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Von wegen homogen Gentrifi-was? Bis hier und nicht ... - Erler-PR

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1/2010<br />

<strong>Von</strong> <strong>wegen</strong> <strong>homogen</strong><br />

Gespräch mit Lutz Sikorski,<br />

Grünen-Veteran, über das Viertel,<br />

den Verkehr <strong>und</strong> die Sitzwürfel<br />

<strong>Gentrifi</strong>-<strong>was</strong>?<br />

Michi Herl über das, <strong>was</strong> er<br />

Arschlochalarmerzeugung nennt<br />

<strong>Bis</strong> <strong>hier</strong> <strong>und</strong> <strong>nicht</strong> weiter<br />

Denn Sie wissen <strong>nicht</strong>,<br />

wo Sie sind: Die Nordend-Grenzen<br />

Anfang <strong>und</strong> Ende<br />

Zu Besuch auf der<br />

Geburtsstation <strong>und</strong> im Krematorium<br />

NORD END€ 4,-


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Liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser,<br />

wir wissen ja <strong>nicht</strong>, wie Sie das NORDend finden – wir haben es<br />

richtig gern! Gemeint ist jedoch <strong>nicht</strong> der Stadtteil. Den mögen wir<br />

zwar auch, aber eben <strong>nicht</strong> immer <strong>und</strong> <strong>nicht</strong> alles. Denn: So angenehm<br />

es ist, <strong>hier</strong> zu wohnen, so langweilig kann es mitunter auch<br />

sein. Spannende Themen muss man <strong>hier</strong> et<strong>was</strong> länger suchen als<br />

in Vierteln, in denen die Gegensätze stärker aufeinander prallen.<br />

Aber man wird fündig! Und damit wären wir auch schon wieder<br />

beim Thema NORDend.<br />

Das NORDend ist ein Magazin aus dem Nordend, über das Nordend<br />

<strong>und</strong> für das Nordend. Eine neue Zeitschrift mit hintergründigen<br />

Geschichten, großzügigen Fotostrecken, mit scharfen Tönen <strong>und</strong><br />

Respekt vor dem Detail. Wir wollen zeigen, <strong>was</strong> das Viertel jenseits der<br />

glatten Oberfläche zu bieten hat: außergewöhnliche Orte, schrullige<br />

Charaktere, verborgene Geschichten <strong>und</strong> kreative Momente.<br />

Initiiert wird das Projekt von uns Textern <strong>und</strong> Journalisten aus dem<br />

„Büro Schwarzburg. Für bessere Medien“, einer Bürogemeinschaft<br />

in der Lenaustraße 72. Wir starten das Magazin aus einem einfachen<br />

Gr<strong>und</strong>: weil wir Lust darauf haben! Im Unterschied zu anderen<br />

Magazinen gibt es drei Besonderheiten:<br />

Erstens: Das NORDend ist für alle Beteiligten ein „Freispiel“.<br />

Ganz ohne die üblichen Zwänge kann jeder das machen, <strong>was</strong> er<br />

schon immer mal machen wollte – im Schreiben wie beim Gestalten.<br />

Deshalb steckt in diesem Magazin viel Herzblut!<br />

Zweitens: Das NORDend hat beste Chancen, zum Sammelobjekt<br />

zu werden. Jede Ausgabe ist ein Unikat <strong>und</strong> unterscheidet sich optisch<br />

von seinen Vorgängern. Denn wir werden jedes Mal mit einem<br />

anderen Grafiker <strong>und</strong> einem anderen Fotografen arbeiten. Zum<br />

Start haben wir uns Sylvia Handschuh ins Boot geholt, die für das<br />

Layout verantwortlich ist, <strong>und</strong> Ralph Orlowski für die Bildmotive.<br />

Drittens: Das NORDend ist ein Non-Profit-Projekt. Alle Beteiligten<br />

arbeiten ohne Bezahlung. Unser Ziel ist die schwarze Null.<br />

Anzeigen- <strong>und</strong> Vertriebserlöse sollen die Druck- <strong>und</strong> Produktions-<br />

kosten decken. So lange wir das schaffen, wird es weitere Ausgaben<br />

geben. Wir sind schon jetzt allen Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen dankbar,<br />

die uns dabei unterstützen.<br />

3<br />

NORD END<br />

Ihr NORDend-Team vom Büro Schwarzburg


1822_Az_PB_Haarwerk_198x114_4c 24.06.2010 11:59 Uhr Seite 1<br />

Hatice N. <strong>und</strong> Ayşe A. | Unternehmerinnen | HaarWerk | K<strong>und</strong>innen seit 2008<br />

Unser Leben, unser Look,<br />

unsere Frankfurter Sparkasse<br />

„Ob privat oder geschäftlich: Zu zweit wächst man oft über<br />

sich hinaus. Das erleben wir täglich. Mit unserem Geschäft.<br />

Und unserer Bank.“<br />

Das 1822 Private Banking –<br />

Vermögensberatung mit kreativen Ideen.<br />

5<br />

NORD END<br />

Augen-Blicke<br />

Nordend-Impressionen, eingefangen von Ralph Orlowski<br />

Was Sie schon immer über 12<br />

das Nordend wissen wollten<br />

Verblüffende Fakten – vom Nordend-Bauer zum Giftmörder<br />

Homogen? Überhaupt <strong>nicht</strong>! 14<br />

Lutz Sikorski, Verkehrsdezernent <strong>und</strong> Grünen-Veteran,<br />

im Gespräch über grüne Politik, schwarze Koalitionspartner<br />

<strong>und</strong> rote Begegnungszonen im Nordend<br />

Denn sie wissen <strong>nicht</strong>, wo sie sind 20<br />

Was gehört zum Nordend, <strong>was</strong> <strong>nicht</strong>?<br />

Schließlich ist das Nordend so schön 22<br />

Die Schriftstellerin Nadja Einzmann wirft einen<br />

sehr persönlichen Blick auf „ihren“ Stadtteil<br />

Der Makler, die Madame <strong>und</strong> 24<br />

die gockelnden Männchen<br />

Das Nordend hat sich verändert. Wie? Und wohin?<br />

Michi Herl über die Verschiebungen <strong>und</strong> die<br />

Verschrobenen dieses Stadteils<br />

Vom ersten Schrei zur letzten Ruhe<br />

An der Nibelungenallee treffen zwei Extreme<br />

28<br />

aufeinander: Das geburtenstärkste Krankenhaus <strong>und</strong><br />

der größte Friedhof Hessens<br />

Waechtertage 40<br />

Fünfzehn Seiten aus dem gezeichneten Tagebuch<br />

des Illustrators Philip Waechter<br />

Catch me if you can<br />

In den 1950er-Jahren begeht ein Bornheimer Bub im Oeder<br />

Weg den spektakulärsten Raubüberfall der Nachkriegszeit:<br />

Karl-Heinz „Henry“ Jäger. Wer war dieser Mann?<br />

Schau mal! 48<br />

Fenster erzählen Geschichten – von skurril bis schön<br />

Backend um die Welt 54<br />

Croissants rollen in Afrika, Knusperstangen<br />

würzen an der Rohrbachstrasse: Harald Kammer ist<br />

kein Bäcker wie andere<br />

Wappenlos 58<br />

Nordend braucht ein Wappen. Malen Sie eins!<br />

Die NORDend-Macher /Impressum 64<br />

Wo ist die Burg? 66<br />

Nordend-Straßennamen <strong>und</strong> ihre Herkunft<br />

6<br />

44


6<br />

NORD END<br />

Sommerfrische aus der Brunnendüse: im Günthersburgpark


8<br />

NORD END<br />

Künstlertreff <strong>und</strong> Hochzeitsbühne: das Holzhausenschlösschen


10<br />

NORD END<br />

Innenwelt. Außenwelt: im „Zeppelin“ vor der Fachhochschule


Die Statistik beschreibt den Durchschnitts-Nordendler<br />

so: Er ist r<strong>und</strong><br />

41 Jahre <strong>und</strong> damit jünger als<br />

der Frankfurter an sich. UND<br />

ER BRAUCHT MEHR<br />

PLATZ ALS ALLE<br />

ANDEREN FRANK-<br />

FURTER: Im Schnitt wohnen<br />

in jedem Haushalt nur 1,62 Exemplare<br />

eines Nordendlers.<br />

Er ist also relativ einsam.<br />

NORD END<br />

DAS NORDEND HAT BEREITS<br />

1923 KRIMINALGESCHICHTE<br />

GESCHRIEBEN. In diesem<br />

Jahr wurde Karl Hopf verhaftet,<br />

als er seine todkranke Frau<br />

im Diakonissenhaus auf der<br />

Eschersheimer Landstraße<br />

besuchte. ALS ERSTER „BA-<br />

ZILLENMÖRDER“ wurde er<br />

et<strong>was</strong> später hingerichtet. Seine<br />

Frau überlebte Hopfs Giftcocktails<br />

– im Unterschied zu<br />

seinen ersten beiden Frauen.<br />

-- - --- --- --- --- - - --- E s c h e r s h e i m e r L a n d s t r a ß e --- --- - - - - --- --- - - -<br />

der Antichrist seine Finger im Spiel hatte...<br />

Das Hochhaus am Nibelungenplatz wurde Mitte der 1960er-Jahre für das<br />

Mineralölunternehmen Shell errichtet. Damals war es mit 110 Metern das<br />

höchste Haus der Stadt. Heute liegt es in der Liste der höchsten Gebäude<br />

der Stadt abgeschlagen auf Platz 25. Nur im Nordend ist es noch Spitze.<br />

für alle Eintracht-Fans unter den Lesern: Ins Nordend passen genau 666 Fußballfelder. Na, wenn da mal <strong>nicht</strong><br />

= 1 hm² = 0,01 km² = 10.000 m². Oder mit einfachen Worten,<br />

Irgendwo im Nordend muss sich auch ein Bauer verstecken.<br />

Denn laut Stadt hat das Nordend 0,2 Hektar<br />

Landwirtschaftsflächen. Doch wo sollen diese Flächen<br />

sein? Die Kleingärten am Günthersburgpark sind<br />

es zumindest <strong>nicht</strong>, denn die besagten<br />

Flächen sollen sich im Nordend-West<br />

befinden. Sachdienliche Hinweise bitte an die<br />

Redaktion.<br />

DIE CDU IM NORDEND<br />

HAT EINEN ORTSVEREIN.<br />

EBENSO DIE GRÜNEN. DIE<br />

SPD HINGEGEN HAT DREI<br />

ORTSVEREINE – UND DAS,<br />

OBWOHL SIE IN DEM EINEN<br />

(!) ORTSBEIRAT LEDIGLICH<br />

VIER MANDATE HAT (GRÜ-<br />

NE: 6, CDU: 5). VERSTEHE<br />

DAS, WER WILL.<br />

Auf der Eschersheimer<br />

Landstraße – die westliche Grenz-<br />

straße des Nordends –<br />

fuhr am 15. Oktober 1888<br />

die erste Dampflokomotive<br />

Frankfurts. Sie zuckelte von<br />

einem inzwischen längst<br />

vergessenen Bahnhof in der<br />

Gegend des Holzhausenparks<br />

bis hoch nach Eschersheim.<br />

Heute fahren dort, eine Etage<br />

tiefer, die U1, 2 <strong>und</strong> 3.<br />

<strong>Von</strong> <strong>wegen</strong> Multi-Kulti-Image: Kein innerstädtischer<br />

Stadtteil ist derart deutsch wie das<br />

Nordend – nur 20,4 Prozent aller Bewohner<br />

haben keinen Pass mit einem goldenen Adler<br />

drauf. Da ist sogar das Westend internationaler.<br />

Oder wohlhabend. Das Nordend erstreckt sich über 475,5 Hektar. Ein Hektar? Ein Hektar = 1ha = 100 a<br />

12 13<br />

Das Leben im Stadtteil<br />

begann mit dem<br />

Tod: Anfang des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts wurde<br />

außerhalb Frankfurts<br />

ein neuer Friedhof geplant.<br />

Im Sommer 1828<br />

gab es dort die erste Beerdigung.<br />

Dieser Friedhof<br />

– die Rede ist vom Frankfurter<br />

Hauptfriedhof – ist<br />

heute die größte Grünanlage<br />

des Nordends.<br />

WAS SIE SCHON<br />

IMMER<br />

ÜBERS NORDEND<br />

WISSEN<br />

WOLLTEN


Es gibt prominentere Grüne in <strong>und</strong> aus Frankfurt. Joschka Fischer.<br />

Daniel Cohn-Bendit. Tom Koenigs. Während es andere jedoch nach Berlin,<br />

Brüssel oder bis nach Afghanistan zog, blieb Lutz Sikorski (Jahrgang 1950)<br />

der Stadt treu. Bereits 1985 wurde er in die Stadtverordnetenversammlung<br />

gewählt. 1993 wurde er Fraktionsvorsitzender. Seit Sommer 2006 leitet<br />

er das Verkehrsdezernat in der schwarz-grünen Römerkoalition. Und in dieser<br />

Funktion ist Sikorski verantwortlich für Gehwegnasen, Begegnungs zonen<br />

<strong>und</strong> Hochbahnsteige – Gründe genug, den Frankfurter „Strippenzieher“<br />

(FAZ) zu einem Interview einzuladen. Zusammen sitzen wir vor unserem<br />

Büro in der Sonne. Mit Blick auf die verkehrsberuhigte Schwarzburgstraße,<br />

auf der regelmäßig die Autos entlangblasen. Doch dazu später.<br />

Herr Sikorski, es heißt, Sie würden im Grenzgebiet zwischen<br />

Nordend <strong>und</strong> Bornheim wohnen.<br />

_Sikorski: Ja, das stimmt.<br />

Nein, das stimmt <strong>nicht</strong>. Sie wohnen auf der rechten Seite<br />

des Sandweges, <strong>und</strong> die gehört weder zum Nordend noch<br />

zu Bornheim, sondern zum Ostend.<br />

_Ach, das kann ja niemand mehr auseinanderhalten. Und die gefühlten<br />

Grenzen verlaufen sowieso ganz woanders. Ich lebe jetzt seit genau<br />

55 Jahren in Frankfurt <strong>und</strong> bin wohnungsmäßig <strong>nicht</strong> mehr als andert-<br />

halb Kilometer rumgekommen. Ich habe in r<strong>und</strong> zehn verschiedenen Woh-<br />

nungen gewohnt, aber alle waren <strong>hier</strong> im Umkreis.<br />

Ihre Karriere bei den Frankfurter Grünen ist ja et<strong>was</strong><br />

ungewöhnlich. Sie waren Zeitsoldat <strong>und</strong> Salesmanager<br />

einer Chemiefirma. Musste man <strong>nicht</strong> damals bei den Spontis<br />

sein, um in der Partei et<strong>was</strong> zu werden?<br />

_Ich fühlte mich da <strong>nicht</strong> so berufen, dort direkt mitzumachen. Allerdings<br />

war mein ganzer Fre<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Bekanntenkreis in dieser Szene. Und<br />

dass ich als Zeitsoldat <strong>und</strong> Chemiemanager dort et<strong>was</strong> werden konnte,<br />

spricht doch nur für Frankfurt <strong>und</strong> für die Partei. Den Sprung zu den<br />

Grünen habe ich dann über den Widerstand gegen die Startbahn B gemacht.<br />

Da bin ich aktiv politisiert worden. Diese Ignoranz der Politik gegen-<br />

über einem großen Teil der Bevölkerung fand ich damals unerträglich.<br />

Aber dann ist es ja eine Ironie der Geschichte, dass<br />

jetzt ausgerechnet Sie Verkehrsdezernent in Frankfurt<br />

sind – <strong>und</strong> an dem erneuten Ausbau des Flughafens trotzdem<br />

<strong>nicht</strong>s ändern können.<br />

_Als ich Verkehrsdezernent wurde, war die Entscheidung über den Ausbau<br />

längst gefällt. Aber ganz abgesehen davon: Als Frankfurter Verkehrsdezernent<br />

fühle ich mich <strong>nicht</strong> für den Luftverkehr zuständig. Hier muss<br />

man auch einfach mal die Grenzen der Kommunalpolitik sehen. Bei dem<br />

Ausbau des Flughafens spielt Kommunalpolitik de facto überhaupt keine<br />

NORD END<br />

14 15<br />

Lutz Sikorski,<br />

Frankfurts Verkehrsdezernent,<br />

Homogen?<br />

Überhaupt <strong>nicht</strong>.<br />

Facettenreich!<br />

über grüne Politik,<br />

schwarze Koalitionspartner,<br />

rote Begegnungszonen –<br />

<strong>und</strong> über einen bunten Stadtteil.


Rolle. Da ist es auf symbolischer Ebene vielleicht wichtig, dass man auch<br />

innerhalb einer schwarz-grünen Koalition gegen einen weiteren Ausbau<br />

votiert, aber faktisch wurde der Ausbau natürlich nie im Römer beschlossen.<br />

Sie haben eben die schwarz-grüne Koalition bereits angesprochen,<br />

als deren „Architekt“ Sie ja gelten. Ist es richtig,<br />

dass diese Konstruktion <strong>nicht</strong> als Provisorium errichtet wurde,<br />

sondern auch nach der Kommunalwahl im kommenden Jahr Bestand<br />

haben soll?<br />

_Ja, definitiv. Es gibt überhaupt keinen Anlass für uns Grüne, diese<br />

Koalition, die ich in der ersten Wahlperiode als höchst gelungen erachte,<br />

<strong>nicht</strong> fortführen zu wollen.<br />

Auch wenn die Grünen vor der letzten Wahl eine Koalition<br />

mit der CDU <strong>nicht</strong> ausgeschlossen haben, waren doch einige<br />

Wähler sicherlich im Nachhinein überrascht. Meinen Sie<br />

<strong>nicht</strong>, dass Sie linke Wählerschichten verschrecken würden,<br />

wenn Sie vorher explizit sagen, dass Sie eine Koalition<br />

mit der CDU anstreben?<br />

An der Stelle versucht Lutz Sikorski et<strong>was</strong> zurückzurudern. Natürlich würde<br />

es auch nach der nächsten Wahl keinen Automatismus geben. Selbstverständlich<br />

würde man mit allen Parteien reden, mit denen eine Koalition möglich sei.<br />

Und letztlich würde man auf jeden Fall jene Koalition anstreben, mit der man<br />

16<br />

NORD END<br />

_Als Frankfurter Verkehrsdezernent<br />

fühle ich mich <strong>nicht</strong> für den<br />

Luftverkehr zuständig. Hier muss<br />

man auch einfach mal die Grenzen<br />

der Kommunalpolitik sehen._<br />

am meisten grüne Inhalte umsetzen könnte. Politik-Diplomatie, wie man sie aus<br />

Wahlkampfzeiten kennt. Da wir uns aber noch <strong>nicht</strong> im Wahlkampf befinden,<br />

spulen wir das Diktiergerät einfach vor, bis zu dem Punkt, an dem Sikorski<br />

erklärt, ob er sich mittlerweile auch eine schwarz-grüne Koalition in B<strong>und</strong> oder<br />

Land vorstellen könne – noch vor wenigen Jahren ein Tabuthema:<br />

_In Frankfurt funktioniert die Koalition auch des<strong>wegen</strong> so gut, weil <strong>hier</strong><br />

die Milieus keine Berührungsängste haben. Auf Landesebene haben<br />

wir das <strong>nicht</strong>. Eine vernünftige Zusammenarbeit zum Beispiel zwischen<br />

einem konservativen Abgeordneten aus Fulda <strong>und</strong> einem Grünen-<br />

Abgeordneten aus Frankfurt wäre sicherlich et<strong>was</strong> schwierig. Das heißt<br />

konkret: Ich kann mir eine hessische Landesregierung mit den Grünen<br />

<strong>und</strong> der CDU – auch jetzt nach dem Rücktritt von Roland Koch – <strong>nicht</strong><br />

vorstellen. Auf der B<strong>und</strong>esebene ist das wieder anders. Da geht es noch<br />

mehr um Machtoptionen <strong>und</strong> um die Frage, ob sich die Parteien trauen,<br />

das durchzusetzen.<br />

Zurück zum Nordend: Wie erklären Sie sich die Stärke der<br />

Grünen <strong>hier</strong> im Viertel, mit regelmäßig mehr als 20 Prozent<br />

Stimmanteil?<br />

Das liegt an der Zusammensetzung der Bevölkerung. Ein außergewöhnlich<br />

hoher Bildungsstand. Überproportional gut ausgebildete Menschen.<br />

Tendenziell et<strong>was</strong> wohlhabender ...<br />

Ein <strong>homogen</strong>es Viertel?<br />

Nein, überhaupt <strong>nicht</strong>. Das Nordend ist unglaublich facettenreich.<br />

Es ist mehr geprägt von Diversität als von Einheitlichkeit. Gehen Sie lieber<br />

mal nach Nieder-Erlenbach, wo Petra Roth wohnt – da sehen Sie, <strong>was</strong><br />

ein <strong>homogen</strong>er Stadtteil ist. Das Nordend hat ja auch eine sehr enge<br />

Bevölkerungsdichte, da liegt das Nordend sogar europaweit ganz vorne.<br />

Das bedeutet aber auch, dass man sich ziemlich auf der Pelle hängt. Und<br />

das funktioniert nur, wenn man sich miteinander arrangiert <strong>und</strong> sehr<br />

tolerant miteinander umgeht. Wir haben <strong>hier</strong> eine eher bürgerschaftlich<br />

orientierte Stadtgesellschaft. Es gibt ganz viele Mini- <strong>und</strong> Kleinstinitiativen,<br />

die auch <strong>nicht</strong> alles der Politik überlassen, sondern auch schon<br />

einmal eine Verkehrsinsel okkupieren <strong>und</strong> dort Tomaten oder Sonnenblumen<br />

anpflanzen. ...<br />

Das hört sich idyllisch an. Gleichzeitig können sich aber<br />

auch immer weniger Leute leisten, <strong>hier</strong> zu leben.<br />

_Da muss man differenzieren: Stadtweit gibt es einen Trend zur Umwandlung<br />

von Wohnraum zu Wohneigentum. Wenn man sich aber die<br />

Zahlen genau anschaut, stellt man fest, dass <strong>hier</strong> im Nordend relativ viele<br />

neue Eigentümer vorher die alten Mieter waren. Die Zahlen sagen et<strong>was</strong><br />

darüber aus, ob <strong>hier</strong> tatsächlich eine Verdrängung stattfindet oder ob die<br />

Leute zum Beispiel Wohneigentum als Teil ihrer Altersvorsorge begreifen.<br />

Und da muss man einfach sagen, dass das Verhältnis <strong>hier</strong> im Nordend<br />

gar <strong>nicht</strong> so schlecht ist. Dennoch muss man natürlich aufpassen <strong>und</strong> die<br />

Entwicklung genau beobachten. Wenn es sich nur noch finanziell gut situierte<br />

Leute leisten könnten, <strong>hier</strong> zu wohnen, wäre es natürlich fatal.<br />

Ein alter VW-Käfer rauscht mit lautem Geknatter vorbei, die letzten Worte<br />

sind kaum zu verstehen. Ein guter Anlass für einen Themen- <strong>und</strong> einen Ortswechsel:<br />

Wir gehen einmal um den Block <strong>und</strong> reden beim Fotografieren über<br />

„Spiel- <strong>und</strong> Begegnungsräume“, in denen Spielen lebensgefährlich ist <strong>und</strong><br />

man allenfalls eine Begegnung mit der Stoßstange eines Autos haben kann.<br />

_Gleich zu Beginn, als ich Verkehrsdezernent wurde, haben wir von<br />

einem B<strong>und</strong>esprojekt gehört, bei dem viel Geld zu Verfügung gestellt<br />

17<br />

wurde, um in ausgesuchten Stadtteilen <strong>und</strong> mit Bürgerbeteiligung et<strong>was</strong><br />

auf die Beine zu stellen. Und dann kamen wir auf die Idee, uns zu bewerben.<br />

Das Nordend bot sich als Viertel eben <strong>nicht</strong> nur <strong>wegen</strong> des bürgerschaftlichen<br />

Engagements an, über das wir eben geredet haben, sondern<br />

auch, weil das Nordend vom Verkehr hoch belastet ist. Wir haben dann<br />

unsere Ideen nach Berlin geschickt <strong>und</strong> haben den Zuschlag bekommen.<br />

Was wurde konkret gemacht?<br />

_Zwischen dem Glauburgplatz, der Rotlintstraße <strong>und</strong> der Berger Straße<br />

wurden mehrere Plätze, Spielstraßen, verkehrsberuhigte Zonen <strong>und</strong> blin de n -<br />

gerechte Straßenübergänge geschaffen – die berühmten „Gehwegnasen“.<br />

Und dann gibt es auch noch kleinere Projekte wie Frankfurts ersten offenen<br />

Bücherschrank am Merianplatz, an dem jeder Bücher abgeben oder abholen<br />

kann. Das Letzte, <strong>was</strong> wir jetzt noch machen, ist der verbreiterte Quartiersplatz<br />

an der Eisernen Hand. Dann ist dieses Projekt abgeschlossen.<br />

Am „Café Größenwahn“ angelangt, springt Sikorski von Sitzwürfel zu Sitz-<br />

würfel. Und <strong>hier</strong> ist auch eine der drei Einfahrten zu der neuen verkehrsberuhigten<br />

Zone, die den Nordend- mit dem Glauburgplatz verbindet. Doch leider<br />

wurde ein Straßenschild verkehrt herum aufgehängt. Statt Schrittgeschwindigkeit<br />

werden bei dem Schild 30 St<strong>und</strong>enkilometer angezeigt. Ein Missverständnis, das<br />

böse enden könnte. Wir gehen weiter zur nächsten Einfahrt an der Schwarzburgstraße.<br />

Hier liegt das Schild, das dem Autofahrer die Geschwindigkeit weisen<br />

soll, seit Wochen am Straßenrand. Als Sikorski erfährt, dass sein Dezernat<br />

bereits vor einiger Zeit per Mail darauf hingewiesen wurde, aber noch <strong>nicht</strong><br />

mal darauf geantwortet hat, fehlen dem sonst so sprachgewandten Sikorski erst<br />

einmal kurz die Worte. Dann verspricht er, sich schnell darum zu kümmern.<br />

Einiges scheint bei all den Maßnahmen noch <strong>nicht</strong> so richtig<br />

durch dacht zu sein. Die Autos rasen zum Beispiel durch<br />

die „Spielstraße“, kaum jemand scheint zu wissen, dass dort<br />

nur Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf. Wie auch,<br />

wenn es dort statt echter Verkehrsberuhigung nur kleine<br />

Schilder auf Schulterhöhe gibt, die von jedem parkenden SUV<br />

verdeckt werden?


_Ich gebe zu: Die Eingangssituationen der Zonen sind in der Tat <strong>nicht</strong><br />

sehr deutlich. Da muss nachgebessert werden. Wir stehen jetzt sowieso<br />

davor, einmal Bilanz zu ziehen, <strong>was</strong> wir gemacht haben, <strong>was</strong> sich bewährt<br />

hat <strong>und</strong> <strong>was</strong> <strong>nicht</strong>. Ich bin ja auch der Meinung, dass wir teilweise zu<br />

viele Sitzwürfel an den Ecken stehen haben, schon allein aus ästhetischen<br />

Gründen. Aber das war ausdrücklich der Wille der Bürger, die sich an<br />

dem Prozess beteiligt haben.<br />

Also sind die Bürger selbst schuld?<br />

_Das hat <strong>nicht</strong>s mit Schuld zu tun. Nehmen Sie zum Beispiel die Zebrastreifen<br />

vor der Schwarzburgschule. Wir wollten sie <strong>nicht</strong>, weil<br />

sie der Idee einer verkehrsberuhigten Zone, in der Autos wie Fußgänger<br />

gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer sind, natürlich komplett wider-<br />

sprechen. Aber das war für die Eltern der Schüler ein absolutes No-Go.<br />

Also haben wir jetzt dort Zebrastreifen, obwohl doch eigentlich die ganze<br />

Straße von den Fußgängern genutzt werden soll. In der Rotlintstraße<br />

hatten wir ein anderes Problem. Dort hatten wir großen Stress mit den<br />

Anwohnern, als wir die Straße großflächig rot angemalt haben.<br />

Wegen des Gestanks der Farbe ...<br />

_Ach, der war ja bald verflogen. Nein, das Problem war, dass die Farbe<br />

bei Sonnenschein reflektiert <strong>und</strong> deshalb die Anwohner im zweiten <strong>und</strong><br />

dritten Stock plötzlich eine rosa Decke in ihrer Wohnung hatten. Völlig<br />

verrückt. Aber das sind so Sachen, die weiß man halt vorher <strong>nicht</strong>. Insgesamt<br />

probieren wir <strong>hier</strong> im Nordend einfach erst einmal Sachen aus. Und<br />

b<strong>und</strong>esweit wird das dann nächstes Jahr ausgewertet werden.<br />

Dann kommen wir zu einem weiteren verkehrspolitischen<br />

Thema: Radwege. Ist es <strong>nicht</strong> ein Armutszeugnis, dass alle<br />

großen Einfallstraßen im Nordend – Friedberger, Eckenheimer,<br />

Eschersheimer – weitgehend radwegefrei sind?<br />

_Aber da sind wir ja dran. Wenn jetzt die Friedberger Landstraße fertig<br />

ist, wird es einen Radweg von ganz oben bis runter zum Friedberger<br />

Platz geben. Da nehmen wir sehr viel Geld in die Hand. Bei diesen hoch<br />

belasteten Schnellstraßen ist es ja <strong>nicht</strong> damit getan, dass man einen<br />

NORD END<br />

_ Ich bin der Meinung, dass<br />

wir teilweise zu viele Sitzwürfel<br />

an den Ecken stehen haben,<br />

schon allein aus ästhetischen<br />

Gründen. Aber das war aus-<br />

drücklich der Wille der Bürger._<br />

Strich auf die Straße malt. Und das geht natürlich <strong>nicht</strong> so schnell, wie<br />

ich mir das wünschen würde.<br />

Hinzu kommt, dass die Straßen <strong>hier</strong> auch oft sehr schmal sind.<br />

_Wir hatten mal vor einiger Zeit für die Friedberger Landstraße eine<br />

Planung mit Rad<strong>wegen</strong> gemacht, die aber bedeutet hätte, dass die kompletten<br />

Baumreihen hätten gefällt werden müssen. Sie können sich vorstellen,<br />

dass das auch gerade für uns Grüne eine <strong>nicht</strong> ganz einfache Abwägung<br />

war. Wir haben den Plan dann fallen gelassen.<br />

Apropos Abwägung: Auch bei dem Thema Hochbahnsteige auf<br />

der Eckenheimer mussten Sie abwägen. Auf der einen Seite<br />

die Interessen der Alten <strong>und</strong> Behinderten, die die U5 <strong>wegen</strong><br />

der hohen Stufen kaum betreten können. Und auf der anderen<br />

Seite die Anwohner, die fürchten, dass – wie auf der<br />

Eschersheimer – der Stadtteil zerschnitten werden könnte.<br />

_Aber das ist doch Quatsch. Es wird ja <strong>nicht</strong> das ganze Gleis hoch gelegt,<br />

wie bei der U1-3, sondern nur die Haltestellen. Und ich sehe <strong>nicht</strong>,<br />

wie durch einen 60 bis 80 Zentimeter hohen Absatz über eine Strecke<br />

von 70 Metern der Stadtteil zerschnitten werden könnte. Also da muss<br />

man wirklich mal die Kirche im Dorf lassen.<br />

Und damit endet das Interview mit dem Verkehrsdezernenten. Bleibt nachzutragen,<br />

dass keine drei Tage nach dem Interviewtermin das zuvor unmöglich<br />

Scheinende geschah: Das falsch herum aufgehängte Schild hing plötzlich<br />

richtig herum. Nur das andere Schild lag bei Redaktionsschluss noch immer am<br />

Straßenrand. Es sei „im Zuge eines Werkaufbruchs ausgebaut“ worden, hieß es in<br />

einer Antwort-Mail aus dem Dezernat, die dann schließlich doch noch kam. Man<br />

wolle aber „darauf achten, dass nach Beendigung der Arbeiten das Schild vom<br />

Versorgungsträger wieder ordnungsgemäß aufgestellt wird“. <strong>Bis</strong> dahin werden<br />

auswärtige Autofahrer also weiterhin instinktiv ahnen müssen, dass sie auf der<br />

Schwarzburgstraße nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen. Und die Schüler<br />

der Schwarzburgschule tun weiterhin gut daran, sich <strong>nicht</strong> darauf zu verlassen.<br />

Das Fazit der ganzen Geschichte: W<strong>und</strong>er brauchen wohl auch<br />

bei Lutz Sikorski einfach et<strong>was</strong> länger ...<br />

18 19


A im Café des Günthersburgparks sitzen <strong>und</strong> <strong>nicht</strong> mehr glauben,<br />

dass es Deutschland an Nachwuchs mangelt?<br />

B sich fragen, ob das schwarze Massiv namens Polizeipräsidium<br />

ein Neubau oder ein eingeschlagener Meteorit ist?<br />

C vor dem Eingang des Hessischen R<strong>und</strong>funks ein Transparent hochhalten,<br />

auf dem steht: „Für meine Gebühren erwarte ich <strong>was</strong> anderes!“.<br />

D sich auf dem Sandweg w<strong>und</strong>ern, dass es die Videothek<br />

E<br />

F<br />

G<br />

H<br />

I<br />

J<br />

K<br />

DENN SIE WISSEN NICHT,<br />

WO SIE SIND<br />

Jetzt denken Sie mal gut nach:<br />

Wir erk<strong>und</strong>en Grenzen. In welchem Stadtteil<br />

befinden Sie sich, wenn Sie ...<br />

auf der anderen Straßenseite immer noch gibt?<br />

an der Musterschule versuchen, den Kinderwagen in die U5 zu wuchten,<br />

aber mangels Gabelstapler kläglich scheitern.<br />

aus dem Berger Kino herauskommen <strong>und</strong> sich schwören,<br />

nie wieder einen neuen Woody-Allen-Film anzusehen?<br />

im Toom-Baumarkt nahe der Friedberger Warte<br />

verzweifelt nach einem Verkäufer suchen?<br />

die Eschersheimer Landstraße hochlaufen <strong>und</strong> denken, es sei die<br />

„Eckenheimer“, weil Sie die beiden partout <strong>nicht</strong> auseinanderhalten können.<br />

im Bethmannpark überlegen, ob das jetzt<br />

ein chinesischer oder ein koreanischer Garten ist?<br />

im Café Kante einen Kaffee trinken, so wie<br />

jeden Tag am gleichen Platz mit den gleichen Leuten?<br />

sich in der Bornheimer Landstraße in der „Bornheimer Drucker-<br />

tankstelle“ eine Patrone nachfüllen lassen?<br />

L im Metropolis eine Portion Popcorn bestellen<br />

<strong>und</strong> einen Eimer Popcorn erhalten?<br />

M im US-Amerikanischen Generalkonsulat ein T-Shirt mit der Aufschrift<br />

„Ich bin weder Nazi noch Terrorist“ anhaben – in der Hoffnung,<br />

das könne Ihren Antrag auf ein Visum beschleunigen.<br />

20<br />

NORD END<br />

Antwort: Immer im Nordend.<br />

Glauben Sie <strong>nicht</strong>?<br />

Dann schauen Sie sich die Karte rechts doch mal genauer an.<br />

ee<br />

ßß aa rr tt ss dd nn aa LL EE s e r s e r cc mm h e i h e i ee r s h r s h<br />

B<br />

B e r t r a m s w i e s e<br />

B e r t r a m s w i e s e<br />

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Holzhausenstraße Holzhausenstraße Nordendstraße<br />

Nordendstraße<br />

21<br />

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F r i e d b e r<br />

G ü n t h e r s b u r g a l l e e<br />

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A 6 6 A d i c k e s a l l e e N i b e l u n g e n a l l e e R o t h s c h i l d a l l e e H ö h e n s t r a ß e H a b s b u r g e r a l l e e<br />

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Holzhausenpark<br />

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Hauptfriedhof<br />

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Bethmann<br />

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Wasserpark<br />

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Günthersburgpark<br />

W i e s e n s t r a ß e<br />

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F


Schließlich<br />

ist das Nordend<br />

so schön …<br />

Die meisten Menschen lieben, <strong>was</strong> ihnen gehört, <strong>was</strong> zu ihnen gehört.<br />

Es erscheint ihnen wertvoller, als alles draußen, als alles von ihnen Getrennte<br />

<strong>und</strong> Fremde.<br />

Ich schätze das Nordend. Seit ich im Nordend wohne, erscheint mir das<br />

Wohnen in jedem anderen Stadtteil Frankfurts unzumutbar. Schließlich ist<br />

das Nordend so schön. Schließlich bin ich, seit ich im Nordend wohne, ein<br />

wenig zum Nordend geworden. Schließlich bin ich seitdem ein wenig der<br />

Bethmann-Park. Ich blühe <strong>und</strong> grüne das Jahr über, ganz so, wie es die<br />

Bethmann-Park-Gärtner für mich vorgesehen haben. Selbstverständlich<br />

bin ich auch der Merianplatz. Wenn ich nach einer Reise in entferntere<br />

Weltgegenden auf den Merianplatz hinaustrete, ist es, als würde ich nach<br />

Hause kommen, als fände ich zu mir zurück. Ich rolle andächtig meinen<br />

Koffer die Berger Straße hinauf <strong>und</strong> schaue dabei in alle Schaufenster.<br />

Beim zärtlichen Betrachten der ausgestellten Taschen, T-Shirts, Blüten,<br />

Vasen ist es, als würde ich mich selbst zwischen den Ohren kraulen.<br />

Schließlich bin ich ja <strong>nicht</strong> zuletzt auch die Berger Straße, ich bin der<br />

untere Abschnitt der Berger Straße, <strong>und</strong> der schnurrt bekanntlich, wenn<br />

er gekrault wird.<br />

Seit ich im Nordend wohne, gehe ich nur noch ungern in anderen Stadtteilen<br />

aus. Einen Abend in einem anderen Stadtteil zu verbringen, in Sachsenhausen<br />

beispielsweise oder in Bockenheim, erscheint mir zunehmend als eine Verschwendung.<br />

Schließlich ist alles, <strong>was</strong> man zu einem schönen Abend<br />

braucht, bereits aufs Prächtigste im Nordend angerichtet. Schließlich lässt<br />

es sich im Sommer aufs Schönste vor dem Mirador sitzen oder im Innen-<br />

NORD END<br />

Nadja Einzmann erzählt gerne kleine Geschichten<br />

von großen Gefühlen. Für NORDend wirft<br />

sie einen sehr persönlichen, literarischen Blick<br />

auf „ihren“ Stadtteil.<br />

hof des Mosebach oder in der Schönen Müllerin <strong>und</strong> freitags schmeckt<br />

der Wein auf dem Friedberger Platz so gut wie nirgendwo.<br />

Seit ich im Nordend wohne, hat sich mein Fre<strong>und</strong>eskreis verändert. Nur<br />

noch Fre<strong>und</strong>en, die die Vorteile des Nordend zu schätzen wissen, fühle<br />

ich mich wirklich nahe. Die meisten von ihnen wohnen selbst im Nordend.<br />

Sie wohnen r<strong>und</strong> um das untere Ende der Berger Straße, das natürlich<br />

der schönste Teil des Nordends ist. Sie wohnen in der Luisenstraße oder<br />

der Elkenbachstraße, im Baumweg oder über dem Harvey’s.<br />

Vor einigen Monaten traf ich in der Rotlintstraße eine Fre<strong>und</strong>in, die ich<br />

lange <strong>nicht</strong> gesehen hatte. Sie sah glücklich aus. Sie lud mich auf einen<br />

Sekt ins Moksha ein, sie habe nämlich et<strong>was</strong> zu feiern. Sie sei umgezogen.<br />

Endlich sei sie aus ihrer bisherigen niederen <strong>und</strong> düsteren Wohnung Ecke<br />

Vogelsbergstraße ausgezogen <strong>und</strong> in eine Wohnung mit Balkon <strong>und</strong> Blick<br />

auf den Günthersburgpark umgezogen. Sie lebe seither mit Flügeltüren<br />

<strong>und</strong> Stuckrosetten an der Decke. „Bornheim oder noch Nordend?“, fragte<br />

ich alarmiert. „Bornheim“, sagte sie <strong>und</strong> plötzlich wurden wir beide<br />

verlegen. Ich stürzte den Sekt hinunter, so verstört, als wäre ich gerade<br />

mitsamt meinen zauberhaften Straßen <strong>und</strong> Schaufenstern, mit meinen reizenden<br />

kleinen Cafés <strong>und</strong> Kneipen schmählich im Stich gelassen worden.<br />

„Bornheim, das ist doch fast schon Seckbach“, sagte ich ihr beim Abschied<br />

grob. Und auf dem Heimweg konnte ich es immer noch <strong>nicht</strong> fassen. Ich<br />

dachte an mein Nordend <strong>und</strong> dann an Bornheim <strong>und</strong> dann an Flügeltüren<br />

<strong>und</strong> wieder an Bornheim <strong>und</strong> Stuck <strong>und</strong> Flügeltüren, bis meine Gedanken<br />

schließlich zu kreisen anfingen.<br />

22 23<br />

NADJA EINZMANN (Jg. 1974) ist Schriftstellerin <strong>und</strong><br />

lebt im Nordend. Geboren <strong>und</strong> aufgewachsen ist<br />

sie in der Nähe von Karlsruhe. Durch das Studium der<br />

Germanistik <strong>und</strong> Kunstgeschichte an der Johann<br />

Wolfgang Goethe Universität kam sie nach Frankfurt<br />

<strong>und</strong> blieb. Ihre beiden Bücher „Da kann ich <strong>nicht</strong><br />

nein sagen“ (2001) <strong>und</strong> „Dies <strong>und</strong> das <strong>und</strong> das“ (2006)<br />

sind im Frankfurter S. Fischer Verlag erschienen.<br />

Außerdem schreibt sie für Zeitschriften Gedichte,<br />

Erzählungen, Anthologien <strong>und</strong> Reiseberichte.<br />

1998 wurde die Autorin mit dem Förderpreis Junges<br />

Literaturforum Hessen-Thüringen sowie im Jahr 2002<br />

mit dem Georg-K.-Glaser-Förderpreis ausgezeichnet.<br />

2007 erhielt sie den Förderpreis des Friedrich-<br />

Hölderlin-Preises der Stadt Bad Homburg.


Der Makler,<br />

die Madame <strong>und</strong><br />

die gockelnden<br />

Männchen<br />

Das Nordend hat sich verändert. Wie? Und wohin?<br />

Ist es überhaupt noch da? Michi Herl kennt sich aus mit<br />

all den Verschiebungen <strong>und</strong> den Verschrobenen in diesen<br />

Breitengraden. Hier beschreibt er einen typischen Tag.<br />

Manche sagen, man könne eine Stadt am besten erfühlen, wenn man<br />

ihr in den frühen Morgenst<strong>und</strong>en begegne. Also denn. Nordend, sieben<br />

Uhr. Jogger joggen in die diversen Parks zum Joggen, Amseln trällern<br />

ihre Amsellieder, Bäckereifahrzeuge beliefern Bäckereifilialen, an Trinkhallen<br />

werden die ersten Jägermeister getrunken, H<strong>und</strong>ebesitzer führen<br />

H<strong>und</strong>e umher <strong>und</strong> lassen sie ein paar Tropfen an die Ecken tröpfeln,<br />

Müllmänner bugsieren Mülltonnen durch Häuserflure, <strong>und</strong> die ersten<br />

Cafébetreiber entketten die ersten Cafétische <strong>und</strong> gehen feucht drüber.<br />

Ruhig ist’s.<br />

Anders gegen acht, halb neun. Das Nordend erwacht wirklich. In den<br />

Straßencafés gehen die ersten Kaffees, die meisten im Wortsinne, sie sind<br />

nämlich „to go“. Das geht so: Menschen, meist in Anzügen oder Kostümen,<br />

halten kurz im Halteverbot, eilen telefonierend hinein ins Café, haben<br />

beim Herauskommen immer noch telefonierend einen braunen pappenen<br />

Becher mit einem weißen, plastikernen Deckel in der Hand, nehmen<br />

den Becher mit in ihr meist allradgetriebenes, meist schwarzes Kraftfahrzeug<br />

<strong>und</strong> fahren ihn dann irgendwohin. Wohin sie den Becher wohl<br />

fahren? In andere Stadtteile? Andere Regionen? Ferne Länder? Oder auf<br />

die Felder, in die Wälder, in die Savannen? Das wäre mal interessant<br />

zu wissen. Doch muss man alles Wissen wissen?<br />

NORD END<br />

Halb Auto, halb Fahrrad Die modernen Fortbewegungsmittel<br />

im Nordend teilen sich etwa je zur Hälfte auf in besagte<br />

Kraftfahrzeuge <strong>und</strong> in Fahrräder. So gegen acht, halb neun morgens<br />

surren sie denn auch aus allen Richtungen herbei. Junge <strong>und</strong> <strong>nicht</strong> mehr<br />

so junge Menschen, radelnd. Die einen in Anzügen <strong>und</strong> Kostümen, die<br />

anderen in Sommerkleidchen <strong>und</strong> Leinenhosen, weitere in Schlabberigem<br />

<strong>und</strong> Sandalen. Letztere haben meist Körbe auf ihre Fahrräder geb<strong>und</strong>en,<br />

in denen sie ihre Kinder befestigt haben. Die bringen sie nun nämlich in<br />

eine Schule oder in eine Stube, in der gekrabbelt wird.<br />

M<strong>und</strong>geruch Es ist nun halb zehn, <strong>und</strong> in einem einschlägigen<br />

Café treffen sich wie jeden Morgen eine Handvoll Makler zur Erteilung<br />

der Tagesbefehle. Keine seriösen, eher schmierige. Welche der Kategorie<br />

„Hartgeldluden“. Heute soll ein Haus in der Egenolffstraße gestürmt<br />

werden. Sie besprechen, wer von welcher Seite angreift <strong>und</strong> mit welchen<br />

Waffen <strong>und</strong> ob Gefangene gemacht werden oder <strong>nicht</strong>. Und dann klären<br />

sie die Verteilung der Beute. Makler dieser Gattung sind dumm. Solche<br />

Makler wissen <strong>nicht</strong>, dass man den Bär erst erlegen muss, bevor man sein Fell<br />

aufteilt. Die Makler wirren umher in ihren Makleranzügen, sie trinken<br />

Espresso mit viel Zucker, <strong>und</strong> viele haben M<strong>und</strong>geruch. Das komme vom<br />

24 25<br />

MICHI HERL (Jg. unbekannt) trägt Lederjacke<br />

(immer) <strong>und</strong> Sonnenbrille (oft). Ist der einzige<br />

Mensch, der ein klappriges Fahrrad so durch<br />

die Gegend zu steuern versteht, als sei es eine<br />

Limousine. Er hat das Stalburg Theater gegründet<br />

<strong>und</strong> den Stoffel erf<strong>und</strong>en. Er ist Journalist, Autor,<br />

Kolumnist <strong>und</strong> einiges mehr. Der Herl eben.


<strong>Gentrifi</strong>zierung ist ein Modewort<br />

<strong>und</strong> bedeutet<br />

Arschlochalarmerzeugung.<br />

schlechten Gewissen, hat unlängst eine Frau abends in einem Wirtshaus<br />

erzählt. Schlechtes Gewissen gehe auf den Magen, <strong>und</strong> ein böser Magen<br />

verursache einen prägnanten Hautgout aus dem Schl<strong>und</strong>. Die Frau muss es<br />

wissen, die Frau ist Heilpraktikerin. Kurz vor zehn rücken die Makler aus<br />

in die Egenolffstraße. Ihr Schl<strong>und</strong>geruch indes bleibt noch lange in dem<br />

einschlägigen Café stehen. Es ist ein smell to stay.<br />

Kurze Zeit später schläppelt draußen eine alte Frau in Kittelschürze<br />

vorbei, im Abstand von schätzungsweise zehn Meter ihr – in Relation<br />

gesehen – mindestens genauso altes Hündchen. Unter dem Arm trägt<br />

die Frau eine Bildzeitung, <strong>und</strong> sie macht dem Hündchen Beine. „Ei, jetz<br />

mach doch! De Kaffee werd doch kalt“! Es braucht nur wenig Phantasie,<br />

sich den Kaffee vorzustellen, der da kalt wird, wenn das Hündchen<br />

<strong>nicht</strong> macht. In einer weißen Porzellankanne, gebrüht in einem weißen<br />

Porzellanfilter, darauf wartend, mit Dosenmilch versetzt <strong>und</strong> aus einer<br />

weißen Porzellantasse getrunken zu werden. Ja, die gibt es auch noch im<br />

Nordend. Nicht nur Cups, Mugs, Bols oder Becher. Dass die Cups, Mugs,<br />

Bols <strong>und</strong> Becher immer mehr werden <strong>und</strong> die weißen Porzellantassen<br />

immer weniger, liegt an der <strong>Gentrifi</strong>zierung. Das ist ein Modewort <strong>und</strong><br />

bedeutet Arschlochalarmerzeugung.<br />

Ein gentrifiziertes Appartement, das ist im Gr<strong>und</strong>e so et<strong>was</strong> Ähnliches<br />

wie eine Lounge, eine Latte Macchiato, ein iPad oder ein Salat mit Putenbruststreifen<br />

zum Wohnen. Et<strong>was</strong> Bestehendes wird von Gr<strong>und</strong> auf<br />

erneuert, als hip verkauft <strong>und</strong> Menschen zugänglich gemacht, die sich<br />

so <strong>was</strong> leisten können. Die anderen gehen eben weiterhin in Eckkneipen,<br />

trinken Filterkaffee, schreiben auf dem alten Computer, essen Pellkartoffeln<br />

– <strong>und</strong> kriegen ihre Wohnung gekündigt. Heute wird es wieder<br />

welche treffen, in der Egenolffstraße. In wenigen Minuten wird dort zur<br />

<strong>Gentrifi</strong>zierung geblasen.<br />

Zu Beginn ist eine <strong>Gentrifi</strong>zierung ja eine feine Sache. Dann nämlich ziehen<br />

Studenten in ein preiswertes Wohnviertel, es folgen Künstler <strong>und</strong> Szenekneipen<br />

– <strong>und</strong> flugs haben sie den Kiez aufgewertet ohne es zu wollen.<br />

Die Wohnungen werden saniert, die Mieten steigen ins Unermessliche, <strong>und</strong><br />

wenn sie <strong>nicht</strong> mittlerweile gut verdienen, können es sich die Anfangsbewohner<br />

<strong>nicht</strong> mehr leisten, in dem von ihnen belebten Viertel zu bleiben.<br />

Nicht sie <strong>und</strong> auch <strong>nicht</strong> jene, die oft seit Generationen <strong>hier</strong> leben. So sind<br />

denn Menschen wie die alte Dame mit dem alten Hündchen <strong>und</strong> dem bald<br />

kalten Kaffee in der Porzellankanne im Nordend zur Seltenheit geworden.<br />

Viele sind weg Aus der Anfangszeit der <strong>Gentrifi</strong>zierung<br />

(als übrigens noch kein Mensch wußte, <strong>was</strong> das bedeutet) sind nur wenige<br />

Relikte geblieben. Alle wirklichen Szenekneipen sind verschw<strong>und</strong>en, außer<br />

dem Größenwahn in der Nordendstraße <strong>und</strong> dem Mampf im Sandweg.<br />

Vielleicht könnte man noch das Café Läuft dazuzählen, das hat jedoch mehr -<br />

NORD END<br />

mals den Ort gewechselt. Weg sind viele. Horizont, Aufschwung, Schmendrick,<br />

Sandsturm, Taverne Sparta, Pizza-Peter, Mollis Pinte, Menz, Gauß, Hallgarteneck,<br />

um nur einige zu nennen. Alles Lokale, in denen es um kleine<br />

Münze manchmal Speisen, aber immer Getränke <strong>und</strong> Geselligkeit gab.<br />

Es soll dies nun kein romantisches Erinnern eines alten Mannes an<br />

frühere Zeiten sein. Nein. Täte man dies, müßte man nämlich gerechterweise<br />

auch mahnend der entsetzlichen Schnitzel in den Anfangsjahren<br />

des Größenwahn gedenken, des labberigen Bieres im Hallgarteneck, der<br />

sumpfigen Käsespätzle im Aufschwung, der ungustiös strippenden Molli<br />

morgens um halb fünf auf dem Tresen ihrer Pinte <strong>und</strong> vieler weiterer<br />

Widerwärtigkeiten. Das Sterben solcher Kneipen ist vielmehr unter Soziologen<br />

ein anerkannter Indikator für eine beginnende <strong>Gentrifi</strong>zierung.<br />

Des<strong>wegen</strong> die Aufzählung, bar jeder Wehmut.<br />

Doch solches ist kein alleiniges Nordend-Phänomen. Es gibt sie ja in jeder<br />

Stadt, diese Viertel. Es sind jene Stadtteile, deren Bewohner – so macht es<br />

den Eindruck – schon seit Jahrzehnten Bionade trinken, obwohl die Brause<br />

erst 1995 erf<strong>und</strong>en wurde. So sei, getreu jener nach dem Ei <strong>und</strong> dem<br />

Huhn, die Frage erlaubt: Wer war zuerst da, die Biobrause oder der Nordendler?<br />

Doch wie gesagt, es ist dies keine rein Frankfurter Erscheinung.<br />

Ob der Prenzlauer Berg in Berlin, das Glockenbachviertel in München,<br />

Köln-Ehrenfeld oder das Schanzenviertel in Hamburg – das Nordend ist<br />

überall.<br />

Hauptsache Braten Es wohnen in solchen Stadtteilen in<br />

überdurchschnittlich hoher Zahl Menschen, die zwar kaum eine Kochsendung<br />

im Fernsehen verpassen, die für ihre Einbauküche mehr Geld bezahlt<br />

haben als andere für ihr Kraftfahrzeug, die aber im Biosupermarkt<br />

zur Fleischverkäuferin sagen: „Ich wollte mal einen Braten machen. Wie<br />

geht das denn?“ Verkäuferin: „Was für einen Braten wollten Sie denn?“<br />

K<strong>und</strong>in: „Och, ich weiß auch <strong>nicht</strong>. Vielleicht Rind. Oder Kalb. Oder Pute.<br />

Gibt es da Unterschiede?“<br />

Oder jene ältere Mitbürgerin im Bioladen. Es war in einem April, Madame<br />

stand vor der Kasse mit einem guten Kilo Weintrauben in der Hand <strong>und</strong><br />

gluckste nach dem Abwiegen: „Huch, die Trauben sind aber teuer.“ Der<br />

K<strong>und</strong>e neben ihr bemerkte höflich: „Gnä’ Frau, wir haben April. Da müssen<br />

Sie für jedes Pf<strong>und</strong> Trauben zehn Liter Kerosin mitbezahlen.“ Und<br />

sie: „Ach ja, da haben Sie natürlich recht. Das habe ich so noch gar <strong>nicht</strong><br />

gesehen“. Madame hat studiert, Madame ist mit einem Rechtsanwalt<br />

verheiratet, Madame liest täglich die FAZ – aber dass bei uns im April keine<br />

Trauben wachsen, das war Madame neu. Sie legte die Trauben zurück,<br />

da nahm ihr denn der nette K<strong>und</strong>e nebenan noch den „Bio-Honig“ aus<br />

den Anden aus dem Korb <strong>und</strong> stellte ihn mit der Bemerkung „Bei uns gibt<br />

es auch Imker“ wieder ins Regal.<br />

Das ist nun alles <strong>nicht</strong> schlecht, es ist halt anders als anderswo. Der typische<br />

Gallusbewohner weiß unter Garantie den Unterschied zwischen<br />

einer Kuh <strong>und</strong> einem Truthahn. Er kann sich solch einen Braten allerdings<br />

<strong>nicht</strong> oft leisten – <strong>und</strong> schon gar keinen aus dem Biomarkt. Und er denkt<br />

<strong>nicht</strong> im Traum daran, im April Weintrauben zu kaufen. Obwohl. Im<br />

Traum vielleicht schon.<br />

Woodstock auf Nordend Der Abend naht. Es ist Freitag,<br />

auf dem Friedberger Platz haben sich r<strong>und</strong> eintausend Geschöpfe versammelt,<br />

um dort eine Art Fortpflanzungsritual zu begehen. Willige Weibchen<br />

kauern leicht bekleidet im Gras <strong>und</strong> bestaunen gockelnde Männchen,<br />

die testosterongestört über sie staksen. Dazu trinken sie betörende<br />

Essenzen aus den umliegenden Wasserhäuschen. Abschließend lassen<br />

sie die leeren Flaschen liegen <strong>und</strong> fallen irgendwo über sich her. Er ist ja<br />

zum Politikum geworden, dieser wöchentliche Gangbang auf dem kleinen<br />

Flecken. Komisch. Vor Jahren noch erwirkten die Anwohner ein Verbot<br />

des Grillens eines Wildschweins auf dem dortigen Markt. Geruchsbelästigung.<br />

Und nun sind allfreitaglich gleich Tausende dort <strong>und</strong> hinterlassen<br />

Tonnen von Müll – <strong>und</strong> die Politik zeigt sich machtlos. So ändern sich die<br />

Zeiten. Ist ja auch schwierig. Verbote sind immer schlecht. Außerdem wertet<br />

dieses wöchentliche Event das Viertel vielleicht ja auch auf. Die Makler<br />

sind sicherlich dieser Meinung. Fun ist immer gut. Gerade für junge,<br />

wohlhabende <strong>Gentrifi</strong>zierungsvollender.<br />

Manche sagen, man könne eine Stadt am besten erfühlen, wenn man<br />

ihr in den späten Abendst<strong>und</strong>en begegne. Also denn. Nordend, 22 Uhr.<br />

Jogger joggen in die diversen Parks zum Joggen, Amseln trällern ihre<br />

Amsellieder, an Trinkhallen werden die letzten Jägermeister getrunken,<br />

H<strong>und</strong>ebesitzer führen H<strong>und</strong>e umher <strong>und</strong> lassen sie ein paar Tropfen an<br />

die Ecken tröpfeln, Fledermäuse fledern in die beginnende Nacht, <strong>und</strong><br />

die letzten Cafébetreiber ketten die letzten Cafétische an. Die Makler<br />

sind weg. Sie haben sich wahrscheinlich in eine Lounge an der Hanauer<br />

Landstraße verzogen, um dort zu feiern. TGIF, Thank God It’s Friday. Und<br />

Montag früh werden sie wieder Espresso mit viel Zucker trinken. Und<br />

einen neuen Schlachtplan schmieden.<br />

26 27<br />

Die anderen gehen eben<br />

weiterhin in Eckkneipen,<br />

trinken Filterkaffee,<br />

essen Pellkartoffeln – <strong>und</strong><br />

kriegen ihre Wohnung<br />

gekündigt.


28<br />

NORD END<br />

Vom ersten Schrei<br />

An der Nibelungenallee treffen zwei Extreme aufeinander:<br />

Südlich der viel befahrenen Straße ist mit dem Bürgerhospital<br />

das geburtenstärkste Krankenhaus in ganz Hessen beheimatet.<br />

Nördlich liegt einer der größten Friedhöfe Deutschlands.<br />

Hier der Kreißsaal, dort das Krematorium. Eine<br />

Doppelreportage über dieses existenzielle Nebeneinander.<br />

Zur letzten Ruhe<br />

29


Sieben W<strong>und</strong>er pro Tag<br />

Hier hat es angefangen. In diesem<br />

Flügeltrakt im zweiten Obergeschoss<br />

haben Tausende Frankfurter<br />

zum ersten Mal Licht gesehen <strong>und</strong><br />

ihren ersten Schrei ausgestoßen.<br />

Den Weg weist – <strong>was</strong> sonst? – ein<br />

Storch. An Drahtseilen von der<br />

Decke hängend, zeigt sein Schnabel<br />

auf eine Tür mit einem Schild:<br />

„Kreißsaal. Bitte klingeln“. Frauen, die das tun, haben meist einen prallen Kugelbauch<br />

<strong>und</strong> selten sind sie ruhigen Blutes. Sie spüren, dass die Uhr, die ungefähr<br />

zehn Monate zuvor zu ticken begonnen hat, auf fünf vor zwölf steht; dass das<br />

Ereignis bevorsteht, das sie herbeigesehnt, immer aber auch ein bisschen gefürchtet<br />

haben. Hinter der Tür erstreckt sich ein Flur, von dem die Entbindungszimmer<br />

abgehen. Matt leuchtende Lämpchen signalisieren, dass alle belegt sind. Es sind<br />

die Zimmer, in denen sich Tag für Tag das archaische Schauspiel ereignet, das<br />

die Welt von Anbeginn auf Trab hält; Zimmer, in denen sich mächtige Gefühle<br />

überschlagen, Furcht <strong>und</strong> Hoffnung, Mut <strong>und</strong> Verzweiflung, Glück, aber auch<br />

Schmerz. Denn vor dem Himmel, so hat es eine Mutter einmal gesagt, kommt die<br />

Hölle. Und Kreißsaal kommt von Kreischsaal. Jetzt aber, die Frühschicht hat eben<br />

erst begonnen, ist es ganz still.<br />

Asche zu Asche<br />

NORD END<br />

Die Planung des Unplanbaren Auf einem Monitor im Hebammenzimmer<br />

flimmern die Kurven der Wehenschreiber. Nüchterne kalte Linien,<br />

die davon künden, dass nebenan ein Grollen durch die Körper der Frauen rollt.<br />

Mal steile Anstiege, mal kleine Erhebungen. Auf einer Tafel ist mit Filzstift notiert,<br />

wer in welchem Zimmer liegt, ob die Geburt vorangeht <strong>und</strong> welche Maßnahmen<br />

bereits eingeleitet sind. Der Stand der Dinge: Eine Frau ist kurz vor der Entbindung,<br />

bei zwei Frauen ist die Fruchtblase geplatzt, eine andere ist <strong>wegen</strong> vorzeitiger<br />

Blutungen <strong>hier</strong>. Ansonsten sind im OP zwei Kaiserschnitte geplant. Ein normales<br />

Vormittagsprogramm – <strong>und</strong> doch eines, das organisiert werden muss. Schließlich<br />

müssen die Rhythmen der Frauen mit dem Takt des Krankenhausbetriebes in<br />

Einklang gebracht werden. Hier die Unberechenbarkeit des Ereignisses – nur jedes<br />

50. Kind wird am prognostizierten Termin geboren –, dort Dienstpläne, Bettenkapazitäten<br />

<strong>und</strong> Personalschlüssel. „Man weiß nie, <strong>was</strong> einen erwartet, wenn die<br />

Schicht beginnt“, sagt die jüngste der drei diensthabenden Hebammen. Plötzlich<br />

wird es eng in dem kleinen Raum. Ärztinnen, Hebammen <strong>und</strong> Pflegekräfte<br />

schlängeln sich aneinander vorbei. Stimmengewirr. „Kann ich eine Sectio in den<br />

„Sterben ist scheiße“, bringt ein junger Mann seine Niedergeschlagenheit auf den<br />

Punkt. Er kommt gerade von der Einäscherung eines Fre<strong>und</strong>es im Frankfurter<br />

Krematorium. Doch <strong>nicht</strong> nur das Sterben an sich ist schwer zu ertragen. Auch<br />

Bestattungen sind <strong>nicht</strong> gerade Veranstaltungen des Frohsinns. Aber irgendwie<br />

muss ja mit den sterblichen Überresten einigermaßen pietätvoll umgegangen<br />

werden.<br />

In Deutschland dominierte bis vor einigen Jahren die traditionelle Erdbestattung.<br />

Feuerbestattungen hatten es in der Nachkriegszeit schon alleine <strong>wegen</strong><br />

der Assoziation mit den Verbrennungen in den KZs schwer. Außerdem war der<br />

Auferstehungsglaube oft mit der Phantasie des irdischen Körpers verb<strong>und</strong>en. Als<br />

aber in den 1960er-Jahren die katholische Kirche die Feuerbestattung akzeptierte,<br />

nahmen die Einäscherungen immer mehr zu <strong>und</strong> inzwischen werden schon<br />

etwa zwei Drittel der Toten in einem der etwa 140 b<strong>und</strong>esdeutschen Krematorien<br />

verbrannt. Dabei gibt es ein starkes Nord-Süd-Gefälle. Während im Norden die<br />

Feuerbestattungen überwiegen – in Berlin liegt der Anteil sogar bei 80 Prozent<br />

– finden in Süddeutschland immer noch deutlich mehr traditionelle Erdbestattungen<br />

statt. Ein weiterer Unterschied ist zwischen den Generationen zu erkennen.<br />

Während Jüngere häufig zur Verbrennung der Leichname tendieren, ist es für<br />

Senioren meist <strong>und</strong>enkbar, dass ein Mensch, der sie ein Leben lang begleitet hat,<br />

in einer „Dose“ enden soll.<br />

In Frankfurt werden laut Michael Bleuel, Leiter des städtischen Krematoriums,<br />

über 65 Prozent der fast 6.000 Toten im Jahr eingeäschert – mit einer jährlichen<br />

Steigerungsrate von 1 bis 1,5 Prozent. Dabei ist der Hauptgr<strong>und</strong> für den Trend<br />

zur Kremation finanzieller Natur. Schließlich sind die Verbrennungssärge in<br />

der Regel schlichter <strong>und</strong> damit billiger. Auch Urnengräber <strong>und</strong> -kammern sind<br />

OP schicken?“ – Am Telefon. „Sie sind <strong>hier</strong> im Kreißsaal gelandet.“ – „Ich gehe jetzt<br />

der Frau in Zimmer 394 einen Einlauf machen.“<br />

Die geburtshilfliche Abteilung des Bürgerhospitals ist die gewaltigste „Gebärmaschine“<br />

Hessens. Im vergangenen Jahr sind <strong>hier</strong> mehr als 2.500 Kinder auf die Welt<br />

gekommen. Das sind im Schnitt sieben kleine W<strong>und</strong>er pro Tag. Noch vor wenigen<br />

Jahren war das anders, da gab es im „Bürger“ nur einige h<strong>und</strong>ert Entbindungen.<br />

Doch dann hat die Abteilung für Frauenheilk<strong>und</strong>e mit Nachdruck auf das Feld<br />

Geburtshilfe gesetzt. Profilbildung nennt man das. Heute hat die Klinik eines der<br />

wenigen Perinatalzentren mit Maximalversorgung im Rhein-Main-Gebiet. <strong>Von</strong><br />

High-End-Ultraschallgeräten <strong>und</strong> modernster Pränataldiagnostik bis zur Intensivmedizin<br />

<strong>und</strong> -chirurgie für Neugeborene – die Abteilung ist auf alle Eventualitäten<br />

vor, während <strong>und</strong> nach der Geburt vorbereitet. Das spricht Schwangere aus<br />

nah <strong>und</strong> fern an, die auf Nummer sicher gehen wollen, <strong>und</strong> hat die Abteilung bei<br />

Risikogeburten aller Art zur ersten Adresse gemacht. Und je häufiger die Spezialisten<br />

Krankheiten noch im Mutterleib behandelt, komplizierte Geburten bewältigt<br />

oder extreme Frühchen über die ersten Tage gerettet haben, umso höher ist ihre<br />

Expertise – <strong>und</strong> desto heftiger wird der Ansturm. 2004 noch wurden <strong>hier</strong> nur vier<br />

Zwillingspaare entb<strong>und</strong>en. Im vergangenen Jahr waren es 133. >><br />

günstiger <strong>und</strong> bedürfen zudem keiner aufwendigen Pflege. „Man darf sich <strong>nicht</strong>s<br />

vormachen, auch in einer reichen Stadt wie Frankfurt können sich viele Hinterbliebene<br />

einen ordentlichen Sarg <strong>und</strong> ein durchschnittliches Grab mit entsprechendem<br />

Stein schlicht <strong>und</strong> einfach <strong>nicht</strong> mehr leisten“, erklärt Bleuel. „Das gilt<br />

insbesondere, seit das Sterbegeld der Versicherungen weggefallen ist.“ Hinzu<br />

käme die Auflösung der Großfamilien. „Die Kinder ziehen weg <strong>und</strong> es gibt dann<br />

niemand mehr, der die Grabpflege übernimmt.“ Ein anderer Gr<strong>und</strong> für den Trend<br />

zur Einäscherung ist die unschöne Vorstellung, dass der Leichnam unter der Erde<br />

verwest. Je nach Bodenbeschaffenheit kann das bis zu dreißig Jahre dauern. Bei<br />

manchen Menschen kommt die Urangst dazu, lebendig begraben zu werden.<br />

Der Tod als Geschäft Am 4. Juli 1912 wurde am Frankfurter<br />

Hauptfriedhof an der Eckenheimer Landstraße die neue Trauerhalle mit dem<br />

Krematorium eröffnet – ein monumentaler Bau in neoklassizistischem Stil.<br />

Die Innendekoration ist im Jugendstil gehalten <strong>und</strong> entstammt einem preisgekrönten<br />

Wettbewerbsentwurf der Berliner Architekten Heinrich Reinhardt<br />

<strong>und</strong> Georg Süßenguth. In diesem historischen, denkmalgeschützten Gebäudekomplex,<br />

der im Krieg von Zerstörungen verschont blieb, befindet sich auch<br />

heute noch das städtische Krematorium.<br />

Die Verbrennungsanlage umfasst vier Öfen <strong>und</strong> wurde inzwischen den modernen<br />

Umweltstandards angepasst. Fünf Mitarbeiter halten im Zwei-Schicht-<br />

Betrieb die Anlage am Laufen. <strong>Bis</strong> vor Kurzem war die Einrichtung die größte<br />

ihrer Art in Hessen. Doch seit 2003 dürfen Krematorien auch privatwirtschaft-<br />

30 31<br />

>>


Hier die Unberechenbarkeit<br />

des Ereignisses, dort<br />

Dienstpläne, Bettenkapazitäten<br />

<strong>und</strong> Personalschlüssel.<br />

„Man weiß nie, <strong>was</strong><br />

einen erwartet, wenn<br />

die Schicht beginnt“, sagt eine<br />

der Hebammen.<br />

32<br />

Jede Geburt klingt anders Atempause. Auf dem Flur ist<br />

niemand zu sehen <strong>und</strong> <strong>nicht</strong>s zu hören. Nur durch die Doppeltüren von Zimmer<br />

395 sickert ein markiges Stöhnen. „Jede Geburt klingt anders“, erzählt eine Hebamme.<br />

Mal ein sanftes Wimmern, mal durchdringende Schreie, mal ein anschwellender<br />

Walgesang. Jede Frau kämpft anders. Ab <strong>und</strong> an öffnet sich eine Tür. Ein werdender<br />

Vater verschwindet auf eine Zigarette nach draußen. Eine Hebamme stattet einer<br />

„ihrer Frauen“ einen Besuch ab. Eine Reinigungskraft schiebt den Putzwagen<br />

durch den Korridor. Eine Ärztin eilt herbei, um den Kaiserschnitt, den sie im OP<br />

vorgenommen hat, in die Akten einzutragen. Routinen aller Art. Aus dem Vorwe henzimmer<br />

kommt ein junges Paar. Sie hat ihre Arme um den prallen Bauch gelegt,<br />

er trägt die Tasche. Sie erwarten ihr zweites Kind. Die ganze Nacht über sind sie<br />

schon <strong>hier</strong>. Passiert ist eigentlich <strong>nicht</strong>s, denn die Wehen, die sich gestern gemeldet<br />

hatten, sind wieder verebbt. Niemand kann sagen, wann sie wieder heranrollen werden,<br />

ob gleich, in den nächsten St<strong>und</strong>en oder erst in einigen Tagen. Ob sie Angst<br />

hat? „Ja, ich weiß ja <strong>nicht</strong>, wie es wird.“ So nervös wie beim ersten Mal? „Nervöser“.<br />

„Man sitzt schon ein bisschen rum wie Falschgeld“, sagt er. Aber er wird bei seiner<br />

Frau bleiben, egal, wie lange es dauert. Gebären – das heißt warten, oft quälend<br />

lang, mal zehn St<strong>und</strong>en, mal zwanzig St<strong>und</strong>en. Das Paar steht auf, um durch das<br />

Gebäude zu laufen. Vielleicht setzt die Bewegung ja et<strong>was</strong> in Gang.<br />

Die werdenden Väter sind fast immer dabei. Früher war das anders, da sind sie zur<br />

Arbeit gegangen oder haben in der Kneipe vorgefeiert. Ohnehin ist fast <strong>nicht</strong>s mehr<br />

lich geführt werden <strong>und</strong> die Bestattungsunternehmen können sich aussuchen,<br />

mit wem sie zusammenarbeiten. Das brachte Bewegung in die Branche. So<br />

hat sich die Zahl der Einäscherungen in Frankfurt in den letzten sechs Jahren<br />

mehr als halbiert, <strong>was</strong> zur Folge hatte, dass nur noch drei Öfen betrieben<br />

werden <strong>und</strong> 1,5 Planstellen wegfielen. Das ist nur auf den ersten Blick ein<br />

Widerspruch zur allgemeinen Entwicklung. Es kam vielmehr zu Verschiebungen.<br />

Denn die regionalen Zahlen im Rhein-Main-Gebiet nehmen weiter zu.<br />

In Offenbach wurden beispielsweise im letzten Jahr etwa 4.000 Leichname<br />

verbrannt, mehr als doppelt so viele wie in Frankfurt.<br />

Es ist ein offenes Geheimnis, dass einige private Krematorien in der Region<br />

den Bestattern Rabatte oder Prämien einräumen – quasi als Transportentschädigung.<br />

Es kann also durchaus vorkommen, dass ein Leichnam aus Frankfurt<br />

vom Bestattungsunternehmen in das Krematorium einer anderen Stadt<br />

gefahren <strong>und</strong> dort verbrannt wird. Danach wird die Urne mit der Asche zurückgebracht<br />

<strong>und</strong> auf dem Frankfurter Hauptfriedhof beigesetzt. Man kann<br />

diesen „Leichen-Tourismus“ pietätlos finden. Doch auch der Tod ist eben ein<br />

Geschäft. Und wo Wettbewerb entsteht, nimmt auch die K<strong>und</strong>enorientierung<br />

so, wie es in den drei, vier Jahrzehnten nach 1945 gewesen ist. Die Ärzte hatten<br />

den Hebammen das Zepter aus der Hand gerissen, die Geburt von zu Hause ins<br />

Krankenhaus verlegt <strong>und</strong> den Maßgaben einer technokratischen Medizin unterworfen.<br />

Ein Oberarzt, Typ „alter Hase“, der seit 30 Jahren im Bürgerhospital tätig<br />

ist, setzt sich an den Tisch <strong>und</strong> kommt ins Erzählen. <strong>Von</strong> dem einstigen Prinzip<br />

der „programmierten Geburt“, bei der die Schwangere am errechneten Termin ins<br />

Krankenhaus kam, die Ärzte den Mutterm<strong>und</strong> öffneten <strong>und</strong> das Kind herausholten;<br />

von dem Lachgas, mit dem Frauen der „Durchtrittsrausch“ verpasst wurde,<br />

<strong>und</strong> von der Selbstverständlichkeit, mit der drei von vier Gebärenden der Damm<br />

durchschnitten wurde; von dem Kommando-Ton jener Tage <strong>und</strong> von gekachelten<br />

Entbindungszimmern; davon, dass Mutter <strong>und</strong> Neugeborenes sofort nach der<br />

Geburt getrennt wurden <strong>und</strong> das Stillen fast verpönt war. All das im Namen von<br />

Sterilität <strong>und</strong> Effizienz einer kühlen Medizin. Und heute?<br />

zu. Lieferungen auch am Abend <strong>und</strong> Hilfe beim Abladen sind inzwischen<br />

Standard. Dem Verstorbenen die eigene Kleidung anzuziehen <strong>und</strong> dabei zu<br />

sein, wenn der Sarg in den Ofen eingefahren wird – auch das ist fast überall<br />

möglich. Das Frankfurter Krematorium, das dem Grünflächenamt zugeordnet<br />

ist, hat sich den veränderten Gegebenheiten angepasst <strong>und</strong> strebt als „Betrieb<br />

gewerblicher Art“ einen wirtschaftlichen Betrieb an. Geschäftszahlen werden<br />

zwar <strong>nicht</strong> veröffentlicht, aber Bleuel zeigt sich inzwischen wieder zufrieden<br />

mit der Entwicklung: „Wir sind eine feste Größe in der Region <strong>und</strong> haben einen<br />

recht guten Ruf bei den etwa 50 Bestattern aus Frankfurt <strong>und</strong> dem Umland.“<br />

Nichts ist mehr so, wie es mal war Die Tür zum Entbindungszimmer<br />

393 steht offen. Hier kann man sein buntes W<strong>und</strong>er erleben. Blauer<br />

Boden, farbige Bettwäsche, orange Gardine, rote Lederpolster, naturfar bene<br />

Möbel mit organischen Aussparungen – so ähnlich sieht es in einer ayurvedischen<br />

Massagepraxis auch aus. Ein Bett gibt es <strong>nicht</strong>, dafür eine riesige Liegefläche, >><br />

Die zweite Leichenschau Auf dem Weg hinunter zu den<br />

Brennöfen des Frankfurter Krematoriums kann es einem schon ein bisschen<br />

mulmig werden. Es wird ziemlich warm <strong>und</strong> es riecht et<strong>was</strong> seltsam. Unten<br />

angekommen, empfängt einen ein eher technisches Ambiente. Nicht unbedingt<br />

das, <strong>was</strong> man erwarten würde, denn insbesondere die darüberliegende Trauerhalle<br />

beeindruckt durch ihre gediegene Jugendstilatmosphäre.<br />

Die Anlieferung der Verstorbenen erfolgt durch das Bestattungsunternehmen.<br />

Dabei befindet sich der Tote bereits in dem Sarg, in dem er dann auch verbrannt<br />

wird. Nach Feststellung der Identität – <strong>hier</strong> gilt immer das Vier-Augen-<br />

Prinzip – wird der Leichnam zunächst im Kühlraum bei sieben Grad Celsius<br />

aufbewahrt, um den Verwesungsprozess zu verlangsamen. Manchmal reicht<br />

das aber <strong>nicht</strong> aus, denn <strong>nicht</strong> jede Leiche wird nach dem Ableben zeitnah in<br />

das Krematorium gebracht. „Insbesondere allein stehende alte Leute können<br />

schon mal einige Tage in ihrer Wohnung liegen, bevor sie entdeckt werden“,<br />

gibt Bleuel zu bedenken. In diesen Fällen verschließen die Frankfurter<br />

Krematoriumsmitarbeiter die Särge mit Silikon. Zusätzlich steht noch eine<br />

Gefrierkammer zur Verfügung.<br />

Vor der Verbrennung hat der Gesetzgeber eine „zweite Leichenschau” durch<br />

einen Gerichtsmediziner vorgeschrieben, da nach der Einäscherung Hinweise<br />

für eine Tötung oder ein Fremdverschulden endgültig verloren wären.<br />

Der Hausarzt, der in der Regel den Totenschein ausstellt, ist zwar verpflichtet,<br />

33<br />

„Man darf sich <strong>nicht</strong>s<br />

vormachen, auch<br />

in einer reichen Stadt<br />

wie Frankfurt können<br />

sich viele Hinterbliebene<br />

einen ordentlichen<br />

Sarg <strong>und</strong> ein<br />

durchschnittliches<br />

Grab mit entsprechendem<br />

Stein schlicht<br />

<strong>und</strong> einfach <strong>nicht</strong><br />

mehr leisten.“<br />

>>


die sich in nahezu jede Position schwenken <strong>und</strong> klappen lässt. „Entbindungslandschaft“<br />

nennt sich das. Medizinische Instrumente? Fehlanzeige. „Die sind alle in<br />

den Holzschränken verborgen“, erklärt eine Hebamme. Sichtbar hingegen sind<br />

ein Gymnastikball <strong>und</strong> ein Leinentuch, das an einem Haken von der Decke hängt.<br />

Früher brachten Frauen die Kinder im Bett liegend zur Welt. Heute haben sie die<br />

Wahl zwischen einem Dutzend verschiedener Positionen. Im Vierfüßlerstand, im<br />

Stehen an ihren Mann gelehnt, auf dem Gebärhocker, auf dem Gymnastikball<br />

oder im warmen Wasser in der Wanne. Warum das Ganze? Die Hebamme erklärt:<br />

„All das soll helfen, den Frauen die Angst zu nehmen. Sie sollen sich wohlfühlen.“<br />

Im Zuge der Emanzipation haben sich Frauen gegen die rigide Geburtshilfe von<br />

einst gewehrt. Statt als bloßer Mutterkörper, der zu gehorchen hatte, behandelt<br />

zu werden, wollten sie ihr Kind informiert, aktiv <strong>und</strong> selbstbestimmt auf die Welt<br />

bringen. Auch die Hebammen haben einen Kampf gegen die Herrschaft der Ärzte<br />

geführt. Hinzu kam deren Selbsterkenntnis, dass Geburten besser vonstatten gehen,<br />

Schäden bei Neugeborenen seltener <strong>und</strong> Wochenbettdepressionen schwächer<br />

sind, wenn die Entbindung sanft <strong>und</strong> sorgsam abläuft. Daher die Modernisierung<br />

der Kreißsäle, daher der so sensible wie individuelle Umgang mit den Gebärenden,<br />

daher die Vorbereitungskurse <strong>und</strong> die Familienzimmer, in denen Mutter, Vater<br />

<strong>und</strong> Kind ihre ersten gemeinsamen St<strong>und</strong>en in aller Ruhe verbringen können.<br />

Hinter der neuen Achtsamkeit seitens der Krankenhäuser steckt gleichwohl auch<br />

wirtschaftliches Kalkül. Denn mit Geburten können sie Geld verdienen, viel<br />

Geld. Vergütet wird je nach Aufwand, vierstellig ist die Summe pro Geburt aber<br />

immer. Die Folge: Schwangere werden inzwischen regelrecht umworben. So bieten<br />

alle geburtshilflichen Abteilungen regelmäßig Infoveranstaltungen an. Im Bürgerhospital<br />

kommt es dabei alle zwei Wochen zur größten Schwangerenversammlung<br />

der Region.<br />

Und schon ist<br />

Tamara Leoni wohlbehalten gelandet.<br />

Eine Geburt wie ein Blitz.<br />

Schmerzen gehören dazu Im Dienstzimmer ist Zeit für einen<br />

Kaffee mit einer Hebamme. 19 Jahre arbeitet sie <strong>hier</strong> bereits, da hat man alles schon<br />

gesehen <strong>und</strong> erlebt. Was eigentlich ist eine gute Geburt – wenn es schnell geht<br />

oder <strong>nicht</strong> so weh tut? Sie schüttelt den Kopf. „Schmerzen gehören dazu. Wichtig<br />

ist, wie die Frau das Ganze erlebt – ob sie das Gefühl hat, die Geburt aus eigener<br />

Kraft <strong>und</strong> so autonom wie möglich zu schaffen. Wir Hebammen begleiten sie nur<br />

dabei.“ Hilfe zur Selbsthilfe sozusagen. Und wie ist das, wenn man 1.000 Mal eine<br />

Nabelschnur durchtrennt oder 2.000 Mal ein Neugeborenes auf den Arm genommen<br />

oder unzählige Male Frauen „unter der Geburt“ Mut zugesprochen hat: Sind<br />

das noch besondere Momente oder längst Routinen? Sie überlegt. „Jede Geburt ist<br />

anders, reine Routine wird es dadurch nie.“ Und wenn das Kind dann da ist? „Das<br />

ist das Highlight. Egal, wie oft ich das schon erlebt habe.“<br />

Es klingelt. Die Rettungswache bringt eine junge Hochschwangere, die von ihrer<br />

Mutter gestützt wird. Schwer atmend beantwortet sie noch auf dem Flur die Fragen<br />

der Hebamme. Drittes Kind. Heute ist Termin. Wehen vor zweieinhalb St<strong>und</strong>en ein ge setzt.<br />

Jetzt kommen sie sehr oft <strong>und</strong> heftig. Die Hebamme schaltet um: Keine Hektik,<br />

aber Eile ist geboten. Weil alle Entbindungszimmer belegt sind, wird ein anderes<br />

Paar noch einmal in das Vorwehenzimmer „zurückverlegt“. Die junge Frau wartet<br />

einen Wehenschub ab, dann verschwindet sie mit ihrer Mutter <strong>und</strong> der Hebamme<br />

in Zimmer 396. Kurze Zeit später treffen die Schwiegermutter <strong>und</strong> die dreijährige<br />

Tochter Clarissa der Gebärenden ein, dann rauscht auch der werdende Vater heran.<br />

Einige Minuten verstreichen, in denen die Hebamme die junge Frau untersucht.<br />

Die Hälfte der Angehörigen kommt aus dem Zimmer heraus, um in der Cafeteria zu<br />

warten. „Der Mutterm<strong>und</strong> hat sich schon weit geöffnet“, berichten sie noch.<br />

Eine Geburt wie ein Blitz Minute um Minute verstreicht,<br />

et<strong>was</strong> liegt in der Luft, Spannung, Vorfreude, Nervosität. Kein Laut dringt aus<br />

Zimmer 396 auf den Flur. Klar ist nur, dass der dritte <strong>und</strong> letzte Teil des Geburtsverlaufs,<br />

die „Austreibungsphase“ in vollem Gange ist <strong>und</strong> sich die erwartete<br />

Tochter auf ihren abenteuerlichen Weg gemacht hat. Auf diesem muss sie ihr<br />

Köpfchen tief in das Becken senken, sich einmal um 90 Grad drehen, das Köpfchen<br />

erst beugen, dann strecken, weiterrutschen <strong>und</strong> sich schließlich noch einmal<br />

in die andere Richtung drehen. Alles ist eng, das Ganze ungemein strapaziös.<br />

Die gute Nachricht für jedes Neugeborene: Den stressigsten Teil des Lebens hat es<br />

nach der Geburt bereits hinter sich. Das Warten geht weiter. Plötzlich öffnet sich<br />

die Tür <strong>und</strong> die Hebamme kommt heraus. In einem Beutel hält sie eine Plazenta in<br />

der Hand. Sie lacht. „Das kommt <strong>nicht</strong> alle Tage vor.“ Gerade einmal 44 Minuten<br />

sind nach der Aufnahme der jungen Frau im Kreissaal vergangen. Und schon ist<br />

Tamara Leoni wohlbehalten gelandet. Eine Geburt wie ein Blitz.<br />

>><br />

34 35


NORD END<br />

den Verstorbenen genau zu untersuchen, er hat aber <strong>nicht</strong> die spezielle Erfahrung<br />

eines Gerichtsmediziners, <strong>und</strong> so gehen einige Experten davon aus, dass<br />

eine unbestimmte Zahl von Tötungsdelikten bei Erdbestattungen unentdeckt<br />

bleibt – dort ist keine zweite Leichenschau vorgeschrieben.<br />

Neunzig Minuten bei 1.000 Grad Die Bestattungsunternehmen<br />

bieten speziell für die Kremation schlichte <strong>und</strong> preiswerte Särge<br />

an. Gr<strong>und</strong>sätzlich sind nur Särge aus Vollholz mit einer Auskleidung aus Naturstoffen<br />

zugelassen. Kunststoffsärge oder Bemalungen mit <strong>nicht</strong> <strong>was</strong>serlöslichen<br />

Farben <strong>und</strong> Lacken, wie sie in südlichen Ländern üblich sind, verbietet<br />

das Immissionsschutzgesetz. „Zur späteren Identifizierung <strong>und</strong> Zuordnung<br />

der Asche legen wir einen feuerfesten Schamottstein auf den Sarg“, erklärt<br />

Bleuel die Funktion der sogenannten Ofenmarke. „Auf ihr sind eine individuelle<br />

Nummer <strong>und</strong> die Bezeichnung des Krematoriums eingraviert.“ Bevor die<br />

„Man darf die Dinge <strong>nicht</strong><br />

zu nah an sich heranlassen.<br />

Ich konzentriere mich auf die<br />

technischen Abläufe, sonst<br />

könnte ich <strong>hier</strong> <strong>nicht</strong> arbeiten.“<br />

Mitarbeiter des Krematoriums den Sarg mit dem Toten in die Brennkammer<br />

einfahren, wird der Ofen auf 900 Grad aufgeheizt. Die Hitze sorgt zunächst<br />

dafür, dass der Leichnam vollständig die Flüssigkeit verliert. Anschließend<br />

entzündet er sich von selbst. Während der Einäscherung steigen die Temperaturen<br />

dann auf bis zu 1.000 Grad an. Je nach Größe <strong>und</strong> Gewicht des Toten<br />

dauert der Brennvorgang etwa neunzig Minuten.<br />

Die Rauchgase werden durch ein Filtersystem geleitet, bevor sie durch den<br />

Schornstein ins Freie gelangen, sodass für die Anwohner keine übermäßige<br />

Belastung durch Qualmwolken oder Gerüche entsteht. Nach dem Brennvorgang<br />

bleiben nur noch Asche <strong>und</strong> eventuell einige <strong>nicht</strong> brennbare „Ersatzteile“<br />

wie künstliche Hüftgelenke übrig. Zwischen den Ascheresten sind teilweise<br />

noch Knochenfragmente erkennbar. Daher kommt alles noch einmal in<br />

eine Art Mühle, bis nur noch feiner Aschestaub übrig ist. Abschließend wird<br />

die Asche zusammen mit dem Schamottstein entweder in eine schlichte Standardurne<br />

des Krematoriums oder in eine Schmuckurne des Bestatters gefüllt<br />

<strong>und</strong> mit einem Deckel verschlossen.<br />

Nun muss, so will es der sogenannte Friedhofszwang des Feuerbestattungsgesetzes<br />

von 1934, die Urne auf einem Friedhof beigesetzt oder bei einer<br />

Seebestattung dem Meer übergeben werden. Die Urne mit nach Hause zu<br />

nehmen <strong>und</strong> sie im Garten zu vergraben oder in der Wohnstube auf die Kredenz zu<br />

stellen, ist <strong>nicht</strong> erlaubt – noch <strong>nicht</strong>, wie der Frankfurter Krematoriumschef<br />

meint: „Die Bestattungskultur verändert sich. Die Entwicklung geht immer<br />

mehr weg von starren Traditionen <strong>und</strong> hin zu individuellen Lösungen. Dem<br />

wird sich auch der Gesetzgeber auf Dauer <strong>nicht</strong> verschließen können, zumal<br />

es im europäischen Ausland bereits weniger strikte Regelungen gibt.“<br />

36 37<br />

Ein Job wie jeder andere Die Monate Mai, Juni <strong>und</strong><br />

Juli nutzen Bleuel <strong>und</strong> sein Team für die Instandhaltung <strong>und</strong> technische<br />

Wartung der Anlage, denn in dieser Zeit gibt es deutlich weniger Sterbefälle<br />

als beispielsweise in den Wintermonaten. Dies sei <strong>nicht</strong> nur in Frankfurt der<br />

Fall. Woran diese Schwankung liegt, kann der 43-jährige Chef des Krematoriums<br />

<strong>nicht</strong> sagen, der nun schon im dreizehnten Jahr für das Unternehmen<br />

verantwortlich ist. In dieser Zeit hat sich einiges an seinem Aufgabengebiet<br />

verändert. Der wirtschaftliche Betrieb des Krematoriums <strong>und</strong> die damit<br />

verb<strong>und</strong>ene Auslastung ist dabei die größte Herausforderung. Aber auch die<br />

Öffentlichkeitsarbeit stellt inzwischen einen <strong>nicht</strong> unerheblichen Teil seines<br />

Tagesgeschäfts dar: „Wir kommunizieren offen mit der Bevölkerung <strong>und</strong> sind<br />

froh, wenn wir Vorurteile abbauen können. Bei Führungen haben wir auch öfter<br />

Schülergruppen zu Besuch. Die meisten sind dann überrascht, wie normal<br />

<strong>und</strong> unspektakulär die Abläufe sind, <strong>und</strong> dass <strong>hier</strong> ganz normale Menschen<br />

arbeiten, die ihrem Job nachgehen wie jeder andere auch“, so Bleuel. „Der Tod<br />

gehört eben zum Leben dazu wie die Geburt.“ Für sich selbst würde er auf jeden<br />

Fall auch eine Feuerbestattung wählen. Vor allem aber findet er es ratsam,<br />

das Thema ohne falsche Scham rechtzeitig in der Familie zu besprechen, damit<br />

die Hinterbliebenen dann in der akuten Situation, die schon schwierig genug<br />

ist, <strong>nicht</strong> noch vor der Entscheidung Erd- oder Feuerbestattung stehen.<br />

Auch für die beiden technischen Angestellten Jürgen Henkel, der jetzt schon<br />

über sieben Jahre im Krematorium arbeitet, <strong>und</strong> Harold Biebele, der mit über<br />

zwanzig Jahren Betriebszugehörigkeit zu den dienstältesten Kollegen gehört,<br />

fiele die Wahl auf eine Feuerbestattung. Für die beiden ist ihr Job im Krematorium<br />

eine ganz normale Beschäftigung, die an manchen Tagen leichtfällt <strong>und</strong><br />

an manchen eben <strong>nicht</strong>. „Man darf die Dinge <strong>nicht</strong> zu nah an sich heranlassen,<br />

>>


38<br />

NORD END<br />

Eine halbe St<strong>und</strong>e später. Im Zimmer 396 liegt Tamara Leoni auf dem Bauch ihrer<br />

erschöpften Mutter. Die Mama lächelt, der Papa strahlt, die Omas strahlen, alles<br />

strahlt. In dem Raum dampft eine Mischung aus Erleichterung <strong>und</strong> Rührung.<br />

Über Handys wird die frohe K<strong>und</strong>e verbreitet. Wie es so flott gehen konnte?<br />

„Ich kann <strong>nicht</strong>s dafür – mein Mädchen ist so schnell gewesen“, sagt die junge<br />

Mutter. Um das Neugeborene zu beschreiben, findet jeder seine eigenen Worte.<br />

Die Hebamme notiert: Spontangeburt ohne Komplikationen, 3.065 Gramm, 49<br />

Zentimeter. Die dreijährige Clarissa hingegen hat schnell erkannt, dass sich alles<br />

um Tamara Leoni dreht <strong>und</strong> für sie neue Zeiten anbrechen. Ihr Kommentar zur<br />

kleinen Schwester: „Die nervt.“<br />

Die Frühschicht nähert sich dem Ende. Tamara Leoni ist mit ihren Eltern auf die<br />

Wochenbettstation umgezogen <strong>und</strong> schläft. Im Zimmer 396 wartet die frisch<br />

bezogene Entbindungslandschaft auf neue Aufgaben. Das junge Paar dreht auch<br />

nach 14 St<strong>und</strong>en weiter seine R<strong>und</strong>en durch das Krankenhaus. Im Dienstzimmer<br />

bereiten die Hebammen die Übergabe vor. Der Stand der Dinge: Vier Frauen<br />

sind momentan im Kreißsaal. Weil sich bei einer die Plazenta abzulösen droht,<br />

wird sie gleich an einen Tropf gehängt. Um vier Uhr, vielleicht halb fünf, so<br />

schätzt die zuständige Hebamme, wird das Kind da sein. Das Leben geht weiter.<br />

Und irgendwo muss es ja anfangen.<br />

CHRISTIAN SÄLZER<br />

sonst müsste man ja den ganzen Tag – <strong>und</strong> das über Jahre hinweg – betroffen<br />

herumlaufen. Das kann kein Mensch aushalten“, stellt Henkel fest. „Ich<br />

konzentriere mich auf die technischen Aufgaben, sonst könnte ich <strong>hier</strong> <strong>nicht</strong><br />

arbeiten.“ Ob man mit dem Umfeld zurechtkommt, entscheide sich bereits<br />

in den ersten Wochen. Wenn es dann zu einer seelischen Belastung komme,<br />

habe es keinen Sinn, so Henkel. „Als ich damals <strong>hier</strong> angefangen habe, hatte<br />

ich vorher ja noch <strong>nicht</strong> mal eine Leiche gesehen“, erklärt der gelernte Elektriker.<br />

„Da war ich schon unsicher, ob ich das packe, aber ich kann das wirklich<br />

ganz gut trennen.“ Sogar seine Tochter hat der Familienvater schon einmal<br />

mitgebracht. „Die will natürlich wissen, wo der Papa arbeitet. Ich mache auch<br />

sonst kein Geheimnis um meinen Job. Klar, Bekannte, die das zum ersten Mal<br />

hören, schlucken vielleicht erstmal, aber wenn das dann raus ist, habe ich noch<br />

niemand getroffen, für den das ein Problem ist.“<br />

ULRICH ERLER<br />

39


Waechter tage<br />

Der Illustrator Philip Waechter zeichnet, <strong>was</strong> er erlebt. Jeden Tag. Seit Jahren.<br />

40<br />

Ein Tagebuch regelmäßig zu führen, ist eine<br />

Aufgabe, an der schon so manch einer gescheitert<br />

ist. Die Herausforderung wird <strong>nicht</strong><br />

kleiner, wenn man die Erlebnisse <strong>und</strong> Eindrücke<br />

des Tages <strong>nicht</strong> aufschreibt, sondern<br />

sie aufzeichnet. So wie es Philip Waechter seit<br />

mehr als zehn Jahren macht.<br />

Am Neujahrstag des Jahrtausendwechsels beschloss der Frankfurter „Meisterillustrator“<br />

(WELT), jeden Tag eine Karte zu zeichnen. Einen Entschluss,<br />

den er seitdem schon häufiger bereut hat. Denn nach mittlerweile 3776<br />

Tageskarten sei das Zeichnen „<strong>nicht</strong> immer ein Spaß“ <strong>und</strong> zuweilen auch<br />

ein ziemlicher „Krampf“, so Waechter. „Wenn ich zum Beispiel den ganzen<br />

Tag nur am Schreibtisch gesessen <strong>und</strong> gearbeitet habe, weiß ich abends<br />

manchmal einfach <strong>nicht</strong>, <strong>was</strong> ich jetzt noch zeichnen soll.“ Auf der anderen<br />

Seite helfe es jedoch, für einen Moment innezuhalten <strong>und</strong> über den Tag <strong>und</strong><br />

das Leben zu reflektieren. Und eine „großartige Übung“ im freien Zeichnen<br />

sei es ohnehin.<br />

Die Kulisse für so manch eine Karte ist oft das Nordend. Das kommt <strong>nicht</strong><br />

von ungefähr. Denn Philip Waechter ist ein <strong>was</strong>chechter Nord endler. Hier<br />

wurde er geboren (Bürgerhospital). Hier ging er zur Schule (Schwarzburgschule).<br />

Und <strong>hier</strong> wohnt er heute mit seiner Frau Moni Port <strong>und</strong> seinem<br />

4-jährigen Sohn Johann. Nur während des Studiums – Kommunikationsdesign<br />

mit dem Schwerpunkt Illustration an der Fachhochschule Mainz<br />

– wurde er der Stadt kurz untreu, um danach aber doch wieder in seine alte<br />

Heimat zurückzukehren.<br />

41<br />

NORD END


42<br />

NORD END<br />

Einmal im Jahr zeigt Waechter seine Tageskarten dem Publikum. Denn<br />

jedes Jahr zur Buchmesse lädt er mit den anderen Illustratoren <strong>und</strong> Grafikern<br />

der renommierten Ateliergemeinschaft Labor zur großen Werkschau.<br />

Auch wenn Waechter dort Jahr für Jahr die Originale von so manch einem<br />

Kinderbuch-Bestseller zeigt – zum Beispiel „Ich“ (2004) oder „Rosi in der<br />

Geisterbahn“ (2006) – sind seine Tageskarten die eigentlichen Publikumsmagneten.<br />

Dann stehen die Besucher in Trauben vor den großen Sammelbilderrahmen<br />

<strong>und</strong> gehen Karte für Karte durch. Einerseits ist es der<br />

subtile Bildwitz vieler Motive, der den Leuten gefällt. Andererseits ist es<br />

das Anrührende, Liebenswerte, das aus vielen Szenen spricht. Und letztlich<br />

ist es natürlich auch ein klein wenig so, als würde man heimlich in dem<br />

Tagebuch eines anderen Menschen schmökern.<br />

„In erster Linie zeichne ich die Karten zwar für mich, allerdings hätte<br />

ich vielleicht längst das Handtuch geschmissen, wenn es die jährliche<br />

Ausstellung <strong>nicht</strong> gäb“, überlegt Waechter. „Das ist schon so et<strong>was</strong> wie<br />

eine Belohnung für all die Mühe.“ Eine extrovertierte oder gar exhibitionistische<br />

Veranlagung ist dem ansonsten eher zurückhaltenden 42-Jährigen<br />

dabei allerdings <strong>nicht</strong> zu unterstellen. Fast zwei Drittel seiner Tageskarten<br />

bekommt niemand zu sehen. Entweder, weil sie seinem künstlerischen<br />

Anspruch <strong>nicht</strong> genügen. Oder eben, weil sie ihm zu persönlich sind.<br />

Apropos „eher zurückhaltend“:<br />

Philip Waechter bat darum, nachdem er den Artikel vorab lesen durfte,<br />

das Zitat „Meisterillustrator“ aus der WELT zu streichen. Das wäre ihm<br />

peinlich. Diesen Wunsch konnten wir ihm jedoch leider <strong>nicht</strong> erfüllen.<br />

MARTIN SCHMITZ-KUHL<br />

43


NORD END<br />

Catch me If You Can<br />

In den 1950er-Jahren<br />

war im Nordend noch <strong>was</strong> los:<br />

Ein junger Frankfurter begeht im<br />

Oeder Weg den spektakulärsten<br />

Raubüberfall der Nachkriegszeit.<br />

Und das ist fast nur eine Petitesse<br />

im unglaublichen Leben<br />

von Heinz Jäger<br />

alias Henry Jaeger.<br />

44 45<br />

<<br />

Es gibt Tage, an denen man am besten im Bett bleibt oder sich schleunigst<br />

wieder hinlegt. Tatsächlich ist in den Morgenst<strong>und</strong>en des 31. Dezember 1954<br />

bei dem 27-jährigen Heinz Jäger bereits et<strong>was</strong> Gravierendes schiefgelaufen.<br />

Weil er <strong>und</strong> seine Kumpane zwei Tage später als geplant auf Raubzug<br />

gegangen sind, haben sie statt der erhofften eine Million DM nur 80.000<br />

erbeutet. Doch es ist keineswegs Ärger, der Jäger veranlasst, sich am späten<br />

Vormittag wieder in sein Bett zu legen. Immerhin hat er an diesem Morgen<br />

das – so fand die Frankfurter Neue Presse – „tollste Gaunerstück seit<br />

Jahren“ vollbracht. Es ist also nur Tarnung, die den Chef einer Dreierbande<br />

zurück in sein Bett getrieben hat. Die Devise: So tun, als sei <strong>nicht</strong>s<br />

geschehen. Ja, er war ein gerissener Kerl, dieser Heinz Jäger.<br />

Aber der Reihe nach: Geboren wird er 1927 als Sohn eines Kupferschmieds<br />

in der Fechenheimer Straße. In seiner Kindheit <strong>und</strong> Jugend hat er viel<br />

Zeit in der Rotlintstraße verbracht, wo die Mutter seines besten Fre<strong>und</strong>es<br />

das Rotlintcafé – damals noch in der Hausnummer 60 untergebracht –<br />

betreibt. Der kleine Heinz hat es <strong>nicht</strong> leicht, im Gegenteil. Über seine frühen<br />

Jahre wird er einmal sagen: „Nach dem, <strong>was</strong> ich als Kind erlebt habe, hätte<br />

ich eigentlich Bomben legen müssen.“ Seine Eltern lassen sich scheiden,<br />

von der höheren Schule wird er <strong>wegen</strong> „Aufsässigkeit“ verwiesen. Mit<br />

15 wird er zum Flakdienst eingezogen <strong>und</strong> als Fallschirmjäger eingesetzt.<br />

Er gerät in britische Kriegsgefangenschaft, dann kehrt er in ein zerstörtes<br />

Frankfurt zurück. Er besucht Abendschulen, tagsüber arbeitet er für<br />

die US-Streitkräfte als Laborant <strong>und</strong> träumt davon, Arzt zu werden. Nun,<br />

es kommt anders.


Die schiefe Bahn Jäger merkt schnell, dass sich in den<br />

wilden <strong>und</strong> unübersichtlichen Nachkriegsjahren leicht Geld verdienen<br />

lässt, wenn man <strong>nicht</strong> zimperlich ist. So versorgt er US-Soldaten mit Penicillin<br />

<strong>und</strong> erlöst sie damit vom Tripper – wofür er kräftig Dollars kassiert.<br />

Auch andere Schwarzmarktgeschäfte <strong>und</strong> Schmuggeleien er weisen sich<br />

als einträglich. Eines kommt zum anderen <strong>und</strong> Jäger gerät auf das, <strong>was</strong><br />

man die „schiefe Bahn“ nennt. Mit den Brüdern Horst <strong>und</strong> Willi Korbmacher<br />

bildet er ein Trio, dessen Kopf er ist <strong>und</strong> das als „Jäger-Bande“ in<br />

die Geschichte eingehen wird. Der Spiegel wird sie einmal „Nachkriegsdeutschlands<br />

raffinierteste <strong>und</strong> erfolgreichste Räuberbande“ nennen.<br />

1953 knacken sie den Safe einer Großbrauerei in Rosenheim. Sie werden<br />

geschnappt, allerdings freigesprochen, weil das Beweismaterial aus der<br />

Asservatenkammer der Polizei verschw<strong>und</strong>en ist. Zwei Raubüberfälle<br />

<strong>und</strong> mehr als 70 schwere Diebstähle in Fabriken, Pelzläden <strong>und</strong> Juweliergeschäften<br />

folgen. Alle sind so präzise geplant, konsequent durchgezogen<br />

<strong>und</strong> bestens getarnt, dass die Polizei Jäger <strong>und</strong> seinen Komplizen, obwohl<br />

der Verdacht immer wieder auf sie fällt, <strong>nicht</strong>s nachweisen kann. Bei<br />

ihren „Brüchen“ sind sie meist in einem Citroën Traction Avant unterwegs,<br />

der mit seinem Frontantrieb den in der Regel heckmotorigen Verfolgern<br />

weit überlegen <strong>und</strong> in jenen Jahren europaweit das populärste Fluchtfahrzeug<br />

ist. Ein Ruf entsteht: Die Mitglieder der Jäger-Bande gelten als die<br />

„schnellsten Gangster Deutschlands“.<br />

Mit seinen schicken Autos <strong>und</strong> maßgeschneiderten Anzügen hat Jäger<br />

et<strong>was</strong> von einem Gentleman-Ganoven, zielstrebig, aber <strong>nicht</strong> skrupellos.<br />

Gewalt gegen Sachen ja, aber <strong>nicht</strong> gegen Menschen. All das macht ihn<br />

in diesen schwummrigen 50er-Jahren in der Szene zur Größe, vergleichbar<br />

fast mit Rosemarie Nitribitt. Jedenfalls ist er in den Bars <strong>und</strong> Varietés<br />

<strong>und</strong> all dem, <strong>was</strong> das Bahnhofsviertel sonst noch zu bieten hat, ein gern<br />

gesehener Gast. Aber auch im Rotlintcafé im Nordend verkehren er <strong>und</strong><br />

seine Fre<strong>und</strong>e weiterhin gern. Das wird fast 50 Jahre später dazu führen,<br />

dass unter dieser Adresse eine Bar mit dem Namen „Verbrecher-Bar“<br />

eröffnet wird, die dann zum Restaurant „Blumen“ wird. Vielleicht war<br />

es sogar <strong>hier</strong> – aber das weiß niemand –, dass eine Kriegerwitwe Jäger<br />

NORD END<br />

einen Tipp gibt: Ein Überfall auf die Rentenzahlstelle der B<strong>und</strong>espost, die<br />

provisorisch in der Eintracht-Turnhalle im Oeder Weg 37 untergebracht<br />

ist, könne sich lohnen. Jäger beginnt, Pläne zu schmieden – <strong>und</strong> zu träumen.<br />

<strong>Von</strong> einem letzten großen Coup, der ihm den Sprung ins bürgerliche<br />

Leben ermöglicht.<br />

Nur zwei Minuten Am letzten Tag des Jahres 1954 stehen<br />

schon zu früher St<strong>und</strong>e alte Männer in der Turnhalle in Schlangen vor<br />

den Auszahlungsschaltern. Um 7.14 Uhr knallen plötzlich zwei Schüsse<br />

durch den Raum. Verletzt ist niemand, irritiert sind alle – bis auf die<br />

drei maskierten Männer, die sich durch eine Nebentür in den Schal-<br />

terraum geschoben hatten <strong>und</strong> für den Lärm verantwortlich sind.<br />

Mit MPs <strong>und</strong> Revolvern im Anschlag zwingen Jäger <strong>und</strong> die Korbmacher-Brüder<br />

die Wachmänner, Beamten <strong>und</strong> Rentner, sich mit erhobenen<br />

Händen an die Wand zu stellen. Ruckzuck packen sie bündelweise<br />

50- <strong>und</strong> 100-Mark-Scheine in Säcke. Damit es schneller geht, weist Jäger<br />

einen Rentner an mit anzupacken. Angeblich steckt er ihm, kurz bevor<br />

das Trio unerkannt verschwindet, zum Dank einen Geldschein in die<br />

Jackentasche.<br />

Der Coup, der <strong>nicht</strong> mal zwei Minuten gedauert hat, beherrscht b<strong>und</strong>esweit<br />

die Schlagzeilen. Die Frankfurter Polizei richtet gar eine Sonderkommission<br />

ein, die Jäger <strong>und</strong> die Korbmacher-Brüder fortan auf Schritt <strong>und</strong><br />

Tritt überwacht. Vergeblich. Alle haben sattelfeste Alibis vorzuweisen,<br />

gehen weiter ihren Berufen nach <strong>und</strong> rühren das erbeutete Geld, das im<br />

Stadtwald vergraben ist, <strong>nicht</strong> an. In einem Polizeibericht wird gar vermerkt,<br />

dass „ihre Butterbrote mehr als dürftig belegt“ sind. Nach ein paar<br />

Wochen legen Jäger <strong>und</strong> die Korbmacher-Brüder die Vorsicht ab. Sie geben<br />

sich als feine Herren, zechen <strong>und</strong> versuchen sich in den Casinos der Region.<br />

Es wäre wohl alles gut gegangen – hätte sich <strong>nicht</strong> die Mannheimer<br />

Kripo eingemischt. Im Zuge ihrer Ermittlungen zu einem anderen Einbruch<br />

packt ein ehemaliger Weggefährte Jägers aus. So kommt es, dass im<br />

Mai 1955, also fünf Monate nach dem Coup im Oder Weg, Mannheimer<br />

Polizisten Jäger & Co. aus ihren Betten holen. Nach einigen Monaten sind<br />

Im Keller des Frankfurter<br />

Polizeipräsidiums befindet<br />

sich ein Kriminalmuseum.<br />

Hier ist der Jäger-Bande ist<br />

eine eigene Vitrine gewidmet.<br />

Öffnungszeiten:<br />

Fr. 12 - 16 Uhr.<br />

Anmeldung von Führungen:<br />

Tel. 069/755-82007.<br />

Infos unter<br />

www.kmffm.de.kmffm.de.<br />

46 47<br />

die Untersuchungshäftlinge weichgekocht. Sie gestehen, Jäger als letzter.<br />

Der Prozess wird ein Medienspektakel, das Urteil: zwölf Jahre Zuchthaus.<br />

Hoch <strong>und</strong> runter Hier hätte die Geschichte enden können.<br />

In einer Einzelzelle im Knast in Bruchsal. Mit einem Mann, der nach zwei<br />

Jahren zumeist unter Redeverbot kaum noch zum Sprechen in der Lage ist.<br />

Tut sie aber <strong>nicht</strong>. Denn Jäger wird in ein Zuchthaus nach Freiburg verlegt.<br />

Hier wird ihm gestattet zu schreiben. Was folgt, ist ein Befreiungsschlag.<br />

Jäger verfasst das Manuskript für einen Roman, das über den Gefängnispfarrer<br />

an einen Verleger gelangt. 1962 erscheint „Die Festung“ – <strong>und</strong> wird<br />

zum Bestseller. Ein Jahr später wird Heinz Jäger, der sich fortan Henry<br />

Jaeger nennt, begnadigt. Während seiner Bewährungszeit arbeitet er bei<br />

der Frankfurter R<strong>und</strong>schau als Lokalredakteur. Er heiratet <strong>und</strong> wird Vater,<br />

die Familie zieht ins Tessin <strong>und</strong> lebt in einer Villa hoch über dem Lago<br />

Maggiore. Jaeger schreibt <strong>und</strong> schreibt <strong>und</strong> schreibt. Seine zeitkritischen<br />

Romane – fast immer erzählen sie von gesellschaftlichen Außenseitern,<br />

von Säufern, Kriegsversehrten, Heimatvertriebenen, Gaunern – werden<br />

weltweit publiziert, gefeiert <strong>und</strong> verfilmt. Er wird zum Liebling der High-<br />

Society, ist auf du <strong>und</strong> du mit seinem berühmten Nachbarn <strong>und</strong> Förderer<br />

Erich-Maria Remarque. Es scheint geschafft: Die Wandlung vom gewitzten<br />

Ganoven zum gefragten Literaten samt bürgerlichem Kleinfamilienidyll.<br />

Zu kitschig, um wahr zu sein. Und tatsächlich ...<br />

Im mondänen Tessin, mit seinem neureichen Luxus, rutscht Jaeger wieder<br />

in ein Milieu, das ihm <strong>nicht</strong> gut tut. Schulterklopfer allenthalben, Stars<br />

<strong>und</strong> Sternchen, Partys <strong>und</strong> lange Nächte. Jäger beginnt zu trinken, die<br />

Ehe zerbricht. Nach <strong>und</strong> nach bleiben die literarischen Erfolge aus, bis ihn<br />

die Kritiker schließlich fallen lassen. Jaeger wird krank, die Villa muss<br />

er ver kaufen, das Geld wird knapp. 1999, ein Jahr, bevor er am 4. Februar<br />

in Ascona stirbt, sagt er in einer Dokumentation des hr: „Es dauert<br />

unendlich lange, bis man an sich selber herankommt, an das, <strong>was</strong> wirklich<br />

sich geformt hat <strong>und</strong> zur Reife gediehen ist. Die Versuche <strong>und</strong> Bemühungen<br />

sind endlos.“<br />

CHRISTIAN SÄLZER


SCHAU mal!<br />

Fenster erzählen Geschichten<br />

48<br />

NORD END<br />

49<br />

Eine Puppe hängt aus ihrem Wagen, dazu ein erläuternder Satz, der<br />

Fragen aufwirft: Wer ist Agathe? Und warum muss die Puppe kotzen?<br />

Aufklärung tut not. Ute Münchinger betreibt das Machwerk seit 20 Jahren,<br />

erst im Mittelweg, jetzt auf der Eckenheimer. Ihre Schaufenster-Installationen<br />

haben schon für manchen Hingucker gesorgt. Einmal hat sie gar<br />

einen Tannenbaum abgefackelt. Doch <strong>was</strong> ist nun mit Agathe? „Das ist ein<br />

Spruch, den meine Oma aus der Nähe von Berlin immer gesagt hat, wenn<br />

et<strong>was</strong> umgestürzt oder heruntergefallen ist.“ Die Berliner also, sagen<br />

<strong>nicht</strong> Hoppala, sondern lassen die Puppen kotzen. Einige Passanten im<br />

Nordend hat das empört, auch weil die Puppe unten rum nur Höschen trägt.<br />

Jesses. Wenn man es richtig krachen lassen will, kann man den Spruch<br />

übrigens noch ergänzen: „Und immer auf den grünen Teppich.“<br />

Machwerk, Eckenheimer Landstr. 57a, www.machwerk.inf


azar! Ja, hinter dieser Scheibe kann nur die W<strong>und</strong>er-<br />

B welt eines Bazars verborgen sein. Mit Tinkturen.<br />

Pülverchen. Elixieren. In Tiegeln, Tuben <strong>und</strong> Fläschchen.<br />

Was der Mensch halt so braucht im Leben. Brauchte.<br />

Damals. Als Vater Türschmann 1926 die Burg-Drogerie<br />

eröffnete. Sohnemann Wolfgang ist heute 82. Seine in<br />

der Ausbildung erworbenen Fachkenntnisse in Kosmetik,<br />

Pflanzenk<strong>und</strong>e, Arzneimitteln <strong>und</strong> Fotografie sind 2010<br />

<strong>nicht</strong> mehr gefragt in Frankfurt. Kettenläden beliefern<br />

längst auch den Nordendler mit Duft<strong>was</strong>ser, Motten-Tod<br />

<strong>und</strong> Pflegecreme. Adieu, Herr Drogist.<br />

Burg-Drogerie, Burgstraße 43<br />

50<br />

NORD END<br />

Oft ist es am schönsten, wenn da <strong>nicht</strong>s ist. Oder fast <strong>nicht</strong>s. So wie in diesem Gässchen abseits<br />

des Sandwegs. Hinter der Fensterscheibe träumt ein Bäumchen vor sich hin. Alt ist es, aber<br />

klein. Ein Bonsai eben, eine – so haben es die alten Chinesen gesagt – Landschaft in<br />

der Schale. Schön, aber auch zickig, sagt Alexander Dimolaidis. Vor acht Jahren hat er <strong>hier</strong> das<br />

Designbüro Zündung eröffnet. Und weil Kreativität Raum <strong>und</strong> Ruhe braucht, hat er es spärlich<br />

eingerichtet <strong>und</strong> in das Fenster nur einen Bonsai gestellt. Das Ergebnis: Aus dem One-Man-Büro ist<br />

eine elfköpfige Werbeagentur geworden. Die Bonsais sind ihm allerdings reihenweise eingegangen,<br />

zu feucht, zu kraftlos, zu irgend<strong>was</strong>. Inzwischen aber weiß er, <strong>was</strong> ein Bonsai braucht: „Liebe“ .<br />

Zündung, Julius-Heyman-Straße 7, www.zuendung.de<br />

Barbie <strong>und</strong> Ken gehen zum Friseur. Hersteller Mattel gab zwar vor fünf Jahren die<br />

Trennung der beiden bekannt, doch die Beziehung scheint weiter zu bestehen.<br />

Wenn auch <strong>nicht</strong> gerade dem idealtypischen Bild eines amerikanischen Paares<br />

aus dem mittleren Westen folgend. Im Schaufenster des Friseurs n-kuentro auf<br />

der unteren Berger können sich schon mal knallharte SM-Szenen zwischen den<br />

Puppenklassikern abspielen. Oder ein Cabrio mit feiernden Barbie-Nonnen fährt<br />

an Ken-Kardinälen mit Barbie-Bunnys vorbei. Die Geschichten denkt sich<br />

Guillermo, der vor sieben Jahren den Salon zusammen mit Lilly <strong>und</strong> Dzana eröffnet<br />

hat, etwa alle drei Monate neu aus <strong>und</strong> dekoriert entsprechend um. Aber meistens<br />

dreht es sich um die Kirche – gerne auch in Verbindung mit Sex.<br />

n-kuentro, Berger Straße 16, www.n-kuentro.de<br />

51


lles in Eigenregie“. Antonia Jurevic kann sich noch keine Helfer leisten. Also<br />

A kümmert sich Frankfurts jüngste Modedesignerin auch selbst um ihre Schaufenstergestaltung.<br />

Der goldgerahmte Einblick in ihr Atelier zeigt, „wie ich mich<br />

gerade fühle“. Tagelang tüftelt die Nordendlerin an den Details. Viel Zeit brauchen<br />

auch ihre stofflichen Kreationen, die übrigens künftig <strong>nicht</strong> mehr nur auf eine<br />

weibliche K<strong>und</strong>schaft mit Freude an den Fifties ausgerichtet sind. „Eine Herrenkollektion<br />

im Rockabilly-Stil steht in Arbeit.“ Und et<strong>was</strong> für den Nachwuchs.<br />

TONIA, Heidestraße 31, www.toniaxtreme.de<br />

NORD END<br />

52 53<br />

Zen-Atmosphäre <strong>und</strong> frisch ge<strong>was</strong>chene, exakt gebügelte Hemden – wie kommt eine solche Kombination<br />

zustande? Wenn man, wie bei Gordana Mikulic-Marsanic der Fall – eigentlich Architektur studieren wollte, sich<br />

aber zur Textilreiniger-Meisterin ausbilden ließ <strong>und</strong> in der Freizeit sechs Jahre lang mit der Anlage eines Gartens<br />

nach Kyoto-Vorbild beschäftigt hat. Dann muss noch einer der vielen asiatischen Mitarbeiter der 1986 eröffneten<br />

Wäscherei sagen: „Chefin, so <strong>was</strong> müssen Sie <strong>hier</strong> auch machen.“ Und so ist im Schaufenster der Kleiderkur<br />

ein Ensemble aus künstlichen Blütenzweigen, echter japanischer Steinlampe <strong>und</strong> gläsernem Mini-Teich samt Kalt<strong>was</strong>serfischen<br />

entstanden. Ein Stückchen Natur unter einem Hemden-Himmel. Eine Aufforderung zur Meditation.<br />

Oder zumindest zum Innehalten...<br />

Kleiderkur, Berger Straße 53


Backend<br />

durch<br />

die Welt<br />

Croissants rollen in Afrika,<br />

Knusperstangen würzen<br />

im Nordend: Harald Kammer<br />

ist kein Bäcker wie andere.<br />

Der Meister seines Fachs<br />

macht sein eigenes Ding.<br />

In jeder Hinsicht.<br />

NORD END<br />

Afrika. Thailand. Mexiko. Bali. Wieder Afrika. Singapur. Noch mal Afrika.<br />

Der Schwarze Kontinent nimmt ganz offenbar eine Sonderstellung ein im<br />

Laden <strong>und</strong> Leben von Harald Kammer. Unter den Dutzenden von Fotos,<br />

mit denen der Bäckermeister die Wände seines winzigen, meist mit Rollregalen<br />

voll frisch duftender Ofenware zugestellten „Back & Snack Shop“<br />

fast lückenlos gefüllt hat, fallen immer wieder Porträts von Menschen mit<br />

schwarzer Haut ins Auge. Es sind Schnappschüsse, wie all die anderen<br />

Motive auch. Urlaubs-Erinnerungen im Rechteck oder Quadrat, Hochglanz<br />

meist. Ein Sammelsurium aus mehr als zwei Jahrzehnten.<br />

Wer genau hinschaut, merkt bald, <strong>was</strong> diese Bilder eint. Und <strong>was</strong> sie unterscheidet<br />

vom Kamera-Output des Normal-Touristen. Sie erzählen Geschichten.<br />

Konfrontieren den Betrachter mit Stimmungen: Skepsis. Staunen.<br />

Selbstbewusstsein. Stolz. Aber auch: Kargheit. Enge. Mangel. Denn wenn<br />

Harald Kammer durch die Welt bummelt, dann sucht er <strong>nicht</strong> Glanz <strong>und</strong><br />

Glitter, sondern gezielt nach Kollegen.<br />

Wie in Mombasa. „Das ist Eric, mit ihm habe ich viel improvisiert.“<br />

Die Erinnerung schickt ein Leuchten über Harald Kammers Gesicht. Auf<br />

dem Foto steht er im T-Shirt neben einem jungen Mann, dessen Haut<br />

wie po liertes Ebenholz glänzt, dort wo sie das weiße Achsel-Hemd unbedeckt<br />

lässt. Eine zweite Aufnahme zeigt den Nordend-Bäckermeister allein<br />

in der Hocke auf einer winzigen Fläche hinter einem Gitter – der Eingang<br />

54 55


zu Erics „Backstube“. Enge. Mangel. Kargheit. „Aber als alles fertig war,<br />

nahm Eric noch mal jeden Croissant in die Hand <strong>und</strong> ‚verbesserte’ seine<br />

Form.“ Selbstbewusstsein. Skepsis. Stolz.<br />

Harald Kammer wirkt glücklich <strong>und</strong> locker vor all seinen Fotos. Und so,<br />

als wolle er gern noch weitererzählen von den Menschen <strong>und</strong> Situationen,<br />

die darauf festgehalten sind. <strong>Von</strong> dem Vater, der sein Baby zärtlich an<br />

die Brust drückt. <strong>Von</strong> den Jungs im Wasser mit ihren frisch gefangenen<br />

Fischen. <strong>Von</strong> der alten Frau in der Wüste, zu deren Füßen der Frankfurter<br />

Bäcker Fladenbrot backt. Doch es ist kurz vor halb zehn. Die erste Unterrichtspause<br />

in der Bornheimer Realschule gegenüber hat begonnen.<br />

Eine plappernde Schülerwoge schwappt in den winzigen, mit grellgelben<br />

Paneelen beworbenen „Back & SnackShop“, der seit Kurzem erst doppel-<br />

deutig „Korn-Kammer“ heißt. Harald Kammer eilt hinter den Tresen, einer<br />

seiner langjährigen Verkaufsangestellten zu Hilfe. Nimmt munter Bestellungen<br />

auf, greift in die Regale, tütet ein, fragt: „Soll ich es noch mal warm<br />

machen?“, scherzt: „Was isst denn du da heute, warst du bei der Konkurrenz?<br />

Nee? <strong>Von</strong> der Oma? Lass mal beißen!“ Ratzfatz ist die Sandwich-<br />

theke leer, Olivenpizza ausverkauft, Walnuss-Bagel ebenso. Uff. Kaum<br />

Zeit zum Atmen.<br />

Ein Spektakel, das sich an jedem Schultag mehrfach wiederholt. Denn<br />

Harald – „so nennen mich <strong>hier</strong> fast alle“ – kennt nahezu jeden seiner<br />

jungen K<strong>und</strong>en. „Ich seh’ sie ja überall, mal machen sie wo die Garderobe,<br />

mal treff’ ich sie auf Partys.“ Garderobe? Partys? „Als Vater zweier Töchter<br />

kommt man halt rum.“ Aber auch viele ältere seiner Backwaren-Fans, die<br />

NORD END<br />

Samstag <strong>und</strong> Sonntag vor seinem Laden Schlange stehen, sind Harald<br />

Kammer vertraut: Einige waren ebenfalls Schüler der Bornheimer Real,<br />

wo Kammer eine Zeitlang den Schulkiosk betrieb; andere sind Kumpels<br />

aus dem Motorradclub, dem der Bäckermeister angehört: als leidenschaftlicher<br />

Fahrer einer 1500 Goldwing Honda F 6.<br />

„Akyle, komm doch mal bitte.“ Unhörbar hat sich die junge Frau mit dem<br />

locker geschlungenen Kopftuch genähert <strong>und</strong> lehnt nun still an einem der<br />

übermannshohen Backblech-Rollwagen, die auch die verwinkelte Raumflucht<br />

hinter dem Shop fast überall zum Hindernisparcours machen.<br />

„Wahrscheinlich Frankfurts einzige türkische Bäckergesellin“, schmunzelt<br />

Harald Kammer bei Akyles Anblick stolz. Er hat sie ausgebildet. Und<br />

wenn er <strong>nicht</strong> da ist, schmeißt sie den Laden. „Wir backen <strong>hier</strong> für fast<br />

tausend Leute“. Auf einer Quadratmeterzahl, die mancher Privatküche<br />

entspricht. Ein gutes Dutzend verschiedener Brötchen, mit Exoten wie<br />

Mispel <strong>und</strong> Hanf. Eine Handvoll Brotsorten. Kuchen ganz wenig.<br />

Virtuose Handarbeit Harald Kammers „süße“ Passion<br />

gilt französischen Hörnchen – vulgo: Croissants. Kein W<strong>und</strong>er, war doch<br />

unter den Ausbildern des gebürtigen Höchsters auch ein Franzose. Der<br />

Teig für alle Croissant-Varianten – von klassisch über Schoko <strong>und</strong> Marzipan<br />

bis hin zu Apfel-Zimt – wird selbstverständlich, wie das meiste in der<br />

„Korn-Kammer“ von Hand gearbeitet. „Er darf <strong>nicht</strong> zu fettig sein, sonst<br />

liegt er zu schwer im Magen.“ Voilà – so einfach ist das. Komplizierter<br />

ist das Kapitel Reifung der Teige. Hier gibt sich der Bäckermeister auch<br />

ziemlich zugeknöpft. Nur so viel will er von seinem Geheimnis verraten:<br />

„Es hat zu tun mit Hitze <strong>und</strong> Kälte.“ Das Ergebnis jedenfalls – Gebäck,<br />

das auch nach Tagen noch frisch <strong>und</strong> aromatisch schmeckt – bringt inzwischen<br />

sogar K<strong>und</strong>en aus Berlin <strong>und</strong> Köln zum Schwärmen. „Die bestellen<br />

per Fax, holen große Mengen <strong>und</strong> frieren dann ein.“<br />

„Akyle – <strong>was</strong> ist denn eigentlich der Renner in unserem Sortiment?“<br />

Akyle schweigt lange <strong>und</strong> lächelt dann: „Frankfurter Knusperstange“.<br />

Keine Spur mehr von Schüchternheit. „Die Maisbrötchen gehen auch<br />

gut, sind aber eher so ein Mitläufer.“ Akyle kommt in Fahrt. Aber<br />

auch ihr Chef nimmt den thematischen Faden auf; erzählt von süßen<br />

56 57<br />

Schinkenbrötchen, die er auf einer seiner vielen Reisen probierte. <strong>Von</strong><br />

mitgebrachten, aber meist abgewandelten Rezepten. <strong>Von</strong> einer „superschönen<br />

Nacht“ in Yucatán, wo er mit einem ihm bis dato Unbekannten<br />

bis zum Morgengrauen Tortilla buk in einer Pfanne auf einem glühenden<br />

Bauhohlziegel.<br />

Und mit einem Male hält Harald Kammer ein Buch in der Hand. <strong>Von</strong> Jan<br />

Seghers. Hardcover. Sichtlich gelesen. „Er ist ein guter K<strong>und</strong>e von mir; kauft<br />

meist am Wochenende seine Brötchen. Aber sagen Sie bloß <strong>nicht</strong> welche, sonst<br />

kommen wir mit dem Backen wahrscheinlich gar <strong>nicht</strong> mehr nach.“ Sehr<br />

ernst wirkt Harald Kammer bei diesen Worten; keine Spur von Koketterie.<br />

„Ich möchte dem Autor auf diesem Weg ein Dankeschön sagen. Ich habe<br />

unheimlich viel Zulauf durch ihn bekommen, weil er in seinen Romanen<br />

über mich schreibt – ohne, dass ich das anfänglich wußte.“<br />

Bevor Harald Kammer seinen Laden 1998 aufmachte <strong>und</strong> bevor der Segher-<br />

´sche Kommissar Marthaler dort regelmäßig frische Brötchen kaufen<br />

konnte, oblag dem Nordend-Bäcker die Verantwortung für die Bäckereien,<br />

Kioske <strong>und</strong> Cafés, die der Evangelische Verein für Innere Mission in<br />

Nassau (EVIM) betreibt. Aber als der damals 36-Jährige eines Tages die<br />

Anzeige für das Lädchen in der Rohrbachstraße las – „da sagte ein innerer<br />

Trieb: das machst du jetzt.“ Also legte er los. Verwirklichte seinen Traum.<br />

Einfach so. Als wäre er <strong>nicht</strong> im zunehmend schnieken Nordend, sondern<br />

irgendwo auf dem Schwarzen Kontinent. „Das ist so schön in Afrika, sie<br />

fangen an mit <strong>nicht</strong>s, aber jeden Tag ist ein neuer Wille da.“<br />

Afrika. Bali. Singapur. Mexiko. Thailand. Und immer wieder Afrika. „Ich<br />

könnte mir vorstellen, später einmal ein halbes Jahr in Afrika zu leben.“<br />

Entschlossen klingt dieser Satz <strong>und</strong> völlig unpathetisch. Harald Kammer<br />

macht eben einfach sein Ding. Manchmal allerdings <strong>nicht</strong> nur eins. Außer<br />

um seinen „Back & SnackShop“ kümmert er sich auch noch um Essen<br />

für Hartz-IV-Kinder in Nieder-Eschbach sowie die Schulverpflegung dort.<br />

Und als der Bäckermeister das letzte Mal in Kenia war, mit beiden Töchtern,<br />

wie so oft, wenn er aufbricht in ferne Gefilde, hat er einem jungen<br />

Kenianer den Führerschein bezahlt – „damit er <strong>was</strong> Eigenes auf die Beine<br />

stellen kann.“ Private Entwicklungshilfe. Vom Nordend direkt nach Afrika.<br />

RITA HENSS<br />

Kammers Gebäck, das auch<br />

nach Tagen noch frisch<br />

<strong>und</strong> aromatisch schmeckt,<br />

bringt sogar K<strong>und</strong>en aus Berlin<br />

<strong>und</strong> Köln zum Schwärmen.<br />

„Die bestellen per Fax<br />

<strong>und</strong> frieren dann ein.“


WAPPENLOS<br />

Bornheim hat eins. Bonames, Höchst <strong>und</strong> Bergen-Enkheim ebenfalls. Und Bockenheim<br />

hat sogar ein besonders schönes (goldene Bienen umschwärmen einen goldenen<br />

Bienenkorb als Symbol für Bürgerfleiß). Nur das Nordend hat kein eigenes Wappen vor-<br />

zuweisen. Und das ist eigentlich sehr schade.<br />

Weil wir das ändern wollen, rufen wir Sie, unsere Leser, auf, dem Nordend ein Wappen<br />

zu stiften. Egal ob Kind oder Erwachsener, Laie oder Profi: Entwerfen Sie ein Nordend-Wappen<br />

<strong>und</strong> schicken Sie uns Ihr Werk. Die besten <strong>und</strong> schönsten Entwürfe werden wir ausstellen,<br />

prämieren, im nächsten Heft zeigen... – wir werden uns schon et<strong>was</strong> einfallen lassen.<br />

Die Entwürfe auf einem<br />

kopierten Blatt bitte an:<br />

Büro Schwarzburg<br />

Lenaustr. 72<br />

60318 Frankfurt am Main<br />

NORD END<br />

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60<br />

61<br />

NORD END


Hotline:<br />

069.55 35 08<br />

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Riesen-Service<br />

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Mo-Fr 8.30 bis 18.30 Uhr<br />

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Und wenn’s eng wird:<br />

Mo-Fr 8.30 bis 18.30 Uhr<br />

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Fax 069.59 67 32 29 | gigant@koe48.de | www.koe48.de<br />

HIER KÖNNTE<br />

IHRE ANZEIGE STEHEN<br />

Tel. 069-59797548, info@erler-pr.de<br />

Buchhandlung Land in Sicht<br />

Rotteckstr.13, 60316 Frankfurt<br />

Tel. 443095 Fax 4909266<br />

landinsicht@online.de www.landinsicht.eu<br />

Partner von www.KommBuch.com<br />

62 63<br />

Poster A1 Gorilla 21.04.2004 9:56 Uhr Seite 1<br />

NORD END<br />

Hier bin ich Das NORDend-Magazin<br />

gibt es am Kiosk. Und <strong>hier</strong>:<br />

JB Apfelweinhandlung,<br />

Bornheimer Landstr. 18<br />

Büro Schwarzburg,<br />

Lenaustr. 72, www.büro-schwarzburg.de<br />

Darling, Restaurant/Kneipe,<br />

Egenollfstr. 39, www.darling-frankfurt.de<br />

GORILLA café,<br />

Oeder Weg 9, www.facebook.com/gorillacafe<br />

Größenwahn,<br />

Café/Restaurant, Lenaustr. 97,<br />

www.cafe-groessenwahn.de<br />

Land in Sicht, Buchladen,<br />

Rotteckstr. 13/Mercatorstraße,<br />

www.land-in-sicht-buchladen.de<br />

Lido, Café/Bar,<br />

Luisenstr. 33 (Luisenplatz)<br />

Schopenhauer,<br />

Café/Bar, Schopenhauerstraße 7<br />

Buchhandlung Heinz Schutt, Arnsburgerstr. 76,<br />

www.buchhandlung-schutt.de<br />

Stalburg Theater Laden,<br />

Spohrstr. 39, www.stalburg.de<br />

Stoffel, „Offen-Luft“-Festival<br />

bis zum 15. August im Günthersburgpark<br />

Rotlint-Café, <strong>Bis</strong>tro, Rotlintstr.58,<br />

www.rotlint-cafe.de


Lenaustraße 72, 60318 Frankfurt / Fax: 069 - 596 743-61 / www.buero-schwarzburg.de<br />

Die Macher des neuen Magazins NORDend sitzen mitten im Nordend<br />

im Büro Schwarzburg. Dort wo die Lenau- auf die Schwarzburg-<br />

straße trifft, zwischen Explora-Bunker, Schwarzburgschule <strong>und</strong><br />

Café Größenwahn.<br />

Die vier Freelancer Ulrich <strong>Erler</strong>, Rita Henß, Christian Sälzer <strong>und</strong><br />

Martin Schmitz-Kuhl beschäftigen sich schon von Berufs <strong>wegen</strong><br />

mit der Konzeption <strong>und</strong> Redaktion der unterschiedlichsten Medien.<br />

Gemeinsam ist ihnen die Liebe zu gut gemachten Magazinen –<br />

am liebsten mit urbanen Themen. <strong>Von</strong> daher war es nur konsequent,<br />

ein solches Magazin für das eigene Quartier machen zu wollen.<br />

MARTIN SCHMITZ-KUHL (Jg. 1970).<br />

Journalist, Blattmacher <strong>und</strong> Medienentwickler.<br />

Irgendwann auch schon einmal<br />

Politologe, Kameraassistent <strong>und</strong> Pizzabäcker.<br />

Hat eine Leidenschaft für gut<br />

gemachte Magazine. Kam vor 10 Jahren<br />

von Darmstadt ins Nordend <strong>und</strong> lebt<br />

dort seitdem mit seiner Familie. Und<br />

das übrigens überaus gerne. Im Büro<br />

Schwarzburg arbeitet er an den unterschiedlichsten<br />

Medienprojekten – vom<br />

Konzipieren neuer Magazine bis hin<br />

zum Schreiben von Kindergeschichten.<br />

Daneben arbeitet er auch noch als<br />

Chefredakteur eines Fachmagazins.<br />

Tel. 069 - 596 743-36 / martin@schmitzkuhl.de<br />

/ www.schmitz-kuhl.de<br />

CHRISTIAN SÄLZER (Jg. 1971). Gelernter<br />

Soziologe, praktizierender Journalist.<br />

Schreibt für Magazine, arbeitet redak-<br />

tionell auch im Agenturbereich, entwickelt<br />

Medienkonzepte <strong>und</strong> macht Bücher<br />

(z.B. „Frankfurter Küchen“ im eigenen<br />

Zazie-Verlag). Lebt im Bockenheim <strong>und</strong> ist<br />

froh drum. Hat aber mal bei „Slumlord“<br />

Dieter D. in der Neuhofstraße gewohnt<br />

<strong>und</strong> viele Jahre im Größenwahn gekellnert.<br />

Wenn das keine Nordend-Kompetenz<br />

ist. Wünscht sich, dass der Chef der<br />

Pizzeria Cavallino in der Koselstraße, der<br />

ja wirklich nett ist, einfach mal „7 Euro“<br />

sagt <strong>und</strong> <strong>nicht</strong> immer „7.000 Lire“.<br />

Tel. 069 - 596 743 37 / saelzer@niatu.net /<br />

www.zazie-verlag.de<br />

64<br />

NORDend ist eine Herzensangelegenheit, ein „Just-for-Fun“-<br />

Projekt. Daneben werden im Büro Schwarzburg aber natürlich noch<br />

viele andere Kommunikationsprojekte umgesetzt. Für große <strong>und</strong><br />

kleine K<strong>und</strong>en. Je nach Aufgabenstellung im Team, jeder für sich<br />

oder mit externen Partnern.<br />

Das Aufgabengebiet reicht von redaktionellen Einzelprojekten über<br />

Bücher, K<strong>und</strong>enmagazine, Vereinszeitschriften <strong>und</strong> Broschüren<br />

bis hin zur kommunikativen <strong>und</strong> strategischen Beratung beispielsweise<br />

für den Einzelhandel <strong>und</strong> die Gastronomie.<br />

RITA HENSS (Jg. 1956) zog vom Frankfurter<br />

Westen ins Ostend <strong>und</strong> dann in<br />

den Süden Europas, um schließlich im<br />

Nordend sesshaft zu werden – zumindest<br />

vorläufig. Denn als Autorin von Reise-<br />

Büchern <strong>und</strong> -Reportagen ist die Romanistin<br />

oft <strong>und</strong> gern on tour. Die Lust an<br />

Neuem führt(e) die langjährige Feuilletonredakteurin<br />

aber <strong>nicht</strong> nur in alle Himmelsrichtungen,<br />

sondern u.a. auch in die<br />

Gefilde der Oper (Leiterin des Pressereferats)<br />

<strong>und</strong> zum Corporate Publishing.<br />

Das Nordend ist ihr Fix- <strong>und</strong> Ruhepunkt;<br />

<strong>hier</strong> parkt ihr Fahrrad <strong>und</strong> trifft sie ihre<br />

Fre<strong>und</strong>e – auch ohne große Verabredung.<br />

Tel. 069 - 596 743-38 / redaction@ritahenss.de<br />

/ www.ritahenss.de<br />

ULRICH ERLER (Jg. 1963) hat es sich <strong>nicht</strong><br />

leicht gemacht. Aufgewachsen im Nordschwarzwald<br />

mussten zuerst verschiedene<br />

Stationen in Baden Württemberg<br />

durchlaufen werden. Über Nied, Bornheim<br />

<strong>und</strong> das Ostend ist er schließlich im<br />

Nordend gelandet <strong>und</strong> hat beschlossen<br />

<strong>hier</strong> zu bleiben. Einer seiner Lieblingsplätze<br />

ist das Café im Günthersburgpark,<br />

<strong>nicht</strong> nur, weil er sich dort an Paris erinnert<br />

fühlt. Der Wirtschaftswissenschafter<br />

<strong>und</strong> Journalist beschäftigt sich hauptsächlich<br />

mit klassischer <strong>PR</strong>, immer öfter aber<br />

auch mit Corporate Publishing, wie K<strong>und</strong>enmagazinen<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiterzeitschriften.<br />

Tel. 069 - 597 975-48 / info@erler-pr.de /<br />

www.erler-pr.de<br />

SYLVIA HANDSCHUH (Jg. 1963), Diplom-<br />

Grafikerin. Geboren <strong>und</strong> aufgewachsen in<br />

Polen. Studierte Visuelle Kommunikation<br />

an der HfG Offenbach. Nach 30 Lebens -<br />

jahren in der Nordend-Peripherie gelernte<br />

Frankfurterin. Liebt die multikulturelle<br />

Bahnhofsgegend zum Arbeiten <strong>und</strong> das<br />

quirlige Nord end danach. Ihr Inte resse<br />

gilt dem vielfältigen Kulturangebot, ihre<br />

Sympathie den kleinen Läden & Cafés, zu<br />

denen man Du sagen kann. Die selbständige<br />

Designerin hat sich auf Print medien-<br />

Gestal tung spezialisiert, insbesondere auf<br />

Magazin-Design. Unternehmens publi-<br />

ka tionen für K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

verpasst sie gerne ein (neues) Outfit.<br />

Besonderes Faible: Bücher & Kunstbände.<br />

handschuh@multi-media.de<br />

RALPH ORLOWSKI (Jg. 1958), seit<br />

21 Jahren Berufsfotograf, Nordendler seit<br />

gut zehn Jahren. Die ersten fünf Profi-<br />

Jahre hinter der Kamera für Tageszeitungen<br />

wie Neue Presse <strong>und</strong> FAZ; dann<br />

Financial Times – <strong>und</strong> parallel dazu<br />

sechs Jahre „Freier“ bei der Agentur<br />

Reuters. Schließlich im Einsatz für<br />

Bloomberg News <strong>und</strong> Freelancer für<br />

Getty Images. Ab 2004 Staffer ebendort.<br />

2009 Verzicht auf die feste Anbindung<br />

an die renommierte Agentur. Seither frei<br />

schaffend mit Aufträgen für Reuters,<br />

Getty Images, Bloomberg <strong>und</strong> diverse<br />

Firmenk<strong>und</strong>en.<br />

www.ralph.orlowski.com<br />

65<br />

NORD END<br />

IM<strong>PR</strong>ESSUM<br />

Herausgeber:<br />

Zazie Verlag, Schellhase-Sälzer GbR,<br />

<strong>und</strong> Büro Schwarzburg<br />

Redaktion:<br />

Ulrich <strong>Erler</strong>, Rita Henss, Christian Sälzer (v.i.S.d.P.)<br />

<strong>und</strong> Martin Schmitz-Kuhl<br />

Büro Schwarzburg, Frankfurt am Main<br />

Weitere Autoren dieser Ausgabe:<br />

Nadja Einzmann <strong>und</strong> Michi Herl<br />

Art Direction, Layout <strong>und</strong> Satz:<br />

Sylvia Handschuh, Frankfurt am Main<br />

Fotos: Ralph Orlowski<br />

Korrektorat: xxxxx xxxx<br />

Druck:<br />

Henrich Druck + Medien, Frankfurt am Main<br />

Auflage: 3.000 Stück<br />

Preis: 4,- Euro<br />

Kontakt Anzeigen:<br />

Ulrich <strong>Erler</strong>, Tel. 59 79 7548, info@erler-pr.de<br />

Es gilt die Anzeigenliste Nr. 1/2010<br />

Eine Haftung für die Richtigkeit der Veröffentli-<br />

chungen kann trotz sorgfältiger Prüfung <strong>nicht</strong><br />

übernommen werden. Namentlich unterzeichnete<br />

Beiträge liegen in der Verantwortung der Autoren.<br />

Eine Verwertung des Magazins <strong>und</strong> aller in ihm<br />

enthaltenen Beiträge <strong>und</strong> Abbildungen, insbe-<br />

sondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung,<br />

ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages<br />

unzulässig.<br />

Martin , bitte<br />

helfen!<br />

<strong>hier</strong> soll noch<br />

irgenein satz<br />

hin!. Ich finde<br />

die e-mail<br />

<strong>nicht</strong>


Die Museumsufer Card enthält inklusive:<br />

Nacht der Museen<br />

(Ticket im Wert von 12 Euro)<br />

<strong>und</strong><br />

Museumsuferfest<br />

Zu diesen jährlich wiederkehrenden<br />

Ereignissen sind Sie mit Ihrer Museumsufer<br />

Card eingeladen <strong>und</strong> sparen so das<br />

Geld für die Eintrittskarte.<br />

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Kunstmagazin für Frankfurt <strong>und</strong><br />

Rhein-Main<br />

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Alle drei Monate erhalten Sie mit art<br />

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über das Kunst geschehen in Frankfurt<br />

<strong>und</strong> Rhein-Main in deutscher <strong>und</strong><br />

englischer Sprache frei Haus.<br />

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(069) 97460-239<br />

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Gültig <strong>und</strong> erhältlich in folgenden Museen: Altana Kulturstiftung im<br />

Sinclair-Haus • Archäologisches Museum • Bibelhaus am Museumsufer<br />

– Erlebnismuseum • Caricatura Museum • Deutsches Architekturmuseum<br />

• Deutsches Filmmuseum • Deutsches Ledermuseum<br />

Dommuseum • EXPLORA ScienceCenter Frankfurt • Fotografie<br />

Forum Frankfurt • Frankfurter Kunstverein • Geldmuseum der Deutschen<br />

B<strong>und</strong>esbank* • Goethe-Museum / Goethe-Haus • Haus der Stadtgeschichte<br />

• Historisches Museum / Kronberger Haus • Ikonen-Museum<br />

Institut für Stadtgeschichte /Karmeliterkloster • Jüdisches Museum • Kindermuseum<br />

• Klingspor Museum • Liebieghaus – Skulpturensammlung • Museum<br />

der Weltkulturen • Museum für Angewandte Kunst • Museum für Kommunikation<br />

• Museum für Moderne Kunst • Museum Giersch • Museum Judengasse<br />

• Portikus* • Rosenheim-Museum • Schirn Kunsthalle Frankfurt<br />

Senckenberg Naturmuseum • Städel Museum • Stoltze-Museum der<br />

Frankfurter Sparkasse* • Struwwelpeter-Museum<br />

* Eintritt generell kostenlos<br />

Stand: 06/2010, Änderungen vorbehalten<br />

34 MUSEEN<br />

1 JAHR<br />

75 EURO

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