Entwurf Entwicklungskonzept - Wetzlar
Entwurf Entwicklungskonzept - Wetzlar
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INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT<br />
FÜR WETZLAR - ISEK<br />
Abb. Titelblatt: <strong>Wetzlar</strong> - Stadt mit vielen Gesichtern<br />
Abb.2 Luftbild Kernbereich <strong>Wetzlar</strong><br />
VORWORT<br />
... AUF ZU NEUEN UFERN ... !<br />
..... WETZLAR DIE LEBENSWERTE OPTIKMETROPOLE<br />
Nach dem die Stadt <strong>Wetzlar</strong> in den letzten Jahren einzelne Quartiersentwicklungen<br />
in den Stadtrandlagen durch spezielle Programme erfolgreich umgesetzt hat -<br />
hier sind sowohl die Umstrukturierung und Belebung der ehemaligen Kasernen<br />
Spilburg und Sixt-von-Armin im Westend, als auch das Projekt der „sozialen<br />
Stadt“ in Niedergirmes zu nennen – hat die Stadtverordnetenversammlung<br />
entschieden, mit der Erstellung eines städtebaulichen <strong>Entwicklungskonzept</strong>es<br />
für die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt sich den in diesem Bereich immer deutlicher zu<br />
spürenden Herausforderungen perspektivisch und konzeptionell zu stellen.<br />
Mit dem jetzt vorliegenden <strong>Entwurf</strong> des städtebaulichen <strong>Entwicklungskonzept</strong>es<br />
für die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt (ISEK), haben wir mit einem neuen Prozess der<br />
Weiterentwicklung unserer Stadt begonnen. Wir wollen die hier dargestellten<br />
Leitvisionen in den kommenden Jahren konsequent gemeinsam mit der<br />
Bürgerschaft und den Interessenvertretungen unserer Stadt planerisch weiter<br />
entwickeln und auf der Quartiers- und Einzelobjektebene in den folgenden<br />
Phasen vertiefen. Bei der Planung und Realisierung von Einzelmaßnahmen<br />
sollen sie als Richtschnur für das Handeln aller Verantwortlichen dienen.<br />
Ziel des ISEK ist es, verbindliche Leitlinien für eine positive Entwicklung<br />
der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt für die kommenden Jahrzehnte festzulegen. Dabei<br />
sollen, basierend auf der historischen Entwicklung, den Besonderheiten<br />
der Stadtstruktur sowie den Stärken und Potenzialen unserer Stadt<br />
insbesondere:<br />
• die Innenstadt als Standort für Optik und Technologie gestärkt,<br />
• die großen Potenziale von Lahn und Dill für die Stadtentwicklung<br />
genutzt und<br />
• die urbane Lebensqualität in allen Stadtquartieren gefördert werden.<br />
Der vorliegende <strong>Entwurf</strong> des ISEK ist das Ergebnis einer intensiven<br />
Zusammenarbeit zwischen dem beauftragten Planungsbüro Buro5 aus<br />
Maastricht in den Niederlanden, der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft, Handels-,<br />
Gewerbe-, Industrie- und weiteren Interessenvertretern, dem Baudezernenten<br />
und der Verwaltung. Vor der abschließenden Beratung und Beschlussfassung<br />
in den städtischen Gremien soll der gemeinsam erarbeitete <strong>Entwurf</strong> noch<br />
einmal intensiv via Internet und in einem weiteren ganztägigen Bürgerforum<br />
öffentlich diskutiert werden.<br />
Damit besteht für die breite Öffentlichkeit weiterhin die Möglichkeit<br />
der kritischen Begleitung dieser zukunftsweisenden Konzeption vor der<br />
abschließenden Beratung und Beschlussfassung durch die städtischen<br />
Gremien.<br />
Über die bisher engagierte Beteiligung der Bürgerschaft und Institutionen<br />
in dem Prozess, bin ich sehr dankbar und freue mich auf ein weiterhin<br />
ersprießliches Miteinander zum Wohle unserer Stadt.<br />
Ihr Harald Semler<br />
Hauptamtlicher Stadtrat
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
4
Vorwort<br />
Zusammenfassung ....................................................................................................................... 9<br />
1. Einleitung<br />
1.1 <strong>Entwurf</strong>sphilosophie ......................................................................................................................................... 10<br />
1.2 Anlass Und Ziel des ISEK ............................................................................................................................. 11<br />
1.3 Entwicklungsgebiet ....................................................................................................................................... 13<br />
1.4 Herangehensweise Und der ISEK-Prozess .....................................................................................................14<br />
2. Entwicklungsansätze Und Ideenentwicklung<br />
2.1 Stadt Und Region ......................................................................................................................................... 20<br />
2.2 Identität der Stadt ....................................................................................................................................... 22<br />
2.2.1 Baugeschichtlicher Entstehungsprozess ......................................................................................................22<br />
2.2.2 Naturräumliche Gegebenheiten und Veränderungen durch den Menschen ............................................. 28<br />
2.2.3 Die heutigen Innenstadtquartiere<br />
2.3.1 Stärken <strong>Wetzlar</strong>s ........................................................................................................................................ 36<br />
2.3.2 Schwächen <strong>Wetzlar</strong>s ................................................................................................................................... 38<br />
2.4 Ideen und Wünsche der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft ........................................................................................ 40<br />
2.5 Schlussfolgerungen ........................................................................................................................................ 42<br />
2.5.1 Zusammenfassung: Das Bild der Innenstadt ............................................................................................. 42<br />
2.5.2 Relevante Themen für das <strong>Entwicklungskonzept</strong> ..................................................................................... 44<br />
3. Die Leitvision der Stadtentwicklung<br />
3.1 Leitmotive ..................................................................................................................................................... 48<br />
3.1.1 <strong>Wetzlar</strong> - Stadt der Optik Und Technologie ............................................................................................ 49<br />
3.1.2 <strong>Wetzlar</strong> - Stadt an Lahn Und Dill ........................................................................................................... 50<br />
3.1.3 <strong>Wetzlar</strong> - Stadt mit urbaner Lebensqualität ........................................................................................... 51<br />
4. Entwicklungsstrategie Insellandschaft<br />
4.1 Idee der <strong>Wetzlar</strong>er Inseln ............................................................................................................................ 54<br />
4.2 Vernetzung der Strukturen ........................................................................................................................... 55<br />
4.3 Strategie Innenstadt - Prinzipien der Stadtstruktur .................................................................................. 58<br />
4.3.1 <strong>Wetzlar</strong> setzt auf Optik Und Technologie ................................................................................................ 60<br />
4.3.2 <strong>Wetzlar</strong> verbindet Lahn Und Dill ............................................................................................................. 62<br />
4.3.3 <strong>Wetzlar</strong> fördert urbane Lebensqualität .................................................................................................... 66<br />
Empfehlungen Und Ausblick ...................................................................................................... 74<br />
Quellenverzeichnis ...................................................................................................................... 75<br />
Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................. 76<br />
Impressum ................................................................................................................................... 77<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
5
ZUSAMMENFASSUNG
ISEK WETZLAR<br />
Das Innenstadtentwicklungskonzept<br />
für <strong>Wetzlar</strong> (ISEK) wird mit dem<br />
Ziel aufgestellt, eine Leitvision für die<br />
Innenstadt zu entwerfen, welche der<br />
Stadt als Entwicklungsrichtung für die<br />
kommenden 20 Jahre und darüber hinaus<br />
dienen soll. Übergeordnetes Ziel ist es,<br />
die Innenstadt zu einem lebenswerten<br />
Wohn- und Arbeitsort zu profilieren.<br />
Dabei versucht das ISEK die strukturellen<br />
Stärken der Innenstadt aufzuzeigen, diese<br />
zu festigen und zu erweitern, aber auch<br />
neue Akzente zu setzen. Innerhalb eines<br />
mehrstufigen Planungsprozesses werden<br />
mit verschiedenen innenstadtrelevanten<br />
Akteuren die generellen Aufgaben für die<br />
Zukunft der Innenstadt <strong>Wetzlar</strong>s benannt.<br />
Die vorliegende Broschüre dokumentiert<br />
den Entstehungsprozess des ISEK, stellt das<br />
erarbeitete Innenstadtentwicklungskonzept<br />
vor und gibt mittels einer Umsetzungsstrategie<br />
einen Ausblick auf die nachfolgenden<br />
Planungsschritte.<br />
DILL<br />
NEUES<br />
ZENTRUM<br />
BAHNHOFSQUARTIER<br />
LAHN<br />
ALTSTADT
DILL<br />
NEUES<br />
ZENTRUM<br />
BAHNHOFSQUARTIER<br />
LAHN<br />
ALTSTADT<br />
EINLEITUNG<br />
Abb.3 Blick auf die Alte Lahnbrücke<br />
1
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
10<br />
1. EINLEITUNG<br />
1.1 ENTWURFSPHILOSOPHIE<br />
Im Zentrum des vorliegenden <strong>Entwicklungskonzept</strong>es<br />
steht eine <strong>Entwurf</strong>sphilosophie, die nach einer<br />
räumlichen und funktionalen Leitvision für eine sinnvolle<br />
Innenstadterneuerung von <strong>Wetzlar</strong> sucht. Eine derartige<br />
Leitvision muss immer auf den jeweiligen Standort<br />
mit seinen individuellen Gegebenheiten zugeschnitten<br />
werden, ist also kein generalisierbares, übertragbares<br />
Instrument.<br />
Bei der Erstellung einer Leitvision für die <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Innenstadt ergeben sich wesentlicheFragestellungen:<br />
Wie soll die Stadt zukünftig erlebt werden, welches<br />
Erscheinungsbild soll sie tragen und was soll sie<br />
vermitteln? Das <strong>Entwicklungskonzept</strong> versucht diese<br />
Fragen hinsichtlich der künftigen städtebaulichen<br />
Entwicklung zu beantworten.<br />
Verschiedene zusammenhängende Aspekte nehmen Einfluss<br />
auf die Konzeption der Leitvision. Neben den räumlichen<br />
Gegebenheiten müssen soziale, kulturelle, wirtschaftliche,<br />
infrastrukturelle, architektonisch-bauliche und ökologische<br />
Gesichtspunkte Beachtung finden. Im komplexen<br />
<strong>Entwurf</strong>sprozess werden Entscheidungen getroffen, die<br />
mit einer großen Verantwortung einhergehen, da der<br />
weit gespannte Rahmen dieses <strong>Entwicklungskonzept</strong>es<br />
sich an der Schnittstelle von städtebaulich-räumlichen<br />
und sozial-kulturellen Entwicklungen bewegt. Nur wenn<br />
<strong>Wetzlar</strong> in dieser Hinsicht eine ausgewogene Balance<br />
findet, kann die Stadt ihre umfangreichen Ziele verfolgen<br />
und umsetzen. <strong>Wetzlar</strong> muss sich künftig vor allem zu einer<br />
Stadt (weiter)entwickeln, die die Bedürfnisse ihrer Nutzer<br />
respektiert, sowohl in ihrer physischen Identität als auch<br />
in der sozialen und funktionalen Organisation.<br />
Abb.4 Die Stadt ist ein komplexer Organismus<br />
Das Bewusstsein für die Entwicklungsgeschichte der<br />
Stadt und für das gesellschaftliche Leben mit seiner<br />
eigenen lokalen Kultur, aber auch die Verinnerlichung der<br />
zukünftigen strukturellen Veränderungen und die daraus<br />
wachsenden Chancen sind wesentliche Ausgangspunkte für<br />
die Formulierung des Entwicklungsansatzes.<br />
Die Wahrnehmung einer Stadt variiert von Mensch zu<br />
Mensch. Dessen ungeachtet ergeben sich aus dieser<br />
individuellen Wahrnehmung viele Ähnlichkeiten. Der<br />
Mensch bevorzugt unbewusst eine Lebensumgebung, die<br />
einen großen Zusammenhang verschiedener Elemente<br />
erkennen lässt. Denn erst eine zusammenhängende Struktur<br />
schafft eine geordnete und dadurch nachvollziehbare<br />
und angenehme Lebensumgebung. Gleichwohl erzeugen<br />
räumliche bauliche Spannungen für den Stadtnutzer<br />
einen großen Reiz. Das Wechselspiel von Gebautem und<br />
Freiräumen macht eine Stadt interessanter. Städtischen<br />
Räumen muss deshalb auch ein gewisses Maß an<br />
Komplexität und Undurchschaubarkeit innewohnen (siehe<br />
Abb.4). In einer attraktiven Umgebung geht der Benutzer<br />
gern freiwillig auf Enddeckungsreise. Das vorliegende<br />
ISEK für <strong>Wetzlar</strong> versucht beständig zwischen Stadt und<br />
Mensch zu vermitteln.<br />
Für die Entwicklungsrichtung <strong>Wetzlar</strong>s sind die<br />
entscheidenden Fragen, was die Innenstadt gegenwärtig<br />
physisch darstellt und was sie zukünftig räumlich<br />
ausstrahlen will. Ebenso wichtig ist aber der Frage<br />
nachzugehen, wer die Stadt ist, also welches Image sie<br />
hat bzw. haben will.<br />
Das ISEK organisiert die verschiedenen Ebenen der<br />
Innenstadt in einem logischen System, resultierend<br />
in einem integralen <strong>Entwicklungskonzept</strong>, denn das<br />
integrale Entwickeln und Denken ist planungsleitend.<br />
Von der Gestaltung der öffentlichen Räume, der Ordnung<br />
der Verkehrsströme und des Parksystems, dem sensiblen<br />
Umgang mit bestehender Bausubstanz und der Entwicklung<br />
neuer Bebauung bis hin zur Implementierung geeigneter,<br />
attraktiver, bedürfnisorientierter und zukunftsorientierter<br />
Funktionen für sowohl Bewohner als auch Gewerbetreibende<br />
steht die Stadt vor einer komplexen Aufgabe.<br />
Das Innenstadtentwicklungskonzept für <strong>Wetzlar</strong> muss<br />
als flexibler Rahmen dienen, dessen Teilgebieten in den<br />
kommenden Jahren durch die politischen Verantwortlichen,<br />
die Verwaltung, Planer, Investoren und vor allem durch<br />
die Bewohner Form und Inhalt gegeben wird. Deshalb ist<br />
das ISEK ein integrales Model, welches ein hohes Maß an<br />
Multifunktionalität, Transparenz und Dialog anstrebt, um<br />
allen Bedürfnissen den nötigen Raum zu bieten.
1.2 ANLASS UND ZIEL DES ISEK<br />
Die im Lahn-Dill-Gebiet gelegene ehemalige Reichsstadt<br />
<strong>Wetzlar</strong> ist mit etwa 52.000 Einwohnern ein bedeutendes<br />
wirtschaftliches und kulturelles Zentrum in Hessen.<br />
Insbesondere ihre Rolle als wichtiger Industriestandort für<br />
Optik, Feinmechanik und die Metallindustrie hat sie über<br />
die Grenzen des Bundeslandes hinaus bekannt gemacht.<br />
Die historische Altstadt, das sich zwischen Lahn und Dill<br />
befindliche Gründerzeitquartier Neues Zentrum sowie<br />
das nördlich daran anschließende Bahnhofsquartier<br />
definieren den Innenstadtbereich <strong>Wetzlar</strong>s. Aufgrund ihrer<br />
eindrucksvollen industrie-geschichtlichen Prägung und der<br />
Konzentration zentraler Funktionen und Einrichtungen<br />
ist die Innenstadt besonders identitätsstiftend für ihre<br />
Bewohner sowie imageprägend für die gesamte Stadt<br />
<strong>Wetzlar</strong>.<br />
Durch ihre Entwicklung über die Jahrhunderte, den stetigen<br />
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel und die<br />
gegenwärtigen Entwicklungstendenzen ist die <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Innenstadt heute sowohl funktional als auch räumlich von<br />
einem sehr heterogenen Erscheinungsbild geprägt.<br />
Während das Herz der Innenstadt, die historische Altstadt,<br />
in ihrer ursprünglichen Struktur von kleinteiliger Bebauung<br />
und charakteristischen Gassen-Platz-Räumen weitestgehend<br />
intakt ist, haben in den Quartieren Neues Zentrum und<br />
am Bahnhof vielfältige Stadtentwicklungsprozesse ihre<br />
Spuren hinterlassen. Unterschiedliche Nutzungen sind<br />
in verschieden Epochen nebeneinander entstanden. Dies<br />
lässt sich an einer kontrastreichen Architektur und sehr<br />
heterogenen Räumen ablesen.<br />
Abb.5 Stadtansicht <strong>Wetzlar</strong>- kolorierter Stahlstich 1850<br />
DILL<br />
NEUES<br />
ZENTRUM<br />
BAHNHOFSQUARTIER<br />
LAHN<br />
ALTSTADT<br />
Abb.6 Innenstadtquartiere <strong>Wetzlar</strong><br />
Die wachsende Bedeutung der Stadt <strong>Wetzlar</strong> als Industrie-<br />
und Technologiestandort, im Zuge der fortschreitenden<br />
Industrialisierung in den Nachkriegsjahren, bedingte eine<br />
hohe Arbeitskräftenachfrage. In der Folge wurde die Stadt<br />
in den 1960er und 1970er Jahren um neue Wohnviertel<br />
erweitert. Durch das Einwohnerwachstum verzeichneten<br />
die Innenstadtquartiere, wie in anderen europäischen<br />
Städten auch, einen Anstieg der Dienstleistungs- und<br />
Einkaufsfunktion. Damit versuchte man, den sich<br />
ändernden ökonomischen Anforderungen der Gesellschaft<br />
gerecht zu werden und den Konkurrenzstandorten<br />
standhalten zu können.<br />
Die beschriebenen Innenstadtentwicklungsprozesse hatten<br />
eine starke Zunahme des motorisierten Verkehrs zur<br />
Folge, wodurch im Stadtgebiet erhebliche Änderungen<br />
an der Verkehrsstruktur, besonders im Bahnhofsquartier<br />
und im Neuen Zentrum um den Karl-Kellner-Ring,<br />
nötig wurden. Der damit einhergehende Verlust der<br />
stadträumlichen Qualitäten bewirkte eine allmähliche<br />
Verdrängung des Wohnens aus der Innenstadt in die<br />
Stadtrandlagen und somit einen Bedeutungsverlust der<br />
Innenstadt als Wohnstandort. Die vermehrte Konzentration<br />
der Einkaufsfunktion im Kernbereich prägt seither die<br />
Nutzungsstruktur der Innenstadt. Das im Jahr 2005<br />
eröffnete, überregional bedeutende Einkaufszentrum<br />
Forum ist hier ein hervorzuhebendes Beispiel. Einerseits<br />
hatte diese wirtschaftliche Entscheidung positive<br />
Auswirkungen, weil dadurch der Wirtschaftsfaktor Handel<br />
und damit die Stadt als Oberzentrum gestärkt wurde.<br />
Andererseits fand eine Umsiedlung von Filialisten sowie von<br />
Einzelhändlern aus ehemaligen traditionellen Standorten<br />
wie der Bahnhofstraße in das Forum statt. Damit wurde<br />
der bereits schon vor der Eröffnung des Einkaufszentrums<br />
existierende Leerstand weiter gesteigert.<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
11
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
12<br />
Bahnhofsquartier<br />
q<br />
Altstadt<br />
Neues Zentrum<br />
Zentrum<br />
Planungsgebiet Innenstadt<br />
Betrachtungsgebiet t g g t Innenstaadt<br />
Abb.7 Entwicklungsgebiet Innenstadt
Die starke Fokussierung der Innenstadt auf die Handels-<br />
und Dienstleistungsfunktion hat sich negativ auf die für<br />
innerstädtische Quartiere anzustrebende Nutzungsmischung<br />
ausgewirkt. Daneben lassen sich durch die vielfältigen<br />
räumlichen Veränderungen die einstigen Besonderheiten<br />
der verschiedenen Quartiere und ihre Verbindung<br />
untereinander nur noch bedingt ablesen.<br />
Eine wichtige Rolle für <strong>Wetzlar</strong> und insbesondere für die<br />
Innenstadtquartiere spielen in diesem Zusammenhang die<br />
Flüsse Lahn und Dill, deren Potentiale als identitätsstiftende<br />
Elemente gegenwärtig noch zu wenig erkannt und genutzt<br />
werden. Der Bezug zu den umliegenden Stadtquartieren<br />
und der Gesamtstadt ist bisher nur in wenigen Bereichen<br />
wahrnehmbar und die Möglichkeiten die Wasseradern<br />
als Lebens- und Erlebnisraum zu erfahren, werden kaum<br />
genutzt.<br />
Mit der aufkommenden Trendwende zu einem stärkeren<br />
Bewusstsein für eine attraktive und leistungsfähige<br />
Innenstadt (siehe Abb.8) und der steigenden Nachfrage<br />
nach Wohnungen, Arbeitsplätzen, Bildung, Einkaufen,<br />
Kultur und Freizeit in innerstädtischen Lagen werden für<br />
die Stadtplanung in <strong>Wetzlar</strong> neue Herausforderungen<br />
deutlich. Die Stärkung und Weiterentwicklung der<br />
Innenstadt als Wohn- und Arbeitsstandort, abgestimmt auf<br />
die heutigen und zukünftigen vielschichtigen Bedürfnisse<br />
ihrer Nutzer, und die Steigerung der wirtschaftlichen und<br />
kulturellen Leistungskraft der Innenstadt für ein attraktives<br />
Image <strong>Wetzlar</strong>s nach außen bilden die vorrangigen Ziele<br />
des Innenstadtentwicklungskonzeptes. Dabei wird vor allem<br />
eine Wiederbelebung der stadträumlich, funktional und<br />
sozial abgegrenzten Stadtquartiere und deren optimale<br />
Vernetzung angestrebt, um so den vielfältigen Wünschen<br />
der verschiedenen Interessensgruppen in der Stadt gerecht<br />
zu werden.<br />
Insbesondere innerstädtische Lagen sind ständigen<br />
demografischen, gesellschaftlichen und ökonomischen<br />
Veränderungsprozessen unterworfen, weshalb sich<br />
das vorliegende Innenstadtentwicklungskonzept als<br />
dynamisches Planungsinstrument für die nächsten 20Jahre,<br />
aber auch darüber hinaus versteht. Es muss sich flexibel an<br />
den rasanten Strukturwandel anpassen können.<br />
Ein Innenstadtentwicklungskonzept kann qualifiziert<br />
nur aufgestellt und umgesetzt werden, wenn alle<br />
innenstadtrelevanten Akteure mit einbezogen werden.<br />
Deshalb ist das Innenstadtentwicklungskonzept als<br />
dialogorientierter Prozess zwischen Verwaltung, Politik,<br />
Wirtschaft, Bürgerschaft und Planern konzipiert.<br />
Die Partizipation ist im bisherigen und im weiteren<br />
Planungsprozess von zentraler Bedeutung für eine<br />
konsensgetragene Entwicklung.<br />
Abb.8 Blick über die Innenstadt, im Vordergrund die Leitzwerke<br />
1.3 DAS ENTWICKLUNGSGEBIET<br />
Das vorliegende SEK bezieht sich vorrangig auf die drei<br />
Innenstadtquartiere Bahnhofsquartier, Neues Zentrum und<br />
Altstadt. Um eine integrale Entwicklung der Innenstadt<br />
zu gewährleisten, wurden auch die daran angrenzenden<br />
Quartiere mit betrachtet, siehe Abb.7 Betrachtungsgebiet<br />
Innenstadt.<br />
Das Bahnhofsquartier umfasst im Wesentlichen das<br />
Bahnhofsumfeld und den Großkomplex Forum-Rittal-<br />
Arena-Parkhaus. Im Süden schließt sich daran das Gebiet<br />
des Neuen Zentrums an, mit der Bahnhofstraße und dem<br />
Karl-Kellner-Ring als dominante Quartiersadern. Begrenzt<br />
wird das Quartier durch die B49 im Norden, die Lahn<br />
im Osten, die Dill im Westen und durch den Bereich um<br />
die Langgasse im Süden. Das dritte Innenstadtquartier,<br />
die Altstadt, zwischen Lahn, Haarbachstraße und<br />
Schützenstraße gelegen, wird vom charakteristischen<br />
Altstadtgrüngürtel umschlossen.<br />
Die (Frei)räume von Lahn und Dill werden im ISEK wegen<br />
der räumlichen und funktionalen Überschneidungen in die<br />
Betrachtung der jeweiligen Stadtquartiere mit einbezogen.<br />
Die Wasseradern und ihre Ufer finden aber auch als<br />
eigenständiger Interventionsraum zusammengefasst<br />
Beachtung.<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
13
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
14<br />
1.4 HERANGEHENSWEISE UND DER ISEK-PROZESS<br />
Die Stadt <strong>Wetzlar</strong> steht vor der entscheidenden Frage, wie<br />
ihre Innenstadt in 20 Jahren und darüber hinaus aussehen<br />
soll. Die räumlichen und funktionalen Entwicklungen in den<br />
letzten Jahren mit teilweise negativen Folgen, insbesondere<br />
im Bereich Neues Zentrum und Bahnhofsquartier gaben<br />
den Anstoß für diese Planung zur Revitalisierung der Stadt<br />
hinsichtlich ihrer Lebens – und Erlebnisqualität. Darum hat<br />
sich die Stadt <strong>Wetzlar</strong> dazu entschlossen für die Innenstadt<br />
ein integrales <strong>Entwicklungskonzept</strong> aufzustellen, mit dem<br />
Ziel, zusammenhängende Aussagen für die zukünftige<br />
Entwicklung der Innenstadt zu treffen und die wichtigsten<br />
Eckpunkte hinsichtlich ihrer räumlichen, sozialen und<br />
funktionalen Struktur festzulegen. Ausgangspunkt ist<br />
die Suche nach relevanten Fragestellungen, die für die<br />
Profilbildung und Stärkung von <strong>Wetzlar</strong> in der Zukunft<br />
von Bedeutung sind.<br />
Schon vor Beginn des ISEK-Prozesses haben sich in <strong>Wetzlar</strong><br />
eine Reihe von Initiativen aktiv mit Fragestellungen der<br />
künftigen Stadtentwicklung beschäftigt. Zudem wurden<br />
aus der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft heraus zunehmend die<br />
Problemstellungen der Innenstadt thematisiert.<br />
Im Sommer 2010 wurde durch das Planungs- und<br />
Hochbauamt der Stadt <strong>Wetzlar</strong> der mehrstufige<br />
Planungsprozess zum ISEK angestoßen (Abb.9). Die<br />
Stadtverwaltung hat seither in Zusammenarbeit mit dem<br />
externen Planungsbüro Buro5 aus Maastricht und im<br />
erfolgreichen Dialog mit verschiedenen anderen Akteuren<br />
an der Erstellung einer Leitvision für die Innenstadt<br />
<strong>Wetzlar</strong>s gearbeitet. Zentrales Ziel ist es, die Innenstadt<br />
<strong>Wetzlar</strong>s für die Zukunft zu stärken, so dass sie den<br />
verschiedenen Bedürfnissen und Wünschen ihrer Nutzer<br />
bestmöglich entsprechen kann.<br />
Das ISEK ist als Auftakt eines mehrjährigen Prozesses<br />
zu verstehen, das in nachfolgenden Schritten weiter<br />
ausgearbeitet und qualifiziert werden muss.<br />
ISEK-PROZESS<br />
Der bisherige Arbeitsprozess erfolgte im Wesentlichen in<br />
2 Phasen (siehe Abb. 10).<br />
Bestandsaufnahme und Ideenentwicklung<br />
Um sich der Aufgabe zur Erstellung eines ISEK für<br />
<strong>Wetzlar</strong> anzunähern, wurden in der ersten Phase für<br />
das Betrachtungsgebiet relevante Themen und Daten<br />
analysiert und bestehende Planungen ausgewertet. Dabei<br />
wurden Aspekte wie die Siedlungsgeschichte des Gebietes<br />
betrachtet, aber auch die derzeitige Situation hinsichtlich<br />
ihrer räumlichen und funktionalen Struktur erfasst. Daraus<br />
resultierte einerseits eine Filterung der Stärken und<br />
Schwächen des Betrachtungsgebietes. Andererseits diente<br />
es vor allem dem Herauskristallisieren der geschichtlichen<br />
und heutigen Identität der Innenstadt, um darauf aufbauend<br />
erste Ideen zur Entwicklung einer Leitvision für die<br />
Innenstadt ableiten zu können.<br />
Im Dialog mit der Stadtverwaltung wurden diese Ergebnisse<br />
abgestimmt und im November 2010 während eines<br />
Bürgerinformationsabends der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft und<br />
allen involvierten Interessensgruppen vorgestellt.<br />
FRÜHERE &<br />
HEUTIGE<br />
IDENTITÄT<br />
ENTWICKLUNGSANSÄTZE<br />
UND IDEENENTWICKLUNG<br />
LEITVISION<br />
LEITMOTIV 1 LEITMOTIV 2<br />
AUSBLICK<br />
Abb.9 ISEK - Methode<br />
IDEEN-<br />
WORKSHOP<br />
ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />
UMSETZUNG<br />
LEITMOTIV 1<br />
BESTEHENDE<br />
PLANUNGEN<br />
UMSETZUNG<br />
LEITMOTIV 2<br />
�<br />
LEITMOTIV 3<br />
UMSETZUNG<br />
LEITMOTIV 3<br />
SWOT
VERWALTUNG<br />
STADT WETZLAR<br />
PLANUNGSBÜRO<br />
BURO5<br />
VERWALTUNG<br />
STADT WETZLAR<br />
PLANUNGSBÜRO<br />
BURO5<br />
Abb.10 ISEK - Prozess<br />
BESTANDSAUFNAHME UND IDEENENTWICKLUNG<br />
BÜRGERFORUM<br />
INTERESSENS-<br />
GRUPPEN :<br />
BÜRGER<br />
POLITIK<br />
WIRTSCHAFT<br />
INITIATIVEN<br />
VERBÄNDE<br />
KULTUR<br />
TOURISMUS<br />
LEITVISION UND ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />
BÜRGERFORUM<br />
INTERESSENS-<br />
GRUPPEN :<br />
BÜRGER<br />
POLITIK<br />
WIRTSCHAFT<br />
INITIATIVEN<br />
VERBÄNDE<br />
KULTUR<br />
TOURISMUS<br />
Nach einer weiteren Vertiefungsphase der Bestandsaufnahme<br />
und der Entwicklung erster Ideen wurde im darauffolgenden<br />
Februar ein Ideenworkshop mit <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerinnen und<br />
Bürgern veranstaltet. Ziel dieses Ideenworkshops war es,<br />
die wesentlichen Bedürfnisse der in der Innenstadt (auch in<br />
Zukunft) lebenden Menschen sowie der für die Innenstadt<br />
relevanten Interessensgruppen aus Politik, Wirtschaft,<br />
Bildung und Kultur aufzuzeigen und gemeinsam die<br />
wesentlichen Problemstellungen zu diskutieren.<br />
INTERNET<br />
VERWALTUNG<br />
STADT WETZLAR<br />
PLANUNGSBÜRO<br />
BURO5<br />
VERWALTUNG<br />
STADT WETZLAR<br />
PLANUNGSBÜRO<br />
BURO5<br />
IDEEN-<br />
WORKSHOP<br />
INTERESSENS-<br />
GRUPPEN :<br />
BÜRGER<br />
POLITIK<br />
WIRTSCHAFT<br />
INITIATIVEN<br />
VERBÄNDE<br />
KULTUR<br />
TOURISMUS<br />
INTERNET<br />
Zudem sind zahlreiche Wünsche und Ideen<br />
zusammengetragen worden, die zu einer positiven<br />
Entwicklung der Innenstadt beitragen können.<br />
Für die verschiedenen Innenstadtbereiche wurden<br />
übergeordnete Ziele und Aufgaben formuliert, aber auch<br />
konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des täglichen<br />
Lebens, Arbeitens und Erlebens in den innerstädtischen<br />
Quartieren benannt. Diese vielfältigen Ergebnisse bilden<br />
einen wesentlichen Bestandteil bei der Erstellung der<br />
Leitvision.<br />
I<br />
S<br />
E<br />
K<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
15
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
16<br />
Leitvision und Entwicklungsstrategie<br />
Die in Phase 1 gesammelten, für die Innenstadt relevanten<br />
Sachverhalte dienen in Phase 2 als einzelne Bausteine für<br />
die Entwicklung der Leitvision.<br />
In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung wurden daraus<br />
3 wesentliche Leitmotive aufgestellt, die als übergeordnete<br />
Entwicklungsrichtung die zukünftige Identität der<br />
Innenstadt prägen sollen. Diese übergeordneten Leitmotive<br />
basieren maßgeblich auf der vergangenen und der heutigen<br />
Identität des Betrachtungsgebietes:<br />
- WETZLAR - STADT DER OPTIK UND TECHNOLOGIE<br />
- WETZLAR - STADT AN LAHN UND DILL<br />
- WETZLAR - STADT MIT URBANER LEBENSQUALITÄT<br />
Für diese Leitmotive wurde im Folgenden eine<br />
umsetzungsorientierte Entwicklungsstrategie erdacht und<br />
diese auf die Innenstadtquartiere projiziert. Zudem sind<br />
für die einzelnen Leitmotive relevante Handlungsfelder<br />
aufgezeigt und Vorschläge zu konkreten Maßnahmen<br />
benannt worden.<br />
BAUGESCHICHTLICHE<br />
ENTSTEHUNG<br />
BEDÜRFNISSE & WÜNSCHE<br />
INTERESSENSGRUPPEN<br />
HEUTIGE IDENTITÄT<br />
WEZTLAR<br />
LEITVISION &<br />
ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />
ZUKÜNFTIGE IDENTITÄT<br />
WEZTLAR<br />
Der <strong>Entwurf</strong> des ISEK wird im Magistrat der Stadt<br />
vorgestellt und in einem öffentlichen Bürgerforum mit<br />
allen interessierten Akteuren diskutiert. Ziel ist es, ein<br />
konsensgetragenes Endresultat zu erreichen.<br />
Das ISEK dient als wesentliche Grundlage für die<br />
zukünftige Entwicklung der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt und in<br />
seiner späteren Fortschreibung als Basis für die vertiefende<br />
Ausarbeitung einzelner Teilbereiche.<br />
HERANGEHENSWEISE<br />
Meist beruhen Stadtentwicklungskonzepte auf der<br />
Betrachtung klassischer Themen wie Grünstruktur,<br />
Verkehrsstruktur, Nutzungsstruktur. Die Handlungsfelder<br />
werden systematisch auf ihre Stärken und Schwächen<br />
analysiert, um daraus Leitlinien für die Stadtentwicklung<br />
abzuleiten.<br />
Ausschlaggebend für den Entwicklungsansatz des<br />
vorliegenden ISEK ist eine integrale Denk- und<br />
Planungsweise, von der Stadt heraus entwickelt. Das<br />
Herausstellen der verschiedenen Identitäten, der Stärken<br />
und Potenziale der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt wird als<br />
Grundgedanke verfolgt und bewusst als Basis für die<br />
Konzeption einer Leitvision genutzt.<br />
NATURRÄUMLICHE<br />
GEGEBENHEITEN<br />
STRUKTURWANDEL<br />
+<br />
Abb.11 Herangehensweise
Dabei spielt die Betrachtung der vielschichtigen<br />
baugeschichtlichen Gegebenheiten <strong>Wetzlar</strong>s eine wesentliche<br />
Rolle. Insbesondere die weit zurückreichende Bedeutung<br />
als Industriestandort hat das Image der Stadt nachhaltig<br />
geprägt, wie auch als Gegenpol dazu, die historische<br />
Altstadtstruktur.<br />
Daneben ist die geografische Lage <strong>Wetzlar</strong>s an den<br />
Flüssen Lahn und Dill, umgeben von der hessischen<br />
Mittelgebirgslandschaft ein charakteristisches Merkmal,<br />
welches das Stadtbild im Laufe der Jahrhunderte<br />
maßgeblich mitbestimmt hat. Die Innenstadt von<br />
<strong>Wetzlar</strong> war und ist verstärkt in den letzten Epochen<br />
einem ständigen demografischen, gesellschaftlichen und<br />
ökonomischen Veränderungsprozessen unterworfen. Dieser<br />
Strukturwandel hatte diverse räumliche, funktionale und<br />
soziale Veränderungen im Innenstadtgefüge zur Folge, die<br />
sich besonders gut an dem heterogenen Bild des Neuen<br />
Zentrums ablesen lassen.<br />
Diese vielfältigen Facetten <strong>Wetzlar</strong>s gilt es aufzuspüren und<br />
gezielte für die Steuerung der zukünftigen Entwicklung und<br />
die Identitätsfindung <strong>Wetzlar</strong>s auszubauen.<br />
Abb.12 Zusammenarbeit aller innenstadtrelavanter Akteure<br />
Ein Innenstadtentwicklungskonzept kann nur<br />
qualifiziert aufgestellt und umgesetzt werden, wenn alle<br />
innenstadtrelevanten Akteure mit ihren individuellen<br />
Bedürfnissen und Wünschen einbezogen werden. Deshalb<br />
ist es wichtig, das Innenstadtentwicklungskonzept als<br />
dialogorientierten Prozess zwischen Verwaltung, Politik,<br />
Wirtschaft und Bürgerschaft und Planern zu konzipieren<br />
und diesem auch im weiteren Planungsprozess Bedeutung<br />
zu schenken.<br />
Ein wesentlicher Gedanke bei der Erarbeitung des ISEK<br />
ist die Erstellung eines dynamischen Planungsrahmens,<br />
welcher sich flexibel den rasanten, meist nicht planbaren<br />
Veränderungsprozessen anpassen können muss. Bei<br />
der Formulierung einer Leitvision im Sinne einer<br />
zukunftsorientierten Identität wird keine abgeschlossene<br />
Planung angestrebt, sondern eine Entwicklungsrichtung<br />
vorgegeben, welche abgestimmt auf zukünftige Geschehnisse<br />
wandelbar bleibt.<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
17
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
18
Abb.13 Stadtplan der Stadt <strong>Wetzlar</strong> um 1911<br />
2<br />
ENTWICKLUNGSANSÄTZE UND<br />
IDEENENTWICKLUNG<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
19
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
20<br />
2. ENTWICKLUNGSANSÄTZE UND IDEENENTWICKLUNG<br />
2.1 STADT UND REGION<br />
Die Stadt <strong>Wetzlar</strong> in Mittelhessen schaut stolz auf<br />
eine lange Geschichte als freie Reichsstadt zurück und<br />
wuchs seither zu einem bedeutenden Wirtschaftszentrum<br />
der Region heran. Als wesentlicher Industrie- und<br />
Handelsstandort zählt die Stadt heute zu einem der 10<br />
Oberzentren in Hessen. <strong>Wetzlar</strong> ist zudem Sitz einiger<br />
regional bedeutender öffentlicher Einrichtungen, wie zum<br />
Beispiel der Kreisverwaltung des Lahn-Dill-Kreises und<br />
der Lahn-Dill-Kliniken, eines der größten Krankenhäuser<br />
der Region.<br />
International agierende Unternehmen sind in <strong>Wetzlar</strong><br />
beheimatet. Der Buderus-Konzern produziert in <strong>Wetzlar</strong><br />
bereits seit 1731 in der Eisen- und Stahlindustrie sowie<br />
in der Thermotechnik. Eine in Deutschland herausragende<br />
Position übernimmt die Stadt vor allem in Bereich<br />
der optischen feinmechanischen Industrie. Die Firma<br />
Leitz (heute: Leica), seit Mitte des 19.Jahrhunders in<br />
<strong>Wetzlar</strong> ansässig, ist mit ihren optisch-feinmechanischen<br />
Produkten weltbekannt geworden. So wurde Anfang des<br />
20.Jahrhunders in <strong>Wetzlar</strong> von Oskar Barnack die erste<br />
Kleinbildkamera Leica entwickelt. Weitere Betriebe<br />
wie die Firma Hensoldt AG, heute zur Zeiss-Gruppe<br />
gehörend, und Minox sowie eine Vielzahl mittelständischer<br />
Unternehmen in diesem Industriezweig bestätigen die Rolle<br />
<strong>Wetzlar</strong>s als ein Zentrum der Optik und Feinmechanik in<br />
Deutschland.<br />
Abb.14 Verkehrsanschluss der Innenstadt<br />
Eine Besonderheit <strong>Wetzlar</strong>s ist die innerstädtische Lage<br />
dieser Firmen (Abb. 8). Sie prägen seit Jahrzehnten das<br />
Bild der Innenstadt und bestimmen weitreichend auch das<br />
Image der Stadt.<br />
Auch als Hochschulstandort konnte sich <strong>Wetzlar</strong> in den letzten<br />
Jahren etablieren. Die technische Hochschule Mittelhessen<br />
(THM) ermöglicht die Studiengänge Betriebswirtschaft,<br />
Ingenieurwesen, Leitung und Bildungsmanagement<br />
im Elementarbereich und Wirtschaftsingenieurwesen<br />
sowie Prozessmanagement und Systems Engineering.<br />
Nennenswert ist das Zentrum Dualer Hochschulstudien<br />
(ZDH), in welchem die TH Mittelhessen in enger<br />
Zusammenarbeit mit regional ansässigen Unternehmen ein<br />
duales Hochschulstudium „Studium Plus“ anbietet.<br />
Neben der Bedeutung als Industrie- und Bildungsstandort<br />
kommt <strong>Wetzlar</strong> eine zentrale Rolle als Einkaufsstadt zu.<br />
Das in Bahnhofsnähe gelegene Einkaufszentrum Forum<br />
sowie das in der Fußgängerzone Bahnhofstraße ansässige<br />
Herkulescenter haben einen enormen Einzugsbereich<br />
von 540.000 Personen mit entsprechend hoher<br />
Kaufkraftbindung.<br />
Bedeutend für den Einzelhandelssektor ist hinsichtlich<br />
inhabergeführter Geschäfte die <strong>Wetzlar</strong> Altstadt. Kleine<br />
Geschäfte verschiedener Branchen finden sich hier neben<br />
vielen gastronomischen Angeboten. Der historische<br />
Stadtkern übernimmt darüber hinaus wegen seiner<br />
nahezu erhaltenen mittelalterlichen Baustruktur aus<br />
Fachwerkhäusern und den typischen Gassen und Plätzen<br />
sowie dem vielfältigen Kultur- und Kunstangebot eine<br />
wesentliche Rolle als Tourismusmagnet der Stadt.<br />
Die einmalige naturräumliche Lage <strong>Wetzlar</strong>s an Lahn und<br />
Dill birgt zudem eine große Anziehungskraft für Touristen.<br />
Die Region liegt im Übergangsgebiet der hessischen<br />
Mittelgebirge: Sie erstreckt sich vom Westerwald im<br />
Norden bis zum Taunus im Süden. Mitten durch die Region<br />
fließt die landschaftsprägende Lahn. Die Berge, Hochebenen<br />
und Täler formen eine vielfältige und abwechslungsreiche<br />
Landschaft und geben der Region ein deutliches Profil,<br />
siehe Abb.15. <strong>Wetzlar</strong> ist Sitz des Lahntal Tourismus<br />
Verbandes.<br />
Auch als Sportstadt hat sich <strong>Wetzlar</strong> mit bedeutenden<br />
Sportvereinen und überregionalen Sportveranstaltungen in<br />
der 2005 eröffneten Rittal-Arena einen Namen gemacht.
Abb.15 Regionale Lage der Stadt <strong>Wetzlar</strong><br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
21
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
22<br />
2.2 IDENTITÄT DER STADT<br />
2.2.1 BAUGESCHICHTLICHER ENTSTEHUNGSPROZESS<br />
Erste Besiedlung und die Anfänge der Industrie<br />
Die Stadt <strong>Wetzlar</strong> wurde nachweislich erstmals im<br />
8.Jahrhundert erwähnt. Jedoch fand schon viel früher,<br />
bereits in der Altsteinzeit, wegen der begünstigten<br />
klimatischen Lage entlang des Lahntales Siedlungstätigkeit<br />
statt. Hervorzuheben sind die in der keltischen La-Tene-<br />
Zeit um Christi Geburt entstandenen keltischen Siedlungen<br />
auf <strong>Wetzlar</strong>er Gebiet. Aus dieser Zeit ist nämlich<br />
bereits die erste Eisengewinnung aus oberflächennah<br />
liegenden Zersetzungsprodukten aus den dort befindlichen<br />
Eisenerzlagern bekannt. Aufgrund der Lage am Wasser<br />
konnte das Rohmaterial direkt am Standort in s.g. Rennöfen<br />
zu Schmiedeeisen verhüttet werden.<br />
Geschäftigkeit im Mittelalter<br />
Mit dem Erwerben des Marktrechtes und der Entstehung<br />
des Marienstiftes auf dem späteren Domhügel entstand nach<br />
897 eine Marktsiedlung, die Anziehungspunkt für Händler<br />
und Handwerker war. Die Namen der Altstadtplätze wie<br />
Eisenmarkt, Buttermarkt und Kornmarkt lassen heute<br />
noch das damals rege Markttreiben anklingen. Zur etwa<br />
gleichen Zeit entstand auch die alte Reichsburg Kalsmunt,<br />
wahrscheinlich durch Karl den Großen erbaut, um die Stadt<br />
besser unter Kontrolle halten zu können. Die Burgruine ist<br />
heute wegen ihrer Hügellage und Sicht auf die Stadt ein<br />
beliebtes Ausflugsziel (Abb.16).<br />
Die Stadt lag mit Furten durch Lahn und Dill, im<br />
Abschnitt 2.2.2. näher erläutert, an der Kreuzung<br />
zweier überregionaler Handelsstraßen des römischen<br />
Verkehrsnetzes. Der historisch bedeutende Fernweg Hohe<br />
Straße führte von Antwerpen über Köln und <strong>Wetzlar</strong><br />
nach Frankfurt am Main. Die Weinstraße verlief von<br />
Koblenz über Mainz, Frankfurt am Main und <strong>Wetzlar</strong><br />
nach Hildesheim und weiter Richtung Bremen bzw. Lübeck<br />
(Abb.17). Somit war <strong>Wetzlar</strong> bereits im Mittelalter gut<br />
an das überregionale Verkehrs- und Transportsystem<br />
angeschlossen.<br />
Die Reichsstadt <strong>Wetzlar</strong><br />
Im Jahre 1180 wurde <strong>Wetzlar</strong> vom Hohenstaufenkaiser<br />
Friedrich I Barbarossa im Zuge der Errichtung einer<br />
Reichsvogtei zur Freien und Reichsstadt ausgerufen. Im<br />
13. und 14 Jahrhundert erreichte die mittelalterliche Stadt<br />
mit 6000 Einwohnern ihre wirtschaftliche Blüte. In der<br />
Region war nur Frankfurt am Main größer. Aus dieser Zeit<br />
stammen die größten Teile der alten Stadtbefestigung und<br />
die alte Lahnbrücke, beide neben dem Dom noch heute im<br />
Stadtbild gegenwärtig.<br />
Abb.16 Ruine Kalmunt<br />
Antwerpen<br />
Hohe Straße<br />
Koblenz<br />
Köln<br />
Mainz<br />
Bremen<br />
Abb.17 Mittelalterliche Handelsstraßen<br />
Abb.18 Ansicht <strong>Wetzlar</strong> 1625<br />
Weinstraße<br />
<strong>Wetzlar</strong><br />
Frankfurt<br />
am Main<br />
Lübeck<br />
Hildesheim
Besonders der Handel mit Eisen, das Hüttenwesen und der<br />
Bergbau prägten schon damals die städtische Wirtschaft.<br />
Auf dem Kalsmunt, dem Lahnberg und der heutigen<br />
Avignonanlage sind Erzgruben bekannt.<br />
Jahrzehntelange Fehden mit verschiedenen Herrschern,<br />
der Ausbruch von Bränden und Krankheiten sowie<br />
Hochwasserereignissen führte zu einem Niedergang der<br />
Stadt auf nur noch 1500 Einwohner.<br />
Einen Aufschwung erlebt sie erst wieder im Jahre 1689 mit<br />
der Verlegung des Reichskammergerichtes, des höchsten<br />
Gerichtes des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation,<br />
nach <strong>Wetzlar</strong>. Dies führte zu einem erneuten Anstieg der<br />
Bevölkerung sowie zu einem wirtschaftlichen Wachstum.<br />
Einige Stadtpalais im Barockstil wie die Alte Wache<br />
finden sich heute neben den typischen mittelalterlichen<br />
Fachwerkbauten in der Altstadt. Erwähnenswert ist in<br />
diesem Zusammenhang die Ankunft und der zeitweilige<br />
Aufenthalt Goethes in <strong>Wetzlar</strong>, der mit seinem Roman<br />
„Die Leiden des jungen Werther“ die Stadt weltberühmt<br />
machte (Abb.21). 1806 wurde das Heilige Römische Reich<br />
deutscher Nation und mit ihm das Reichskammergericht<br />
aufgelöst, wodurch <strong>Wetzlar</strong> auch seinen Titel als Reichsstadt<br />
verlor. 1815 fiel die Stadt an Preußen und gehörte ab 1822<br />
zum neu geschaffenen Landkreis <strong>Wetzlar</strong>. <strong>Wetzlar</strong> wurde<br />
Garnisonsstadt. Die damaligen Stadtbewohner lebten<br />
vorwiegend von der Landwirtschaft.<br />
Die industrielle Blüte<br />
Die bedeutende industrielle Entwicklung <strong>Wetzlar</strong>s zu<br />
einem führenden Industriestandort begann im Jahre<br />
1851 mit der Schiffbarmachung der Lahn. Maßgeblich<br />
war aber der Bau der Eisenbahn und des Bahnhofs im<br />
Norden der heutigen Innenstadt, auf Niedergirmeser<br />
Fläche, nahe des Buderusgeländes. Mit der Eröffnung<br />
zweier Eisenbahnlinien 1862/63, die sich in <strong>Wetzlar</strong><br />
trafen sowie der Berlin-<strong>Wetzlar</strong>er Eisenbahn verfügte<br />
die Stadt über den nötigen Anschluss an ferne Rohstoff-<br />
und Absatzmärkte und es wurde die Voraussetzungen für<br />
größere Industrieansiedlungen der Metallindustrie gelegt,<br />
die zum Teil noch heute Bestand haben. Um 1869 gab es im<br />
Stadtgebiet circa 100 Erzbergwerke, die mit dem Anstieg<br />
des Metallbedarfes zu größeren Gruben verschmolzen<br />
wurden. So auch die Grube Buderus, wo 1872 durch die<br />
Brüder Buderus mit der Sophienhütte der erste <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Hochofen in Betrieb genommen wurde (Abb.20). Mit<br />
diesem war unter anderem der Grundstein für bedeutende<br />
<strong>Wetzlar</strong>er Firmen der Schwerindustrie wie Buderus,<br />
Röchling, Berghütte und Carolinenhütte gelegt worden. Mit<br />
der Gründung des deutschen Zollvereins konnte das Erz<br />
über die ausgebauten und neu entstandenen Transportwege<br />
bis ins Saarland und das Rheinland transportiert bzw. Koks<br />
für die Verhüttung aus dem Ruhrgebiet herangeschafft<br />
werden.�<br />
Abb.19 Gemälde von <strong>Wetzlar</strong> um 1772<br />
Abb.20 Die Sophienhütte 1873<br />
Abb.21 Goethe in <strong>Wetzlar</strong><br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
23
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
24<br />
Abb.22 Blick über den Karl-Kellner-Ring<br />
Die direkte Ansiedlung der Industrie in der Nähe<br />
des Stadtkernes ist noch immer ein wesentliches<br />
Charakteristikum der <strong>Wetzlar</strong> Innenstadt (Abb.22). Die<br />
industrielle Entwicklung hat maßgeblich sowohl räumlich<br />
als auch funktional die Stadterweiterung vornehmlich nach<br />
Westen und Norden über die mittelalterlichen Stadtgrenzen<br />
hinaus geprägt. Auf dem Plan der Stadt <strong>Wetzlar</strong> (Abb.23<br />
und Abb.24) sind die Entstehungszeiträume angedeutet.<br />
Die um die Jahrhundertwende des 19.Jahrhunderts<br />
neu entstandenen Wohnviertel nördlich und südlich des<br />
Bahnhofs und nahe der Altstadt resultieren aus der<br />
Notwendigkeit, für die Arbeitskräfte ausreichend nahen<br />
Wohnraum bereit zu stellen und lassen die wirtschaftliche<br />
Blüte zu dieser Zeit erahnen.<br />
Über den neugebauten Schleusenkanal wurde 1847<br />
die “Bollerbrücke” gebaut (Bereich des heutigen<br />
“Buderusplatzes”). Danach entstand eine zweite Brücke<br />
über die Lahn (die” Eiserne Brücke” - 1873), beide zu<br />
sehen auf dem Stadtplan von 1911 (Abb.25). Wegen der<br />
Zunahme des Kfz-Verkehrs wurde später (ab 1936) eine<br />
ringförmige Umgehungsstraße (heute Karl-Kellner-Ring)<br />
zur Entlastung der Altstadt gebaut.<br />
Abb.23 Stadtentwicklung <strong>Wetzlar</strong> 710 - 1912
Entwicklung zum Hochtechnologiestandort<br />
Um 1926 kam der <strong>Wetzlar</strong>er Bergbau zum Erliegen, da<br />
die Erzbergwerke mit dem billiger angebotenen Erz aus<br />
dem Ausland nicht mehr konkurrenzfähig waren. Allerdings<br />
hatten sich neben der eisenverarbeitenden Industrie<br />
bereits Unternehmen der optischen und feinmechanischen<br />
Industrie angesiedelt. Die erste Kleinbildkamera wurde in<br />
<strong>Wetzlar</strong> von Oskar Barnack entwickelt. Carl Kellner, ein<br />
in Mathematik versierter Mechaniker aus <strong>Wetzlar</strong>, gab<br />
dazu bereits Ende des 19.Jahrhunderts den entscheidenden<br />
Anstoß, als er eine bahnbrechende Linsenkombination<br />
(Kellner-Okular) entwickelte. Einer seiner bekanntesten<br />
Mitarbeiter war damals Ernst Leitz, dessen Unternehmen es<br />
zu einem führenden Hersteller für Mikroskope und Kameras<br />
brachte. Einige dieser Hochtechnologieunternehmen mit<br />
Weltruf, Leitz (heute Leica) und Hensoldt (heute Zeiss),<br />
und einige andere Unternehmen fanden ihren Ursprung<br />
in der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt und haben auch heute noch<br />
ihren Sitz im Stadtgebiet. Die Namensgebung der Straßen<br />
im Neuen Zentrum nehmen Bezug auf diese <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Industriegeschichte.<br />
Erste Baustrukturen 710 bis 1600<br />
Stadterweiterung 1860 bis 1912<br />
Baustruktur nach 1945<br />
Eisenbahn + Bahnhof<br />
Ursprünglicher Wasserverlauf<br />
Abb.24 Siedlungsentwicklung<br />
Abb.25 Stadtplan 1911<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
25
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
26<br />
Im Zweiten Weltkrieg war <strong>Wetzlar</strong> aufgrund seiner<br />
bedeutenden Rüstungsindustrie das Ziel vieler<br />
Bombenangriffe, die vor allem im Bannviertel, dem<br />
Bahnhofsviertel und im industriell geprägten Niedergirmes<br />
nördlich des Bahnhofs tiefgreifende Spuren in der<br />
Bausubstanz hinterließen (Abb.26). 1945, nach Ende des<br />
Krieges, waren gravierende Schäden im Straßennetz zu<br />
verzeichnen und 25% aller Wohnungen waren zerstört.<br />
Dementsprechend bestand in den Nachkriegsjahren die<br />
dringlichste Aufgabe im Bau bzw. in der Beschaffung<br />
von Wohnraum. Die Bevölkerung bewohnte vor dem<br />
Krieg vorrangig die Innenstadtquartiere und die<br />
angrenzenden Neubauviertel. Aufgrund der Aufnahme<br />
von zahlreichen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen nach<br />
Kriegsende, aber auch mit der allmählichen Zunahme des<br />
Arbeitskräftebedarfes der heimischen Unternehmen kam es<br />
zu einer langanhaltenden Wohnungsnot. Zudem war <strong>Wetzlar</strong><br />
nach Kriegsende von amerikanischen und französischen<br />
Truppen besetzt, die diversen städtischen Wohnraum für<br />
sich einnahmen. Zunächst konnte ein Großteil der zerstörten<br />
Wohnungen und Straßen wiederhergestellt werden.<br />
Zudem wurde das Straßennetz ausgebaut und damit die<br />
Voraussetzung für die Erschließung von Neubaugebieten<br />
geschaffen. Ein verstärkter Wohnungsbau setzte aber<br />
erst um 1950 mit dem vom Bund in Gang gesetzten<br />
Wohnungsbauprogramm „Sozialer Wohnungsbau”<br />
ein, der den schnellen Bau von vielen Wohnungen, „die<br />
nach Größe, Ausstattung und Miete (Belastung) für die<br />
breiten Schichten des Volkes bestimmt und geeignet<br />
sind” ermöglichte. So entstanden diverse Wohnsiedlungen<br />
nach unterschiedlichen städtebaulichen Prinzipien, von<br />
Punkthochhäusern, 4-geschossiger Blockbauweise bis hin<br />
zu Doppel- und Einzelhäusern.<br />
Im Flächennutzungsplan von 1950 waren alle bebaubaren<br />
Flächen innerhalb des Stadtgebietes als Baugrund<br />
ausgewiesen und die Einwohnerzahl war auf über 30.000<br />
angestiegen. Wie der Stadtplan von 1970 (Abb.28)<br />
belegt, entstanden neue Trabantensiedlungen vor allem<br />
in den 1960er und 1970er Jahren, auf Grund des großen<br />
Arbeitskräftebedarfs in der Großindustrie und dem<br />
Zuzug von Gastarbeitern. Durch Mitfinanzierung der<br />
Siedlungen erhofften sich die Unternehmen den nötigen<br />
Wohnraum für die vielen Werksangehörigen zu schaffen.<br />
Die in den Nachkriegsjahren entstandene multikulturelle<br />
Zusammensetzung der <strong>Wetzlar</strong>er Bevölkerung begründet<br />
die heute sehr heterogene Gesellschaftsstruktur der<br />
Stadt. Die immense Stadterweiterung hatte umfangreiche<br />
infrastrukturelle Maßnahmen zur Folge. Eine der<br />
wesentlichsten innerstädtischen Verkehrsprojekte war<br />
der Bau der Bundesstraße B49 (ehemals B429) als<br />
Hochstraße durch die Stadtmitte, um so dem wachsenden<br />
Verkehrsaufkommen standhalten zu können. Genauere<br />
Ausführungen zum Verkehrsnetz finden sich im Kapitel<br />
2.2.2.<br />
Abb.26 Große Zerstörungen nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
Abb.27 Werbeprospekt von <strong>Wetzlar</strong> 1953<br />
Abb.28 Stadtplan <strong>Wetzlar</strong> 1970
Sanierung der Altstadt<br />
Die Altstadt war, mit Ausnahme des Domes, von großen<br />
Kriegsschäden verschont geblieben, wenngleich das stark<br />
zerstörte Wegenetz und insbesondere die den historischen<br />
Stadtkern umgebenden parkartigen Grünanlagen<br />
instandgesetzt werden mussten. Im Zuge der weitreichenden<br />
Stadterweiterungen in den Nachkriegsjahren begann Ende<br />
der 1960er Jahre der historisch gewachsene Stadtkern an<br />
wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung zu verlieren.<br />
Auch als Wohnstandort war die Altstadt durch das, den<br />
modernen Wohnansprüchen nicht mehr genügendem<br />
Wohnungsangebot kaum noch konkurrenzfähig. Die<br />
mittels eines Rahmenplanes in Angriff genommene<br />
Sanierung war zugleich verbunden mit einer strukturellen<br />
Stadterneuerung mit dem Ziel, die Wirtschaftskraft und<br />
Lebensqualität zu steigern. Neben der Instandsetzung<br />
der historischen, zum Teil denkmalgeschützten Bebauung<br />
und der Schaffung von nachfrageorientiertem Wohnraum<br />
wurden allgemeine städtebauliche Missstände beseitigt.<br />
Der Durchgangsverkehr musste zugunsten der Einrichtung<br />
neuer Fußgängerzonen weichen (Abb.29) und Maßnahmen<br />
zur wirtschaftlichen Wiederbelebung der Stadtmitte<br />
wurden eingeleitet, um die einstige florierende Altstadt<br />
neu zu reaktivieren. Eine große bauliche Neuerung war in<br />
diesem Zusammenhang der Bau eines multifunktionalen<br />
Gebäudes am Domplatz. Dadurch sollte die für <strong>Wetzlar</strong><br />
bedeutende Stadtmitte wiederbelebt und städtebaulich<br />
besser gefasst werden. Schon in der Planungsphase gab<br />
es heftige Proteste bezüglich der Großmaßstäblichkeit<br />
des Bauvorhabens, das sich unübersehbar schwer in das<br />
kleinteilige Altstadtbild integrierte. Das multifunktionale<br />
„Stadthaus am Dom“ wurde in seiner Dimension dennoch<br />
gemäß der ersten Planung gebaut (Abb.30), lediglich<br />
in der Fassadengestaltung erhielt der <strong>Entwurf</strong> eine<br />
Überarbeitung. In den 1980er Jahren wurde am Rande<br />
der Altstadt, an Stelle eines Vorgängerbauwerkes, die<br />
Stadthalle neu erbaut. Sie verfügt, wie auch das Stadthaus,<br />
über eine Tiefgarage.<br />
Stadt Lahn<br />
Im Zuge vielfältiger Gebietsreformen und der Neugliederung<br />
des Hessischen Raumes wurden 1977 die Städte <strong>Wetzlar</strong><br />
und Gießen sowie weitere Gemeinden zur Stadt Lahn<br />
zusammengeschlossen. Sie bestand aus 23 Stadtteilen, die<br />
in 6 Stadtbezirke zusammengefasst waren. Aufgrund von<br />
heftigen Widerständen, insbesondere aus der <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Bevölkerung, kam es bereits 1979 zur Auflösung der �<br />
„Großstadt”. Zuvor eigenständige Ortschaften wurden<br />
eingemeindet, wodurch sich die Stadt <strong>Wetzlar</strong> in ihre Fläche<br />
und der Einwohnerzahl nicht unerheblich vergrößerte.<br />
<strong>Wetzlar</strong> ist heute mit ca. 52.000 Einwohnern eines der<br />
10 Oberzentren Hessens und beherbergt den Hauptsitz der<br />
Kreisverwaltung des Lahn-Dill-Kreises.<br />
Das Stadtgefüge <strong>Wetzlar</strong>s besteht hauptsächlich aus<br />
einzelnen, baulich zum Teil unmittelbar in das <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Kernstadtgebiet übergehenden Stadtteilen. Diese<br />
funktionieren meist autark, da die Stadtteile häufig noch<br />
über eigene Subzentren verfügen (Abb. 31).<br />
Steindorf<br />
Dalheim<br />
Dillfeld<br />
Altenberger<br />
Straße<br />
Silhöfer Aue<br />
Hermannstein<br />
Niedergirmes<br />
Innenstadt<br />
Nauborner<br />
Straße<br />
Nauborn<br />
Blasbach<br />
Hauserberg<br />
Stoppelberger<br />
Hohl<br />
Naunheim<br />
Abb.29 Autofreie Altstadtgassen<br />
Sturzkopf<br />
Abb.30 Bau Stadhaus am Dom<br />
Garbenheim<br />
Büblinghausen<br />
Münchholzhausen<br />
Dudenhofensen<br />
Abb.31 Stadtbezirke und Stadtteile <strong>Wetzlar</strong>s<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
27
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
28<br />
2.2.2 NATURRÄUMLICHE GEGEBENHEITEN UND VERÄNDERUNGEN<br />
DURCH DEN MENSCHEN<br />
Die geografischen Gegebenheiten <strong>Wetzlar</strong>s, an den<br />
Flüssen Lahn und Dill und im Trennungspunkt hessischer<br />
Mittelgebirge gelegen, sind wesentliche Merkmale der<br />
Stadt. Sie haben ihre Entstehung und weitere Entwicklung<br />
maßgeblich bestimmt und prägen heute noch, zumindest<br />
partiell, das Bild der Innenstadt.<br />
<strong>Wetzlar</strong> entstand im Süden des Westerwaldes und<br />
des Rothaargebirges und nördlich des Taunus und<br />
somit aufgrund milder Westwinde in einer klimatisch<br />
begünstigten Region des Lahntales. Die Stadt entwickelte<br />
sich auf hügligem Gelände an der Mündung der Dill in die<br />
Lahn. Die Wasserarme beider Flüsse bildeten in ihrem<br />
Schnittpunkt kleine Inseln aus. Die erste Marktsiedlung<br />
entstand auf dem heutigen Domhügel und wuchs auf die<br />
Größe der heutigen Altstadt heran, von der Ringmauer<br />
als Stadtbefestigung umgeben. Aber auch die Flussinseln<br />
wurden besiedelt und waren, wie die Abb.33 Kupferstich von<br />
Merian zeigt, durch Brücken miteinander verbunden. Zwei<br />
dieser Lahninseln existieren heute noch. Die Zwack’sche<br />
Lahninsel, heute Colchesteranlage genannt und vorwiegend<br />
als Park genutzt, sowie die Lahninsel Große Bleiche, auf<br />
der sich das Stadion und ein Parkplatz befinden. Die<br />
Langgasse mit ihrer historischen Blockstruktur war damals<br />
ebenfalls gänzlich von Wasser umgeben wie auch die Insel<br />
mit der Neustädterstraße als Mittelachse, siehe Abb.32<br />
Urkataster von 1825.<br />
Abb.32 Urkataster 1825 - die <strong>Wetzlar</strong>er Inseln<br />
Neben der Flusslage sollte für <strong>Wetzlar</strong> vor allem die<br />
Niederlassung der ersten Siedler in einem Gebiet mit großem<br />
Eisenerzvorkommen entscheidend sein, da man schon früh,<br />
zu Beginn der Zeitrechung, die Metallverarbeitung als<br />
Potenzial erkannte. Die Eisenverarbeitung hat also schon<br />
eine lange Tradition in der Region. Mit der wachsenden<br />
Rolle <strong>Wetzlar</strong>s als Wirtschaftsstandort, die Stadt lag<br />
wie schon im Abschnitt 2.2.1 erläutert an zwei historisch<br />
bedeutenden Handelsstraßen (Abb.17), wurden die<br />
Transportwege ausgebaut. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts<br />
waren die „Stadtinseln“ noch vorhanden, wenngleich man<br />
die natürlichen Furten zum Teil zu Kanälen begradigt hatte<br />
(Abb. 25, Seite 25).<br />
Abb.33 Kupferstich Merian 1655
Im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung verschwanden<br />
aufgrund des zunehmenden Verkehrsaufkommens die<br />
Wasserwege allmählich aus dem Stadtbild. Sie wurden<br />
versiegelt und durch Straßen ersetzt. So verlief auf der<br />
Trasse des heutigen Karl-Kellner-Rings, wie die Abb.35<br />
verdeutlicht, damals der Schleusenkanal. Mit der<br />
Transformation ging auch die „Inselwirkung” der einzelnen<br />
Quartiere verloren.<br />
Im zweiten Weltkrieg wurde das Straßennetz durch<br />
Bombenabwürfe stark zerstört. In den Folgejahren kam<br />
es zu umfangreichen Straßenverbesserungen und zu einer<br />
Neuverlegung der Kanalleitungen. Die 1950er Jahren waren<br />
geprägt von einem Anstieg des Individualverkehrs. Außerdem<br />
kam es zu einer Verschiebung des Gütertransportes von den<br />
Wasserwegen und der Schiene auf die Straße. Das erhöhte<br />
Verkehrsaufkommen in der Innenstadt, vor allem mit dem<br />
Bau der Ost-West-Verbindung, der Bundesstraße B49,<br />
führte zur Ausdehnung der Hauptverkehrsachsen wie dem<br />
Karl-Kellner-Ring und damit einhergehend zur Umformung<br />
der maßstäblich dimensionierten Straßenkreuzungen zu<br />
weiträumigen Verkehrsknotenpunkten (Abb.34). Heute<br />
werden, wie im Abschnitt 2.2.3. ausführlicher geschildert,<br />
das Bahnhofsquartier und das Neue Zentrum von<br />
großflächigen Verkehrsräumen dominiert. Die Flüsse Lahn<br />
und Dill haben ihren einstigen Bezug zu den angrenzenden<br />
Stadtquartieren verloren.<br />
Die Altstadt hat sich weitestgehend ihre inselartige Form<br />
erhalten. Dies wird vor allem durch den die Altstadt<br />
im Norden, Osten und Süden umgebenden parkartigen<br />
Grüngürtel verstärkt, der wie die Abb. 36 zeigt, fließend<br />
in die Lahninseln, insbesondere in die Colchesteranlage<br />
übergeht. Die Entwicklung der Stadt an den Anhöhen des<br />
Lahntals ist ein weiteres erhaltenes Charakteristikum der<br />
Altstadt, aber auch für weitere Stadtquartiere östlich der<br />
Lahn wie Hauserberg und Stoppelberger Hohl. In die Stadt<br />
fingerartig hineinreichende Grünzüge durchziehen die an<br />
die Innenstadt angrenzenden Stadtquartiere.<br />
Abb.34 Buderusplatz in den 1960er Jahren<br />
Bestehende Wasserläufe<br />
Verschwundene Wasserläuf<br />
Heutige Verkehrsstruktur<br />
Abb.35 Ursprünglicher Wasserverlauf<br />
Flüsse Lahn und Dill mit<br />
Uferzonenbegrünung<br />
Grünzüge in die Stadt<br />
Sport-/ Parkanlagen<br />
Abb.36 Grünstruktur<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
29
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
30<br />
Abb.37 Übersichtsplan Innenstadt
2.2.3 DIE HEUTIGEN INNENSTADTQUARTIERE<br />
Aufgrund ihrer bewegten Entstehungsgeschichte verfügt die<br />
Innenstadt heute über ein sehr heterogenes Erscheinungsbild.<br />
Dies lässt sich auf verschiedenen Maßstabsebenen<br />
nachvollziehen. Während auf der Makroebene die 3<br />
Teilquartiere untereinander einen starken Kontrast bilden,<br />
sind auch auf Mikroniveau entstehungsgeschichtlich- und<br />
nutzungsbedingt unterschiedlichste Bebauungsformen und<br />
Baukörper in direkter Nachbarschaft vorzufinden.<br />
DAS BAHNHOFSQUARTIER<br />
Das Bahnhofsquartier ist dominiert von großflächigem<br />
Einzelhandel in Form des riesigen Einkaufszentrums<br />
Forum mit 24.000 m² Verkaufsfläche, welches 2005<br />
auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände zwischen den<br />
Gleisanlagen und dem Bahnhof im Norden und der stark<br />
befahrenen Bannstraße bzw. der Bundesstraße 49 (die in<br />
diesem Bereich als Hochstraße verläuft) im Süden errichtet<br />
wurde. Zum Gesamtkomplex gehören die Rittal-Arena<br />
und ein von beiden Einrichtungen genutztes Parkhaus.<br />
Das Einkaufszentrum und die multifunktionale Arena sind<br />
aufgrund ihrer überregionalen Bedeutung hoch frequentiert<br />
und wegen der Nähe zum Autobahnanschluss über die<br />
Bundesstraße optimal erreichbar. Die Großstruktur<br />
ist vorrangig von Verkehrsräumen ohne besondere<br />
Aufenthaltsqualität umgeben. Dies gilt besonders für den<br />
Bahnhofsvorplatz und den Forumsvorplatz. Die B49 und<br />
die Bannstraße isolieren das Forum und schneiden das<br />
Bahnhofsquartier von der Bahnhofstraße ab. Nördlich der<br />
Gleisanlagen im Bereich des Gewerbegebietes, auf dem<br />
Grund des ehemaligen Carolinenhütte-Geländes und nahe<br />
des teils leer stehenden Philipswerkes, befindet sich der<br />
weitläufige Parkplatz der Bahnhofsnordseite.<br />
Abb. 39 Übergang Bahnhofstraße - Forum mit der Hochstraße B49<br />
Die über die Gleise führende Hermannsteiner Straße bildet<br />
gleichzeitig auch die einzige fußläufige Verbindung in den<br />
<strong>Wetzlar</strong>er Stadtbezirks Niedergirmes. Dies wird sich u.<br />
a. mit den aktuellen Bau- und Aufwertungsmaßnahmen<br />
im Bereich des neuen zentralen Omnibusbahnhofs und<br />
des Bahnhofs ändern. Die Bahnunterführung wird bis<br />
zur Bahnhofsnordseite, wo ein attraktiver Park- und<br />
Ride-Parkplatz entstehen soll, durchgeführt, so dass<br />
sich die fußläufige Erreichbarkeit der Innenstadt für die<br />
Niedergirmeser Bevölkerung erheblich verbessern wird.<br />
Westlich der Rittal-Arena schließt sich das naturbelassene<br />
Lahnufer mit Fuß- und Radweg und der neuen Lahnbrücke<br />
nach Garbenheim an.<br />
DAS NEUE ZENTRUM<br />
Das Neue Zentrum stellt sich hinsichtlich der<br />
Bebauungstypologien und Nutzungen als ein sehr<br />
heterogenes Stadtgebiet dar, wenngleich seine Grundstruktur<br />
historisch begründet einer deutlichen Blockstruktur folgt.<br />
Den nördlichen Auftakt des Gebietes bildet die leicht<br />
gekrümmte Bahnhofstrasse.<br />
Abb. 38 Das Parkhaus des Shoppingcenters Forum Abb.40 Heterogene Bebauung Fußgängerzone Bahnhofstraße<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
31
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
32<br />
Als eine der Hauptadern des Quartiers fungiert sie seit<br />
der Entstehung des Bahnhofs Ende des 19. Jahrhunderts<br />
als unmittelbare Laufverbindung zwischen Bahnhof<br />
und Altstadt. Die Bahnhofstrasse ist heute als typische<br />
Fußgängerzone mit überwiegend monofunktionaler<br />
Handelsnutzung eingerichtet.<br />
Das bauliche Erscheinungsbild ist abwechslungsreich.<br />
Vereinzelte historische Gebäude wechseln sich mit teils<br />
leer stehenden großmaßstäblichen Einkaufspassagen und<br />
Warenhäusern ab. Der Einbruch und die Umstrukturierung<br />
des Einzelhandels in den späten 90er Jahren, noch verstärkt<br />
durch die Errichtung des Forums 2005 in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft, führte zu einem vermehrten Leerzug einiger<br />
Großimmobilien in der Bahnhofstrasse. Während für das<br />
Herkuleszentrum bereits ein Erneuerungskonzept vorliegt,<br />
ist die Zukunft des Lahnhofes und des Mauritiusgeländes<br />
noch ungewiss. Die begrenzenden Blockstrukturen nach<br />
Westen Richtung Gloelstraße und vor allem nach Osten<br />
Richtung Lahn sind baulich wenig gefasst und bilden diffuse<br />
Räume aus. Zur Lahn hin zeigt sich der Baubestand zudem<br />
nur rückseitig bzw. am Lahnhof als reizloser Parkplatz,<br />
weshalb wenige bis keine Bezüge zum Fluss bestehen.<br />
Die Inselstraße bildet den einzigen Zugangsweg zum<br />
Uferbereich und zum Bootshaus. Zwischen Bootshaus und<br />
Lahnbrücke ist zudem der Radweg unterbrochen. Aufgrund<br />
der Baustruktur, fehlender Aufenthaltsqualitäten und der<br />
Lärm- und Feinstaubimmissionen sind nur noch vereinzelt<br />
Wohnnutzungen in den Obergeschossen vorzufinden.<br />
Im weiteren Verlauf mündet die Bahnhofstrasse in den<br />
weiträumigen Buderusplatz, der einen bedeutenden<br />
Verkehrsknotenpunkt zwischen den vom Durchgangsverkehr<br />
geprägten Haupterschließungsstraßen Gloelstraße und<br />
Karl-Kellner-Ring darstellt. Die platzbildende Bebauung ist<br />
mit Sparkasse, Zeisswerk, Müllergebäude, dem Eulerhaus<br />
und Gründerzeitbebauung typologisch sehr gemischt.<br />
Abb.41 Karl-Kellner-Ring<br />
Vom Buderusplatz gelangt man im Osten über die<br />
Brückenstraße auf die Hausergasse, welche geradeswegs<br />
in die Altstadt führt. Nach Süden erreicht man den Karl-<br />
Kellner-Ring, welcher als breite Einbahnstraße in Richtung<br />
Norden die am stärksten befahrende Verkehrsverbindung im<br />
Innenstadtgebiet ist. Die Straße ähnelt in ihrer Dimension<br />
und Gestaltung einer großstädtischen Verkehrsachse, wie<br />
Abb.41 zeigt.<br />
Die umliegende Bebauung verstärkt diesen Charakter: Der<br />
Verkehrsraum wird von mehrgeschossigen Dienstleistungs-<br />
und Verwaltungsgebäuden (Commerzbank, Kreisverwaltung)<br />
sowie teilweise leer stehenden Warenhäusern und weiteren<br />
Gewerbebauten gesäumt. In den Erdgeschosszonen finden<br />
sich Geschäfte überwiegend im Niedrigpreissegment sowie<br />
vereinzelt gastronomische und kulturelle Einrichtungen,<br />
z.B. das Kino im südlichen Abschnitt .<br />
Die Blockstruktur südöstlich des Karl-Kellner-Ringes<br />
schließt an die Lahn und zeigt sich dieser nur rückseitig.<br />
Am Verbindungsweg vom Karl-Kellner-Ring zur Lahninsel<br />
Colchesteranlage via einer Ponton-Fußgängerbrücke, ist<br />
das Freibad lokalisiert.<br />
Abb.42 Sitz Carl-Zeiss Sports Optics<br />
Nordwestlich des Karl-Kellner-Rings, begrenzt durch<br />
die Dill und die B49 schließt sich das Bannviertel an,<br />
welches von einer kleinteiligen Baustruktur aus Ein-<br />
und Zweifamilienhäusern geprägt ist. Eingestreut in<br />
diese Bebauung finden sich einzelne großmaßstäbliche<br />
Verwaltungs- und Dienstleistungsgebäude. Neben der<br />
Agentur für Arbeit und der Sparkasse befinden sich der<br />
Verwaltungssitz der Bosch- Buderus-Thermotechnik<br />
GmbH und die Carl-Zeiss-Sports Optics GmbH (Abb. 42)<br />
in diesem Quartier. Das ehemalige Verwaltungsgebäude<br />
der Berghütte wird mit dem geplanten Neubau des<br />
Kreishauses künftig leer stehen. Das alte Postgebäude<br />
wird bereits für kulturelle und Bildungszwecke genutzt.
Zudem befindet sich im Keilstück zwischen Lahn und Dill<br />
das Berufsbildungs- und Technologiezentrum Lahn-Dill.<br />
Nordwestlich der B49 schließen sich das Gewerbegebiet<br />
Dillfeld, das Buderus Werksgelände, jetzt Edelstahl,<br />
Duktus und Bosch Thermotechnik, und das stillgelegte<br />
(Heidelberger) Zementwerk an.<br />
Die städtebaulich historische Struktur der Langgasse<br />
(Abb.43), durch die Lahn von der Altstadt getrennt, erzeugt<br />
einen ungewöhnlichen Kontrast zur großräumigen Struktur<br />
in der unmittelbaren Umgebung. Besonders spürbar ist<br />
dies im Baublock zwischen Langgasse und Karl-Kellner-<br />
Ring, wo sich die kleinteilige Bebauung rückseitig zur<br />
hochfrequentierten Verkehrsader öffnet. Zur Lahn hin<br />
grenzen Privatgärten teilweise direkt an das Gewässer an,<br />
wodurch auch hier keine öffentliche Nutzung des Lahnufers<br />
möglich ist. Das Gebiet um die „Altstadtenklave“<br />
Langgasse ist von Mischnutzungen geprägt. Neben<br />
Filialen im niedrigen Preissegment und inhabergeführtem<br />
Einzelhandel in den Erdgeschossen, findet sich verstärkt<br />
Wohnnutzung in den oberen Geschossen. Daneben belegen<br />
Service- und gastronomische Einrichtungen das Gebiet.<br />
Jüngst entstanden ist der Biergarten am Lahnufer des<br />
Haarplatzes, der an Stelle des vorherigen Parkplatzes<br />
die Uferzone aufwertet. Die alte Lahnbrücke bildet die<br />
bereits historisch angelegte Verbindung zwischen den<br />
Innenstadtquartieren links und rechts der Lahn.<br />
Der Karl-Kellner-Ring kreuzt südwestlich parallel dazu,<br />
über den Knotenpunkt Haarplatz, als mehrspurige<br />
Verkehrsverbindung die Lahn und geht schließlich südlich<br />
der Kreuzung Karl-Kellner-Ring/ Ernst-Leitz-Straße in die<br />
Schützenstraße über.<br />
Abb.43 Langgasse<br />
DIE FLÜSSE LAHN UND DILL<br />
Während die Dill eher am Rande gelegen ist, verläuft die<br />
Lahn zentral durch die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt und nimmt<br />
so eine bedeutendere Rolle im Stadtgefüge <strong>Wetzlar</strong>s<br />
ein. Trotz ihrer zentralen Lage besitzen die Flussufer<br />
überwiegend ein natürliches Erscheinungsbild. Im<br />
Innenstadtgebiet beschreibt die Lahn die Scheidungslinie<br />
zwischen Altstadt und Neuem Zentrum. Die trennende<br />
Wirkung kommt vor allem im nördlichen Bereich auf Grund<br />
fehlender Zugangsmöglichkeiten und Sichtbeziehung<br />
aus den anschließenden Stadtquartieren zustande. Auf<br />
der Neustadtseite verläuft parallel zum Flussarm ein<br />
überregionaler Fuß- und Radweg, der Lahntalradweg<br />
R7. Dieser wird jedoch mehrfach durch die direkte<br />
Lage privater Grundstücke am Wasser unterbrochen.<br />
Zudem zeigt die Bebauung dem Fluss hauptsächlich ihre<br />
Rückseite, weswegen es nur zu einer geringen Interaktion<br />
mit der Umgebung kommt. Auf der Altstadtseite ist<br />
der Übergang zwischen Stadt und Gewässer direkter<br />
ausgeführt. Im Bereich der Hausertorstraße, Hauser<br />
Gasse und Mühlgrabenstraße sind die Häuser direkt an das<br />
Wasser gebaut. Auf Höhe des Freibades verzweigt sich die<br />
Lahn und bildet zwei Lahninseln aus. Die Insel nördlich<br />
der alten Lahnbrücke, die heutige Colchesteranlage, ist<br />
als Parkanlage eingerichtet, wobei der nördlich Teil mit<br />
Parkplätzen belegt ist. Die beidseitigen Brücken formen<br />
die Insel zu einem „Stepping-Stone“ zwischen Altstadt<br />
und Neuem Zentrum.<br />
Abb.44 Colchesteranlage<br />
Die zweite Lahninsel ist zu Zweidritteln mit dem Stadion<br />
belegt, welches durch Brücken gut an die Lahnufer<br />
angebunden ist. Der obere Teil, mit direktem Zugang zur<br />
Altstadt, wird vorrangig als Parkplatz genutzt. Südwestlich<br />
des Stadions mündet die Dill in die Lahn, der einzige noch<br />
existierende Berührungspunkt beider Flüsse.<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
33
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
34<br />
An der wesentlich schmaleren, beidseitig von Bäumen<br />
gesäumten Dill grenzen im Innenstadtbereich Baufelder<br />
mit Ein- und Zweifamilienhäusern an. Mit Ausnahme des<br />
Dillradweges ist kein bewusster Bezug des Flusses zum<br />
Stadtgefüge wahrnehmbar. Im oberen Bereich, nördlich<br />
der Querung der Gleise und der B49, verläuft die Dill<br />
geradewegs durch das Gewerbegebiet Dillfeld.<br />
Für die Bedeutung der Lahn als Tourismus- und<br />
Wirtschaftsfaktor sind neben dem Fahrradtourismus<br />
die Kanusportler verantwortlich. Zudem geht die Lahn<br />
nach Norden in Richtung Gießen in den Lahnpark über<br />
(Abb.45), dessen integrales <strong>Entwicklungskonzept</strong> es sich<br />
zum Ziel gesetzt hat, die Lahnaue zwischen den Städten<br />
und Gemeinden <strong>Wetzlar</strong>, Gießen, Heuchelheim und Lahnau<br />
als zentralen Grünbereich durch Maßnahmen und Projekte<br />
aus den Bereichen:<br />
• Erholung, Freizeit, Tourismus,<br />
• Landwirtschaft, Naturschutz und<br />
• Siedlungsentwicklung und Infrastruktur<br />
einvernehmlich zu gestalten und weiter zu entwickeln.<br />
DIE ALTSTADT<br />
Die Altstadt ist das Herz von <strong>Wetzlar</strong> und wegen ihrer<br />
einmaligen Struktur noch heute Imageträger der Stadt.<br />
Außerdem stellt sie einen wesentlichen Anziehungspunkt<br />
für <strong>Wetzlar</strong> Besucher und Touristen dar. Aufgrund ihrer<br />
topografisch erhöhten Lage und dem alles überragenden<br />
Dom ist sie schon von weitem sichtbar.<br />
Die gut erhaltene dichte Baustruktur aus Fachwerkhäusern<br />
bildet ein feinadriges Netz aus engen Gassen und<br />
charakteristischen Platzräumen.<br />
Der westliche Teil der Altstadt ist von zentralen<br />
Fußgängerzonen mit kleinteiligem, meist inhabergeführtem<br />
Einzelhandel im überwiegend höheren Preissegment<br />
durchzogen. Die Altstadt weist derzeit eine zu geringe<br />
Frequenz und Kaufkraft auf. Die Verkaufsflächen in den<br />
kleinen Ladenlokalen reichen zuweilen nicht mehr aus,<br />
weshalb es auch hier vermehrt zu Geschäftsleerständen<br />
kommt. Die Obergeschosse sind vorrangig durch<br />
Wohnnutzung belegt, wie auch der östliche Teil der Altstadt.<br />
Hier ist im Zuge der Altstadtsanierung vermehrt moderner<br />
Wohnraum hinzugekommen, der allerdings in den letzten<br />
Jahren an Wohnwert verloren hat, weil die Wohnungen nur<br />
noch bedingt dem nachgefragten Standard (kinder- und<br />
altengerechte Bauweise) entsprechen. Dies führt vermehrt<br />
zu Leerstand in der historischen Bausubstanz. Neben<br />
der Wohn- und Einkaufsfunktion weist der historische<br />
Stadtkern ein reichhaltiges gastronomisches und kulturelles<br />
Angebot auf, wodurch der Attraktivitätsgrad dieses<br />
Stadtquartieres wesentlich gesteigert wird (Abb.46).<br />
Neben dem Dom fungieren diverse Museen wie das Stadt-<br />
und Industriemuseum, das Palais Papius oder das Viseum<br />
sowie die Stadthalle als Magneten in der Altstadt. Um<br />
den Bebauungskern der Altstadt verläuft ringartig entlang<br />
der ehemaligen Befestigungsmauer (einige Relikte der<br />
Stadtmauer sind noch sichtbar) eine gesamtstädtisch<br />
bedeutsame Grünanlage. Der hügelige Altstadtgrüngürtel<br />
ist in unterschiedlich nutzbare Zonen eingeteilt. Das<br />
Rosengärtchen beherbergt eine Freilichtbühne, die Siena-<br />
Promenade ist als Parkanlage eingerichtet und in der<br />
Zone nördlich der als Parkplatz genutzten Avignonanlage<br />
befindet sich ein Spielplatz.<br />
Abb.45 Lahnpark
3.2. BAUSTRUKTUR<br />
Im Norden, Osten und Süden der Altstadt schließen<br />
sich mit ansteigendem Gelände Wohnquartiere aus<br />
hauptsächlich Ein- und Zweifamilienhäusern und<br />
vereinzelten Verwaltungs- und Dienstleistungsgebäuden<br />
an. Diese Gebiete werden von baumreichen Grünzügen<br />
durchzogen, die weit in die Stadt hineinreichen.<br />
Eine natürliche Grenze wird im Westen durch die Lahn<br />
definiert. Die frühere, häufig auch funktionale Verbindung<br />
der Häuser mit dem Gewässer ist gegenwärtig nicht mehr<br />
vorhanden.<br />
Im Südwesten bzw. Südosten wird die Altstadt unmittelbar<br />
von dem stark befahrenen Karl-Kellner-Ring bzw.<br />
der Schützenstraße tangiert, wobei hier die einzige<br />
Fußgängerquerung nur über eine unwirtliche Unterführung<br />
funktioniert (Abb.47).<br />
Das daran anschließende Gebiet wird von den Gebäuden des<br />
früheren Leitzwerkes, die heute von der Stadtverwaltung<br />
<strong>Wetzlar</strong> und dem Nachfolgeunternehmen Leica Microsystems<br />
GmbH belegt sind, und der dahinter aufsteigenden Ruine<br />
des Kalsmunt dominiert.<br />
Kleinteilige Altstadtstruktur<br />
Abb.46 Gastronomisches Angebot in der Altstadt<br />
Abb.47Hinweisschild Fußgängerunterführung südliche Altststadt<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
35
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
36<br />
P<br />
P<br />
Gewässer<br />
Grünzüge in die Stadt<br />
Sport-/ Parkanlagen<br />
Grüngürtel Altstadt<br />
Dichte kleinteilige Altstadtstruktur<br />
innerhalb Stadtmauer<br />
Dichte kleinteilige Altstadtstruktur<br />
außerhalb Stadtmauer<br />
Denkmal mit hohem Stellenwert<br />
Unterführung am Bahnhof<br />
Fußgängerzone Bahnhofstraße<br />
wichtige Verbindung mit Erholungsfunktion<br />
wichtiger Lahnübergang/ Brücke<br />
historischer Platz Altstadt<br />
typische Gassenstruktur Altstadt<br />
innenstädtische Parkgelegenheit ebenerdig<br />
innerstädtische Parkgaragen<br />
Unternehmen von überregionaler Bedeutung<br />
Einkaufszentrum Forum mit überregionaler<br />
Bedeutung<br />
Kultur- und Bildungseinrichtungen mit hohem<br />
Stellenwert<br />
Abb.48 Stärken der Innenstadt
2.3 STÄRKEN UND SCHWÄCHEN<br />
2.3.1 STÄRKEN WETZLARS<br />
In der Abb.48 und der nachfolgenden Tabelle sind die Stärken<br />
der Innenstadtquartiere zusammengefasst.<br />
Stärken<br />
Mobilität Guter Autobahnanschluß und gute<br />
Anbindung an das überörtliche Straßennetz<br />
durch die B49;<br />
Gute Erreichbarkeit der Innenstadt;<br />
Parkplätze in Altstadtnähe;<br />
Parken innerhalb der Altstadt möglich;<br />
Einrichtung Citybus; Gute Bahnanbindung;<br />
Eigenständiges Stadtbusnetz ;<br />
Bausubstanz<br />
Neues Zentrum/ vereinzelt historische Bausubstanz;<br />
Bahnhofsquartier großräumige Handels- und Gewerbebauten<br />
haben Nutzungspotenzial;<br />
Nutzung<br />
Altstadt dichte kleinteilige Baustruktur (Fachwerk);<br />
Gebäude unter Denkmalschutz;<br />
Neues Zentrum/ Sitz international tätiger Unternehmen im<br />
Bahnhofsquartier Bereich Stahlindustrie (Buderus) sowie<br />
feinmechanischer und optischer<br />
Unternehmen Leica (Leitz), Hensoldt (Zeiss);<br />
Einkaufszentrum Forum von überregionaler<br />
Bedeutung und weitere<br />
Einkaufsmöglichkeiten (z.B.Herkulescenter);<br />
Standort von Dienstleistungen, öffentlichen<br />
Einrichtungen, Gastronomie;<br />
Altstadt inhabergeführter und hochwertiger<br />
Einzelhandel, Kultur und Gastronomie im<br />
zentralen Altstadtbereich;<br />
Wohnen über Geschäften;<br />
touristische Attraktionen wie Museen;<br />
Öffentliche Freiräume Lahn und Dill als charakteristische<br />
Landschaftselemente der Stadt;<br />
Grüngürtel rundum die Altstadt;<br />
prägnante Plätze in der Altstadt;<br />
Sport + Erholung Lahninseln mit Aufenthaltsqualitäten z.B.<br />
Colchesteranlage, Stadion;<br />
Freibad am Lahnufer;<br />
Grüngürtel um Altstadt mit Freilichtbühne;<br />
Abb.49 Fernglas Hensoldt<br />
Abb.50 Lahn als Aufenthaltsraum in der Innenstadt<br />
Abb.51 Die Altstadt mit hoher Lebensqualität<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
37
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
38<br />
P<br />
Bundesstraße B49 - Verkehrsschneise<br />
durch Stadtgebied<br />
hohe Verkehrsbelastung: Gloelstraße, Karl-Kellner-<br />
Ring, Moritz-Hensoldt-Straße, Schützenstraße<br />
(teilweiser) Leerstand ehemaliger<br />
Waren- und Handelshäuser im Neuen Zentrum<br />
minderwertige Ausstrahlung Bebauung<br />
Gebäude mit Maßstabsbruch<br />
großflächige Parkplätze<br />
Schwerpunktgebiet mit räumlichen +<br />
funktionalen Mißständen<br />
rückseitige Orientierung zur Lahn<br />
unterbrochener Fuß- und Fahrradweg<br />
weitläufige Verkehrskreuzungspunkte mit<br />
undeutlicher Wegeführung<br />
Unterführung als Fußgängerquerung<br />
wenig repräsentative Eingänge in Altstadt<br />
teilweiser Leerstand der Ladenlokale bzw.<br />
Leerstand in Obergeschoßen in der Altstadt<br />
teilweise verbesserungswürdige Aufentahltsqualität<br />
der öffentlichen Räume innerhalb der Altstadt<br />
Abb.52 Schwächen der Innenstadt
2.3.2 SCHWÄCHEN WETZLARS<br />
In der Abb.52 und der nachfolgenden Tabelle sind die Problempunkte<br />
der Innenstadtquartiere zusammengefasst.<br />
Mobilität<br />
Bausubstanz<br />
Neues Zentrum/ schlechter Bauzustand bzw. minderwertiges<br />
Bahnhofsquartier Erscheinungsbild einiger großvolumiger<br />
Handels- und Gewerbebauten;<br />
Rückseitige Orientierung zur Lahn;<br />
Nutzung<br />
Altstadt<br />
Neues Zentrum/ teilweise Leerstand ehemaliger Warenhäuser<br />
Bahnhofsquartier und Handelsbauten in Bahnhofstraße und<br />
K-K-Ring;<br />
zu wenig Angebot und/oder Nachfrage;<br />
unzureichend genutzte (Grundstücks)flächen;<br />
fehlende Frequenz im Gebiet;<br />
fehlendes Freizeit- und Kulturangebot<br />
(für Jugendliche);<br />
wenig Einwohner und Wohnungen;<br />
keine wohnbezogene Infrastruktur;<br />
Altstadt<br />
Öffentliche Freiräume<br />
Sport + Erholung<br />
Schwächen<br />
B49 bildet Schneise durch Stadtgebiet -><br />
Übergang Neues Zentrum und Forum/<br />
Bahnhof/ nach Niedergirmes;<br />
Hohes Verkehrsaufkommen rundum<br />
Karl-Kellner-Ring;<br />
zu weitläufige Verkehrskreuzungspunkte mit<br />
undeutlicher Wegeführung;<br />
zu hohe Parkbelastung in Altstadt;<br />
großer Flächenverbrauch für Parkplätze;<br />
unzureichende Verbindungen zwischen<br />
Neuem Zentrum, Altstadt und Umgebung vor<br />
allem für Fußgänger und Fahrradfahrer;<br />
Fußgängerquerungen als Unterführung;<br />
Stadthaus am Dom in Maßstab und<br />
Gestaltung stark kontrastierend + weist<br />
bauliche Mängel auf;<br />
teils nicht zeitgemäßer Gebäudestandard;<br />
wenig private Freiräume;<br />
historische Bausubstanz wenig kind- und<br />
altersgerecht<br />
teilweise leerstehende Ladenlokale durch<br />
fehlende Nachfrage bzw. zu kleine<br />
Verkaufsflächen;<br />
Leerstand in Obergeschoßen der<br />
Altbausubstanz durch nicht zeitgemäßen<br />
Bauzustand;<br />
wenig junge Menschen/ Familien in der<br />
Altstadt wohnhaft;<br />
Mangel an Versorgung für täglichen Bedarf;<br />
fehlendes Freizeit- und Kulturangebot<br />
(für Jugendliche);<br />
viele Freiflächen werden als Parkplätze<br />
genutzt z.B. Haarplatz, Lahninsel,<br />
Steighausplatz;<br />
großflächige Plätze im Neuen Zentrum haben<br />
als Verkehrskreuzungspunkte keine<br />
Aufenthaltsqualität z.B Buderusplatz;<br />
unzureichende Einbeziehung der Lahn,<br />
insbesondere des Lahnufers sowie der Dill;<br />
wenig Verbindung zwischen Lahn und Dill;<br />
potenzielle Aufenthaltsqualitäten an der Lahn<br />
werden noch zu wenig genutzt;<br />
unterbrochener Fuß- und Radweg entlang der<br />
Lahn;<br />
Lahninseln werden teilweise als Parkplätze<br />
genutzt;<br />
Abb.53 Verkehrsbelastung im Karl-Kellner-Ring<br />
Abb.54 Großflächige Parkplätze am Altstadtrand<br />
Abb.55 Leerstand des Warenhauses Mauritius<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
39
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
40<br />
2.4. IDEEN UND WÜNSCHE DER WETZLARER BÜRGERSCHAFT<br />
Um eine möglichst breite Basis für das <strong>Entwicklungskonzept</strong><br />
zu kreieren, kommt der Bürgerbeteiligung im<br />
Planungsprozess eine wichtige Rolle zu. Am 26. Februar<br />
2011 wurde mit interessierten und engagierten Bürgern<br />
ein Workshop zur zukünftigen Innenstadtentwicklung<br />
<strong>Wetzlar</strong>s durchgeführt.<br />
Mittels drei parallel laufender Themenworkshops (Abb. 56-<br />
62) zu den Teilbereichen 1. Altstadt, 2. Neues Zentrum und<br />
3. Stadt und Fluss wurden viele Meinungen, Wünsche und<br />
Ideen gesammelt, die dazu beitragen sollen, eine Vision für<br />
die Entwicklung der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt in den nächsten<br />
20 Jahren und darüber hinaus zu skizzieren, aber auch<br />
konkreten Handlungsbedarf aufzuzeigen.<br />
Ziel des Workshops war es vor allem, Entwicklungsrichtungen<br />
bezüglich der zukünftigen Erschließung, der räumlichen<br />
Gestaltung sowie der Nutzung und Nutzungsverteilung<br />
für die Altstadt, den Bereich rundum die Bahnhofstraße<br />
und den Karl-Kellner-Ring sowie für die Lahn und deren<br />
Uferbereiche aufzuspüren.<br />
Um ein möglichst breites Meinungsspektrum zu bekommen<br />
durchlief jeder Teilnehmer alle drei Workshops und<br />
konnte sich somit bestmöglich in alle Themenbereiche<br />
einbringen.<br />
Jedem Workshop waren Kernthesen als gezielte<br />
Entwicklungsszenarien vorangestellt, die ergänzt durch<br />
unterstützende Fragestellungen zu den Themen Nutzung<br />
und Nutzungsverteilung, Baustruktur, verkehrliche<br />
Erschließung, öffentliche Freiräume und Parken die<br />
Teilnehmer zur Diskussion und Meinungsäußerung anregen<br />
sollten. Die Ergebnisse aus den Workshops wurden in einem<br />
gemeinsamen Plenum vorgestellt und erläutert (Ab.56).<br />
PLENUM<br />
IDEEN-TISCH 1 IDEEN-TISCH 2 IDEEN-TISCH 3<br />
PLENUM<br />
Abb.56 Ablauf Ideenworkshop<br />
Abb.57 Workshopimpression<br />
Abb.58 Ideentisch Altstadt<br />
Abb.59 Umsetzungsideen Altstadt
SCHLUSSFOLGERUNGEN AUS DEM WORKSHOP<br />
Für die 3 Themenbereiche ergeben sich folgende<br />
Ergebnisse.<br />
Die Altstadt muss als multifunktionales, identitätsstiftendes<br />
Herz für die gesamte Stadt <strong>Wetzlar</strong> kontinuierlich<br />
weiterentwickelt werden. Ein „gelockerter“ Denkmalschutz<br />
sollte hier in Einklang stehen mit modernen Wohnformen,<br />
Arbeiten, Handel und Kultur. Der Grüngürtel sowie die<br />
charakteristischen Platzräume der Altstadt sind zu erhalten<br />
und ihre Aufenthaltsqualität steigern. Wohnungsnahe<br />
sowie kunden- und besucherfreundliche Kfz-Stellplätze<br />
sollten in genügender Zahl und zu einem angemessenen<br />
Preis zur Verfügung stehen. Hinsichtlich des Stadthauses<br />
am Dom wünscht sich die Mehrheit eine Neubebauung<br />
mit multifunktionaler Nutzung, die sich harmonisch in die<br />
Altstadtstruktur einfügt.<br />
Für den Bereich Bahnhofstraße und Karl-Kellner-Ring<br />
erhofft man sich eine Neudefinition des gesamten Gebiets in<br />
Richtung eines lebendigen innerstädtischen Stadtquartiers,<br />
das durch einen Mix aus Wohnen, kommerziellen Nutzungen<br />
(Einzelhandel, Dienstleistungen), Kultur-, Bildungs- und<br />
Freizeiteinrichtungen geprägt ist. Ausdrücklich wurde der<br />
Wunsch nach einer innerstädtischen Verkehrsberuhigung<br />
ausgesprochen. Eine bewusstere Integration der Lahn<br />
und eine verbesserte Verknüpfung mit der Altstadt sind<br />
weiterführende Ziele.<br />
Die Bedeutung der Lahn als verbindendes Element innerhalb<br />
der Stadt <strong>Wetzlar</strong> und ihr einmaliges Potenzial hinsichtlich<br />
der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Uferzonen<br />
wurden deutlich herausgestellt. Diese Chancen gilt es zu<br />
nutzen, sowohl für eine Wohnbebauung am Wasser als<br />
auch für die Schaffung eines attraktiven Erlebnis- und<br />
Naturraums mit einem hohen Freizeit- und Erholungswert<br />
für die <strong>Wetzlar</strong>er Bevölkerung und die Besucher der<br />
Stadt. Eine durchgehende Verbindung für Fußgänger und<br />
Radfahrer entlang des Flusses war eines der am meisten<br />
geäußerten Anliegen (Abb. 61).<br />
Im Workshop konnten nicht nur die gewünschten<br />
Entwicklungsrichtungen gemeinsam ausgelotet werden,<br />
sondern durch die persönlichen Erfahrungen und die oft<br />
langjährige Verbundenheit der Bürger mit ihrer Stadt<br />
konnten auch die vom Planungsbüro analysierten Stärken<br />
und Schwächen weiter spezifiziert bzw. ergänzt werden.<br />
Die Mehrheit der Teilnehmer und die Initiatoren vom<br />
Planungsbüro und der Stadtverwaltung betonten, dass<br />
dieser Tag ein wichtiger Schritt für die Aufstellung des<br />
Innenstadtentwicklungskonzeptes für die <strong>Wetzlar</strong> gewesen<br />
ist. Der Verlauf und die gewählte Methodik wurden als<br />
zielführend bewertet und der ausdrückliche Wunsch<br />
geäußert derartige Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung<br />
in Zukunft fortzusetzen.<br />
Abb.60 Ideentisch Stadt und Fluss<br />
Abb.61 Umsetzungsideen Stadt und Fluss<br />
Abb.62 Abschlussplenum<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
41
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
42<br />
2.5 SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />
2.5.1 ZUSAMMENFASSUNG: DAS BILD DER INNENSTADT<br />
Betrachtet man die Innenstadt objektiv, fallen besonders<br />
die vielen Facetten und allgegenwärtigen Gegensätze<br />
der Stadt auf. In ihrer strukturellen Vielfalt lassen sich<br />
wie selten die abwechslungsreiche Geschichte der Stadt<br />
und ihre verschiedenen Gesichter ablesen. Das häufige<br />
Gegenüber von Identitätsstiftendem und Ungestaltetem,<br />
Altem und Modernem, Kleinmaßstäblichem und<br />
Großmaßstäblichem, Auslastung und Leerstand, Ruhigem<br />
und Lautem, Enge und Weite, Topographie und Ebene,<br />
Tradition und Innovation ist charakteristisch für die<br />
Innenstadt <strong>Wetzlar</strong>s (siehe Abb. 63).<br />
Das Bahnhofsquartier mit dem Shoppingmagnet<br />
Forum und das Neue Zentrum mit dem Sitz von<br />
Hochtechnologieunternehmen und verschiedenen<br />
Verwaltungsgebäuden definieren das wirtschaftliche<br />
Zentrum der Innenstadt mit überregionaler Bedeutung.<br />
Infolgedessen sind diese Stadtquartiere von starken<br />
Verkehrsströmen geprägt, der stark befahrenen<br />
Bundesstrasse B49 und der innerstädtischen<br />
Hauptverbindung Goelstraße / Moritz-Hensoldt-Straße<br />
/ Karl-Kellner-Ring. Damit nimmt vor allem das Neue<br />
Zentrum u. a. auch den Charakter eines Durchgangsgebietes<br />
an. Die weitläufigen, autogerechten Verkehrsräume<br />
formen im Zusammenwirken mit der vorwiegend<br />
großmaßstäblichen Bebauung und der dominierenden<br />
Gewerbe,- Handels- und Dienstleistungsnutzung eine<br />
geschäftige Transferzone mit diffusen Baublöcken und<br />
Freiräumen (Abb.64). Diese städtebauliche Formation<br />
verfügt über wenig Aufenthaltsqualität, mit der<br />
Konsequenz, dass entlang der „Hauptschlagader“<br />
Bahnhofstraße-Karl-Kellner-Ring die Wohnfunktion fast<br />
gänzlich verschwunden ist. Mit der Folge, dass nur wenig<br />
soziale Infrastruktur und familienfreundliche Angebote<br />
im Gebiet vorhanden sind. Auch der Einzelhandel<br />
sieht sich, abgesehen vom Forum, einem allmählichem<br />
Qualitätsverlust und Kaufkraftrückgang ausgesetzt, nicht<br />
zuletzt hervorgerufen durch den Wegbruch von ehemaligen<br />
Magneten wie Mauritius oder C&A (Langgasse).<br />
Diese funktionalen Spannungen wirken sich negativ auf<br />
die Bausubstanz und ihre Umgebung aus.<br />
ENGE - WEITE<br />
IDENTITÄTSSTIFTEND - UNGESTALTET<br />
ALT - MODERN<br />
TRADITION - INNOVATION<br />
AUSLASTUNG - LEERSTAND<br />
LAUT - RUHIG<br />
TOPOGRAPHIE - EBENE<br />
GROßMAßSTÄBLICH - KLEINMAßSTÄBLICH<br />
Abb.63 Kontraste der Innenstadt<br />
Die räumlichen und funktionalen Konflikte im Gebiet<br />
scheinen der geordneten Stadtstruktur zu widersprechen.<br />
Darüber hinaus findet die begünstigte Lage der<br />
Stadtquartiere zwischen bzw. an Lahn und Dill im<br />
Stadtgefüge kaum Beachtung.<br />
Die Altstadt ist das kulturelle, imageprägende Herz der<br />
Stadt. Durch die Lahn, den umgebenden Grüngürtel<br />
sowie die stark befahrene Schützenstraße eingefasst und<br />
angesichts der erhöhten Lage, hat sie vermeintlich nur wenig<br />
Kontakt mit den umliegenden Stadtquartieren und wirkt<br />
so fast inselartig. Das malerische Erscheinungsbild, durch<br />
die kleinteilige, gut erhaltene historische Bausubstanz, die<br />
engen Gassen und die beschaulichen Plätze hervorgerufen,<br />
übt eine beträchtliche Anziehungskraft auf Bewohner und<br />
Besucher aus. Der Charme der Altstadt und das Gefühl von<br />
Geborgenheit entsteht vor allem durch den menschlichen<br />
Maßstab der städtebaulichen Struktur. Allein das<br />
Stadthaus am Dom wirkt mit seinen Dimensionen wie ein<br />
Fremdkörper in dieser Umgebung (Abb.65).<br />
Ungeachtet dessen hat die Altstadt in den letzten Jahren,<br />
vor allem in den Abendstunden, mit einer rückläufigen<br />
Frequentierung zu kämpfen. Einerseits lässt sich dies mit<br />
Abb.64 Ehemaliges Warenhaus im Karl-Kellner-Ring Abb.65 Seitenansicht Stadthaus am Dom
dem allmählichen Verlust der Wohnfunktion erklären.<br />
Die überwiegend denkmalgeschützten Häuser genügen in<br />
ihrer Größe und Standard den heutigen Wohnwünschen<br />
nicht mehr. Ein Trend zu allmählichem Leerstand bzw. zur<br />
Überalterung der Altstadtbevölkerung zeichnet sich ab.<br />
Auch ist die historische Altstadtbebauung häufig weder<br />
kind- noch altengerecht. Mit dem erhöhten individuellen<br />
Motorisierungsgrad haben sich zudem die Ansprüche<br />
der Altstadtbewohner bezüglich einer komfortablen<br />
Fortbewegung verändert. Der Altstadtbewohner<br />
wünscht vor seinem Haus zu parken. Aber auch die<br />
Angestellten, Einkaufenden und Tagestouristen fordern<br />
einen lauffreundlichen Abstand vom Parkplatz in die<br />
Altstadt. Damit lässt sich auch die Lage von Parkplätzen<br />
auf exponierten Freiflächen begründen. Andererseits<br />
fehlt der Altstadt die Laufkundschaft. Der traditionelle<br />
Einkaufsstandort konnte aufgrund der Entfernung zum<br />
Forum noch nicht von dessen Kaufkraft profitieren.<br />
Vielmehr hat sich eine Bipolarität der zwei Handelszentren<br />
gebildet. Dazu kommt, dass die Verkaufsflächen der kleinen<br />
Erdgeschoßgeschäfte teilweise nicht mehr dem heutigen<br />
Flächenbedarf entsprechen (Abb.66). Dennoch erfreut<br />
sich die Altstadt fortwährend einer großen Beliebtheit bei<br />
den <strong>Wetzlar</strong>ern und den Besuchern, hervorgerufen durch<br />
ihr Warenangebot, die gastronomischen und kulturellen<br />
Möglichkeiten und das schöne Ambiente. Auch das Gebiet<br />
der Langgasse ist durch die Verbindung Alte Lahnbrücke<br />
angenommener Bestandteil der Altstadt.<br />
Abb.66 Leer stehendes Ladenlokal in der Altstadt<br />
Zwischen den Stadtquartieren verläuft die Lahn. Der<br />
Fluss zeigt sich über den gesamten Verlauf im Stadtgebiet<br />
eher als ruhiger, naturbelassener Grünraum denn als<br />
ein zentrales innerstädtisches, abwechslungsreiches<br />
Landschaftselement. Die Lahnufer sind von Bäumen<br />
gesäumt und haben eine naturbelassene Gestaltung.<br />
Durch die fehlende Orientierung der angrenzenden<br />
Gebiete zum Gewässer wirkt der Fluss wie abgeschirmt.<br />
Der Fuß- und Fahrradweg entlang des Lahnufers wird<br />
teilweise von Privatgrundstücken unterbrochen, die direkt<br />
an das Wasser grenzen. Daneben gibt es, auch auf der<br />
Altstadtseite, kaum direkte Zugänge zum Wasser und nur<br />
wenige Sichtbeziehungen mit den öffentlichen Räumen<br />
der benachbarten Quartiere.<br />
Abb.67 Sicht auf die Lahn und die Hospitalkirche<br />
Allerdings sind die Übergänge zwischen Stadt und Fluss<br />
auf der Altstadtseite historisch bedingt sanfter ausgeführt.<br />
Die Brückenstraße, die Fußgängerbrücke auf Höhe der<br />
Colchesteranlage und vor allem die alte Lahnbrücke<br />
sowie die Stadionbrücke markieren wichtige fußgänger-<br />
und fahrradfreundliche Überquerungen, von denen man<br />
zugleich einen Blick auf das Gewässer erhält. Einen<br />
ganz eigenen Charme haben wiederum die Lahninseln,<br />
die mit Park und Stadion bereits mit öffentlichen<br />
Erholungsfunktionen besetzt sind. Allerdings werden diese<br />
1a-Lagen auch als Parkraum für die Altstadt genutzt.<br />
Mittels Brücken sind sie gut an die Stadtteile angebunden.<br />
Der Lahntalradweg, die Wassersportmöglichkeiten und<br />
der direkte Übergang in den sich entwickelnden Lahnpark<br />
verdeutlichen die touristische Bedeutung der Lahn.<br />
Die Dill verläuft beinah versteckt am Neuen Zentrum<br />
vorbei. Beidseitig dicht gesäumt von Bäumen und den<br />
Rückseiten der Gebäude, besteht kaum Interaktion mit<br />
den angrenzenden Wohngebieten. Zudem bildet die<br />
Bachweide einen wenig attraktiven Verknüpfungspunkt<br />
(mit Entwicklungspotenzial) zwischen Dill und Lahn.<br />
Die Dill findet dementsprechend kaum Beachtung im<br />
täglichen Umgang mit der Innenstadt.<br />
Insgesamt bestehen nur wenige gute Verknüpfungen<br />
zwischen der Stadt und den Flüssen (Abb. 67 und 68)<br />
und das einmalige Potenzial von Lahn und Dill als<br />
innerstädtischer Lebens- und Erlebnisraum wird zu wenig<br />
genutzt.<br />
Abb.68 Lahnzugang an der Brückenstraße<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
43
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
44<br />
2.5.2 RELEVANTE THEMEN FÜR DAS ENTWICKLUNGSKONZEPT<br />
In den vorangegangen Kapiteln sind deutlich die derzeitigen<br />
Kernprobleme, aber vor allem auch die Stärken und die<br />
daraus resultierenden vielfältigen Chancen der <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Innenstadt aufgespürt und benannt worden. Auch die<br />
Bedürfnisse und Wünsche der <strong>Wetzlar</strong>er Stadtnutzer<br />
sind zur Sprache gekommen. Daraus lassen sich gezielte<br />
Entwicklungsansätze ableiten, die zur Stärkung der<br />
Innenstadt und zu Ihrer Profilbildung beitragen können.<br />
Dazu gehört das Aktivieren der bestehenden Identitäten der<br />
Gesamtstadt und der einzelnen <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadtquartiere<br />
(Abb. 74). Die strukturelle Vielfalt in den Quartieren bildet<br />
die Grundlage für funktionale und kulturelle Diversität.<br />
Die Unterschiede sind als Eigenheit anzuerkennen, zu<br />
tolerieren und zu fördern, indem vorhandene Fragmente<br />
gestärkt, gebündelt und ergänzt werden. Diese können<br />
ihre identitätsstiftende Wirkung auf die Nachbarbereiche<br />
erweitern und die Quartiere substanziell stärken. Durch die<br />
gegensätzlichen Identitäten, besonders im Neuen Zentrum,<br />
entstehen zudem neue Stadträume und funktionelle<br />
Chancen, die aufgedeckt und weiterentwickelt werden<br />
müssen. Der Mut zu neuen Synergien, zum Beispiel die<br />
Revitalisierung der Wohnfunktion in Nachbarschaft<br />
zu Technologieunternehmen, ist eine Herausforderung,<br />
die die Innenstadt aufgreifen muss, um sich zu einem<br />
lebenswerten, multifunktionalen Stadtraum zu profilieren<br />
(Abb. 69). Sowieso ist das Wohnen in der Innenstadt ein<br />
unbedingt aufzugreifender Aspekt, damit ein urbanes<br />
lebendiges Innenstadtmilieu entstehen kann. Dazu gehört<br />
das Sichern und Ausbauen von sozialer Infrastruktur,<br />
damit die Innenstadt einerseits zu einem familien- und<br />
kinderfreundlichen Stadtgebiet erstarkt und andererseits,<br />
mit Blick auf die fortschreitenden Überalterung der Städte,<br />
auch für die wachsende Zielgruppe der Senioren attraktiver<br />
wird (Abb. 70). Aber auch die Weiterentwicklung der<br />
innerstädtischen Technologielandschaft ist ein sehr<br />
bedeutsamer Gesichtspunkt, der der Innenstadt einen<br />
großen wirtschaftlichen und imagebildenden Gewinn<br />
bescheren kann.<br />
Mit der funktionalen Stärkung und Neuordnung<br />
einhergehend, ist das stadträumliche Erscheinungsbild<br />
ein wesentlicher anzugehender Problempunkt. Das<br />
heißt, dass ein ausgewogenes Gleichgewicht und bessere<br />
Verbindungen zwischen der Bebauung und den Freiräumen<br />
wiederherzustellen sind (Abb. 71).<br />
Eine weitere, für die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt sehr relevante<br />
Thematik bezieht sich auf das Durchführen umfassender<br />
Eingriffe in die Verkehrsinfrastruktur.<br />
Abb.69 Nutzungssynergien<br />
Abb.70 Soziale Durchmischung<br />
Abb.71 Reparatur der städtebaulichen Struktur
Die dominierenden, weitläufigen Verkehrsräume im Neuen<br />
Zentrum und rund um das Bahnhofsquartier können<br />
auch künftig nicht gänzlich missachtet werden. Im Sinne<br />
eines Fußgänger und Fahrradfahrer verträglicheren<br />
Straßennetzes sind sie aber an den menschlichen<br />
Maßstab anzupassen. Dadurch kann die derzeitige<br />
Verkehrsbelastung vermindert werden und es können<br />
lebens- und erlebenswerte, gut miteinander verbundene<br />
Innenstadtquartiere entstehen (Abb.72). Dabei ist die<br />
bereits vorhandene gute Erreichbarkeit der Innenstadt auch<br />
weiterhin zu gewährleisten, jedoch integrativer zu gestalten.<br />
In diesem Zusammenhang ist auch der Barrierefreiheit ein<br />
besonderes Augenmerk zu widmen und für das Parkproblem<br />
sind Lösungen zu finden, die einerseits den Wünschen und<br />
Bedürfnissen der <strong>Wetzlar</strong>er gerecht werden, anderseits<br />
aber auch stadtraumverträglich ausgebildet sind.<br />
Ein besonderes Augenmerk für die Innenstadtentwicklung<br />
muss auf die bewusste Einbeziehung der Lahn und Dill<br />
in das Stadtbild gelegt werden (Abb.73). Die Flüsse sind<br />
als einzigartige Bestandteile der Stadtstruktur <strong>Wetzlar</strong>s<br />
zu begreifen und in der Folge als verbindende, urbane<br />
Landschaftselemente in die Innenstadt zu integrieren.<br />
Dazu gehört das Herausstellen und Lokalisieren ihrer<br />
Qualitäten, insbesondere die der Flussufer. Diese sind<br />
künftig, den jeweiligen Standorten angemessen zu nutzen<br />
und zu gestalten. Hier ist die Etablierung neuer Funktionen<br />
zum Beispiel des Wohnens richtungsweisend. Bedeutend ist<br />
aber auch der ökologische Beitrag der Landschaftselemente<br />
sowohl für das Stadtklima als auch hinsichtlich der wichtigen<br />
Rolle der Natur in der Stadt. Die umweltrelevanten<br />
Aufwertungseffekte der Flussläufe können sich auch auf die<br />
angrenzenden Grün- und Freiflächen positiv übertragen. Der<br />
neugeschaffene attraktive Lebens- und Erlebnisraum stellt<br />
einen erheblichen Gewinn für die Innenstadtnutzer dar, hat<br />
aber auch bedeutende wirtschaftliche Auswirkungen für<br />
den Tourismussektor.<br />
Abb.72 Verminderung des Durchgangsverkehrs<br />
Abb.73 Integration der Flüsse in das Innenstadtgefüge<br />
Abb.74 Auf der Alten Lahnbrücke<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
45
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
46
Abb.75 Brücken verbinden: Blick auf die Alte Lahnbrücke und die Leitzwerke<br />
3<br />
LEITVISION FÜR DIE<br />
STADTENTWICKLUNG<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
47
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
48<br />
3. LEITVISION<br />
3.1 LEITMOTIVE<br />
Städte haben, den Menschen gleich, einen ganz individuellen<br />
Charakter und sind dementsprechend unverwechselbar.<br />
Jede Stadt hat ihre ganz eigene Entstehungsgeschichte,<br />
die sich im Fingerabdruck der Stadt, im Stadtgrundriss<br />
widerspiegelt (Abb.76 und 77). Dies trifft vor allem auf<br />
die Innenstadt zu, den Kern der Stadtentstehung und<br />
das Aushängeschild für die Stadt. Dieser Leitgedanke<br />
spielt bei der Erstellung des <strong>Entwicklungskonzept</strong>es eine<br />
entscheidende Rolle. Die zur Stärkung der <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Innenstadt beitragenden Entwicklungsziele und die<br />
Handlungsansätze, um diese Ziele zu erreichen, müssen<br />
immer auf den speziellen Ort zugeschnitten werden und sind<br />
von daher nicht austauschbar. Um die Innenstadt auch in<br />
Zukunft konkurrenzfähig, lebenswert und erlebnisfähig zu<br />
erhalten und weiter zu gestalten, muss sich <strong>Wetzlar</strong> seiner<br />
Qualitäten bewusst werden und diese zur Profilbildung<br />
nutzen.<br />
Drei übergeordnete Leitmotive formulieren die künftige<br />
Identität der Stadt, mit der sich <strong>Wetzlar</strong> in Zukunft<br />
nach außen hin präsentieren wird. Vor allem müssen die<br />
Leitmotive aber identitätsbildend für alle <strong>Wetzlar</strong>er sein.<br />
Für die Innenstadt <strong>Wetzlar</strong>s haben sich während der<br />
Bestandsaufnahme und Ideenfindung folgende drei<br />
Leitmotive herauskristallisiert, mit der sich die Stadt<br />
zukünftig identifizieren lässt und die als übergeordnete<br />
Leitlinien die weitere Stadtentwicklung lenken sollen. Die<br />
Leitmotive basieren maßgeblich auf der vergangenen und<br />
der gegenwärtigen Identität der Stadt <strong>Wetzlar</strong>.<br />
- WETZLAR - STADT DER OPTIK UND TECHNOLOGIE<br />
- WETZLAR - STADT AN LAHN UND DILL<br />
- WETZLAR - STADT MIT URBANER LEBENSQUALITÄT<br />
Im Folgenden finden die Leitmotive nähere Erläuterung.<br />
Abb.76 Menschlicher Fingerabdruck<br />
Abb.77 Gegenwärtiger Fingerabdruck Innenstadt <strong>Wetzlar</strong><br />
LEITMOTIV 1 LEITMOTIV 2 LEITMOTIV 3<br />
Abb.78 Die Leitmotive
3.1.1 WETZLAR - STADT DER OPTIK UND TECHNOLOGIE<br />
Die Eisenverarbeitung hat, wie bereits im Abschnitt. 2.2.1<br />
aufgezeigt, eine lange Tradition in <strong>Wetzlar</strong>. Vor allem mit<br />
der stetigen Zunahme von renommierten Unternehmen<br />
in den Branchen Optik und Feinmechanik ab Ende<br />
des 19.Jahrhunderts sowie später der Elektrotechnik,<br />
erarbeitete sich <strong>Wetzlar</strong> einen internationalen Namen<br />
als wichtiger industrieller Wirtschaftsstandort<br />
(Abb.79). In der Innenstadtstruktur kann diese blühende<br />
Technologielandschaft jedoch noch besser positioniert<br />
werden. Dieses Alleinstellungsmerkmal der Stadt und dessen<br />
naheliegendes wirtschaftliches Potenzial gilt es deshalb<br />
künftig nachhaltig zu stärken und weiterzuentwickeln.<br />
Mit der wirtschaftlichen Bedeutung einer Stadt steht und<br />
fällt deren soziale und gesellschaftliche Entwicklung, was<br />
schließlich auch räumliche Konsequenzen hat. Dabei sind<br />
Innovation, Kreativität und Wissensaustausch für eine<br />
wirtschaftlich fortschrittliche Entwicklung der Stadt zu<br />
fördern. Das bedingt auch, die Kenntnis und Kreativität<br />
der <strong>Wetzlar</strong>er als Potenzial zu erkennen und zu nutzen.<br />
Das Leitmotiv zielt darauf ab, mit dem Schwerpunkt im<br />
Neuen Zentrum, (potenzielle) Räume für Aktivitäten im<br />
Bereich Technologie und den dazugehörigen Forschungs-<br />
Wissens- und Bildungseinrichtungen bereit zu stellen. Mit<br />
der Förderung von innerstädtischen Arbeitsplätzen muss<br />
gleichzeitig die Wohnfunktion in den Quartieren stimuliert<br />
werden. Generell ist eine ausgewogene Mischung von<br />
Funktionen anzustreben, um so die Innenstadt künftig<br />
ganztägig zu beleben.<br />
Ferner sollte, für eine noch stärkere Positionierung<br />
des Technologiesektors, das Standortmarketing weiter<br />
intensiviert werden.<br />
In dieser Hinsicht durchaus interessant ist der Aspekt,<br />
dass optische Linsen unmittelbar die Umgebung festlegen.<br />
Selbige Umgebung, auf die wir als Planer mittels Leitvision<br />
und <strong>Entwurf</strong> Einfluss nehmen. Wie Menschen ihre<br />
Umgebung wahrnehmen, wird durch deren Gestaltungsideen<br />
bestimmt. Diese Gestaltung kann wiederum durch Kameras<br />
festgehalten werden.<br />
Abb.79 Im Stadtbild präsente Technologieunternehmen<br />
Abb.80 Leitz -Kamera<br />
Abb.81 Linsen bestimmen die Wahrnehmung<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
49
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
50<br />
3.1.2 WETZLAR – STADT AN LAHN UND DILL<br />
Die bedeutende Rolle der Flüsse innerhalb der Stadt<br />
<strong>Wetzlar</strong> hat sich, im Zuge der beschriebenen Entwicklungen<br />
in den letzten Jahrzehnten, weitestgehend gewandelt. Von<br />
den innerstädtischen Landschaftselementen Lahn und Dill<br />
geht nicht mehr genug Strahlkraft aus, um das Potenzial<br />
als Identitätsträger <strong>Wetzlar</strong>s angemessen ausschöpfen<br />
zu können, so wie dies in der Vergangenheit der Fall war<br />
(siehe Abschnitt 2.2.2.) Zudem fungieren die Flüsse heute<br />
zu wenig als verbindende Elemente (Abb.83) zwischen<br />
den Stadtquartieren, sondern haben vielmehr eine<br />
Barrierewirkung.<br />
Im vorliegenden <strong>Entwicklungskonzept</strong> erhält das Wasser<br />
wieder eine stärkere Bedeutung und wird zu einem<br />
wesentlichen Bestandteil der Natur, die eine zentrale<br />
Rolle im Stadtgefüge einnimmt. Dieser Gedanke basiert<br />
auf dem Grundsatz, das gewachsene Gebilde Stadt als<br />
ganzheitliches Ökosystem zu verstehen. Innerhalb dieses<br />
Ökosystems kann die Kraft der Natur einen wesentlichen<br />
Beitrag zur Verbesserung der Lebensumgebung leisten. Ziel<br />
muss es deshalb sein, das Grundbedürfnis des Menschen<br />
nach Natur als integrale Aufgabenstellung zu begreifen.<br />
Die Grün- und Wasserstrukturen der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt<br />
sind nicht als eigenständige, nur auf sich selbst bezogene<br />
Systeme zu verstehen, sondern als Bestandteile des<br />
gesamten „Stadtpuzzles”.<br />
Abb.82 Die Stadtstrukturen als Puzzleteile<br />
Abb.83 Blick auf die Lahn und die alte Lahnbrücke<br />
Die Gewässer übernehmen einerseits wichtige Funktionen<br />
für die Bewohner und Besucher <strong>Wetzlar</strong>s. Andererseits sind<br />
sie für die Gewährleistung der Biodiversität (biologische<br />
Vielfalt) in der Stadt verantwortlich, eine existentielle<br />
Aufgabe für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Die<br />
bestehenden Grün- und Wasserstrukturen müssen zwar<br />
als Puzzleteile der Gesamtstadt funktionieren (Abb.82),<br />
gleichwohl können und sollen sie aber auch jeweils eine<br />
eigene Identität herausbilden.<br />
Die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt muss ihre vielseitigen<br />
Freiraumstrukturen, insbesondere das Landschaftselement<br />
Lahn sei hier genannt, als wertvolle Qualitäten begreifen.<br />
Das Leitmotiv „<strong>Wetzlar</strong> - Stadt an Lahn und Dill“ verfolgt<br />
deshalb das Ziel, die Flüsse Lahn und Dill sowie die daran<br />
anschließenden Grünstrukturen für die Stadt und ihre<br />
Bewohner und Besucher als Lebens- und Erlebnisraum<br />
aufzuwerten. Durch das (Wieder)herstellen und Stärken<br />
der physischen Bedingungen von Lahn- und Dillufer werden<br />
die Gewässer besser in das Stadtgefüge integriert und<br />
nutzbar gemacht. Die Flüsse leisten dadurch nicht nur einen<br />
positiven Beitrag für ihr eigenes Erscheinungsbild, sondern<br />
können ihre neugewonnenen, gestärkten Qualitäten auf die<br />
angrenzenden Stadtquartiere übertragen. Zudem sind sie<br />
ausschlaggebend für die Entwicklung <strong>Wetzlar</strong>s hin zu einer<br />
umweltgerechten, nachhaltigen Stadt.<br />
Die innerstädtischen Freiraumstrukturen verbinden und<br />
erfüllen gleichzeitig eine zentrale Rolle als Identitätsträger<br />
für die gesamte Stadt <strong>Wetzlar</strong>.
3.1.3 WETZLAR - STADT MIT URBANER LEBENSQUALITÄT<br />
Menschen betrachten Städte als die am meisten<br />
ansprechenden Orte zum Leben, zum Arbeiten, zum<br />
Lernen, zum Einkaufen, zum Vergnügen und um einander<br />
zu begegnen. Die verschiedenen Quartiere einer Stadt<br />
müssen sich durch die Kraft ihrer eigenen Identität lebendig<br />
erhalten, zugunsten eines multifunktionalen Stadtmilieus<br />
mit einem Mix aus Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kultur,<br />
Tourismus und Aufenthalts- und Erholungsfunktion.<br />
Mit dem Leitmotiv „Stadt mit urbaner Lebensqualität“<br />
soll erreicht werden, dass sich die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt<br />
zu einem städtischen Ort mit urbaner Lebensqualität<br />
manifestiert, den die <strong>Wetzlar</strong>er gern als Lebensort<br />
annehmen, in dem sie sich wohlfühlen und mit dem sie<br />
sich identifizieren, Alte und Junge, Arme und Reiche,<br />
Einheimische und Migranten (Abb.84).<br />
Jedes einzelne Quartier hat seine individuelle Struktur, die<br />
bestimmte Funktionen beherbergt. Diesen ausschlaggebenden<br />
Aspekt muss das Leitmotiv berücksichtigen. Hauptaufgabe<br />
ist es, die problematischen, dem Leitmotiv entgegenstehenden<br />
Eigenschaften der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadtquartiere, sowohl<br />
auf räumlichem Gebiet (von öffentlichen Räumen bis<br />
auf Gebäudeniveau) als auch auf der Nutzungsebene, zu<br />
beheben und wenn nötig durch neue „Teile“ zu ersetzen<br />
bzw. verstärkend zu ergänzen. Das betrifft insbesondere das<br />
Angleichen und Anpassen der Verkehrsinfrastruktur an die<br />
umliegenden räumlichen und funktionalen Strukturen.<br />
Unsere derzeitigen gesellschaftlichen Lebensumstände<br />
sind eng mit dem Verstädterungsprozess verbunden.<br />
Darum muss der städtische Lebensraum, in Form von<br />
gut funktionierenden Stadtquartieren, bestmöglich<br />
darauf abgestimmt werden. Mittels bedürfnisorientierter,<br />
zukunftsgerichteter Funktionen, einer guten Erreichbarkeit<br />
und durch eine attraktive Gestaltung der öffentlichen<br />
Räume und der diese umgebenden Architekturen können<br />
die Innenstadtquartiere sich zu Räumen mit hoher Lebens-<br />
Arbeits- und Erholungsqualität entwickeln.<br />
Die strukturellen Unterschiede in den Quartieren sind<br />
dabei als großes Potenzial und Herausforderung zu<br />
begreifen, weil sie die Chance für neue räumliche und<br />
funktionale Synergien bieten. Vorhandene Fragmente<br />
müssen gebündelt, gestärkt und erweitert werden,<br />
um eine identitätsstiftende Wirkung für die Quartiere<br />
hervorzurufen. Um der Innenstadtverödung Einhalt<br />
zu gebieten, kann die generell dort zu regenerierende<br />
Wohnfunktion zum Beispiel mittels neuer Wohnformen, wie<br />
Wohnen am Wasser, auch in Kombinationen mit anderen<br />
Funktionen, etabliert werden.<br />
Abb.84 Blick auf den Mühlgraben<br />
Mut zur Bildung neuer Synergien und zum Setzen<br />
neue Akzente und Maßstäbe kann wesentlich zu einer<br />
Steigerung der Attraktivität der Stadtquartiere beitragen.<br />
Beispielgebenden Pilotprojekten sind als Initialzündung<br />
für eine positive Quartiersentwicklung zu fördern und zu<br />
unterstützen.<br />
Dazu gehört aber auch das Streben nach einer<br />
zusammenhängenden, klaren städtebaulichen Struktur.<br />
Die für viele europäische Städte charakteristische<br />
Blockstruktur der Bebauung findet sich auch in der<br />
<strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt wieder. Sie definiert die “DNA”<br />
der Stadt und funktioniert deshalb zeitlos. Die derzeitigen<br />
räumlichen und funktionalen Konflikte im Gebiet<br />
machen die geordnete Stadtstruktur nur noch begrenzt<br />
ablesbar. Durch die Wiederherstellung und Neuordnung<br />
dieser Struktur erhalten die städtischen Räume eine<br />
bessere, logischere Lesbarkeit und eine für die Nutzer<br />
angenehmere Qualität. Dabei müssen die „Korngröße“,<br />
also die Maßstäblichkeit, und das Erscheinungsbild der<br />
bestehenden Bausubstanz unter die Lupe genommen<br />
sowie unter Umständen die architektonische Qualität neu<br />
beurteilt werden.<br />
Innerhalb dieses Leitgedankens spielt die Wechselwirkung<br />
zwischen Städtebau und Architektur eine wesentliche Rolle<br />
für das Gelingen einer erfolgreichen Stadterneuerung.<br />
Einerseits ist der städtische Kontext entscheidend, in dem<br />
ein Gebäude seine Stärke ableitet. Andererseits dienen<br />
Gebäude als Bausteine zur Formung und Gestaltung der<br />
öffentlichen Räume. Darüber hinaus müssen sich in der<br />
Leitvision Vergangenheit und Gegenwart auf optimale<br />
Weise verbinden und ergänzen.<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
51
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
52
4<br />
ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />
Abb.85 <strong>Wetzlar</strong> - eine lebenswerte Stadt<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
53
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
54<br />
4. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />
4.1 IDEE DER WETZLARER „INSELN”<br />
Die Betrachtung der Entstehungsgeschichte <strong>Wetzlar</strong>s hat<br />
gezeigt, dass eine inselartige Struktur, sowohl hinsichtlich<br />
der räumlichen als auch funktionalen Entwicklung,<br />
fortwährend die Identität der Stadt mitgeprägt hat.<br />
Ob man sich die naturräumliche Ausbildung der<br />
Stadt in Form von Inseln zwischen Dill und Lahn<br />
anschaut (Abb.86) oder sich mit der baugeschichtlichen<br />
Entstehung der mittelalterlichen Stadtquartiere bis hin<br />
zu den Arbeiterquartieren während der Industrialisierung<br />
beschäftigt, im Grunde war die Inselidee immer in<br />
der Innenstadt <strong>Wetzlar</strong>s verwurzelt. Selbst im großen<br />
Maßstab lässt sich in der Entstehung und Anordnung der<br />
umliegenden, für sich selbst funktionierenden und durch<br />
Grünzüge vom Kernbereich getrennten Stadtteile, diese<br />
Struktur wiederfinden (siehe Abb.31, Seite 27).<br />
Dieses einzigartige Merkmal <strong>Wetzlar</strong>s soll bewusst als<br />
übergeordnetes Prinzip für die zukünftige Entwicklung<br />
der Stadt dienen. Damit ist keineswegs gemeint, die<br />
überkommene Struktur einfach zu kopieren. Vielmehr<br />
dient die Inselidee als Metapher, die neu interpretiert auf<br />
den Innenstadtgrundriss übertragen wird, abgestimmt<br />
auf die gegenwärtigen und zukünftigen städtischen,<br />
gesellschaftlichen und ökonomischen Bedürfnisse (Abb.87).<br />
Verschiedene „Quartiersinseln“ mit eigenem Charakter und<br />
räumlicher und funktionaler Identität bilden puzzleartig<br />
das Geflecht der Innenstadt in den kommenden Jahren. Dies<br />
trägt einerseits zu einer Adressbildung für die Bewohner<br />
der einzelnen „Inseln“ bei, andererseits führt dieses<br />
Strukturprinzip zu einer ganzheitlichen Profilierung und<br />
Stärkung des Innenstadtgebietes. Da die Inselidee bereits<br />
im Stadtgrundriss der Innenstadt schlummert, sind die<br />
Einteilung und die Grenzen der Stadtquartiere vielfach<br />
schon vorhanden (Abb.87).<br />
Abb.86 Kupferstich Merian 1655<br />
Abb.87 Interpretation <strong>Wetzlar</strong>er „Insellandschaft”<br />
So formt die Altstadt, von Grüngürtel und Lahn umgeben,<br />
eine Insel, die sich durch ihre natürlichen Grenzen bereits<br />
eindeutig im Stadtbild ablesen lässt. Die morphologischen<br />
Eigenschaften der (historischen) Altstadtstruktur müssen<br />
unbedingt bewahrt und gepflegt werden. Allerdings ist<br />
es von großer Wichtigkeit, die bestehende Struktur für<br />
zukünftige Belange „beweglich“ zu machen und nicht als<br />
Museum zu konservieren. Das macht einen Lockerung des<br />
Denkmalschutzes erforderlich.<br />
Damit einher geht die Forderung, dass in der Bausubstanz<br />
eine multifunktionale Nutzung möglich gemacht werden<br />
muss. Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kunst, Kultur und<br />
Erholung sind anzustrebende Nutzungen, die die Altstadt<br />
als einen zukunftsgerichteten, lebendigen Stadtteil<br />
etablieren sollen.<br />
Die Lahn muss zukünftig verstärkt als Klammer zwischen<br />
der Altstadt und dem Neuem Zentrum fungieren. Dafür<br />
ist die Beibehaltung der bestehenden Verbindungen über<br />
den Fluss von großer Bedeutung. Darüber hinaus muss im<br />
Hinblick auf eine Verstärkung der Verbindungsfunktion des<br />
Freiraums Lahn der Bau weiter Querungsmöglichkeiten<br />
geprüft werden (Abb.88). Hinsichtlich des Charakters<br />
und des Erscheinungsbildes der Lahn sind räumlich und<br />
nutzungsspezifisch verschiedene Gebiete abzugrenzen,<br />
welche im Gesamtzusammenhang die Lahn und ihre<br />
Uferbereiche wiederum zu einem reizvollen Lebens- und<br />
Erlebnisraum aufwerten. Die Ufer beider Seiten müssen<br />
durch bessere Zugänglichkeit den menschlichen Kontakt<br />
mit dem Wasser fördern.
Mittels neuer Gebäude mit verschiedenen Funktionen und<br />
durch qualitativ hochwertige öffentliche Freiräume zum<br />
Flanieren, Aufhalten und Erholen und durch naturbelassene<br />
Bereiche kann die Lahn einen großen Gewinn für die<br />
Innenstadt hervorrufen.<br />
Die „Quartiersinseln“ des Neuen Zentrums sind durch<br />
dessen vielschichtigen Entstehungsprozess im Grunde<br />
schon vorhanden, nur sind sie nicht mehr deutlich ablesbar<br />
bzw. sind die Übergänge sehr hart ausgeführt. In diesem<br />
Gebiet müssen die reiche Geschichte der Eisenherstellung<br />
und insbesondere die optisch feinmechanischen Industrie<br />
und die daran gekoppelten Bildungseinrichtungen mehr<br />
Wichtigkeit und ein deutlicheres Gesicht bekommen. Die<br />
Instandsetzung der bestehenden Blockstruktur bzw. die<br />
Schaffung neuer Blockstrukturen sind zeitgemäß auf ein<br />
gutes Netzwerk öffentlicher Räume abzustimmen. Innerhalb<br />
der Quartiere müssen die bauliche und funktionale Qualität<br />
der bestehenden Gebäude erkannt, aber auch das Potenzial<br />
zur Implementierung neuer Funktionen in ungenutzten<br />
oder neuen Gebäuden aufgegriffen werden. So ist in den<br />
Quartieren verstärkt die Wohnfunktion zu etablieren, um<br />
das Innenstadtgebiet wieder zu einem urbanen, lebendigen<br />
Teil der Stadt zu transformieren. Das Archipel des Neuen<br />
Zentrums muss in seiner Gesamtheit das übergeordnete Ziel<br />
der Multifunktionalität des Gebietes anstreben.<br />
Das Bahnhofsquartier stellt hinsichtlich seiner Begrenzung<br />
durch die umgebenden Verkehrsräume und durch seine<br />
funktionale Ausrichtung bereits eine Stadtinsel dar. Neben<br />
der funktionalen Stärkung bedürfen hier insbesondere<br />
die öffentlichen Räume rund um die Großstrukturen<br />
wie Bahnhof, Forum und Rittal-Arena einer erheblichen<br />
Umgestaltung zur langfristigen Aufwertung und zur<br />
Steigerung der Attraktivität des Quartiers.<br />
Generell sind die Quartiere nicht als abgeschlossene Inseln<br />
zu verstehen, sondern sind durch ein angemessenes Netz<br />
öffentlicher Räume fließend miteinander zu verbinden.<br />
Eine regelmäßige und fruchtbare Interaktion zwischen<br />
den Quartieren ist eine Prämisse für den Erfolg des<br />
Konzeptes.<br />
Die Identitäten der verschiedenen „Quartiersinseln“ werden<br />
im Abschnitt 4.3 genauer beleuchtet.<br />
4.2 VERNETZUNG DER STRUKTUREN<br />
Um die Entwicklungsstrategie der Insellandschaft<br />
bestmöglich umzusetzen, sind vor allem die Qualität der<br />
öffentlichen Räume und das Netzwerk, welches diese<br />
miteinander verbindet, essentiell (Abb.88). Erst durch<br />
gute Raumverbindungen können die Stadtinseln optimal<br />
miteinander in Kommunikation treten sowie eine urbane<br />
Lebensqualität in den Quartieren erzeugt werden. Selbst<br />
aus wirtschaftlicher Sicht können die Gebiete dadurch<br />
an Attraktivität gewinnen. Im Begriff öffentliche Räume<br />
sind, bezogen auf <strong>Wetzlar</strong>, die Straßen und Platzräume<br />
der Altstadt und des Neuen Zentrums sowie die Bereiche<br />
entlang der Lahn und der Dill zusammengefasst.<br />
Die Qualität dieser Freiräume ist abhängig von dem<br />
Verhältnis von offen und geschlossen bzw. Enge und Weite,<br />
von der Art und der Menge des Verkehrs, der sich darin<br />
bewegt, der Qualität der Architektur, die diese Räume<br />
begrenzt, der Gestaltung der Räume selbst und deren<br />
Funktionen.<br />
Abb.88 Netzwerk öffentlicher Räume<br />
Abb.89 Blick auf die Altstadt<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
55
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
56<br />
Die derzeitige Innenstadtstruktur mit ihren wertvollen<br />
Wasser- und Grünelementen sowie den urbanen Freiräumen<br />
bietet sehr viel Potenzial, um ein gutes Netzwerk zu kreieren<br />
und dadurch die verschiedenen Stadtidentitäten optimal<br />
miteinander zu verbinden. Das Netzwerk der öffentlichen<br />
Räume trägt dazu bei, die Übergänge der Funktionen und<br />
des Erscheinungsbildes der einzelnen Teilbereiche fließend,<br />
zu einer harmonischen Einheit ineinander übergehen zu<br />
lassen (Abb.91).<br />
Ein gut funktionierendes, zusammenhängendes<br />
innerstädtisches Freiraumkonzept in <strong>Wetzlar</strong> kann<br />
mittels zweier strategischer Ansätze gelingen. Zum einen<br />
sollte die Raumstruktur der historischen Altstadt als in<br />
Ausformung und Maßstab wertvolles, gut proportioniertes<br />
Ensemble erkannt und in diesem Sinne gestärkt werden<br />
(Abb.90).<br />
Zum anderen besteht die Aufgabe, die eben genannte<br />
Qualität der historischen Freiraumstruktur auf die teils<br />
überdimensionierten und unattraktiven Räume der<br />
Quartiere des Neuen Zentrums zu übertragen.<br />
HAARPLATZ<br />
BUDERUS-<br />
PLATZ<br />
FRIEDRICH-<br />
EBERT-PLATZ<br />
DOMPLATZ<br />
Abb.90 Gute Proportionen der <strong>Wetzlar</strong>er Altstadtgassen<br />
BAHNHOF<br />
KORN MARKT<br />
Abb. 91 Abfolge von Platzräumen
Abb.92 Vorbild Maastricht: „shared space” - gleichberechtigtes Nebeneinander der Fortbewegungsarten<br />
In diesem Gebiet ist vorrangig eine gelungene Integration<br />
der Verkehrsstruktur in das Netzwerk von großer<br />
Bedeutung. Ein gleichberechtigtes Nebeneinander der<br />
Fortbewegungsarten, im Sinne eines „shared space”<br />
zwischen Fußgänger, Radfahrer, Auto und Bus, muss<br />
angestrebt werden (Abb. 92).<br />
Weil entlang gut proportionierter Freiräume die vertraute<br />
Wahrnehmung den Fußgänger intuitiv mit seiner<br />
Umgebung zusammenfügt, fühlen Menschen sich geborgen<br />
und nicht anonym und dadurch mit der Stadt verbunden.<br />
Bestehende Angsträume müssen deshalb aufgespürt und<br />
entsprechend umgestaltet und aufgewertet werden. Diese<br />
Erkenntnis ist bestimmend und entscheidend, will man<br />
das anzustrebende Ziel erreichen, dass sich die <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Bewohner und Besucher sicher und mit Vergnügen im<br />
innerstädtischen Raum bewegen. Dazu gehört auch das<br />
Gewährleisten barrierefreier Räume, vor allem für Kinder<br />
und alte Menschen.<br />
Nicht nur die Qualität und die Identität der öffentlichen<br />
Räume in der Altstadt und im Neuen Zentrum sind wichtige<br />
Planungsansätze, sondern ebenso eine optimale Verbindung<br />
dieser Räume, von Norden nach Süden, und vor allem in<br />
Ost-West-Richtung über die als Klammer fungierende<br />
Lahn.<br />
Sowieso sind die <strong>Wetzlar</strong>er Wasserstrukturen wesentliche,<br />
identitätsstiftende Freiraumelemente, die es zu stärken<br />
und zu ergänzen gilt. So könnte eine visuelle Verbindung<br />
zwischen Lahn und Dill einerseits zur Aufwertung<br />
des dazwischen liegenden Stadtquartiers beitragen,<br />
andererseits könnte die Dill wieder besser in das urbane<br />
Stadtgefüge eingebunden werden.<br />
Abb. 93 Urbaner Platz in Maastricht<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
57
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
58<br />
Abb.94 Strategische Karte „Insellandschaft”<br />
Strategische Karte Insellandschaft<br />
Bildung von Stadtinseln mit eigener<br />
Identität und Nutzungsschwerpunkten<br />
und dazwischen liegenden hochwertigen<br />
öffentlichen Räumen<br />
Gewährleistung angemessener<br />
Verbindungen zwischen den Stadtteilen<br />
Entwicklung von Lahn und Dill zu<br />
Identitätsträgern der Innenstadt<br />
Sicherung und Weiterentwicklung der<br />
Altstadt als Herz der Innenstadt<br />
Sicherstellung und Stärkung des<br />
Altstadtgrüngürtels<br />
Zu stärkende Grünzüge in die Stadt
Abb.95 Urbane Stadtinsel Havelberg<br />
Abb.96 Optik als Zukunftsträger<br />
Abb.97 Wasser belebt<br />
4.3 UMSETZUNGSSTRATEGIE INNENSTADT - PRINZIPIEN DER<br />
STADTSTRUKTUR<br />
Die Idee der <strong>Wetzlar</strong>er „Insellandschaft“ stellt bisher<br />
ein sinnbildliches Entwicklungsprinzip dar, welches im<br />
Folgenden konkreter auf den Stadtgrundriss der Innenstadt<br />
übertragen wird. Dabei ist die Umsetzungsstrategie des<br />
Konzeptes maßgeblich an der in Abschnitt 3 aufgestellten<br />
Leitvision und den entsprechenden Leitmotiven orientiert<br />
(siehe Abb. 95-97). Diese müssen sich räumlich und<br />
funktional in der zukünftigen Stadtstruktur wiederfinden<br />
lassen und die künftige Identität der Innenstadt<br />
definieren.<br />
Die Karte Abb.94 dient der Stadt als Strategiedokument<br />
der Entwicklungsrichtungen, denen die Innenstadtplanung<br />
in den kommenden Jahren nachgehen soll. Die Karte<br />
organisiert die Entwicklung der Stadt in verschiedene<br />
„Stadtinseln“ mit eigener Identität. Dieser eigene<br />
Charakter ist maßgeblich von den bestehenden, zu<br />
stärkenden und ergänzenden Nutzungen im Quartier<br />
bestimmt. Aufgezeigt wird zudem, worauf die jeweiligen<br />
Quartiere ihre funktionalen Schwerpunkte legen sollten.<br />
Nennenswert ist beispielhaft die gezielte Förderung des<br />
Neuen Zentrums als Hochtechnologiestandort in Verbindung<br />
mit Bildungseinrichtungen. Aber auch das Wohnen soll,<br />
insbesondere im Umfeld der Bahnhofstrasse und des<br />
Karl-Kellner-Ringes, wieder stärker stimuliert werden,<br />
wie auch die Einkaufs- und Dienstleistungsfunktionen.<br />
Übergeordneter Grundsatz muss die Schaffung einer<br />
multifunktionalen Innenstadt sein. Die Einteilung der<br />
Inseln leitet sich aus der bereits bestehende geordneten<br />
städtebaulichen Struktur ab. Auch funktional wird vor<br />
allem auf bestehende Kernfunktionen gesetzt, die jedoch<br />
in Synergie mit anderen Nutzungen treten.<br />
Explizit herausgestellt wird die zu stärkende Bedeutung<br />
der Wasser- und Grünstrukturen. Insbesondere die Lahn<br />
und die Dill sowie der Altstadtgrüngürtel sind wesentliche<br />
zu sichernde und zu aktivierende Freiraumstrukturen.<br />
Entscheidender Gesichtspunkt der Strategie ist zudem<br />
das optimale Verbinden der Stadtquartiere. Durch das<br />
Kreieren eines hochwertigen, barrierefreien und sicheren<br />
öffentlichen Raumes, aber auch durch die Mischung von<br />
Funktionen können fließende Übergänge umgesetzt werden,<br />
die das Entstehen isolierter Stadtquartiere verhindern.<br />
Dadurch entsteht ein geordnetes und gleichzeitig auch ein<br />
differenziertes und spannendes Stadtgefüge.<br />
Damit die Leitmotive bestmöglich umgesetzt werden<br />
können, werden im Folgenden für jedes Leitmotiv<br />
Aufgaben, Handlungsansätze und konkrete Maßnahmen<br />
benannt.<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
59
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
60<br />
Strategische Karte<br />
Industrie und Technologie<br />
Stadtquartiere mit zu stärkender<br />
Profilierung im Industrie-,<br />
Technologie- und Bildungssektor<br />
Stärkung bestehender Unternehmen<br />
Potenzielle Standorte für neue<br />
Entwicklungen im Technologie-<br />
und Bildungssektor<br />
Abb.98 Strategische Karte Industrie und Technologie<br />
Abb.99 Sitz Leica Microsystems - Unternehmen mit Tradition Abb.100 Optische Produkte haben Zukunft
4.3.1 WETZLAR SETZT AUF OPTIK UND TECHNOLOGIE<br />
Wie im Abschnitt 3.1. bereits aufgezeigt , muss es eine<br />
wesentliche Leitidee der Stadtentwicklung sein, die Stadt<br />
<strong>Wetzlar</strong> zu einer Metropole der optischen Industrie<br />
weiter zu profilieren. Die einmalige Konzentration der<br />
Hochtechnologieunternehmen in und um die Innenstadtquartiere<br />
<strong>Wetzlar</strong>s ist ausschlaggebend für dieses gesteckte Ziel. Um die<br />
blühende Technologielandschaft in der Stadt selbst und nach<br />
aussen noch besser zu positionieren, müssen die betreffenden<br />
Stadtquartiere hinsichtlich der Einrichtungen für Forschung,<br />
Wissensaustausch und Kenntnisgewinn ausgebaut werden<br />
(Abb.98-100).<br />
Während im Neuen Zentrum Raum für Innovation und<br />
Produktion reserviert werden muss, sollte die Altstadt<br />
hinsichtlich der touristischen Wirtschaftskraft gestärkt<br />
werden. Das Viseum und das Museum der Stadt und Industrie<br />
sind hierfür schon erste positive Ansätze.<br />
Folgende Handlungsansätze sollen zur Förderung der<br />
<strong>Wetzlar</strong>er Technologielandschaft beitragen:<br />
- Sicherung und Stärkung innerstädtischer Unternehmen<br />
der Hochtechnologie<br />
- Schaffung von Anreizen für die Niederlassung von<br />
Unternehmen der Hochtechnologie<br />
- Nutzung leer stehender bzw. frei werdender Immobilien<br />
für Bildungszwecke<br />
- Stärkung und Ausbau der touristischen Angebote hinsichtlich<br />
Industriekultur (Museen, Werkbesichtigung)<br />
- Ausbau des Produktangebotes in den Einkaufsbereichen<br />
- Gewährleistung von genügend innerstädtischem Wohnraum<br />
für Angestellte der Unternehmen<br />
- Intensivierung des Standortmarketings<br />
Lernen<br />
Abb.101 Gute Positionierung der Optik und Technologie<br />
Abb.102 Visionärer Studiengang Optics in Science and Technology (Jena)<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
61
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
62<br />
Abb.104 Berührungspunkte mit den Gewässern<br />
Strategische Karte Lahn und Dill<br />
Flüsse Lahn und Dill<br />
Sicherung und Ergänzung der<br />
Verbindungen (Brücken) über die<br />
Flüsse<br />
Naturbelassene Ufergestaltung mit<br />
ökologischer und Erholungsfunktion<br />
Lahninseln mit Erholungsfunktion und<br />
und Sport- bzw. Freizeitnutzung<br />
Uferzone mit Potenzial für urbane<br />
Entwicklungen (Urbane Ufergestaltung,<br />
Neubebauung)<br />
Sicherung und Erweiterung eine<br />
durchgängigen Rad- und Wanderweges<br />
Sicherstellung und Stärkung des<br />
Altstadtgrüngürtels<br />
Guter Anschluß an Lahnparkkonzept<br />
Abb. 103 Strategische Karte Lahn und Dill<br />
Abb.105 Urbane Ufernutzung in Maastricht
4.3.2 WETZLAR VERBINDET LAHN UND DILL<br />
Die Innenstadt hält mit Lahn und Dill zwei herausragende<br />
Landschaftselemente mit großem Gewinnpotenzial als<br />
Lebens- und Erlebnisraum in den Händen. Übergeordnete<br />
Leitidee ist deshalb die Entwicklung eines Gebietes mit<br />
hohem Freizeitwert und sehr guter Aufenthaltsqualität.<br />
Für das angestrebte facettenreiche Erscheinungsbild<br />
und die bestmögliche Nutzung der Uferzonen sind,<br />
wie in Karte 103 dargestellt, die Bereiche rechtsseitig<br />
der Lahn für eine urbane Gestaltung mit potenzieller<br />
Neubebauung vorgesehen. Verschiedene Nutzungen wie<br />
Hotel, Gastronomie und Wohnen sind hier möglich. Andere<br />
Bereiche sollten stärker ihrer ökologischen Funktion<br />
gerecht werdend und eine naturbelassene Gestaltung und<br />
Nutzung erhalten. Insbesondere die Lahninseln werden<br />
als optimale Standorte für Erholungs- und Freizeitzwecke<br />
definiert. Nachfolgende Handlungsschwerpunkte dienen der<br />
Umsetzung des Leitmotives, um den Flüssen Lahn und Dill<br />
sowie den Grünstrukturen in der <strong>Wetzlar</strong>er Insellandschaft<br />
wieder einen höheren Stellenwert zu geben:<br />
� Etablierung von Lahn und Dill und ihrer Uferbereiche<br />
als Identitätsträger der Stadt <strong>Wetzlar</strong> durch eine bessere<br />
Verknüpfung mit den anliegenden Stadtquartieren<br />
(Abb.104+106)<br />
- Erhalt, Anerkennung und Stärkung der bestehenden<br />
Wasserstrukturen<br />
- Schaffen von Sichtbeziehungen zwischen Stadt u n d<br />
Fluss<br />
- Verbesserung der Zugänglichkeit und Öffnung der<br />
Flüsse zu den zentralen Verbindungsachsen<br />
- Intensivierung von öffentlichen Nutzungen an den<br />
Flussufern<br />
- Sichern bzw. Ergänzen eines durchgängigen Rad-<br />
und Wanderweges entlang der Lahn und Dill mit<br />
Verknüpfungen in die Umgebung<br />
- Stärkung der Verbindungen zwischen den Stadtteilen<br />
durch die Sicherung und Schaffung attraktiver und<br />
sicherer Lahnübergänge<br />
� Stärkung der Verbindung zwischen Lahn und Dill (Abb.107)<br />
- Schaffung von Sichtbeziehungen und neuen<br />
Wasserverbindungen zwischen den Flüssen<br />
- Wasser im Straßenraum als Gestaltungsmittel und<br />
Verbindungselement<br />
� zum Wasser orientierte Neubebauung (Abb.105+108)<br />
- (Um)Nutzung der brachliegenden bzw. teilgenutzten<br />
Grundstücke um den Lahnhof und das Mauritiusgelände<br />
sowie im Bereich Hintergasse und Freibad<br />
- Aufwertung bzw. Erneuerung der bestehenden, dem<br />
Wasser zugewandten Gebäuderückseiten<br />
- Entwicklung von Anreizen für neue Funktionen zum<br />
Beispiel Wohnen am Wasser für diverse Zielgruppen<br />
- Berücksichtigung der Hochwasserlage bei<br />
Neubauplanungen<br />
- Introduzieren von Neubebauung mit Funktionsmix<br />
Abb.106 Bessere Integration der Gewässser in Stadtquartiere<br />
Abb.107 Verbindung zwischen Lahn und Dill<br />
Abb.108 Neubebauung an Lahnufer<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
63
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
64<br />
Abb.109 Impression Neubebauung an Lahn<br />
Abb.110 Impression Lahn als Lebens- und Erlebnisraum <strong>Wetzlar</strong>s
Abb.111 Ökologische und umweltgerechte Gestaltung<br />
Abb.112 Vielseitige Freiraumnutzung<br />
Abb.113 Förderung touristischer Aktivitäten<br />
� Aufwertung der Flussufer für Freizeit- und<br />
Erholungszwecke (Abb.110 + 112)<br />
- Intensivere Nutzung und gestalterische Aufwertung<br />
der Flussufer als Erholungsraum: Freizeit- , Sport-<br />
und Kulturangebote (z.B. Picknickplätze, Stege,<br />
Lahnbühne)<br />
- Stärkere Einbeziehung der Lahninseln für Freizeit- und<br />
Erholungszwecke<br />
- Schaffung eines guten Angebotes an Freizeitaktivitäten<br />
für Kinder und Jugendliche<br />
- Schaffung von generationsübergreifenden<br />
Spielmöglichkeiten<br />
- Gewährleistung von umweltgerechten Nutzungen<br />
� Bewahren und Stärken der Lahn und Dill als wichtige<br />
ökologische Landschaftszonen (Abb.111)<br />
- Unmittelbare Anknüpfung an das Lahnparkkonzept<br />
- Begrenzung der dynamischen/ urbanen Funktionen auf<br />
den Bereich Spinnereistraße/Lahnhof bis zur Brücke<br />
Karl-Kellner-Ring/ Haarplatz und naturverträgliche<br />
Gestaltung der Lahn in den übrigen Bereichen<br />
- Erhalt des Mühlgrabens und der Fischtreppe<br />
� Sicherung und Stärkung der Parks- und Grünanlagen<br />
- Bewahren des natürlichen Erscheinungsbildes der<br />
Grünanlagen<br />
- Erhalt und Intensivierung der vielfältigen Nutzungen<br />
(Erholungspark, Freilichtbühne, Spielplatz)<br />
- Verbinden des Altstadtgürtels mit den innerstädtischen<br />
und den angrenzenden Grünbereichen (Einbinden in die<br />
gesamtstädtische Grünstruktur)<br />
- barrierefreie Ausbildung der Freiraumgestaltungen<br />
� Stärkung des Tourismus (Abb.113)<br />
- Ausbau der touristischen Infrastruktur in Wassernähe<br />
z.B. Hotelstandort am Wasser, Versorgung,<br />
Gastronomie, Kultur etc.<br />
- Förderung des Bootstourismus durch Verbesserung<br />
des Dienstleistungs- und Freizeitangebotes z. B.<br />
Bootshafen, Bootsverleih, Anlegestege<br />
- Erhalt und Ausbau des Bootshauses (Gastronomie,<br />
Bootstourismus)<br />
- Förderung des Fahrradtourismus<br />
- Anlegen geeigneter Fahrradwegrouten (Anschluss an<br />
regionales Fahrradnetz), Beschilderung, attraktive<br />
Ufergestaltung, Gastronomie, sowie andere<br />
Dienstleistungen (Fahrradverleih, Toiletten)<br />
- Standplatz für Wohnmobile in Innenstadtnähe<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
65
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
66<br />
Abb.115 Stimmiges Verhältnis zwischen Bebauung und Straße in Ceramique, Maastricht<br />
Strategische Karte<br />
Urbane Lebensqualität<br />
Bildung von multifunktionalen<br />
Stadtinseln mit hoher Lebensqualität<br />
Entwicklung eines sinnvollen,<br />
hochwertigen Netzwerkes<br />
öffentlicher (Verbindungs)Räume<br />
Sicherung und Wiederherstellung<br />
attraktiver, auf die Umgebung<br />
abgestimmter Platzräume<br />
Sicherstellung und Stärkung des<br />
Altstadtgrüngürtels<br />
Abb.114 Strategische Karte Urbane Lebensqualität<br />
Abb.116 Umgestaltung Sockelgeschoße
4.3.3 WETZLAR FÖRDERT URBANE LEBENSQUALITÄT<br />
BEBAUUNGS- UND NUTZUNGSSTRUKTUR<br />
Übergeordnetes Ziel zur Umsetzung des Leitmotives in<br />
der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt ist der Erhalt (Altstadt) und das<br />
Kreieren (Neues Zentrum) einer klaren und multifunktional<br />
nutzbaren städtebaulichen Struktur aus geordneten<br />
Baublöcken und hochwertigen öffentlichen Räumen, siehe<br />
die Karte Abb.114.<br />
Das Neue Zentrum muss zu einem attraktiven Lebens- und<br />
Arbeitsgebiet umgestaltet werden. Voraussetzung dafür ist<br />
das Wiederherstellen der bestehenden Blockrandbebauung<br />
im Sinne einer nachhaltigen und bedürfnisorientierten<br />
Stadtreparatur, abgestimmt auf angenehme, maßstäbliche<br />
Stadträume (Abb.115-119). Neubauten erweitern die<br />
funktionalen Möglichkeiten. Einzelne Pilotprojekte in den<br />
Quartiersinseln sollen als Initialzündung auf das jeweilige<br />
Quartier ausstrahlen und den Anstoß für eine nachhaltige<br />
Stadtreparatur geben. Funktional muss das Gebiet auf<br />
seine ökonomischen Stärken bauen. Neben der bedeutenden<br />
Technologielandschaft sind weiterhin auch Handel und<br />
Dienstleistungen wichtige Nutzungsschwerpunkte. Daneben<br />
muss das Wohnen, auch in Kombination mit anderen<br />
Nutzungen, wieder einen Platz im Neuen Zentrum finden.<br />
Die heute brachliegenden Bereiche bieten hierfür ein großes<br />
Potenzial. Damit einhergehend muss eine ausreichende<br />
soziale Infrastruktur gesichert werden.<br />
Die Altstadt ist als multifunktionales Herz der Innenstadt zu<br />
aktivieren und zeitgemäß weiterzuentwickeln. Hochwertiger<br />
Einzelhandel sollte auch in Zukunft einen hohen Stellenwert<br />
einnehmen. Die Ausrichtung muss noch stärker als<br />
bisher auf inhabergeführten Geschäften liegen, damit die<br />
Altstadt als zweiter Einzelhandelsstandort gegenüber<br />
dem Einkaufsbereich rundum das Forum konkurrenzfähig<br />
bleibt. Wohnnutzung ist an den Rändern, aber vor<br />
allem wieder in den Obergeschossen der kommerziellen<br />
Fußgängerzonen zu stimulieren, damit die Altstadt auch<br />
nach Geschäftsschluss besser frequentiert und lebendig<br />
bleibt. Diese Zielvorstellungen setzen ein kritisches<br />
Betrachten der Bausubstanz bezüglich der Möglichkeit<br />
einer baulichen Zusammenlegung voraus. Hier ist eine<br />
konstruktive und undogmatische Zusammenarbeit mit der<br />
Denkmalbehörde von großer Bedeutung. Zudem ist das<br />
kulturelle und touristische Angebot in der Altstadt für ein<br />
vitales Stadtleben zu fördern.<br />
Abb.117 Umbau und Umnutzung von bestehender Baustruktur<br />
Abb.118 Reparatur der bestehenden Blockstruktur<br />
Abb.119 Blockrandschließung und Platzeinfassung<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
67
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
68<br />
VERKEHRSSTRUKTUR<br />
Kam es ab den 60er Jahren verstärkt zu einem Anstieg<br />
der gesellschaftlichen und ökonomischen Nachfrage<br />
nach Mobilitäts- und Transportsicherung und einem<br />
entsprechenden autogerechten Ausbau der (Innen)städte,<br />
besteht heute eine essentielle städtebauliche Aufgabe<br />
darin, die Verkehrsinfrastruktur wieder verträglich in die<br />
Stadt zu integrieren. <strong>Wetzlar</strong> sieht sich, insbesondere auf<br />
Grund der in Abschnitt 2.2.1 beschriebenen industriellen<br />
und gewerblichen Aktivitäten im Neuen Zentrum und<br />
im Bahnhofsquartier, mit breiten Verkehrsräumen<br />
und starkem Durchgangsverkehr konfrontiert. Das<br />
so entstandene Ungleichgewicht zwischen einerseits<br />
der Bebauungsstruktur und den Straßenräumen und<br />
andererseits zwischen den Kraftfahrzeugen und den<br />
Radfahrern bzw. Fußgängern gilt es langfristig in Einklang<br />
zu bringen. Wesentliche Herausforderung für <strong>Wetzlar</strong><br />
muss es deshalb sein, durch alternative verkehrstechnische<br />
Lösungen den Durchgangsverkehr und insbesondere den<br />
motorisierten Individualverkehr in der Innenstadt zu<br />
reduzieren. Die Abb.120 und 121 enthalten zwei (von<br />
vielen möglichen) Ansätze(n), wie insbesondere im Karl-<br />
Kellner-Ring und den daran anschließenden weiträumigen<br />
Verkehrsknotenpunkten (Buderusplatz, Haarplatz etc.)<br />
durch eine veränderte Verkehrslenkung der Verkehr<br />
gemindert werden kann. Wesentliche Voraussetzung<br />
für diese Konzeptvorschläge ist jedoch die großräumige<br />
Entlastung der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt durch die geplanten<br />
Verkehrsprojekte Westumgehung und Westtangente,<br />
wie in Abb.122 dargestellt. Daneben sind mittelfristig<br />
in Bezug auf die stark befahrene Bundesstraße B49<br />
verkehrstechnische Maßnahmen wie Schutzwände und<br />
Geschwindigkeitsreduzierungen nötig, um die enorme<br />
Lärm- und Feinstaubbelastung einzudämmen. Mit dem frei<br />
werden ehemaliger Betriebsflächen wie dem Heidelberger<br />
Zementwerk ergeben sich zudem neue verkehrliche<br />
Möglichkeiten.<br />
Ein vermindertes Verkehrsaufkommen in der Innenstadt<br />
eröffnet neue Möglichkeiten, die Straßenräume und<br />
Verkehrsknotenpunkte sicherer zu gestalten und<br />
auch qualitativ aufzuwerten. Wohl proportionierte<br />
hochwertige Verbindungsräume innerhalb und zwischen den<br />
Stadtquartieren tragen erheblich zu einer wünschenswerten<br />
urbanen Lebensqualität im Innenstadtgefüge bei. Durch<br />
ein ausgewogenes Verhältnis, aber auch durch funktionale<br />
Interaktion zwischen der Architektur und den öffentlichen<br />
Räumen wird dem Radfahrer und vor allem dem Fußgänger<br />
wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Die Altstadt<br />
verkörpert das beschriebene Prinzip weitgehend.<br />
Abb.120 Konzept Haupterschließung<br />
Abb.121 Konzept Haupterschließung
Westumgehung<br />
<strong>Wetzlar</strong><br />
Laufdorfer Spange<br />
Westtangente<br />
Westanschluss<br />
Abb.122 Planung Westumgehung <strong>Wetzlar</strong><br />
Trotz dieser primären Zielsetzung ist eine gute Erschließung<br />
der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt für den motorisierten Kraftverkehr<br />
unerlässlich. Gerade im Hinblick auf die vielseitige<br />
gewerbliche bzw. industrielle Nutzung im und um das<br />
Neuen Zentrum, muss auch zukünftig eine unmittelbare<br />
Anbindung gewährleistet sein. Jedoch ist dabei ein<br />
gleichwertiges Nebeneinander, das heißt eine gegenseitige<br />
Akzeptanz der verschiedenen Fortbewegungsmittel im<br />
öffentlichen Straßenraum (z. B. „shared space“) ein<br />
anzustrebendes Ziel. Eine übersichtliche Verkehrslenkung,<br />
angemessene Bürgersteige, sichere und barrierefreie<br />
Fußgängerquerungen und eine entsprechende Beleuchtung<br />
der Straßenräume (zur Vermeidung von Angsträumen) sind<br />
hierbei zu berücksichtigende Maßnahmen (Abb.124).<br />
Auch das Gewährleisten und ggf. Erweitern des gut<br />
funktionierenden Stadtbusnetzes in <strong>Wetzlar</strong> ist ein<br />
wichtiger Gesichtspunkt, der als Alternative zum<br />
Individualverkehr einen Beitrag zur Verringerung des<br />
Verkehrsaufkommens leisten kann. Hervorzuheben ist in<br />
diesem Zusammenhang der Citybus, der bereits zwischen<br />
Altstadt, Neuem Zentrum und Forum pendelt und der<br />
wegen seiner deutlichen Verbindungsfunktion zwischen<br />
den Quartieren gestärkt werden muss.<br />
Abb.123 Aufwertung der Straßenprofile für attraktive und sichere öffentliche Räume<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
69
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
70<br />
PARKEN<br />
Um die Quartiere der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt wieder als gute<br />
Lebens- und Arbeitsstandorte zu etablieren, ist das Suchen<br />
nach einer verträglichen Parklösung für alle Betroffenen<br />
eine wesentliche Aufgabe. Bewohner, Angestellte und<br />
Besucher wollen jeweils möglichst nahe ihres Zielpunktes<br />
parken können. Das begründet auch die hohe Anzahl an<br />
Parkmöglichkeiten in Altstadtnähe, wie Colchesteranlage,<br />
Lahninsel, Avignonanlage, Steighausplatz und Haarplatz<br />
sowie die innerstädtischen Tiefgaragen unter dem<br />
Stadthaus am Dom und an der Stadthalle. Die derzeitigen<br />
innerstädtischen Parkplätze erfüllen ihren funktionalen<br />
Zweck, haben aber kaum nutzbare Raumqualität, trotz ihrer<br />
Lage auf meist exponierten innerstädtischen Standorten.<br />
Parkmöglichkeiten müssen künftig einerseits logisch<br />
im Verkehrssystem der Innenstadt positioniert werden,<br />
andererseits sind sie räumlich bestmöglich in das <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Stadtbild zu integrieren (Abb.124).<br />
Parkplätze im öffentlichen Raum, auf Straßenniveau,<br />
sind in <strong>Wetzlar</strong> zur Sicherung des Stellplatzbedarfes<br />
vorherrschend. Entscheidend ist dabei in erster Linie deren<br />
Lage. Einige Parkplätze, insbesondere auf den Lahninseln,<br />
sind bezüglich ihrer Lagegunst und Gestaltung dort künftig<br />
nicht mehr akzeptabel. Sie müssen kritisch hinterfragt und<br />
überdacht werden. Eine Entscheidung für einen (partiellen)<br />
Erhalt würde eine Verbesserung der Parkplätze in Form<br />
und Erscheinungsbild verlangen, um diese trotz ihres<br />
funktionalen Charakters besser in die Umgebung integrieren<br />
zu können. Eine geeignete Materialwahl und Bepflanzung<br />
sind hier Gestaltungsmittel zur Gebietsaufwertung.<br />
Bauliche Parkgelegenheiten können sowohl auf Straßenniveau<br />
oder besser als Tiefgarage realisiert werden. In beiden Fällen<br />
ist der Anschluss an das innerstädtische Verkehrsnetzwerk<br />
ein wichtiger Aspekt. Konkret bedeutet das, dass die<br />
Zugänge leicht zu finden sein müssen und die Erschließung<br />
den innerstädtischen Verkehrsstrom nicht behindern darf.<br />
Generell sollte bei (privater/öffentlicher) Neubauung zur<br />
Deckung des Stellplatzbedarfes immer auch die Möglichkeit<br />
einer Tiefgarage geprüft werden. Diese kann hinsichtlich<br />
Aufwand- und Kostenminimierung als Gemeinschaftsanlage<br />
ausgeführt werden. Mit dem Bau einer Tiefgarage bietet sich<br />
die Möglichkeit zur Implementierung neuer Funktionen auf<br />
dem Straßenniveau. So können auf den gewonnenen Flächen<br />
neue hochwertige Freiräume wie Parks oder Plätze bzw.<br />
andere öffentliche Räume für Freizeitaktivitäten entstehen<br />
(Abb.123). Aber auch eine Neubebauung ist möglich. So<br />
kann der Freiraum für die Schaffung von Wohnungen,<br />
Büros oder Bildungseinrichtungen genutzt werden. Je nach<br />
Stadtquartier ist abzuwägen, welche Funktionen ergänzt bzw.<br />
gestärkt werden sollen. Bei der Errichtung eines Parkhauses<br />
muss darauf geachtet werden, dass dieses eine untergeordnete<br />
Rolle einnimmt, also keinen bestimmenden Charakter in seiner<br />
Umgebung erhält. Neben der architektonischen Gestaltung<br />
des Gebäudes ist zur Vermeidung von Angsträumen<br />
eine gute Gestaltung der Parkgelegenheit, insbesondere bei<br />
Tiefgaragen, essentiell. Mit Hilfe geschickter Wegeführungen,<br />
großzügiger Räume und einer guten Beleuchtung kann dies<br />
gewährleistet werden. Außerdem ist eine optimale funktionale<br />
Integration einer Parkgelegenheit in die jeweilige städtische<br />
Umgebung essentiell für den Charakter des betreffenden<br />
Stadtgebietes. Eine vielfältige Gebäudenutzung sorgt<br />
für Diversität in der Umgebung, die mitverantwortlich<br />
ist für einen belebten öffentlichen Stadtraum. Außerdem<br />
leistet die multifunktionale Nutzung eines Gebäudes<br />
mit Parkfunktion einen entscheidenden Beitrag für ein<br />
wirtschaftlich verträgliches Ergebnis des Bauvorhabens.<br />
Bei der Nutzungsverteilung im Gebäude ist besonders die<br />
Einrichtung des Erdgeschoß entscheidend, da dieses direkt<br />
an den öffentlichen Raum grenzt. Parkmöglichkeiten im<br />
Sockelgeschoß können aus Sicht ihrer Kernfunktion in<br />
Kombination mit anderen Nutzungen nicht nur funktional einen<br />
Lösungsansatz bieten, sondern auch für das Stadtquartier<br />
eine Bereicherung darstellen.<br />
Generell hat ein attraktiver Verbindungsweg zwischen<br />
Stellplatz und Zielort einen nicht unerheblichen Einfluss<br />
auf die Motivation der Nutzer einen längeren Laufweg<br />
zu akzeptieren. Darüber hinaus muss ein Umdenken<br />
stattfinden hinsichtlich der Wertschätzung innenstadtnaher<br />
Parkgelegenheiten, im Sinne finanzieller Konsequenzen.<br />
Abb.124 Schema Parken: Kopplung an Haupterschließung und Baublöcke<br />
Abb.125 Vorbild Maastricht: Tiefgarage unter Park
Im Folgenden sind Handlungsansätze, Maßnahmen und<br />
Ideen zusammengefasst, die die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt zu<br />
einem Ort urbaner Lebensqualität profilieren:<br />
� Schaffung multifunktionaler Stadtteile: Mix aus<br />
Wohnen, Einzelhandel, sozialer Infrastruktur, Bildung,<br />
Dienstleistungen, Technologie, Gewerbe, Kultur,<br />
Erholung und Tourismus (Abb.126)<br />
� Entwicklung lebendiger Stadtquartiere mit eigener<br />
Identität<br />
- Wiederherstellen der städtebaulichen Blockstruktur<br />
- nachfrageorientierte Umnutzung/ Umbau leer stehender<br />
Warenhäuser und Handelsbauten<br />
- Quartiersspezifische funktionale Stärkung und ggf.<br />
Ergänzung fehlender Funktionen<br />
- bessere Ausnutzung der Lagequalität der Flussufer<br />
- Schaffung von Ankerpunkten bzw. Magneten zur<br />
Attraktivitätssteigerung der Quartiere<br />
- Erhöhung der Aufenthaltsqualität der öffentlichen<br />
Räume und deren gezielte Verknüpfung<br />
- „Angsträume” abbauen und bei Neuplanungen<br />
vermeiden<br />
� Stadtteile für verschiedene Zielgruppen (Abb.127)<br />
- soziale Durchmischung anstreben<br />
- Schaffung eines nachfrageorientierten und reichhaltigen<br />
Nutzungsangebotes<br />
- Ziel eines familien- und kinderfreundlichen<br />
Stadtquartiers anstreben<br />
- seniorengerechte Wohnräume gewährleisten<br />
- Wohnraum im niedrigeren Preissegment für z.B. für<br />
Studenten<br />
� Stärkung der Altstadt als „Herz“ der <strong>Wetzlar</strong>er<br />
Innenstadt<br />
- Bewahren und stärken der charakteristischen<br />
Altstadtstruktur<br />
- Stärkung des funktionalen Angebotes auch hinsichtlich<br />
des touristischen Potenzials<br />
- Schaffung von funktionalen und räumlichen Magneten<br />
in der Altstadt zur Attraktivitätssteigerung und<br />
Steigerung der Frequentierung zu allen Tageszeiten<br />
� Stärkung der Wohnfunktion und Schaffung attraktiver<br />
Wohnstandorte (Abb.128)<br />
- Anpassung der Gebäudesubstanz an zeitgemäße<br />
Wohnbedürfnisse und Gewährleistung der<br />
Barrierefreiheit (für Kinder und Ältere)<br />
- Prüfung einer möglichen Umnutzung/ Umbau leer<br />
stehender Warenhäuser und Handelsbauten für<br />
Wohnzwecke<br />
- Förderung von Wohnen über Geschäften<br />
- “Jung kauft Alt”: Anreize für junge Menschen und junge<br />
Familien schaffen, sich in der Altstadt niederzulassen<br />
- Innenstadt als Wohnstandort für ältere Menschen<br />
erhalten und ausbauen<br />
Abb.126 Multifunktionale Stadtteile<br />
Abb.127 Soziale Durchmischung<br />
Abb.128 Wohnen als Motor<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
71
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
72<br />
- Gewährleistung von ausreichender sozialer Infrastruktur<br />
(z.B. Schulen) sowie der Versorgung mit Waren für den<br />
täglichen Bedarf<br />
- Nutzung der Lagequalität von Lahn- und Dillufer für<br />
Wohnen am Wasser<br />
- Mehrgenerationenwohnen<br />
� Stärkung der Handelsstruktur (Abb.129)<br />
- Stabilisierung und Förderung von sowohl Handelsfilialisten,<br />
als auch des individuellen Einzelhandels<br />
- Anpassung der Verkaufsflächen an heutige Bedürfnisse<br />
durch zum Beispiel Zusammenfügen geeigneter<br />
Ladenlokale in der Altstadt<br />
- in der Altstadt Spezialisierung des Warenangebotes auf<br />
Waren des täglichen Bedarfs, regionale Erzeugnisse<br />
sowie exklusive Produkte<br />
� Neuorientierung des Standortes Stadthaus am Dom<br />
- Langfristiger Abbruch des Gebäudes (Abb.130)<br />
- geeignete Gestaltung und Einfügung des Neubaus in die<br />
typische Altstadtstruktur<br />
- Neubau als multifunktionaler Magnet neben dem Dom<br />
in der Innenstadt<br />
� Aufwertung und Nutzungserweiterung der Grünanlagen<br />
sowie der Platzräume und sonstiger Freiflächen<br />
(Abb.131)<br />
- Räumliche und funktionale Stärkung des Grüngürtels<br />
um die Altstadt<br />
- Bessere Zugänglichkeit der Flüsse und intensivere<br />
Nutzung der Ufer<br />
- Ausbau bzw. Aufwertung des Fußgänger- und<br />
Fahrradwegenetzes vor allem Richtung Neues<br />
Zentrum<br />
- Umgestaltung des Straßenprofils Karl-Kellner-Ring<br />
- attraktive und nutzerorientierte Umgestaltung der<br />
Platzräume hauptsächlich im Neuen Zentrum und<br />
Bahnhofsquartier: Bahnhofsvorplatz, Forumsentree,<br />
Buderusplatz sowie Fußgängerzonen Bahnhofstraße,<br />
Langgasse<br />
- Verbesserung und Aufwertung der Uferbereiche von<br />
Lahn und Dill<br />
- Stärkung und Aufwertung der räumlichen Verbindungen<br />
zwischen Bahnhofsquartier, Neues Zentrum und<br />
Altstadt vor allem für Fußgänger und Radfahrer<br />
- Nutzung von Wasser als Gestaltungselement im<br />
Stadtraum (Wasserläufe, Brunnen)<br />
- Barrierefreier bzw. behindertengerechter Ausbau der<br />
öffentlichen Räume<br />
- Schaffung von generationsübergreifenden<br />
Spielmöglichkeiten<br />
Abb.129 Stärkung der Handelsstruktur<br />
Abb.130 Neuorientierung der Altstadtmitte<br />
Abb.131 Differenzierte Freiraumnutzung
� Verminderung des Verkehrsaufkommens vor allem des<br />
Durchgangsverkehrs sowie der Feinstaubbelastung<br />
(Abb.132)<br />
- Bau der Westumgehung und der Westtangente zur<br />
Reduzierung des Durchgangsverkehrs im Karl-Kellner-<br />
Ring und anderen Innenstadtstraßen<br />
- Minderung von Lärm- und Feinstaubimmission durch<br />
die B49, z.B. Geschwindigkeitsbegrenzung und<br />
Einhausung (Schutzwand) im Stadtbereich<br />
- Schaffung repräsentativer Eingänge und sicherer<br />
sowie barrierefreier Übergänge zu den benachbarten<br />
Stadtquartieren<br />
- Ausbau des ÖPNVs hinsichtlich Taktfrequenz und<br />
und Betrieb in den Abendstunden<br />
- Anpassen der Straßenprofile für ein gleichwertiges<br />
und sicheres Nebeneinander der unterschiedlichen<br />
Verkehrsteilnehmer und Beförderungsmöglichkeiten<br />
- Alternative Bewegungsmöglichkeiten wie Bike- oder<br />
Carsharing unterstützen<br />
- Schaffung von attraktiven Parkgelegenheiten außerhalb<br />
des Altstadtkerns bei Gewährleistung ansprechender<br />
Wegeverbindungen vom Parkplatz zum Zielort<br />
- Behindertengerechter Ausbau von Straßen und<br />
Wegen<br />
� Gewährleistung von ausreichend Parkgelegenheiten für<br />
Anwohner, Angestellte und Gäste (Abb.133)<br />
- doppelte Nutzung von Stellplätzen zu verschiedenen<br />
Tageszeiten<br />
- Regelung der Stellplatzkapazitäten durch differenzierte<br />
Parkgebühren in unterschiedlichen Zonen<br />
- Schaffung von Kurzzeitstellplätzen an strategischen<br />
Stellen<br />
- Eigeninitiative bei der Schaffung von privatem<br />
Parkraum: Zusammenschluss mit Nachbarn<br />
- Neue Stellplatzanlagen bevorzugt als Tiefgaragen<br />
ausführen (Gewährleistung einer sicheren und<br />
geordneten Gestaltung)<br />
- Busparkplätze für Reisebusse und Einrichtung eines<br />
Empfangsportals für Reisebusgäste<br />
- Einrichtung von ausreichend Fahrradstellplätzen<br />
� Stärkung der Innenstadt als Bildungs- und Kulturstandort<br />
(Abb.134)<br />
- Schaffung von Räumlichkeiten für die Technische<br />
Hochschule z.B. Studium Plus<br />
- Einführung standortspezifischer Studiengänge für<br />
Optik, Mechanik, Elektrotechnik<br />
- Förderung des Gebietes als Bildungs- und<br />
Schulstandort<br />
- Stimulierung der Zusammenarbeit zwischen<br />
Unternehmen und Lernenden<br />
Abb.132 Verminderung des Durchgangsverkehrs<br />
Abb.133 Stadtverträgliche Parkmöglichkeiten<br />
Lernen<br />
Abb.134 Förderung der Bildungslandschaft<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
73
AUSBLICK<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
74<br />
EMPFEHLUNGEN UND AUSBLICK<br />
Das ISEK ist als Auftakt eines mehrjährigen Prozesses<br />
zu verstehen und muss in nachfolgenden Schritten weiter<br />
ausgearbeitet und qualifiziert werden.<br />
Das ISEK ist eine richtunggebende Grundlage für die<br />
zukünftige Innenstadtentwicklung von <strong>Wetzlar</strong>. Das<br />
Konzept bildet keinen feststehenden, sondern einen<br />
flexiblen Planungsrahmen, der sich an unvorhersehbare<br />
Veränderungen anpassen können muss. Mit der<br />
Festschreibung des ISEK-Dokumentes wird die wesentliche<br />
Entwicklungsrichtung für die Innenstadt beschlossen<br />
und der Grundstein für die weitere Ausarbeitung von<br />
Rahmenplänen für kleinere Teilgebiete gelegt. Das<br />
ISEK definiert zudem die Rahmenbedingungen für das<br />
kurzfristige Umsetzen von Maßnahmen und Planungen.<br />
Als ein nächster Planungsschritt wird ein Rahmenplan für<br />
das Neue Zentrum orientiert an den aufgestellten Leitlinien<br />
des ISEK in Abgriff genommen. Wesentliches Augenmerk<br />
liegt dabei auf den folgenden Handlungsfeldern:<br />
• Aufwerten der Verkehrsstruktur und Etablierung<br />
angemessener Parklösungen<br />
• Instandsetzung bzw. Ergänzung der städtebaulichen<br />
Blockstruktur und Anwendung einer angemessenen<br />
Umnutzungsstrategie<br />
• Aufwertung der verbindenden öffentlichen Straßen- und<br />
Platzräume<br />
Interessensgruppen<br />
ISEK<br />
Rahmenplan<br />
Teilgebiete<br />
Teilprojekte<br />
Bürgerbeteiligung<br />
Abb.136 Schema Planungsschritte<br />
Abb.135 Ausblick<br />
Um die genannten Leitlinien und die daran gekoppelten<br />
Maßnahmen und Projekte zeitnah durchführen zu<br />
können, muss parallel mit der gezielte Aufstellung einer<br />
Umsetzungsstrategie begonnen werden.<br />
Auch in den folgenden Planungsschritten wird der Dialog<br />
mit der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft sowie mit anderen<br />
innenstadtrelevanten Akteuren maßgeblich gesucht, um für<br />
die zukünftigen Stadtentwicklungsmaßnahmen eine hohe<br />
Transparenz und Akzeptanz zu bekommen und um die Ideen<br />
und Wünsche der verschiedenen Akteure als Potenziale für<br />
die Planungen nutzen zu können.
Jung, Irene: <strong>Wetzlar</strong>: Eine kleine Stadtgeschichte,<br />
<strong>Wetzlar</strong> 2010<br />
Jung, Irene und Wiedel, Wolfgang:<br />
<strong>Wetzlar</strong> - 60 Jahre in Hessen, <strong>Wetzlar</strong> 2006<br />
Jekel, Gregor; Frölich von Bodelschwingh,<br />
Francistka; Brühl, Hasso; Echter, Claus-Peter:<br />
Stadtpolitik und das neue Wohnen in der<br />
Innenstadt, 2010<br />
Lahnpark GmbH: Integriertes <strong>Entwicklungskonzept</strong><br />
Lahnpark, <strong>Wetzlar</strong> 2010<br />
Magistrat der Stadt <strong>Wetzlar</strong>, Schmidt, Jörg:<br />
Migrationsbericht der Stadt <strong>Wetzlar</strong> 2008<br />
Quantitative Auswertung der Befragung zum<br />
städtebaulichen <strong>Entwicklungskonzept</strong> für die<br />
<strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt im Anschluss an die<br />
1. Bürgerinformation am 16.11.2010<br />
Schneider, Reinhold und Weißenmayer Martina:<br />
Kulturdenkmäler in Hessen. Stadt <strong>Wetzlar</strong>, 2004<br />
Stadt <strong>Wetzlar</strong>, Dezernat für Wirtschaft und<br />
Umwelt mit Dr. Alexandra Engel, Verw.-Prof.:<br />
Dokumentation des Auftakt-Workshops der<br />
<strong>Wetzlar</strong>er Einzelhändler, Immobilieneigentümer<br />
und deren Mieter zur Gründung des Arbeitskreises<br />
Immobilien am 4.5.2007 in <strong>Wetzlar</strong>, 2007<br />
TU Delft, Meyer, Westrijk, Hoekstra:<br />
Stedenbowukundige regels voor het bouwen,<br />
Amsterdam 2008<br />
de.wikipedia.org<br />
www. lahn-dill-wetzlar.de<br />
www.leica-camera.com<br />
www. wetzlar.de<br />
QUELLENVERZEICHNIS<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
75
ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
76<br />
Buro 5, Maastricht: Abb. 1; 3; 6-7; 9-11; 14-15;<br />
17; 24; 31; 35-43; 46-48; 50-60; 62-74; 77-78;<br />
83-84; 87; 89-94; 98-99; 101; 103; 105- 114;<br />
116; 119 -121; 123-134; 136;<br />
Magistrat der Stadt <strong>Wetzlar</strong>: Abb.5; 8; 13; 16; 18;<br />
22-23; 25-30; 32-34; 61; 75; 79; 85; 88; 122;<br />
Atlantis- Magazine by polis/platform for urbanism,<br />
Ausgabe April 2011: Abb.4<br />
TU Delft, Meyer, Westrijk, Hoekstra:<br />
Stedenbouwkundige regels voor het bouwen:<br />
Abb. 118<br />
www.cryobank-muenchen.de Abb.96<br />
www.fotos-aus-der-luft.de: Abb.95<br />
www.fotocommunity.de Abb.74,80<br />
http://bild2.qimage.de/fernglas-hensoldt-wetzlarfoto-bild-50436552.jpg:<br />
Abb.49<br />
www.giessen.de: Abb.45<br />
www.graphicleftovers.com: Abb. 82<br />
www.helenspointstoponder.blogspot.com: Abb.12<br />
www.idw-online.de: Abb. 102<br />
www.istockphoto.com: Abb.76<br />
www.kerber-net.de: Abb.19<br />
www.kommunikationswerkstatt.de: Abb.135<br />
www.lagis-hessen.de: Abb.20<br />
www.lahn-dill-wetzlar.de : Abb.81; 100<br />
www./maps.google.de/maps: Abb.2; 125<br />
www.michael-czeranski.de: Abb.44<br />
www.mediastorehouse.com: Abb.21<br />
www.photoforyou.ch/: Abb.97<br />
www.schlijper.nl: Abb.115
IMPRESSUM<br />
Auftraggeber:<br />
Magistrat der Stadt <strong>Wetzlar</strong><br />
Ernst-Leitz-Straße 30<br />
D-35578 <strong>Wetzlar</strong><br />
Auftragnehmer:<br />
Buro 5 Maastricht<br />
Postbus 959<br />
6200 AZ Maastricht<br />
T: 043-325 32 23<br />
F: 043-325 59 96<br />
info@buro5.nl<br />
November, 2011<br />
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
77
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
78<br />
STRUKTURPLAN
INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />
79