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Stephane Beuchat, Stv. Geschäftsleiter AvenirSocial

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Kurzspot zum Berufskodex von Stéphane <strong>Beuchat</strong> (<strong>Stv</strong>. Geschäftsleiter<br />

<strong>AvenirSocial</strong>)<br />

Tagung: Menschenwürde - ein Luxus? Die Soziale Arbeit ist gefordert<br />

Sehr geehrte Damen und Herren<br />

Die Frage zum Kurzspot lautet: „Unter welchen Bedingungen wird den Klienten und<br />

Klientinnen der Sozialen Arbeit ein Leben in Würde ermöglicht?“. Bezugnehmend auf die<br />

Fragestellung widme ich mich dem Berufskodex von <strong>AvenirSocial</strong> – dem Berufsverband<br />

der Professionellen in Sozialer Arbeit.<br />

Ja, diese komplexe Fragestellung in wenigen Minuten abzuhandeln ist nicht möglich. Ich<br />

werde nur einige wesentliche Gedanken aufzeigen können.<br />

Der Berufskodex ist integraler Bestandteil einer Sozialen Arbeit, die sich als Profession<br />

versteht. Anders gesagt: Die Soziale Arbeit ist nicht nur dem Doppelmandat – der Hilfe<br />

und Kontrolle seitens der Gesellschaft und der Anstellungsträger sowie den Begehren<br />

seitens des Klientels – verpflichtet, sondern auch gegenüber dem dritten Mandat,<br />

bestehend aus: dem eigenen Professionswissen, der Berufsethik und den Prinzipien der<br />

Menschenrechte sowie der sozialen Gerechtigkeit. Dieses dritte Mandat steuert die<br />

Professionellen durch mögliche Konflikte zwischen dem ersten und dem zweiten Mandat.<br />

Die Soziale Arbeit hat einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, insbesondere an<br />

diejenigen Menschen oder Gruppen, die vorübergehend oder dauernd in der<br />

Verwirklichung ihres Lebens illegitim eingeschränkt oder deren Zugang zu und Teilhabe<br />

an gesellschaftlichen Ressourcen ungenügend sind. Dabei begleitet, betreut oder schützt<br />

die Soziale Arbeit Menschen und fördert, sichert oder stabilisiert deren Entwicklung mit<br />

dem Ziel, die Menschen unabhängiger werden zu lassen, auch von der Sozialen Arbeit.<br />

Ebenso hat Soziale Arbeit Lösungen für soziale Probleme zu erfinden, zu entwickeln und<br />

zu vermitteln. Aus dieser Mehrdimensionalität der Problemlagen und der gemeinsamen<br />

Lösungsrealisierung ergibt sich die Komplexität des Auftrags. Dabei ist der Umgang mit<br />

Interessenskonflikten und Widersprüchen und das zurechtfinden in Loyalitätskonflikten<br />

Teil der Profession. In diesen Dilemmatas und Spannungsfeldern ist nun der Berufskodex<br />

ein Instrument zur ethischen Begründung der Arbeit. Der Berufskodex dient somit als<br />

Orientierungshilfe für die Entwicklung eines professionsethisch begründeten Berufsalltags<br />

und hilft Stellung zu nehmen.<br />

Was bedeutet dies nun konkret? Die folgenden Beispiele sind exemplarisch zu verstehen:<br />

Erstens: Bezogen auf das Menschenbild: Professionelle der Sozialen Arbeit wollen<br />

dass das Mensch-Sein als Mensch-in-Gesellschaft für alle Menschen möglich wird! Denn<br />

alle Menschen haben Anrecht auf die gleichen Möglichkeitschancen zur Befriedigung ihrer<br />

existentiellen Bedürfnisse, insbesondere auf Integrität und Integration in ein soziales<br />

Umfeld. (4.1 BK)


Zweitens: Bezogen auf die Kompetenzen: Professionelle der Sozialen Arbeit können<br />

den Anderen als den konkret Anderen erkennen und anerkennen. Sie fordern deshalb:<br />

- die Gleichbehandlung jeder Person, ungeachtet irgendeines ihrer Merkmale (8.4 BK)<br />

- die Selbstbestimmung, welches das eigene Selbst realisiert und verwirklicht (8.5 BK)<br />

und<br />

- die Ermächtigung zur Wahrung von Rechten und Einbringen von Stärken (8.8 BK)<br />

Drittens: Bezugnehmend auf die Handlungsmaximen:<br />

- Moralisch geboten sind jene professionellen Handlungen, die Menschen zur Wahrung<br />

ihrer Rechte befähigen, sie aufklären und ihre Handlungskompetenz stärken (12 BK)<br />

und die die Realisierungschancen für eine soziale und demokratische Gesellschaft und<br />

die Durchsetzung der Menschenrechte fördern, denn Menschenrechte sind nichts<br />

anderes, als moralisch begründete Ansprüche auf politisch zu realisierende<br />

Grundrechte. (14 BK)<br />

- Moralisch verboten sind jene Handlungen im beruflichen Kontext, die die Persönlichkeit<br />

der Klienten und Klientinnen und ihre Integrität verletzen oder sie neuen Risiken und<br />

Gefahren aussetzen (12 BK) oder die ökonomische oder politische Zielsetzungen der<br />

Organisationen auf Kosten der Menschen, die von ihnen abhängig sind, verfolgen. (13<br />

BK)<br />

und letztlich Viertens bezugnehmend auf die Positionierung bedeutet dies:<br />

Professionelle der Sozialen Arbeit dürfen menschengerechte Sozialstrukturen<br />

einfordern, die das Recht jedes Menschen auf Chancen der Bedürfnisbefriedigung und<br />

Wohlbefinden ermöglichen. Sie verlangen deshalb von sich selbst und von anderen, die<br />

- strikte Zurückweisung jeglicher Diskriminierung (9.4 BK)<br />

- die Anerkennung von Verschiedenheiten (9.5 BK)<br />

- die gerechte Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen (9.6 BK) sowie<br />

- die verurteilende Aufdeckung ungerechter Praktiken (9.7 BK)<br />

Konkret hat <strong>AvenirSocial</strong>, um ein Beispiel zu nennen, begründet auf den Berufskodex<br />

Beschwerde beim Bundesgericht gegen das teilrevidierte Sozialhilfegesetz des Kantons<br />

Bern eingelegt. Wir lassen die neuen Gesetzesbestimmungen zu den Generalvollmachten<br />

und den Auskunftspflichten von Privatpersonen auf ihre Verfassungsmässigkeit durch das<br />

Bundesgericht überprüfen. Aus unserer Sicht ist die Pflicht den Sozialhilfebehörden eine<br />

Generalvollmacht zur Informationsbeschaffung zu erteilen, um überhaupt<br />

Unterstützungsleistungen beantragen zu können, ein schwerer Eingriff in die Privatsphäre<br />

der Betroffenen. Generalvollmachten sind Ausdruck einer allgemeinen Misstrauenshaltung<br />

und erhöhen den Druck auf Armutsbetroffene, der sich kontraproduktiv auf die<br />

Zusammenarbeit auswirkt. Das Urteil steht noch aus.<br />

Soweit ein kurzer Einblick in den Kodex und ich hoffe, dass einige unter Ihnen für eine<br />

vertiefte Auseinandersetzung mit dem Berufskodex sensibilisiert wurden. Ich danke Ihnen<br />

für ihre Aufmerksamkeit. Weitere Informationen unter:<br />

www.avenirsocial.ch/de/p42006765.html

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