1 Ãberblick über die Sensorik
1 Ãberblick über die Sensorik
1 Ãberblick über die Sensorik
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Seite 208<br />
414 8.1 Übersicht und Funktionsprinzipien 8.1.6 Funktionsprinzipien von chemischen Sensoren 415<br />
8.1.6 Funktionsprinzipien von chemischen Sensoren<br />
In der Gassensortechnik werden im allgemeinen Bauelemente mit einem ähnlichen Aufbau<br />
und ähnlichen elektrischen Ausgangssignalen bevorzugt wie auch sonst in der Sensortechnik,<br />
d.h. der Sensor sollte nach Möglichkeit aus einem Festkörpermaterial bestehen,<br />
dessen Leitfähigkeit, Kapazität, EMK o.ä. sich möglichst linear (zumindest eindeutig)<br />
mit der Konzentration eines vorgegebenen chemischen Stoffes ändert. Diese Forderung<br />
wird z. T. erfüllt von den Metalloxidsensoren (Abschnitt 8.5) mit einer Potenzfunktion<br />
in der Ansprechempfindlichkeit. Wegen der heute noch häufig nicht gewährleisteten<br />
Langzeitstabilität werden <strong>die</strong>se allerdings im praktischen Einsatz teilweise nur mit<br />
Vorbehalt eingesetzt. An <strong>die</strong>sen Sensoren sind aber wichtige Grundprinzipien der molekularen<br />
Erkennung bereits gut verstanden, so daß derzeit weltweit eine systematische<br />
Optimierung erfolgt. Sie sollen daher im folgenden exemplarisch als Modellsysteme<br />
ausführlicher behandelt werden.<br />
Binäre und ternäre Oxide (wie auch vakuum-sublimierbare organische Substanzen) repräsentieren<br />
<strong>die</strong> wichtigste Klasse von Gas-Sensorwerkstoffen, <strong>die</strong> bei Atmosphärendruck<br />
betrieben werden können. Systematische Untersuchungen fangen üblicherweise<br />
mit den undotierten stöchiometrisch zusammengesetzten Verbindungen an, <strong>die</strong> dann systematisch<br />
verunreinigt werden mit unterschiedlichen Volumen- oder Oberflächendotierungen<br />
und dem Ziel, ihre elektronischen und/oder ionischen Leitfähigkeitseigenschaften<br />
zu optimieren. Dabei müssen zunächst <strong>die</strong> Elementarschritte der Sauerstoffwechselwirkungen<br />
verstanden werden, bevor <strong>die</strong> Wechselwirkung des Sensors mit<br />
anderen Gasen erfolgreich untersucht werden kann. Die detailliertesten Ergebnisse liegen<br />
vor für <strong>die</strong> Prototypmaterialien TiO 2 , SnO 2 , ZnO, PbPc und ZrO 2 [8.2,8.11,8.12].<br />
Chemische Sensoren für Gasmoleküle können im Prinzip basieren auf Physisorptions-,<br />
Chemisorptions-, Oberflächendefekt-, Korngrenzen- oder Volumendefekt-Reaktionen.<br />
Aufgrund der vorwiegend energie-getriebenen Reaktionen bei tiefen<br />
Temperaturen und der entropie-getriebenen Reaktionen bei hohen Temperaturen<br />
findet bei tiefen Temperaturen bevorzugt eine Adsorption und bei höheren Temperaturen<br />
Defektreaktion und Desorption statt. Diese Prozesse müssen bei Sensoren auf<br />
Partialdruckvariationen in der Gasphase reagieren. Dabei sind reversible Änderungen<br />
erforderlich zum Betrieb eines zuverlässigen Sensors. Eine sorgfältige Auswahl von<br />
Temperatur- und Partialdruckbereichen ist deshalb extrem wichtig für den Betrieb zuverlässig<br />
anzeigender und langzeitstabiler Sensoren. Das Ziel ist dabei üblicherweise,<br />
den überwiegenden Einfluß von nur einem Typ der Festkörper/Gas-Wechselwirkung<br />
auszunutzen.<br />
Alle unterschiedlichen Sensorprinzipien zur selektiven Detektion von Teilchen können<br />
phänomenologisch einheitlich beschrieben werden. Dazu müssen thermodynamische<br />
und kinetische Konzepte der physikalischen Chemie zur Beschreibung allgemeiner chemischer<br />
Reaktionen verwendet werden. Drei unterschiedliche Typen kann man danach<br />
unterscheiden:<br />
a) Gleichgewichtssensoren (beschrieben über thermodynamische Gleichgewichte),<br />
b) umsatzratenbestimmte Sensoren (beschrieben über kinetische Fließgleichgewichtsbedingungen)<br />
und<br />
c) Einwegsensoren.<br />
Bei dem zuletzt genannten Sensortyp braucht keine Reversibilität gefordert zu werden;<br />
dennoch ist er – häufig mangels einer geeigneten Alternative – in der Praxis weitverbreitet<br />
und gewinnt vor allem bei regenerierbaren Sensoren an Bedeutung.<br />
In der praktischen Anwendung haben gegenwärtig noch alle drei Sensortypen Probleme<br />
mit der Langzeitstabilität und sogenannten Memory-Effekten, d.h. einer Abhängigkeit<br />
des Sensorsignals von der Vorgeschichte des Sensors. Hierdurch werden häufig <strong>die</strong><br />
potentiellen Anwendungsfelder enorm eingeengt. Eine Möglichkeit, <strong>die</strong>se Schwierigkeit<br />
zu lösen, ist <strong>die</strong> systematische Aufklärung des Sensorprinzips und <strong>die</strong> systematische<br />
Verbesserung der Teilkomponenten des Sensors.<br />
Im folgenden werden <strong>die</strong> grundlegenden Detektionsmechanismen kurz dargestellt.<br />
Physisorptionssensoren<br />
Dieses Funktionsprinzip ist typisch für den Einsatz bei tiefen Temperaturen. Die Physisorption<br />
beschreibt <strong>die</strong> schwache Sensor/Teilchen-Wechselwirkung ähnlich wie <strong>die</strong> intermolekulare<br />
Wechselwirkung zwischen zwei Molekulen in nicht-idealen Gasen (z.B.<br />
über van der Waals-Bindung in Band 1.3.5). Tieftemperatur-Physisorptionssensoren<br />
messen üblicherweise Änderungen in der Masse oder der Dielektrizitätskonstanten an<br />
Sensoroberflächen, an denen Chemisorptionsbindungen entweder nicht auftreten können<br />
oder kinetisch behindert sind.<br />
Da <strong>die</strong> intermolekularen Kräfte bei der Physisorption im allgemeinen relativ unselektiv<br />
sind, treten grundsätzlich Querempfindlichkeiten mit anderen Gasen auf, <strong>die</strong> z.B. durch<br />
Temperaturvariationen bei der Sensorsignalerfassung reduziert werden können. Feuchtesensoren<br />
(Abschnitt 7) sind <strong>die</strong> am häufigsten verwendeten Physisorptionssensoren,<br />
<strong>die</strong> entweder Physisorption oder Multilagen-Kondensation von Wasser bei einer festgelegten<br />
Temperatur erfassen.<br />
Chemisorptionssensoren<br />
Selektive Chemisorptionsbindungen können zu sehr spezifischen Änderungen von elektrischen<br />
oder optischen Eigenschaften des Sensors führen, wie <strong>die</strong>s am Beispiel der Chemisorption<br />
einfacher Atome und Moleküle in der Abb. 8.6.1-1 einerseits schematisch