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Entwurf Entwicklungskonzept - Wetzlar

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INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT<br />

FÜR WETZLAR - ISEK<br />

Abb. Titelblatt: <strong>Wetzlar</strong> - Stadt mit vielen Gesichtern<br />

Abb.2 Luftbild Kernbereich <strong>Wetzlar</strong><br />

VORWORT<br />

... AUF ZU NEUEN UFERN ... !<br />

..... WETZLAR DIE LEBENSWERTE OPTIKMETROPOLE<br />

Nach dem die Stadt <strong>Wetzlar</strong> in den letzten Jahren einzelne Quartiersentwicklungen<br />

in den Stadtrandlagen durch spezielle Programme erfolgreich umgesetzt hat -<br />

hier sind sowohl die Umstrukturierung und Belebung der ehemaligen Kasernen<br />

Spilburg und Sixt-von-Armin im Westend, als auch das Projekt der „sozialen<br />

Stadt“ in Niedergirmes zu nennen – hat die Stadtverordnetenversammlung<br />

entschieden, mit der Erstellung eines städtebaulichen <strong>Entwicklungskonzept</strong>es<br />

für die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt sich den in diesem Bereich immer deutlicher zu<br />

spürenden Herausforderungen perspektivisch und konzeptionell zu stellen.<br />

Mit dem jetzt vorliegenden <strong>Entwurf</strong> des städtebaulichen <strong>Entwicklungskonzept</strong>es<br />

für die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt (ISEK), haben wir mit einem neuen Prozess der<br />

Weiterentwicklung unserer Stadt begonnen. Wir wollen die hier dargestellten<br />

Leitvisionen in den kommenden Jahren konsequent gemeinsam mit der<br />

Bürgerschaft und den Interessenvertretungen unserer Stadt planerisch weiter<br />

entwickeln und auf der Quartiers- und Einzelobjektebene in den folgenden<br />

Phasen vertiefen. Bei der Planung und Realisierung von Einzelmaßnahmen<br />

sollen sie als Richtschnur für das Handeln aller Verantwortlichen dienen.<br />

Ziel des ISEK ist es, verbindliche Leitlinien für eine positive Entwicklung<br />

der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt für die kommenden Jahrzehnte festzulegen. Dabei<br />

sollen, basierend auf der historischen Entwicklung, den Besonderheiten<br />

der Stadtstruktur sowie den Stärken und Potenzialen unserer Stadt<br />

insbesondere:<br />

• die Innenstadt als Standort für Optik und Technologie gestärkt,<br />

• die großen Potenziale von Lahn und Dill für die Stadtentwicklung<br />

genutzt und<br />

• die urbane Lebensqualität in allen Stadtquartieren gefördert werden.<br />

Der vorliegende <strong>Entwurf</strong> des ISEK ist das Ergebnis einer intensiven<br />

Zusammenarbeit zwischen dem beauftragten Planungsbüro Buro5 aus<br />

Maastricht in den Niederlanden, der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft, Handels-,<br />

Gewerbe-, Industrie- und weiteren Interessenvertretern, dem Baudezernenten<br />

und der Verwaltung. Vor der abschließenden Beratung und Beschlussfassung<br />

in den städtischen Gremien soll der gemeinsam erarbeitete <strong>Entwurf</strong> noch<br />

einmal intensiv via Internet und in einem weiteren ganztägigen Bürgerforum<br />

öffentlich diskutiert werden.<br />

Damit besteht für die breite Öffentlichkeit weiterhin die Möglichkeit<br />

der kritischen Begleitung dieser zukunftsweisenden Konzeption vor der<br />

abschließenden Beratung und Beschlussfassung durch die städtischen<br />

Gremien.<br />

Über die bisher engagierte Beteiligung der Bürgerschaft und Institutionen<br />

in dem Prozess, bin ich sehr dankbar und freue mich auf ein weiterhin<br />

ersprießliches Miteinander zum Wohle unserer Stadt.<br />

Ihr Harald Semler<br />

Hauptamtlicher Stadtrat


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

4


Vorwort<br />

Zusammenfassung ....................................................................................................................... 9<br />

1. Einleitung<br />

1.1 <strong>Entwurf</strong>sphilosophie ......................................................................................................................................... 10<br />

1.2 Anlass Und Ziel des ISEK ............................................................................................................................. 11<br />

1.3 Entwicklungsgebiet ....................................................................................................................................... 13<br />

1.4 Herangehensweise Und der ISEK-Prozess .....................................................................................................14<br />

2. Entwicklungsansätze Und Ideenentwicklung<br />

2.1 Stadt Und Region ......................................................................................................................................... 20<br />

2.2 Identität der Stadt ....................................................................................................................................... 22<br />

2.2.1 Baugeschichtlicher Entstehungsprozess ......................................................................................................22<br />

2.2.2 Naturräumliche Gegebenheiten und Veränderungen durch den Menschen ............................................. 28<br />

2.2.3 Die heutigen Innenstadtquartiere<br />

2.3.1 Stärken <strong>Wetzlar</strong>s ........................................................................................................................................ 36<br />

2.3.2 Schwächen <strong>Wetzlar</strong>s ................................................................................................................................... 38<br />

2.4 Ideen und Wünsche der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft ........................................................................................ 40<br />

2.5 Schlussfolgerungen ........................................................................................................................................ 42<br />

2.5.1 Zusammenfassung: Das Bild der Innenstadt ............................................................................................. 42<br />

2.5.2 Relevante Themen für das <strong>Entwicklungskonzept</strong> ..................................................................................... 44<br />

3. Die Leitvision der Stadtentwicklung<br />

3.1 Leitmotive ..................................................................................................................................................... 48<br />

3.1.1 <strong>Wetzlar</strong> - Stadt der Optik Und Technologie ............................................................................................ 49<br />

3.1.2 <strong>Wetzlar</strong> - Stadt an Lahn Und Dill ........................................................................................................... 50<br />

3.1.3 <strong>Wetzlar</strong> - Stadt mit urbaner Lebensqualität ........................................................................................... 51<br />

4. Entwicklungsstrategie Insellandschaft<br />

4.1 Idee der <strong>Wetzlar</strong>er Inseln ............................................................................................................................ 54<br />

4.2 Vernetzung der Strukturen ........................................................................................................................... 55<br />

4.3 Strategie Innenstadt - Prinzipien der Stadtstruktur .................................................................................. 58<br />

4.3.1 <strong>Wetzlar</strong> setzt auf Optik Und Technologie ................................................................................................ 60<br />

4.3.2 <strong>Wetzlar</strong> verbindet Lahn Und Dill ............................................................................................................. 62<br />

4.3.3 <strong>Wetzlar</strong> fördert urbane Lebensqualität .................................................................................................... 66<br />

Empfehlungen Und Ausblick ...................................................................................................... 74<br />

Quellenverzeichnis ...................................................................................................................... 75<br />

Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................. 76<br />

Impressum ................................................................................................................................... 77<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

5


ZUSAMMENFASSUNG


ISEK WETZLAR<br />

Das Innenstadtentwicklungskonzept<br />

für <strong>Wetzlar</strong> (ISEK) wird mit dem<br />

Ziel aufgestellt, eine Leitvision für die<br />

Innenstadt zu entwerfen, welche der<br />

Stadt als Entwicklungsrichtung für die<br />

kommenden 20 Jahre und darüber hinaus<br />

dienen soll. Übergeordnetes Ziel ist es,<br />

die Innenstadt zu einem lebenswerten<br />

Wohn- und Arbeitsort zu profilieren.<br />

Dabei versucht das ISEK die strukturellen<br />

Stärken der Innenstadt aufzuzeigen, diese<br />

zu festigen und zu erweitern, aber auch<br />

neue Akzente zu setzen. Innerhalb eines<br />

mehrstufigen Planungsprozesses werden<br />

mit verschiedenen innenstadtrelevanten<br />

Akteuren die generellen Aufgaben für die<br />

Zukunft der Innenstadt <strong>Wetzlar</strong>s benannt.<br />

Die vorliegende Broschüre dokumentiert<br />

den Entstehungsprozess des ISEK, stellt das<br />

erarbeitete Innenstadtentwicklungskonzept<br />

vor und gibt mittels einer Umsetzungsstrategie<br />

einen Ausblick auf die nachfolgenden<br />

Planungsschritte.<br />

DILL<br />

NEUES<br />

ZENTRUM<br />

BAHNHOFSQUARTIER<br />

LAHN<br />

ALTSTADT


DILL<br />

NEUES<br />

ZENTRUM<br />

BAHNHOFSQUARTIER<br />

LAHN<br />

ALTSTADT<br />

EINLEITUNG<br />

Abb.3 Blick auf die Alte Lahnbrücke<br />

1


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

10<br />

1. EINLEITUNG<br />

1.1 ENTWURFSPHILOSOPHIE<br />

Im Zentrum des vorliegenden <strong>Entwicklungskonzept</strong>es<br />

steht eine <strong>Entwurf</strong>sphilosophie, die nach einer<br />

räumlichen und funktionalen Leitvision für eine sinnvolle<br />

Innenstadterneuerung von <strong>Wetzlar</strong> sucht. Eine derartige<br />

Leitvision muss immer auf den jeweiligen Standort<br />

mit seinen individuellen Gegebenheiten zugeschnitten<br />

werden, ist also kein generalisierbares, übertragbares<br />

Instrument.<br />

Bei der Erstellung einer Leitvision für die <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Innenstadt ergeben sich wesentlicheFragestellungen:<br />

Wie soll die Stadt zukünftig erlebt werden, welches<br />

Erscheinungsbild soll sie tragen und was soll sie<br />

vermitteln? Das <strong>Entwicklungskonzept</strong> versucht diese<br />

Fragen hinsichtlich der künftigen städtebaulichen<br />

Entwicklung zu beantworten.<br />

Verschiedene zusammenhängende Aspekte nehmen Einfluss<br />

auf die Konzeption der Leitvision. Neben den räumlichen<br />

Gegebenheiten müssen soziale, kulturelle, wirtschaftliche,<br />

infrastrukturelle, architektonisch-bauliche und ökologische<br />

Gesichtspunkte Beachtung finden. Im komplexen<br />

<strong>Entwurf</strong>sprozess werden Entscheidungen getroffen, die<br />

mit einer großen Verantwortung einhergehen, da der<br />

weit gespannte Rahmen dieses <strong>Entwicklungskonzept</strong>es<br />

sich an der Schnittstelle von städtebaulich-räumlichen<br />

und sozial-kulturellen Entwicklungen bewegt. Nur wenn<br />

<strong>Wetzlar</strong> in dieser Hinsicht eine ausgewogene Balance<br />

findet, kann die Stadt ihre umfangreichen Ziele verfolgen<br />

und umsetzen. <strong>Wetzlar</strong> muss sich künftig vor allem zu einer<br />

Stadt (weiter)entwickeln, die die Bedürfnisse ihrer Nutzer<br />

respektiert, sowohl in ihrer physischen Identität als auch<br />

in der sozialen und funktionalen Organisation.<br />

Abb.4 Die Stadt ist ein komplexer Organismus<br />

Das Bewusstsein für die Entwicklungsgeschichte der<br />

Stadt und für das gesellschaftliche Leben mit seiner<br />

eigenen lokalen Kultur, aber auch die Verinnerlichung der<br />

zukünftigen strukturellen Veränderungen und die daraus<br />

wachsenden Chancen sind wesentliche Ausgangspunkte für<br />

die Formulierung des Entwicklungsansatzes.<br />

Die Wahrnehmung einer Stadt variiert von Mensch zu<br />

Mensch. Dessen ungeachtet ergeben sich aus dieser<br />

individuellen Wahrnehmung viele Ähnlichkeiten. Der<br />

Mensch bevorzugt unbewusst eine Lebensumgebung, die<br />

einen großen Zusammenhang verschiedener Elemente<br />

erkennen lässt. Denn erst eine zusammenhängende Struktur<br />

schafft eine geordnete und dadurch nachvollziehbare<br />

und angenehme Lebensumgebung. Gleichwohl erzeugen<br />

räumliche bauliche Spannungen für den Stadtnutzer<br />

einen großen Reiz. Das Wechselspiel von Gebautem und<br />

Freiräumen macht eine Stadt interessanter. Städtischen<br />

Räumen muss deshalb auch ein gewisses Maß an<br />

Komplexität und Undurchschaubarkeit innewohnen (siehe<br />

Abb.4). In einer attraktiven Umgebung geht der Benutzer<br />

gern freiwillig auf Enddeckungsreise. Das vorliegende<br />

ISEK für <strong>Wetzlar</strong> versucht beständig zwischen Stadt und<br />

Mensch zu vermitteln.<br />

Für die Entwicklungsrichtung <strong>Wetzlar</strong>s sind die<br />

entscheidenden Fragen, was die Innenstadt gegenwärtig<br />

physisch darstellt und was sie zukünftig räumlich<br />

ausstrahlen will. Ebenso wichtig ist aber der Frage<br />

nachzugehen, wer die Stadt ist, also welches Image sie<br />

hat bzw. haben will.<br />

Das ISEK organisiert die verschiedenen Ebenen der<br />

Innenstadt in einem logischen System, resultierend<br />

in einem integralen <strong>Entwicklungskonzept</strong>, denn das<br />

integrale Entwickeln und Denken ist planungsleitend.<br />

Von der Gestaltung der öffentlichen Räume, der Ordnung<br />

der Verkehrsströme und des Parksystems, dem sensiblen<br />

Umgang mit bestehender Bausubstanz und der Entwicklung<br />

neuer Bebauung bis hin zur Implementierung geeigneter,<br />

attraktiver, bedürfnisorientierter und zukunftsorientierter<br />

Funktionen für sowohl Bewohner als auch Gewerbetreibende<br />

steht die Stadt vor einer komplexen Aufgabe.<br />

Das Innenstadtentwicklungskonzept für <strong>Wetzlar</strong> muss<br />

als flexibler Rahmen dienen, dessen Teilgebieten in den<br />

kommenden Jahren durch die politischen Verantwortlichen,<br />

die Verwaltung, Planer, Investoren und vor allem durch<br />

die Bewohner Form und Inhalt gegeben wird. Deshalb ist<br />

das ISEK ein integrales Model, welches ein hohes Maß an<br />

Multifunktionalität, Transparenz und Dialog anstrebt, um<br />

allen Bedürfnissen den nötigen Raum zu bieten.


1.2 ANLASS UND ZIEL DES ISEK<br />

Die im Lahn-Dill-Gebiet gelegene ehemalige Reichsstadt<br />

<strong>Wetzlar</strong> ist mit etwa 52.000 Einwohnern ein bedeutendes<br />

wirtschaftliches und kulturelles Zentrum in Hessen.<br />

Insbesondere ihre Rolle als wichtiger Industriestandort für<br />

Optik, Feinmechanik und die Metallindustrie hat sie über<br />

die Grenzen des Bundeslandes hinaus bekannt gemacht.<br />

Die historische Altstadt, das sich zwischen Lahn und Dill<br />

befindliche Gründerzeitquartier Neues Zentrum sowie<br />

das nördlich daran anschließende Bahnhofsquartier<br />

definieren den Innenstadtbereich <strong>Wetzlar</strong>s. Aufgrund ihrer<br />

eindrucksvollen industrie-geschichtlichen Prägung und der<br />

Konzentration zentraler Funktionen und Einrichtungen<br />

ist die Innenstadt besonders identitätsstiftend für ihre<br />

Bewohner sowie imageprägend für die gesamte Stadt<br />

<strong>Wetzlar</strong>.<br />

Durch ihre Entwicklung über die Jahrhunderte, den stetigen<br />

gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel und die<br />

gegenwärtigen Entwicklungstendenzen ist die <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Innenstadt heute sowohl funktional als auch räumlich von<br />

einem sehr heterogenen Erscheinungsbild geprägt.<br />

Während das Herz der Innenstadt, die historische Altstadt,<br />

in ihrer ursprünglichen Struktur von kleinteiliger Bebauung<br />

und charakteristischen Gassen-Platz-Räumen weitestgehend<br />

intakt ist, haben in den Quartieren Neues Zentrum und<br />

am Bahnhof vielfältige Stadtentwicklungsprozesse ihre<br />

Spuren hinterlassen. Unterschiedliche Nutzungen sind<br />

in verschieden Epochen nebeneinander entstanden. Dies<br />

lässt sich an einer kontrastreichen Architektur und sehr<br />

heterogenen Räumen ablesen.<br />

Abb.5 Stadtansicht <strong>Wetzlar</strong>- kolorierter Stahlstich 1850<br />

DILL<br />

NEUES<br />

ZENTRUM<br />

BAHNHOFSQUARTIER<br />

LAHN<br />

ALTSTADT<br />

Abb.6 Innenstadtquartiere <strong>Wetzlar</strong><br />

Die wachsende Bedeutung der Stadt <strong>Wetzlar</strong> als Industrie-<br />

und Technologiestandort, im Zuge der fortschreitenden<br />

Industrialisierung in den Nachkriegsjahren, bedingte eine<br />

hohe Arbeitskräftenachfrage. In der Folge wurde die Stadt<br />

in den 1960er und 1970er Jahren um neue Wohnviertel<br />

erweitert. Durch das Einwohnerwachstum verzeichneten<br />

die Innenstadtquartiere, wie in anderen europäischen<br />

Städten auch, einen Anstieg der Dienstleistungs- und<br />

Einkaufsfunktion. Damit versuchte man, den sich<br />

ändernden ökonomischen Anforderungen der Gesellschaft<br />

gerecht zu werden und den Konkurrenzstandorten<br />

standhalten zu können.<br />

Die beschriebenen Innenstadtentwicklungsprozesse hatten<br />

eine starke Zunahme des motorisierten Verkehrs zur<br />

Folge, wodurch im Stadtgebiet erhebliche Änderungen<br />

an der Verkehrsstruktur, besonders im Bahnhofsquartier<br />

und im Neuen Zentrum um den Karl-Kellner-Ring,<br />

nötig wurden. Der damit einhergehende Verlust der<br />

stadträumlichen Qualitäten bewirkte eine allmähliche<br />

Verdrängung des Wohnens aus der Innenstadt in die<br />

Stadtrandlagen und somit einen Bedeutungsverlust der<br />

Innenstadt als Wohnstandort. Die vermehrte Konzentration<br />

der Einkaufsfunktion im Kernbereich prägt seither die<br />

Nutzungsstruktur der Innenstadt. Das im Jahr 2005<br />

eröffnete, überregional bedeutende Einkaufszentrum<br />

Forum ist hier ein hervorzuhebendes Beispiel. Einerseits<br />

hatte diese wirtschaftliche Entscheidung positive<br />

Auswirkungen, weil dadurch der Wirtschaftsfaktor Handel<br />

und damit die Stadt als Oberzentrum gestärkt wurde.<br />

Andererseits fand eine Umsiedlung von Filialisten sowie von<br />

Einzelhändlern aus ehemaligen traditionellen Standorten<br />

wie der Bahnhofstraße in das Forum statt. Damit wurde<br />

der bereits schon vor der Eröffnung des Einkaufszentrums<br />

existierende Leerstand weiter gesteigert.<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

11


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

12<br />

Bahnhofsquartier<br />

q<br />

Altstadt<br />

Neues Zentrum<br />

Zentrum<br />

Planungsgebiet Innenstadt<br />

Betrachtungsgebiet t g g t Innenstaadt<br />

Abb.7 Entwicklungsgebiet Innenstadt


Die starke Fokussierung der Innenstadt auf die Handels-<br />

und Dienstleistungsfunktion hat sich negativ auf die für<br />

innerstädtische Quartiere anzustrebende Nutzungsmischung<br />

ausgewirkt. Daneben lassen sich durch die vielfältigen<br />

räumlichen Veränderungen die einstigen Besonderheiten<br />

der verschiedenen Quartiere und ihre Verbindung<br />

untereinander nur noch bedingt ablesen.<br />

Eine wichtige Rolle für <strong>Wetzlar</strong> und insbesondere für die<br />

Innenstadtquartiere spielen in diesem Zusammenhang die<br />

Flüsse Lahn und Dill, deren Potentiale als identitätsstiftende<br />

Elemente gegenwärtig noch zu wenig erkannt und genutzt<br />

werden. Der Bezug zu den umliegenden Stadtquartieren<br />

und der Gesamtstadt ist bisher nur in wenigen Bereichen<br />

wahrnehmbar und die Möglichkeiten die Wasseradern<br />

als Lebens- und Erlebnisraum zu erfahren, werden kaum<br />

genutzt.<br />

Mit der aufkommenden Trendwende zu einem stärkeren<br />

Bewusstsein für eine attraktive und leistungsfähige<br />

Innenstadt (siehe Abb.8) und der steigenden Nachfrage<br />

nach Wohnungen, Arbeitsplätzen, Bildung, Einkaufen,<br />

Kultur und Freizeit in innerstädtischen Lagen werden für<br />

die Stadtplanung in <strong>Wetzlar</strong> neue Herausforderungen<br />

deutlich. Die Stärkung und Weiterentwicklung der<br />

Innenstadt als Wohn- und Arbeitsstandort, abgestimmt auf<br />

die heutigen und zukünftigen vielschichtigen Bedürfnisse<br />

ihrer Nutzer, und die Steigerung der wirtschaftlichen und<br />

kulturellen Leistungskraft der Innenstadt für ein attraktives<br />

Image <strong>Wetzlar</strong>s nach außen bilden die vorrangigen Ziele<br />

des Innenstadtentwicklungskonzeptes. Dabei wird vor allem<br />

eine Wiederbelebung der stadträumlich, funktional und<br />

sozial abgegrenzten Stadtquartiere und deren optimale<br />

Vernetzung angestrebt, um so den vielfältigen Wünschen<br />

der verschiedenen Interessensgruppen in der Stadt gerecht<br />

zu werden.<br />

Insbesondere innerstädtische Lagen sind ständigen<br />

demografischen, gesellschaftlichen und ökonomischen<br />

Veränderungsprozessen unterworfen, weshalb sich<br />

das vorliegende Innenstadtentwicklungskonzept als<br />

dynamisches Planungsinstrument für die nächsten 20Jahre,<br />

aber auch darüber hinaus versteht. Es muss sich flexibel an<br />

den rasanten Strukturwandel anpassen können.<br />

Ein Innenstadtentwicklungskonzept kann qualifiziert<br />

nur aufgestellt und umgesetzt werden, wenn alle<br />

innenstadtrelevanten Akteure mit einbezogen werden.<br />

Deshalb ist das Innenstadtentwicklungskonzept als<br />

dialogorientierter Prozess zwischen Verwaltung, Politik,<br />

Wirtschaft, Bürgerschaft und Planern konzipiert.<br />

Die Partizipation ist im bisherigen und im weiteren<br />

Planungsprozess von zentraler Bedeutung für eine<br />

konsensgetragene Entwicklung.<br />

Abb.8 Blick über die Innenstadt, im Vordergrund die Leitzwerke<br />

1.3 DAS ENTWICKLUNGSGEBIET<br />

Das vorliegende SEK bezieht sich vorrangig auf die drei<br />

Innenstadtquartiere Bahnhofsquartier, Neues Zentrum und<br />

Altstadt. Um eine integrale Entwicklung der Innenstadt<br />

zu gewährleisten, wurden auch die daran angrenzenden<br />

Quartiere mit betrachtet, siehe Abb.7 Betrachtungsgebiet<br />

Innenstadt.<br />

Das Bahnhofsquartier umfasst im Wesentlichen das<br />

Bahnhofsumfeld und den Großkomplex Forum-Rittal-<br />

Arena-Parkhaus. Im Süden schließt sich daran das Gebiet<br />

des Neuen Zentrums an, mit der Bahnhofstraße und dem<br />

Karl-Kellner-Ring als dominante Quartiersadern. Begrenzt<br />

wird das Quartier durch die B49 im Norden, die Lahn<br />

im Osten, die Dill im Westen und durch den Bereich um<br />

die Langgasse im Süden. Das dritte Innenstadtquartier,<br />

die Altstadt, zwischen Lahn, Haarbachstraße und<br />

Schützenstraße gelegen, wird vom charakteristischen<br />

Altstadtgrüngürtel umschlossen.<br />

Die (Frei)räume von Lahn und Dill werden im ISEK wegen<br />

der räumlichen und funktionalen Überschneidungen in die<br />

Betrachtung der jeweiligen Stadtquartiere mit einbezogen.<br />

Die Wasseradern und ihre Ufer finden aber auch als<br />

eigenständiger Interventionsraum zusammengefasst<br />

Beachtung.<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

13


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

14<br />

1.4 HERANGEHENSWEISE UND DER ISEK-PROZESS<br />

Die Stadt <strong>Wetzlar</strong> steht vor der entscheidenden Frage, wie<br />

ihre Innenstadt in 20 Jahren und darüber hinaus aussehen<br />

soll. Die räumlichen und funktionalen Entwicklungen in den<br />

letzten Jahren mit teilweise negativen Folgen, insbesondere<br />

im Bereich Neues Zentrum und Bahnhofsquartier gaben<br />

den Anstoß für diese Planung zur Revitalisierung der Stadt<br />

hinsichtlich ihrer Lebens – und Erlebnisqualität. Darum hat<br />

sich die Stadt <strong>Wetzlar</strong> dazu entschlossen für die Innenstadt<br />

ein integrales <strong>Entwicklungskonzept</strong> aufzustellen, mit dem<br />

Ziel, zusammenhängende Aussagen für die zukünftige<br />

Entwicklung der Innenstadt zu treffen und die wichtigsten<br />

Eckpunkte hinsichtlich ihrer räumlichen, sozialen und<br />

funktionalen Struktur festzulegen. Ausgangspunkt ist<br />

die Suche nach relevanten Fragestellungen, die für die<br />

Profilbildung und Stärkung von <strong>Wetzlar</strong> in der Zukunft<br />

von Bedeutung sind.<br />

Schon vor Beginn des ISEK-Prozesses haben sich in <strong>Wetzlar</strong><br />

eine Reihe von Initiativen aktiv mit Fragestellungen der<br />

künftigen Stadtentwicklung beschäftigt. Zudem wurden<br />

aus der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft heraus zunehmend die<br />

Problemstellungen der Innenstadt thematisiert.<br />

Im Sommer 2010 wurde durch das Planungs- und<br />

Hochbauamt der Stadt <strong>Wetzlar</strong> der mehrstufige<br />

Planungsprozess zum ISEK angestoßen (Abb.9). Die<br />

Stadtverwaltung hat seither in Zusammenarbeit mit dem<br />

externen Planungsbüro Buro5 aus Maastricht und im<br />

erfolgreichen Dialog mit verschiedenen anderen Akteuren<br />

an der Erstellung einer Leitvision für die Innenstadt<br />

<strong>Wetzlar</strong>s gearbeitet. Zentrales Ziel ist es, die Innenstadt<br />

<strong>Wetzlar</strong>s für die Zukunft zu stärken, so dass sie den<br />

verschiedenen Bedürfnissen und Wünschen ihrer Nutzer<br />

bestmöglich entsprechen kann.<br />

Das ISEK ist als Auftakt eines mehrjährigen Prozesses<br />

zu verstehen, das in nachfolgenden Schritten weiter<br />

ausgearbeitet und qualifiziert werden muss.<br />

ISEK-PROZESS<br />

Der bisherige Arbeitsprozess erfolgte im Wesentlichen in<br />

2 Phasen (siehe Abb. 10).<br />

Bestandsaufnahme und Ideenentwicklung<br />

Um sich der Aufgabe zur Erstellung eines ISEK für<br />

<strong>Wetzlar</strong> anzunähern, wurden in der ersten Phase für<br />

das Betrachtungsgebiet relevante Themen und Daten<br />

analysiert und bestehende Planungen ausgewertet. Dabei<br />

wurden Aspekte wie die Siedlungsgeschichte des Gebietes<br />

betrachtet, aber auch die derzeitige Situation hinsichtlich<br />

ihrer räumlichen und funktionalen Struktur erfasst. Daraus<br />

resultierte einerseits eine Filterung der Stärken und<br />

Schwächen des Betrachtungsgebietes. Andererseits diente<br />

es vor allem dem Herauskristallisieren der geschichtlichen<br />

und heutigen Identität der Innenstadt, um darauf aufbauend<br />

erste Ideen zur Entwicklung einer Leitvision für die<br />

Innenstadt ableiten zu können.<br />

Im Dialog mit der Stadtverwaltung wurden diese Ergebnisse<br />

abgestimmt und im November 2010 während eines<br />

Bürgerinformationsabends der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft und<br />

allen involvierten Interessensgruppen vorgestellt.<br />

FRÜHERE &<br />

HEUTIGE<br />

IDENTITÄT<br />

ENTWICKLUNGSANSÄTZE<br />

UND IDEENENTWICKLUNG<br />

LEITVISION<br />

LEITMOTIV 1 LEITMOTIV 2<br />

AUSBLICK<br />

Abb.9 ISEK - Methode<br />

IDEEN-<br />

WORKSHOP<br />

ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />

UMSETZUNG<br />

LEITMOTIV 1<br />

BESTEHENDE<br />

PLANUNGEN<br />

UMSETZUNG<br />

LEITMOTIV 2<br />

�<br />

LEITMOTIV 3<br />

UMSETZUNG<br />

LEITMOTIV 3<br />

SWOT


VERWALTUNG<br />

STADT WETZLAR<br />

PLANUNGSBÜRO<br />

BURO5<br />

VERWALTUNG<br />

STADT WETZLAR<br />

PLANUNGSBÜRO<br />

BURO5<br />

Abb.10 ISEK - Prozess<br />

BESTANDSAUFNAHME UND IDEENENTWICKLUNG<br />

BÜRGERFORUM<br />

INTERESSENS-<br />

GRUPPEN :<br />

BÜRGER<br />

POLITIK<br />

WIRTSCHAFT<br />

INITIATIVEN<br />

VERBÄNDE<br />

KULTUR<br />

TOURISMUS<br />

LEITVISION UND ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />

BÜRGERFORUM<br />

INTERESSENS-<br />

GRUPPEN :<br />

BÜRGER<br />

POLITIK<br />

WIRTSCHAFT<br />

INITIATIVEN<br />

VERBÄNDE<br />

KULTUR<br />

TOURISMUS<br />

Nach einer weiteren Vertiefungsphase der Bestandsaufnahme<br />

und der Entwicklung erster Ideen wurde im darauffolgenden<br />

Februar ein Ideenworkshop mit <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerinnen und<br />

Bürgern veranstaltet. Ziel dieses Ideenworkshops war es,<br />

die wesentlichen Bedürfnisse der in der Innenstadt (auch in<br />

Zukunft) lebenden Menschen sowie der für die Innenstadt<br />

relevanten Interessensgruppen aus Politik, Wirtschaft,<br />

Bildung und Kultur aufzuzeigen und gemeinsam die<br />

wesentlichen Problemstellungen zu diskutieren.<br />

INTERNET<br />

VERWALTUNG<br />

STADT WETZLAR<br />

PLANUNGSBÜRO<br />

BURO5<br />

VERWALTUNG<br />

STADT WETZLAR<br />

PLANUNGSBÜRO<br />

BURO5<br />

IDEEN-<br />

WORKSHOP<br />

INTERESSENS-<br />

GRUPPEN :<br />

BÜRGER<br />

POLITIK<br />

WIRTSCHAFT<br />

INITIATIVEN<br />

VERBÄNDE<br />

KULTUR<br />

TOURISMUS<br />

INTERNET<br />

Zudem sind zahlreiche Wünsche und Ideen<br />

zusammengetragen worden, die zu einer positiven<br />

Entwicklung der Innenstadt beitragen können.<br />

Für die verschiedenen Innenstadtbereiche wurden<br />

übergeordnete Ziele und Aufgaben formuliert, aber auch<br />

konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des täglichen<br />

Lebens, Arbeitens und Erlebens in den innerstädtischen<br />

Quartieren benannt. Diese vielfältigen Ergebnisse bilden<br />

einen wesentlichen Bestandteil bei der Erstellung der<br />

Leitvision.<br />

I<br />

S<br />

E<br />

K<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

15


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

16<br />

Leitvision und Entwicklungsstrategie<br />

Die in Phase 1 gesammelten, für die Innenstadt relevanten<br />

Sachverhalte dienen in Phase 2 als einzelne Bausteine für<br />

die Entwicklung der Leitvision.<br />

In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung wurden daraus<br />

3 wesentliche Leitmotive aufgestellt, die als übergeordnete<br />

Entwicklungsrichtung die zukünftige Identität der<br />

Innenstadt prägen sollen. Diese übergeordneten Leitmotive<br />

basieren maßgeblich auf der vergangenen und der heutigen<br />

Identität des Betrachtungsgebietes:<br />

- WETZLAR - STADT DER OPTIK UND TECHNOLOGIE<br />

- WETZLAR - STADT AN LAHN UND DILL<br />

- WETZLAR - STADT MIT URBANER LEBENSQUALITÄT<br />

Für diese Leitmotive wurde im Folgenden eine<br />

umsetzungsorientierte Entwicklungsstrategie erdacht und<br />

diese auf die Innenstadtquartiere projiziert. Zudem sind<br />

für die einzelnen Leitmotive relevante Handlungsfelder<br />

aufgezeigt und Vorschläge zu konkreten Maßnahmen<br />

benannt worden.<br />

BAUGESCHICHTLICHE<br />

ENTSTEHUNG<br />

BEDÜRFNISSE & WÜNSCHE<br />

INTERESSENSGRUPPEN<br />

HEUTIGE IDENTITÄT<br />

WEZTLAR<br />

LEITVISION &<br />

ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />

ZUKÜNFTIGE IDENTITÄT<br />

WEZTLAR<br />

Der <strong>Entwurf</strong> des ISEK wird im Magistrat der Stadt<br />

vorgestellt und in einem öffentlichen Bürgerforum mit<br />

allen interessierten Akteuren diskutiert. Ziel ist es, ein<br />

konsensgetragenes Endresultat zu erreichen.<br />

Das ISEK dient als wesentliche Grundlage für die<br />

zukünftige Entwicklung der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt und in<br />

seiner späteren Fortschreibung als Basis für die vertiefende<br />

Ausarbeitung einzelner Teilbereiche.<br />

HERANGEHENSWEISE<br />

Meist beruhen Stadtentwicklungskonzepte auf der<br />

Betrachtung klassischer Themen wie Grünstruktur,<br />

Verkehrsstruktur, Nutzungsstruktur. Die Handlungsfelder<br />

werden systematisch auf ihre Stärken und Schwächen<br />

analysiert, um daraus Leitlinien für die Stadtentwicklung<br />

abzuleiten.<br />

Ausschlaggebend für den Entwicklungsansatz des<br />

vorliegenden ISEK ist eine integrale Denk- und<br />

Planungsweise, von der Stadt heraus entwickelt. Das<br />

Herausstellen der verschiedenen Identitäten, der Stärken<br />

und Potenziale der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt wird als<br />

Grundgedanke verfolgt und bewusst als Basis für die<br />

Konzeption einer Leitvision genutzt.<br />

NATURRÄUMLICHE<br />

GEGEBENHEITEN<br />

STRUKTURWANDEL<br />

+<br />

Abb.11 Herangehensweise


Dabei spielt die Betrachtung der vielschichtigen<br />

baugeschichtlichen Gegebenheiten <strong>Wetzlar</strong>s eine wesentliche<br />

Rolle. Insbesondere die weit zurückreichende Bedeutung<br />

als Industriestandort hat das Image der Stadt nachhaltig<br />

geprägt, wie auch als Gegenpol dazu, die historische<br />

Altstadtstruktur.<br />

Daneben ist die geografische Lage <strong>Wetzlar</strong>s an den<br />

Flüssen Lahn und Dill, umgeben von der hessischen<br />

Mittelgebirgslandschaft ein charakteristisches Merkmal,<br />

welches das Stadtbild im Laufe der Jahrhunderte<br />

maßgeblich mitbestimmt hat. Die Innenstadt von<br />

<strong>Wetzlar</strong> war und ist verstärkt in den letzten Epochen<br />

einem ständigen demografischen, gesellschaftlichen und<br />

ökonomischen Veränderungsprozessen unterworfen. Dieser<br />

Strukturwandel hatte diverse räumliche, funktionale und<br />

soziale Veränderungen im Innenstadtgefüge zur Folge, die<br />

sich besonders gut an dem heterogenen Bild des Neuen<br />

Zentrums ablesen lassen.<br />

Diese vielfältigen Facetten <strong>Wetzlar</strong>s gilt es aufzuspüren und<br />

gezielte für die Steuerung der zukünftigen Entwicklung und<br />

die Identitätsfindung <strong>Wetzlar</strong>s auszubauen.<br />

Abb.12 Zusammenarbeit aller innenstadtrelavanter Akteure<br />

Ein Innenstadtentwicklungskonzept kann nur<br />

qualifiziert aufgestellt und umgesetzt werden, wenn alle<br />

innenstadtrelevanten Akteure mit ihren individuellen<br />

Bedürfnissen und Wünschen einbezogen werden. Deshalb<br />

ist es wichtig, das Innenstadtentwicklungskonzept als<br />

dialogorientierten Prozess zwischen Verwaltung, Politik,<br />

Wirtschaft und Bürgerschaft und Planern zu konzipieren<br />

und diesem auch im weiteren Planungsprozess Bedeutung<br />

zu schenken.<br />

Ein wesentlicher Gedanke bei der Erarbeitung des ISEK<br />

ist die Erstellung eines dynamischen Planungsrahmens,<br />

welcher sich flexibel den rasanten, meist nicht planbaren<br />

Veränderungsprozessen anpassen können muss. Bei<br />

der Formulierung einer Leitvision im Sinne einer<br />

zukunftsorientierten Identität wird keine abgeschlossene<br />

Planung angestrebt, sondern eine Entwicklungsrichtung<br />

vorgegeben, welche abgestimmt auf zukünftige Geschehnisse<br />

wandelbar bleibt.<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

17


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

18


Abb.13 Stadtplan der Stadt <strong>Wetzlar</strong> um 1911<br />

2<br />

ENTWICKLUNGSANSÄTZE UND<br />

IDEENENTWICKLUNG<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

19


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

20<br />

2. ENTWICKLUNGSANSÄTZE UND IDEENENTWICKLUNG<br />

2.1 STADT UND REGION<br />

Die Stadt <strong>Wetzlar</strong> in Mittelhessen schaut stolz auf<br />

eine lange Geschichte als freie Reichsstadt zurück und<br />

wuchs seither zu einem bedeutenden Wirtschaftszentrum<br />

der Region heran. Als wesentlicher Industrie- und<br />

Handelsstandort zählt die Stadt heute zu einem der 10<br />

Oberzentren in Hessen. <strong>Wetzlar</strong> ist zudem Sitz einiger<br />

regional bedeutender öffentlicher Einrichtungen, wie zum<br />

Beispiel der Kreisverwaltung des Lahn-Dill-Kreises und<br />

der Lahn-Dill-Kliniken, eines der größten Krankenhäuser<br />

der Region.<br />

International agierende Unternehmen sind in <strong>Wetzlar</strong><br />

beheimatet. Der Buderus-Konzern produziert in <strong>Wetzlar</strong><br />

bereits seit 1731 in der Eisen- und Stahlindustrie sowie<br />

in der Thermotechnik. Eine in Deutschland herausragende<br />

Position übernimmt die Stadt vor allem in Bereich<br />

der optischen feinmechanischen Industrie. Die Firma<br />

Leitz (heute: Leica), seit Mitte des 19.Jahrhunders in<br />

<strong>Wetzlar</strong> ansässig, ist mit ihren optisch-feinmechanischen<br />

Produkten weltbekannt geworden. So wurde Anfang des<br />

20.Jahrhunders in <strong>Wetzlar</strong> von Oskar Barnack die erste<br />

Kleinbildkamera Leica entwickelt. Weitere Betriebe<br />

wie die Firma Hensoldt AG, heute zur Zeiss-Gruppe<br />

gehörend, und Minox sowie eine Vielzahl mittelständischer<br />

Unternehmen in diesem Industriezweig bestätigen die Rolle<br />

<strong>Wetzlar</strong>s als ein Zentrum der Optik und Feinmechanik in<br />

Deutschland.<br />

Abb.14 Verkehrsanschluss der Innenstadt<br />

Eine Besonderheit <strong>Wetzlar</strong>s ist die innerstädtische Lage<br />

dieser Firmen (Abb. 8). Sie prägen seit Jahrzehnten das<br />

Bild der Innenstadt und bestimmen weitreichend auch das<br />

Image der Stadt.<br />

Auch als Hochschulstandort konnte sich <strong>Wetzlar</strong> in den letzten<br />

Jahren etablieren. Die technische Hochschule Mittelhessen<br />

(THM) ermöglicht die Studiengänge Betriebswirtschaft,<br />

Ingenieurwesen, Leitung und Bildungsmanagement<br />

im Elementarbereich und Wirtschaftsingenieurwesen<br />

sowie Prozessmanagement und Systems Engineering.<br />

Nennenswert ist das Zentrum Dualer Hochschulstudien<br />

(ZDH), in welchem die TH Mittelhessen in enger<br />

Zusammenarbeit mit regional ansässigen Unternehmen ein<br />

duales Hochschulstudium „Studium Plus“ anbietet.<br />

Neben der Bedeutung als Industrie- und Bildungsstandort<br />

kommt <strong>Wetzlar</strong> eine zentrale Rolle als Einkaufsstadt zu.<br />

Das in Bahnhofsnähe gelegene Einkaufszentrum Forum<br />

sowie das in der Fußgängerzone Bahnhofstraße ansässige<br />

Herkulescenter haben einen enormen Einzugsbereich<br />

von 540.000 Personen mit entsprechend hoher<br />

Kaufkraftbindung.<br />

Bedeutend für den Einzelhandelssektor ist hinsichtlich<br />

inhabergeführter Geschäfte die <strong>Wetzlar</strong> Altstadt. Kleine<br />

Geschäfte verschiedener Branchen finden sich hier neben<br />

vielen gastronomischen Angeboten. Der historische<br />

Stadtkern übernimmt darüber hinaus wegen seiner<br />

nahezu erhaltenen mittelalterlichen Baustruktur aus<br />

Fachwerkhäusern und den typischen Gassen und Plätzen<br />

sowie dem vielfältigen Kultur- und Kunstangebot eine<br />

wesentliche Rolle als Tourismusmagnet der Stadt.<br />

Die einmalige naturräumliche Lage <strong>Wetzlar</strong>s an Lahn und<br />

Dill birgt zudem eine große Anziehungskraft für Touristen.<br />

Die Region liegt im Übergangsgebiet der hessischen<br />

Mittelgebirge: Sie erstreckt sich vom Westerwald im<br />

Norden bis zum Taunus im Süden. Mitten durch die Region<br />

fließt die landschaftsprägende Lahn. Die Berge, Hochebenen<br />

und Täler formen eine vielfältige und abwechslungsreiche<br />

Landschaft und geben der Region ein deutliches Profil,<br />

siehe Abb.15. <strong>Wetzlar</strong> ist Sitz des Lahntal Tourismus<br />

Verbandes.<br />

Auch als Sportstadt hat sich <strong>Wetzlar</strong> mit bedeutenden<br />

Sportvereinen und überregionalen Sportveranstaltungen in<br />

der 2005 eröffneten Rittal-Arena einen Namen gemacht.


Abb.15 Regionale Lage der Stadt <strong>Wetzlar</strong><br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

21


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

22<br />

2.2 IDENTITÄT DER STADT<br />

2.2.1 BAUGESCHICHTLICHER ENTSTEHUNGSPROZESS<br />

Erste Besiedlung und die Anfänge der Industrie<br />

Die Stadt <strong>Wetzlar</strong> wurde nachweislich erstmals im<br />

8.Jahrhundert erwähnt. Jedoch fand schon viel früher,<br />

bereits in der Altsteinzeit, wegen der begünstigten<br />

klimatischen Lage entlang des Lahntales Siedlungstätigkeit<br />

statt. Hervorzuheben sind die in der keltischen La-Tene-<br />

Zeit um Christi Geburt entstandenen keltischen Siedlungen<br />

auf <strong>Wetzlar</strong>er Gebiet. Aus dieser Zeit ist nämlich<br />

bereits die erste Eisengewinnung aus oberflächennah<br />

liegenden Zersetzungsprodukten aus den dort befindlichen<br />

Eisenerzlagern bekannt. Aufgrund der Lage am Wasser<br />

konnte das Rohmaterial direkt am Standort in s.g. Rennöfen<br />

zu Schmiedeeisen verhüttet werden.<br />

Geschäftigkeit im Mittelalter<br />

Mit dem Erwerben des Marktrechtes und der Entstehung<br />

des Marienstiftes auf dem späteren Domhügel entstand nach<br />

897 eine Marktsiedlung, die Anziehungspunkt für Händler<br />

und Handwerker war. Die Namen der Altstadtplätze wie<br />

Eisenmarkt, Buttermarkt und Kornmarkt lassen heute<br />

noch das damals rege Markttreiben anklingen. Zur etwa<br />

gleichen Zeit entstand auch die alte Reichsburg Kalsmunt,<br />

wahrscheinlich durch Karl den Großen erbaut, um die Stadt<br />

besser unter Kontrolle halten zu können. Die Burgruine ist<br />

heute wegen ihrer Hügellage und Sicht auf die Stadt ein<br />

beliebtes Ausflugsziel (Abb.16).<br />

Die Stadt lag mit Furten durch Lahn und Dill, im<br />

Abschnitt 2.2.2. näher erläutert, an der Kreuzung<br />

zweier überregionaler Handelsstraßen des römischen<br />

Verkehrsnetzes. Der historisch bedeutende Fernweg Hohe<br />

Straße führte von Antwerpen über Köln und <strong>Wetzlar</strong><br />

nach Frankfurt am Main. Die Weinstraße verlief von<br />

Koblenz über Mainz, Frankfurt am Main und <strong>Wetzlar</strong><br />

nach Hildesheim und weiter Richtung Bremen bzw. Lübeck<br />

(Abb.17). Somit war <strong>Wetzlar</strong> bereits im Mittelalter gut<br />

an das überregionale Verkehrs- und Transportsystem<br />

angeschlossen.<br />

Die Reichsstadt <strong>Wetzlar</strong><br />

Im Jahre 1180 wurde <strong>Wetzlar</strong> vom Hohenstaufenkaiser<br />

Friedrich I Barbarossa im Zuge der Errichtung einer<br />

Reichsvogtei zur Freien und Reichsstadt ausgerufen. Im<br />

13. und 14 Jahrhundert erreichte die mittelalterliche Stadt<br />

mit 6000 Einwohnern ihre wirtschaftliche Blüte. In der<br />

Region war nur Frankfurt am Main größer. Aus dieser Zeit<br />

stammen die größten Teile der alten Stadtbefestigung und<br />

die alte Lahnbrücke, beide neben dem Dom noch heute im<br />

Stadtbild gegenwärtig.<br />

Abb.16 Ruine Kalmunt<br />

Antwerpen<br />

Hohe Straße<br />

Koblenz<br />

Köln<br />

Mainz<br />

Bremen<br />

Abb.17 Mittelalterliche Handelsstraßen<br />

Abb.18 Ansicht <strong>Wetzlar</strong> 1625<br />

Weinstraße<br />

<strong>Wetzlar</strong><br />

Frankfurt<br />

am Main<br />

Lübeck<br />

Hildesheim


Besonders der Handel mit Eisen, das Hüttenwesen und der<br />

Bergbau prägten schon damals die städtische Wirtschaft.<br />

Auf dem Kalsmunt, dem Lahnberg und der heutigen<br />

Avignonanlage sind Erzgruben bekannt.<br />

Jahrzehntelange Fehden mit verschiedenen Herrschern,<br />

der Ausbruch von Bränden und Krankheiten sowie<br />

Hochwasserereignissen führte zu einem Niedergang der<br />

Stadt auf nur noch 1500 Einwohner.<br />

Einen Aufschwung erlebt sie erst wieder im Jahre 1689 mit<br />

der Verlegung des Reichskammergerichtes, des höchsten<br />

Gerichtes des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation,<br />

nach <strong>Wetzlar</strong>. Dies führte zu einem erneuten Anstieg der<br />

Bevölkerung sowie zu einem wirtschaftlichen Wachstum.<br />

Einige Stadtpalais im Barockstil wie die Alte Wache<br />

finden sich heute neben den typischen mittelalterlichen<br />

Fachwerkbauten in der Altstadt. Erwähnenswert ist in<br />

diesem Zusammenhang die Ankunft und der zeitweilige<br />

Aufenthalt Goethes in <strong>Wetzlar</strong>, der mit seinem Roman<br />

„Die Leiden des jungen Werther“ die Stadt weltberühmt<br />

machte (Abb.21). 1806 wurde das Heilige Römische Reich<br />

deutscher Nation und mit ihm das Reichskammergericht<br />

aufgelöst, wodurch <strong>Wetzlar</strong> auch seinen Titel als Reichsstadt<br />

verlor. 1815 fiel die Stadt an Preußen und gehörte ab 1822<br />

zum neu geschaffenen Landkreis <strong>Wetzlar</strong>. <strong>Wetzlar</strong> wurde<br />

Garnisonsstadt. Die damaligen Stadtbewohner lebten<br />

vorwiegend von der Landwirtschaft.<br />

Die industrielle Blüte<br />

Die bedeutende industrielle Entwicklung <strong>Wetzlar</strong>s zu<br />

einem führenden Industriestandort begann im Jahre<br />

1851 mit der Schiffbarmachung der Lahn. Maßgeblich<br />

war aber der Bau der Eisenbahn und des Bahnhofs im<br />

Norden der heutigen Innenstadt, auf Niedergirmeser<br />

Fläche, nahe des Buderusgeländes. Mit der Eröffnung<br />

zweier Eisenbahnlinien 1862/63, die sich in <strong>Wetzlar</strong><br />

trafen sowie der Berlin-<strong>Wetzlar</strong>er Eisenbahn verfügte<br />

die Stadt über den nötigen Anschluss an ferne Rohstoff-<br />

und Absatzmärkte und es wurde die Voraussetzungen für<br />

größere Industrieansiedlungen der Metallindustrie gelegt,<br />

die zum Teil noch heute Bestand haben. Um 1869 gab es im<br />

Stadtgebiet circa 100 Erzbergwerke, die mit dem Anstieg<br />

des Metallbedarfes zu größeren Gruben verschmolzen<br />

wurden. So auch die Grube Buderus, wo 1872 durch die<br />

Brüder Buderus mit der Sophienhütte der erste <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Hochofen in Betrieb genommen wurde (Abb.20). Mit<br />

diesem war unter anderem der Grundstein für bedeutende<br />

<strong>Wetzlar</strong>er Firmen der Schwerindustrie wie Buderus,<br />

Röchling, Berghütte und Carolinenhütte gelegt worden. Mit<br />

der Gründung des deutschen Zollvereins konnte das Erz<br />

über die ausgebauten und neu entstandenen Transportwege<br />

bis ins Saarland und das Rheinland transportiert bzw. Koks<br />

für die Verhüttung aus dem Ruhrgebiet herangeschafft<br />

werden.�<br />

Abb.19 Gemälde von <strong>Wetzlar</strong> um 1772<br />

Abb.20 Die Sophienhütte 1873<br />

Abb.21 Goethe in <strong>Wetzlar</strong><br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

23


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

24<br />

Abb.22 Blick über den Karl-Kellner-Ring<br />

Die direkte Ansiedlung der Industrie in der Nähe<br />

des Stadtkernes ist noch immer ein wesentliches<br />

Charakteristikum der <strong>Wetzlar</strong> Innenstadt (Abb.22). Die<br />

industrielle Entwicklung hat maßgeblich sowohl räumlich<br />

als auch funktional die Stadterweiterung vornehmlich nach<br />

Westen und Norden über die mittelalterlichen Stadtgrenzen<br />

hinaus geprägt. Auf dem Plan der Stadt <strong>Wetzlar</strong> (Abb.23<br />

und Abb.24) sind die Entstehungszeiträume angedeutet.<br />

Die um die Jahrhundertwende des 19.Jahrhunderts<br />

neu entstandenen Wohnviertel nördlich und südlich des<br />

Bahnhofs und nahe der Altstadt resultieren aus der<br />

Notwendigkeit, für die Arbeitskräfte ausreichend nahen<br />

Wohnraum bereit zu stellen und lassen die wirtschaftliche<br />

Blüte zu dieser Zeit erahnen.<br />

Über den neugebauten Schleusenkanal wurde 1847<br />

die “Bollerbrücke” gebaut (Bereich des heutigen<br />

“Buderusplatzes”). Danach entstand eine zweite Brücke<br />

über die Lahn (die” Eiserne Brücke” - 1873), beide zu<br />

sehen auf dem Stadtplan von 1911 (Abb.25). Wegen der<br />

Zunahme des Kfz-Verkehrs wurde später (ab 1936) eine<br />

ringförmige Umgehungsstraße (heute Karl-Kellner-Ring)<br />

zur Entlastung der Altstadt gebaut.<br />

Abb.23 Stadtentwicklung <strong>Wetzlar</strong> 710 - 1912


Entwicklung zum Hochtechnologiestandort<br />

Um 1926 kam der <strong>Wetzlar</strong>er Bergbau zum Erliegen, da<br />

die Erzbergwerke mit dem billiger angebotenen Erz aus<br />

dem Ausland nicht mehr konkurrenzfähig waren. Allerdings<br />

hatten sich neben der eisenverarbeitenden Industrie<br />

bereits Unternehmen der optischen und feinmechanischen<br />

Industrie angesiedelt. Die erste Kleinbildkamera wurde in<br />

<strong>Wetzlar</strong> von Oskar Barnack entwickelt. Carl Kellner, ein<br />

in Mathematik versierter Mechaniker aus <strong>Wetzlar</strong>, gab<br />

dazu bereits Ende des 19.Jahrhunderts den entscheidenden<br />

Anstoß, als er eine bahnbrechende Linsenkombination<br />

(Kellner-Okular) entwickelte. Einer seiner bekanntesten<br />

Mitarbeiter war damals Ernst Leitz, dessen Unternehmen es<br />

zu einem führenden Hersteller für Mikroskope und Kameras<br />

brachte. Einige dieser Hochtechnologieunternehmen mit<br />

Weltruf, Leitz (heute Leica) und Hensoldt (heute Zeiss),<br />

und einige andere Unternehmen fanden ihren Ursprung<br />

in der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt und haben auch heute noch<br />

ihren Sitz im Stadtgebiet. Die Namensgebung der Straßen<br />

im Neuen Zentrum nehmen Bezug auf diese <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Industriegeschichte.<br />

Erste Baustrukturen 710 bis 1600<br />

Stadterweiterung 1860 bis 1912<br />

Baustruktur nach 1945<br />

Eisenbahn + Bahnhof<br />

Ursprünglicher Wasserverlauf<br />

Abb.24 Siedlungsentwicklung<br />

Abb.25 Stadtplan 1911<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

25


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

26<br />

Im Zweiten Weltkrieg war <strong>Wetzlar</strong> aufgrund seiner<br />

bedeutenden Rüstungsindustrie das Ziel vieler<br />

Bombenangriffe, die vor allem im Bannviertel, dem<br />

Bahnhofsviertel und im industriell geprägten Niedergirmes<br />

nördlich des Bahnhofs tiefgreifende Spuren in der<br />

Bausubstanz hinterließen (Abb.26). 1945, nach Ende des<br />

Krieges, waren gravierende Schäden im Straßennetz zu<br />

verzeichnen und 25% aller Wohnungen waren zerstört.<br />

Dementsprechend bestand in den Nachkriegsjahren die<br />

dringlichste Aufgabe im Bau bzw. in der Beschaffung<br />

von Wohnraum. Die Bevölkerung bewohnte vor dem<br />

Krieg vorrangig die Innenstadtquartiere und die<br />

angrenzenden Neubauviertel. Aufgrund der Aufnahme<br />

von zahlreichen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen nach<br />

Kriegsende, aber auch mit der allmählichen Zunahme des<br />

Arbeitskräftebedarfes der heimischen Unternehmen kam es<br />

zu einer langanhaltenden Wohnungsnot. Zudem war <strong>Wetzlar</strong><br />

nach Kriegsende von amerikanischen und französischen<br />

Truppen besetzt, die diversen städtischen Wohnraum für<br />

sich einnahmen. Zunächst konnte ein Großteil der zerstörten<br />

Wohnungen und Straßen wiederhergestellt werden.<br />

Zudem wurde das Straßennetz ausgebaut und damit die<br />

Voraussetzung für die Erschließung von Neubaugebieten<br />

geschaffen. Ein verstärkter Wohnungsbau setzte aber<br />

erst um 1950 mit dem vom Bund in Gang gesetzten<br />

Wohnungsbauprogramm „Sozialer Wohnungsbau”<br />

ein, der den schnellen Bau von vielen Wohnungen, „die<br />

nach Größe, Ausstattung und Miete (Belastung) für die<br />

breiten Schichten des Volkes bestimmt und geeignet<br />

sind” ermöglichte. So entstanden diverse Wohnsiedlungen<br />

nach unterschiedlichen städtebaulichen Prinzipien, von<br />

Punkthochhäusern, 4-geschossiger Blockbauweise bis hin<br />

zu Doppel- und Einzelhäusern.<br />

Im Flächennutzungsplan von 1950 waren alle bebaubaren<br />

Flächen innerhalb des Stadtgebietes als Baugrund<br />

ausgewiesen und die Einwohnerzahl war auf über 30.000<br />

angestiegen. Wie der Stadtplan von 1970 (Abb.28)<br />

belegt, entstanden neue Trabantensiedlungen vor allem<br />

in den 1960er und 1970er Jahren, auf Grund des großen<br />

Arbeitskräftebedarfs in der Großindustrie und dem<br />

Zuzug von Gastarbeitern. Durch Mitfinanzierung der<br />

Siedlungen erhofften sich die Unternehmen den nötigen<br />

Wohnraum für die vielen Werksangehörigen zu schaffen.<br />

Die in den Nachkriegsjahren entstandene multikulturelle<br />

Zusammensetzung der <strong>Wetzlar</strong>er Bevölkerung begründet<br />

die heute sehr heterogene Gesellschaftsstruktur der<br />

Stadt. Die immense Stadterweiterung hatte umfangreiche<br />

infrastrukturelle Maßnahmen zur Folge. Eine der<br />

wesentlichsten innerstädtischen Verkehrsprojekte war<br />

der Bau der Bundesstraße B49 (ehemals B429) als<br />

Hochstraße durch die Stadtmitte, um so dem wachsenden<br />

Verkehrsaufkommen standhalten zu können. Genauere<br />

Ausführungen zum Verkehrsnetz finden sich im Kapitel<br />

2.2.2.<br />

Abb.26 Große Zerstörungen nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

Abb.27 Werbeprospekt von <strong>Wetzlar</strong> 1953<br />

Abb.28 Stadtplan <strong>Wetzlar</strong> 1970


Sanierung der Altstadt<br />

Die Altstadt war, mit Ausnahme des Domes, von großen<br />

Kriegsschäden verschont geblieben, wenngleich das stark<br />

zerstörte Wegenetz und insbesondere die den historischen<br />

Stadtkern umgebenden parkartigen Grünanlagen<br />

instandgesetzt werden mussten. Im Zuge der weitreichenden<br />

Stadterweiterungen in den Nachkriegsjahren begann Ende<br />

der 1960er Jahre der historisch gewachsene Stadtkern an<br />

wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung zu verlieren.<br />

Auch als Wohnstandort war die Altstadt durch das, den<br />

modernen Wohnansprüchen nicht mehr genügendem<br />

Wohnungsangebot kaum noch konkurrenzfähig. Die<br />

mittels eines Rahmenplanes in Angriff genommene<br />

Sanierung war zugleich verbunden mit einer strukturellen<br />

Stadterneuerung mit dem Ziel, die Wirtschaftskraft und<br />

Lebensqualität zu steigern. Neben der Instandsetzung<br />

der historischen, zum Teil denkmalgeschützten Bebauung<br />

und der Schaffung von nachfrageorientiertem Wohnraum<br />

wurden allgemeine städtebauliche Missstände beseitigt.<br />

Der Durchgangsverkehr musste zugunsten der Einrichtung<br />

neuer Fußgängerzonen weichen (Abb.29) und Maßnahmen<br />

zur wirtschaftlichen Wiederbelebung der Stadtmitte<br />

wurden eingeleitet, um die einstige florierende Altstadt<br />

neu zu reaktivieren. Eine große bauliche Neuerung war in<br />

diesem Zusammenhang der Bau eines multifunktionalen<br />

Gebäudes am Domplatz. Dadurch sollte die für <strong>Wetzlar</strong><br />

bedeutende Stadtmitte wiederbelebt und städtebaulich<br />

besser gefasst werden. Schon in der Planungsphase gab<br />

es heftige Proteste bezüglich der Großmaßstäblichkeit<br />

des Bauvorhabens, das sich unübersehbar schwer in das<br />

kleinteilige Altstadtbild integrierte. Das multifunktionale<br />

„Stadthaus am Dom“ wurde in seiner Dimension dennoch<br />

gemäß der ersten Planung gebaut (Abb.30), lediglich<br />

in der Fassadengestaltung erhielt der <strong>Entwurf</strong> eine<br />

Überarbeitung. In den 1980er Jahren wurde am Rande<br />

der Altstadt, an Stelle eines Vorgängerbauwerkes, die<br />

Stadthalle neu erbaut. Sie verfügt, wie auch das Stadthaus,<br />

über eine Tiefgarage.<br />

Stadt Lahn<br />

Im Zuge vielfältiger Gebietsreformen und der Neugliederung<br />

des Hessischen Raumes wurden 1977 die Städte <strong>Wetzlar</strong><br />

und Gießen sowie weitere Gemeinden zur Stadt Lahn<br />

zusammengeschlossen. Sie bestand aus 23 Stadtteilen, die<br />

in 6 Stadtbezirke zusammengefasst waren. Aufgrund von<br />

heftigen Widerständen, insbesondere aus der <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Bevölkerung, kam es bereits 1979 zur Auflösung der �<br />

„Großstadt”. Zuvor eigenständige Ortschaften wurden<br />

eingemeindet, wodurch sich die Stadt <strong>Wetzlar</strong> in ihre Fläche<br />

und der Einwohnerzahl nicht unerheblich vergrößerte.<br />

<strong>Wetzlar</strong> ist heute mit ca. 52.000 Einwohnern eines der<br />

10 Oberzentren Hessens und beherbergt den Hauptsitz der<br />

Kreisverwaltung des Lahn-Dill-Kreises.<br />

Das Stadtgefüge <strong>Wetzlar</strong>s besteht hauptsächlich aus<br />

einzelnen, baulich zum Teil unmittelbar in das <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Kernstadtgebiet übergehenden Stadtteilen. Diese<br />

funktionieren meist autark, da die Stadtteile häufig noch<br />

über eigene Subzentren verfügen (Abb. 31).<br />

Steindorf<br />

Dalheim<br />

Dillfeld<br />

Altenberger<br />

Straße<br />

Silhöfer Aue<br />

Hermannstein<br />

Niedergirmes<br />

Innenstadt<br />

Nauborner<br />

Straße<br />

Nauborn<br />

Blasbach<br />

Hauserberg<br />

Stoppelberger<br />

Hohl<br />

Naunheim<br />

Abb.29 Autofreie Altstadtgassen<br />

Sturzkopf<br />

Abb.30 Bau Stadhaus am Dom<br />

Garbenheim<br />

Büblinghausen<br />

Münchholzhausen<br />

Dudenhofensen<br />

Abb.31 Stadtbezirke und Stadtteile <strong>Wetzlar</strong>s<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

27


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

28<br />

2.2.2 NATURRÄUMLICHE GEGEBENHEITEN UND VERÄNDERUNGEN<br />

DURCH DEN MENSCHEN<br />

Die geografischen Gegebenheiten <strong>Wetzlar</strong>s, an den<br />

Flüssen Lahn und Dill und im Trennungspunkt hessischer<br />

Mittelgebirge gelegen, sind wesentliche Merkmale der<br />

Stadt. Sie haben ihre Entstehung und weitere Entwicklung<br />

maßgeblich bestimmt und prägen heute noch, zumindest<br />

partiell, das Bild der Innenstadt.<br />

<strong>Wetzlar</strong> entstand im Süden des Westerwaldes und<br />

des Rothaargebirges und nördlich des Taunus und<br />

somit aufgrund milder Westwinde in einer klimatisch<br />

begünstigten Region des Lahntales. Die Stadt entwickelte<br />

sich auf hügligem Gelände an der Mündung der Dill in die<br />

Lahn. Die Wasserarme beider Flüsse bildeten in ihrem<br />

Schnittpunkt kleine Inseln aus. Die erste Marktsiedlung<br />

entstand auf dem heutigen Domhügel und wuchs auf die<br />

Größe der heutigen Altstadt heran, von der Ringmauer<br />

als Stadtbefestigung umgeben. Aber auch die Flussinseln<br />

wurden besiedelt und waren, wie die Abb.33 Kupferstich von<br />

Merian zeigt, durch Brücken miteinander verbunden. Zwei<br />

dieser Lahninseln existieren heute noch. Die Zwack’sche<br />

Lahninsel, heute Colchesteranlage genannt und vorwiegend<br />

als Park genutzt, sowie die Lahninsel Große Bleiche, auf<br />

der sich das Stadion und ein Parkplatz befinden. Die<br />

Langgasse mit ihrer historischen Blockstruktur war damals<br />

ebenfalls gänzlich von Wasser umgeben wie auch die Insel<br />

mit der Neustädterstraße als Mittelachse, siehe Abb.32<br />

Urkataster von 1825.<br />

Abb.32 Urkataster 1825 - die <strong>Wetzlar</strong>er Inseln<br />

Neben der Flusslage sollte für <strong>Wetzlar</strong> vor allem die<br />

Niederlassung der ersten Siedler in einem Gebiet mit großem<br />

Eisenerzvorkommen entscheidend sein, da man schon früh,<br />

zu Beginn der Zeitrechung, die Metallverarbeitung als<br />

Potenzial erkannte. Die Eisenverarbeitung hat also schon<br />

eine lange Tradition in der Region. Mit der wachsenden<br />

Rolle <strong>Wetzlar</strong>s als Wirtschaftsstandort, die Stadt lag<br />

wie schon im Abschnitt 2.2.1 erläutert an zwei historisch<br />

bedeutenden Handelsstraßen (Abb.17), wurden die<br />

Transportwege ausgebaut. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts<br />

waren die „Stadtinseln“ noch vorhanden, wenngleich man<br />

die natürlichen Furten zum Teil zu Kanälen begradigt hatte<br />

(Abb. 25, Seite 25).<br />

Abb.33 Kupferstich Merian 1655


Im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung verschwanden<br />

aufgrund des zunehmenden Verkehrsaufkommens die<br />

Wasserwege allmählich aus dem Stadtbild. Sie wurden<br />

versiegelt und durch Straßen ersetzt. So verlief auf der<br />

Trasse des heutigen Karl-Kellner-Rings, wie die Abb.35<br />

verdeutlicht, damals der Schleusenkanal. Mit der<br />

Transformation ging auch die „Inselwirkung” der einzelnen<br />

Quartiere verloren.<br />

Im zweiten Weltkrieg wurde das Straßennetz durch<br />

Bombenabwürfe stark zerstört. In den Folgejahren kam<br />

es zu umfangreichen Straßenverbesserungen und zu einer<br />

Neuverlegung der Kanalleitungen. Die 1950er Jahren waren<br />

geprägt von einem Anstieg des Individualverkehrs. Außerdem<br />

kam es zu einer Verschiebung des Gütertransportes von den<br />

Wasserwegen und der Schiene auf die Straße. Das erhöhte<br />

Verkehrsaufkommen in der Innenstadt, vor allem mit dem<br />

Bau der Ost-West-Verbindung, der Bundesstraße B49,<br />

führte zur Ausdehnung der Hauptverkehrsachsen wie dem<br />

Karl-Kellner-Ring und damit einhergehend zur Umformung<br />

der maßstäblich dimensionierten Straßenkreuzungen zu<br />

weiträumigen Verkehrsknotenpunkten (Abb.34). Heute<br />

werden, wie im Abschnitt 2.2.3. ausführlicher geschildert,<br />

das Bahnhofsquartier und das Neue Zentrum von<br />

großflächigen Verkehrsräumen dominiert. Die Flüsse Lahn<br />

und Dill haben ihren einstigen Bezug zu den angrenzenden<br />

Stadtquartieren verloren.<br />

Die Altstadt hat sich weitestgehend ihre inselartige Form<br />

erhalten. Dies wird vor allem durch den die Altstadt<br />

im Norden, Osten und Süden umgebenden parkartigen<br />

Grüngürtel verstärkt, der wie die Abb. 36 zeigt, fließend<br />

in die Lahninseln, insbesondere in die Colchesteranlage<br />

übergeht. Die Entwicklung der Stadt an den Anhöhen des<br />

Lahntals ist ein weiteres erhaltenes Charakteristikum der<br />

Altstadt, aber auch für weitere Stadtquartiere östlich der<br />

Lahn wie Hauserberg und Stoppelberger Hohl. In die Stadt<br />

fingerartig hineinreichende Grünzüge durchziehen die an<br />

die Innenstadt angrenzenden Stadtquartiere.<br />

Abb.34 Buderusplatz in den 1960er Jahren<br />

Bestehende Wasserläufe<br />

Verschwundene Wasserläuf<br />

Heutige Verkehrsstruktur<br />

Abb.35 Ursprünglicher Wasserverlauf<br />

Flüsse Lahn und Dill mit<br />

Uferzonenbegrünung<br />

Grünzüge in die Stadt<br />

Sport-/ Parkanlagen<br />

Abb.36 Grünstruktur<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

29


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

30<br />

Abb.37 Übersichtsplan Innenstadt


2.2.3 DIE HEUTIGEN INNENSTADTQUARTIERE<br />

Aufgrund ihrer bewegten Entstehungsgeschichte verfügt die<br />

Innenstadt heute über ein sehr heterogenes Erscheinungsbild.<br />

Dies lässt sich auf verschiedenen Maßstabsebenen<br />

nachvollziehen. Während auf der Makroebene die 3<br />

Teilquartiere untereinander einen starken Kontrast bilden,<br />

sind auch auf Mikroniveau entstehungsgeschichtlich- und<br />

nutzungsbedingt unterschiedlichste Bebauungsformen und<br />

Baukörper in direkter Nachbarschaft vorzufinden.<br />

DAS BAHNHOFSQUARTIER<br />

Das Bahnhofsquartier ist dominiert von großflächigem<br />

Einzelhandel in Form des riesigen Einkaufszentrums<br />

Forum mit 24.000 m² Verkaufsfläche, welches 2005<br />

auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände zwischen den<br />

Gleisanlagen und dem Bahnhof im Norden und der stark<br />

befahrenen Bannstraße bzw. der Bundesstraße 49 (die in<br />

diesem Bereich als Hochstraße verläuft) im Süden errichtet<br />

wurde. Zum Gesamtkomplex gehören die Rittal-Arena<br />

und ein von beiden Einrichtungen genutztes Parkhaus.<br />

Das Einkaufszentrum und die multifunktionale Arena sind<br />

aufgrund ihrer überregionalen Bedeutung hoch frequentiert<br />

und wegen der Nähe zum Autobahnanschluss über die<br />

Bundesstraße optimal erreichbar. Die Großstruktur<br />

ist vorrangig von Verkehrsräumen ohne besondere<br />

Aufenthaltsqualität umgeben. Dies gilt besonders für den<br />

Bahnhofsvorplatz und den Forumsvorplatz. Die B49 und<br />

die Bannstraße isolieren das Forum und schneiden das<br />

Bahnhofsquartier von der Bahnhofstraße ab. Nördlich der<br />

Gleisanlagen im Bereich des Gewerbegebietes, auf dem<br />

Grund des ehemaligen Carolinenhütte-Geländes und nahe<br />

des teils leer stehenden Philipswerkes, befindet sich der<br />

weitläufige Parkplatz der Bahnhofsnordseite.<br />

Abb. 39 Übergang Bahnhofstraße - Forum mit der Hochstraße B49<br />

Die über die Gleise führende Hermannsteiner Straße bildet<br />

gleichzeitig auch die einzige fußläufige Verbindung in den<br />

<strong>Wetzlar</strong>er Stadtbezirks Niedergirmes. Dies wird sich u.<br />

a. mit den aktuellen Bau- und Aufwertungsmaßnahmen<br />

im Bereich des neuen zentralen Omnibusbahnhofs und<br />

des Bahnhofs ändern. Die Bahnunterführung wird bis<br />

zur Bahnhofsnordseite, wo ein attraktiver Park- und<br />

Ride-Parkplatz entstehen soll, durchgeführt, so dass<br />

sich die fußläufige Erreichbarkeit der Innenstadt für die<br />

Niedergirmeser Bevölkerung erheblich verbessern wird.<br />

Westlich der Rittal-Arena schließt sich das naturbelassene<br />

Lahnufer mit Fuß- und Radweg und der neuen Lahnbrücke<br />

nach Garbenheim an.<br />

DAS NEUE ZENTRUM<br />

Das Neue Zentrum stellt sich hinsichtlich der<br />

Bebauungstypologien und Nutzungen als ein sehr<br />

heterogenes Stadtgebiet dar, wenngleich seine Grundstruktur<br />

historisch begründet einer deutlichen Blockstruktur folgt.<br />

Den nördlichen Auftakt des Gebietes bildet die leicht<br />

gekrümmte Bahnhofstrasse.<br />

Abb. 38 Das Parkhaus des Shoppingcenters Forum Abb.40 Heterogene Bebauung Fußgängerzone Bahnhofstraße<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

31


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

32<br />

Als eine der Hauptadern des Quartiers fungiert sie seit<br />

der Entstehung des Bahnhofs Ende des 19. Jahrhunderts<br />

als unmittelbare Laufverbindung zwischen Bahnhof<br />

und Altstadt. Die Bahnhofstrasse ist heute als typische<br />

Fußgängerzone mit überwiegend monofunktionaler<br />

Handelsnutzung eingerichtet.<br />

Das bauliche Erscheinungsbild ist abwechslungsreich.<br />

Vereinzelte historische Gebäude wechseln sich mit teils<br />

leer stehenden großmaßstäblichen Einkaufspassagen und<br />

Warenhäusern ab. Der Einbruch und die Umstrukturierung<br />

des Einzelhandels in den späten 90er Jahren, noch verstärkt<br />

durch die Errichtung des Forums 2005 in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft, führte zu einem vermehrten Leerzug einiger<br />

Großimmobilien in der Bahnhofstrasse. Während für das<br />

Herkuleszentrum bereits ein Erneuerungskonzept vorliegt,<br />

ist die Zukunft des Lahnhofes und des Mauritiusgeländes<br />

noch ungewiss. Die begrenzenden Blockstrukturen nach<br />

Westen Richtung Gloelstraße und vor allem nach Osten<br />

Richtung Lahn sind baulich wenig gefasst und bilden diffuse<br />

Räume aus. Zur Lahn hin zeigt sich der Baubestand zudem<br />

nur rückseitig bzw. am Lahnhof als reizloser Parkplatz,<br />

weshalb wenige bis keine Bezüge zum Fluss bestehen.<br />

Die Inselstraße bildet den einzigen Zugangsweg zum<br />

Uferbereich und zum Bootshaus. Zwischen Bootshaus und<br />

Lahnbrücke ist zudem der Radweg unterbrochen. Aufgrund<br />

der Baustruktur, fehlender Aufenthaltsqualitäten und der<br />

Lärm- und Feinstaubimmissionen sind nur noch vereinzelt<br />

Wohnnutzungen in den Obergeschossen vorzufinden.<br />

Im weiteren Verlauf mündet die Bahnhofstrasse in den<br />

weiträumigen Buderusplatz, der einen bedeutenden<br />

Verkehrsknotenpunkt zwischen den vom Durchgangsverkehr<br />

geprägten Haupterschließungsstraßen Gloelstraße und<br />

Karl-Kellner-Ring darstellt. Die platzbildende Bebauung ist<br />

mit Sparkasse, Zeisswerk, Müllergebäude, dem Eulerhaus<br />

und Gründerzeitbebauung typologisch sehr gemischt.<br />

Abb.41 Karl-Kellner-Ring<br />

Vom Buderusplatz gelangt man im Osten über die<br />

Brückenstraße auf die Hausergasse, welche geradeswegs<br />

in die Altstadt führt. Nach Süden erreicht man den Karl-<br />

Kellner-Ring, welcher als breite Einbahnstraße in Richtung<br />

Norden die am stärksten befahrende Verkehrsverbindung im<br />

Innenstadtgebiet ist. Die Straße ähnelt in ihrer Dimension<br />

und Gestaltung einer großstädtischen Verkehrsachse, wie<br />

Abb.41 zeigt.<br />

Die umliegende Bebauung verstärkt diesen Charakter: Der<br />

Verkehrsraum wird von mehrgeschossigen Dienstleistungs-<br />

und Verwaltungsgebäuden (Commerzbank, Kreisverwaltung)<br />

sowie teilweise leer stehenden Warenhäusern und weiteren<br />

Gewerbebauten gesäumt. In den Erdgeschosszonen finden<br />

sich Geschäfte überwiegend im Niedrigpreissegment sowie<br />

vereinzelt gastronomische und kulturelle Einrichtungen,<br />

z.B. das Kino im südlichen Abschnitt .<br />

Die Blockstruktur südöstlich des Karl-Kellner-Ringes<br />

schließt an die Lahn und zeigt sich dieser nur rückseitig.<br />

Am Verbindungsweg vom Karl-Kellner-Ring zur Lahninsel<br />

Colchesteranlage via einer Ponton-Fußgängerbrücke, ist<br />

das Freibad lokalisiert.<br />

Abb.42 Sitz Carl-Zeiss Sports Optics<br />

Nordwestlich des Karl-Kellner-Rings, begrenzt durch<br />

die Dill und die B49 schließt sich das Bannviertel an,<br />

welches von einer kleinteiligen Baustruktur aus Ein-<br />

und Zweifamilienhäusern geprägt ist. Eingestreut in<br />

diese Bebauung finden sich einzelne großmaßstäbliche<br />

Verwaltungs- und Dienstleistungsgebäude. Neben der<br />

Agentur für Arbeit und der Sparkasse befinden sich der<br />

Verwaltungssitz der Bosch- Buderus-Thermotechnik<br />

GmbH und die Carl-Zeiss-Sports Optics GmbH (Abb. 42)<br />

in diesem Quartier. Das ehemalige Verwaltungsgebäude<br />

der Berghütte wird mit dem geplanten Neubau des<br />

Kreishauses künftig leer stehen. Das alte Postgebäude<br />

wird bereits für kulturelle und Bildungszwecke genutzt.


Zudem befindet sich im Keilstück zwischen Lahn und Dill<br />

das Berufsbildungs- und Technologiezentrum Lahn-Dill.<br />

Nordwestlich der B49 schließen sich das Gewerbegebiet<br />

Dillfeld, das Buderus Werksgelände, jetzt Edelstahl,<br />

Duktus und Bosch Thermotechnik, und das stillgelegte<br />

(Heidelberger) Zementwerk an.<br />

Die städtebaulich historische Struktur der Langgasse<br />

(Abb.43), durch die Lahn von der Altstadt getrennt, erzeugt<br />

einen ungewöhnlichen Kontrast zur großräumigen Struktur<br />

in der unmittelbaren Umgebung. Besonders spürbar ist<br />

dies im Baublock zwischen Langgasse und Karl-Kellner-<br />

Ring, wo sich die kleinteilige Bebauung rückseitig zur<br />

hochfrequentierten Verkehrsader öffnet. Zur Lahn hin<br />

grenzen Privatgärten teilweise direkt an das Gewässer an,<br />

wodurch auch hier keine öffentliche Nutzung des Lahnufers<br />

möglich ist. Das Gebiet um die „Altstadtenklave“<br />

Langgasse ist von Mischnutzungen geprägt. Neben<br />

Filialen im niedrigen Preissegment und inhabergeführtem<br />

Einzelhandel in den Erdgeschossen, findet sich verstärkt<br />

Wohnnutzung in den oberen Geschossen. Daneben belegen<br />

Service- und gastronomische Einrichtungen das Gebiet.<br />

Jüngst entstanden ist der Biergarten am Lahnufer des<br />

Haarplatzes, der an Stelle des vorherigen Parkplatzes<br />

die Uferzone aufwertet. Die alte Lahnbrücke bildet die<br />

bereits historisch angelegte Verbindung zwischen den<br />

Innenstadtquartieren links und rechts der Lahn.<br />

Der Karl-Kellner-Ring kreuzt südwestlich parallel dazu,<br />

über den Knotenpunkt Haarplatz, als mehrspurige<br />

Verkehrsverbindung die Lahn und geht schließlich südlich<br />

der Kreuzung Karl-Kellner-Ring/ Ernst-Leitz-Straße in die<br />

Schützenstraße über.<br />

Abb.43 Langgasse<br />

DIE FLÜSSE LAHN UND DILL<br />

Während die Dill eher am Rande gelegen ist, verläuft die<br />

Lahn zentral durch die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt und nimmt<br />

so eine bedeutendere Rolle im Stadtgefüge <strong>Wetzlar</strong>s<br />

ein. Trotz ihrer zentralen Lage besitzen die Flussufer<br />

überwiegend ein natürliches Erscheinungsbild. Im<br />

Innenstadtgebiet beschreibt die Lahn die Scheidungslinie<br />

zwischen Altstadt und Neuem Zentrum. Die trennende<br />

Wirkung kommt vor allem im nördlichen Bereich auf Grund<br />

fehlender Zugangsmöglichkeiten und Sichtbeziehung<br />

aus den anschließenden Stadtquartieren zustande. Auf<br />

der Neustadtseite verläuft parallel zum Flussarm ein<br />

überregionaler Fuß- und Radweg, der Lahntalradweg<br />

R7. Dieser wird jedoch mehrfach durch die direkte<br />

Lage privater Grundstücke am Wasser unterbrochen.<br />

Zudem zeigt die Bebauung dem Fluss hauptsächlich ihre<br />

Rückseite, weswegen es nur zu einer geringen Interaktion<br />

mit der Umgebung kommt. Auf der Altstadtseite ist<br />

der Übergang zwischen Stadt und Gewässer direkter<br />

ausgeführt. Im Bereich der Hausertorstraße, Hauser<br />

Gasse und Mühlgrabenstraße sind die Häuser direkt an das<br />

Wasser gebaut. Auf Höhe des Freibades verzweigt sich die<br />

Lahn und bildet zwei Lahninseln aus. Die Insel nördlich<br />

der alten Lahnbrücke, die heutige Colchesteranlage, ist<br />

als Parkanlage eingerichtet, wobei der nördlich Teil mit<br />

Parkplätzen belegt ist. Die beidseitigen Brücken formen<br />

die Insel zu einem „Stepping-Stone“ zwischen Altstadt<br />

und Neuem Zentrum.<br />

Abb.44 Colchesteranlage<br />

Die zweite Lahninsel ist zu Zweidritteln mit dem Stadion<br />

belegt, welches durch Brücken gut an die Lahnufer<br />

angebunden ist. Der obere Teil, mit direktem Zugang zur<br />

Altstadt, wird vorrangig als Parkplatz genutzt. Südwestlich<br />

des Stadions mündet die Dill in die Lahn, der einzige noch<br />

existierende Berührungspunkt beider Flüsse.<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

33


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

34<br />

An der wesentlich schmaleren, beidseitig von Bäumen<br />

gesäumten Dill grenzen im Innenstadtbereich Baufelder<br />

mit Ein- und Zweifamilienhäusern an. Mit Ausnahme des<br />

Dillradweges ist kein bewusster Bezug des Flusses zum<br />

Stadtgefüge wahrnehmbar. Im oberen Bereich, nördlich<br />

der Querung der Gleise und der B49, verläuft die Dill<br />

geradewegs durch das Gewerbegebiet Dillfeld.<br />

Für die Bedeutung der Lahn als Tourismus- und<br />

Wirtschaftsfaktor sind neben dem Fahrradtourismus<br />

die Kanusportler verantwortlich. Zudem geht die Lahn<br />

nach Norden in Richtung Gießen in den Lahnpark über<br />

(Abb.45), dessen integrales <strong>Entwicklungskonzept</strong> es sich<br />

zum Ziel gesetzt hat, die Lahnaue zwischen den Städten<br />

und Gemeinden <strong>Wetzlar</strong>, Gießen, Heuchelheim und Lahnau<br />

als zentralen Grünbereich durch Maßnahmen und Projekte<br />

aus den Bereichen:<br />

• Erholung, Freizeit, Tourismus,<br />

• Landwirtschaft, Naturschutz und<br />

• Siedlungsentwicklung und Infrastruktur<br />

einvernehmlich zu gestalten und weiter zu entwickeln.<br />

DIE ALTSTADT<br />

Die Altstadt ist das Herz von <strong>Wetzlar</strong> und wegen ihrer<br />

einmaligen Struktur noch heute Imageträger der Stadt.<br />

Außerdem stellt sie einen wesentlichen Anziehungspunkt<br />

für <strong>Wetzlar</strong> Besucher und Touristen dar. Aufgrund ihrer<br />

topografisch erhöhten Lage und dem alles überragenden<br />

Dom ist sie schon von weitem sichtbar.<br />

Die gut erhaltene dichte Baustruktur aus Fachwerkhäusern<br />

bildet ein feinadriges Netz aus engen Gassen und<br />

charakteristischen Platzräumen.<br />

Der westliche Teil der Altstadt ist von zentralen<br />

Fußgängerzonen mit kleinteiligem, meist inhabergeführtem<br />

Einzelhandel im überwiegend höheren Preissegment<br />

durchzogen. Die Altstadt weist derzeit eine zu geringe<br />

Frequenz und Kaufkraft auf. Die Verkaufsflächen in den<br />

kleinen Ladenlokalen reichen zuweilen nicht mehr aus,<br />

weshalb es auch hier vermehrt zu Geschäftsleerständen<br />

kommt. Die Obergeschosse sind vorrangig durch<br />

Wohnnutzung belegt, wie auch der östliche Teil der Altstadt.<br />

Hier ist im Zuge der Altstadtsanierung vermehrt moderner<br />

Wohnraum hinzugekommen, der allerdings in den letzten<br />

Jahren an Wohnwert verloren hat, weil die Wohnungen nur<br />

noch bedingt dem nachgefragten Standard (kinder- und<br />

altengerechte Bauweise) entsprechen. Dies führt vermehrt<br />

zu Leerstand in der historischen Bausubstanz. Neben<br />

der Wohn- und Einkaufsfunktion weist der historische<br />

Stadtkern ein reichhaltiges gastronomisches und kulturelles<br />

Angebot auf, wodurch der Attraktivitätsgrad dieses<br />

Stadtquartieres wesentlich gesteigert wird (Abb.46).<br />

Neben dem Dom fungieren diverse Museen wie das Stadt-<br />

und Industriemuseum, das Palais Papius oder das Viseum<br />

sowie die Stadthalle als Magneten in der Altstadt. Um<br />

den Bebauungskern der Altstadt verläuft ringartig entlang<br />

der ehemaligen Befestigungsmauer (einige Relikte der<br />

Stadtmauer sind noch sichtbar) eine gesamtstädtisch<br />

bedeutsame Grünanlage. Der hügelige Altstadtgrüngürtel<br />

ist in unterschiedlich nutzbare Zonen eingeteilt. Das<br />

Rosengärtchen beherbergt eine Freilichtbühne, die Siena-<br />

Promenade ist als Parkanlage eingerichtet und in der<br />

Zone nördlich der als Parkplatz genutzten Avignonanlage<br />

befindet sich ein Spielplatz.<br />

Abb.45 Lahnpark


3.2. BAUSTRUKTUR<br />

Im Norden, Osten und Süden der Altstadt schließen<br />

sich mit ansteigendem Gelände Wohnquartiere aus<br />

hauptsächlich Ein- und Zweifamilienhäusern und<br />

vereinzelten Verwaltungs- und Dienstleistungsgebäuden<br />

an. Diese Gebiete werden von baumreichen Grünzügen<br />

durchzogen, die weit in die Stadt hineinreichen.<br />

Eine natürliche Grenze wird im Westen durch die Lahn<br />

definiert. Die frühere, häufig auch funktionale Verbindung<br />

der Häuser mit dem Gewässer ist gegenwärtig nicht mehr<br />

vorhanden.<br />

Im Südwesten bzw. Südosten wird die Altstadt unmittelbar<br />

von dem stark befahrenen Karl-Kellner-Ring bzw.<br />

der Schützenstraße tangiert, wobei hier die einzige<br />

Fußgängerquerung nur über eine unwirtliche Unterführung<br />

funktioniert (Abb.47).<br />

Das daran anschließende Gebiet wird von den Gebäuden des<br />

früheren Leitzwerkes, die heute von der Stadtverwaltung<br />

<strong>Wetzlar</strong> und dem Nachfolgeunternehmen Leica Microsystems<br />

GmbH belegt sind, und der dahinter aufsteigenden Ruine<br />

des Kalsmunt dominiert.<br />

Kleinteilige Altstadtstruktur<br />

Abb.46 Gastronomisches Angebot in der Altstadt<br />

Abb.47Hinweisschild Fußgängerunterführung südliche Altststadt<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

35


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

36<br />

P<br />

P<br />

Gewässer<br />

Grünzüge in die Stadt<br />

Sport-/ Parkanlagen<br />

Grüngürtel Altstadt<br />

Dichte kleinteilige Altstadtstruktur<br />

innerhalb Stadtmauer<br />

Dichte kleinteilige Altstadtstruktur<br />

außerhalb Stadtmauer<br />

Denkmal mit hohem Stellenwert<br />

Unterführung am Bahnhof<br />

Fußgängerzone Bahnhofstraße<br />

wichtige Verbindung mit Erholungsfunktion<br />

wichtiger Lahnübergang/ Brücke<br />

historischer Platz Altstadt<br />

typische Gassenstruktur Altstadt<br />

innenstädtische Parkgelegenheit ebenerdig<br />

innerstädtische Parkgaragen<br />

Unternehmen von überregionaler Bedeutung<br />

Einkaufszentrum Forum mit überregionaler<br />

Bedeutung<br />

Kultur- und Bildungseinrichtungen mit hohem<br />

Stellenwert<br />

Abb.48 Stärken der Innenstadt


2.3 STÄRKEN UND SCHWÄCHEN<br />

2.3.1 STÄRKEN WETZLARS<br />

In der Abb.48 und der nachfolgenden Tabelle sind die Stärken<br />

der Innenstadtquartiere zusammengefasst.<br />

Stärken<br />

Mobilität Guter Autobahnanschluß und gute<br />

Anbindung an das überörtliche Straßennetz<br />

durch die B49;<br />

Gute Erreichbarkeit der Innenstadt;<br />

Parkplätze in Altstadtnähe;<br />

Parken innerhalb der Altstadt möglich;<br />

Einrichtung Citybus; Gute Bahnanbindung;<br />

Eigenständiges Stadtbusnetz ;<br />

Bausubstanz<br />

Neues Zentrum/ vereinzelt historische Bausubstanz;<br />

Bahnhofsquartier großräumige Handels- und Gewerbebauten<br />

haben Nutzungspotenzial;<br />

Nutzung<br />

Altstadt dichte kleinteilige Baustruktur (Fachwerk);<br />

Gebäude unter Denkmalschutz;<br />

Neues Zentrum/ Sitz international tätiger Unternehmen im<br />

Bahnhofsquartier Bereich Stahlindustrie (Buderus) sowie<br />

feinmechanischer und optischer<br />

Unternehmen Leica (Leitz), Hensoldt (Zeiss);<br />

Einkaufszentrum Forum von überregionaler<br />

Bedeutung und weitere<br />

Einkaufsmöglichkeiten (z.B.Herkulescenter);<br />

Standort von Dienstleistungen, öffentlichen<br />

Einrichtungen, Gastronomie;<br />

Altstadt inhabergeführter und hochwertiger<br />

Einzelhandel, Kultur und Gastronomie im<br />

zentralen Altstadtbereich;<br />

Wohnen über Geschäften;<br />

touristische Attraktionen wie Museen;<br />

Öffentliche Freiräume Lahn und Dill als charakteristische<br />

Landschaftselemente der Stadt;<br />

Grüngürtel rundum die Altstadt;<br />

prägnante Plätze in der Altstadt;<br />

Sport + Erholung Lahninseln mit Aufenthaltsqualitäten z.B.<br />

Colchesteranlage, Stadion;<br />

Freibad am Lahnufer;<br />

Grüngürtel um Altstadt mit Freilichtbühne;<br />

Abb.49 Fernglas Hensoldt<br />

Abb.50 Lahn als Aufenthaltsraum in der Innenstadt<br />

Abb.51 Die Altstadt mit hoher Lebensqualität<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

37


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

38<br />

P<br />

Bundesstraße B49 - Verkehrsschneise<br />

durch Stadtgebied<br />

hohe Verkehrsbelastung: Gloelstraße, Karl-Kellner-<br />

Ring, Moritz-Hensoldt-Straße, Schützenstraße<br />

(teilweiser) Leerstand ehemaliger<br />

Waren- und Handelshäuser im Neuen Zentrum<br />

minderwertige Ausstrahlung Bebauung<br />

Gebäude mit Maßstabsbruch<br />

großflächige Parkplätze<br />

Schwerpunktgebiet mit räumlichen +<br />

funktionalen Mißständen<br />

rückseitige Orientierung zur Lahn<br />

unterbrochener Fuß- und Fahrradweg<br />

weitläufige Verkehrskreuzungspunkte mit<br />

undeutlicher Wegeführung<br />

Unterführung als Fußgängerquerung<br />

wenig repräsentative Eingänge in Altstadt<br />

teilweiser Leerstand der Ladenlokale bzw.<br />

Leerstand in Obergeschoßen in der Altstadt<br />

teilweise verbesserungswürdige Aufentahltsqualität<br />

der öffentlichen Räume innerhalb der Altstadt<br />

Abb.52 Schwächen der Innenstadt


2.3.2 SCHWÄCHEN WETZLARS<br />

In der Abb.52 und der nachfolgenden Tabelle sind die Problempunkte<br />

der Innenstadtquartiere zusammengefasst.<br />

Mobilität<br />

Bausubstanz<br />

Neues Zentrum/ schlechter Bauzustand bzw. minderwertiges<br />

Bahnhofsquartier Erscheinungsbild einiger großvolumiger<br />

Handels- und Gewerbebauten;<br />

Rückseitige Orientierung zur Lahn;<br />

Nutzung<br />

Altstadt<br />

Neues Zentrum/ teilweise Leerstand ehemaliger Warenhäuser<br />

Bahnhofsquartier und Handelsbauten in Bahnhofstraße und<br />

K-K-Ring;<br />

zu wenig Angebot und/oder Nachfrage;<br />

unzureichend genutzte (Grundstücks)flächen;<br />

fehlende Frequenz im Gebiet;<br />

fehlendes Freizeit- und Kulturangebot<br />

(für Jugendliche);<br />

wenig Einwohner und Wohnungen;<br />

keine wohnbezogene Infrastruktur;<br />

Altstadt<br />

Öffentliche Freiräume<br />

Sport + Erholung<br />

Schwächen<br />

B49 bildet Schneise durch Stadtgebiet -><br />

Übergang Neues Zentrum und Forum/<br />

Bahnhof/ nach Niedergirmes;<br />

Hohes Verkehrsaufkommen rundum<br />

Karl-Kellner-Ring;<br />

zu weitläufige Verkehrskreuzungspunkte mit<br />

undeutlicher Wegeführung;<br />

zu hohe Parkbelastung in Altstadt;<br />

großer Flächenverbrauch für Parkplätze;<br />

unzureichende Verbindungen zwischen<br />

Neuem Zentrum, Altstadt und Umgebung vor<br />

allem für Fußgänger und Fahrradfahrer;<br />

Fußgängerquerungen als Unterführung;<br />

Stadthaus am Dom in Maßstab und<br />

Gestaltung stark kontrastierend + weist<br />

bauliche Mängel auf;<br />

teils nicht zeitgemäßer Gebäudestandard;<br />

wenig private Freiräume;<br />

historische Bausubstanz wenig kind- und<br />

altersgerecht<br />

teilweise leerstehende Ladenlokale durch<br />

fehlende Nachfrage bzw. zu kleine<br />

Verkaufsflächen;<br />

Leerstand in Obergeschoßen der<br />

Altbausubstanz durch nicht zeitgemäßen<br />

Bauzustand;<br />

wenig junge Menschen/ Familien in der<br />

Altstadt wohnhaft;<br />

Mangel an Versorgung für täglichen Bedarf;<br />

fehlendes Freizeit- und Kulturangebot<br />

(für Jugendliche);<br />

viele Freiflächen werden als Parkplätze<br />

genutzt z.B. Haarplatz, Lahninsel,<br />

Steighausplatz;<br />

großflächige Plätze im Neuen Zentrum haben<br />

als Verkehrskreuzungspunkte keine<br />

Aufenthaltsqualität z.B Buderusplatz;<br />

unzureichende Einbeziehung der Lahn,<br />

insbesondere des Lahnufers sowie der Dill;<br />

wenig Verbindung zwischen Lahn und Dill;<br />

potenzielle Aufenthaltsqualitäten an der Lahn<br />

werden noch zu wenig genutzt;<br />

unterbrochener Fuß- und Radweg entlang der<br />

Lahn;<br />

Lahninseln werden teilweise als Parkplätze<br />

genutzt;<br />

Abb.53 Verkehrsbelastung im Karl-Kellner-Ring<br />

Abb.54 Großflächige Parkplätze am Altstadtrand<br />

Abb.55 Leerstand des Warenhauses Mauritius<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

39


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

40<br />

2.4. IDEEN UND WÜNSCHE DER WETZLARER BÜRGERSCHAFT<br />

Um eine möglichst breite Basis für das <strong>Entwicklungskonzept</strong><br />

zu kreieren, kommt der Bürgerbeteiligung im<br />

Planungsprozess eine wichtige Rolle zu. Am 26. Februar<br />

2011 wurde mit interessierten und engagierten Bürgern<br />

ein Workshop zur zukünftigen Innenstadtentwicklung<br />

<strong>Wetzlar</strong>s durchgeführt.<br />

Mittels drei parallel laufender Themenworkshops (Abb. 56-<br />

62) zu den Teilbereichen 1. Altstadt, 2. Neues Zentrum und<br />

3. Stadt und Fluss wurden viele Meinungen, Wünsche und<br />

Ideen gesammelt, die dazu beitragen sollen, eine Vision für<br />

die Entwicklung der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt in den nächsten<br />

20 Jahren und darüber hinaus zu skizzieren, aber auch<br />

konkreten Handlungsbedarf aufzuzeigen.<br />

Ziel des Workshops war es vor allem, Entwicklungsrichtungen<br />

bezüglich der zukünftigen Erschließung, der räumlichen<br />

Gestaltung sowie der Nutzung und Nutzungsverteilung<br />

für die Altstadt, den Bereich rundum die Bahnhofstraße<br />

und den Karl-Kellner-Ring sowie für die Lahn und deren<br />

Uferbereiche aufzuspüren.<br />

Um ein möglichst breites Meinungsspektrum zu bekommen<br />

durchlief jeder Teilnehmer alle drei Workshops und<br />

konnte sich somit bestmöglich in alle Themenbereiche<br />

einbringen.<br />

Jedem Workshop waren Kernthesen als gezielte<br />

Entwicklungsszenarien vorangestellt, die ergänzt durch<br />

unterstützende Fragestellungen zu den Themen Nutzung<br />

und Nutzungsverteilung, Baustruktur, verkehrliche<br />

Erschließung, öffentliche Freiräume und Parken die<br />

Teilnehmer zur Diskussion und Meinungsäußerung anregen<br />

sollten. Die Ergebnisse aus den Workshops wurden in einem<br />

gemeinsamen Plenum vorgestellt und erläutert (Ab.56).<br />

PLENUM<br />

IDEEN-TISCH 1 IDEEN-TISCH 2 IDEEN-TISCH 3<br />

PLENUM<br />

Abb.56 Ablauf Ideenworkshop<br />

Abb.57 Workshopimpression<br />

Abb.58 Ideentisch Altstadt<br />

Abb.59 Umsetzungsideen Altstadt


SCHLUSSFOLGERUNGEN AUS DEM WORKSHOP<br />

Für die 3 Themenbereiche ergeben sich folgende<br />

Ergebnisse.<br />

Die Altstadt muss als multifunktionales, identitätsstiftendes<br />

Herz für die gesamte Stadt <strong>Wetzlar</strong> kontinuierlich<br />

weiterentwickelt werden. Ein „gelockerter“ Denkmalschutz<br />

sollte hier in Einklang stehen mit modernen Wohnformen,<br />

Arbeiten, Handel und Kultur. Der Grüngürtel sowie die<br />

charakteristischen Platzräume der Altstadt sind zu erhalten<br />

und ihre Aufenthaltsqualität steigern. Wohnungsnahe<br />

sowie kunden- und besucherfreundliche Kfz-Stellplätze<br />

sollten in genügender Zahl und zu einem angemessenen<br />

Preis zur Verfügung stehen. Hinsichtlich des Stadthauses<br />

am Dom wünscht sich die Mehrheit eine Neubebauung<br />

mit multifunktionaler Nutzung, die sich harmonisch in die<br />

Altstadtstruktur einfügt.<br />

Für den Bereich Bahnhofstraße und Karl-Kellner-Ring<br />

erhofft man sich eine Neudefinition des gesamten Gebiets in<br />

Richtung eines lebendigen innerstädtischen Stadtquartiers,<br />

das durch einen Mix aus Wohnen, kommerziellen Nutzungen<br />

(Einzelhandel, Dienstleistungen), Kultur-, Bildungs- und<br />

Freizeiteinrichtungen geprägt ist. Ausdrücklich wurde der<br />

Wunsch nach einer innerstädtischen Verkehrsberuhigung<br />

ausgesprochen. Eine bewusstere Integration der Lahn<br />

und eine verbesserte Verknüpfung mit der Altstadt sind<br />

weiterführende Ziele.<br />

Die Bedeutung der Lahn als verbindendes Element innerhalb<br />

der Stadt <strong>Wetzlar</strong> und ihr einmaliges Potenzial hinsichtlich<br />

der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Uferzonen<br />

wurden deutlich herausgestellt. Diese Chancen gilt es zu<br />

nutzen, sowohl für eine Wohnbebauung am Wasser als<br />

auch für die Schaffung eines attraktiven Erlebnis- und<br />

Naturraums mit einem hohen Freizeit- und Erholungswert<br />

für die <strong>Wetzlar</strong>er Bevölkerung und die Besucher der<br />

Stadt. Eine durchgehende Verbindung für Fußgänger und<br />

Radfahrer entlang des Flusses war eines der am meisten<br />

geäußerten Anliegen (Abb. 61).<br />

Im Workshop konnten nicht nur die gewünschten<br />

Entwicklungsrichtungen gemeinsam ausgelotet werden,<br />

sondern durch die persönlichen Erfahrungen und die oft<br />

langjährige Verbundenheit der Bürger mit ihrer Stadt<br />

konnten auch die vom Planungsbüro analysierten Stärken<br />

und Schwächen weiter spezifiziert bzw. ergänzt werden.<br />

Die Mehrheit der Teilnehmer und die Initiatoren vom<br />

Planungsbüro und der Stadtverwaltung betonten, dass<br />

dieser Tag ein wichtiger Schritt für die Aufstellung des<br />

Innenstadtentwicklungskonzeptes für die <strong>Wetzlar</strong> gewesen<br />

ist. Der Verlauf und die gewählte Methodik wurden als<br />

zielführend bewertet und der ausdrückliche Wunsch<br />

geäußert derartige Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung<br />

in Zukunft fortzusetzen.<br />

Abb.60 Ideentisch Stadt und Fluss<br />

Abb.61 Umsetzungsideen Stadt und Fluss<br />

Abb.62 Abschlussplenum<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

41


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

42<br />

2.5 SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />

2.5.1 ZUSAMMENFASSUNG: DAS BILD DER INNENSTADT<br />

Betrachtet man die Innenstadt objektiv, fallen besonders<br />

die vielen Facetten und allgegenwärtigen Gegensätze<br />

der Stadt auf. In ihrer strukturellen Vielfalt lassen sich<br />

wie selten die abwechslungsreiche Geschichte der Stadt<br />

und ihre verschiedenen Gesichter ablesen. Das häufige<br />

Gegenüber von Identitätsstiftendem und Ungestaltetem,<br />

Altem und Modernem, Kleinmaßstäblichem und<br />

Großmaßstäblichem, Auslastung und Leerstand, Ruhigem<br />

und Lautem, Enge und Weite, Topographie und Ebene,<br />

Tradition und Innovation ist charakteristisch für die<br />

Innenstadt <strong>Wetzlar</strong>s (siehe Abb. 63).<br />

Das Bahnhofsquartier mit dem Shoppingmagnet<br />

Forum und das Neue Zentrum mit dem Sitz von<br />

Hochtechnologieunternehmen und verschiedenen<br />

Verwaltungsgebäuden definieren das wirtschaftliche<br />

Zentrum der Innenstadt mit überregionaler Bedeutung.<br />

Infolgedessen sind diese Stadtquartiere von starken<br />

Verkehrsströmen geprägt, der stark befahrenen<br />

Bundesstrasse B49 und der innerstädtischen<br />

Hauptverbindung Goelstraße / Moritz-Hensoldt-Straße<br />

/ Karl-Kellner-Ring. Damit nimmt vor allem das Neue<br />

Zentrum u. a. auch den Charakter eines Durchgangsgebietes<br />

an. Die weitläufigen, autogerechten Verkehrsräume<br />

formen im Zusammenwirken mit der vorwiegend<br />

großmaßstäblichen Bebauung und der dominierenden<br />

Gewerbe,- Handels- und Dienstleistungsnutzung eine<br />

geschäftige Transferzone mit diffusen Baublöcken und<br />

Freiräumen (Abb.64). Diese städtebauliche Formation<br />

verfügt über wenig Aufenthaltsqualität, mit der<br />

Konsequenz, dass entlang der „Hauptschlagader“<br />

Bahnhofstraße-Karl-Kellner-Ring die Wohnfunktion fast<br />

gänzlich verschwunden ist. Mit der Folge, dass nur wenig<br />

soziale Infrastruktur und familienfreundliche Angebote<br />

im Gebiet vorhanden sind. Auch der Einzelhandel<br />

sieht sich, abgesehen vom Forum, einem allmählichem<br />

Qualitätsverlust und Kaufkraftrückgang ausgesetzt, nicht<br />

zuletzt hervorgerufen durch den Wegbruch von ehemaligen<br />

Magneten wie Mauritius oder C&A (Langgasse).<br />

Diese funktionalen Spannungen wirken sich negativ auf<br />

die Bausubstanz und ihre Umgebung aus.<br />

ENGE - WEITE<br />

IDENTITÄTSSTIFTEND - UNGESTALTET<br />

ALT - MODERN<br />

TRADITION - INNOVATION<br />

AUSLASTUNG - LEERSTAND<br />

LAUT - RUHIG<br />

TOPOGRAPHIE - EBENE<br />

GROßMAßSTÄBLICH - KLEINMAßSTÄBLICH<br />

Abb.63 Kontraste der Innenstadt<br />

Die räumlichen und funktionalen Konflikte im Gebiet<br />

scheinen der geordneten Stadtstruktur zu widersprechen.<br />

Darüber hinaus findet die begünstigte Lage der<br />

Stadtquartiere zwischen bzw. an Lahn und Dill im<br />

Stadtgefüge kaum Beachtung.<br />

Die Altstadt ist das kulturelle, imageprägende Herz der<br />

Stadt. Durch die Lahn, den umgebenden Grüngürtel<br />

sowie die stark befahrene Schützenstraße eingefasst und<br />

angesichts der erhöhten Lage, hat sie vermeintlich nur wenig<br />

Kontakt mit den umliegenden Stadtquartieren und wirkt<br />

so fast inselartig. Das malerische Erscheinungsbild, durch<br />

die kleinteilige, gut erhaltene historische Bausubstanz, die<br />

engen Gassen und die beschaulichen Plätze hervorgerufen,<br />

übt eine beträchtliche Anziehungskraft auf Bewohner und<br />

Besucher aus. Der Charme der Altstadt und das Gefühl von<br />

Geborgenheit entsteht vor allem durch den menschlichen<br />

Maßstab der städtebaulichen Struktur. Allein das<br />

Stadthaus am Dom wirkt mit seinen Dimensionen wie ein<br />

Fremdkörper in dieser Umgebung (Abb.65).<br />

Ungeachtet dessen hat die Altstadt in den letzten Jahren,<br />

vor allem in den Abendstunden, mit einer rückläufigen<br />

Frequentierung zu kämpfen. Einerseits lässt sich dies mit<br />

Abb.64 Ehemaliges Warenhaus im Karl-Kellner-Ring Abb.65 Seitenansicht Stadthaus am Dom


dem allmählichen Verlust der Wohnfunktion erklären.<br />

Die überwiegend denkmalgeschützten Häuser genügen in<br />

ihrer Größe und Standard den heutigen Wohnwünschen<br />

nicht mehr. Ein Trend zu allmählichem Leerstand bzw. zur<br />

Überalterung der Altstadtbevölkerung zeichnet sich ab.<br />

Auch ist die historische Altstadtbebauung häufig weder<br />

kind- noch altengerecht. Mit dem erhöhten individuellen<br />

Motorisierungsgrad haben sich zudem die Ansprüche<br />

der Altstadtbewohner bezüglich einer komfortablen<br />

Fortbewegung verändert. Der Altstadtbewohner<br />

wünscht vor seinem Haus zu parken. Aber auch die<br />

Angestellten, Einkaufenden und Tagestouristen fordern<br />

einen lauffreundlichen Abstand vom Parkplatz in die<br />

Altstadt. Damit lässt sich auch die Lage von Parkplätzen<br />

auf exponierten Freiflächen begründen. Andererseits<br />

fehlt der Altstadt die Laufkundschaft. Der traditionelle<br />

Einkaufsstandort konnte aufgrund der Entfernung zum<br />

Forum noch nicht von dessen Kaufkraft profitieren.<br />

Vielmehr hat sich eine Bipolarität der zwei Handelszentren<br />

gebildet. Dazu kommt, dass die Verkaufsflächen der kleinen<br />

Erdgeschoßgeschäfte teilweise nicht mehr dem heutigen<br />

Flächenbedarf entsprechen (Abb.66). Dennoch erfreut<br />

sich die Altstadt fortwährend einer großen Beliebtheit bei<br />

den <strong>Wetzlar</strong>ern und den Besuchern, hervorgerufen durch<br />

ihr Warenangebot, die gastronomischen und kulturellen<br />

Möglichkeiten und das schöne Ambiente. Auch das Gebiet<br />

der Langgasse ist durch die Verbindung Alte Lahnbrücke<br />

angenommener Bestandteil der Altstadt.<br />

Abb.66 Leer stehendes Ladenlokal in der Altstadt<br />

Zwischen den Stadtquartieren verläuft die Lahn. Der<br />

Fluss zeigt sich über den gesamten Verlauf im Stadtgebiet<br />

eher als ruhiger, naturbelassener Grünraum denn als<br />

ein zentrales innerstädtisches, abwechslungsreiches<br />

Landschaftselement. Die Lahnufer sind von Bäumen<br />

gesäumt und haben eine naturbelassene Gestaltung.<br />

Durch die fehlende Orientierung der angrenzenden<br />

Gebiete zum Gewässer wirkt der Fluss wie abgeschirmt.<br />

Der Fuß- und Fahrradweg entlang des Lahnufers wird<br />

teilweise von Privatgrundstücken unterbrochen, die direkt<br />

an das Wasser grenzen. Daneben gibt es, auch auf der<br />

Altstadtseite, kaum direkte Zugänge zum Wasser und nur<br />

wenige Sichtbeziehungen mit den öffentlichen Räumen<br />

der benachbarten Quartiere.<br />

Abb.67 Sicht auf die Lahn und die Hospitalkirche<br />

Allerdings sind die Übergänge zwischen Stadt und Fluss<br />

auf der Altstadtseite historisch bedingt sanfter ausgeführt.<br />

Die Brückenstraße, die Fußgängerbrücke auf Höhe der<br />

Colchesteranlage und vor allem die alte Lahnbrücke<br />

sowie die Stadionbrücke markieren wichtige fußgänger-<br />

und fahrradfreundliche Überquerungen, von denen man<br />

zugleich einen Blick auf das Gewässer erhält. Einen<br />

ganz eigenen Charme haben wiederum die Lahninseln,<br />

die mit Park und Stadion bereits mit öffentlichen<br />

Erholungsfunktionen besetzt sind. Allerdings werden diese<br />

1a-Lagen auch als Parkraum für die Altstadt genutzt.<br />

Mittels Brücken sind sie gut an die Stadtteile angebunden.<br />

Der Lahntalradweg, die Wassersportmöglichkeiten und<br />

der direkte Übergang in den sich entwickelnden Lahnpark<br />

verdeutlichen die touristische Bedeutung der Lahn.<br />

Die Dill verläuft beinah versteckt am Neuen Zentrum<br />

vorbei. Beidseitig dicht gesäumt von Bäumen und den<br />

Rückseiten der Gebäude, besteht kaum Interaktion mit<br />

den angrenzenden Wohngebieten. Zudem bildet die<br />

Bachweide einen wenig attraktiven Verknüpfungspunkt<br />

(mit Entwicklungspotenzial) zwischen Dill und Lahn.<br />

Die Dill findet dementsprechend kaum Beachtung im<br />

täglichen Umgang mit der Innenstadt.<br />

Insgesamt bestehen nur wenige gute Verknüpfungen<br />

zwischen der Stadt und den Flüssen (Abb. 67 und 68)<br />

und das einmalige Potenzial von Lahn und Dill als<br />

innerstädtischer Lebens- und Erlebnisraum wird zu wenig<br />

genutzt.<br />

Abb.68 Lahnzugang an der Brückenstraße<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

43


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

44<br />

2.5.2 RELEVANTE THEMEN FÜR DAS ENTWICKLUNGSKONZEPT<br />

In den vorangegangen Kapiteln sind deutlich die derzeitigen<br />

Kernprobleme, aber vor allem auch die Stärken und die<br />

daraus resultierenden vielfältigen Chancen der <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Innenstadt aufgespürt und benannt worden. Auch die<br />

Bedürfnisse und Wünsche der <strong>Wetzlar</strong>er Stadtnutzer<br />

sind zur Sprache gekommen. Daraus lassen sich gezielte<br />

Entwicklungsansätze ableiten, die zur Stärkung der<br />

Innenstadt und zu Ihrer Profilbildung beitragen können.<br />

Dazu gehört das Aktivieren der bestehenden Identitäten der<br />

Gesamtstadt und der einzelnen <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadtquartiere<br />

(Abb. 74). Die strukturelle Vielfalt in den Quartieren bildet<br />

die Grundlage für funktionale und kulturelle Diversität.<br />

Die Unterschiede sind als Eigenheit anzuerkennen, zu<br />

tolerieren und zu fördern, indem vorhandene Fragmente<br />

gestärkt, gebündelt und ergänzt werden. Diese können<br />

ihre identitätsstiftende Wirkung auf die Nachbarbereiche<br />

erweitern und die Quartiere substanziell stärken. Durch die<br />

gegensätzlichen Identitäten, besonders im Neuen Zentrum,<br />

entstehen zudem neue Stadträume und funktionelle<br />

Chancen, die aufgedeckt und weiterentwickelt werden<br />

müssen. Der Mut zu neuen Synergien, zum Beispiel die<br />

Revitalisierung der Wohnfunktion in Nachbarschaft<br />

zu Technologieunternehmen, ist eine Herausforderung,<br />

die die Innenstadt aufgreifen muss, um sich zu einem<br />

lebenswerten, multifunktionalen Stadtraum zu profilieren<br />

(Abb. 69). Sowieso ist das Wohnen in der Innenstadt ein<br />

unbedingt aufzugreifender Aspekt, damit ein urbanes<br />

lebendiges Innenstadtmilieu entstehen kann. Dazu gehört<br />

das Sichern und Ausbauen von sozialer Infrastruktur,<br />

damit die Innenstadt einerseits zu einem familien- und<br />

kinderfreundlichen Stadtgebiet erstarkt und andererseits,<br />

mit Blick auf die fortschreitenden Überalterung der Städte,<br />

auch für die wachsende Zielgruppe der Senioren attraktiver<br />

wird (Abb. 70). Aber auch die Weiterentwicklung der<br />

innerstädtischen Technologielandschaft ist ein sehr<br />

bedeutsamer Gesichtspunkt, der der Innenstadt einen<br />

großen wirtschaftlichen und imagebildenden Gewinn<br />

bescheren kann.<br />

Mit der funktionalen Stärkung und Neuordnung<br />

einhergehend, ist das stadträumliche Erscheinungsbild<br />

ein wesentlicher anzugehender Problempunkt. Das<br />

heißt, dass ein ausgewogenes Gleichgewicht und bessere<br />

Verbindungen zwischen der Bebauung und den Freiräumen<br />

wiederherzustellen sind (Abb. 71).<br />

Eine weitere, für die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt sehr relevante<br />

Thematik bezieht sich auf das Durchführen umfassender<br />

Eingriffe in die Verkehrsinfrastruktur.<br />

Abb.69 Nutzungssynergien<br />

Abb.70 Soziale Durchmischung<br />

Abb.71 Reparatur der städtebaulichen Struktur


Die dominierenden, weitläufigen Verkehrsräume im Neuen<br />

Zentrum und rund um das Bahnhofsquartier können<br />

auch künftig nicht gänzlich missachtet werden. Im Sinne<br />

eines Fußgänger und Fahrradfahrer verträglicheren<br />

Straßennetzes sind sie aber an den menschlichen<br />

Maßstab anzupassen. Dadurch kann die derzeitige<br />

Verkehrsbelastung vermindert werden und es können<br />

lebens- und erlebenswerte, gut miteinander verbundene<br />

Innenstadtquartiere entstehen (Abb.72). Dabei ist die<br />

bereits vorhandene gute Erreichbarkeit der Innenstadt auch<br />

weiterhin zu gewährleisten, jedoch integrativer zu gestalten.<br />

In diesem Zusammenhang ist auch der Barrierefreiheit ein<br />

besonderes Augenmerk zu widmen und für das Parkproblem<br />

sind Lösungen zu finden, die einerseits den Wünschen und<br />

Bedürfnissen der <strong>Wetzlar</strong>er gerecht werden, anderseits<br />

aber auch stadtraumverträglich ausgebildet sind.<br />

Ein besonderes Augenmerk für die Innenstadtentwicklung<br />

muss auf die bewusste Einbeziehung der Lahn und Dill<br />

in das Stadtbild gelegt werden (Abb.73). Die Flüsse sind<br />

als einzigartige Bestandteile der Stadtstruktur <strong>Wetzlar</strong>s<br />

zu begreifen und in der Folge als verbindende, urbane<br />

Landschaftselemente in die Innenstadt zu integrieren.<br />

Dazu gehört das Herausstellen und Lokalisieren ihrer<br />

Qualitäten, insbesondere die der Flussufer. Diese sind<br />

künftig, den jeweiligen Standorten angemessen zu nutzen<br />

und zu gestalten. Hier ist die Etablierung neuer Funktionen<br />

zum Beispiel des Wohnens richtungsweisend. Bedeutend ist<br />

aber auch der ökologische Beitrag der Landschaftselemente<br />

sowohl für das Stadtklima als auch hinsichtlich der wichtigen<br />

Rolle der Natur in der Stadt. Die umweltrelevanten<br />

Aufwertungseffekte der Flussläufe können sich auch auf die<br />

angrenzenden Grün- und Freiflächen positiv übertragen. Der<br />

neugeschaffene attraktive Lebens- und Erlebnisraum stellt<br />

einen erheblichen Gewinn für die Innenstadtnutzer dar, hat<br />

aber auch bedeutende wirtschaftliche Auswirkungen für<br />

den Tourismussektor.<br />

Abb.72 Verminderung des Durchgangsverkehrs<br />

Abb.73 Integration der Flüsse in das Innenstadtgefüge<br />

Abb.74 Auf der Alten Lahnbrücke<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

45


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

46


Abb.75 Brücken verbinden: Blick auf die Alte Lahnbrücke und die Leitzwerke<br />

3<br />

LEITVISION FÜR DIE<br />

STADTENTWICKLUNG<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

47


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

48<br />

3. LEITVISION<br />

3.1 LEITMOTIVE<br />

Städte haben, den Menschen gleich, einen ganz individuellen<br />

Charakter und sind dementsprechend unverwechselbar.<br />

Jede Stadt hat ihre ganz eigene Entstehungsgeschichte,<br />

die sich im Fingerabdruck der Stadt, im Stadtgrundriss<br />

widerspiegelt (Abb.76 und 77). Dies trifft vor allem auf<br />

die Innenstadt zu, den Kern der Stadtentstehung und<br />

das Aushängeschild für die Stadt. Dieser Leitgedanke<br />

spielt bei der Erstellung des <strong>Entwicklungskonzept</strong>es eine<br />

entscheidende Rolle. Die zur Stärkung der <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Innenstadt beitragenden Entwicklungsziele und die<br />

Handlungsansätze, um diese Ziele zu erreichen, müssen<br />

immer auf den speziellen Ort zugeschnitten werden und sind<br />

von daher nicht austauschbar. Um die Innenstadt auch in<br />

Zukunft konkurrenzfähig, lebenswert und erlebnisfähig zu<br />

erhalten und weiter zu gestalten, muss sich <strong>Wetzlar</strong> seiner<br />

Qualitäten bewusst werden und diese zur Profilbildung<br />

nutzen.<br />

Drei übergeordnete Leitmotive formulieren die künftige<br />

Identität der Stadt, mit der sich <strong>Wetzlar</strong> in Zukunft<br />

nach außen hin präsentieren wird. Vor allem müssen die<br />

Leitmotive aber identitätsbildend für alle <strong>Wetzlar</strong>er sein.<br />

Für die Innenstadt <strong>Wetzlar</strong>s haben sich während der<br />

Bestandsaufnahme und Ideenfindung folgende drei<br />

Leitmotive herauskristallisiert, mit der sich die Stadt<br />

zukünftig identifizieren lässt und die als übergeordnete<br />

Leitlinien die weitere Stadtentwicklung lenken sollen. Die<br />

Leitmotive basieren maßgeblich auf der vergangenen und<br />

der gegenwärtigen Identität der Stadt <strong>Wetzlar</strong>.<br />

- WETZLAR - STADT DER OPTIK UND TECHNOLOGIE<br />

- WETZLAR - STADT AN LAHN UND DILL<br />

- WETZLAR - STADT MIT URBANER LEBENSQUALITÄT<br />

Im Folgenden finden die Leitmotive nähere Erläuterung.<br />

Abb.76 Menschlicher Fingerabdruck<br />

Abb.77 Gegenwärtiger Fingerabdruck Innenstadt <strong>Wetzlar</strong><br />

LEITMOTIV 1 LEITMOTIV 2 LEITMOTIV 3<br />

Abb.78 Die Leitmotive


3.1.1 WETZLAR - STADT DER OPTIK UND TECHNOLOGIE<br />

Die Eisenverarbeitung hat, wie bereits im Abschnitt. 2.2.1<br />

aufgezeigt, eine lange Tradition in <strong>Wetzlar</strong>. Vor allem mit<br />

der stetigen Zunahme von renommierten Unternehmen<br />

in den Branchen Optik und Feinmechanik ab Ende<br />

des 19.Jahrhunderts sowie später der Elektrotechnik,<br />

erarbeitete sich <strong>Wetzlar</strong> einen internationalen Namen<br />

als wichtiger industrieller Wirtschaftsstandort<br />

(Abb.79). In der Innenstadtstruktur kann diese blühende<br />

Technologielandschaft jedoch noch besser positioniert<br />

werden. Dieses Alleinstellungsmerkmal der Stadt und dessen<br />

naheliegendes wirtschaftliches Potenzial gilt es deshalb<br />

künftig nachhaltig zu stärken und weiterzuentwickeln.<br />

Mit der wirtschaftlichen Bedeutung einer Stadt steht und<br />

fällt deren soziale und gesellschaftliche Entwicklung, was<br />

schließlich auch räumliche Konsequenzen hat. Dabei sind<br />

Innovation, Kreativität und Wissensaustausch für eine<br />

wirtschaftlich fortschrittliche Entwicklung der Stadt zu<br />

fördern. Das bedingt auch, die Kenntnis und Kreativität<br />

der <strong>Wetzlar</strong>er als Potenzial zu erkennen und zu nutzen.<br />

Das Leitmotiv zielt darauf ab, mit dem Schwerpunkt im<br />

Neuen Zentrum, (potenzielle) Räume für Aktivitäten im<br />

Bereich Technologie und den dazugehörigen Forschungs-<br />

Wissens- und Bildungseinrichtungen bereit zu stellen. Mit<br />

der Förderung von innerstädtischen Arbeitsplätzen muss<br />

gleichzeitig die Wohnfunktion in den Quartieren stimuliert<br />

werden. Generell ist eine ausgewogene Mischung von<br />

Funktionen anzustreben, um so die Innenstadt künftig<br />

ganztägig zu beleben.<br />

Ferner sollte, für eine noch stärkere Positionierung<br />

des Technologiesektors, das Standortmarketing weiter<br />

intensiviert werden.<br />

In dieser Hinsicht durchaus interessant ist der Aspekt,<br />

dass optische Linsen unmittelbar die Umgebung festlegen.<br />

Selbige Umgebung, auf die wir als Planer mittels Leitvision<br />

und <strong>Entwurf</strong> Einfluss nehmen. Wie Menschen ihre<br />

Umgebung wahrnehmen, wird durch deren Gestaltungsideen<br />

bestimmt. Diese Gestaltung kann wiederum durch Kameras<br />

festgehalten werden.<br />

Abb.79 Im Stadtbild präsente Technologieunternehmen<br />

Abb.80 Leitz -Kamera<br />

Abb.81 Linsen bestimmen die Wahrnehmung<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

49


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

50<br />

3.1.2 WETZLAR – STADT AN LAHN UND DILL<br />

Die bedeutende Rolle der Flüsse innerhalb der Stadt<br />

<strong>Wetzlar</strong> hat sich, im Zuge der beschriebenen Entwicklungen<br />

in den letzten Jahrzehnten, weitestgehend gewandelt. Von<br />

den innerstädtischen Landschaftselementen Lahn und Dill<br />

geht nicht mehr genug Strahlkraft aus, um das Potenzial<br />

als Identitätsträger <strong>Wetzlar</strong>s angemessen ausschöpfen<br />

zu können, so wie dies in der Vergangenheit der Fall war<br />

(siehe Abschnitt 2.2.2.) Zudem fungieren die Flüsse heute<br />

zu wenig als verbindende Elemente (Abb.83) zwischen<br />

den Stadtquartieren, sondern haben vielmehr eine<br />

Barrierewirkung.<br />

Im vorliegenden <strong>Entwicklungskonzept</strong> erhält das Wasser<br />

wieder eine stärkere Bedeutung und wird zu einem<br />

wesentlichen Bestandteil der Natur, die eine zentrale<br />

Rolle im Stadtgefüge einnimmt. Dieser Gedanke basiert<br />

auf dem Grundsatz, das gewachsene Gebilde Stadt als<br />

ganzheitliches Ökosystem zu verstehen. Innerhalb dieses<br />

Ökosystems kann die Kraft der Natur einen wesentlichen<br />

Beitrag zur Verbesserung der Lebensumgebung leisten. Ziel<br />

muss es deshalb sein, das Grundbedürfnis des Menschen<br />

nach Natur als integrale Aufgabenstellung zu begreifen.<br />

Die Grün- und Wasserstrukturen der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt<br />

sind nicht als eigenständige, nur auf sich selbst bezogene<br />

Systeme zu verstehen, sondern als Bestandteile des<br />

gesamten „Stadtpuzzles”.<br />

Abb.82 Die Stadtstrukturen als Puzzleteile<br />

Abb.83 Blick auf die Lahn und die alte Lahnbrücke<br />

Die Gewässer übernehmen einerseits wichtige Funktionen<br />

für die Bewohner und Besucher <strong>Wetzlar</strong>s. Andererseits sind<br />

sie für die Gewährleistung der Biodiversität (biologische<br />

Vielfalt) in der Stadt verantwortlich, eine existentielle<br />

Aufgabe für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Die<br />

bestehenden Grün- und Wasserstrukturen müssen zwar<br />

als Puzzleteile der Gesamtstadt funktionieren (Abb.82),<br />

gleichwohl können und sollen sie aber auch jeweils eine<br />

eigene Identität herausbilden.<br />

Die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt muss ihre vielseitigen<br />

Freiraumstrukturen, insbesondere das Landschaftselement<br />

Lahn sei hier genannt, als wertvolle Qualitäten begreifen.<br />

Das Leitmotiv „<strong>Wetzlar</strong> - Stadt an Lahn und Dill“ verfolgt<br />

deshalb das Ziel, die Flüsse Lahn und Dill sowie die daran<br />

anschließenden Grünstrukturen für die Stadt und ihre<br />

Bewohner und Besucher als Lebens- und Erlebnisraum<br />

aufzuwerten. Durch das (Wieder)herstellen und Stärken<br />

der physischen Bedingungen von Lahn- und Dillufer werden<br />

die Gewässer besser in das Stadtgefüge integriert und<br />

nutzbar gemacht. Die Flüsse leisten dadurch nicht nur einen<br />

positiven Beitrag für ihr eigenes Erscheinungsbild, sondern<br />

können ihre neugewonnenen, gestärkten Qualitäten auf die<br />

angrenzenden Stadtquartiere übertragen. Zudem sind sie<br />

ausschlaggebend für die Entwicklung <strong>Wetzlar</strong>s hin zu einer<br />

umweltgerechten, nachhaltigen Stadt.<br />

Die innerstädtischen Freiraumstrukturen verbinden und<br />

erfüllen gleichzeitig eine zentrale Rolle als Identitätsträger<br />

für die gesamte Stadt <strong>Wetzlar</strong>.


3.1.3 WETZLAR - STADT MIT URBANER LEBENSQUALITÄT<br />

Menschen betrachten Städte als die am meisten<br />

ansprechenden Orte zum Leben, zum Arbeiten, zum<br />

Lernen, zum Einkaufen, zum Vergnügen und um einander<br />

zu begegnen. Die verschiedenen Quartiere einer Stadt<br />

müssen sich durch die Kraft ihrer eigenen Identität lebendig<br />

erhalten, zugunsten eines multifunktionalen Stadtmilieus<br />

mit einem Mix aus Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kultur,<br />

Tourismus und Aufenthalts- und Erholungsfunktion.<br />

Mit dem Leitmotiv „Stadt mit urbaner Lebensqualität“<br />

soll erreicht werden, dass sich die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt<br />

zu einem städtischen Ort mit urbaner Lebensqualität<br />

manifestiert, den die <strong>Wetzlar</strong>er gern als Lebensort<br />

annehmen, in dem sie sich wohlfühlen und mit dem sie<br />

sich identifizieren, Alte und Junge, Arme und Reiche,<br />

Einheimische und Migranten (Abb.84).<br />

Jedes einzelne Quartier hat seine individuelle Struktur, die<br />

bestimmte Funktionen beherbergt. Diesen ausschlaggebenden<br />

Aspekt muss das Leitmotiv berücksichtigen. Hauptaufgabe<br />

ist es, die problematischen, dem Leitmotiv entgegenstehenden<br />

Eigenschaften der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadtquartiere, sowohl<br />

auf räumlichem Gebiet (von öffentlichen Räumen bis<br />

auf Gebäudeniveau) als auch auf der Nutzungsebene, zu<br />

beheben und wenn nötig durch neue „Teile“ zu ersetzen<br />

bzw. verstärkend zu ergänzen. Das betrifft insbesondere das<br />

Angleichen und Anpassen der Verkehrsinfrastruktur an die<br />

umliegenden räumlichen und funktionalen Strukturen.<br />

Unsere derzeitigen gesellschaftlichen Lebensumstände<br />

sind eng mit dem Verstädterungsprozess verbunden.<br />

Darum muss der städtische Lebensraum, in Form von<br />

gut funktionierenden Stadtquartieren, bestmöglich<br />

darauf abgestimmt werden. Mittels bedürfnisorientierter,<br />

zukunftsgerichteter Funktionen, einer guten Erreichbarkeit<br />

und durch eine attraktive Gestaltung der öffentlichen<br />

Räume und der diese umgebenden Architekturen können<br />

die Innenstadtquartiere sich zu Räumen mit hoher Lebens-<br />

Arbeits- und Erholungsqualität entwickeln.<br />

Die strukturellen Unterschiede in den Quartieren sind<br />

dabei als großes Potenzial und Herausforderung zu<br />

begreifen, weil sie die Chance für neue räumliche und<br />

funktionale Synergien bieten. Vorhandene Fragmente<br />

müssen gebündelt, gestärkt und erweitert werden,<br />

um eine identitätsstiftende Wirkung für die Quartiere<br />

hervorzurufen. Um der Innenstadtverödung Einhalt<br />

zu gebieten, kann die generell dort zu regenerierende<br />

Wohnfunktion zum Beispiel mittels neuer Wohnformen, wie<br />

Wohnen am Wasser, auch in Kombinationen mit anderen<br />

Funktionen, etabliert werden.<br />

Abb.84 Blick auf den Mühlgraben<br />

Mut zur Bildung neuer Synergien und zum Setzen<br />

neue Akzente und Maßstäbe kann wesentlich zu einer<br />

Steigerung der Attraktivität der Stadtquartiere beitragen.<br />

Beispielgebenden Pilotprojekten sind als Initialzündung<br />

für eine positive Quartiersentwicklung zu fördern und zu<br />

unterstützen.<br />

Dazu gehört aber auch das Streben nach einer<br />

zusammenhängenden, klaren städtebaulichen Struktur.<br />

Die für viele europäische Städte charakteristische<br />

Blockstruktur der Bebauung findet sich auch in der<br />

<strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt wieder. Sie definiert die “DNA”<br />

der Stadt und funktioniert deshalb zeitlos. Die derzeitigen<br />

räumlichen und funktionalen Konflikte im Gebiet<br />

machen die geordnete Stadtstruktur nur noch begrenzt<br />

ablesbar. Durch die Wiederherstellung und Neuordnung<br />

dieser Struktur erhalten die städtischen Räume eine<br />

bessere, logischere Lesbarkeit und eine für die Nutzer<br />

angenehmere Qualität. Dabei müssen die „Korngröße“,<br />

also die Maßstäblichkeit, und das Erscheinungsbild der<br />

bestehenden Bausubstanz unter die Lupe genommen<br />

sowie unter Umständen die architektonische Qualität neu<br />

beurteilt werden.<br />

Innerhalb dieses Leitgedankens spielt die Wechselwirkung<br />

zwischen Städtebau und Architektur eine wesentliche Rolle<br />

für das Gelingen einer erfolgreichen Stadterneuerung.<br />

Einerseits ist der städtische Kontext entscheidend, in dem<br />

ein Gebäude seine Stärke ableitet. Andererseits dienen<br />

Gebäude als Bausteine zur Formung und Gestaltung der<br />

öffentlichen Räume. Darüber hinaus müssen sich in der<br />

Leitvision Vergangenheit und Gegenwart auf optimale<br />

Weise verbinden und ergänzen.<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

51


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

52


4<br />

ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />

Abb.85 <strong>Wetzlar</strong> - eine lebenswerte Stadt<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

53


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

54<br />

4. ENTWICKLUNGSSTRATEGIE<br />

4.1 IDEE DER WETZLARER „INSELN”<br />

Die Betrachtung der Entstehungsgeschichte <strong>Wetzlar</strong>s hat<br />

gezeigt, dass eine inselartige Struktur, sowohl hinsichtlich<br />

der räumlichen als auch funktionalen Entwicklung,<br />

fortwährend die Identität der Stadt mitgeprägt hat.<br />

Ob man sich die naturräumliche Ausbildung der<br />

Stadt in Form von Inseln zwischen Dill und Lahn<br />

anschaut (Abb.86) oder sich mit der baugeschichtlichen<br />

Entstehung der mittelalterlichen Stadtquartiere bis hin<br />

zu den Arbeiterquartieren während der Industrialisierung<br />

beschäftigt, im Grunde war die Inselidee immer in<br />

der Innenstadt <strong>Wetzlar</strong>s verwurzelt. Selbst im großen<br />

Maßstab lässt sich in der Entstehung und Anordnung der<br />

umliegenden, für sich selbst funktionierenden und durch<br />

Grünzüge vom Kernbereich getrennten Stadtteile, diese<br />

Struktur wiederfinden (siehe Abb.31, Seite 27).<br />

Dieses einzigartige Merkmal <strong>Wetzlar</strong>s soll bewusst als<br />

übergeordnetes Prinzip für die zukünftige Entwicklung<br />

der Stadt dienen. Damit ist keineswegs gemeint, die<br />

überkommene Struktur einfach zu kopieren. Vielmehr<br />

dient die Inselidee als Metapher, die neu interpretiert auf<br />

den Innenstadtgrundriss übertragen wird, abgestimmt<br />

auf die gegenwärtigen und zukünftigen städtischen,<br />

gesellschaftlichen und ökonomischen Bedürfnisse (Abb.87).<br />

Verschiedene „Quartiersinseln“ mit eigenem Charakter und<br />

räumlicher und funktionaler Identität bilden puzzleartig<br />

das Geflecht der Innenstadt in den kommenden Jahren. Dies<br />

trägt einerseits zu einer Adressbildung für die Bewohner<br />

der einzelnen „Inseln“ bei, andererseits führt dieses<br />

Strukturprinzip zu einer ganzheitlichen Profilierung und<br />

Stärkung des Innenstadtgebietes. Da die Inselidee bereits<br />

im Stadtgrundriss der Innenstadt schlummert, sind die<br />

Einteilung und die Grenzen der Stadtquartiere vielfach<br />

schon vorhanden (Abb.87).<br />

Abb.86 Kupferstich Merian 1655<br />

Abb.87 Interpretation <strong>Wetzlar</strong>er „Insellandschaft”<br />

So formt die Altstadt, von Grüngürtel und Lahn umgeben,<br />

eine Insel, die sich durch ihre natürlichen Grenzen bereits<br />

eindeutig im Stadtbild ablesen lässt. Die morphologischen<br />

Eigenschaften der (historischen) Altstadtstruktur müssen<br />

unbedingt bewahrt und gepflegt werden. Allerdings ist<br />

es von großer Wichtigkeit, die bestehende Struktur für<br />

zukünftige Belange „beweglich“ zu machen und nicht als<br />

Museum zu konservieren. Das macht einen Lockerung des<br />

Denkmalschutzes erforderlich.<br />

Damit einher geht die Forderung, dass in der Bausubstanz<br />

eine multifunktionale Nutzung möglich gemacht werden<br />

muss. Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kunst, Kultur und<br />

Erholung sind anzustrebende Nutzungen, die die Altstadt<br />

als einen zukunftsgerichteten, lebendigen Stadtteil<br />

etablieren sollen.<br />

Die Lahn muss zukünftig verstärkt als Klammer zwischen<br />

der Altstadt und dem Neuem Zentrum fungieren. Dafür<br />

ist die Beibehaltung der bestehenden Verbindungen über<br />

den Fluss von großer Bedeutung. Darüber hinaus muss im<br />

Hinblick auf eine Verstärkung der Verbindungsfunktion des<br />

Freiraums Lahn der Bau weiter Querungsmöglichkeiten<br />

geprüft werden (Abb.88). Hinsichtlich des Charakters<br />

und des Erscheinungsbildes der Lahn sind räumlich und<br />

nutzungsspezifisch verschiedene Gebiete abzugrenzen,<br />

welche im Gesamtzusammenhang die Lahn und ihre<br />

Uferbereiche wiederum zu einem reizvollen Lebens- und<br />

Erlebnisraum aufwerten. Die Ufer beider Seiten müssen<br />

durch bessere Zugänglichkeit den menschlichen Kontakt<br />

mit dem Wasser fördern.


Mittels neuer Gebäude mit verschiedenen Funktionen und<br />

durch qualitativ hochwertige öffentliche Freiräume zum<br />

Flanieren, Aufhalten und Erholen und durch naturbelassene<br />

Bereiche kann die Lahn einen großen Gewinn für die<br />

Innenstadt hervorrufen.<br />

Die „Quartiersinseln“ des Neuen Zentrums sind durch<br />

dessen vielschichtigen Entstehungsprozess im Grunde<br />

schon vorhanden, nur sind sie nicht mehr deutlich ablesbar<br />

bzw. sind die Übergänge sehr hart ausgeführt. In diesem<br />

Gebiet müssen die reiche Geschichte der Eisenherstellung<br />

und insbesondere die optisch feinmechanischen Industrie<br />

und die daran gekoppelten Bildungseinrichtungen mehr<br />

Wichtigkeit und ein deutlicheres Gesicht bekommen. Die<br />

Instandsetzung der bestehenden Blockstruktur bzw. die<br />

Schaffung neuer Blockstrukturen sind zeitgemäß auf ein<br />

gutes Netzwerk öffentlicher Räume abzustimmen. Innerhalb<br />

der Quartiere müssen die bauliche und funktionale Qualität<br />

der bestehenden Gebäude erkannt, aber auch das Potenzial<br />

zur Implementierung neuer Funktionen in ungenutzten<br />

oder neuen Gebäuden aufgegriffen werden. So ist in den<br />

Quartieren verstärkt die Wohnfunktion zu etablieren, um<br />

das Innenstadtgebiet wieder zu einem urbanen, lebendigen<br />

Teil der Stadt zu transformieren. Das Archipel des Neuen<br />

Zentrums muss in seiner Gesamtheit das übergeordnete Ziel<br />

der Multifunktionalität des Gebietes anstreben.<br />

Das Bahnhofsquartier stellt hinsichtlich seiner Begrenzung<br />

durch die umgebenden Verkehrsräume und durch seine<br />

funktionale Ausrichtung bereits eine Stadtinsel dar. Neben<br />

der funktionalen Stärkung bedürfen hier insbesondere<br />

die öffentlichen Räume rund um die Großstrukturen<br />

wie Bahnhof, Forum und Rittal-Arena einer erheblichen<br />

Umgestaltung zur langfristigen Aufwertung und zur<br />

Steigerung der Attraktivität des Quartiers.<br />

Generell sind die Quartiere nicht als abgeschlossene Inseln<br />

zu verstehen, sondern sind durch ein angemessenes Netz<br />

öffentlicher Räume fließend miteinander zu verbinden.<br />

Eine regelmäßige und fruchtbare Interaktion zwischen<br />

den Quartieren ist eine Prämisse für den Erfolg des<br />

Konzeptes.<br />

Die Identitäten der verschiedenen „Quartiersinseln“ werden<br />

im Abschnitt 4.3 genauer beleuchtet.<br />

4.2 VERNETZUNG DER STRUKTUREN<br />

Um die Entwicklungsstrategie der Insellandschaft<br />

bestmöglich umzusetzen, sind vor allem die Qualität der<br />

öffentlichen Räume und das Netzwerk, welches diese<br />

miteinander verbindet, essentiell (Abb.88). Erst durch<br />

gute Raumverbindungen können die Stadtinseln optimal<br />

miteinander in Kommunikation treten sowie eine urbane<br />

Lebensqualität in den Quartieren erzeugt werden. Selbst<br />

aus wirtschaftlicher Sicht können die Gebiete dadurch<br />

an Attraktivität gewinnen. Im Begriff öffentliche Räume<br />

sind, bezogen auf <strong>Wetzlar</strong>, die Straßen und Platzräume<br />

der Altstadt und des Neuen Zentrums sowie die Bereiche<br />

entlang der Lahn und der Dill zusammengefasst.<br />

Die Qualität dieser Freiräume ist abhängig von dem<br />

Verhältnis von offen und geschlossen bzw. Enge und Weite,<br />

von der Art und der Menge des Verkehrs, der sich darin<br />

bewegt, der Qualität der Architektur, die diese Räume<br />

begrenzt, der Gestaltung der Räume selbst und deren<br />

Funktionen.<br />

Abb.88 Netzwerk öffentlicher Räume<br />

Abb.89 Blick auf die Altstadt<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

55


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

56<br />

Die derzeitige Innenstadtstruktur mit ihren wertvollen<br />

Wasser- und Grünelementen sowie den urbanen Freiräumen<br />

bietet sehr viel Potenzial, um ein gutes Netzwerk zu kreieren<br />

und dadurch die verschiedenen Stadtidentitäten optimal<br />

miteinander zu verbinden. Das Netzwerk der öffentlichen<br />

Räume trägt dazu bei, die Übergänge der Funktionen und<br />

des Erscheinungsbildes der einzelnen Teilbereiche fließend,<br />

zu einer harmonischen Einheit ineinander übergehen zu<br />

lassen (Abb.91).<br />

Ein gut funktionierendes, zusammenhängendes<br />

innerstädtisches Freiraumkonzept in <strong>Wetzlar</strong> kann<br />

mittels zweier strategischer Ansätze gelingen. Zum einen<br />

sollte die Raumstruktur der historischen Altstadt als in<br />

Ausformung und Maßstab wertvolles, gut proportioniertes<br />

Ensemble erkannt und in diesem Sinne gestärkt werden<br />

(Abb.90).<br />

Zum anderen besteht die Aufgabe, die eben genannte<br />

Qualität der historischen Freiraumstruktur auf die teils<br />

überdimensionierten und unattraktiven Räume der<br />

Quartiere des Neuen Zentrums zu übertragen.<br />

HAARPLATZ<br />

BUDERUS-<br />

PLATZ<br />

FRIEDRICH-<br />

EBERT-PLATZ<br />

DOMPLATZ<br />

Abb.90 Gute Proportionen der <strong>Wetzlar</strong>er Altstadtgassen<br />

BAHNHOF<br />

KORN MARKT<br />

Abb. 91 Abfolge von Platzräumen


Abb.92 Vorbild Maastricht: „shared space” - gleichberechtigtes Nebeneinander der Fortbewegungsarten<br />

In diesem Gebiet ist vorrangig eine gelungene Integration<br />

der Verkehrsstruktur in das Netzwerk von großer<br />

Bedeutung. Ein gleichberechtigtes Nebeneinander der<br />

Fortbewegungsarten, im Sinne eines „shared space”<br />

zwischen Fußgänger, Radfahrer, Auto und Bus, muss<br />

angestrebt werden (Abb. 92).<br />

Weil entlang gut proportionierter Freiräume die vertraute<br />

Wahrnehmung den Fußgänger intuitiv mit seiner<br />

Umgebung zusammenfügt, fühlen Menschen sich geborgen<br />

und nicht anonym und dadurch mit der Stadt verbunden.<br />

Bestehende Angsträume müssen deshalb aufgespürt und<br />

entsprechend umgestaltet und aufgewertet werden. Diese<br />

Erkenntnis ist bestimmend und entscheidend, will man<br />

das anzustrebende Ziel erreichen, dass sich die <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Bewohner und Besucher sicher und mit Vergnügen im<br />

innerstädtischen Raum bewegen. Dazu gehört auch das<br />

Gewährleisten barrierefreier Räume, vor allem für Kinder<br />

und alte Menschen.<br />

Nicht nur die Qualität und die Identität der öffentlichen<br />

Räume in der Altstadt und im Neuen Zentrum sind wichtige<br />

Planungsansätze, sondern ebenso eine optimale Verbindung<br />

dieser Räume, von Norden nach Süden, und vor allem in<br />

Ost-West-Richtung über die als Klammer fungierende<br />

Lahn.<br />

Sowieso sind die <strong>Wetzlar</strong>er Wasserstrukturen wesentliche,<br />

identitätsstiftende Freiraumelemente, die es zu stärken<br />

und zu ergänzen gilt. So könnte eine visuelle Verbindung<br />

zwischen Lahn und Dill einerseits zur Aufwertung<br />

des dazwischen liegenden Stadtquartiers beitragen,<br />

andererseits könnte die Dill wieder besser in das urbane<br />

Stadtgefüge eingebunden werden.<br />

Abb. 93 Urbaner Platz in Maastricht<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

57


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

58<br />

Abb.94 Strategische Karte „Insellandschaft”<br />

Strategische Karte Insellandschaft<br />

Bildung von Stadtinseln mit eigener<br />

Identität und Nutzungsschwerpunkten<br />

und dazwischen liegenden hochwertigen<br />

öffentlichen Räumen<br />

Gewährleistung angemessener<br />

Verbindungen zwischen den Stadtteilen<br />

Entwicklung von Lahn und Dill zu<br />

Identitätsträgern der Innenstadt<br />

Sicherung und Weiterentwicklung der<br />

Altstadt als Herz der Innenstadt<br />

Sicherstellung und Stärkung des<br />

Altstadtgrüngürtels<br />

Zu stärkende Grünzüge in die Stadt


Abb.95 Urbane Stadtinsel Havelberg<br />

Abb.96 Optik als Zukunftsträger<br />

Abb.97 Wasser belebt<br />

4.3 UMSETZUNGSSTRATEGIE INNENSTADT - PRINZIPIEN DER<br />

STADTSTRUKTUR<br />

Die Idee der <strong>Wetzlar</strong>er „Insellandschaft“ stellt bisher<br />

ein sinnbildliches Entwicklungsprinzip dar, welches im<br />

Folgenden konkreter auf den Stadtgrundriss der Innenstadt<br />

übertragen wird. Dabei ist die Umsetzungsstrategie des<br />

Konzeptes maßgeblich an der in Abschnitt 3 aufgestellten<br />

Leitvision und den entsprechenden Leitmotiven orientiert<br />

(siehe Abb. 95-97). Diese müssen sich räumlich und<br />

funktional in der zukünftigen Stadtstruktur wiederfinden<br />

lassen und die künftige Identität der Innenstadt<br />

definieren.<br />

Die Karte Abb.94 dient der Stadt als Strategiedokument<br />

der Entwicklungsrichtungen, denen die Innenstadtplanung<br />

in den kommenden Jahren nachgehen soll. Die Karte<br />

organisiert die Entwicklung der Stadt in verschiedene<br />

„Stadtinseln“ mit eigener Identität. Dieser eigene<br />

Charakter ist maßgeblich von den bestehenden, zu<br />

stärkenden und ergänzenden Nutzungen im Quartier<br />

bestimmt. Aufgezeigt wird zudem, worauf die jeweiligen<br />

Quartiere ihre funktionalen Schwerpunkte legen sollten.<br />

Nennenswert ist beispielhaft die gezielte Förderung des<br />

Neuen Zentrums als Hochtechnologiestandort in Verbindung<br />

mit Bildungseinrichtungen. Aber auch das Wohnen soll,<br />

insbesondere im Umfeld der Bahnhofstrasse und des<br />

Karl-Kellner-Ringes, wieder stärker stimuliert werden,<br />

wie auch die Einkaufs- und Dienstleistungsfunktionen.<br />

Übergeordneter Grundsatz muss die Schaffung einer<br />

multifunktionalen Innenstadt sein. Die Einteilung der<br />

Inseln leitet sich aus der bereits bestehende geordneten<br />

städtebaulichen Struktur ab. Auch funktional wird vor<br />

allem auf bestehende Kernfunktionen gesetzt, die jedoch<br />

in Synergie mit anderen Nutzungen treten.<br />

Explizit herausgestellt wird die zu stärkende Bedeutung<br />

der Wasser- und Grünstrukturen. Insbesondere die Lahn<br />

und die Dill sowie der Altstadtgrüngürtel sind wesentliche<br />

zu sichernde und zu aktivierende Freiraumstrukturen.<br />

Entscheidender Gesichtspunkt der Strategie ist zudem<br />

das optimale Verbinden der Stadtquartiere. Durch das<br />

Kreieren eines hochwertigen, barrierefreien und sicheren<br />

öffentlichen Raumes, aber auch durch die Mischung von<br />

Funktionen können fließende Übergänge umgesetzt werden,<br />

die das Entstehen isolierter Stadtquartiere verhindern.<br />

Dadurch entsteht ein geordnetes und gleichzeitig auch ein<br />

differenziertes und spannendes Stadtgefüge.<br />

Damit die Leitmotive bestmöglich umgesetzt werden<br />

können, werden im Folgenden für jedes Leitmotiv<br />

Aufgaben, Handlungsansätze und konkrete Maßnahmen<br />

benannt.<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

59


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

60<br />

Strategische Karte<br />

Industrie und Technologie<br />

Stadtquartiere mit zu stärkender<br />

Profilierung im Industrie-,<br />

Technologie- und Bildungssektor<br />

Stärkung bestehender Unternehmen<br />

Potenzielle Standorte für neue<br />

Entwicklungen im Technologie-<br />

und Bildungssektor<br />

Abb.98 Strategische Karte Industrie und Technologie<br />

Abb.99 Sitz Leica Microsystems - Unternehmen mit Tradition Abb.100 Optische Produkte haben Zukunft


4.3.1 WETZLAR SETZT AUF OPTIK UND TECHNOLOGIE<br />

Wie im Abschnitt 3.1. bereits aufgezeigt , muss es eine<br />

wesentliche Leitidee der Stadtentwicklung sein, die Stadt<br />

<strong>Wetzlar</strong> zu einer Metropole der optischen Industrie<br />

weiter zu profilieren. Die einmalige Konzentration der<br />

Hochtechnologieunternehmen in und um die Innenstadtquartiere<br />

<strong>Wetzlar</strong>s ist ausschlaggebend für dieses gesteckte Ziel. Um die<br />

blühende Technologielandschaft in der Stadt selbst und nach<br />

aussen noch besser zu positionieren, müssen die betreffenden<br />

Stadtquartiere hinsichtlich der Einrichtungen für Forschung,<br />

Wissensaustausch und Kenntnisgewinn ausgebaut werden<br />

(Abb.98-100).<br />

Während im Neuen Zentrum Raum für Innovation und<br />

Produktion reserviert werden muss, sollte die Altstadt<br />

hinsichtlich der touristischen Wirtschaftskraft gestärkt<br />

werden. Das Viseum und das Museum der Stadt und Industrie<br />

sind hierfür schon erste positive Ansätze.<br />

Folgende Handlungsansätze sollen zur Förderung der<br />

<strong>Wetzlar</strong>er Technologielandschaft beitragen:<br />

- Sicherung und Stärkung innerstädtischer Unternehmen<br />

der Hochtechnologie<br />

- Schaffung von Anreizen für die Niederlassung von<br />

Unternehmen der Hochtechnologie<br />

- Nutzung leer stehender bzw. frei werdender Immobilien<br />

für Bildungszwecke<br />

- Stärkung und Ausbau der touristischen Angebote hinsichtlich<br />

Industriekultur (Museen, Werkbesichtigung)<br />

- Ausbau des Produktangebotes in den Einkaufsbereichen<br />

- Gewährleistung von genügend innerstädtischem Wohnraum<br />

für Angestellte der Unternehmen<br />

- Intensivierung des Standortmarketings<br />

Lernen<br />

Abb.101 Gute Positionierung der Optik und Technologie<br />

Abb.102 Visionärer Studiengang Optics in Science and Technology (Jena)<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

61


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

62<br />

Abb.104 Berührungspunkte mit den Gewässern<br />

Strategische Karte Lahn und Dill<br />

Flüsse Lahn und Dill<br />

Sicherung und Ergänzung der<br />

Verbindungen (Brücken) über die<br />

Flüsse<br />

Naturbelassene Ufergestaltung mit<br />

ökologischer und Erholungsfunktion<br />

Lahninseln mit Erholungsfunktion und<br />

und Sport- bzw. Freizeitnutzung<br />

Uferzone mit Potenzial für urbane<br />

Entwicklungen (Urbane Ufergestaltung,<br />

Neubebauung)<br />

Sicherung und Erweiterung eine<br />

durchgängigen Rad- und Wanderweges<br />

Sicherstellung und Stärkung des<br />

Altstadtgrüngürtels<br />

Guter Anschluß an Lahnparkkonzept<br />

Abb. 103 Strategische Karte Lahn und Dill<br />

Abb.105 Urbane Ufernutzung in Maastricht


4.3.2 WETZLAR VERBINDET LAHN UND DILL<br />

Die Innenstadt hält mit Lahn und Dill zwei herausragende<br />

Landschaftselemente mit großem Gewinnpotenzial als<br />

Lebens- und Erlebnisraum in den Händen. Übergeordnete<br />

Leitidee ist deshalb die Entwicklung eines Gebietes mit<br />

hohem Freizeitwert und sehr guter Aufenthaltsqualität.<br />

Für das angestrebte facettenreiche Erscheinungsbild<br />

und die bestmögliche Nutzung der Uferzonen sind,<br />

wie in Karte 103 dargestellt, die Bereiche rechtsseitig<br />

der Lahn für eine urbane Gestaltung mit potenzieller<br />

Neubebauung vorgesehen. Verschiedene Nutzungen wie<br />

Hotel, Gastronomie und Wohnen sind hier möglich. Andere<br />

Bereiche sollten stärker ihrer ökologischen Funktion<br />

gerecht werdend und eine naturbelassene Gestaltung und<br />

Nutzung erhalten. Insbesondere die Lahninseln werden<br />

als optimale Standorte für Erholungs- und Freizeitzwecke<br />

definiert. Nachfolgende Handlungsschwerpunkte dienen der<br />

Umsetzung des Leitmotives, um den Flüssen Lahn und Dill<br />

sowie den Grünstrukturen in der <strong>Wetzlar</strong>er Insellandschaft<br />

wieder einen höheren Stellenwert zu geben:<br />

� Etablierung von Lahn und Dill und ihrer Uferbereiche<br />

als Identitätsträger der Stadt <strong>Wetzlar</strong> durch eine bessere<br />

Verknüpfung mit den anliegenden Stadtquartieren<br />

(Abb.104+106)<br />

- Erhalt, Anerkennung und Stärkung der bestehenden<br />

Wasserstrukturen<br />

- Schaffen von Sichtbeziehungen zwischen Stadt u n d<br />

Fluss<br />

- Verbesserung der Zugänglichkeit und Öffnung der<br />

Flüsse zu den zentralen Verbindungsachsen<br />

- Intensivierung von öffentlichen Nutzungen an den<br />

Flussufern<br />

- Sichern bzw. Ergänzen eines durchgängigen Rad-<br />

und Wanderweges entlang der Lahn und Dill mit<br />

Verknüpfungen in die Umgebung<br />

- Stärkung der Verbindungen zwischen den Stadtteilen<br />

durch die Sicherung und Schaffung attraktiver und<br />

sicherer Lahnübergänge<br />

� Stärkung der Verbindung zwischen Lahn und Dill (Abb.107)<br />

- Schaffung von Sichtbeziehungen und neuen<br />

Wasserverbindungen zwischen den Flüssen<br />

- Wasser im Straßenraum als Gestaltungsmittel und<br />

Verbindungselement<br />

� zum Wasser orientierte Neubebauung (Abb.105+108)<br />

- (Um)Nutzung der brachliegenden bzw. teilgenutzten<br />

Grundstücke um den Lahnhof und das Mauritiusgelände<br />

sowie im Bereich Hintergasse und Freibad<br />

- Aufwertung bzw. Erneuerung der bestehenden, dem<br />

Wasser zugewandten Gebäuderückseiten<br />

- Entwicklung von Anreizen für neue Funktionen zum<br />

Beispiel Wohnen am Wasser für diverse Zielgruppen<br />

- Berücksichtigung der Hochwasserlage bei<br />

Neubauplanungen<br />

- Introduzieren von Neubebauung mit Funktionsmix<br />

Abb.106 Bessere Integration der Gewässser in Stadtquartiere<br />

Abb.107 Verbindung zwischen Lahn und Dill<br />

Abb.108 Neubebauung an Lahnufer<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

63


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

64<br />

Abb.109 Impression Neubebauung an Lahn<br />

Abb.110 Impression Lahn als Lebens- und Erlebnisraum <strong>Wetzlar</strong>s


Abb.111 Ökologische und umweltgerechte Gestaltung<br />

Abb.112 Vielseitige Freiraumnutzung<br />

Abb.113 Förderung touristischer Aktivitäten<br />

� Aufwertung der Flussufer für Freizeit- und<br />

Erholungszwecke (Abb.110 + 112)<br />

- Intensivere Nutzung und gestalterische Aufwertung<br />

der Flussufer als Erholungsraum: Freizeit- , Sport-<br />

und Kulturangebote (z.B. Picknickplätze, Stege,<br />

Lahnbühne)<br />

- Stärkere Einbeziehung der Lahninseln für Freizeit- und<br />

Erholungszwecke<br />

- Schaffung eines guten Angebotes an Freizeitaktivitäten<br />

für Kinder und Jugendliche<br />

- Schaffung von generationsübergreifenden<br />

Spielmöglichkeiten<br />

- Gewährleistung von umweltgerechten Nutzungen<br />

� Bewahren und Stärken der Lahn und Dill als wichtige<br />

ökologische Landschaftszonen (Abb.111)<br />

- Unmittelbare Anknüpfung an das Lahnparkkonzept<br />

- Begrenzung der dynamischen/ urbanen Funktionen auf<br />

den Bereich Spinnereistraße/Lahnhof bis zur Brücke<br />

Karl-Kellner-Ring/ Haarplatz und naturverträgliche<br />

Gestaltung der Lahn in den übrigen Bereichen<br />

- Erhalt des Mühlgrabens und der Fischtreppe<br />

� Sicherung und Stärkung der Parks- und Grünanlagen<br />

- Bewahren des natürlichen Erscheinungsbildes der<br />

Grünanlagen<br />

- Erhalt und Intensivierung der vielfältigen Nutzungen<br />

(Erholungspark, Freilichtbühne, Spielplatz)<br />

- Verbinden des Altstadtgürtels mit den innerstädtischen<br />

und den angrenzenden Grünbereichen (Einbinden in die<br />

gesamtstädtische Grünstruktur)<br />

- barrierefreie Ausbildung der Freiraumgestaltungen<br />

� Stärkung des Tourismus (Abb.113)<br />

- Ausbau der touristischen Infrastruktur in Wassernähe<br />

z.B. Hotelstandort am Wasser, Versorgung,<br />

Gastronomie, Kultur etc.<br />

- Förderung des Bootstourismus durch Verbesserung<br />

des Dienstleistungs- und Freizeitangebotes z. B.<br />

Bootshafen, Bootsverleih, Anlegestege<br />

- Erhalt und Ausbau des Bootshauses (Gastronomie,<br />

Bootstourismus)<br />

- Förderung des Fahrradtourismus<br />

- Anlegen geeigneter Fahrradwegrouten (Anschluss an<br />

regionales Fahrradnetz), Beschilderung, attraktive<br />

Ufergestaltung, Gastronomie, sowie andere<br />

Dienstleistungen (Fahrradverleih, Toiletten)<br />

- Standplatz für Wohnmobile in Innenstadtnähe<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

65


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

66<br />

Abb.115 Stimmiges Verhältnis zwischen Bebauung und Straße in Ceramique, Maastricht<br />

Strategische Karte<br />

Urbane Lebensqualität<br />

Bildung von multifunktionalen<br />

Stadtinseln mit hoher Lebensqualität<br />

Entwicklung eines sinnvollen,<br />

hochwertigen Netzwerkes<br />

öffentlicher (Verbindungs)Räume<br />

Sicherung und Wiederherstellung<br />

attraktiver, auf die Umgebung<br />

abgestimmter Platzräume<br />

Sicherstellung und Stärkung des<br />

Altstadtgrüngürtels<br />

Abb.114 Strategische Karte Urbane Lebensqualität<br />

Abb.116 Umgestaltung Sockelgeschoße


4.3.3 WETZLAR FÖRDERT URBANE LEBENSQUALITÄT<br />

BEBAUUNGS- UND NUTZUNGSSTRUKTUR<br />

Übergeordnetes Ziel zur Umsetzung des Leitmotives in<br />

der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt ist der Erhalt (Altstadt) und das<br />

Kreieren (Neues Zentrum) einer klaren und multifunktional<br />

nutzbaren städtebaulichen Struktur aus geordneten<br />

Baublöcken und hochwertigen öffentlichen Räumen, siehe<br />

die Karte Abb.114.<br />

Das Neue Zentrum muss zu einem attraktiven Lebens- und<br />

Arbeitsgebiet umgestaltet werden. Voraussetzung dafür ist<br />

das Wiederherstellen der bestehenden Blockrandbebauung<br />

im Sinne einer nachhaltigen und bedürfnisorientierten<br />

Stadtreparatur, abgestimmt auf angenehme, maßstäbliche<br />

Stadträume (Abb.115-119). Neubauten erweitern die<br />

funktionalen Möglichkeiten. Einzelne Pilotprojekte in den<br />

Quartiersinseln sollen als Initialzündung auf das jeweilige<br />

Quartier ausstrahlen und den Anstoß für eine nachhaltige<br />

Stadtreparatur geben. Funktional muss das Gebiet auf<br />

seine ökonomischen Stärken bauen. Neben der bedeutenden<br />

Technologielandschaft sind weiterhin auch Handel und<br />

Dienstleistungen wichtige Nutzungsschwerpunkte. Daneben<br />

muss das Wohnen, auch in Kombination mit anderen<br />

Nutzungen, wieder einen Platz im Neuen Zentrum finden.<br />

Die heute brachliegenden Bereiche bieten hierfür ein großes<br />

Potenzial. Damit einhergehend muss eine ausreichende<br />

soziale Infrastruktur gesichert werden.<br />

Die Altstadt ist als multifunktionales Herz der Innenstadt zu<br />

aktivieren und zeitgemäß weiterzuentwickeln. Hochwertiger<br />

Einzelhandel sollte auch in Zukunft einen hohen Stellenwert<br />

einnehmen. Die Ausrichtung muss noch stärker als<br />

bisher auf inhabergeführten Geschäften liegen, damit die<br />

Altstadt als zweiter Einzelhandelsstandort gegenüber<br />

dem Einkaufsbereich rundum das Forum konkurrenzfähig<br />

bleibt. Wohnnutzung ist an den Rändern, aber vor<br />

allem wieder in den Obergeschossen der kommerziellen<br />

Fußgängerzonen zu stimulieren, damit die Altstadt auch<br />

nach Geschäftsschluss besser frequentiert und lebendig<br />

bleibt. Diese Zielvorstellungen setzen ein kritisches<br />

Betrachten der Bausubstanz bezüglich der Möglichkeit<br />

einer baulichen Zusammenlegung voraus. Hier ist eine<br />

konstruktive und undogmatische Zusammenarbeit mit der<br />

Denkmalbehörde von großer Bedeutung. Zudem ist das<br />

kulturelle und touristische Angebot in der Altstadt für ein<br />

vitales Stadtleben zu fördern.<br />

Abb.117 Umbau und Umnutzung von bestehender Baustruktur<br />

Abb.118 Reparatur der bestehenden Blockstruktur<br />

Abb.119 Blockrandschließung und Platzeinfassung<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

67


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

68<br />

VERKEHRSSTRUKTUR<br />

Kam es ab den 60er Jahren verstärkt zu einem Anstieg<br />

der gesellschaftlichen und ökonomischen Nachfrage<br />

nach Mobilitäts- und Transportsicherung und einem<br />

entsprechenden autogerechten Ausbau der (Innen)städte,<br />

besteht heute eine essentielle städtebauliche Aufgabe<br />

darin, die Verkehrsinfrastruktur wieder verträglich in die<br />

Stadt zu integrieren. <strong>Wetzlar</strong> sieht sich, insbesondere auf<br />

Grund der in Abschnitt 2.2.1 beschriebenen industriellen<br />

und gewerblichen Aktivitäten im Neuen Zentrum und<br />

im Bahnhofsquartier, mit breiten Verkehrsräumen<br />

und starkem Durchgangsverkehr konfrontiert. Das<br />

so entstandene Ungleichgewicht zwischen einerseits<br />

der Bebauungsstruktur und den Straßenräumen und<br />

andererseits zwischen den Kraftfahrzeugen und den<br />

Radfahrern bzw. Fußgängern gilt es langfristig in Einklang<br />

zu bringen. Wesentliche Herausforderung für <strong>Wetzlar</strong><br />

muss es deshalb sein, durch alternative verkehrstechnische<br />

Lösungen den Durchgangsverkehr und insbesondere den<br />

motorisierten Individualverkehr in der Innenstadt zu<br />

reduzieren. Die Abb.120 und 121 enthalten zwei (von<br />

vielen möglichen) Ansätze(n), wie insbesondere im Karl-<br />

Kellner-Ring und den daran anschließenden weiträumigen<br />

Verkehrsknotenpunkten (Buderusplatz, Haarplatz etc.)<br />

durch eine veränderte Verkehrslenkung der Verkehr<br />

gemindert werden kann. Wesentliche Voraussetzung<br />

für diese Konzeptvorschläge ist jedoch die großräumige<br />

Entlastung der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt durch die geplanten<br />

Verkehrsprojekte Westumgehung und Westtangente,<br />

wie in Abb.122 dargestellt. Daneben sind mittelfristig<br />

in Bezug auf die stark befahrene Bundesstraße B49<br />

verkehrstechnische Maßnahmen wie Schutzwände und<br />

Geschwindigkeitsreduzierungen nötig, um die enorme<br />

Lärm- und Feinstaubbelastung einzudämmen. Mit dem frei<br />

werden ehemaliger Betriebsflächen wie dem Heidelberger<br />

Zementwerk ergeben sich zudem neue verkehrliche<br />

Möglichkeiten.<br />

Ein vermindertes Verkehrsaufkommen in der Innenstadt<br />

eröffnet neue Möglichkeiten, die Straßenräume und<br />

Verkehrsknotenpunkte sicherer zu gestalten und<br />

auch qualitativ aufzuwerten. Wohl proportionierte<br />

hochwertige Verbindungsräume innerhalb und zwischen den<br />

Stadtquartieren tragen erheblich zu einer wünschenswerten<br />

urbanen Lebensqualität im Innenstadtgefüge bei. Durch<br />

ein ausgewogenes Verhältnis, aber auch durch funktionale<br />

Interaktion zwischen der Architektur und den öffentlichen<br />

Räumen wird dem Radfahrer und vor allem dem Fußgänger<br />

wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Die Altstadt<br />

verkörpert das beschriebene Prinzip weitgehend.<br />

Abb.120 Konzept Haupterschließung<br />

Abb.121 Konzept Haupterschließung


Westumgehung<br />

<strong>Wetzlar</strong><br />

Laufdorfer Spange<br />

Westtangente<br />

Westanschluss<br />

Abb.122 Planung Westumgehung <strong>Wetzlar</strong><br />

Trotz dieser primären Zielsetzung ist eine gute Erschließung<br />

der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt für den motorisierten Kraftverkehr<br />

unerlässlich. Gerade im Hinblick auf die vielseitige<br />

gewerbliche bzw. industrielle Nutzung im und um das<br />

Neuen Zentrum, muss auch zukünftig eine unmittelbare<br />

Anbindung gewährleistet sein. Jedoch ist dabei ein<br />

gleichwertiges Nebeneinander, das heißt eine gegenseitige<br />

Akzeptanz der verschiedenen Fortbewegungsmittel im<br />

öffentlichen Straßenraum (z. B. „shared space“) ein<br />

anzustrebendes Ziel. Eine übersichtliche Verkehrslenkung,<br />

angemessene Bürgersteige, sichere und barrierefreie<br />

Fußgängerquerungen und eine entsprechende Beleuchtung<br />

der Straßenräume (zur Vermeidung von Angsträumen) sind<br />

hierbei zu berücksichtigende Maßnahmen (Abb.124).<br />

Auch das Gewährleisten und ggf. Erweitern des gut<br />

funktionierenden Stadtbusnetzes in <strong>Wetzlar</strong> ist ein<br />

wichtiger Gesichtspunkt, der als Alternative zum<br />

Individualverkehr einen Beitrag zur Verringerung des<br />

Verkehrsaufkommens leisten kann. Hervorzuheben ist in<br />

diesem Zusammenhang der Citybus, der bereits zwischen<br />

Altstadt, Neuem Zentrum und Forum pendelt und der<br />

wegen seiner deutlichen Verbindungsfunktion zwischen<br />

den Quartieren gestärkt werden muss.<br />

Abb.123 Aufwertung der Straßenprofile für attraktive und sichere öffentliche Räume<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

69


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

70<br />

PARKEN<br />

Um die Quartiere der <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt wieder als gute<br />

Lebens- und Arbeitsstandorte zu etablieren, ist das Suchen<br />

nach einer verträglichen Parklösung für alle Betroffenen<br />

eine wesentliche Aufgabe. Bewohner, Angestellte und<br />

Besucher wollen jeweils möglichst nahe ihres Zielpunktes<br />

parken können. Das begründet auch die hohe Anzahl an<br />

Parkmöglichkeiten in Altstadtnähe, wie Colchesteranlage,<br />

Lahninsel, Avignonanlage, Steighausplatz und Haarplatz<br />

sowie die innerstädtischen Tiefgaragen unter dem<br />

Stadthaus am Dom und an der Stadthalle. Die derzeitigen<br />

innerstädtischen Parkplätze erfüllen ihren funktionalen<br />

Zweck, haben aber kaum nutzbare Raumqualität, trotz ihrer<br />

Lage auf meist exponierten innerstädtischen Standorten.<br />

Parkmöglichkeiten müssen künftig einerseits logisch<br />

im Verkehrssystem der Innenstadt positioniert werden,<br />

andererseits sind sie räumlich bestmöglich in das <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Stadtbild zu integrieren (Abb.124).<br />

Parkplätze im öffentlichen Raum, auf Straßenniveau,<br />

sind in <strong>Wetzlar</strong> zur Sicherung des Stellplatzbedarfes<br />

vorherrschend. Entscheidend ist dabei in erster Linie deren<br />

Lage. Einige Parkplätze, insbesondere auf den Lahninseln,<br />

sind bezüglich ihrer Lagegunst und Gestaltung dort künftig<br />

nicht mehr akzeptabel. Sie müssen kritisch hinterfragt und<br />

überdacht werden. Eine Entscheidung für einen (partiellen)<br />

Erhalt würde eine Verbesserung der Parkplätze in Form<br />

und Erscheinungsbild verlangen, um diese trotz ihres<br />

funktionalen Charakters besser in die Umgebung integrieren<br />

zu können. Eine geeignete Materialwahl und Bepflanzung<br />

sind hier Gestaltungsmittel zur Gebietsaufwertung.<br />

Bauliche Parkgelegenheiten können sowohl auf Straßenniveau<br />

oder besser als Tiefgarage realisiert werden. In beiden Fällen<br />

ist der Anschluss an das innerstädtische Verkehrsnetzwerk<br />

ein wichtiger Aspekt. Konkret bedeutet das, dass die<br />

Zugänge leicht zu finden sein müssen und die Erschließung<br />

den innerstädtischen Verkehrsstrom nicht behindern darf.<br />

Generell sollte bei (privater/öffentlicher) Neubauung zur<br />

Deckung des Stellplatzbedarfes immer auch die Möglichkeit<br />

einer Tiefgarage geprüft werden. Diese kann hinsichtlich<br />

Aufwand- und Kostenminimierung als Gemeinschaftsanlage<br />

ausgeführt werden. Mit dem Bau einer Tiefgarage bietet sich<br />

die Möglichkeit zur Implementierung neuer Funktionen auf<br />

dem Straßenniveau. So können auf den gewonnenen Flächen<br />

neue hochwertige Freiräume wie Parks oder Plätze bzw.<br />

andere öffentliche Räume für Freizeitaktivitäten entstehen<br />

(Abb.123). Aber auch eine Neubebauung ist möglich. So<br />

kann der Freiraum für die Schaffung von Wohnungen,<br />

Büros oder Bildungseinrichtungen genutzt werden. Je nach<br />

Stadtquartier ist abzuwägen, welche Funktionen ergänzt bzw.<br />

gestärkt werden sollen. Bei der Errichtung eines Parkhauses<br />

muss darauf geachtet werden, dass dieses eine untergeordnete<br />

Rolle einnimmt, also keinen bestimmenden Charakter in seiner<br />

Umgebung erhält. Neben der architektonischen Gestaltung<br />

des Gebäudes ist zur Vermeidung von Angsträumen<br />

eine gute Gestaltung der Parkgelegenheit, insbesondere bei<br />

Tiefgaragen, essentiell. Mit Hilfe geschickter Wegeführungen,<br />

großzügiger Räume und einer guten Beleuchtung kann dies<br />

gewährleistet werden. Außerdem ist eine optimale funktionale<br />

Integration einer Parkgelegenheit in die jeweilige städtische<br />

Umgebung essentiell für den Charakter des betreffenden<br />

Stadtgebietes. Eine vielfältige Gebäudenutzung sorgt<br />

für Diversität in der Umgebung, die mitverantwortlich<br />

ist für einen belebten öffentlichen Stadtraum. Außerdem<br />

leistet die multifunktionale Nutzung eines Gebäudes<br />

mit Parkfunktion einen entscheidenden Beitrag für ein<br />

wirtschaftlich verträgliches Ergebnis des Bauvorhabens.<br />

Bei der Nutzungsverteilung im Gebäude ist besonders die<br />

Einrichtung des Erdgeschoß entscheidend, da dieses direkt<br />

an den öffentlichen Raum grenzt. Parkmöglichkeiten im<br />

Sockelgeschoß können aus Sicht ihrer Kernfunktion in<br />

Kombination mit anderen Nutzungen nicht nur funktional einen<br />

Lösungsansatz bieten, sondern auch für das Stadtquartier<br />

eine Bereicherung darstellen.<br />

Generell hat ein attraktiver Verbindungsweg zwischen<br />

Stellplatz und Zielort einen nicht unerheblichen Einfluss<br />

auf die Motivation der Nutzer einen längeren Laufweg<br />

zu akzeptieren. Darüber hinaus muss ein Umdenken<br />

stattfinden hinsichtlich der Wertschätzung innenstadtnaher<br />

Parkgelegenheiten, im Sinne finanzieller Konsequenzen.<br />

Abb.124 Schema Parken: Kopplung an Haupterschließung und Baublöcke<br />

Abb.125 Vorbild Maastricht: Tiefgarage unter Park


Im Folgenden sind Handlungsansätze, Maßnahmen und<br />

Ideen zusammengefasst, die die <strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt zu<br />

einem Ort urbaner Lebensqualität profilieren:<br />

� Schaffung multifunktionaler Stadtteile: Mix aus<br />

Wohnen, Einzelhandel, sozialer Infrastruktur, Bildung,<br />

Dienstleistungen, Technologie, Gewerbe, Kultur,<br />

Erholung und Tourismus (Abb.126)<br />

� Entwicklung lebendiger Stadtquartiere mit eigener<br />

Identität<br />

- Wiederherstellen der städtebaulichen Blockstruktur<br />

- nachfrageorientierte Umnutzung/ Umbau leer stehender<br />

Warenhäuser und Handelsbauten<br />

- Quartiersspezifische funktionale Stärkung und ggf.<br />

Ergänzung fehlender Funktionen<br />

- bessere Ausnutzung der Lagequalität der Flussufer<br />

- Schaffung von Ankerpunkten bzw. Magneten zur<br />

Attraktivitätssteigerung der Quartiere<br />

- Erhöhung der Aufenthaltsqualität der öffentlichen<br />

Räume und deren gezielte Verknüpfung<br />

- „Angsträume” abbauen und bei Neuplanungen<br />

vermeiden<br />

� Stadtteile für verschiedene Zielgruppen (Abb.127)<br />

- soziale Durchmischung anstreben<br />

- Schaffung eines nachfrageorientierten und reichhaltigen<br />

Nutzungsangebotes<br />

- Ziel eines familien- und kinderfreundlichen<br />

Stadtquartiers anstreben<br />

- seniorengerechte Wohnräume gewährleisten<br />

- Wohnraum im niedrigeren Preissegment für z.B. für<br />

Studenten<br />

� Stärkung der Altstadt als „Herz“ der <strong>Wetzlar</strong>er<br />

Innenstadt<br />

- Bewahren und stärken der charakteristischen<br />

Altstadtstruktur<br />

- Stärkung des funktionalen Angebotes auch hinsichtlich<br />

des touristischen Potenzials<br />

- Schaffung von funktionalen und räumlichen Magneten<br />

in der Altstadt zur Attraktivitätssteigerung und<br />

Steigerung der Frequentierung zu allen Tageszeiten<br />

� Stärkung der Wohnfunktion und Schaffung attraktiver<br />

Wohnstandorte (Abb.128)<br />

- Anpassung der Gebäudesubstanz an zeitgemäße<br />

Wohnbedürfnisse und Gewährleistung der<br />

Barrierefreiheit (für Kinder und Ältere)<br />

- Prüfung einer möglichen Umnutzung/ Umbau leer<br />

stehender Warenhäuser und Handelsbauten für<br />

Wohnzwecke<br />

- Förderung von Wohnen über Geschäften<br />

- “Jung kauft Alt”: Anreize für junge Menschen und junge<br />

Familien schaffen, sich in der Altstadt niederzulassen<br />

- Innenstadt als Wohnstandort für ältere Menschen<br />

erhalten und ausbauen<br />

Abb.126 Multifunktionale Stadtteile<br />

Abb.127 Soziale Durchmischung<br />

Abb.128 Wohnen als Motor<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

71


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

72<br />

- Gewährleistung von ausreichender sozialer Infrastruktur<br />

(z.B. Schulen) sowie der Versorgung mit Waren für den<br />

täglichen Bedarf<br />

- Nutzung der Lagequalität von Lahn- und Dillufer für<br />

Wohnen am Wasser<br />

- Mehrgenerationenwohnen<br />

� Stärkung der Handelsstruktur (Abb.129)<br />

- Stabilisierung und Förderung von sowohl Handelsfilialisten,<br />

als auch des individuellen Einzelhandels<br />

- Anpassung der Verkaufsflächen an heutige Bedürfnisse<br />

durch zum Beispiel Zusammenfügen geeigneter<br />

Ladenlokale in der Altstadt<br />

- in der Altstadt Spezialisierung des Warenangebotes auf<br />

Waren des täglichen Bedarfs, regionale Erzeugnisse<br />

sowie exklusive Produkte<br />

� Neuorientierung des Standortes Stadthaus am Dom<br />

- Langfristiger Abbruch des Gebäudes (Abb.130)<br />

- geeignete Gestaltung und Einfügung des Neubaus in die<br />

typische Altstadtstruktur<br />

- Neubau als multifunktionaler Magnet neben dem Dom<br />

in der Innenstadt<br />

� Aufwertung und Nutzungserweiterung der Grünanlagen<br />

sowie der Platzräume und sonstiger Freiflächen<br />

(Abb.131)<br />

- Räumliche und funktionale Stärkung des Grüngürtels<br />

um die Altstadt<br />

- Bessere Zugänglichkeit der Flüsse und intensivere<br />

Nutzung der Ufer<br />

- Ausbau bzw. Aufwertung des Fußgänger- und<br />

Fahrradwegenetzes vor allem Richtung Neues<br />

Zentrum<br />

- Umgestaltung des Straßenprofils Karl-Kellner-Ring<br />

- attraktive und nutzerorientierte Umgestaltung der<br />

Platzräume hauptsächlich im Neuen Zentrum und<br />

Bahnhofsquartier: Bahnhofsvorplatz, Forumsentree,<br />

Buderusplatz sowie Fußgängerzonen Bahnhofstraße,<br />

Langgasse<br />

- Verbesserung und Aufwertung der Uferbereiche von<br />

Lahn und Dill<br />

- Stärkung und Aufwertung der räumlichen Verbindungen<br />

zwischen Bahnhofsquartier, Neues Zentrum und<br />

Altstadt vor allem für Fußgänger und Radfahrer<br />

- Nutzung von Wasser als Gestaltungselement im<br />

Stadtraum (Wasserläufe, Brunnen)<br />

- Barrierefreier bzw. behindertengerechter Ausbau der<br />

öffentlichen Räume<br />

- Schaffung von generationsübergreifenden<br />

Spielmöglichkeiten<br />

Abb.129 Stärkung der Handelsstruktur<br />

Abb.130 Neuorientierung der Altstadtmitte<br />

Abb.131 Differenzierte Freiraumnutzung


� Verminderung des Verkehrsaufkommens vor allem des<br />

Durchgangsverkehrs sowie der Feinstaubbelastung<br />

(Abb.132)<br />

- Bau der Westumgehung und der Westtangente zur<br />

Reduzierung des Durchgangsverkehrs im Karl-Kellner-<br />

Ring und anderen Innenstadtstraßen<br />

- Minderung von Lärm- und Feinstaubimmission durch<br />

die B49, z.B. Geschwindigkeitsbegrenzung und<br />

Einhausung (Schutzwand) im Stadtbereich<br />

- Schaffung repräsentativer Eingänge und sicherer<br />

sowie barrierefreier Übergänge zu den benachbarten<br />

Stadtquartieren<br />

- Ausbau des ÖPNVs hinsichtlich Taktfrequenz und<br />

und Betrieb in den Abendstunden<br />

- Anpassen der Straßenprofile für ein gleichwertiges<br />

und sicheres Nebeneinander der unterschiedlichen<br />

Verkehrsteilnehmer und Beförderungsmöglichkeiten<br />

- Alternative Bewegungsmöglichkeiten wie Bike- oder<br />

Carsharing unterstützen<br />

- Schaffung von attraktiven Parkgelegenheiten außerhalb<br />

des Altstadtkerns bei Gewährleistung ansprechender<br />

Wegeverbindungen vom Parkplatz zum Zielort<br />

- Behindertengerechter Ausbau von Straßen und<br />

Wegen<br />

� Gewährleistung von ausreichend Parkgelegenheiten für<br />

Anwohner, Angestellte und Gäste (Abb.133)<br />

- doppelte Nutzung von Stellplätzen zu verschiedenen<br />

Tageszeiten<br />

- Regelung der Stellplatzkapazitäten durch differenzierte<br />

Parkgebühren in unterschiedlichen Zonen<br />

- Schaffung von Kurzzeitstellplätzen an strategischen<br />

Stellen<br />

- Eigeninitiative bei der Schaffung von privatem<br />

Parkraum: Zusammenschluss mit Nachbarn<br />

- Neue Stellplatzanlagen bevorzugt als Tiefgaragen<br />

ausführen (Gewährleistung einer sicheren und<br />

geordneten Gestaltung)<br />

- Busparkplätze für Reisebusse und Einrichtung eines<br />

Empfangsportals für Reisebusgäste<br />

- Einrichtung von ausreichend Fahrradstellplätzen<br />

� Stärkung der Innenstadt als Bildungs- und Kulturstandort<br />

(Abb.134)<br />

- Schaffung von Räumlichkeiten für die Technische<br />

Hochschule z.B. Studium Plus<br />

- Einführung standortspezifischer Studiengänge für<br />

Optik, Mechanik, Elektrotechnik<br />

- Förderung des Gebietes als Bildungs- und<br />

Schulstandort<br />

- Stimulierung der Zusammenarbeit zwischen<br />

Unternehmen und Lernenden<br />

Abb.132 Verminderung des Durchgangsverkehrs<br />

Abb.133 Stadtverträgliche Parkmöglichkeiten<br />

Lernen<br />

Abb.134 Förderung der Bildungslandschaft<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

73


AUSBLICK<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

74<br />

EMPFEHLUNGEN UND AUSBLICK<br />

Das ISEK ist als Auftakt eines mehrjährigen Prozesses<br />

zu verstehen und muss in nachfolgenden Schritten weiter<br />

ausgearbeitet und qualifiziert werden.<br />

Das ISEK ist eine richtunggebende Grundlage für die<br />

zukünftige Innenstadtentwicklung von <strong>Wetzlar</strong>. Das<br />

Konzept bildet keinen feststehenden, sondern einen<br />

flexiblen Planungsrahmen, der sich an unvorhersehbare<br />

Veränderungen anpassen können muss. Mit der<br />

Festschreibung des ISEK-Dokumentes wird die wesentliche<br />

Entwicklungsrichtung für die Innenstadt beschlossen<br />

und der Grundstein für die weitere Ausarbeitung von<br />

Rahmenplänen für kleinere Teilgebiete gelegt. Das<br />

ISEK definiert zudem die Rahmenbedingungen für das<br />

kurzfristige Umsetzen von Maßnahmen und Planungen.<br />

Als ein nächster Planungsschritt wird ein Rahmenplan für<br />

das Neue Zentrum orientiert an den aufgestellten Leitlinien<br />

des ISEK in Abgriff genommen. Wesentliches Augenmerk<br />

liegt dabei auf den folgenden Handlungsfeldern:<br />

• Aufwerten der Verkehrsstruktur und Etablierung<br />

angemessener Parklösungen<br />

• Instandsetzung bzw. Ergänzung der städtebaulichen<br />

Blockstruktur und Anwendung einer angemessenen<br />

Umnutzungsstrategie<br />

• Aufwertung der verbindenden öffentlichen Straßen- und<br />

Platzräume<br />

Interessensgruppen<br />

ISEK<br />

Rahmenplan<br />

Teilgebiete<br />

Teilprojekte<br />

Bürgerbeteiligung<br />

Abb.136 Schema Planungsschritte<br />

Abb.135 Ausblick<br />

Um die genannten Leitlinien und die daran gekoppelten<br />

Maßnahmen und Projekte zeitnah durchführen zu<br />

können, muss parallel mit der gezielte Aufstellung einer<br />

Umsetzungsstrategie begonnen werden.<br />

Auch in den folgenden Planungsschritten wird der Dialog<br />

mit der <strong>Wetzlar</strong>er Bürgerschaft sowie mit anderen<br />

innenstadtrelevanten Akteuren maßgeblich gesucht, um für<br />

die zukünftigen Stadtentwicklungsmaßnahmen eine hohe<br />

Transparenz und Akzeptanz zu bekommen und um die Ideen<br />

und Wünsche der verschiedenen Akteure als Potenziale für<br />

die Planungen nutzen zu können.


Jung, Irene: <strong>Wetzlar</strong>: Eine kleine Stadtgeschichte,<br />

<strong>Wetzlar</strong> 2010<br />

Jung, Irene und Wiedel, Wolfgang:<br />

<strong>Wetzlar</strong> - 60 Jahre in Hessen, <strong>Wetzlar</strong> 2006<br />

Jekel, Gregor; Frölich von Bodelschwingh,<br />

Francistka; Brühl, Hasso; Echter, Claus-Peter:<br />

Stadtpolitik und das neue Wohnen in der<br />

Innenstadt, 2010<br />

Lahnpark GmbH: Integriertes <strong>Entwicklungskonzept</strong><br />

Lahnpark, <strong>Wetzlar</strong> 2010<br />

Magistrat der Stadt <strong>Wetzlar</strong>, Schmidt, Jörg:<br />

Migrationsbericht der Stadt <strong>Wetzlar</strong> 2008<br />

Quantitative Auswertung der Befragung zum<br />

städtebaulichen <strong>Entwicklungskonzept</strong> für die<br />

<strong>Wetzlar</strong>er Innenstadt im Anschluss an die<br />

1. Bürgerinformation am 16.11.2010<br />

Schneider, Reinhold und Weißenmayer Martina:<br />

Kulturdenkmäler in Hessen. Stadt <strong>Wetzlar</strong>, 2004<br />

Stadt <strong>Wetzlar</strong>, Dezernat für Wirtschaft und<br />

Umwelt mit Dr. Alexandra Engel, Verw.-Prof.:<br />

Dokumentation des Auftakt-Workshops der<br />

<strong>Wetzlar</strong>er Einzelhändler, Immobilieneigentümer<br />

und deren Mieter zur Gründung des Arbeitskreises<br />

Immobilien am 4.5.2007 in <strong>Wetzlar</strong>, 2007<br />

TU Delft, Meyer, Westrijk, Hoekstra:<br />

Stedenbowukundige regels voor het bouwen,<br />

Amsterdam 2008<br />

de.wikipedia.org<br />

www. lahn-dill-wetzlar.de<br />

www.leica-camera.com<br />

www. wetzlar.de<br />

QUELLENVERZEICHNIS<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

75


ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

76<br />

Buro 5, Maastricht: Abb. 1; 3; 6-7; 9-11; 14-15;<br />

17; 24; 31; 35-43; 46-48; 50-60; 62-74; 77-78;<br />

83-84; 87; 89-94; 98-99; 101; 103; 105- 114;<br />

116; 119 -121; 123-134; 136;<br />

Magistrat der Stadt <strong>Wetzlar</strong>: Abb.5; 8; 13; 16; 18;<br />

22-23; 25-30; 32-34; 61; 75; 79; 85; 88; 122;<br />

Atlantis- Magazine by polis/platform for urbanism,<br />

Ausgabe April 2011: Abb.4<br />

TU Delft, Meyer, Westrijk, Hoekstra:<br />

Stedenbouwkundige regels voor het bouwen:<br />

Abb. 118<br />

www.cryobank-muenchen.de Abb.96<br />

www.fotos-aus-der-luft.de: Abb.95<br />

www.fotocommunity.de Abb.74,80<br />

http://bild2.qimage.de/fernglas-hensoldt-wetzlarfoto-bild-50436552.jpg:<br />

Abb.49<br />

www.giessen.de: Abb.45<br />

www.graphicleftovers.com: Abb. 82<br />

www.helenspointstoponder.blogspot.com: Abb.12<br />

www.idw-online.de: Abb. 102<br />

www.istockphoto.com: Abb.76<br />

www.kerber-net.de: Abb.19<br />

www.kommunikationswerkstatt.de: Abb.135<br />

www.lagis-hessen.de: Abb.20<br />

www.lahn-dill-wetzlar.de : Abb.81; 100<br />

www./maps.google.de/maps: Abb.2; 125<br />

www.michael-czeranski.de: Abb.44<br />

www.mediastorehouse.com: Abb.21<br />

www.photoforyou.ch/: Abb.97<br />

www.schlijper.nl: Abb.115


IMPRESSUM<br />

Auftraggeber:<br />

Magistrat der Stadt <strong>Wetzlar</strong><br />

Ernst-Leitz-Straße 30<br />

D-35578 <strong>Wetzlar</strong><br />

Auftragnehmer:<br />

Buro 5 Maastricht<br />

Postbus 959<br />

6200 AZ Maastricht<br />

T: 043-325 32 23<br />

F: 043-325 59 96<br />

info@buro5.nl<br />

November, 2011<br />

INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

77


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

78<br />

STRUKTURPLAN


INNENSTADTENTWICKLUNGSKONZEPT WETZLAR - ISEK<br />

79

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