Journal - Allianz
Journal - Allianz
Journal - Allianz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013 | Seite 12<br />
MEINUNGEN<br />
Stern<br />
für jede Übergangsgesellschaft ist Ungeduld. Dieses gesellschaftliche<br />
Experiment wird mindestens eine Generation brauchen, wenn nicht<br />
mehr. Wir reden hier also von mindestens 30 Jahren.<br />
Weltweit arbeiten Sie mit über 100 Universitäten in 27 Ländern<br />
zusammen. Wenn Sie ideologische Gräben überwinden<br />
wollen, warum ist dann keine einzige aus Israel dabei?<br />
Einige unserer Stipendiaten und Moderatoren kommen aus Israel.<br />
Und es gibt auch Israelis, die an unserem Connect-Programm<br />
teilnehmen. Was Kooperationen mit israelischen Universitäten<br />
angeht, ist das derzeit allerdings äußerst schwierig. Der Libanon<br />
zum Beispiel ist offiziell noch immer im Krieg mit Israel. Es könnte<br />
für Studenten sogar gefährlich werden, wenn ihre Universität<br />
offizielle Kontakte mit israelischen Institutionen unterhielte. Für<br />
viele Universitäten in arabischen Ländern ist es ohnehin schwierig,<br />
sich an unserem Programm zu beteiligen.<br />
SHAMIL IDRISS<br />
Shamil Idriss ist seit 2009 Geschäftsführer von Soliya. Der<br />
Amerikaner mit syrischen und türkischen Vorfahren ist ein<br />
Experte auf dem Gebiet der Konfliktmediation. 2005 wurde<br />
er von UN-Generalsekretär Kofi Annan als stellvertretender<br />
Direktor der UN Alliance of Civilizations berufen, die dem Extremismus<br />
und der Polarisierung in der Welt entgegenwirken<br />
soll. Er arbeitete für das Weltwirtschaftsforum und als Berater<br />
für Search for Common Ground (SFCG/Suche nach einer<br />
gemeinsamen Basis), einer Organisation für Konfliktlösung mit<br />
An diesen Realitäten werden virtuelle Diskussionsrunden<br />
Büros in 17 Ländern. Der 40-jährige New Yorker ist Mitglied im<br />
nichts ändern.<br />
Netzwerk Muslim Leaders of Tomorrow (Muslimische Führer<br />
Wir müssen die Kontakte zwischen den Menschen ausweiten.<br />
von morgen) und im Netzwerk Young Global Leaders des<br />
Noch immer reichen ein paar hasserfüllte Agitatoren oder ein<br />
Weltwirtschaftsforums. Idriss lebt mit Frau und zwei<br />
Töchtern in der Nähe von New York.<br />
lächerliches Video im Internet, um die Emotionen aufzuschaukeln<br />
und unsere Gesellschaften gegeneinander in Stellung zu bringen.<br />
Das muss aufhören. Wir müssen heute trotz aller Differenzen<br />
zusammenarbeiten, um die Vielzahl an Problemen zu lösen, vor denen die Menschheit als Ganzes steht. Deshalb<br />
ist es so wichtig, dass es mehr Menschen gibt, die den Willen und die Fähigkeit dazu haben. Regierungen allein<br />
werden es nicht schaffen, ihr Einfluss sinkt. Die wichtigste Frage, mit der wir uns befassen müssen, ist nicht der<br />
»Kampf der Kulturen«, sondern es sind die tiefgreifenden Unterschiede in der Welt. Nehmen wir die gesellschaftliche<br />
Spaltung in den USA, den Bruch zwischen Säkularen und Religiösen, zwischen Linksaußen und Rechtsaußen. Die<br />
Unversöhnlichkeit ist so extrem, dass wir kaum mehr in der Lage sind, die notwendigsten Dinge im Land zu erledigen.<br />
Vielleicht sollten Sie ein Dialogprogramm eigens für die USA aufsetzen.<br />
Es gibt auch in Europa genügend Länder, die von großen Differenzen geprägt sind. Vergessen Sie den Kampf zwischen<br />
Islam und dem Westen. Wenn es uns nicht mal gelingt, in unseren eigenen Ländern über ideologische Gräben hinweg<br />
vernünftig miteinander zu reden, werden wir die fundamentalen Probleme der Menschheit nicht in den Griff<br />
bekommen. Wir müssen kooperationsfähig werden, trotz aller Differenzen.<br />
Solange die Palästinenser keinen eigenen Staat haben, wird der Bruch bestehen bleiben.<br />
Das ist der Knackpunkt, da stimme ich zu. Ich glaube zwar nicht, dass mit der Lösung dieser Frage alle Probleme<br />
verschwinden. Doch wenn sie nicht gelöst wird, werden wir in allem, was wir versuchen, beschränkt bleiben. Für<br />
mich liegt der Schlüssel darin, dass wir immer größere Gemeinschaften heranbilden, die willens und in der Lage sind,<br />
miteinander zu reden und Einfluss auf eine Lösung zu nehmen. Es gab in der Geschichte zahllose andere Konflikte,<br />
die kaum zu bewältigen schienen. Doch am Ende wurden sie gelöst.