Journal - Allianz
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<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013 | Seite 45<br />
GESELL-<br />
SCHAFT<br />
an der Bir Zeit-Universität in Ramallah,<br />
ein Konzept für Verständigung und<br />
Ausgleich. Nicht von ungefähr ist der<br />
Name Soliya eine Zusammensetzung aus<br />
dem lateinischen sol (Sonne) und dem<br />
arabischen Wort für Licht.<br />
»In den USA besteht ein extremes Unbehagen<br />
gegenüber dem Islam, aber connect hat mich<br />
gelehrt, auf den einzelnen Menschen zu<br />
schauen und zu erfahren, was er denkt, statt<br />
alle über einen Kamm zu scheren.«<br />
Amerikanische Studentin<br />
Soliya nutzt das Internet, um Studenten<br />
aus verschiedenen Ländern per Videokonferenz<br />
zusammenzubringen. Inzwischen läuft das zehnwöchige Programm Connect (Verbinden) bereits an<br />
über 100 Universitäten in 27 Ländern – von Ägypten bis Indonesien, von den USA bis zur Schweiz. Deutschland ist<br />
mit der Uni Frankfurt, der Freien Universität Berlin und der TU München dabei. Einige Institutionen haben Connect<br />
sogar in ihr reguläres Studien programm aufgenommen. Seit letztem Jahr wird Soliya auch von der <strong>Allianz</strong> Stiftung<br />
für Nordamerika unterstützt. »Es geht um Verständigung, um die Überwindung von Vorurteilen, um Respekt füreinander«,<br />
sagt Stiftungsleiter Christopher Worthley. »Diese Ziele passen gut mit unserer Mission zusammen, junge<br />
Menschen zu befähigen, eine sichere Zukunft zu gestalten.«<br />
Das Internet als Brücke zwischen Menschen und Kulturen, die sich fremder kaum sein könnten. Osama Madani,<br />
Englischprofessor an der Menoufia Universität in Shibin El Kom, 75 Kilometer von Kairo entfernt, hat erlebt, wie<br />
seine Studenten zunächst in Abwehrstellung gingen, als sie am Bildschirm jüdischen Kommilitonen aus den USA<br />
gegenübersaßen. Dem Todfeind quasi. Und wie sich dann Diskussionen entwickelten, die bei allen Unterschieden doch<br />
auch Gemeinsamkeiten oder zumindest Verständnis für die Haltung des anderen erkennen ließen. Auf beiden Seiten.<br />
»Am Ende des Semesters hatte sich die Einstellung vieler meiner Studenten komplett ver ändert«, beschreibt Madani<br />
die Wirkung der Gesprächsrunden. Mittlerweile wird die Liste mit Studenten, die an dem Programm teilnehmen<br />
wollen, immer länger.<br />
Um anfängliche Berührungsängste zu überwinden oder auch allzu hitzige Debatten zu dämpfen, werden die Online-<br />
Runden von Moderatoren begleitet. »Manchmal haben sie es ziemlich schwer, eine Diskussion über haupt in Gang<br />
zu bringen, weil die Teilnehmer allzu höflich miteinander umgehen«, erzählt Soliya-Geschäftsführer Shamil Idriss.<br />
Dabei gibt es genügend Themen, an denen sich problemlos ein Disput zwischen West und Nahost entzünden lässt.<br />
Und im Laufe des Semesters bleibt davon auch keines ausgespart – weder der islamistische Terror, noch das Thema<br />
Islamophobie, weder das Verhältnis zwischen Religion und Staat, noch die Rolle der Frau in der Gesellschaft oder das<br />
Thema Homosexualität.<br />
»Ich habe immer geglaubt, dass sich<br />
der Westen nicht um andere schert,<br />
vor allem nicht um die Menschen im<br />
Nahen Osten.« Ägyptischer Student<br />
Wie unterschiedlich die Weltsicht ausfallen kann,<br />
zeigt sich regelmäßig, wenn die Teilnehmer anhand<br />
von unbearbeitetem Rohmaterial von Associated<br />
Press und vom arabischen TV-Sender Al Jazeera<br />
einen möglichst ausgewogenen Nachrichtenbeitrag<br />
zusammenschneiden sollen. Ging es in den Online-<br />
Diskussionen bis dahin vielleicht noch eher zögerlich<br />
zu, spätestens wenn sie die Zwei-Minuten-Clips ihrer<br />
Kommilitonen über den Nahost-Konflikt sehen mit<br />
der jeweils unterschiedlichen Sichtweise, ist es mit der<br />
Scheu vorbei. >