Autismus und Sehen « Le Syndrome de Schorderet- Munier ... - ophta
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KONGRESSE/CONGRES<br />
Was führt die Drüse nur im Schild?<br />
Dietmar Thumm, Luzern<br />
Am Kongress sprachen zahlreiche hochrangige<br />
<strong>und</strong> fachlich ausseror<strong>de</strong>ntlich versierte<br />
PräsentatorInnen. Sie mögen entschuldigen,<br />
dass im Folgen<strong>de</strong>n nur anekdotisch einzelne<br />
Referenten genannt wer<strong>de</strong>n – dies be<strong>de</strong>utet<br />
keine Wertung. Auch die w<strong>und</strong>erbare lockere<br />
Atmosphäre in Pontresina <strong>und</strong> die anregen<strong>de</strong>n<br />
Diskussionen zwischen <strong>de</strong>n Vorträgen, in <strong>de</strong>n<br />
Pausen <strong>und</strong> während <strong>de</strong>r Social Events können<br />
hier nicht wie<strong>de</strong>r gegeben wer<strong>de</strong>n. Es lohnt<br />
sich eben unbedingt, persönlich eine solche<br />
Veranstaltung zu besuchen!<br />
Vom 6.–8. Dezember führte basedow.ch,<br />
die Schweizerische Interessengemeinschaft<br />
für endokrine Orbitopathie (EO),<br />
unter <strong>Le</strong>itung <strong>und</strong> auf Initiative von<br />
Dr. Georg von Arx <strong>de</strong>n ersten internationalen<br />
interdisziplinären Kongress<br />
zum Thema Schilddrüse <strong>und</strong> endokrine<br />
Orbitopathie in Pontresina durch. Obwohl<br />
von nur wenigen Schweizer Ophthalmologen<br />
besucht, war dieser Kongress ein<br />
kleines Schmankerl in sehr persönlicher<br />
<strong>und</strong> befruchten<strong>de</strong>r Atmosphäre. Gera<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r etwas privater anmuten<strong>de</strong> Anlass<br />
bot Gelegenheit zu fachübergreifen<strong>de</strong>r<br />
Diskussion <strong>und</strong> zur Bildung neuer<br />
Fre<strong>und</strong>schaften.<br />
Obwohl <strong>de</strong>r Kongress schon einige Zeit<br />
her ist, möchten wir <strong>de</strong>m Thema <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />
Anliegen <strong>de</strong>r EUGOGO (European Group On<br />
Graves’ Orbithopathy) Platz einräumen.<br />
Natürlich ist es nicht möglich, in einem<br />
solchen Bericht die Endokrine Orbitopathie<br />
umfassend abzuhan<strong>de</strong>ln. Einige<br />
Akzente über das aktuelle Wissen r<strong>und</strong><br />
um die Graves’ Orbitopathy (GO) sollen<br />
aber hervorgehoben wer<strong>de</strong>n, auch um<br />
die Lust auf <strong>de</strong>n Besuch eines ähnlichen<br />
Anlasses aufkeimen zu lassen.<br />
Geschichte<br />
Zwischen 1825 <strong>und</strong> 1840 beschrieben<br />
drei Ärzte unabhängig voneinan<strong>de</strong>r ein<br />
Krankheitsbild, das bis zu diesem Zeitpunkt<br />
als solches noch nicht bekannt<br />
war, <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Hauptmerkmale eine<br />
Tachykardie <strong>und</strong> eine Vergrösserung <strong>de</strong>r<br />
Schilddrüse waren. Das waren Parry in<br />
England, Graves in Irland <strong>und</strong> Basedow<br />
in Deutschland. Zwei <strong>de</strong>r drei beschrieben<br />
ausser<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Exophthalmus.<br />
Die Ursachen wur<strong>de</strong>n zuerst in einer primären<br />
Herzkrankheit vermutet, dann in<br />
einer sympathischen Nervenüberreizung<br />
<strong>und</strong> schliesslich wur<strong>de</strong> die Schilddrüsenüberfunktion<br />
in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong><br />
gestellt.<br />
Allerdings konnte man <strong>de</strong>n Exophthalmus<br />
damit nicht erklären, <strong>de</strong>nn ein hoher<br />
Thyroxinspiegel allein bewirkt keine<br />
Orbitopathie. Die Erklärungsversuche<br />
waren vielfältig <strong>und</strong> dauern bis heute an,<br />
obwohl inzwischen das Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Autoantikörper<br />
generell anerkannt ist.<br />
1957 wur<strong>de</strong> ein Faktor ent<strong>de</strong>ckt, <strong>de</strong>n man<br />
LATS nannte (Long Acting Thyroi<strong>de</strong>a<br />
Stimulator), erst 1974 wur<strong>de</strong>n die Zusammenhänge<br />
erstmals erkannt: LATS ist<br />
ein Antikörper für die TSH-Rezeptoren<br />
(TSH-Rezeptor Antikörper = TRAK).<br />
Man geht heute davon aus, dass die bei<br />
<strong>de</strong>r Autoimmunhyperthyreose gef<strong>und</strong>enen<br />
Autoantikörper gegen die thyreoidalen<br />
TSH-Rezeptoren auch gegen ebensolche<br />
im retroorbitalen Gewebe wirken.<br />
So hat je<strong>de</strong> Forschergeneration die EO<br />
mit <strong>de</strong>n aktuell zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n<br />
Möglichkeiten zu erklären versucht, <strong>und</strong><br />
zukünftige Forschung ist schon <strong>de</strong>shalb<br />
gut, um nicht weiteren unangenehmen<br />
Überraschungen zu begegnen.<br />
Um klinisches Wissen, Ausbildung <strong>und</strong><br />
Forschung auf diesem Sektor zu optimieren,<br />
wur<strong>de</strong> 1998 die EUGOGO gegrün<strong>de</strong>t.<br />
EUGOGO…<br />
Wilmar W Wiersinga, einer <strong>de</strong>r echten<br />
<strong>«</strong>Cracks», <strong>Le</strong>iter <strong>de</strong>s Dept. of Endocrinology,<br />
Aca<strong>de</strong>mic Medical Center in<br />
Amsterdam, erläuterte die Funktion <strong>de</strong>r<br />
EUGOGO (EUropean Group On Graves’<br />
Orbitopathy) wie folgt: Ein multidisziplinäres<br />
Konsortium von Klinikern<br />
aus <strong>de</strong>n Gebieten <strong>de</strong>r Endokrinologie,<br />
Augenheilk<strong>und</strong>e, Epi<strong>de</strong>miologie <strong>und</strong><br />
Radiologie zur Verbesserung <strong>de</strong>r Zusammenarbeit,<br />
zur Festlegung gemeinsamer<br />
Untersuchungs- <strong>und</strong> Messkriterien <strong>und</strong><br />
zum Austausch von Forschungsresultaten.<br />
Hauptzweck von EUGOGO ist die<br />
Durchführung grosser multizentrischer<br />
randomisierter Studien, <strong>de</strong>nn einzelne<br />
Zentren können in <strong>de</strong>r Regel nicht genügend<br />
Patienten für grosse Studien rekrutieren.<br />
1998 wur<strong>de</strong> ein krankheitsspezifischer<br />
validierter Fragebogen zur Ermittlung<br />
<strong>de</strong>r <strong>Le</strong>bensqualität von Patienten mit<br />
EO veröffentlicht (GO-QoL=Graves’<br />
Orbitopathy Quality of Life), <strong>und</strong> die Resultate<br />
rüttelten auf: Bei einer Inzi<strong>de</strong>nz<br />
von 0.05 Promille schränkt diese Krankheit<br />
die <strong>Le</strong>bensqualität vergleichbar ein<br />
wie schwerer Diabetes o<strong>de</strong>r Status nach<br />
Herzinfarkt.<br />
Das Wissen um möglichst frühe Diagnostik<br />
<strong>und</strong> therapeutische Möglichkeiten<br />
muss also dringend erweitert <strong>und</strong><br />
koordiniert wer<strong>de</strong>n: Je seltener eine Kondition<br />
ist, <strong>de</strong>sto notwendiger wird eine<br />
international <strong>und</strong> interdisziplinär vernetzte<br />
Zusammenarbeit.<br />
Acht europäische sogenannte Zuweisungs-Zentren<br />
haben sich ursprünglich zu<br />
EUGOGO zusammengeschlossen. Sie arbeiten<br />
alle nach <strong>de</strong>n gleichen Prinzipien:<br />
– Multidisziplinäre Diagnostik <strong>und</strong> Therapie<br />
mit Ophthalmologen, Endokrinologen,<br />
Radiologen <strong>und</strong> Orbita-Chirurgen<br />
– Konzentration auf klinische Forschung<br />
zur EO<br />
– Weiträumige Zuweisungen bzw. Zentrumsfunktion<br />
276 <strong>ophta</strong> • 4|2008