem im Jahr 1832 in Leipzig die<br />
„Stiftung zur Unterstützung bedrängter <strong>evangelisch</strong>er<br />
Gemeinden in der Zerstreuung“ ins Leben gerufen wurde.<br />
Schwedenkönig als Vorbild<br />
Diese Stiftung wurde nach dem Schwedenkönig Gustav<br />
Adolf benannt. Ihm wollte man mit nichtmilitärischen<br />
Mitteln nacheifern, um den schwachen und zum Teil<br />
unterdrückten protestantischen Gemeinden zur Seite zu<br />
stehen.<br />
Gleichberechtigte Haupt- und Zweigvereine in allen deutschen<br />
Ländern sollten entstehen. Ein „Centralvorstand“<br />
wählte den Gründungsort Leipzig zu seinem Sitz.<br />
Nach der deutschen Wiedervereinigung hat das GAW als<br />
erstes kirchliches Werk seine Zentrale in die neuen Bundesländer<br />
verlegt, wieder nach Leipzig, in den Gründungsort.<br />
Praktische Hilfe<br />
Die GAW-Partnerkirchen sind kleine protestantische Minderheitenkirchen<br />
in einem katholischen oder orthodoxen,<br />
zunehmend aber auch in einem muslimischen oder entkirchlichten<br />
Umfeld. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der<br />
Bevölkerung im jeweiligen Land haben sie nur kleine Mitgliederzahlen,<br />
genießen geringe öffentliche Anerkennung<br />
und oft nur beschränkte Rechte.<br />
Das GAW unterstützt sie bei der Renovierung, beim Kauf<br />
und Neubau von Kirchen, Gemeinderäumen, Heimen und<br />
Schulen, bei der Finanzierung von Fahrzeugen für die oft<br />
weiten Wege und bei der Aus- und Weiterbildung von<br />
kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gefördert<br />
werden sozialdiakonische Vorhaben wie Schulspeisungen<br />
und die Arbeit mit Straßenkindern.<br />
Der GAW-Slogan „Partner <strong>evangelisch</strong>er Minderheiten in<br />
der Welt“ verbindet lutherische, reformierte, unierte, presbyterianische<br />
Christen, Waldenser, Baptisten, Methodisten<br />
und Pfingstkirchler. So stellte der frühere Generalsekretär<br />
Ernst Wähner fest, dass die Arbeit des GAW „interkulturell,<br />
versöhnend und der Verständigung dienend“ sei.<br />
28 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Württemberg und die weite Welt<br />
Das württembergische GAW ist einer von 26 GAW-<br />
Vereinen in Deutschland, gegründet am 25. April 1843.<br />
Es beteiligt sich maßgeblich am Projektkatalog der<br />
Zentrale in Leipzig.<br />
Insgesamt konnten (im Jahr 2005) über 600.000 € vom<br />
GAW Württemberg für die Diasporaarbeit zur Verfügung<br />
gestellt werden. Diese hohe Summe wurde aufgebracht<br />
durch das landeskirchliche Opfer am 1. Advent, durch die<br />
so genannte Konfirmandengabe, die in vielen Kirchengemeinden<br />
von den Konfirmanden bei der Konfirmation<br />
erbeten wird, und durch viele Einzelspenden. Einen maßgeblichen<br />
Anteil leisten die GAW-Frauenkreise in vielen<br />
Gemeinden, die fast ein Viertel des Betrags aufgebracht<br />
haben.<br />
Um die Verbindung mit den Minderheitenkirchen in<br />
Europa zu festigen und auch das Verständnis im wachsenden<br />
Europa zu fördern, bietet das GAW Württemberg<br />
ein vielfältiges Programm an. Dazu gehören Studien- und<br />
Begegnungsreisen nach Russland, Rumänien, Italien,<br />
Tschechien oder in die Slowakei und für Konfirmanden<br />
die Konfi-Touren nach Tschechien und zu den Waldensern<br />
nach Italien.<br />
In den letzten Jahren hat sich die Freiwilligenarbeit immer<br />
stärker entwickelt. „Mit dem GAW unterwegs…“ gehen<br />
junge Frauen und Männer für eine bestimmte Zeit, meistens<br />
für ein halbes oder für ein Jahr, in eine der Partnerkirchen.<br />
15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren es im<br />
Jahr 2005, die über das GAW Württemberg nach Italien,<br />
Paraguay, Uruguay, Argentinien, Brasilien, Chile und<br />
Guatemala ausgereist sind.<br />
GAW in <strong>Geislingen</strong><br />
1869 wurde in <strong>Geislingen</strong> der erste Gustav-Adolf-Kreis<br />
gegründet. Aktuell gibt es zwei Kreise, der Gustav-Adolf-<br />
Kreis in <strong>Geislingen</strong> und der in Altenstadt.<br />
Jährlich veranstaltet das württembergische GAW ein Jahresfest,<br />
bei dem die Verbindung zur Diaspora durch Gäste<br />
aus vielen Ländern gefördert wird. Der <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong><br />
ist Gastgeber des Jahresfestes 2009. Drei Tage lang,<br />
vom 26. bis 28. Juni, wird das Gustav-Adolf-Werk mit<br />
vielen Gästen aus dem In- und Ausland im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
gefeiert. Nach 1895, 1922 und 1966 ist es das vierte<br />
Jahresfest in <strong>Geislingen</strong>.<br />
Pfarrer Alfred Ehmann, Süssen,<br />
ist Bezirksbeauftragter des GAW
Miteinander Glauben leben<br />
Die Erfahrung eines Ehepaares verschiedener Konfession<br />
FRIEDERIKE MAIER<br />
Heutzutage sind konfessionsverschiedene Ehen – eine<br />
Ehe also, bei welcher ein Partner <strong>evangelisch</strong>, der andere<br />
katholisch ist – keine Seltenheit mehr.<br />
Das war früher anders. Fanden ein Evangelischer und eine<br />
Katholische zusammen, so hatten sie oft beide Familien<br />
gegen sich: „Wie kannst du einen „Wiaschdglaibigen“<br />
heiraten?“ Manch katholischer Priester versuchte von der<br />
Heirat abzuraten oder den <strong>evangelisch</strong>en Partner zum<br />
Übertritt zu bewegen. Bei der Hochzeit verpflichteten sich<br />
beide, ihre Kinder im römisch-katholischen Glauben zu<br />
erziehen. Viel Druck und Anfeindung von verschiedenen<br />
Seiten mussten die Paare standhalten.<br />
Das ist heute – Gott sei dank – nicht mehr so.<br />
Seit 1971 gibt es die Möglichkeit einer Trauung, in der<br />
Pfarrer beider Konfessionen beteiligt sind. Eine ökumenische<br />
Trauung ist das freilich nicht. Kirchenrechtlich<br />
heiratet man entweder <strong>evangelisch</strong> – mit Beisein eines<br />
katholischen Priesters. Oder katholisch – mit Beisein eines<br />
<strong>evangelisch</strong>en Pfarrers, einer <strong>evangelisch</strong>en Pfarrerin. Auch<br />
sonst ist es nicht immer einfach: Bei der Taufe der Kinder<br />
muss die Entscheidung für eine Konfession fallen, gemeinsam<br />
Abendmahl feiern ist kirchenrechtlich nicht möglich.<br />
Ganz zu schweigen von pragmatischen Fragen: Wo besuchen<br />
wir den Gottesdienst? In welcher Kirchengemeinde<br />
engagieren wir uns?<br />
Und doch gestalten konfessionsverbindende Ehepaare<br />
ihren Alltag ökumenisch: Sie sind in beiden Kirchen<br />
zuhause, geben ihren Kindern zwei Traditionen weiter,<br />
leben gemeinsam Glauben in Vielfalt.<br />
Glauben in Vielfalt leben<br />
Wie das gelingen kann, ist deutlich geworden im<br />
Gespräch mit Hans-Peter und Hildegard Bühler aus<br />
Kuchen, die eine konfessionsverbindene Ehe führen.<br />
Hildegard Bühler stammt aus Dellmensingen bei Ulm,<br />
einem tief-katholischen Gebiet. Sie ist im römisch-katholischen<br />
Glauben aufgewachsen wie ihre ganze Familie.<br />
Hans-Peter Bühler dagegen hat eine stark <strong>evangelisch</strong>e<br />
Prägung erfahren. Zum damaligen Kuchener Pfarrer<br />
Fabinyi stand er wie in einem „Ziehsohnverhältnis“.<br />
Im Pfarrhaus ging er ein und aus, bekam Zugang zum<br />
Glauben, Verbindung zur <strong>evangelisch</strong>en Kirche.<br />
Als Hans-Peter und Hildegard sich kennen und lieben<br />
lernten, machten sie die Erfahrung, dass sie in der Familie<br />
des jeweils anderen herzlich aufgenommen wurden.<br />
„Weder ihre Familie, noch sie oder der Priester haben den<br />
Versuch gestartet, dass ich konvertieren soll“, erzählt er,<br />
„auch nicht umgekehrt.“ Die unterschiedliche Konfession<br />
war kein Problem.<br />
Da es Trauungen mit Pfarrern beider Konfessionen damals<br />
noch nicht gab, haben sie katholisch geheiratet. Das war<br />
eine eher pragmatische Entscheidung, da überwiegend die<br />
Hildegard und Hans-Peter Bühler<br />
Mutter die Kinder erziehen würde. Und so wurden Thomas<br />
und Angelika katholisch getauft.<br />
In ihrem Alltag war die Familie in beiden Kirchen<br />
zuhause: Hildegard Bühler engagierte sich als Kommunionsmutter,<br />
Hans-Peter Bühler war im <strong>evangelisch</strong>en Kirchengemeinderat<br />
aktiv, die Kinder feierten Kommunion<br />
und besuchten Kinderkirche und Jugendgruppen der<br />
<strong>evangelisch</strong>en Kirchengemeinde. Das Miteinander beider<br />
Konfessionen war unkompliziert und selbstverständlich.<br />
„Wir diskutierten viel, aber wir akzeptierten uns gegenseitig.<br />
Es standen nie irgendwelche Dinge zwischen uns.“<br />
„Ich will <strong>evangelisch</strong> werden!“<br />
Für Überraschung sorgte Tochter Angelika, als sie als<br />
12-Jährige den Wunsch äußerte „Ich will <strong>evangelisch</strong> werden!“<br />
Für die Eltern war es zunächst ein Schock. Das kam<br />
so unerwartet. Sie versuchten, ihre Gründe zu verstehen.<br />
Die Eltern wollten ihre Tochter einerseits auf ihrem Weg<br />
begleiten, andererseits nicht vorschnell einem Übertritt<br />
zustimmen. So haben sie sich miteinander auf den Weg<br />
gemacht: Angelika besuchte zwei Jahre den <strong>evangelisch</strong>en<br />
Religionsunterricht und nahm am Konfirmandenunterricht<br />
teil. Schließlich ließ sie sich konfirmieren und wurde<br />
damit <strong>evangelisch</strong>.<br />
Im Rückblick sagen die Eltern: „Wir fanden es toll, wie<br />
stark sie sich mit dem Glauben auseinandersetzte. Wir<br />
wollten sie begleiten, ihr deutlich machen, dass sie nicht<br />
alleine ist, wenn sie ihren Weg geht, dass wir hinter ihr<br />
stehen.“<br />
Die Familie hat sich zusammen auf den Weg gemacht<br />
und beide Traditionen vertieft entdeckt. Miteinander leben<br />
sie Ökumene, gestalten gemeinsam<br />
Glauben. Und wie selbstverständlich<br />
und fröhlich sie das tun, das strahlt aus!<br />
Das Gespräch führte<br />
Friederike Maier,<br />
Pfarrerin in Süßen<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
29
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Lobby für Kinder<br />
Die Evangelischen Kindergärten<br />
YASNA CRÜSEMANN<br />
„Angenommen du würdest verhaftet, weil du Christ bist:<br />
Gäbe es genügend Gründe, dich zu überführen?“ Diese<br />
Frage, über die es sich nicht nur als Jugendliche nachzudenken<br />
lohnt, lässt sich auch auf die <strong>evangelisch</strong>en Kindergärten<br />
übertragen: Angenommen, jemand kommt in<br />
einen <strong>evangelisch</strong>en Kindergarten. Gäbe es genügend<br />
Merkmale, diesen als <strong>evangelisch</strong>en Kindergarten zu<br />
„überführen“? Anders gefragt: Was ist <strong>evangelisch</strong> am<br />
<strong>evangelisch</strong>en Kindergarten? Wenn <strong>evangelisch</strong>e Kindergärten<br />
nämlich sind wie die anderen, wer braucht uns<br />
dann? Evangelisch heißt ja auch protestantisch und das<br />
heißt sein eigenes, unverwechselbares Gesicht zum<br />
Ausdruck bringen.<br />
Entscheidend ist dabei nicht, uns von anderen abzugrenzen,<br />
sondern uns klar zu machen, warum wir „aus gutem<br />
Grund“ <strong>evangelisch</strong>e Kindergärten betreiben und brauchen.<br />
Was <strong>evangelisch</strong> meint, lässt sich an den vier<br />
Grundeinsichten der Reformation durchbuchstabieren:<br />
allein Christus (solus Christus) – allein durch Gnade (sola<br />
gratia) – allein durch den Glauben (sola fide) – allein die<br />
Schrift (sola scriptura). Was können sie für die <strong>evangelisch</strong>e<br />
Kindergartenarbeit, die qualifiziert öffentliche<br />
Bildungsverantwortung übernimmt, bedeuten?<br />
Allein Christus<br />
Das heißt: Wer wissen will, wie Gott ist, muss auf Christus<br />
schauen, der uns Gottes Wesen zeigt. Die Zuwendung<br />
Jesu zu den Kindern ist Grundlage <strong>evangelisch</strong>er<br />
Kindergartenarbeit: „Lasset die Kinder zu mir kommen<br />
und wehret ihnen nicht, denn solchen gehört das Reich<br />
Gottes!“ (Markus 10, 13). Die Zuwendung Jesu zu den<br />
Kindern bietet keine beschauliche Kinderidylle, sondern<br />
steht in krassem Gegensatz zum Umgang mit den Kindern<br />
in der antiken Welt, wo Kinderhandel und -sklaverei<br />
verbreitet waren. Die Haltung Jesu, der die Kinder in die<br />
Mitte der Jünger – und damit in die Mitte der Gemeinde –<br />
stellt und segnet, bietet ein konkretes Gegenmodell zur<br />
ausbeuterischen gesellschaftlichen Praxis damals. Ein<br />
Gegenmodell zur heutigen gesellschaftlichen Praxis<br />
könnte demzufolge sein, Kinder nicht als „Humanressourcen“<br />
zu sehen, in die man „für die Zukunft investiert“,<br />
sondern sie so zu sehen, wie es das Leitbild der <strong>evangelisch</strong>en<br />
Kindergärten in <strong>Geislingen</strong> formuliert: „Jedes Kind<br />
ist ein von Gott geliebtes und<br />
gewolltes einzigartiges und<br />
einmaliges Geschöpf. In einer<br />
Atmosphäre von Vertrauen<br />
und Geborgenheit erfahren die<br />
Kinder, dass sie von Gott<br />
bedingungslos angenommen<br />
und geliebt sind und dass sie<br />
unter Gottes Schutz und Segen<br />
stehen“. Damit ist die zweite<br />
reformatorische Grundeinsicht<br />
bereits angesprochen:<br />
30 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Allein durch Gnade<br />
Das heißt: Gottes Liebe gilt allen Menschen ohne Vorbedingungen.<br />
Diese Liebe Gottes soll im Kindergarten<br />
erfahrbar werden, in den Beziehungen zwischen Mitarbeiterinnen,<br />
Eltern, Kindern und Trägern. Sie soll erfahrbar<br />
werden im Umgang mit den Geschöpfen, der Natur, den<br />
Tieren, den Ressourcen und der Erde, aber auch in den<br />
Krisen und Störungen, in denen das Gespräch miteinander<br />
und Hilfen zur Bewältigung gesucht werden. Sich<br />
selbst als Gottes Ebenbild angenommen und geliebt zu<br />
wissen, ermöglicht auch andere Menschen anzunehmen,<br />
offen auf sie zuzugehen und auch Andersgläubigen mit<br />
Respekt und Achtung zu begegnen. Die Zuwendung Jesu<br />
zu den Kindern ist Teil seiner Zuwendung zu den Schwachen.<br />
Die Solidarität mit den Armen und Schwachen<br />
gehört daher zu den Wesensmerkmalen <strong>evangelisch</strong>er<br />
Kindergartenarbeit. Sie drückt sich nicht zuletzt auch in<br />
solidarischen Kindergartengebühren aus.<br />
Allein durch Glauben<br />
Die Grunderfahrung, angenommen und geliebt zu sein, ist<br />
die Voraussetzung für Eigenständigkeit und Gemeinschaftsfähigkeit,<br />
dem Bildungsziel aller Kindergärten. Weil<br />
Menschen Gottes Liebe als Grund ihres Daseins erfahren,<br />
hängt ihre Würde und Anerkennung nicht von ihren<br />
Leistungen, ihrem Können und Wissen ab. Das ist auch<br />
wichtig im Hinblick auf die zunehmende Verschulung der<br />
Kindergartenarbeit, der Tests und „screenings“, die auf<br />
Defizite starren, Kinder immer mehr zu Förderobjekten<br />
degradieren und auch Eltern immer stärker unter Druck<br />
setzen. Erst wer sich bedingungslos angenommen weiß<br />
und sich bewusst ist, dass nicht alles von der eigenen<br />
Leistung abhängt, kann seine Fähigkeiten voll entfalten.<br />
Die <strong>evangelisch</strong>e Kindergartenarbeit macht darum Angebote<br />
im spielerischen und spirituellen Bereich, die den<br />
Totalansprüchen der Konsum- und Leistungsgesellschaft<br />
entgegenwirken.<br />
Allein die Schrift<br />
Eigenständigkeit und Gemeinschaftsfähigkeit braucht eine<br />
Wurzel, eine Quelle, aus der sie schöpft. Diese Rückbindung<br />
(re-ligio) finden wir im Glauben an Gott, wie er uns<br />
in der Bibel begegnet. Dass Gott liebt, befreit, hilft, vergibt<br />
und segnet, erfahren Kinder in verlässlichen Beziehungen,<br />
aber auch in Geschichten, Liedern, Ritualen und Festen, in<br />
denen sie einer Weltsicht und einem Raum begegnen, in<br />
dem man sich bergen kann. Kinder brauchen Ausdrucksformen<br />
gelebter Religiosität, Freiräume für religiöse Erfahrungen<br />
und Deutungen, Menschen, die mit ihnen über die<br />
großen Fragen des Lebens ins Gespräch kommen. Dort,<br />
wo von Gott die Rede ist und wo es Ausdrucksformen<br />
gelebter Spiritualität gibt, kann ein Kind seine eigene<br />
Theologie entwickeln. Staatliche Kindergärten, die weltanschaulich<br />
neutral sein müssen, können keinen öffentlichen<br />
Raum für solche Orientierungen und Ausdrucksmöglichkeiten<br />
bieten. Die Aufgabe <strong>evangelisch</strong>er Kindergärten ist
es, Lebensorientierung, Vertrautheit und Beheimatung im<br />
christlichen Glauben zu ermöglichen und die Kinder<br />
anderer Religionen die Begegnung mit dem Christentum<br />
mit seinen zentralen Elementen wie Nächstenliebe,<br />
Verantwortung, Respekt, Vergebung und Versöhnung.<br />
Fazit<br />
Evangelischen Kindergärten leisten religiöse Erziehung<br />
nicht durch eine „Extrastunde“ irgendwann in der Woche,<br />
sondern durch eine eigene Kultur, einen eigenen Geist,<br />
der sich in allen Entwicklungsfeldern (Körper, Sinne, Sprache,<br />
Denken, Gefühl und Mitgefühl) entfaltet und der sich<br />
bis in das Gebet vor dem Essen, der Achtung der Schöpfung,<br />
den Festen des Kirchenjahres und in den respektvollen<br />
Umgang mit den Muslimen hineinzieht.<br />
Pfarrerin Yasna Crüsemann<br />
ist Beauftragte für die<br />
Evangelischen Kindergärten<br />
in <strong>Geislingen</strong><br />
Evangelisch sein im Pflegeheim<br />
„Wir haben alle nur einen Herrgott“<br />
CLAUDIA KUPFER-FEINE<br />
Wenn im „Blättle“, dem monatlichen Mitteilungsblatt der<br />
Pflegeheime der Samariterstiftung in <strong>Geislingen</strong>, Gottesdienst<br />
steht, dann kommen am Sonntagmorgen oder am<br />
Freitagnachmittag die Bewohnerinnen und Bewohner des<br />
Hauses zusammen – jedenfalls die, die noch selbst können<br />
und die, die gebracht werden. Ob der Gottesdienst<br />
von mir, der <strong>evangelisch</strong>en Pfarrerin, oder den katholischen<br />
Kollegen gehalten wird, das wird manchmal nachgefragt.<br />
Wem es wichtig ist, der geht auch in den Gottesdienst<br />
der anderen Konfession.<br />
Wichtiger als „<strong>evangelisch</strong>“ oder „katholisch“ ist, dass<br />
man sich kennt. Und dass es helfende Hände, Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter und natürlich Ehrenamtliche gibt,<br />
die die Bewohnerinnen und Bewohner zum Gottesdienst<br />
begleiten und wieder abholen. Für nicht wenige ist der<br />
Ausflug zum Gottesdienst etwas, das aus dem Gewohnten<br />
herausfällt, und daher eine willkommene Abwechslung.<br />
Aber oft braucht es auch jemanden, der Mut macht,<br />
Altenpflegeheim Bronnenwiesen in <strong>Geislingen</strong><br />
und das „Ach, kommen Sie, wir gehen zusammen“, ist<br />
für viele wie ein Geländer, an dem man sich festhalten<br />
kann.<br />
Kann man also sagen, dass im (hohen) Alter anderes<br />
wichtiger ist, als die eigene Konfession? Und zwar, weil<br />
wir alle nur einen Herrgott haben?<br />
Dass der Glaube die tiefste Dimension von Heimat ist, das<br />
ist im Pflegeheim sehr spürbar. Menschen im Pflegeheim<br />
sind an einer letzten Station angekommen.<br />
Sie leben bewusster damit, dass „wir hier keine bleibende<br />
Stadt“ haben. Diese Menschen schätzen die geistliche<br />
und die konkrete Gemeinschaft der Kirchen, in Gottesdienst,<br />
Gesprächen und der Anwesenheit von Personen,<br />
die von außen ins Haus kommen. Und man kann auch<br />
hören: „Ach wissen Sie, mir ist es gleich, ob Sie <strong>evangelisch</strong><br />
oder katholisch sind, aber Sie kommen und besuchen<br />
mich“.<br />
An den Liedern werden die Konfessionsunterschiede im<br />
Pflegeheim noch am ehesten sichtbar. Aber für die Menschen<br />
im Pflegeheim ist es nicht mehr so wichtig, welcher<br />
Konfession sie angehören.<br />
„Verwirf mich nicht im Alter, Verlass mich nicht mein<br />
Gott! Bist du nur mein Erhalter, so werd ich nie zu<br />
Spott“ 7<br />
7 aus dem Geistlichen Liederkästlein von<br />
Philipp Friedrich Hiller (1699–1769) Pfarrer in<br />
Steinheim/Heidenheim<br />
Claudia Kupfer-Feine ist Pfarrerin<br />
für die Alten- und Pflegeheime<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong><br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
31
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Chorgesang im Krankenhaus<br />
Mit Liedern trösten<br />
KLAUS HOOF<br />
Der christliche Glaube singt und spielt! Schon die älteste<br />
Christenheit konnte nicht anders: Sie sang Psalmen und<br />
Hymnen in ihren Gottesdiensten. Und nicht selten gingen<br />
die Ältesten der Gemeinde aus diesen Gottesdiensten hinaus<br />
in die Häuser kranker Gemeindeglieder, um diese zu<br />
besuchen und zu salben.<br />
Nachdem im Mittelalter das Singen im Gottesdienst im<br />
Wesentlichen von Priestern, Solisten und einer Schola<br />
übernommen wurde, setzte mit der Reformation eine kräftige<br />
Singbewegung ein, die das neu entdeckte Evangelium<br />
mit gemeinsam gesungenen Liedern und Musik in die<br />
Gottesdienste einbrachte. Die neu entstehenden Kirchenlieder<br />
umfassten alle Themen des Lebens und Glaubens.<br />
Sie haben in hohem Maß zur Verbreitung <strong>evangelisch</strong>en<br />
Glaubens beigetragen und den Charakter <strong>evangelisch</strong>er<br />
Gottesdienste geprägt. Bis heute ist das geistliche Singen<br />
unverzichtbares Element im <strong>evangelisch</strong>en Gottesdienst.<br />
Singen hat eine heilende Wirkung<br />
Schon Saul, der erste König Israels, ließ sich von David<br />
Lieder auf der Harfe vorsingen und -spielen, um seine<br />
Depressionen aufzuhellen. Singen bewegt alle Fasern des<br />
Leibes. Wer singt, kann von sich absehen und für Augenblicke<br />
sogar seine Krankheit vergessen.<br />
In den Krankenhausgottesdiensten der Helfenstein-Klinik<br />
in <strong>Geislingen</strong> kommt das Singen und Musizieren zu kurz.<br />
Menschen, die im Krankenhaus liegen, sind in einer<br />
besonderen Situation. Ihnen ist in aller Regel nicht zum<br />
Singen zumute. Da wäre es gut, wenn andere für sie singen<br />
würden.<br />
Im Krankenhaus tauchen Fragen auf, die im Alltag oft<br />
nicht wahrgenommen werden: Warum bin ich krank? Bin<br />
ich selber „schuld“ an meiner Krankheit? Wer oder was<br />
war in meinem Leben bis jetzt wichtig? Wer trägt mich,<br />
wenn ich krank und schwach bin? Was ist mit mir, wenn<br />
ich sterben muss?<br />
Helfenstein-Klinik in <strong>Geislingen</strong><br />
32 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Fenster im Andachtsraum der Helfenstein-Klinik<br />
In den Gesprächen am Krankenbett, in Gebet, Predigt und<br />
Abendmahl der Klinikgottesdienste finden diese Fragen<br />
Raum. Doch eine wertvolle Gestaltungsmöglichkeit fehlt<br />
bis jetzt: Das Singen und Musizieren von Liedern. Liedtexte<br />
und Melodien können Menschen in einer Weise aufschließen,<br />
wie es dem gesprochenen Wort nicht gelingt,<br />
zumal Kranke dem gesprochenen Wort oft nur eine<br />
begrenzte Zeit folgen können. Und was für wunderschöne<br />
Trostlieder haben wir in unserer protestantischen<br />
Liedtradition mit Liederdichtern wie Martin Luther, Paul<br />
Gerhardt und Jochen Klepper, mit Liedkomponisten wie<br />
Johann Crüger, Johann Sebastian Bach und Johannes<br />
Petzold!<br />
Die heilende Wirkung des Singens und der Musik möchte<br />
ich gerne verstärkt in die <strong>evangelisch</strong>en Sonntagsgottesdienste<br />
der Helfenstein-Klinik einbringen, die 14-tägig um<br />
9 Uhr stattfinden. Ich wünsche mir, dass in jedem Gottesdienst<br />
neben der Orgel noch ein Chor, eine Instrumentalgruppe,<br />
eine einzelne Instrumentalistin, ein sich für diesen<br />
Zweck spontan zusammenfindendes Gesangs- oder<br />
Instrumentalquartett den Gottesdienst mitgestaltet.<br />
Haben Sie Interesse oder gar Lust und Freude daran?<br />
Dann bitte melden bei Pfarrer Klaus Hoof,<br />
Tel. (0 73 31) 3 05 98 34 oder<br />
Email: klaus.hoof@web.de<br />
Klaus Hoof ist Pfarrer<br />
an der Helfenstein-Klinik
Wenn man sich schon an Weihnachten<br />
auf den Sommer freut<br />
Im Waldheim körperlich und seelisch auftanken<br />
DANIELA HARTMANN<br />
„Wieso ist das Waldheim <strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong>? Da gehen<br />
doch auch katholische Kinder hin!“ Stimmt. Und konfessionslose<br />
– vereinzelt sogar muslimische Kinder.<br />
Und dennoch ist das Waldheim „<strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong>“:<br />
Die Evangelische Landeskirche in Württemberg versteht<br />
sich als eine einladende Kirche und möchte das Evangelium<br />
von Jesus Christus an alle Menschen weitergeben.<br />
Und genau diesem Grundsatz hat sich auch die Waldheimarbeit<br />
verschrieben.<br />
1921 entstanden die ersten Ferienwaldheime in Württemberg<br />
– <strong>evangelisch</strong>e Stadtranderholungsprogramme, bei<br />
denen die Kinder körperlich und seelisch auftanken konnten.<br />
1959 wurde vom damaligen Dekan Jakob Straub in<br />
Stötten ein solches Ferienwaldheim gegründet und mittlerweile<br />
ist es aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong> nicht mehr wegzudenken.<br />
Viele kennen es und waren selbst schon dort:<br />
als Kind oder als Mitarbeiter.<br />
Bis heute hat die Ferienwaldheimarbeit nichts an Aktualität<br />
eingebüßt.<br />
Alle Kinder sind willkommen!<br />
Selbstverständlich hat sich das Waldheim in den Jahren<br />
weiterentwickelt und verändert, aber die Grundgedanken<br />
sind gleich geblieben:<br />
„ Die Waldheimarbeit richtet sich an alle Kinder – unabhängig<br />
von ihrer sozialen oder religiösen Herkunft und<br />
unabhängig von ihren Begabungen und Fähigkeiten.<br />
„ Die Kinder stehen an erster Stelle. Kinder haben Bedürfnisse<br />
und diese sollen im Waldheim geweckt und<br />
gestillt werden. Gemeinschaft, Spiel, Freizeit, Bewegung<br />
und Kreativität gehören fest zum Waldheim. Ein<br />
abwechslungsreiches und altersgerechtes Programm soll<br />
jedem Kind mit allen seinen Stärken und Schwächen<br />
Entfaltungsmöglichkeiten bieten.<br />
„ „Wann gibt’s Imbiss?“ ist die tägliche Frage. Selbstverständlich<br />
soll auch das leibliche Wohl nicht zu kurz<br />
kommen. Wurden früher die Kinder „aufgepäppelt“,<br />
steht heute eine regelmäßige, gesunde und ausgewogene<br />
Ernährung im Vordergrund. Auch das gemeinsame<br />
am Tisch sitzen ist für viele Kinder ungewohnt und<br />
spannend.<br />
„ Kinder haben das Recht Gott kennenzulernen – das<br />
geschieht zum Beispiel durch altersgerechte und fetzige<br />
Andachten. Da wird Weihnachten schon mal in den<br />
Sommer verlegt oder Jesus und seine Jünger flimmern<br />
als Playmobilfiguren in selbstgedrehten Filmen über die<br />
Leinwand. Und von sämtlichen Waldheimhits wie „Laudato<br />
si“ müssen täglich alle Strophen gesungen werden,<br />
sonst geht die Kinderschar auf die Barrikaden!<br />
„ Nicht zuletzt stehen Spiel und Spaß in der Natur und<br />
im Wald hoch im Kurs. Aus Ästen und Paketschnur<br />
entstehen tolle Bauwerke, die sogenannten „Lägerle“.<br />
„ Die Kinder lernen die Natur kennen und lernen auch,<br />
verantwortungsvoll mit ihr umzugehen.<br />
Waldheim ist aber nicht nur eine Freizeit für Kinder.<br />
Waldheim ist auch etwas Besonderes für Mitarbeiter.<br />
Trotz der vielen Aufgaben und manch schwieriger Kinder<br />
ist das Waldheim für viele wie Urlaub. Waldheim hat<br />
Suchtpotential – oder wie lässt es sich sonst erklären,<br />
dass viele Mitarbeiter jedes Jahr wiederkommen und sich<br />
schon an Weihnachten auf den Sommer freuen?<br />
Weitere Infos gibt’s unter:<br />
www.kirchenbezirk-geislingen.de<br />
Daniela Hartmann<br />
ist Jugendreferentin<br />
in der Geislinger<br />
Gesamtkirchengemeinde<br />
und Leiterin des<br />
Waldheimes Stötten<br />
Pyramidentest<br />
bei der Lägerles-<br />
Bewertung<br />
Trojanisches<br />
Pferd<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
33
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Genussvoll essen mit gutem Gewissen<br />
Von Archepassagieren und . . .<br />
JUDITH RIEHLE<br />
Ein reichhaltiges Buffet mit regionalen Köstlichkeiten<br />
wurde beim kulinarischen Vortragsabend im Bonhoeffer-<br />
Gemeindehaus Hausen zusammengetragen. „Es ist ganz<br />
erstaunlich, auf welche Vielfalt an regional hergestellten<br />
Produkten man trifft, wenn man nur mal genau hinschaut“,<br />
war Pfarrer Georg Braunmüller bei der Vorbereitung<br />
überrascht. Als Bezirksbauernpfarrer war Braunmüller<br />
maßgeblich an der Organisation des vom Evangelischen<br />
Bauernwerk veranstalteten Abends beteiligt. Vom selbstgebackenen<br />
Brot aus dem Holzofen über gefärbte Ostereier<br />
bis hin zur Wurst von den eigenen Schafen reichte<br />
die Palette an Beiträgen fürs Buffet.<br />
Den Anstoß zu diesem Abend hatte der österreichische<br />
Dokumentarfilm „We feed the World“ gegeben. Der Film<br />
berichtet in eindrücklichen Bildern, in welchem Maße die<br />
Nahrungsmittelwirtschaft globalisiert und zentralisiert ist.<br />
Einen positiven Gegenimpuls zur düsteren Grundstimmung<br />
des Films wollte man mit dem kulinarischen Vortragsabend<br />
setzen und zeigen, dass es auch anders geht.<br />
Slow Food: gut, sauber, fair<br />
Der Name „Slow Food“ steht schon seit mehreren Jahren<br />
für eine Bewegung, die vorlebt, dass man sehr wohl noch<br />
in regionalen Kreisläufen und handwerklichen Strukturen<br />
arbeiten kann. „Gut, sauber und fair genießen“, stellte<br />
Roman Lenz, Referent des Abends und Vorsitzender der<br />
Stuttgarter Regionalgruppe, das Motto von Slow Food<br />
vor. Guter Geschmack stehe im Fokus vieler Aktivitäten,<br />
so Lenz, doch reine Gourmets, die ein Vermögen für<br />
exquisiten Wein aus Übersee ausgeben, seien bei Slow<br />
Food fehl am Platze. Denn Wahrung der biologischen<br />
Vielfalt sei ein genauso wichtiges Ziel wie die Zusammenführung<br />
von Erzeugern und Verbrauchern. Guter<br />
Geschmack sei eben keine Geschmackssache, sondern<br />
letztlich eine Frage von Qualität, betonte er. Und die<br />
bedeute auch Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen<br />
sowie eine handwerkliche Verarbeitung.<br />
So bemüht sich Slow Food um die Erhaltung von alten<br />
Sorten landwirtschaftlicher Nutzpflanzen, die als soge-<br />
34 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
nannte „Archepassagiere“ in die Arche des Geschmacks<br />
aufgenommen werden. Einer der ersten Archepassagiere<br />
war die Champagner Bratbirne, die inzwischen wieder<br />
erfolgreich in Schlat vermarktet wird. Daneben gibt es in<br />
Baden-Württemberg noch den Albschneck, das Filderspitzkraut<br />
oder auch die Alblinsen, die alle ihre ganz<br />
eigene Geschichte hinter sich haben. Die zwei vor dem<br />
zweiten Weltkrieg auf der Alb angebauten Sorten Alblinse<br />
1 und 2 galten zum Beispiel schon als verschollen, da sie<br />
in Deutschland nirgendwo mehr aufzufinden waren.<br />
Durch aufwändige Recherchen haben Slow Food-Mitglieder<br />
diese zwei Sorten jetzt aber in der Vavilov-Genbank<br />
in St. Petersburg wieder gefunden. Sie werden derzeit<br />
wieder vermehrt, so dass die ursprünglichen Sorten bald<br />
auch wieder kommerziell angebaut werden können.<br />
Slow Food hat seine Wurzeln in Italien, ist inzwischen<br />
aber weltweit zu finden, und auch in Deutschland haben<br />
die Slow Food Regionalgruppen großen Zulauf. Lenz führt<br />
diesen Erfolg darauf zurück, dass Slow Food eben nicht<br />
mit erhobenem Zeigefinger arbeite, sondern das Positive<br />
herausstelle. „Gut essen möchte jeder gern, und wenn ich<br />
damit auch noch etwas Gutes für die Artenvielfalt und<br />
die örtlichen Landwirte tun kann, ist das ja doppelt gut“,<br />
ergänzte ein Zuhörer.<br />
Gut schmecken ließen sich die Teilnehmer<br />
beim kulinarischen Vortragsabend des Evangelischen<br />
Bauernwerks die Köstlichkeiten vom regionalen Buffet.<br />
Judith Riehle ist Bildungsreferentin beim<br />
Evang. Bauernwerk<br />
Test-Auflösung und Auswertung von S. 25: Mehr als 22 Punkte:<br />
Frage 1<br />
a = 2 Punkte (beschreibt die reformierte …)<br />
b= 3<br />
c = 1 (… beschreibt die katholische Lehre zum Abendmahl)<br />
Geschummelt! Oder Sie können nicht zusammenzählen.<br />
22 Punkte:<br />
Glückwunsch! Luther wäre stolz auf Sie. Wenn Sie es noch<br />
nicht sind, sollten Sie sofort <strong>evangelisch</strong> werden.<br />
Frage 2<br />
a = 0 Punkte<br />
b= 0<br />
Frage 4<br />
a= 3<br />
b= 1<br />
Frage 6<br />
a= 1<br />
b= 0<br />
15 bis 21 Punkte:<br />
Ziemlich ökumenisch, mal so, mal so.<br />
Gewisse katholische Anteile sind nicht zu verkennen.<br />
c= 2<br />
c= 1<br />
c= 3 10 bis 14 Punkte:<br />
d= 3<br />
Lesen Sie mal den Römerbrief. Es sei denn, Sie sind gerne<br />
e= 4<br />
katholisch. (Keine Angst, Gott liebt auch Katholiken).<br />
Frage 3 Frage 5<br />
Frage 7 0 bis 9 Punkte:<br />
a= 1<br />
a= 0<br />
a= 3 Wissen Sie eigentlich, was Sie glauben? Gehen Sie zurück<br />
b= 3<br />
b= 3<br />
b= 1 in den Konfirmandenunterricht. Begeben Sie sich direkt<br />
c= 0<br />
c = 1 (siehe Evangelisches c= 2 dorthin. Ziehen Sie nicht über Konfirmation, ziehen Sie<br />
Gesangbuch S.1506)<br />
nicht 4000 € ein.
Evangelisches Dekanatamt<br />
Dekanin Gerlinde Hühn<br />
Hansengasse 2, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 4 17 61, Fax (0 73 31) 4 17 51<br />
email: Ev.Dekanat.<strong>Geislingen</strong>@t-online.de<br />
www.<strong>Kirchenbezirk</strong>-<strong>Geislingen</strong>.de<br />
Konto Evangelischer <strong>Kirchenbezirk</strong>:<br />
Konto-Nr. 600 862 8, KSK Göppingen, BLZ 610 500 00<br />
Evangelisches Schuldekanat<br />
Schuldekan Johannes Geiger<br />
Bahnhofstraße 33, 89518 Heidenheim<br />
Tel. (0 73 21) 92 49 49, Fax (0 73 21) 92 49 47<br />
Altenheim-Seelsorge<br />
Pfarrerin Claudia Kupfer-Feine<br />
73079 Süssen, Falkenstraße 6<br />
Tel. (0 71 62) 9 64 06 79<br />
Evangelisches Jugendwerk<br />
Sabine Angnes<br />
Friedensstraße 44, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 4 28 72, Fax 4 47 12<br />
Diakonische Bezirksstelle<br />
Hospizarbeit im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Ernst-Wilhelm Weid, Doris Ita-Sawall<br />
Steingrubestraße 6, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 4 14 89, Fax 4 51 46<br />
Diakonieladen „Kunterbunt“<br />
Moltkestraße 25, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 40 05 39<br />
Diakonie-Kaffeehaus<br />
Moltkestraße 27, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 98 48 96<br />
Bikers Helpline<br />
01 80/44 333 33<br />
oder Buchstabenwahl 0180 – Helpline<br />
Blindenseelsorge<br />
Pfarrerin Friederike Maier<br />
Heidenheimer Straße 59/1, 73079 Süßen<br />
Tel. (0 71 62) 4 40 74<br />
friederike.maier@web.de<br />
Gehörlosenseelsorge<br />
Pfarrerin Edeltraud Meyer<br />
Pfarrweg 2, 73340 Stubersheim<br />
Tel. (0 73 31) 4 15 36, Fax (0 73 31) 44 03 00<br />
Evangelische Erwachsenenbildung<br />
Günther Alius<br />
Bahnhofstr. 75, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 30 70 97-30, Fax (0 73 31) 30 70 97-39<br />
HIV-Infizierte und Aidskranke<br />
Pfarrerin Sabine Kluger<br />
Hohenstaufenstraße 35, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 6 39 60<br />
Pfarrer Eckhard Ulrich<br />
Markusplatz 1, 70180 Stuttgart<br />
Tel. 0711/60 38 55<br />
Email: aidsseelsorge@elk-wue.de und<br />
aidsseelsorge_ulrich@yahoo.de<br />
Jugendheim Stötten<br />
Belegung über<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>srechner Klaus Machacek<br />
Tel. (0 73 31) 30 70 97 21<br />
Kirchenmusik<br />
Gerhard Klumpp, Kirchenmusikdirektor<br />
Staufeneckstraße 7, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel./Fax (0 73 31) 6 13 77<br />
Posaunenchorarbeit<br />
Armin Fischer<br />
Teilwiesenstraße 16, 73079 Süßen<br />
Tel. (0 71 62) 94 81 84<br />
Online-Seelsorge<br />
www.ekd.de/internet/internetseelsorge.html<br />
Klinik-Seelsorge<br />
Pfarrer Klaus Hoof<br />
Uhlandstr.5/1, 73337 Bad Überkingen<br />
Tel. (0 73 31) 3 05 98 34<br />
Ökumenische Sozialstation <strong>Geislingen</strong><br />
Bronnenwiesen 16, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
IAV-Stelle, Tabea Astfalk, Tel. (0 73 31) 93 73-20<br />
Nachbarschaftshilfe, Ute Gröner, Tel. (0 73 31) 93 73-23<br />
Pflegedienst, Ute Kothe, Tel. (0 73 31) 93 73-21<br />
Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtkranke<br />
und Suchtgefährdete<br />
Klaus Kohle, Sascha Lutz<br />
Steingrubestraße 6, 73312 <strong>Geislingen</strong><br />
Tel. (0 73 31) 4 45 81<br />
TelefonSeelsorge<br />
(kostenlose Rufnummern)<br />
0800 111 0 111 und 0800 111 0 222<br />
PROTESTANTISCHE VORBILDER<br />
Regine Hildebrandt: Mich interessieren<br />
andere Religionen auch. Aber entscheidend<br />
ist für mich, wie ich als Christ<br />
geprägt bin. Mein Schwiegervater war ein<br />
richtiger ostpreußischer Pfarrer, der gegen<br />
Fußball am Sonntagvormittag gewettert<br />
hat und dagegen, dass man bei der<br />
Konfirmation nur aufs Äußere achtet. Wir sind Sonnabend im<br />
Dunkeln konfirmiert worden, damit wir uns wirklich aufs<br />
Abendmahl konzentrieren konnten und auf die Wortverkündigung.<br />
Wir bekamen eine klare Orientierung. Diese Prägung hat<br />
bei mir gehalten. Zu DDR-Zeiten war für mich klar: Du machst<br />
hier keine Kompromisse, also ist eine Karriere nicht drin. Beliebigkeit<br />
ist für mich schlimm.<br />
Mir waren immer die gleichen Sachen wichtig. Zu DDR-Zeiten<br />
habe ich versucht, so zu leben, wie ich es für richtig hielt: mit<br />
den Säulen Beruf, Familie, Freunde, Domkantorei.<br />
Regine Hildebrandt, geb. 1941, war Sozialministerin in<br />
Brandenburg von 1990 bis 1999. Sie starb 2001.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
35<br />
Wo finde ich Information und Hilfe?
Aus den Distrikten<br />
DISTRIKT ALB<br />
Gott ist treu – 15 Tage Zeltfestival in Amstetten<br />
Der Höhepunkt der kirchengemeindlichen Arbeit 2007 in<br />
Amstetten war das Zeltfestival im Alten Steinbruch.<br />
Das Motto des Festivals „Gott ist treu“ war im Ort nicht<br />
zu übersehen. Große Banner und Plakate luden zu den<br />
Themenabenden ein, zudem wurden die BürgerInnen mit<br />
einem Schreiben von Bürgermeister Jochen Grothe und<br />
Pfarrer Reinhard Hoene persönlich eingeladen.<br />
Gott ist treu – das war zu erleben bei den Abendveranstaltungen<br />
und bei den Gottesdiensten, die viele fleißige<br />
Helfer mitgestalteten mit musikalischen Beiträgen, mit<br />
Anspielen, mit Moderation, mit geschmackvoller Dekoration,<br />
mit allerlei Leckereien im Bistro und vielen treuen<br />
Diensten.<br />
Gott ist treu – das war auch persönlich zu erleben bei<br />
Vorträgen und Themen, die den Glauben stärkten, neue<br />
Impulse gaben oder schon Vertrautes wieder neu erleben<br />
ließen.<br />
Gott ist treu – das konnte man auch nachmittags erleben<br />
beim Kinderprogramm, wenn man sah, wie begeistert die<br />
Kinder mit Singen, Spielen und Hören dabei waren.<br />
Musikalische Gäste bereicherten die Veranstaltungsreihe:<br />
Ein eigens für das Zelt zusammengestellter Chor aus<br />
Gemeindegliedern rund um Amstetten, der Kirchen- und<br />
der Posaunenchor Amstetten, die Feuerwehrkapelle<br />
Amstetten, der Männergesangverein Amstetten, JGoB<br />
(Jugendgottesdienstband aus Steinheim), der Gospelchor<br />
36 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
„No distance“ aus <strong>Geislingen</strong>, das Musikerduo „Didi &<br />
Andi“ aus Stuttgart sowie eine Spontan-Band aus der<br />
Jugendarbeit des Evangelischen Jugendwerks<br />
<strong>Geislingen</strong>/Albdistrikt – alle zusammen gaben ihr Bestes.<br />
Es tat gut, zu erleben wie die Kirchengemeinde bei diesem<br />
Projekt unterstützt wurde von der kommunalen<br />
Gemeindeverwaltung, von den örtlichen Vereinen und<br />
auch von vielen Einzelpersonen. Insgesamt sorgten mehr<br />
als 120 Frauen und Männer für einen reibungslosen<br />
Ablauf.<br />
Das gute Miteinander war eine sehr ermutigende Erfahrung<br />
– Gottes Treue hat sich gezeigt!<br />
Martin Luther und die Luther-Kirche in Böhmenkirch<br />
50 Jahre Posaunenchor Schalkstetten<br />
Am 6. Mai 1958 wurde der Posaunenchor Schalkstetten<br />
vom damaligen Pfarrer Emil Sautter gegründet. Es war<br />
eine Zeit, in der viele Chöre gegründet wurden.<br />
Um 1850 entstanden innerhalb der neupietistischen<br />
Erweckungsbewegung in Nord- und Westdeutschland die<br />
ersten <strong>typisch</strong>en Posaunenchöre, in Süddeutschland um<br />
1880. Zu diesem Zeitpunkt begann auch die Ära Johannes<br />
Kuhlo (1880-1920). Er war nicht nur ein guter Musiker,<br />
er war auch ein guter, begabter Stratege. Es gelang<br />
ihm deutschlandweit bei den Noten für Posaunenchöre<br />
Die Lutherkirche in Böhmenkirch wird 25 Jahre alt. Ihren<br />
Namen verdankt sie Martin Luther. Der erste Spatenstich<br />
zur Lutherkirche war 1983, 500 Jahre nach Luthers<br />
Geburtstag. Nun wurde ein kleiner Anbau erstellt. Es gab<br />
dafür Spenden und viel persönliches Engagement. Dieser<br />
Anbau ist ein winziger Raum, das unsere Stühle und<br />
Tische beherbergt, die nun endlich nicht mehr im Weg<br />
herumstehen.<br />
die Klangschrift (Klavierschreibweise) durchzusetzen.<br />
Dadurch hatte er sein Ziel erreicht, dass die Jünglinge von<br />
den Posaunenchören nicht so leicht zur Militärmusik und<br />
den Musikvereinen wechseln konnten. Er war auch der<br />
größte Verfechter, dass in einem Posaunenchor nur mit<br />
Blech gespielt wird. Sein Klangideal war die Familie der<br />
Hörner: Flügelhorn, Tenorhorn, Bariton und Tuba. Diese<br />
Zusammensetzung hielt nicht lange, durch die Erweiterung<br />
der Musikrichtungen kamen Trompeten und Posaunen<br />
(Alt-, Tenor- und Bassposaune) dazu.
Posaunenchor Schalkstetten<br />
Sozialführerschein in <strong>Geislingen</strong><br />
In <strong>Geislingen</strong> fiel der Startschuss für den ersten Sozialführerschein.<br />
Ein Führerschein, der nicht unbedingt lehrt, wie<br />
man durch <strong>Geislingen</strong>s Straßen kommt, der aber Wege<br />
beschreibt, die die Diakonie im <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong><br />
einschlägt.<br />
Zielsetzung des Kurses ist es, die Teilnehmenden für die<br />
diakonischen Aufgaben in unserer Gesellschaft und insbesondere<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> zu sensibilisieren.<br />
Die Mitglieder des Diakonischen Bezirksausschusses erhoffen<br />
sich darüber hinaus, dass der eine oder die andere<br />
KursteilnehmerIn sich bereit erklärt, Diakoniebeauftragter<br />
in der jeweiligen Ortsgemeinde zu werden. So könnte<br />
eine stärkere Vernetzung und Wahrnehmung der Diakonie<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong> erreicht werden und Ehrenamtliche dazu<br />
ermutigt werden, sich sozialdiakonisch in den verschiedenen<br />
Arbeitsfeldern der diakonischen Einrichtungen im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> zu betätigen.<br />
Am ersten Abend wurden die 16 TeilnehmerInnen<br />
zunächst einmal auf sich selbst zurückgeführt. Fragen, die<br />
ausführlich diskutiert wurden, waren:<br />
Was bringe ich mit an Erfahrungen und Stärken, was<br />
brauche ich für Rahmenbedingungen im Ehrenamt und<br />
wohin möchte ich mich entwickeln? Was passt zu mir<br />
und wie finde ich den passenden Ort für mich?<br />
Am zweiten Abend informierten dann Ernst-Wilhelm<br />
Weid und Doris Ita-Sawall von der Diakonischen Bezirks-<br />
40 Jahre Christus-Kirche in Eybach<br />
Die <strong>evangelisch</strong>e Kirchengemeinde Eybach besteht seit<br />
1649. Über 350 Jahre waren geprägt von einem schwierigen<br />
Miteinander mit der katholischen Mehrheit am Ort.<br />
Den Hauptstreitpunkt bildete die gemeinsame Benutzung<br />
der Simultankirche Maria Himmelfahrt. Das Verhältnis<br />
zwischen <strong>evangelisch</strong>er und katholischer Gemeinde war<br />
jedoch intensiver als in anderen Gemeinden.<br />
Trotz manch kritischer Äußerungen der Obrigkeit<br />
spielen schon seit ungefähr 1950 Frauen und Mädchen in<br />
den Posaunenchören mit. Wie den Bildern entnommen<br />
werden kann, ist das auch in Schalkstetten so. Es würde<br />
Entscheidendes fehlen, wenn sie nicht dabei wären.<br />
In fast jeder zweiten <strong>evangelisch</strong>en Gemeinde gibt es<br />
inzwischen einen Posaunenchor. Die Anzahl der Bläserinnen<br />
und Bläser in Deutschland liegt bei über 100 000.<br />
Damit zählt die Posauenchorbewegung zu den größten<br />
Laienbewegungen des deutschen Protestantismus überhaupt.<br />
Ganz erfreulich ist, dass die Posauenchorarbeit<br />
durch die Kirche im Bund, Land und Bezirk gekonnt und<br />
effizient unterstützt wird.<br />
Der Posauenchor Schalkstetten unter Leitung von Hermann<br />
Frieß feiert sein nunmehr 50-jähriges Jubiläum zusammen<br />
mit dem Männergesangverein Schalkstetten, der sein<br />
125-jähriges Bestehen begeht. Das Abschlusskonzert des<br />
Festjahres findet am 2. Advent, 7. Dezember 2008, um<br />
19:30 Uhr in der Veitskirche in Schalkstetten statt.<br />
DISTRIKT GEISLINGEN<br />
stelle <strong>Geislingen</strong> über Auswirkungen der Armut in <strong>Geislingen</strong>.<br />
Zugleich wurden die unterschiedlichen diakonischen<br />
Handlungsfelder im <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong> vorgestellt<br />
und die TeilnehmerInnen konnten sich überlegen, wo sie<br />
ein Schnupperpraktikum absolvieren wollten.<br />
Nach dem Praktikum lernten die TeilnehmerInnen noch<br />
Grundkenntnisse der Kommunikation kennen. Diese<br />
helfen, den Anderen besser wahrzunehmen und zu<br />
verstehen – wichtige Voraussetzung für jegliches ehrenamtliches<br />
Engagement.<br />
1968 wurde die <strong>evangelisch</strong>e Christuskirche in Eybach<br />
eingeweiht. Das verbesserte die ökumenische Zusammenarbeit.<br />
1972 gab es bereits eine ökumenische Bibelwoche<br />
und ökumenische Gottesdienste. 1978 baten der katholische<br />
Pfarrer Kammerer und der <strong>evangelisch</strong>e Pfarrer Deppert<br />
gegenseitig um Verzeihung und Vergebung der entstandenen<br />
Kränkungen und Verletzungen.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
37
Aus den Distrikten<br />
DISTRIKT GEISLINGEN<br />
Seit 1987 wird der Weltgebetstag ökumenisch<br />
begangen. Seit 1989 besuchen die Sternsinger auch <strong>evangelisch</strong>e<br />
Familien. 1996 lagen der zweite Vorsitz sowohl<br />
in der <strong>evangelisch</strong>en wie in der katholischen Kirchengemeinde<br />
ökumenisch in den Händen des Ehepaares Vater.<br />
1999 wurde die gemeinsame Erklärung zwischen dem<br />
Lutherischen Weltbund und dem Vatikan in Augsburg<br />
auch in Eybach sehr begrüßt: „Die gegenseitigen Lehrverurteilungen<br />
des 16. Jahrhunderts, insbesondere über die<br />
Rechtfertigung, treffen nicht.“<br />
Seit vielen Jahren gibt es ökumenische Schulgottesdienste,<br />
Künstlerisches Kleinod auf der Alb –<br />
Die Michaelskirche in Stötten<br />
Die <strong>evangelisch</strong>e Kirche in Stötten wurde im 14. Jahrhundert<br />
erbaut und ist dem Erzengel Michael geweiht. Der<br />
urige Taufstein stammt aus der Erbauerzeit. Archäologische<br />
Ausgrabungen belegen, dass bereits im 8. Jahrhundert<br />
dort eine Kirche und ein Friedhof existierten.<br />
Die Kirche war mit vielen Wandmalereien ausgestattet,<br />
die bald nach der Reformation übermalt wurden. Seit<br />
1881 war bekannt, dass es unter dem Putz im Chor mittelalterliche<br />
Wandmalereien gab. Diese wurden aber erst<br />
1974 frei gelegt und restauriert. Zum Vorschein kamen<br />
lebendige, mit leichter Hand in den noch feuchten Putz<br />
gemalte Bilder. Es ist anzunehmen,<br />
dass Vertreter der<br />
Ulmer Schule diese Kirche<br />
ausgemalt haben. Stötten<br />
gehörte damals zur unteren<br />
Herrschaft Helfenstein und<br />
damit zur Reichsstadt Ulm.<br />
Das Thema der Ausmalung<br />
ist die Leidensgeschichte<br />
Christi. An der Westwand<br />
Michaelskirche Stötten<br />
über dem Triumphbogen<br />
Was passiert, wenn elf Jugendliche den Auftrag bekommen,<br />
ihr Leben zu fotografieren?<br />
Dann entstehen ziemlich coole und witzige Fotos von<br />
Klamotten, Quietsche-Enten oder von dem Lieblingsessen.<br />
Dann werden schon mal Gesichter bunt eingefärbt oder<br />
Omas 80. Geburtstag nachgestellt. Da wird so mit Licht<br />
gespielt, dass von einer Person sowohl wunderschöne als<br />
auch gruselige Porträts entstehen. Und nicht zuletzt laufen<br />
die Computer heiß, denn die Bilder müssen noch nachbearbeitet<br />
und richtig in Szene gesetzt werden.<br />
Inspiriert durch eine PLAYING ARTS-Veranstaltung des<br />
Evangelischen Jugendwerks in Württemberg kamen Sabine<br />
Angnes und Daniela Hartmann auf die Idee, selbst mit<br />
Jugendlichen kreativ zu werden. So fand in den Osterferien<br />
dieses in <strong>Geislingen</strong> neuartige Projekt statt. An vier Tagen<br />
wurde geplant, fotografiert, bearbeitet und überlegt. Auch<br />
der Spaß kam nicht zu kurz. Am fünften Tag gab es dann<br />
die heiß ersehnten Ergebnisse: die besten Bilder lagen end-<br />
38 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
gegenseitige Grußworte<br />
an Weihnachten,<br />
Ostern und Pfingsten.<br />
Das 40-jährige Kirchenjubiläum<br />
dient nicht nur<br />
der Rückbesinnung und Christus-Kirche in Eybach<br />
der Weiterentwicklung<br />
des ökumenischen Miteinanders. Es dient auch der<br />
inneren Weiterentwicklung unserer Gottesdienste, die<br />
möglichst viele Gemeindeglieder in ihrer Lebenssituation<br />
ansprechen sollen.<br />
wird das Abendmahl dargestellt. An der Nordwand des<br />
Chores folgt eine stark ergänzte Ölbergszene. Gut erhalten<br />
sind die beiden zentralen Bilder zwischen den rechteckigen<br />
Chorfenstern im Osten mit dem Kreuzweg Christi.<br />
Die mittlere Gewölbekappe zeigt die Krönung Marias.<br />
Das Kreuzrippengewölbe enthält die Evangelistensymbole.<br />
Im Osten der kraftvolle Adler von Johannes, auf dem<br />
Spruchband die Jahreszahl 1500. Gegenüber der geflügelte<br />
Stier des Lukas. Über der Ölbergszene der Löwe des Markus.<br />
In der Südkappe schließlich der mit einem weiten<br />
Gewand bekleidete Engel des Matthäus.<br />
Die Holztafelbilder der Empore stammen wohl von dem<br />
Maler Merroth aus Ulm. Sie sind aus der Mitte des<br />
18. Jahrhunderts und zeigen die Evangelisten und Apostel.<br />
Die Wandmalereien und die Bilder auf der Empore sind<br />
bedeutende künstlerische Zeugnisse. Zugleich stellen sie<br />
einen wichtigen Ausdruck des Evangeliums der Armen<br />
dar, die im ausgehenden Mittelalter fast alle nicht schreiben<br />
und lesen konnten. Sie bedurften daher der Umsetzung<br />
des Evangeliums in Bilder, die für sich selbst sprachen.<br />
Es lohnt sich ein Besuch, um sich selbst ein Bild zu<br />
machen.<br />
It’s my life!? – Das etwas andere Fotoprojekt<br />
lich als Fotobuch vor. Außerdem gab es einen Film zum<br />
Abschluss. Thema? Fotografieren natürlich!<br />
Bilder sagen mehr als 1000 Worte – wenn Sie an den<br />
Ergebnissen interessiert sind, dann schauen Sie im Internet<br />
unter:<br />
http://www.kirchenbezirk-geislingen.de/cms/startseite/<br />
gesamtkirchengemeinde-geislingen/kinder-undjugendliche/its-my-life-das-etwas-andere-fotoprojekt/<br />
Auszug aus dem<br />
Fotobuch
DISTRIKT OBERE FILS<br />
325 Jahre Pfarrei Ganslosen-Auendorf<br />
Der Fußweg von Auendorf nach Gruibingen führt 5 Kilometer<br />
über den Berg. Heute schafft man das auf Asphalt<br />
und gepflegtem Feldweg bequem auch mit dem Fahrrad<br />
oder kann dort einen Kinderwagen schieben.<br />
Im 17. Jahrhundert war diese Strecke unwirtlich, dazu im<br />
Winter weglos und tief verschneit. Kurzum, die Gruibinger<br />
<strong>evangelisch</strong>en Gemeindeglieder aus der Filiale Ganslosen<br />
– bis 1849 hieß Auendorf so – wurden im Gottesdienst<br />
in Gruibingen kaum gesichtet. Jedenfalls wollten<br />
die Gansloser eine eigene Pfarrei haben. Eine richtige<br />
Kirche, St. Stephan, hatten sie schon. Die einstige Kapelle<br />
war 1618 zur heutigen Größe ausgebaut worden.<br />
1683 wurde der Wunsch der Gemeinde erfüllt und der erste<br />
Pfarrer kam nach Ganslosen. Gleichzeitig erbaute die Gemeinde<br />
ein Pfarrhaus, das bis 1973 seinen Dienst tat und<br />
danach durch ein neues ersetzt wurde. 48 Pfarrer und zwei<br />
Pfarrerinnen sind dem ersten Geistlichen bis heute nachgefolgt.<br />
Im Jahr 2008 sind es 325 Jahre, dass Johann Casper Friedrich<br />
seinen Dienst in der kleinen Gemeinde angetreten<br />
hat. Bis zum Jahr 2011 werden die beiden Kirchengemeinden<br />
Bad Ditzenbach und Auendorf fusionieren. Damit<br />
geht die lange Spanne der selbständigen Pfarrei Auendorf<br />
zu Ende und etwas Neues beginnt.<br />
In dieser Übergangszeit möchte<br />
die Kirchengemeinde die 325<br />
Jahre feiernd begehen – nicht<br />
aus Nostalgie, sondern um zu<br />
schauen: Woher kommen wir<br />
und wohin wollen wir gehen?<br />
Was hat uns als Gemeinde<br />
geprägt? Was ist wichtig beim<br />
Weitergehen?<br />
So wünscht sich der Kirchengemeinderat<br />
im Jubiläumsjahr<br />
lebhafte Begegnungen und<br />
Ausblicke. Vier ehemalige Pfarrer,<br />
eine Pfarrerin und eine Pfarr- Auendorfer Pfarrtafel<br />
frau haben ihr Kommen zugesagt.<br />
Ein Vortrag von Archivar<br />
Karl-Heinz Bauer, Amstetten, und ein Orgelkonzert von<br />
Barbara Weber aus Deggingen auf der historischen Goll-<br />
Orgel sind weitere Glanzpunkte im Gedenkjahr.<br />
Sonntag, 5. Oktober, Erntedankfest<br />
10.00 Uhr Familiengottesdienst<br />
14.00 Uhr Gemeindemittag zum Pfarrei-Jubiläum.<br />
Festvortrag: Karl-Heinz Bauer, Archivar, Amstetten<br />
Kunst in der Christuskirche in Bad Ditzenbach<br />
Die <strong>evangelisch</strong>e Christuskirche<br />
in Bad Ditzenbach ist eine ganz<br />
schlichte Kirche. Dadurch kann<br />
sie unterschiedlichen Kunstwerken<br />
Raum geben – auf Zeit<br />
und für länger.<br />
Drei Bildtafeln aus handgefärbter<br />
Seide, angefertigt von der<br />
Textilgrafikerin Nicole Basien<br />
aus Gosbach, waren an Pfingsten<br />
2007 in der Kirche zu<br />
sehen. Eine davon hat die Kirchengemeinde<br />
erworben. Sie<br />
stellt einen Weg in Form eines<br />
Kreuzes dar und nimmt die<br />
Farben auf, die in dem Fensterband auf der gegenüberliegenden<br />
Seite enthalten sind. Ein textiles Wandbild aus<br />
Seidenstoffen mit dem Namen “Kommunikation“ ist das<br />
Titelbild der vorliegenden <strong>Kirchenbezirk</strong>szeitung.<br />
Engel waren so einige zu Besuch im Lauf dieses Kirchenjahres.<br />
Drei begleiteten das Konzert von Werner Dannemann.<br />
Ein Engel blickte in der Christnacht auf die Krippe<br />
und machte sich so seine Gedanken, was aus dem Jesuskindlein<br />
und seinem großen Auftrag wohl werden würde.<br />
Und der goldene Engel brachte Licht ins Todesdunkel und<br />
verkündete zum Osterfest die Botschaft von der Auferstehung<br />
Jesu Christi.<br />
Farbe und Gestalt gegeben hat den Engeln Christel Fuchs,<br />
Malerin aus Bad Ditzenbach und seit November im<br />
Kirchengemeinderat.<br />
Im Leiden Christi sehen wir die Verstrickungen, in denen<br />
sich Menschen verfangen haben. In seinem Kreuz erkennen<br />
wir die Last, unter der Menschen sich beugen. Aus<br />
Stahl geschmiedete Skulpturen von Josef Wehrle, Bauer<br />
und Bildhauer im Allgäu, führten dies den Gottesdienstbesuchern<br />
in der Passionszeit eindrücklich<br />
vor Augen.<br />
„Kunst schläft nicht“, unter diesem Motto stand die<br />
zweite Bad Ditzenbacher Kunstnacht im Mai. Überall im<br />
Ort stellten Künstler ihre Werke aus. Dieser kunstvolle<br />
Nachtspaziergang führte auch zur <strong>evangelisch</strong>en Christuskirche<br />
als Ort der Stille und Besinnung.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
39
Aus den Distrikten<br />
DISTRIKT OBERE FILS<br />
Martinskirche Gruibingen in neuer Helligkeit<br />
Nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen in den vergangenen<br />
Jahren überrascht die Gruibinger Martinskirche<br />
ihre Besucher nun wieder in neuer Helligkeit. Dunkle<br />
Fleckenbildung aufgrund eindringender Feuchtigkeit hatte<br />
zuvor die Erscheinung des Innenraumes getrübt. Zunächst<br />
schien sich das Problem<br />
durch eine<br />
Teilerneuerung der<br />
Drainage beheben<br />
zu lassen. Im Verlauf<br />
der Arbeiten<br />
stellte sich jedoch<br />
heraus, dass auch<br />
die historischen<br />
Wandmalereien, die<br />
bis auf das 13. Jahrhundert<br />
zurück-<br />
Gottesdienst für Motorradfahrer<br />
„Der Berg ruft“ so lautete die Einladung zum ersten<br />
Motorradgottesdienst in Oberböhringen.<br />
Motorradfahrer aus Gingen, Unterböhringen und Oberböhringen<br />
hatte diesen Gottesdienst vorbereitet.<br />
Bei sonnigem Wetter kamen rund 150 MotorradfahrerInnen<br />
vor dem ehemaligen Berghaus Sankt Michael zusammen.<br />
Pfarrer Georg Braunmüller aus Unterböhringen<br />
begrüßte die Biker und predigte zum Thema: „Dem Leben<br />
mit Gott Gummi geben“. Das Motto drückt Schwung und<br />
Leidenschaft aus. So wie Gummi dehnbar sei, müssten<br />
auch wir fragen, in welche Richtung unser Leben gehe.<br />
Mit Beispielen vom Motorradfahren und Bildern aus der<br />
Szene wurde bald der Draht zu den Zuhörern gefunden.<br />
Der Motorradgottesdienst zum „Auftanken“ wurde mit<br />
rockig gespielten christlichen Liedern von der Musikgruppe<br />
„Timeless“ begleitet. Gemeinsam wurde ein<br />
„Motorradfahrerpsalm“ gebetet. Mit Fürbitten wurde an<br />
Biker gedacht und Gott um seinen bewahrenden Segen<br />
für die neue Motorradsaison gebeten.<br />
Im Februar gab die Band „Mixed Generations“ mit ihrem<br />
Bandleader Fritz Lübke ihr erstes Konzert. Der Abend<br />
stand unter dem Motto „Eingeladen zum Fest“. Der Erlös<br />
kam der Gemeindehausrenovierung zu Gute.<br />
Bisher hatte „Mixed Generations“ immer wieder bei Konfirmationen<br />
und anderen Gottesdiensten die musikalische<br />
Gestaltung übernommen. Als „Konfiband“ sind sie einmal<br />
angetreten und aus den aktuellen Konfirmandengruppen<br />
kommen immer wieder neue Musiker und Musikerinnen<br />
dazu. Neue geistliche Lieder, Kirchentagsongs, Gospels,<br />
Pop und Big-Band-Arrangements machen das inzwischen<br />
beachtliche Repertoire von „Mixed Generations“ aus.<br />
40 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
gehen, angegriffen waren. Dies machte konservatorische<br />
Arbeiten in größerem Umfang erforderlich. Durch Restauratorin<br />
Sigrid Sauter, Riedlingen, die ihr Handwerk auf der<br />
Insel Reichenau gelernt hatte, wurden die Arbeiten in<br />
kompetenter Weise ausgeführt. Die Flächen wurden gereinigt,<br />
teilweise musste der Untergrund verfestigt werden.<br />
Zudem musste eine automatische Belüftungsanlage in die<br />
Martinskirche eingebaut werden.<br />
Nun sind die Arbeiten seit dem vergangenen Spätherbst<br />
abgeschlossen. Als Beitrag zur Deckung der hohen Sanierungskosten<br />
gibt es den Gruibinger Martinstaler und<br />
Martinswein zu kaufen.<br />
Übrigens: Wer die Martinskirche besuchen möchte, kann<br />
dies sonntags tun. Vom Gottesdienst an bis zum Spätnachmittag<br />
ist die Kirche geöffnet. Für interessierte Gruppen<br />
kann gerne auch eine Führung veranstaltet werden.<br />
Telefon Pfarramt Gruibingen 0 73 35-52 00.<br />
Im Sommer trifft sich an jedem ersten und dritten Donnerstag um<br />
18.00 Uhr in Unterböhringen ein Motorradtreff zu gemeinsamen<br />
Ausfahrten und Gespräch. Nähere Infos: Pfarramt Unterböhringen<br />
Telefon 0 73 34 / 43 64.<br />
Deggingen-Bad Ditzenbach:<br />
Musik in der Kirche fürs Gemeindehaus
200. Geburtstag in Wiesensteig<br />
„Seine Königliche Majestät haben vermöge Allerhöchster<br />
Resolution vom 23.ten d. M. die Errichtung einer eigenen<br />
<strong>evangelisch</strong>-lutherischen Pfarrgemeinde in Wiesensteig unter<br />
den angeführten Bestimmungen genehmigt, dabei aber<br />
verordnet, dass dadurch dem Staate keine Lasten zugehen<br />
sollen. Dem königlichen Ober-Consistorium wird diese<br />
allerhöchste Resolution eröffnet, um den Supplikanten<br />
Nachricht davon zu geben.<br />
Stuttgart, den 24.ten März 1808, Ministerium der Geistlichen<br />
Angelegenheiten“.<br />
Das ist ein Auszug aus der Gründungsurkunde der <strong>evangelisch</strong>en<br />
Kirchengemeinde in Wiesensteig, deren Entstehung<br />
sich zum 200. Mal jährt. Gewachsen ist die <strong>evangelisch</strong>e<br />
Gemeinde neben einer starken katholischen Majorität – vor<br />
allem aber zusammen mit den katholischen MitchristInnen.<br />
Das 200jährige Jubiläum steht an. Evangelischer Glaube in<br />
Wiesensteig ist aber noch weitaus älter als 200 Jahre.<br />
Von 1555 bis 1567 war Wiesensteig für zwölf Jahre <strong>evangelisch</strong><br />
– auf Basis des Grundsatzes „cuius regio, eius religio“<br />
(Wessen Herrschaft, dessen Religion), der dem Augsburger<br />
Religionsfrieden entstammte. Graf Ulrich XVII. von<br />
Helfenstein und sein Bruder Sebastian führten 1555 die<br />
Reformation in ihrer Grafschaft ein.<br />
Die zwölf folgenden Jahre waren geprägt von der Abneigung<br />
der Chorherren des Stifts und vor allem der Gemahlin<br />
Ulrichs, Katharina von Montfort, die ihren Gatten wohl<br />
auch dazu brachte, im Jahr 1564 die Rückkehr zum katholischen<br />
Bekenntnis zu beschließen und 1567 zu vollziehen.<br />
Ein sehr bekannter Prediger in Wiesensteig war der damalige<br />
Dekan in Göppingen und spätere Universitätsdirektor in<br />
Tübingen, Jakob Andreä.<br />
Ein Schnelldurchlauf bis ins Gemeindegründungsjahr 1808<br />
zeigt in der Zeit der Gegenreformation ein sehr tolerantes<br />
Nebeneinander der Konfessionen, wobei die <strong>evangelisch</strong>en<br />
Christen in einer Art Hauskreis zusammenkamen.<br />
Bis 1810 war Wiesensteig Oberamtssitz, worin im<br />
Grunde die Basis für die Gründung der <strong>evangelisch</strong>en<br />
Gemeinde liegt.<br />
Viele <strong>evangelisch</strong>e Beamte lebten zu dieser Zeit in Wiesensteig,<br />
die dann im Juni 1808 eine königliche Resolution<br />
erwirkten, in enger Absprache mit dem Gruibinger<br />
Pfarrer Lederer.<br />
Mit eigenen Mitteln wurde ein Raum hergerichtet, der<br />
sich im Erdgeschoss des Forsthofes, damals Revieramtsgebäude,<br />
befunden haben muss.<br />
„Einige Sitze, eine abgängige in Westerheim gekaufte<br />
Kanzel und eine höchst dürftige, unmelodische Orgel,<br />
welche schon vorhanden war und offenbar aus dem<br />
Frauenkloster stammte“ bildeten wohl die damalige<br />
Einrichtung. Organist und Abendmahlsgefäße kamen<br />
vermutlich aus Gruibingen herüber.<br />
Am 21. Juni 1808 fand denn die erste Wochenkinderlehre<br />
statt; am 26. Juni wurde die erste Predigt gehalten, und<br />
am 21. August das erste Abendmahl gefeiert.<br />
Auf der Kippe stand die Gemeinde, als Wiesensteig 1810<br />
den Oberamtssitz verlor und die Zahl der Evangelischen<br />
bis zum Jahr 1819 auf ganze sieben Leute zurückgegangen<br />
war. Bis 1852 stieg die Zahl aber wieder auf 147 und<br />
Wiesensteig wurde Pfarrverweserei.<br />
Wichtig ist noch das Jahr 1821, in dem die Gemeinde<br />
eine neue Kirche bekam: Die Kapelle des 1808 säkularisierten<br />
Franziskanerinnen-Klosters wurde ihr mit einigen<br />
Auflagen überlassen. Ein hölzernes Kruzifix wurde angeschafft,<br />
sowie der Altar für den <strong>evangelisch</strong>en Gottesdienst<br />
hergerichtet. Der Raum blieb der Gemeinde erhalten,<br />
bis er Anfang der 70-er Jahre verkauft und das<br />
jetzige Gemeindezentrum gebaut wurde.<br />
Gemeindeforum im Wiesensteiger Gemeindezentrum<br />
PROTESTANTISCHE VORBILDER<br />
Dorothee Sölle, geb. 30. September 1929,<br />
gestorben 27. April 2003, war eine deutsche<br />
<strong>evangelisch</strong>e Theologin und eine der<br />
weltweit bekanntesten und umstrittensten<br />
Theologinnen des 20. Jahrhunderts.<br />
Sölle war verheiratet mit dem ehemaligen<br />
Benediktinermönch Fulbert Steffensky<br />
(Professor für Religionspädagogik,<br />
Hamburg). Sie war vierfache Mutter und Großmutter.<br />
Dorothee Sölles Glaube war nach eigenen Aussagen „geprägt<br />
von dem Bewusstsein (. . .) nach Auschwitz zu leben“. Die<br />
Lehre von der Allmacht Gottes wurde so für sie zum Gegenstand<br />
kritischen Nachdenkens. Ihre Auffassung war „Gott hat<br />
keine anderen Hände als unsere.“ Sie vertrat eine politische<br />
Theologie, die sich durch eine radikale Diesseitigkeit und eine<br />
Entmythologisierung der Bibel auszeichnete. Weiterhin bestimmend<br />
war eine durch den Feminismus geprägte Mystik, die<br />
ohne die Vorstellung eines persönlichen Gottes auskam. Viele<br />
Ideen Sölles waren von der Befreiungstheologie Lateinamerikas<br />
geprägt, die durch Sölle in Deutschland erst bekannt wurde.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
41
Aus den Distrikten<br />
DISTRIKT UNTERES FILSTAL<br />
Augenblickmal<br />
„Augenblickmal“ war der Titel einer rundum gelungenen<br />
Ausstellung im Donzdorfer Jubiläumsjahr 2007.<br />
Pfarrerin Annette Leube hatte Gemeindeglieder ermutigt,<br />
ihr Hobby und ihr künstlerisches Talent öffentlich zu zeigen.<br />
23 Gemeindeglieder aus der weit verstreut lebenden<br />
Gemeinde haben sich beteiligt und ihre Werke der Öffentlichkeit<br />
vorgestellt.<br />
Eine beeindruckende Steinskulptur und eine Rötelstiftzeichnung<br />
empfingen die BesucherInnen im Foyer, die<br />
anderen Arbeiten (Acryl- und Aquarellmalerei, sowie<br />
Arbeiten in Ton und eine Assemblage) fanden an den<br />
Wänden des Kirchenraums Platz.<br />
Die künstlerische Leitung lag bei den Künstlern und<br />
Gemeindegliedern Gerhart Kraner und Regine Ludmann.<br />
Es war eine ungewöhnliche, interessante Ausstellung:<br />
klein, bunt und vielfältig wie die junge Kirchengemeinde<br />
Donzdorf selbst.<br />
Zwei Mädchen schreiben im Gästebuch: „Kunst ist schön<br />
und lebendich!“ Besucher aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong> meinen:<br />
„Wunderbar, was diese Kirchengemeinde für interessante<br />
Künstler hat.“ Oder kurz und bündig: „Kunst in der<br />
Kirche – welch gelungenes Zusammenspiel!“<br />
Bei der Vernissage überraschte Gerhart Kraner die Kirchengemeinde<br />
mit einem Geschenk: eine Ausarbeitung<br />
100 Jahre Kirchenchor Kuchen<br />
1908 gab es im Kuchener Kirchengemeinderat Gespräche<br />
über die Gründung eines Kirchenchores.<br />
„Sangesfähige und sangesfreudige Männer und ebenso<br />
Frauen und Jungfrauen sollen zur Besprechung der Sache<br />
ins Lokal der Oberklasse kommen.“<br />
Am 15. November 1908 wurde der Kuchener Kirchenchor<br />
gegründet. Unter der Direktion des Hauptlehrers Rieker<br />
hat er schon am 4. Advent zum ersten Mal im Gottesdienst<br />
gesungen. In der damaligen Zeit war es üblich,<br />
dass die Herren Hauptlehrer die Chöre dirigierten. Deshalb<br />
fand ein häufiger Dirigentenwechsel wegen Umzugs der<br />
Lehrer statt.<br />
Die Sängerinnen und Sänger nehmen als Gemeindeglieder<br />
42 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
vom Jubiläumslogo in bunten, kräftigen Farben. Dieses<br />
Werk, das im Zentrum den einladenden Christus darstellt,<br />
erinnert an die Ausstellung und an das vielfältig gefeierte<br />
Jubiläumsjahr – und es gibt schon weitere Ideen, Kunst<br />
und Kirche ins Gespräch zu bringen.<br />
aktiv am kirchlichen Leben teil. Das Singen und Musizieren<br />
wirkt sich in besonderer Weise auf die zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen aus. Diese Menschen haben<br />
sich darauf eingelassen, zur Ehre Gottes singend das<br />
Evangelium unter die Leute zu bringen und in Bewegung<br />
zu halten.<br />
Das bedeutet Mühe in den Proben nach einem arbeitsreichen<br />
Tag, das bedeutet aber auch Freude beim Gelingen<br />
der Aufführungen im Gottesdienst oder bei anderen<br />
Gelegenheiten.<br />
Zusammen mit der langjährigen Chorleiterin Heidi Stehle,<br />
bereitet der Kirchenchor Kuchen sein Jubiläumswochenende<br />
am 27./ 28. September 2008 vor.
VON MENSCHEN, BEGEGNUNGEN UND JUBILÄEN<br />
Abschied von Judith<br />
und Peter Heiter<br />
Die heiteren Zeiten im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
dauerten drei Jahre<br />
– von September 2004 bis<br />
Dezember 2007 waren Judith<br />
und Peter Heiter in Eybach<br />
und Stötten bzw. an der Geislinger Stadtkirche tätig. Das<br />
Pfarrersehepaar teilte sich zu Beginn seiner Amtszeit die<br />
Pfarrstelle Eybach und Stötten. Ab September 2006 wechselte<br />
Judith Heiter auf die Stelle der Pfarrerin zur Dienstaushilfe<br />
bei der Dekanin. Peter Heiter erregte durch seine legendär<br />
gewordenen Fußball-Gottesdienste in Eybach Aufmerksamkeit<br />
über die Gemeindegrenzen hinaus, und mit Judith<br />
Heiter verlor nicht nur die Geislinger Stadtkirchengemeinde<br />
sondern auch das Redaktionsteam der Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung<br />
eine wichtige Stütze. Seit Januar 2008<br />
teilen sich beide die Pfarrstelle an der Johanneskirche in Asperg,<br />
Dekanat Ludwigsburg. Und im Februar kam in der<br />
neuen Gemeinde gleich noch ein Gemeindeglied hinzu:<br />
Annabelle Lotte Heiter. Und davon kann ausgegangen werden,<br />
dass bei diesen Eltern die kleine Annabelle in nicht<br />
allzu ferner Zukunft wohl in Deutschlands Frauenfußball-<br />
Nationalmannschaft kicken wird.<br />
Jubiläum des Singkreises Deggingen<br />
Die Gottesdienste<br />
zur Weihnachtszeit<br />
mit Chormusik zu bereichern<br />
– mit dieser<br />
Absicht hatten sich<br />
vor 20 Jahren Sängerinnen<br />
und Sänger um<br />
Chorleiterin Christine<br />
Wilms geschart. Unter<br />
den über 30 Mitgliedern des Singkreises sind noch einige<br />
aus dem Gründungsjahr dabei. Seit mehreren Jahren wird<br />
die Zusammenarbeit mit den Chören der Nachbargemeinden<br />
im oberen Filstal groß geschrieben. Zu hören ist das jedes<br />
Jahr beim Täles-Distriktgottesdienst, der an Kantate<br />
2008 in der Martinskirche in Gruibingen wieder mit den<br />
vereinigten Täleschören gefeiert wurde.<br />
Zwei Pfarrerinnen teilen sich eine Pfarrstelle<br />
Die Pfarrstelle Türkheim<br />
ist wieder ganz besetzt.<br />
Das Besetzungsgremium,<br />
das aus den<br />
Kirchengemeinderäten<br />
aus Aufhausen und<br />
Türkheim besteht, hat<br />
die beiden Pfarrerinnen Helga Striebel (Bild links) und<br />
Gertraude Reich-Bochtler (Bild rechts) gewählt. Sie teilen<br />
sich die Pfarrstelle und haben je einen Dienstauftrag von<br />
50 %. Wie die Dienste der beiden Pfarrerinnen in den Kirchengemeinden<br />
Türkheim und Aufhausen geregelt sind, ist<br />
in der Geschäftsordnung festgelegt. Helga Striebel ist bereits<br />
seit 1. Februar 2006 für Türkheim zuständig. Nach ihrer<br />
mehrjährigen Beurlaubung aus familiären Gründen wur-<br />
de sie vom Evangelischen Oberkirchenrat mit diesem<br />
Dienst beauftragt. Das Besetzungsgremium hat sie nun auf<br />
die Pfarrstelle Türkheim mit einem halben Dienstauftrag gewählt.<br />
Gertraude Reich-Bochtler war als Pfarrerin am Altenzentrum<br />
in Dornstadt tätig. Die gebürtige Ulmerin hat nun<br />
die zweiten 50 % der Pfarrstelle inne. Einen weiteren Seelsorgeauftrag<br />
hat ihr der Evangelische Oberkirchenrat im<br />
Blaubeurer <strong>Kirchenbezirk</strong> im Bereich der Altenheim-Seelsorge<br />
übertragen. Pfarrerin Reich-Bochtler wohnt mit ihrer<br />
Familie im Aufhausener Pfarrhaus. Ihr Ehemann Gerhard<br />
Reich ist Pfarrer in der Nachbargemeinde Nellingen.<br />
Gisela Werner im Ruhestand<br />
Ein Wechsel fand im Pfarrbüro der Stadtkirchengemeinde<br />
statt: die lang gediente und vielen wohlbekannte Pfarramtssekretärin<br />
trat in den verdienten Ruhestand.<br />
Gisela Werner war seit 1986 für die<br />
Stadtkirche und die Kirchengemeinde Weiler<br />
tätig. Als alte Geislingerin kennt sie die<br />
ganze Gemeinde sozusagen persönlich<br />
und war zahlreichen Gemeindegliedern<br />
wohl vertraut. Dass sie nun dienstags und freitags nicht<br />
mehr am Telefon des Pfarramtes sich meldet oder die Tür<br />
öffnet, daran werden sich manche erst gewöhnen müssen.<br />
Gisela Werner wurde mit vielen Dankesworten geehrt für<br />
ihre treue und engagierte Arbeit, die zeitlich weit über das<br />
Maß hinausging, das im Arbeitsvertrag eigentlich vorgesehen<br />
war. Vermutlich hat sie schon manch Geislinger Spätheimkehrer<br />
zu nachtschlafender Zeit ins Pfarrhaus gehen<br />
sehen, wenn es galt, wichtige Dinge ohne Störungen vom<br />
Telefon zu erledigen. Wer anrief, erhielt<br />
immer kompetente und freundliche Auskunft,<br />
und wer Sorgen hatte, fand ein<br />
mitfühlendes Ohr. Ihre Nachfolgerin ist<br />
Iris Goebel. Dass sie auch als Pfarramtssekretärin<br />
in Auendorf arbeitet, hat ihr<br />
den Arbeitseinstieg erleichtert.<br />
Günther Alius ist neuer Bildungsreferent<br />
Seine Interessen sind vielseitig: So war er schon Vorsitzender<br />
eines Kreisverbandes des Verkehrsclubs Deutschland<br />
e.V., war Mitglied im Stadtteilausschuss Eglosheim des<br />
Gemeinderats von Ludwigsburg, war<br />
in verschiedensten Universtitätskommissionen,<br />
war Leiter eines Hausbibelkreises<br />
in Heidelberg, Leiter eines<br />
Gesprächs- und Begegnungskreises in<br />
Heidelberg, hatte die Organisation,<br />
Leitung und Moderation eines Abendgottesdienstes<br />
und ist jetzt Kirchengemeinderat in seiner<br />
Heimatgemeinde Owen. Günther Alius ist seit Oktober<br />
2007 Erwachsenenbildungsreferent im Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong>.<br />
Seine Stelle hat einen Umfang von 60 %. Dies<br />
kommt ihm entgegen. So übernimmt er einen Teil der<br />
Erziehung seiner Tochter, da seine Frau als Lehrerin tätig ist.<br />
Dem gelernten Historiker merkt man an, dass es ihm Spaß<br />
macht, etwas auf die Beine zu stellen. Er hat Ideen, setzt<br />
sich ein und motiviert mitzumachen. Mit seiner Begeisterung<br />
wird er viele anstecken.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
43
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Neue Leitung des <strong>Kirchenbezirk</strong>s gewählt<br />
Der Evangelische <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
<strong>Geislingen</strong> hat eine neue<br />
Leitung. Die Bezirkssynode<br />
wählte in geheimer Abstimmung<br />
mit überwältigender<br />
Zustimmung Hans-Peter<br />
Bühler aus Kuchen zum<br />
Ersten Vorsitzenden der<br />
Bezirkssynode. Es steht damit zusammen mit Dekanin<br />
Gerlinde Hühn dem Evangelischen <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong><br />
vor. Für die Dauer seiner Amtszeit ist Hans-Peter<br />
Bühler zum Ehrenbeamten des <strong>Kirchenbezirk</strong>s ernannt.<br />
Der 64-jährige ist Beamter im Wirtschaftsministerium in<br />
Stuttgart und war 18 Jahre Mitglied im Kirchengemeinderat<br />
in seiner Heimatkirchengemeinde Kuchen. Seit vergangenem<br />
Jahr ist er auch im Lektorendienst im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
tätig und feiert in dieser Funktion mit den Gemeinden<br />
zusammen sonntägliche Gottesdienste. Ebenso wird<br />
Hans-Peter Bühler bei anstehenden Pfarrstellenbesetzungen<br />
abwechselnd mit den anderen von der Bezirkssynode<br />
gewählten Vertretern Armin Beck, Karl-Heinz Doster, Hannelore<br />
Klein und Hans Werner Löchli den <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
im Besetzungsgremium der jeweiligen Kirchengemeinde<br />
vertreten.<br />
Im Auftrag des Herrn<br />
Zu lesen ist es deutlich, in wessen<br />
Auftrag Reinhard Hoene unterwegs ist:<br />
In Gottes Auftrag. Der Amstetter Pfarrer<br />
ist bekannt für seine einprägende<br />
äußerliche Erscheinung. Bei der Geislinger<br />
Bezirkssynode trug er eine Krawatte,<br />
die sein Handeln deutlich lesen<br />
ließ: „On a mission from God“.<br />
Grüner Gockel in <strong>Geislingen</strong><br />
kommt in Fahrt<br />
„Bewahrung der Schöpfung“ war immer<br />
schon ein protestantisches Anliegen. Und<br />
dass dies nicht nur in der Theorie passiert<br />
sondern auch in der Praxis, ist in der Geislinger Gesamtkirchengemeinde<br />
augenblicklich zu sehen. Verschiedene<br />
Umwelt-Teams der Kirchengemeinden sind unterwegs mit<br />
Messgeräten und notieren zuerst einmal den Verbrauch<br />
an Energie, Wasser, Papier in den kirchlichen Gebäuden.<br />
Dabei kommen erstaunliche Werte zu tage: Allein die<br />
Lampen in der Stadtkirche verbrauchen mehrere Kilowatt<br />
Strom, wenn das Kirchenschiff beleuchtet ist. Schon sich<br />
das bewusst zu machen hilft, energie(spar)bewusster mit<br />
der Technik umzugehen. Das Umwelt-Team wird von<br />
einem Experten, den die Landeskirche vermittelt hat,<br />
beraten. Ziel ist ein Umweltmanagement, das hilft, die<br />
Schöpfung zu bewahren.<br />
Eugen Zoller aus Unterböhringen erhielt<br />
Brenz-Medaille<br />
Im Gottesdienst im Januar in Unterböhringen wurde<br />
Eugen Zoller die Johannes-Brenz-Medaille der Landeskirche<br />
für 30 Jahre ehrenamtliches Engagement in der Kirche verliehen.<br />
Pfarrer Georg Braunmüller sprach in seiner Laudatio<br />
davon, dass der Name Zoller immer mit der Kirchengemeinde<br />
Unterböhringen verbunden sei. Eugen Zoller<br />
44 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
habe die Gemeinde geprägt und mitgestaltet in den über<br />
30 Jahren Kirchengemeinderatsarbeit und seinem weiteren<br />
ehrenamtlichen Engagement in der Gemeinde. Der Jugendund<br />
Kinderarbeit galt sein besonderes Interesse: So war er<br />
lange Mitarbeiter in der Kinderkirche und noch viel länger<br />
beim Pfingstzeltlager auf der Oberböhringer Heide, auch<br />
jahrzehntelang als Leiter und Verantwortlicher. Als Zweiter<br />
Vorsitzender im Kirchengemeinderat<br />
hatte<br />
er immer das Augenmerk<br />
für die Gemeinde,<br />
aber zugleich auch den<br />
Blick darüber hinaus. Eugen<br />
Zoller war wesentlich<br />
beteiligt bei der Gemeindeentwicklung und dem Beschluss,<br />
eine Gesamtkirchengemeinde Bad Überkingen,<br />
Hausen und Unterböhringen zu bilden.<br />
Neuer im Jugendwerk<br />
Das Jugendwerk bekommt Verstärkung:<br />
Der „Neue“ heißt Daniel Dorn, ist 24 Jahre<br />
alt, studiert derzeit noch am CVJM Kolleg<br />
in Kassel und kommt ab 1. September.<br />
Zusammen mit Sabine Angnes und Schwester<br />
Claudia ist er für die Jugendarbeit im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> zuständig. Ergänzt wird das Team noch<br />
von der Jugendreferentin der Geislinger Gesamtkirchengemeinde,<br />
Daniela Hartmann.<br />
Wachsende Kirche im Geislinger Bezirk<br />
Oft heißt es, in den Kirchengemeinden laufe<br />
ja nichts. Dass dies nicht den Tatsachen entspricht,<br />
hat nun Dekanin Gerlinde Hühn aufgezeigt.<br />
Sie hat die Pfarrerinnen und Pfarrer der<br />
Kirchengemeinden darum gebeten, ihr mitzuteilen,<br />
was an Projekten, Besonderheiten, und<br />
Veranstaltungen in ihren Gemeinden angeboten wird. Es<br />
ist viel. In der extra hergestellten Broschüre „Wachsende<br />
Kirche im <strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Geislingen</strong>“ ist dokumentiert, wie<br />
vielfältig und kreativ die Kirchengemeinden tätig sind.<br />
Vom Kirchenkino über Bibelkurs, von Kooperationen in der<br />
Konfi-Arbeit über ökumenische Brückentage, von Kinderbibelwochen<br />
über Frauenfrühstück, vom Internet-Café<br />
über Schülergottesdienste am Mittwochmorgen… Diese<br />
Broschüre ist erhältlich beim Evangelischen Dekanatamt<br />
<strong>Geislingen</strong> (2,– € pro Exemplar).<br />
Abschied und Neubeginn im Pfarramts-Büro der<br />
Paulusgemeinde <strong>Geislingen</strong><br />
Nach über neun Jahren verließ Pfarramtssekretärin<br />
Simone Wolf die Paulusgemeinde<br />
und wechselte zu ihrer<br />
neuen Tätigkeit in der Kirchenpflege<br />
der Gesamtkirchengemeinde. Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter, Gemeindeglieder<br />
und Pfarrerin haben an ihr<br />
vor allem ihr ruhiges und freundliches Wesen geschätzt<br />
und auch die Zuverlässigkeit, mit der sie allen Aufgaben<br />
nachkam. Der Abschied fällt nicht leicht, ist aber begleitet<br />
von Dankbarkeit und guten Wünschen. Mit Regine Weit,<br />
der neuen Pfarramtssekretärin, war eine nahtlose Übergabe<br />
möglich. Herzlich willkommen!<br />
rechts: Eugen Zoller
Der mit der Orgel tanzt<br />
10 jähriges Dienstjubiläum<br />
von Kantor Seiichi Komaya,<br />
Martinskirche <strong>Geislingen</strong><br />
Wenn er spielt, ist der ganze Mensch<br />
in Bewegung. Davon können sich die<br />
Besucher der Gottesdienste oder kirchenmusikalischen<br />
Veranstaltungen<br />
überzeugen, wenn sie den Maestro selbst an der Orgel<br />
erleben. Seiichi Komaya lebt in seiner Musik und schafft<br />
es immer wieder die Zuhörenden mit seinem Spiel zu<br />
berühren.<br />
Geboren ist Seiichi Komaya am 1962 in Sapporo/ Japan.<br />
Er begann bereits als Achtjähriger mit Schlagzeug zu<br />
spielen, um Jazzmusiker zu werden. Wenn es da nicht<br />
das Zusammentreffen mit Johann Sebastian Bach gegeben<br />
hätte. Komaya war 15, als er eine Schallplatte mit Bachs<br />
Orgelmusik hörte und sein Leben änderte. Gleich am<br />
nächsten Tag stellte er sein Schlagzeug in die Ecke, kaufte<br />
sich Studienführer der japanischen Musikschule und nahm<br />
Klavierunterricht. Er studierte an den Hochschulen für<br />
Musik und Darstellende Kunst in Tokio und Stuttgart<br />
sowie an der Hochschule für Kirchenmusik in Esslingen.<br />
Er konzertierte seit 1984 als Solist und Continuo-Spieler<br />
in Japan, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und<br />
in osteuropäischen Ländern und wirkte bei Rundfunkaufnahmen<br />
und CD-Produktionen mit. Seit September 1998<br />
ist er Kantor an der Martinskirche in <strong>Geislingen</strong>.<br />
Ambitionierte Chorprojekte wie das Requiem von Maurice<br />
Duruflé oder „Die Himmelfahrt Christi“ von Carl Philipp<br />
Emanuel Bach, ausgefallene Kombinationen von Instrumenten<br />
– etwa Orgel und Gongs oder Orgel und Saxophon<br />
– aber auch Projekte wie die Musikalische Inszenierung<br />
von Peter Ebns Hiob und Faust waren Höhepunkte<br />
der Arbeit Komayas.<br />
Orgeljubiläum in Unterböhringen<br />
Das 20-jährige Jubiläum der<br />
Unterböhringer Orgel wurde<br />
am 15. Juni mit einem musikalischen<br />
Gottesdienst und<br />
anschließender Matinee gefeiert.<br />
Kirchenmusikdirektor<br />
Gerhard Klumpp an der<br />
Orgel und Ulrich Nachbauer<br />
mit dem Kirchenchor gestalteten<br />
den Gottesdienst mit.<br />
Die Unterböhringer Orgel<br />
wurde im Mai 1988 eingeweiht.<br />
Die Firma Orgelbau<br />
Rensch aus Lauffen/Neckar hatte die Orgel mit 16 Registern<br />
und zwei Manualen in rund 4000 Arbeitsstunden<br />
erstellt.<br />
Wechsel im Mesneramt in Gingen<br />
Nach siebeneinhalbjähriger Mesnerinnentätigkeit schied<br />
Christa Bantleon als Mesnerin an der Johanneskirche Gingen<br />
aus. Sie war eine Mesnerin mit Herzblut und die Kirchengemeinde<br />
Gingen ist sehr dankbar für die Zeit, in der<br />
sie die halbe Mesnerinnenstelle versah. Zum Glück konnte<br />
mit Ruth Kohn schnell eine Nachfolgerin gefunden werden,<br />
so dass das Mesnerinnenteam nun wieder komplett ist.<br />
Pietismusgespräch im<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong><br />
„Warum braucht der Pietismus<br />
die Landeskirche und<br />
warum braucht die Landeskirche<br />
den Pietismus“, lautete<br />
das Thema des jährlich<br />
stattfinden Gespräches der<br />
Gemeinschaften im Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong> mit Dekanin<br />
Hühn, den Pfarrerinnen und Pfarrern im <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
und den Landessynodalen Beate Keller und Anita Gröh.<br />
Als Referent konnte Horst Neugart gewonnen werden.<br />
Der ehemalige Präsident der Württembergischen Landessynode<br />
berichtete auch über das aktuell stattgefundene<br />
Pietismusgespräch auf Landesebene.<br />
Die neue MAV ist<br />
gewählt.<br />
Am 4. März 2008 wurde<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong> eine neue<br />
Mitarbeitervertretung<br />
gewählt. Die neue MAV<br />
wird auch in der kommenden<br />
Amtszeit weiterhin<br />
ihre Verantwortung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />
von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit den<br />
Dienststellenleitungen übernehmen.<br />
Für die Arbeit der MAV ist es eine sehr gute Basis, dass<br />
möglichst viele verschiedene Berufsgruppen im Gremium<br />
vertreten sind. Zu den zum Teil schon langjährigen MAV<br />
Mitgliedern kam Jutta Förstner, Diakonin und Religionslehrerin<br />
aus Süssen, neu dazu.<br />
Ferner sind gewählt: Hedy Binder, Sylvia Büttner, Jutta<br />
Förstner, Stephanie Eisele, Gabi Straub, Simone Wolf und<br />
Andrea Eberhard, die auch Vorsitzende ist.<br />
Stötten-Tag trotzt dem Regen und freut sich<br />
an der Sonne<br />
„Seht die Vögel unter dem<br />
Himmel . . .“ – dieses Motto<br />
des diesjährigen Stötten-<br />
Tages war Anlass für die Besucherinnen<br />
und Besucher,<br />
Vögel aus Papier zu basteln.<br />
Trotz des abwechslungsreichen<br />
Wetters zwischen strahlendem Sonnenschein und<br />
kurzen Regengüssen war wieder für viele Gemeindeglieder<br />
aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong> der Stötten-Tag der jährliche Treffpunkt.<br />
Sie kamen miteinander ins Gespräch, feierten gemeinsam<br />
Gottesdienst und freuten sich bei Kaffee über die<br />
wundervoll schmeckenden Kuchen. An den Gästen beim<br />
Stötten-Tag wird auch deutlich, wie weit sich der <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
erstreckt: Von Wiesensteig bis Böhmenkirch und<br />
von Donzdorf bis Aufhausen. Im nächsten Jahr wird anstelle<br />
des Stötten-Tags im <strong>Kirchenbezirk</strong> das Fest des Gustav-<br />
Adolf-Werkes der Württembergischen Landeskirche gefeiert,<br />
und zwar vom 26. bis 28. Juni 2009.<br />
Langjährige Verdienste in Bad Überkingen<br />
Besondere Auszeichnungen konnte Pfarrerin Susanne Jutz<br />
am Ersten Advent 2007 im Namen von Landesbischof<br />
Frank Otfried July drei langjährigen Kirchengemeinderats-<br />
Mitgliedern überbringen.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
45
Aus dem <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
Ernst Lutz erhielt die Johannes-Brenz-Medaille. Er war von<br />
1989 bis 2007 Kirchengemeinderat in Bad Überkingen,<br />
war jedoch schon vor mehr als dreißig Jahren im Evangelischen<br />
Jugendwerk in <strong>Geislingen</strong> engagiert als Mitglied<br />
des Bezirksarbeitskreises. Zudem war er für eineinhalb<br />
Wahlperioden im Stadtkirchengemeinderat in <strong>Geislingen</strong>.<br />
Während seiner KGR-Tätigkeit in Bad Überkingen<br />
fungierte er lange auch als Mitglied des <strong>Kirchenbezirk</strong>sauschusses<br />
und im Stöttenrat.<br />
Gerhard Straub ist Mitglied im Kirchengemeinderat seit<br />
1977 und nun zum sechsten Mal wieder gewählt. Die<br />
Johannes-Brenz-Madaille stellt eine erfreuliche Anerkennung<br />
dar für das große Engagement von Gerhard Straub,<br />
seiner Frau Inge und seinen Kindern Daniel und Simone in<br />
der Bad Überkinger Kirchengemeinde und darüber hinaus!<br />
Siegfried Schneider war 24 Jahre Kirchengemeinderat in Bad<br />
Überkingen und Ortsverantwortlicher der Liebenzeller Gemeinschaft.<br />
Seine Verdienste würdigte der Landesbischof<br />
mit einer Ehrenurkunde.<br />
Hansdieter Lenz ist Kirchengemeinderat seit 36 Jahren, er<br />
trat 2007 zum siebten Mal zur Wahl an. Nach seiner erneuten<br />
Amtseinsetzung wurde er zum zweiten Vorsitzenden<br />
des Kirchengemeinderates gewählt. Bereits 2001 wurde<br />
Hansdieter Lenz mit der Johannes-Brenz-Medaille der Landeskirche<br />
geehrt. Wie aus dem Bischofsbüro zu erfahren<br />
war, gibt es keine Steigerung für diese Auszeichnung. Umso<br />
mehr Anerkennung und Dank verdient sein Engagement.<br />
Doris Gerstenlauer gestorben<br />
Sie war von der Evangelischen<br />
Kirchenpflege <strong>Geislingen</strong><br />
nicht wegzudenken:<br />
Doris Gerstenlauer. 36<br />
Jahre war sie für die GeislingerGesamtkirchengemeinde<br />
als Verwaltungsangestellte<br />
tätig. Sie wusste<br />
Bescheid. War etwas unklar in Haushaltsfragen oder im<br />
Bereich Kindergarten – Doris Gerstenlauer konnte gefragt<br />
werden. In ihrer unaufdringlichen und freundlichen Art<br />
war sie immer bereit zu helfen. Auf sie war Verlass. Über<br />
lange Zeit war sie in die Mitarbeitervertretung gewählt<br />
und kümmerte sich um die Angelegenheiten ihrer Kolleginnen<br />
und Kollegen. Mit der Kirchengemeinde fühlte sie<br />
sich eng verbunden. Von jung an sang sie in der Kantorei<br />
der Stadtkirchengemeinde und im Geislinger Singkreis. Mit<br />
55 Jahren verstarb sie im Juli 2007 an einem schweren<br />
Krebsleiden. Die Gemeindeglieder und die Mitarbeitenden<br />
der Gesamtkirchengemeinde vermissen sie.<br />
Dr. Karl-Heinz Drescher-Pfeiffer hat ein Herz<br />
für die Diakonie<br />
Sucht man im Internet „Karl-Heinz Drescher-Pfeiffer“, wird<br />
schnell deutlich, dass der Diakonie sein Herz gehört.<br />
So verfasste er das Buch „Die diakonische Seelsorge im<br />
21. Jahrhundert“ mit und hatte einen Auftrag beim Diakonischen<br />
Werk Deutschland. Dr. Karl-Heinz Drescher-Pfeif-<br />
46 EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
fer ist nun im Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong><br />
tätig. Er hat seit Jahresbeginn die Vakaturvertretung<br />
in Eybach und Stötten und<br />
unterstützt den <strong>Kirchenbezirk</strong> in verschiedenen<br />
Arbeitsgruppen. Gerne lässt<br />
sich der gebürtige Berliner auch in die<br />
Gemeinden einladen zu Vorträgen. Er ist<br />
Experte für diakonische Themen, unter<br />
anderem auch zu Johann Hinrich Wichern, dem Gründer<br />
des Rauhen Hauses, dessen Geburtstag sich dieses Jahr<br />
zum 200. Mal jährt.<br />
Mesner- und Hausmeisterinnen-Wechsel<br />
in Schalkstetten<br />
„HERR, ich habe lieb die<br />
Stätte deines Hauses und<br />
den Ort, da deine Ehre<br />
wohnt“, unter diesem Leitvers<br />
aus Psalm 26 stand<br />
die Verabschiedung der<br />
langjährigen Mesnerin<br />
Anneliese Lischke. 15 Jahre<br />
lang versah sie den Mesnerund<br />
Hausmeisterdienst in<br />
der Veitskirche und im<br />
Gemeindehaus in Schalkstetten.<br />
Das Mesneramt ist ein geistliches<br />
Amt und als solches<br />
hat Frau Lischke es verstanden:<br />
Es schafft den Raum,<br />
dass Gottes Wort seine Wirkung entfalten kann. Wer<br />
Kirche und Gemeindehaus betrat, der merkte, dass Frau<br />
Lischke ihren Dienst mit Leib und Seele versah, dass sie<br />
mit ganzem Herzen dabei war. Die „gute Stube“ unseres<br />
Dorfes hat sie gepflegt und versorgt und auf diese Weise<br />
dazu beigetragen, dass diese stets zu einem ansprechenden<br />
Ort wurde.<br />
Zusammen verabschiedet mit ihr wurde auch unsere stellvertretende<br />
Mesnerin, Maria Wittlinger, die 15 Jahre<br />
ehrenamtlich einsatzbereit und zuverlässig zur Stelle war.<br />
Schön, dass sich mit Anne Eberhardt eine Nachfolgerin<br />
gefunden hat.<br />
Kuchen hat neues Logo<br />
Die Kirchengemeinde Kuchen hat ein<br />
neues Logo. Entworfen hat es der in<br />
Kuchen lebende Grafiker und Designer<br />
Stefan Ruther. Das Zeichen ist in<br />
vielschichtiger Weise auslegbar: Es<br />
zeigt einen Menschen in vorwärtsstrebender<br />
Bewegung, es ist zweitens<br />
das Kreuz Christi darin zu erkennen; zum Dritten ist der<br />
Buchstabe J für Jakobuskirche darin verborgen.<br />
Christel Krauß ist seit 25 Jahre für die<br />
Stubersheimer Alb tätig<br />
Vor 25 Jahren hat Gemeindesekretärin Christel Krauß aus<br />
Bräunisheim angefangen, ihre Arbeitskraft treu in den<br />
Dienst der Gemeinde zu stellen. Das war ein guter Anlass,<br />
einmal innezuhalten und auch öffentlich all das zu würdigen,<br />
was Christel Krauß – oft im Verborgenen – geleistet
hat und noch immer weit<br />
über die ihren Dienstauftrag<br />
hinaus Woche für<br />
Woche tut. Und das alles<br />
nicht nur für eine, sondern<br />
gleich für die fünf Gemeinden<br />
und die zwei Pfarrämter<br />
der Gesamtkirchengemeinde<br />
Stubersheimer Alb. Gefeiert wurde dieses<br />
besondere Jubiläum beim Mitarbeiterfest der Gesamtkirchengemeinde<br />
im Januar 2008, das mit einem Abendmahlsgottesdienst<br />
in der Veitskirche begann.<br />
Wechsel in der Kirchenpflege Donzdorf<br />
Nach zehn Jahren hat Brigitte<br />
Mank im März 2008<br />
die Kirchenpflege in neue<br />
Hände übergeben. Sie<br />
wünscht sich für die<br />
Zukunft wieder mehr persönlichen<br />
Freiraum, unter<br />
anderem auch für ehrenamtliches<br />
Engagement in der Kirchengemeinde. Die vielseitige<br />
Arbeit in der Kirchenpflege hat sie gewissenhaft und<br />
sachkundig, genau und stets ansprechbereit für viele<br />
Anliegen erledigt. Den Kirchengemeinderat hat sie hervorragend<br />
beraten und mit den geschäftsführenden Pfarrern<br />
problemlos zusammengearbeitet. Über die Kirchenpflege<br />
hinaus hat sie sich auf weiteren Feldern der Gemeindearbeit<br />
eingesetzt, z. B. in der Jugendarbeit. Auch auf<br />
Bezirksebene hat sie sich als Mitglied der Bezirkssynode<br />
und des KBA eingebracht.<br />
Als Nachfolgerin hat Stefanie Lenz die Kirchenpflege übernommen.<br />
Sie ist wie Frau Mank als Bankangestellte und<br />
Betriebswirtin „vom Fach“. Sie wohnt mit ihrem Mann in<br />
Nenningen und kennt die kirchliche Arbeit durch ihre<br />
Mitarbeit in der Kinderkirche und bei den Pfadfindern in<br />
Salach, wo sie aufgewachsen ist. Die Gemeinde wünscht<br />
ihr eine gute Einarbeitung und freut sich an dieser jungen<br />
Mitarbeiterin, die das Gewicht von Lauterstein verstärkt.<br />
Ruhestandspfarrer bei Dekanin<br />
v.l.n.r.:<br />
Wolfgang Seybold,<br />
Jürgen Peylo,<br />
Hermann Stahl,<br />
Dekanin Hühn,<br />
Günther Herzog,<br />
Dieter Wiedmaier,<br />
Karl Scheufele,<br />
Siegfried Götz<br />
Die Ruhestandspfarrer im Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong> kamen<br />
auf Einladung von Dekanin Hühn zusammen, um sich über<br />
die neuesten Entwicklungen in der <strong>evangelisch</strong>en Kirche zu<br />
informieren. Dekanin Hühn berichtete Aktuelles aus dem<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>. So standen unter anderem Fragen zu<br />
Konfirmandenunterricht, Pfarrplan, Gemeindefusionen und<br />
Immobilienmanagement zur Diskussion. Landessynodale<br />
Anita Gröh informierte über landeskirchlichen Themen.<br />
Besonders interessierten ihre Ausführungen über die<br />
Anträge zu neuen Gemeindeformen in der Landeskirche.<br />
Feierliche Amtsübergabe der<br />
Kirchenpflege in Bad Überkingen<br />
In einem Gottesdienst wurde Dorothee<br />
Deppert als neue Kirchenpflegerin in<br />
Bad Überkingen eingesetzt. Sie lebt mit<br />
ihrem Mann und ihren drei Kindern in<br />
Unterböhringen. Die ausgebildete<br />
Groß- und Außenhandelskauffrau ist<br />
seit Oktober 2003 Kirchenpflegerin in Unterböhringen.<br />
Die seitherige Überkinger Kirchenpflegerin Anja Polscher<br />
hat aus familiären Gründen ihren Dienst nach fünfjähriger<br />
Tätigkeit beendet.<br />
Der neue KBA<br />
ist im Amt<br />
Als „ständiger Ausschuss<br />
für die Angelegenheiten<br />
des <strong>Kirchenbezirk</strong>s“<br />
fungiert der<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>sausschuss<br />
(KBA). Die Bezirkssynode, das höchste Gremium<br />
im <strong>Kirchenbezirk</strong>, wählte die neuen Mitglieder des KBA:<br />
Pfarrer Holger Platz, Schalkstetten; Hermann Frieß,<br />
Schalkstetten; Manfred Tonnier, Amstetten; Pfarrerin Ulrike<br />
Knapp, Martinskirche; Irene Gottwik, Martinskirche;<br />
Günther Vonhof, Stadtkirche; Pfarrerin Susanne Jutz,<br />
Bad Überkingen; Bernd Britzelmayer, Hausen; Dr. Carsten<br />
Würz, Bad Überkingen; Pfarrer Frank Bendler, Kuchen;<br />
Barbara Hewelt, Gingen; Hans Werner Löchli, Süssen;<br />
Dekanin Gerlinde Hühn; Hans-Peter Bühler, 1. Vorsitzender<br />
der Bezirkssynode; Schuldekan Johannes Geiger und<br />
Klaus Machacek, <strong>Kirchenbezirk</strong>srechner.<br />
Lektoren im Gespräch<br />
Einen interessanten Tag erlebten die Geislinger und Göppinger<br />
Lektorinnen und Lektoren bei ihrem diesjährigen<br />
Treffen in der Martinskirche <strong>Geislingen</strong>. Mit einem<br />
gemeinsamen Gottesdienst wurde der Tag begonnen und<br />
im thematischen Teil informierte Dekanin Gerlinde Hühn<br />
zur aktuellen Diskussion über den „historischen“ Jesus.<br />
Das Bezirkslektorentreffen ist einmal jährlich, abwechselnd<br />
im Göppinger oder Geislinger <strong>Kirchenbezirk</strong>.<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitung auf „Rad-Tour“<br />
Aus umweltschützenden Gründen<br />
und – weil es eben auch<br />
Freude bereitet – sind doch<br />
immer mehr Leute mit dem<br />
Fahrrad unterwegs. So auch<br />
Pfarrer Martin Breitling. Ihn<br />
stören die topografischen Bergauf-<br />
und Bergab-Schwierigkeiten der Geislinger Region<br />
wenig. Und wenn es das Gepäck erfordert, in dem Fall die<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong>s-Zeitungen für seine Gemeinde, hängt er<br />
einfach noch einen Anhänger ans Rad.<br />
EVANG. KIRCHENBEZIRKSZEITUNG<br />
47
Jahreslosung 2008<br />
„Jesus Christus spricht:<br />
Ich lebe<br />
und Ihr sollt auch leben“.<br />
Johannes 14, 19<br />
. . . <strong>typisch</strong> <strong>evangelisch</strong>