Journal - Allianz
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<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013 | Seite 10<br />
MEINUNGEN<br />
dpa / picture-alliance<br />
In einer Zeit, da die Gräben<br />
zwischen dem Westen und<br />
der muslimischen Welt<br />
immer größer werden,<br />
versucht eine kleine Organisation<br />
im Internet den<br />
Brückenschlag. Wir sprachen<br />
mit dem Geschäftsführer<br />
von Soliya, Shamil Idriss, über<br />
Dialogbereitschaft in Zeiten<br />
des Terrors.<br />
INTERVIEW: FRANK STERN<br />
Hass auf den Westen:<br />
die mutmaßlichen<br />
Attentäter von Boston<br />
Dialog in Zeiten des Terrors<br />
Mr. Idriss, wenn Sie sich die Welt heute ansehen, glauben Sie wirklich, dass sich die Gräben mit virtuellen<br />
Runden Tischen im Internet überbrücken lassen, wie sie Soliya für westliche und musli mische Studenten<br />
organisiert?<br />
Wenn ein Pastor in Florida, der kaum 50 An hänger in seiner Gemeinde hat, vor 15 oder 20 Jahren damit gedroht hätte,<br />
einen Koran zu verbrennen, hätte sich keiner darum geschert. Heute verbreitet sich so etwas in Windeseile übers<br />
Internet. Ich ziehe daraus den Schluss, dass wir möglichst viele Menschen zur Zusammenarbeit über gesellschaftliche<br />
Grenzen hinweg befähigen müssen. Und die einzige reelle Möglichkeit dafür sind virtuelle Kontakte. Weniger als zwei<br />
Prozent der jungen Menschen nehmen heute an Austauschprogrammen teil. Wenn wir mit unserer Initiative eine<br />
kritische Masse von, sagen wir, 15 Prozent der Bevölkerung erreichen, wäre das eine Größenordnung, mit der wir echt<br />
etwas bewegen könnten.<br />
Wie weit darf interkultureller Dialog gehen? Wo verläuft die Grenze zwischen Toleranz und der<br />
Verleugnung der eigenen Werte?<br />
Für einen Regierungsvertreter ist es sicher legitim, sich einem Dialog mit bestimmten Parteien zu verweigern, um<br />
sie nicht auf zuwerten. Wenn es um den Dialog zwischen einfachen Menschen geht, sollte es meiner Meinung nach<br />
ein solches Tabu nicht geben.<br />
Ich glaube, oft ist die Konfrontation mit jeman dem, der mit einem nicht übereinstimmt, der beste Weg, die eigenen<br />
Positionen zu überprüfen. Welche Werte man auch immer haben mag, man profitiert davon, wenn man sie verteidigen<br />
muss. Vielleicht hinterfragt man nach einer solchen Diskussion einige davon, oder man fühlt sich in ihnen<br />
bestätigt. Viel gefährlicher ist es, in einer abgeschlossenen Blase zu leben.<br />
Wie aber findet man eine gemeinsame Grundlage, wenn man mit einer Weltauffassung konfrontiert wird,<br />
die im Westen seit der Aufklärung überwunden ist? >