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Transferarbeit Dokumentationsprofil oder Samplebildung?

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Staatsarchiv Münster einbezogen werden. Die Urteilssammlungen wurden im Staatsarchiv<br />

Münster bis in die 1990er Jahre hinein angelegt, brechen jedoch dann ohne dokumentierte<br />

Angaben von Gründen ab. 131 Zwar bilden die richterlichen Urteile nur die subjektive richterliche<br />

Stellungnahme eines Verfahrens ab und vernachlässigen damit staatsanwaltschaftliche<br />

Ermittlungsergebnisse (polizeiliche Ermittlungen, Zeugenvernehmungen, Plädoyers der<br />

Rechtsanwälte etc.), jedoch interessiert sich die sozialwissenschaftliche Untersuchungen gerade<br />

für das Verhalten des gewöhnlichen Mannes auf der Straße, und „dieses Verhalten kann nur als<br />

ein generelles dargestellt werden, wenn es von vielen Individuen praktiziert wird“. 132 Die<br />

Urteilssammlungen könnte daher eine Grundsicherung der vorhandenen Delikte darstellen. Die<br />

Übernahme von Urteilen müsste auch nicht jährlich erfolgen, sondern beispielsweise nur alle fünf<br />

Jahre.<br />

In der Arbeit war das Merkmal des Besonderen trotz der Kenntnisse über die Grundmenge<br />

am schwierigsten zu definieren. Das „Besondere“ ist von Faktoren wie der Zeitschicht, der<br />

Bedeutung des Registraturbildners, von konkreten Ereignissen und vom jeweiligen Akteninhalt<br />

abhängig. Wegen des enormen Zeitaufwands für eine Einzeldurchsicht müssen sich zukünftige<br />

Archivare immer mehr darauf konzentrieren, einen Aktentypus (Verfahrensakten für<br />

Sexualdelikte, Wirtschaftsverbrechen etc.) inhaltlich zu beschreiben und in Bewertungskatalogen<br />

zusammenzustellen. Dies wird gerade auch für den reibungslosen Bewertungsablauf von<br />

elektronischen Dokumentenmanagementsystemen nötig sein. Hier lassen sich die erforderlichen<br />

Informationen zusammenstellen, so dass die Auswahl der Registratursignaturen zum Sampling<br />

auf der Grundlage einer elektronisch erstellten Liste und nicht etwa durch Auszählung vor Ort an<br />

den Regalen erforderlich ist. Dabei ist sicherlich die Berichtspflicht der Staatsanwaltschaften an<br />

den Justizminister („BeStra“) ein geeignetes Instrumentarium, um das Besondere aus den Akten<br />

auszusondern. Durch die Berichtspflicht soll das Ministerium für Justiz in die Lage versetzt<br />

werden, zeitnah die Sach- und Rechtslage zu beurteilen. Das Ministerium hat die gesetzliche<br />

Pflicht, auf Nachfragen von dritter Seite Auskunft zu geben. Die Staatsanwaltschaften berichten<br />

dem Ministerium für Justiz in Strafsachen, die 1. wegen der Persönlichkeit <strong>oder</strong> der Stellung der<br />

Beteiligten im politischen Leben, wegen der Art <strong>oder</strong> des Umfangs der Beschuldigung <strong>oder</strong> aus<br />

sonstigen Gründen weitere Kreise, vor allem parlamentarische Gremien <strong>oder</strong> die überörtlichen<br />

Medien, beschäftigen <strong>oder</strong> voraussichtlich beschäftigen werden, 2. zu staatsanwaltschaftlichen<br />

Maßnahmen Anlass geben können <strong>oder</strong> sonst von grundsätzlicher Bedeutung für das Strafrecht<br />

sind <strong>oder</strong> 3. von dem Ministerium für Justiz allgemein <strong>oder</strong> im Einzelfall als Berichtssachen<br />

bezeichnet worden sind. In der aktuellen Bewertungspraxis werden die BeStra Fälle bisher noch<br />

sehr unregelmäßig für eine Bewertung herangezogen. Konkrete Nachfragen bei der<br />

Staatsanwaltschaft Bochum und den Justizangestellten ergaben eine große Unsicherheit bei der<br />

Zusammenstellung für eine Aussonderungsliste von Verfahrensakten. Die Übernahme der BeStra<br />

131 Diese Forderung geht über die „Empfehlungen zur Archivierung von Massenakten der Rechtspflege“ hinaus, die lediglich<br />

ein Sample für Entscheidungssammlungen und Urteilsjahrgänge vorschlägt. Siehe: Stahlschmidt, Empfehlungen zur<br />

Archivierung, cit., S. 13.<br />

132 Döll, Die Aufbewahrung sozialwissenschaftlich wichtiger Massendaten, cit., S. 308 f. Vgl. auch H. Pohl, Was erwartet die<br />

wirtschafts- und sozialhistorische Forschung von den Archiven, in: Der Archivar 41 (1988), S. 19-30.<br />

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