Dissertation: "Fahrtauglichkeit bei Parkinson von Yvonne KauÃner ...
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GRUNDLAGEN ZUM KRANKHEITSBILD M. PARKINSON SEITE 36<br />
durch einen Serotoninmangel zu erklären (vgl. Pillon et al., 2001, sowie Dubois, Pilon, Lhermitte<br />
& Agid, 1990, zitiert nach Emre, 2003; s. dazu auch Abschnitt 3.2.3).<br />
Vor allem die berichteten exekutiven Defizite (Set Shifting, motorische Handlungsabfolgen)<br />
sowie Beeinträchtigungen in der räumlichen Orientierung könnten eine nicht unwesentliche<br />
Bedeutung für die <strong>Fahrtauglichkeit</strong> <strong>von</strong> <strong>Parkinson</strong>-Patienten haben. Allerdings wird durch die<br />
hier beschriebenen Begriffe die mangelnde Entsprechung zu den in den Begutachtungs-<br />
Leitlinien zur Kraftfahrereignung (BASt, 2000) genannten Anforderungsdimensionen besonders<br />
deutlich. Erschwerend kommt hinzu, dass der Begriff der exekutiven Funktionen in der<br />
Literatur nicht einheitlich verwendet wird und dass <strong>bei</strong> vielen der angewandten neuropsychologischen<br />
Tests kein kognitives Modell zugrunde liegt. Darüber hinaus sprechen die meisten<br />
Tests mehrere kognitive Funktionen gleichzeitig an und werden somit oft zur Erfassung unterschiedlicher<br />
Funktionen eingesetzt (wie z.B. der Stroop-Test oder der Trailmaking B-Test).<br />
Mindestanforderungen an die Gedächtnisleistungen werden in den Begutachtungs-Leitlinien<br />
zur Kraftfahrereignung (BASt, 2000) nicht thematisiert. Demzufolge spielen sie auch in der<br />
klassischen Fahreignungsdiagnostik nur eine untergeordnete Rolle.<br />
Zur Frage, inwiefern sich die für nicht-demente <strong>Parkinson</strong>-Patienten charakteristischen kognitiven<br />
Defizite auf ihre <strong>Fahrtauglichkeit</strong> auswirken, kann daher momentan noch keine gesicherte<br />
Aussage getroffen werden. Es sei lediglich auf die wenige empirische Evidenz verwiesen,<br />
die in Abschnitt 4.2 dargestellt ist. Das Vorliegen einer Demenz schließt aber die Fahreignung<br />
<strong>von</strong> <strong>Parkinson</strong>-Patienten mit großer Sicherheit aus (vgl. Lachenmeyer, 2004; Borromei<br />
et al., 1999).<br />
3.2.2.2 Aktivationale Beeinträchtigungen und die dPV-Befragung 2000<br />
Es ist seit langem bekannt, dass Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit <strong>bei</strong> <strong>Parkinson</strong>-Patienten<br />
weit verbreitete Probleme darstellen. Prävalenzschätzungen für Schlafstörungen variieren<br />
zwischen 74% und 96%, für Tagesmüdigkeit findet sich eine besonders hohe Streubreite zwischen<br />
11% und 84%. Diese ist sicher darauf zurückzuführen, dass Tagesmüdigkeit in den verschiedenen<br />
Studien nicht einheitlich definiert und operationalisiert wurde (vgl. Körner et al.,<br />
2003).<br />
Besondere Brisanz erlangte das Thema Tagesmüdigkeit allerdings erst durch einen Bericht<br />
über acht <strong>Parkinson</strong>-Patienten, die unter den nonergolinen Dopamin-Agonisten Pramipexol<br />
bzw. Ropinirol „Schlafattacken“ erlitten und dadurch Verkehrsunfälle verursachten (Frucht et<br />
al., 1999). Daraufhin wurde heftig diskutiert, ob solche Einschlafereignisse als Nebenwirkung<br />
der Nonergot-Agonisten auftreten. Nachfolgende Publikationen zeigten aber, dass plötzliche<br />
Einschlafepisoden auch unter ergolinen Dopamin-Agonisten (z.B. Schapira, 2000, für Pergolid)<br />
und auch <strong>bei</strong> einer Monotherapie mit L-Dopa (z.B. Ferreira, Galitzky, Montastruc & Rascol,<br />
2000) zu beobachten sind. Jüngere Studie wiesen auf einen Klasseneffekt der Dopamin-<br />
Agonisten bzw. aller dopaminergen Präparate hin (z.B. Ondo et al., 2001, oder Paus et al.,<br />
2003).<br />
Das Fehlen einer vorherigen Müdigkeit wurde <strong>von</strong> den meisten Autoren angezweifelt, da<br />
„Schlafattacken“ im eigentlichen Sinne aus schlafmedizinischer Sicht als ungewöhnlich gelten<br />
und man einen allmählichen Übergang vom Wach- in den Schlafzustand annimmt. So<br />
wurde die Hypothese aufgestellt, dass die als „plötzlich“ empfundenen Einschlafereignisse<br />
vor dem Hintergrund einer dauerhaft erhöhten Tagesmüdigkeit auftreten und daher nur subjektiv<br />
als „völlig unerwartet“ empfunden werden (vgl. Möller et al., 2000). Bis dato war nur<br />
ein Fall bekannt, <strong>bei</strong> dem ein Übergang zum Schlafstadium 2 innerhalb <strong>von</strong> 60 Sekunden polysomnografisch<br />
nachgewiesen werden konnte (Tracik & Ebersbach, 2001).