3.0 Montessori Outdoor - Naturerlebnis

3.0 Montessori Outdoor - Naturerlebnis 3.0 Montessori Outdoor - Naturerlebnis

naturerlebnis.or.at
von naturerlebnis.or.at Mehr von diesem Publisher
15.11.2012 Aufrufe

Montessori Outdoor“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis Montessori Theorie Teil Montessori Outdoor Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis Montessori Positive Wirkungen und Erfolge der naturnahen Montessoripädagogik für die kindliche Entwicklung I. THEORIE TEIL © Marchl 2008; Kurs 12 B Seite 1 von 38 Von Annette Marchl Abschlussarbeit zum Montessoripädagogik-Lehrgang 12 B Wien 2008 am Montessorizentrum, 1140 Wien, Hüttelbergstrasse 5

„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong><br />

Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Positive Wirkungen und Erfolge der naturnahen<br />

<strong>Montessori</strong>pädagogik für die kindliche Entwicklung<br />

I. THEORIE TEIL<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 1 von 38<br />

Von Annette Marchl<br />

Abschlussarbeit zum <strong>Montessori</strong>pädagogik-Lehrgang 12 B<br />

Wien 2008<br />

am <strong>Montessori</strong>zentrum, 1140 Wien, Hüttelbergstrasse 5


INHALT I:<br />

1.0 Einleitung<br />

„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

2.0 Der Begriff <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong><br />

2.1 Definition <strong>Montessori</strong>pädagogik<br />

2.2 Definition <strong>Outdoor</strong><br />

2.3 Definition Kosmische Erziehung<br />

2.4 weitere Definitionen: Waldpädagogik, <strong>Outdoor</strong>pädagogik, Erlebnispädagogik<br />

2.5 Zusammenfassung<br />

<strong>3.0</strong> <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>: Grundannahmen im Hinblick auf die<br />

Grundlagen der <strong>Montessori</strong> Pädagogik und auf Erkenntnisse der<br />

Hirnforschung<br />

3.1 Entwicklungsphasen<br />

3.2 Sensible Phasen<br />

3.3 Die vorbereitete Umgebung<br />

3.4 Freiarbeit oder Freies Handeln in Grenzen<br />

3.5 Die Haltung des Erwachsenen gegenüber dem Kind<br />

3.6 Polarisation der Aufmerksamkeit<br />

4.0 Maria <strong>Montessori</strong>s Gedanken zur Natur<br />

5.0 Zusammenfassende Thesen von <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong><br />

6.0 Organisation eines <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> Tages<br />

6.1 Information<br />

6.2 Planung<br />

6.3 Entscheidung<br />

6.4 Durchführung<br />

6.5 Kontrolle<br />

6.6 Reflexion<br />

7.0 Die genaue Planung eines <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> Tages<br />

7.1 Welche Bedingungen liegen vor?<br />

7.2 Welche Ziele kann ich mit der Gruppe erreichen/vereinbaren?<br />

7.3 Welche Abläufe, Aktivitäten und Routinen in welcher Reihenfolge?<br />

7.4 Alternativ Planung<br />

Literaturverzeichnis<br />

Hinweis:<br />

Die in der vorliegenden Arbeit gewählten personenbezogenen Bezeichnungen gelten<br />

für beide Geschlechter.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 2 von 38


1.0 Einleitung<br />

„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> hat für mich eine lange Geschichte, die ich wohl selbst erst<br />

erleben musste, um in der vorliegenden Arbeit darüber zu berichten, was damit<br />

gemeint ist.<br />

Vor vielen Jahren, als mein erstes Kind auf die Welt kam, fragte ich mich wesentliche<br />

und essentielle Fragen, die ich zuerst einmal in der <strong>Montessori</strong> Pädagogik<br />

beantwortet fand. Viele Aspekte der Theorien der Kinderärztin Emmi Pikler<br />

bestätigten sich mir bei meinem zweiten Kind.<br />

Ich arbeitete in einigen Schulen, Kindergärten und alternativen<br />

Betreuungseinrichtungen und machte Zusatzausbildungen in Erlebnispädagogik,<br />

®<strong>Outdoor</strong>pädagogik und zuletzt Waldpädagogik.<br />

Nebenbei führe ich seit Jahren Kletterkurse und Kinderferienwochen auf Basis<br />

<strong>Montessori</strong> mit großem Erfolg durch.<br />

Alle diese Ausbildungen und Tätigkeiten scheinen etwas gemeinsam zu haben.<br />

Nun, die gemeinsamen Nenner sind vielfältig um nur einige zu nennen: …,Förderung<br />

der Individualität, Stärkung der Gruppe, Selbstbestimmtes Lernen und Handeln,<br />

vorbereitete Umgebung, sensible Phasen, Befriedung des Grundbedürfnisses nach<br />

Bewegung, , Selbsterfahrung und Problemlösungen,…. Und: draußen sein in der<br />

Natur!<br />

Kann/darf ich Maria <strong>Montessori</strong> neben einen modernen Begriff wie „<strong>Outdoor</strong>“ setzen?<br />

Mit <strong>Outdoor</strong> Aktivitäten(Events) verbindet man oberflächlich „Spaß, Fun & Action“ für<br />

die jüngere Generation.<br />

Diese vorliegende Arbeit soll vor allem aufzeigen, wie es möglich sein kann, unter<br />

welchen Aspekten und mit welchen Bedingungen mit Kindern in diesem Bereich<br />

gearbeitet werden kann, wobei genau jene Begriffe wie „Fun & Action“ nicht im<br />

Vordergrund stehen, wahrscheinlich nicht vorkommen. Vielmehr möchte ich<br />

aufzeigen wie das aktive Naturerleben, körperliche und geistige Anregung in<br />

vorbereiteter Naturumgebung für ein Kind bereichernd und aktivierend wirken kann<br />

und somit einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung seiner Lebensqualität leistet.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 3 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Bei der Arbeit in und mit der Natur, geht es darum, die POTENTIALE des Menschen<br />

durch den Kontakt mit der Natur anzusprechen und so den natürlichen Entfaltungs-<br />

und Entwicklungsprozess wieder anzuregen. (M. Hofferer, ®<strong>Outdoor</strong>pädagogik<br />

Austria)<br />

Mit diesem Bereich beschäftigt sich die vorliegende Arbeit:<br />

Körperliche (sinnliche) und geistige Anregung in vorbereiteter Naturumgebung mit<br />

einem Programm, das die Kinder bereichert und nicht überfordert.<br />

Das zu veranschaulichen möchte ich mit der vorliegenden Arbeit tun.<br />

2.0 Der Begriff <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong><br />

Der Begriff <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> wird in den USA von Mulmer <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong><br />

Centre Inc. 2006 verwendet und scheint sonst nirgendwo aktiv in Verwendung zu<br />

sein, bzw. gelebt zu werden. Ich vermute, dass dieser Begriff als solches noch gar<br />

nicht existiert, sondern von dieser Institution verwendet wird, um ihr Programm zu<br />

benennen.<br />

<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> wie ich gerne diesen Begriff verwendet haben möchte, setzt sich<br />

aus vielen Komponenten zusammen. Zuerst möchte ich die Definitionen der<br />

Hauptquellen von <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> bringen.<br />

2.1 Definition <strong>Montessori</strong>pädagogik<br />

Die <strong>Montessori</strong>pädagogik ist eine von Maria <strong>Montessori</strong> im Jahre 1906 eingeführte<br />

Bildungs-Methodik und Bildungsphilosophie für Kindergärten und Schulen. Die<br />

<strong>Montessori</strong>pädagogik beruht auf offenem Unterricht im Gegensatz zur<br />

geschlossenen Methode, wie z. B. Frontalunterricht. Diese Pädagogik kann als<br />

experimentell - im Gegensatz zur ideologischen Pädagogik - bezeichnet werden, in<br />

dem Sinn, dass die Beobachtung des Kindes den Lehrenden dazu führt, die<br />

passenden didaktischen Techniken anzuwenden, um den Lernprozess maximal zu<br />

fördern. Der Kern der <strong>Montessori</strong>pädagogik wird meistens mit dem Motto „Hilf mir, es<br />

selbst zu tun“ zusammengefasst. (Def. lt Wikipädia)<br />

Die <strong>Montessori</strong>methode wird oft als eine Philosophie beschrieben, die das Kind und<br />

seine Individualität in den Mittelpunkt stellt. Dr. <strong>Montessori</strong> glaubte an den Eigenwert<br />

des Kindes. Vergleiche mit traditionellen Standardnormen sind in der<br />

<strong>Montessori</strong>praxis nicht erwünscht. Stattdessen meinen <strong>Montessori</strong>-Befürworter, dass<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 4 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Kinder frei lernen sollten, ohne Behinderung und Kritik. Dr. <strong>Montessori</strong> glaubte, dass<br />

sowohl Belohnungen als auch Strafen schädlich sind für die innere Einstellung des<br />

Menschen, dass Kinder ganz natürlich aus ihrer eigenen Motivation lernen wollen.<br />

Vor allem deshalb, weil es in ihrer Natur liegt, am (erwachsenen) Leben teilhaben zu<br />

wollen.<br />

Die <strong>Montessori</strong>methode konzentriert sich als Pädagogik auf die Bedürfnisse, Talente<br />

und Begabungen des einzelnen Kindes. <strong>Montessori</strong>-Lehrer und -Pädagogen sind der<br />

Meinung, dass Kinder am besten in ihrem eigenen Rhythmus und in ihrer eigenen Art<br />

lernen. Kinder werden dazu ermutigt, das Tempo, das Thema und die Wiederholung<br />

der Lektionen selbstständig zu steuern. Dabei wird zugrunde gelegt, dass jede<br />

Abweichung vom Ideal des göttlichen Kindes eine Störung darstellt, die durch<br />

Einsatz von Lernmethoden behoben (normalisiert) werden kann.<br />

Das Leitmotiv der Methode ist die Pflege der natürlichen Freude des Kindes am<br />

Lernen. Nach <strong>Montessori</strong> stellt diese Freude am Lernen einen Kernbestandteil des<br />

Wesens eines jeden Kindes dar. Mit Respekt und Achtung unterstützt und angeleitet<br />

führt sie zu einer Entwicklung einer in sich ruhenden und ausgeglichenen<br />

Persönlichkeit.<br />

Kinder, die in ihrem eigenen Rhythmus und den eigenen Interessen folgend lernen,<br />

erleben Selbstvertrauen und Selbstständigkeit und verinnerlichen das Gelernte so<br />

am besten.<br />

Selbstständigkeit wird durch die Arbeiten des täglichen Lebens (Fähigkeiten, die<br />

direkt im praktischen Leben anwendbar sind) unterstützt. <strong>Montessori</strong>-<br />

Kindergartenkinder lernen (in erster Linie durch Nachahmung) sich anzuziehen, sich<br />

selbst zu waschen, den Esstisch vorzubereiten usw. Die Kinder können sich meist<br />

selbst aussuchen, mit wem sie gemeinsam arbeiten und auch woran sie arbeiten<br />

möchten. Sie setzt dabei immer ihren Schwerpunkt auf den Lernenden als Führer<br />

seiner eigenen Entwicklung hin zum Ideal.<br />

Für Maria <strong>Montessori</strong> ist es vorrangig, dem Kind die Möglichkeiten zu bieten, in einer<br />

vorbereiteten Umgebung, die an seine psychologischen Bedürfnisse angepasst ist,<br />

sich mit allen seinen Sinnen zu entfalten. Dabei ist es besonders wichtig, dass sich<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 5 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

die Lehrenden auch als Lernende begreifen und den eigenen Rhythmus jedes<br />

Kindes berücksichtigen und dieses in erster Linie versuchen wahrzunehmen und zu<br />

erkennen, womit sich das Kind auseinandersetzt. Zum Beispiel kann es sein, dass<br />

ein Kind nicht mit den dafür vorgesehenen (von <strong>Montessori</strong> entwickelten) Materialien<br />

Mathematik anwendet, sondern dies beim Messen, beim Bau einer Maschine tut. Um<br />

die gegenseitige Beeinflussung der zwei Lernenden (Kind und Begleiter) nicht in<br />

unerwünschte Richtungen gleiten zu lassen ist es unbedingt erforderlich Supervision<br />

einzusetzen. (Quelle: wikipädia)<br />

2.2 Definition <strong>Outdoor</strong><br />

Unter Freiland, Freiluft oder englisch <strong>Outdoor</strong> werden Freizeitaktivitäten im Freien<br />

zusammengefasst. Verschiedene Hobbys in der Natur werden dazu gezählt u. a.:<br />

Bergsteigen, Camping, Fahrradfahren, Geocaching, Kanufahren, Mountainbike,<br />

Parkour, Reiten, Skaten (Ski nordisch), Survival (im weiteren Sinne), Trekking<br />

Wandern, Expedition.<br />

Ziel ist es häufig die Landschaft zu betrachten, sich vom Alltagsstress zu entfernen,<br />

Herausforderungen zu meistern oder einfach sich naturverbunden zu fühlen.<br />

Definition für <strong>Outdoor</strong> im Zusammenhang mit dem Management:<br />

"<strong>Outdoor</strong> ist eine spezielle Interventionsmethode, die erlebnisintensives Handeln zur<br />

Basis gemeinsamer Reflexion macht. Im Spannungsfeld zwischen<br />

Unternehmensrealität, Körper- und Gemeinschaftserfahrung und konkreter Umwelt<br />

wirken <strong>Outdoor</strong> - Interventionen sowohl als Spiegel, als auch als Projektionsfläche,<br />

auf denen alltagsnahe Arbeitsprozesse bearbeitet werden können. Im Zentrum steht<br />

dabei nicht die abstrakte Konzeption oder die allgemeine Absichtserklärung, sondern<br />

das konkrete Tun. Ihrem großen Entwicklungspotenzial entsprechend, wird die<br />

Methode <strong>Outdoor</strong> mittlerweile in allen Bereichen der managementorientierten<br />

Personal- und Organisationsentwicklung (Führungskräftetraining, Teambuilding,<br />

Interkulturelle Projektgruppen, Großgruppenarbeit, Strategieklausuren, Gruppen- und<br />

Einzelcoaching etc.) eingesetzt." (Quelle: ARGE Bildungsmanagement Wien)<br />

(Quelle: wikipädia)<br />

2.3 Definition Kosmische Erziehung<br />

Aus dem Blickwinkel von <strong>Montessori</strong>s Spätwerk wird „Kosmische Erziehung“ im<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 6 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

internationalen AMI-Umfeld so definiert: „Kosmische Erziehung ist die pädagogische<br />

Antwort auf die Entwicklungsbedürfnisse des Kindes im Alter von sechs bis zwölf<br />

Jahren.“ Es geht um das Kennen lernen der großen und kleinen Zusammenhänge,<br />

um die Einführung in alle Wissensbereiche. Kosmische Erziehung wird auf der<br />

praktischen Ebene als ein umfassendes Erziehungskonzept verstanden, das alle<br />

Themenbereiche beinhaltet – auch die Mathematik, Musik, Kunst, Sprache, usw.. Es<br />

wird deshalb nicht von „kosmischem Material“ gesprochen, sondern von Materialien<br />

zur Biologie, zur Geologie, zur Astronomie, mathematischem Material, usw.<br />

Auf der Praxisebene wird der Begriff also nur im Zusammenhang mit der zweiten<br />

Stufe der Entwicklung benutzt.<br />

(Quelle: <strong>Montessori</strong> Landesverband Baden-Württemberg e.V.<br />

Vortrag und Workshop von Petra Wöbcke-Helmle und Thomas Helmle zum<br />

„Stellenwert der Kosmischen Erziehung in der <strong>Montessori</strong>-Arbeit und -Ausbildung“,<br />

Wernau 2004)<br />

2.4 weitere Definitionen:<br />

Waldpädagogik, <strong>Outdoor</strong>pädagogik, Erlebnispädagogik<br />

Waldpädagogik zu definieren ist schwierig. Bis zu den 90er-Jahren dominierten vor<br />

allem die Begriffe Umwelterziehung, Ökologisches Lernen und Ökopädagogik.<br />

Moderne Begriffe sind Umweltbildung sowie deren Weiterentwicklung zur Bildung für<br />

eine nachhaltige Entwicklung. Hinter diesen Begriffen stehen verschiedene Inhalte<br />

und Theorien, unterschiedliche pädagogische Grundpositionen sowie verschiedene<br />

Definitionen des Mensch-Umwelt-Verhältnisses. Der Bekanntheitsgrad des Begriffes<br />

„Waldpädagogik“ dürfte in Österreich auch innerhalb der „betroffenen“ Berufsfelder<br />

wie Forstleuten, Biologen und Pädagogen sehr stark variieren – er reicht von völliger<br />

Unkenntnis bis zu genauen Vorstellungen, was man darunter verstehen will (Hölbling<br />

2000). Auch in der aktuellen Literatur wird Waldpädagogik sehr vielfältig aber auch<br />

widersprüchlich definiert. Die Beschreibungen reichen von „Ökologischer Pädagogik“<br />

im Wald bis hin zur reinen forstlichen Öffentlichkeitsarbeit (Kohler 2000, zit. in<br />

Voitleithner 2002). Die breite Begriffsdefinition der Waldpädagogik ermöglicht<br />

einerseits die Unterscheidung von verschiedenen Formen der Waldpädagogik mit<br />

den jeweiligen, inhaltlichen Schwerpunkten, andererseits wird Waldpädagogik aus<br />

diesem Grunde immer ein etwas „schwammiger“ Begriff bleiben.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 7 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

„Für mich ist Waldpädagogik ein „Wald-Erleben“, ein spielerisches Begreifen vom<br />

Wald mit all seinen Funktionen – mit allen Sinnen, die dem Menschen gegeben sind.<br />

Waldpädagogik ist ein Miteinander und kein Gegeneinander und v.a. ist<br />

Waldpädagogik nicht nur etwas für Kinder sondern für Groß und Klein. Der Wald<br />

selbst ist der bevorzugte Ort und beherrschendes Thema der Waldpädagogik“ (Mag.<br />

Monika Dönz- Breuß).<br />

Die ®<strong>Outdoor</strong>pädagogik befasst sich als eigenständige pädagogische Richtung mit<br />

dem gezielten Bereitstellen von außergewöhnlichen Naturspiel-, Experimentier- und<br />

Entwicklungsräumen, und verfolgt das Ziel der gemeinsamen Erweiterung der<br />

Erlebens- und Handlungsfähigkeit sowie der Entwicklung personaler und sozialer<br />

Kompetenzen unter Berücksichtigung natürlicher Lern- und Entwicklungsformen.<br />

(Dr. Manfred Hofferer ®<strong>Outdoor</strong>pädagogik Austria)<br />

Die Erlebnispädagogik nutzt Gruppen-Erfahrungen in der Natur (Wald, Gebirge,<br />

See) um die Persönlichkeit und soziale Kompetenzen zu entwickeln. Natursportarten<br />

(Segeln, Reiten, Radfahren, <strong>Outdoor</strong>training,, Höhlenforschen, Kajakfahren,<br />

Floßfahren) bieten dabei ein breites Spektrum an Erlebnismöglichkeiten, ergänzt mit<br />

Methoden aus Theater-, Abenteuer- und Spielpädagogik, der Gruppendynamik und<br />

der Sozialpädagogik.<br />

Erlebnispädagogik gilt heute als integrativer Bestandteil ganzheitlicher Erziehungs-<br />

und Bildungskonzepte. Ursprünglich in der Reformpädagogik verwurzelt, gewinnt sie<br />

in jüngster Zeit wieder an Bedeutung, da Schlüsselqualifikationen wie soziale<br />

Kompetenz und Persönlichkeit eine zunehmende Rolle in der Gesellschaft spielen.<br />

(Quelle: Wikipädia)<br />

2.5 Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend lässt sich <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> aus den o.g. Definitionen wie folgt<br />

definieren:<br />

Hauptaugenmerk wird auf die Grundannahmen der <strong>Montessori</strong>pädagogik gelegt,<br />

Hauptaktionsfeld ist die freie Natur, die Aktivitäten werden vorbereitet und angeleitet,<br />

die Anliegen der Gruppe und deren Betreuer stehen dabei im Vordergrund,<br />

Wissensvermittlung wird in Form von, wie in der <strong>Montessori</strong>pädagogik üblichen<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 8 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

vorbereiteten Material, durchgeführt; das Erleben und Lernen in der freien Natur<br />

steht an wichtigster Stelle. Die Potentiale des Menschen durch den Kontakt mit der<br />

Natur anzusprechen und so den natürlichen Entfaltungs- und Entwicklungsprozess<br />

wieder anzuregen, ist ein wichtiger Aspekt.<br />

Im Vordergrund von <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> stehen:<br />

• Ressourcen aktivieren<br />

• Potentiale wecken und stärken<br />

• Kompetenzen und Performanz steigern<br />

• Natur Erfahrung, <strong>Naturerlebnis</strong><br />

• Bewegungserfahrung<br />

• Berücksichtigen von Bedürfnissen (des Einzelnen wie der ganzen Gruppe)<br />

• Sinnes Erfahrung und –aktivierung<br />

• Freiheit und Grenz Erfahrung<br />

• Selbstständigkeit und Verantwortung<br />

• Geborgenheit und Sicherheit<br />

• Gefühle ausdrücken<br />

• Spannung, Abenteuer, Risiko<br />

• Kreativität<br />

• Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung<br />

• Körper Erfahrung<br />

• Selbstbestimmt leben und handeln<br />

• Erfahrungshorizont erweitern<br />

• Lebenslanges Lernen ermöglichen<br />

• Generationen vernetzend arbeiten<br />

• Soziale Kontakte fördern, Netzwerke aufbauen<br />

• …<br />

<strong>3.0</strong> <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>: Grundannahmen im Hinblick auf<br />

die Grundlagen der <strong>Montessori</strong> Pädagogik und auf<br />

Erkenntnisse der Hirnforschung<br />

3.1 Entwicklungsphasen<br />

In meiner bisherigen Erfahrung in der Arbeit mit Kindern stellt das Alter, das M.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 9 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

<strong>Montessori</strong> der zweiten Entwicklungsstufe zuordnet, als wesentliche Hauptgruppe<br />

von <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> dar. Ich habe selbst ein ganzes Jahr Erfahrung an einer<br />

<strong>Montessori</strong>schule gesammelt und weiß, dass dieses Alter am empfänglichen für die<br />

Naturthematik ist.<br />

Es gibt natürlich auch für das Alter 3-6 Naturangebote, wie es in den<br />

Waldkindergärten wunderbar angeboten wird, jedoch würde es den Rahmen dieser<br />

Arbeit sprengen, mich noch zusätzlich mit diesem Alter zu befassen.<br />

Ich sehe das Projekt Waldkindergarten als wichtige Institution in Vorarbeit auf das<br />

Naturverständnis in späteren Jahren und meiner Meinung nach gibt es in Österreich<br />

noch viel zu wenig davon.<br />

Da ich selbst nicht nur mit „<strong>Montessori</strong> Kindern“ zu tun habe, halte ich es für ganz<br />

wichtig und essentiell, dass an Regelschulen im Volksschulbereich der Bereich Natur<br />

Erfahrung , <strong>Naturerlebnis</strong> verstärkt und regelmäßig angeboten werden soll.<br />

In diesem Bereich gibt es noch sehr viel zu tun und ich sehe es als gemeinsame<br />

Aufgabe aller Pädagogikrichtungen auf diese Problematik hinzuweisen und daran<br />

verändernd zu arbeiten.<br />

….Die zweite Entwicklungsstufe (Kindheit – sechs bis zwölf Jahre) ist für<br />

<strong>Montessori</strong> eine vergleichsweise ruhige, stabile Zeit. Sie ist gekennzeichnet durch<br />

die Frage nach dem „Warum?“. Die Zusammenhänge und die Ursachen der Welt<br />

wollen nun erforscht werden. Es vollzieht sich ein Theoretischer TeilWandel von der<br />

sinnlichen Wahrnehmung zum abstrakten Denken. Die große Kraft, die hier<br />

angesprochen werden will, ist die der Imagination. Mit der Entwicklung der<br />

Vorstellungskraft gibt es nun keine Grenzen mehr: Das Kind kann gedanklich durch<br />

Raum (Geografie, Astronomie …) und Zeit (Geschichte) reisen. Neben der<br />

Imagination entwickelt sich die Fähigkeit zur Abstraktion. <strong>Montessori</strong> spricht von<br />

einer „Phase der Geistesschärfe“. Kinder haben in dieser Zeit eine „nach außen<br />

gerichtete Intelligenz“<br />

Die soziale Gruppe wird sehr wichtig. Die Kinder wollen nun zusammenarbeiten, sich<br />

austauschen. In Schulklassen ist es deshalb lauter als im Kinderhaus. Die<br />

moralische Entwicklung, die Bewertung von Handlungen, das<br />

Gerechtigkeitsempfinden prägen sich aus. Die soziale Orientierung bekommt auf<br />

dieser Stufe eine neue Qualität.<br />

Für die Sechs- bis Zwölfjährigen wird das Konzept der Kosmischen Erziehung als<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 10 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

eine Idee des universellen Lernplans – dieses ist durchaus auch inhaltlich zu<br />

verstehen – konzipiert (inhaltliche und methodische Einzelheiten zur Arbeit auf dieser<br />

Entwicklungsstufe unter 5., 6. und 7.).<br />

Maria <strong>Montessori</strong> schrieb dazu:<br />

Im Alter von sechs bis zwölf Jahren geht es darum, die verschiedenen Aspekte des<br />

Wissens von der Welt und vom Kosmos zu verbinden. Astronomie, Geografie,<br />

Geologie, Biologie, Physik, Chemie sind nur Details eines Ganzen. Der kosmische<br />

Aufbau der menschlichen Gesellschaft muss das Zentrum des Studiums der<br />

Geschichte und Soziologie werden.<br />

(Kosmische Erziehung, 1988, S.27)<br />

Dieses Programm als Grundstein der Schulerziehung ... hat sich als der einzige Weg<br />

erwiesen... Das Kind wurde im Kinderhaus „schon indirekt darauf vorbereitet.<br />

(Ebd., S. 42f)<br />

Wir können das Ganze mit einem Tuch vergleichen, in dem jedes Detail eine<br />

Stickerei darstellt, während sich das Ganze zu einem wunderbaren Gewebe<br />

zusammen fügt. Um dem Kind von sieben bis zwölf Jahren die Vorstellung des<br />

Ganzen in der Natur zu vermitteln, ... muss man wohl schon so weit gehen, dem<br />

Kinde eine Vorstellung der gesamten Wissenschaft zu geben; nicht mit allen<br />

Einzelheiten und Genauigkeiten, sondern nur einen Eindruck davon. In dieser<br />

Epoche, in der eine Art sensible Periode der Vorstellungskraft existiert, geht es<br />

darum, den ‚Keim für die Wissenschaften’ zu legen. Wenn man ihm einmal die<br />

Vorstellung vom Ganzen gegeben hat, muss man zeigen, dass von jedem Zweig<br />

eine Wissenschaft ausgeht. Die Mineralogie, die Biologie, die Physik, Chemie usw...<br />

(Von der Kindheit zur Jugend, S. 51)<br />

Die Umgebung für sechs- bis zwölfjährige Kinder muss auf dieser Stufe erweitert<br />

werden. Die Schule ist zu klein: Die ganze Gemeinde, die Stadt, die natürliche und<br />

kulturelle Umgebung der Schule gehören auf dieser Stufe als „vorbereitete“, bzw.<br />

„bereitgestellte Umgebung“ dazu. ….<br />

Quelle: Vortrag bei der Gesamt-Dozentenkonferenz der <strong>Montessori</strong>-Vereinigung<br />

Deutschland e.V., Sitz Aachen, in Bensberg am 6. Mai 2006<br />

Petra Wöbcke-Helmle und Thomas Helmle<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 11 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

3.2 Sensible Phasen<br />

Theorie Teil<br />

Das Phänomen, das die Neurobiologie heute "Fenster" nennt, hat Maria <strong>Montessori</strong><br />

als erste Ärztin Italiens bereits zu Beginn unseres Jahrhunderts entdeckt. Der Begriff<br />

"Sensible Phasen" meint Zeiträume besonderer Empfänglichkeit und innerer<br />

Bereitschaft, einen bestimmten Lern- oder Entwicklungsschritt zu setzen. Sensible<br />

Phasen sind also eine große Chance: Das richtige Angebot zur rechten Zeit<br />

garantiert freudvolles, leichtes, rasches, tief greifendes Lernen. Das Wissen um die<br />

Sensiblen Phasen sowie die genaue Beobachtung der Kinder und Jugendlichen<br />

vorausgesetzt kann es uns als PädagogInnen gelingen, das richtige Angebot für die<br />

individuelle Entwicklung zu finden.<br />

(Quelle: Saskia Haspel: „<strong>Montessori</strong>-Pädagogik an der AHS, Möglichkeiten und<br />

Grenzen“ Artikel erschienen in: AHS-Journal 2001)<br />

Die moderne Hirnforschung stellte Parallelitäten mit <strong>Montessori</strong>s Aussagen fest:<br />

"Die Existenz zeitlich gestaffelter sensibler Phasen für die Ausbildung<br />

verschiedener Hirnfunktionen führt zu dem Postulat, dass das Rechte<br />

zur rechten Zeit verfügbar sein oder angeboten werden muss. Es ist<br />

nutzlos oder womöglich sogar kontraproduktiv, Inhalte anzubieten, die<br />

nicht adäquat verarbeitet werden können, weil die entsprechenden<br />

Entwicklungsfenster nicht offen sind. Da bislang nur wenige Daten dar-<br />

über vorliegen, wann das menschliche Gehirn welche Informationen<br />

benötigt, ist wohl die beste Strategie, sorgfältig zu beobachten, wonach<br />

Kinder fragen".<br />

Auch Singer wiederholt, was <strong>Montessori</strong> zu den sensiblen Phasen schon<br />

ausgeführt hat. Von besonderem Interesse ist der Hinweis, dass wir bislang<br />

wenig darüber wissen, "wann das menschliche Gehirn welche Informationen<br />

benötigt". Den genauen Zeitpunkt für das Auftreten sensibler Phasen<br />

wissen wir also nicht. Auch Singer hält darum, wie <strong>Montessori</strong>, das sorgfältige<br />

Beobachten für die beste Strategie, um sensible Phasen zu erkennen.<br />

Ähnlich beschreibt der Psychologe und Familienforscher Hartmut Kasten<br />

vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in München das Phänomen.<br />

Was <strong>Montessori</strong> unter sensiblen Phasen versteht, setze ich als bekannt vor-<br />

aus. Die Entwicklungsbiologie spricht von "Zeitfenstern" oder "kritischen<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 12 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Perioden", innerhalb deren ein bestimmtes Verhalten erlernt werden muss.<br />

Ist diese Zeit verstrichen, so wird es danach schwer oder fast unmöglich,<br />

dieses Verhalten noch zu erwerben.<br />

Am Beispiel einer Untersuchung bei Sumpfmeisen erläutert Spitzer (2002,<br />

S. 207 f.) die Wirkungen einer sensiblen Phase. Sumpfmeisen überleben<br />

den Winter nur, weil sie an bis zu 10 000 verschiedenen Orten Nüsse,<br />

Bucheckern u. a. versteckt haben. Diese Orte wieder zu finden, gelingt<br />

ihnen nur, weil sie" im Laufe ihrer Entwicklung in ihrem Gehirn einen<br />

besonders großen Speicherplatz (Hippokampus) ausgebildet haben.<br />

Zwischen dem 30. und etwa 50. Lebenstag beginnen diese Vögel mit dem<br />

Verstecken von Nüssen u. a. und in dieser Zeit wächst im Gehirn der<br />

Hippokampus besonders stark. Jungvögel, denen man in dieser kritischen<br />

Periode nur gemahlene Nüsse als Futter gab, konnten das Versteckverhalten<br />

nicht ausüben, da gemahlene Nüsse sich nicht verstecken lassen. Es<br />

zeigte sich, dass der Hippokampus in dieser Zeit nicht wuchs und auch<br />

später so klein blieb wie bei anderen Vögeln. Auch wenn diese Tiere später<br />

normale Nüsse bekamen, blieb der Speicherplatz für räumliche Merkpunkte<br />

im Gehirn klein und das Steckverhalten blieb rudimentär.<br />

"Die Kinder suchen dann von sich aus 'passende' neue Gegenstände<br />

aus und beginnen damit, sich konzentriert und ausdauernd mit diesen<br />

zu beschäftigen.<br />

Die orientierenden Hinwendungen des Kleinkindes zu neuen (und/oder vertrauten)<br />

Gegenständen sollten aufmerksam beobachtet werden. Das Kind wird von sich aus<br />

signalisieren, mit welchen Dingen es sich intensiver befassen möchte" (Kasten,<br />

2003, S. 64).<br />

Entsprechende kritische Perioden für die Ausbildung von Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten gibt es auch beim Menschen .Spitzer (2002, S. 210) weist auf<br />

die Ähnlichkeit mit dem begrenzten Zeitraum der "Prägung" hin, wie sie<br />

Konrad Lorenz an seinem berühmten Beispiel mit den Graugänsen<br />

Beschrieben hat.<br />

(Quelle: Singer, W. (2003): Was kann ein Mensch wann lernen?<br />

(Hrsg.): Elementarpädagogik nach PISA. Freiburg (Herder).<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 13 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Im ersten Punkt 3.1 Entwicklungsstufen wies ich darauf hin, dass das Alter 6-12 am<br />

empfänglichsten für das Thema Natur und ihre Vorgänge darin ist. Es ist eindeutig<br />

für mich, dass die gesamte Zeit u.a. eine sensible Phase für Natur darstellt.<br />

Wenn dem nicht entsprochen wird oder werden kann weisen Kinder schwere<br />

Auffälligkeiten auf. Es gibt gewisse Grundbedürfnisse die gedeckt sein müssen,<br />

sonst kann Entwicklung nicht stattfinden. Um nur einige zu nennen:<br />

Bedürfnis…<br />

…zu spielen<br />

…sich zu bewegen<br />

…vielfältig wahrzunehmen<br />

…herzustellen und zu gestalten<br />

…die Welt entdecken und zu verstehen<br />

…mit der Natur verbunden zu sein<br />

…nach Gemeinschaft<br />

…nach Geborgenheit und Sicherheit in der Gruppe<br />

…<br />

Es genügt keinesfalls diese Grundbedürfnissen in, wie es <strong>Montessori</strong> nennt, „engen<br />

Käfigen“ , zu decken.<br />

Erst wenn das Kind in Kontakt mit der Natur ist, ist es in Kontakt mit sich selbst und<br />

kann so seinen inneren Plan verwirklichen.<br />

Das Erleben und Kennen lernen äußerer Natur ist immer auch ein Erleben und<br />

Kennen lernen unserer inneren Natur.<br />

Durch das unmittelbare Erleben und Handeln in der Natur entsteht ein<br />

emotionaler Bezug, der den achtsamen Umgang mit ihr und mit sich selbst fördert.<br />

3.3 Die vorbereitete Umgebung<br />

Eine anregende Lernumgebung, ansprechendes und ästhetisches Lernmaterial,<br />

gemütliche Raumgestaltung sowie eine entspannte, angenehme Atmosphäre<br />

schaffen die beste Voraussetzung für Lern- und Entwicklungsprozesse in jedem<br />

Entwicklungsabschnitt. Die Vorbereitung der Umgebung stützt sich zunächst auf<br />

Erfahrungen und Vermutungen und verändert sich dann im Lauf der Zeit aufgrund<br />

unserer Beobachtungen. Je älter die Kinder sind, desto größeren Einfluss können sie<br />

selbst auf die Gestaltung ihrer Vorbereiteten Umgebung nehmen.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 14 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

(Quelle: Saskia Haspel: „<strong>Montessori</strong>-Pädagogik an der AHS, Möglichkeiten und<br />

Grenzen“ Artikel erschienen in: AHS-Journal 2001)<br />

"Wer Lernen für einen passiven Vorgang hält, der sucht nach dem richtigen<br />

Trichter. Wer aber Lernen als eine Aktivität versteht,... der sucht<br />

keinen Trichter, sondern denkt über die Rahmenbedingungen nach,<br />

unter denen diese Aktivität am besten stattfinden kann. Wer im Käfig<br />

hockt, der kann nicht laufen und wer einen leeren Teller vor sich hat, der<br />

kann nichts essen"<br />

Darin finden wir einen Hinweis auf die "vorbereitete Umgebung" und auf die<br />

das Lernen hemmende Wirkung.<br />

"Wählt man das Kriterium etwas weicher, so gibt es sehr viel mehr kritische<br />

Perioden, die man vielleicht besser als sensible Periodenbezeichnen sollte.<br />

Während solcher Phasen ist das Erlernen bestimmter Sachverhalte oder<br />

Fähigkeiten besonders leicht und erschließt gleichsam einen bestimmten Raum für<br />

weiteres Lernen."<br />

(1) einer anregungsarmen Umgebung oder<br />

(2) der Unterdrückung der Aktivität eines Kindes.<br />

Beide Faktoren, die anregungsarme Umgebung, vor allem aber die Unterdrückung<br />

oder Lähmung der Eigenaktivität eines Kindes, können zu<br />

wesentlichen Ursachen für Lernbehinderungen werden (Klein, 2002).<br />

Die Parallelität der Begriffe und Gedanken zu <strong>Montessori</strong> ist offensichtlich.<br />

(Quelle: <strong>Montessori</strong>-Pädagogik und Gehirnforschung* MONTESSORI<br />

Zeitschrift für <strong>Montessori</strong>-Pädagogik Gerhard Klein<br />

<strong>Montessori</strong>-Vereinigung Deutschland e.V., Sitz Aachen<br />

43. Jahrgang (2005) - Heft 3)<br />

Der für mich wohl heikelste Punkt ist der, der vorbereiteten Umgebung.<br />

In <strong>Montessori</strong> Schulen sehen wir schlichte einfache Möbel, die Klarheit ausdrücken.<br />

Das Material ist auf seinem Platz in einfachen Regalen. Alles scheint notwendig,<br />

nichts zuviel oder gar dem Zufall überlassen. Es herrscht Ordnung und<br />

Übersichtlichkeit.<br />

Doch wie sieht es in der Natur aus? Abgesehen von gepflegten Parkanlagen und<br />

Wirtschaftswäldern, ist die Natur, der Wald auf den ersten Blick wohl eher<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 15 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

chaotisch? Jedoch bietet er eine Vielfalt, die seinesgleichen sucht!<br />

Wenn ich oben genannte Begriffe, die eine vorbereitete Umgebung ausmachen, mir<br />

näher betrachte dann bin ich schon beruhigter!<br />

• anregende Lernumgebung: im Wald auf jeden Fall, überall kann Neues<br />

entdeckt werden. Dabei kann ein kleines Waldstück völlig ausreichen.<br />

• entspannte, angenehme Atmosphäre: durchaus, jedoch muss darauf<br />

geachtet werden, dass keine störenden Faktoren wie z.B. Straßenlärm zu<br />

hohen Einfluss haben. Die Geräusche des Waldes, das Licht und die Luft<br />

tragen deutlich zu einer entspannten und angenehmen Atmosphäre bei, viel<br />

höher noch, als in einem geschlossenen Raum.<br />

• ansprechendes und ästhetisches Lernmaterial: auch hier ist eine<br />

Argumentation gefragt, die dem ästhetisch einfach genialen Materialien<br />

<strong>Montessori</strong>s standhalten soll. Die Natur bietet eine solche Vielfalt an Ästhetik,<br />

die der Mensch weder begreifen noch erahnen kann. Auch kann er sie selbst<br />

nicht herstellen! Kinder haben jedoch noch feine Kanäle, die es ihnen<br />

erlauben, zu dieser unendlichen Vielfalt einen Kontakt herzustellen. Steine,<br />

Äste, Blätter, … haben für Kinder einen ganz anderen Stellenwert als für<br />

Erwachsene. Sie betrachten diese Dinge ganz anders und geben diesen,<br />

von der Natur genial hergestellten Dinge, eine andere Bedeutung. Kinder<br />

haben auch eine andere Wahrnehmung, die es ihnen erlaubt diese Genialität<br />

zu sehen. Oder findet ein Erwachsener eine Pusteblume wie ein Wunder?<br />

Kinder können das, sie haben die Augen dafür, wir müssen sie erst wieder<br />

öffnen lernen.<br />

• gemütliche Raumgestaltung: dieser Punkt ist sehr wichtig und bedeutet, dass<br />

die Natur, der Wald nicht als ungemütlich empfunden werden soll. Kinder sind<br />

es heute nicht mehr gewohnt, sich bei jedem Wetter, bei jeder Jahreszeit bei<br />

jeder Tages/Nachtzeit draußen aufzuhalten. Deswegen ist es sehr wichtig,<br />

auf die Grundbedürfnisse zu achten, sodass der Aufenthalt in der Natur als<br />

angenehm in Erinnerung bleiben soll. Nur so kann Begeisterung<br />

hervorgerufen werden und der nächste Waldtag, der vielleicht bei nicht so<br />

schönem Wetter stattfindet eher aufgenommen werden. Der Kontakt mit der<br />

Natur bedeutet, auch bei Regen, Dunkelheit und Kälte draußen zu sein.<br />

Elternängste sind zwar manchmal hinderlich aber wenn man behutsam und<br />

langsam diese Kontakte versucht herzustellen, kann man auch verängstigte<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 16 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Erwachsene überzeugen.<br />

Theorie Teil<br />

3.4 Freiarbeit oder Freies Handeln in Grenzen<br />

Respektvolle Haltung gegenüber individuellen Entwicklungsprozessen und der dafür<br />

nötigen Zeit erfordert eine ganz bestimmte Unterrichtsform. Die Freiarbeit nach<br />

<strong>Montessori</strong> ermöglicht den Lernenden freie Wahl der Arbeit sowie des Materials, freie<br />

Wahl des Arbeitsplatzes und der Sozialform sowie freie Wahl des Zeitpunktes und<br />

der Zeitdauer. "Die Freiheit der Wahl führt zur Würde des Menschen." postulierte<br />

Maria <strong>Montessori</strong> in ihrer Rede anlässlich der Eröffnung der Hall of Liberty. Damit<br />

verbunden ist aber auch die Chance jene Schlüsselqualifikationen zu entwickeln, die<br />

einerseits verstärkt im Berufsleben gefordert werden und andererseits ganz einfach<br />

den Menschen ausmachen.<br />

(Quelle: Saskia Haspel: „<strong>Montessori</strong>-Pädagogik an der AHS, Möglichkeiten und<br />

Grenzen“ Artikel erschienen in: AHS-Journal 2001)<br />

Die Ergebnisse der Gehirnforschung lauten ähnlich wie die <strong>Montessori</strong>s:<br />

"Menschen sind von Natur aus motiviert, sie können gar nicht anders,<br />

denn sie haben ein äußerst effektives System hierfür im Gehirn eingebaut<br />

(a.a.O.S. 192)<br />

"Die Lektion ist ein Appell an die Aufmerksamkeit. Falls der Gegenstand<br />

den innersten Wünschen des Kindes entspricht ... regt es das Kind zu<br />

einer Tätigkeit von längerer Dauer an. Worte sind nicht immer<br />

nötig...<br />

D.h., sie brauchen gar nicht von anderen motiviert werden. Spitzer begründet<br />

diese These mit dem Hinweis auf die Funktion des Dopaminsystems im<br />

Gehirn. Dieses System ist für die Bewertung der Reize zuständig, die auf<br />

uns einprasseln. Begegnung mit Neuem setzt Dopamin frei, weckt Neugier, erzeugt<br />

Explorationsverhalten. Dieses System treibt uns um, motiviert unsere Handlungen<br />

und bestimmt, was wir lernen" (a.a.O., S. 195).<br />

Nun, so neu ist das alles nicht. Es gehört schon fast zu den pädagogischen<br />

Allgemeinplätzen. In unserem Zusammenhang ist allerdings wieder die<br />

Parallelität zu <strong>Montessori</strong> von Interesse. Man könnte manchmal meinen,<br />

Spitzer habe seine Thesen eher bei <strong>Montessori</strong> gefunden als aus den<br />

Ergebnissen der Gehirnforschung abgeleitet. Sie erinnern sich an<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 17 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

<strong>Montessori</strong>s Forderung, die Lehrerin müsse mit Begeisterung eine Lektion<br />

erteilen und in der kosmischen Erziehung müsse sie "interessante<br />

Geschichten erzählen". Im formalen Aufbau von Märchen sieht sie ein<br />

Muster, wie interessante Erzählungen gestaltet werden sollten.<br />

"Dieses System verleiht den Dingen und Ereignissen um uns herum ihre<br />

Bedeutung für uns. Bedeutsam ist, was neu ist, was für uns gut ist und<br />

vor allem, was für uns besser ist, als wir es zuvor erwartet hatten<br />

Das sind natürlich sehr weitgehende, vielleicht auch sehr gewagte<br />

Aussagen, denn die Entscheidung über das "Was" beim Lernen hängt<br />

doch auch ganz wesentlich von der jeweiligen Umgebung ab, aus welcher<br />

der Lernende auswählt. Doch soviel können wir festhalten: Neue Eindrücke,<br />

neue Erfahrungen erregen das Interesse des Menschen, motivieren ihn,<br />

das Neue kennen zu lernen, zu explorieren, damit neue Erfahrungen zu<br />

machen. Dafür muss ein Kind nicht erst motiviert werden.<br />

(Quellen: <strong>Montessori</strong>-Pädagogik und Gehirnforschung* MONTESSORI Zeitschrift fürr<br />

<strong>Montessori</strong>-Pädagogik Gerhard Klein <strong>Montessori</strong>-Vereinigung Deutschland e.V., Sitz<br />

Aachen 43. Jahrgang (2005) - Heft 3<br />

Spitzer, M. (2002).: Lernen, Gehirnforschung und Schule des Lebens.<br />

Heidelberg, Berlin (Spektrum).<br />

Freiarbeit ist im Wald und in der Natur genauso möglich, wie in geschlossenen<br />

Räumen. Es setzt jedoch voraus, dass es einen Rahmen gibt, in dem sich alle<br />

bewegen und wohl fühlen können. Das heißt, es gibt einen räumlichen Rahmen der<br />

begrenzt ist, innerhalb dessen sich aber frei bewegt werden darf (in Sichtweite<br />

bleiben). Es gibt auch einen zeitlichen Rahmen, der je nach Aktion, unterschiedlich<br />

lang sein kann, es ist wichtig die Kinder davon in Kenntnis zu setzen wie dieser<br />

zeitliche Rahmen aussieht (schafft Sicherheit und Orientierung).<br />

Innerhalb der geplanten Aktionen, oder auch Angebote sehe ich natürlich die:<br />

• freie Wahl der Arbeit sowie des Materials<br />

• freie Wahl des Arbeitsplatzes und der Sozialform sowie<br />

• freie Wahl des Zeitpunktes und der Zeitdauer<br />

Mit geplanten Waldtagen biete ich zwar speziell auf die Gruppe und der einzelnen<br />

Teilnehmer vorgefertigte Programme an, jedoch sind diese nur Vorschläge und wenn<br />

ich merke, dass ein Spiel oder eine Aktion überhaupt nicht angenommen wird,<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 18 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

bestehe ich natürlich nicht auf Durchführung.<br />

Im Praxisteil werde ich ganz ausführlich auf diese Angebote eingehen.<br />

Mir ist an dieser Stelle ganz wichtig zu betonen, dass <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> kein<br />

undurchdachtes Konzept im Hintergrund hat, wo es vielleicht so aussieht, dass die<br />

Kinder bloß ein bisschen im Wald sind und selbst auf Entdeckungsreise gehen. Die<br />

Programmplanung geht sowohl genauestens auf die Bedürfnisse der ganzen<br />

Gruppe, wie auf die Bedürfnisse jedes einzelnen ein und bietet einen geschützten<br />

Rahmen, wo es möglich ist, Selbsterfahrung aber auch Erfahrung gemeinsam in der<br />

Gruppe im Sinne von handlungsorientiertem Lernen, zu ermöglichen.<br />

3.5 Die Haltung des Erwachsenen gegenüber dem Kind<br />

Respektvolle Haltung gegenüber den Kindern und Jugendlichen sowie liebevolle,<br />

individuelle Begleitung auf ihrem Entwicklungsweg sind die wichtigsten Ziele der<br />

Vorbereitung der LehrerInnen. Wenn wir bereit sind, immer weiter zu lernen, uns in<br />

unserer Rolle zu hinterfragen, alte Verhaltensmuster über Bord zu werfen und neue,<br />

zeitgemäße zu entwickeln, ist der Weg bereitet für eine Veränderung der Schule und<br />

damit der gesamten Bildungslandschaft.<br />

(Quelle: Saskia Haspel: „<strong>Montessori</strong>-Pädagogik an der AHS, Möglichkeiten und<br />

Grenzen“ Artikel erschienen in: AHS-Journal 2001)<br />

Die respektvolle Haltung gegenüber den Kindern und Jugendlichen sowie liebevolle<br />

individuelle Begleitung scheint mir überall möglich zu sein und bedarf keiner weiteren<br />

Erklärung im Sinne von <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>.<br />

Erwähnenswert scheint mir die Tatsache, dass ich mir selbst genauso viel Respekt<br />

zukommen lassen sollte, wie den Kindern und selbstverständlich auch den<br />

Erwachsenen (z.B. Eltern), mit denen ich es zu tun habe.<br />

Wenn ich nur Kindern gegenüber diese Haltung zeige, jedoch ständig über meine<br />

eigenen Grenzen gehe, stimmt etwas nicht und Kinder spüren das sehr genau.<br />

Für mich gehört die Selbstwahrnehmung und die Beschäftigung mit seinen eigenen<br />

Reaktionen genauso zur täglichen Arbeit, wie die Beschäftigung mit den Kindern in<br />

der Schule.<br />

Nur wenn ich mir selbst über meine Reaktionen bewusst bin, kann ich sie verstehen<br />

und steuern.<br />

Dazu gehört für mich ständig weiter zu lernen, in Selbsterfahrungsseminaren genau<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 19 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

jene Reaktionen in mir hervorrufen, die noch immer im Unbewussten schlummern, in<br />

Reflexionsgesprächen die eigene Rolle hinterfragen. Die alten Verhaltensmuster<br />

soweit zu kanalisieren, sodass neue Möglichkeiten des Verhaltens wachsen können.<br />

Bevor ich sie jedoch über Bord werfe, werde ich sie mir bewusst, nehme sie an und<br />

dann kann ich mich davon trennen, um dann neue Lösungen für mich zu finden.<br />

Die Arbeit mit Kindern ist eine sehr anspruchsvolle und ich habe mir zum Ziel<br />

gesetzt, dass ich nur mehr so arbeiten möchte, dass mein persönliches Wachstum<br />

meine Freude und Authentizität sich positiv auf diese Arbeit auswirken können.<br />

3.6 Polarisation der Aufmerksamkeit<br />

Durch die freie Wahl, die respektvolle Begleitung der PädagogInnen und das große<br />

Augenmerk auf soziale Prozesse kann sich die Arbeitshaltung und Konzentration<br />

einstellen, die echte Lernprozesse erst ermöglicht. Ruhe und Entspannung, Klarheit<br />

und Zielgerichtetheit, Arbeitswille und Arbeitsfreude sind notwendige<br />

Voraussetzungen für konzentriertes Lernen. Möglichkeiten zur Ruhe und<br />

Konzentration zu schaffen ist in unserer Zeit eine große Kunst geworden - und eine<br />

immer größere Notwendigkeit für Lern- und Entwicklungsprozesse.<br />

(Quelle: Saskia Haspel: „<strong>Montessori</strong>-Pädagogik an der AHS, Möglichkeiten und<br />

Grenzen“ Artikel erschienen in: AHS-Journal 2001)<br />

Die Polarisation der Aufmerksamkeit spielt in der <strong>Montessori</strong>-Pädagogik<br />

eine zentrale Rolle. Beim Vergleich mit der Gehirnforschung ist nun interessant,<br />

dass auch dort die Aufmerksamkeit eine besondere Beachtung erfährt.<br />

"Keine spätere Erziehung kann auslöschen, was in der konstruktiven Epoche der<br />

Kindheit inkarniert wurde" (<strong>Montessori</strong>, 1978, S.161).<br />

"Wer aufmerksam ist, der lernt auch mehr" (Spitzer, 2002, S.146).<br />

Der Vergleich des Gehirns mit einem Fotopapier findet sich zuerst bei <strong>Montessori</strong>,<br />

aber auch bei Spitzer. Das Absorbieren der Sprache vergleicht <strong>Montessori</strong> mit dem<br />

Vorgang beim Fotografieren. In der Gehirnforschung werden zwei Arten von<br />

Aufmerksamkeit unterschieden.<br />

"Das fotografische Bild prägt sich im Dunkeln auf den Film ein, und immer im<br />

Dunkeln findet der Entwicklungsvorgang statt. Im Dunkeln wird fixiert, und dann kann<br />

das Bild endlich ans Licht kommen und ist unveränderlich"(a.a.O.,1978,S. 104).<br />

Ähnlich liest es sich bei Spitzer (2002,S. 217):<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 20 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

(1) Eine allgemeine Wachheit, die auch als Vigilanz bezeichnet wird und<br />

mit der ein quantitativ messbarer Zustand des Organismus gemeint ist,<br />

der von hellwach bis zum Dämmerzustand reicht.<br />

(2) Ganz anders die selektive Aufmerksamkeit, die nur einem bestimm-<br />

ten Ausschnitt aus der Wirklichkeit gilt. Ihre Funktion wird mit einem<br />

Scheinwerfer verglichen, der im Feld des Bewusstseins bestimmte<br />

Dinge heller macht, wobei gleichzeitig andere Sachverhalte ausgeblendet werden.<br />

"Es könnte sich also beim Kortex (Gehirnrinde) ähnlich wie beim Fotopapier<br />

verhalten. Der Entwicklung des Fotopapiers entsprechen biochemische Vorgänge<br />

der Stabilisierung von Synapsenstärken. Der Fixierung des Bildes schließlich<br />

entsprechen Prozesse, die dafür sorgen, dass sich diese Synapsenstärken in<br />

Zukunft gar nicht mehr ... oder nur noch sehr langsam ändern".<br />

Schon <strong>Montessori</strong> gebrauchte das Bild des Scheinwerfers zur<br />

Beschreibung der Aufmerksamkeit in einer sensiblen Phase und nicht erst<br />

Posner 1996, wie Spitzer schreibt. "Das Kind macht seine Erwerbungen in<br />

seinen Empfänglichkeitsperioden. Diese sind einem Scheinwerfer vergleichbar, der<br />

einen bestimmten Bezirk des Inneren taghell erleuchtet“ (<strong>Montessori</strong>, 1985, S. 64).<br />

Die Vigilanz ist ein zeitlicher Prozess, der im Laufe der Zeit zu- oder abnehmen kann.<br />

Die Lehrerin bemerkt, ob sich das Kind für den Gegenstand interessiert oder nicht<br />

Sie wird sich davor hüten, dem Kind etwas aufzudrängen, wenn es sich für das<br />

Gebotene nicht interessiert"(<strong>Montessori</strong> 1980, S.120f.).<br />

Selektive Aufmerksamkeit dagegen ist ein räumlicher Prozess, der einen<br />

Ausschnitt aus der Wirklichkeit ins Auge fasst und das Umfeld ausblendet.<br />

Die Vigilanz betrifft die Aktivierung des Gehirns im Ganzen.<br />

Die Gehirnforschung belegt den engen Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeit<br />

und Behalten. Denn im Gehirn werden genau diejenigen Areale aktiviert, auf die sich<br />

die Aufmerksamkeit richtet. Und "Je aufmerksamer ein Mensch ist, desto besser wird<br />

er bestimmte Inhalte behalten".<br />

Aber: "Ohne die Hinwendung der Aufmerksamkeit zu den zu lernenden<br />

Reizen geschieht nichts" (Spitzer, 2002, S. 155).<br />

Die selektive Aufmerksamkeit bewirkt die Aktivierung spezieller Gehirnareale und<br />

zwar immer derjenigen Areale, welche die Informationen verarbeiten, denen die<br />

spezielle Aufmerksamkeit gilt (Farben, Gesichter, Sprache usw.). Diese<br />

Aufmerksamkeit kann sich allerdings nur auf eine Stelle, eine Sache richten. Zwar<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 21 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

kann selektive Aufmerksamkeit rasch von einem Gegenstand zum andern wechseln,<br />

aber sie kann nicht zwei Dingen gleichzeitig gelten. Selektive Aufmerksamkeit ist<br />

also an ein Objekt gebunden. Dieser Sachverhalt ist im Hinblick auf die Art, wie<br />

Lektionen in der <strong>Montessori</strong>-Pädagogik erteilt werden sollen, von Interesse. Wie Sie<br />

wissen, soll bei der Demonstration einer Lektion z.B. der "Übungen des täglichen<br />

Lebens" möglichst wenig oder gar nicht gesprochen werden. Diese<br />

Empfehlung stößt bei Kursteilnehmern oft auf Unverständnis.<br />

(Quellen: <strong>Montessori</strong>-Pädagogik und Gehirnforschung* MONTESSORI Zeitschrift für<br />

<strong>Montessori</strong>-Pädagogik Gerhard Klein <strong>Montessori</strong>-Vereinigung Deutschland e.V., Sitz<br />

Aachen 43. Jahrgang (2005) - Heft 3.<br />

Spitzer, M. (2002).: Lernen, Gehirnforschung und Schule des Lebens.<br />

Heidelberg, Berlin (Spektrum).<br />

Da sich folgende Punkte:<br />

• freie Wahl<br />

• respektvolle Begleitung der PädagogInnen<br />

• Augenmerk auf soziale Prozesse<br />

• Ruhe und Entspannung<br />

• Klarheit und Zielgerichtetheit<br />

• Arbeitswille und Arbeitsfreude<br />

in der Natur, wie in den vorangegangenen Punkten aufgeführt, realisieren lassen,<br />

sind die Vorraussetzungen für die Polarisation der Aufmerksamkeit durchaus<br />

gegeben, wenn nicht reichlich vorhanden und ergeben somit die notwendigen<br />

Voraussetzungen für konzentriertes Lernen.<br />

Es ist zu betonen, dass nur dann, wenn oben genannte Punkte restlos erfüllt sind<br />

sich eine Polarisation im Sinne <strong>Montessori</strong>s einstellen kann.<br />

Meine Beobachtungen, die ich im letzten Jahr in der <strong>Montessori</strong>schule machen<br />

konnte, waren eindeutig: sobald die Gruppe den Wald betrat, kehrte eine „innere<br />

Ruhe“ in die gesamte Gruppe. Die Kinder betraten sozusagen eine andere Welt, die<br />

es ihnen erlaubte, zu sein. Die gleiche Ruhe fand sich wieder in den Lernzeiten in<br />

Beschäftigung mit dem <strong>Montessori</strong> Material.<br />

Ruhe und Konzentration zu schaffen ist in unserer Zeit eine große Kunst, jedoch in<br />

der Natur zu Genüge vorhanden.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 22 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Alle in Punkt <strong>3.0</strong> aufgeführten Zitate aus:<br />

Theorie Teil<br />

<strong>Montessori</strong>, M. (1978): Das kreative Kind. Der absorbierende Geist.<br />

Freiburg (Herder) 4. Auf!..<br />

<strong>Montessori</strong>, M. (1980): Die Entdeckung des Kindes. Freiburg (Herder).<br />

<strong>Montessori</strong>, M. (1985): Kinder sind anders. Stuttgart (Klett-Cotta).<br />

4.0 Maria <strong>Montessori</strong>s Gedanken zur Natur<br />

„Wenn wir jedoch überlegen, in wie viel stärkerem Maße schwache, tuberkulöse oder<br />

rachitische Kinder in den modernen Sanatorien der Natur ausgesetzt werden, weil<br />

die Erfahrung gelehrt hat, dass Schlafen im Freien und Leben in der Sonne die<br />

einzige Möglichkeit zu ihrer Heilung ist, so muss uns klar werden, dass normale und<br />

starke Kinder viel eher nicht nur widerstandsfähiger, sondern auch kräftiger werden<br />

könnten, wenn sie sich in stärkerem Maße der Natur aussetzen würden, als dies<br />

bislang geschieht.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong> „Die Entdeckung des Kindes“: S 77<br />

„ In Wirklichkeit flößt die Natur den meisten Leuten Angst ein. Sie fürchten Luft und<br />

Sonne wie Todfeinde; nächtlichen Reif wie eine im Gestrüpp verborgene Schlange;<br />

Regen fast so sehr wie Feuersbrunst. Wenn heute die Gesundheitsfürsorge den so<br />

zufrieden in seinem Kerker lebenden Kulturmenschen sachte in die freie Natur<br />

drängt, so leistet er diesen Ermahnungen nur schüchtern und mit größtmöglicher<br />

Vorsicht Folge. Im Freien schlafen, sich Wind und Regen aussetzen, die Sonne nicht<br />

scheuen, ins Wasser springen, das sind Dinge, über die man schließlich reden, die<br />

man aber nicht immer in die Praxis umsetzen kann.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong> „Die Entdeckung des Kindes“: S 77-78<br />

„Auch die kleinsten Kinder haben eine größere Muskelkraft als wir annehmen, doch<br />

um sie zu erkennen, brauchen wir die freie Natur.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong> „Die Entdeckung des Kindes“: S 79<br />

„Wenn die Kinder jedoch mit der Natur in Berührung kommen, dann zeigt sich ihre<br />

Kraft. Auch wenn sie noch keine zwei Jahre alt sind, laufen normale, richtig ernährte<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 23 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Kinder von kräftiger Konstitution kilometerweit.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong> „Die Entdeckung des Kindes“: S 79<br />

„Die Erziehung in der Schule kann die Aufmerksamkeit des Kindes auf spezielle<br />

Dinge lenken, die genau erkennen lassen, wie stark es seine Liebe zur Natur<br />

entwickeln konnte, oder aber in ihm verborgene oder verdrängte Gefühle wieder<br />

aufleben lassen. Im Anlass zur Betätigung zu geben und ihm so Kenntnisse zu<br />

vermitteln, die es interessieren, hier liegen, wie in jedem anderen Sektor, die<br />

Möglichkeiten zur Erziehung in der Schule. Dem Kind, dem größten spontanen<br />

Beobachter der Natur, muss zweifellos ein Material zur Verfügung gestellt werden,<br />

mit dem es sich beschäftigen kann.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong> „Die Entdeckung des Kindes“: S 80-81<br />

„Gewissenhafte Pflege von lebendigen Wesen ist die Befriedigung eines der am<br />

stärksten ausgeprägten Instinkte der kindlichen Seele. Deshalb ist es leicht, Kinder<br />

zur aktiven Pflege von Pflanzen und vor allem von Tieren anzuhalten.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong>:“ Die Entdeckung des Kindes“ S 81<br />

„Zweifellos lieben Kinder Blumen, sie sind jedoch weit davon entfernt, sich damit zu<br />

begnügen, sich inmitten von Blumen aufzuhalten und ihre farbigen Blütenblätter zu<br />

betrachten. Kinder sind zutiefst zufrieden, wenn sie handeln, kennen lernen,<br />

entdecken können, auch unabhängig von äußerer Schönheit.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong>:“ Die Entdeckung des Kindes“ S 82<br />

„Gern möchte ich die Kinder sehen, wie sie ihr enges Zuhause verlassen und<br />

aufbrechen in die Berge oder an die See oder auf das Land, wo sie in der Berührung<br />

mit der Natur sein und manche praktische Tätigkeiten kennen lernen werden. Hier<br />

können sie meditieren, und ihr natürlicher Sinn für Gerechtigkeit und Leben wird in<br />

Ruhe bei geordneter Arbeit in diesem ihnen entsprechenden Leben aufblühen. Unter<br />

solchen Bedingungen wird die Menschheit einen Zustand der Freiheit und<br />

Freundlichkeit erreichen, in welchem sie die Antworten auf viele Fragen spüren wird,<br />

die uns heute dunkel und schwierig erscheinen.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong>:“ Die Macht der Schwachen“ S 14<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 24 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

„Um eine Vorstellung davon zu geben, was wir unter ‚Kosmischer Erziehung’<br />

verstehen, muss kurz der Hintergrund dieser Frage berührt werden, d.h. die<br />

‚Kosmische Theorie’. Diese kennt in der ganzen Schöpfung einen einheitlichen Plan,<br />

von dem nicht nur die verschiedenen Formen der Lebewesen, sondern auch die<br />

Entwicklung der Erde selbst abhängt.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong>, Spannungsfeld Kind – Gesellschaft – Welt, 1979, S. 132<br />

„ ... kosmische Erziehung, welche dem Kind eine Orientierung und Hilfe im Leben<br />

gibt. Denn diese Erziehung will das heranwachsende Kind auf die Aufgabe<br />

vorbereiten, die es im Erwachsenenleben erwartet, so dass es sich in seiner<br />

Umgebung wohl fühlen wird, in der es später als unabhängiges Wesen leben muss.“<br />

„Zusammenfassung der Vorlesung von Dr. Maria <strong>Montessori</strong> 14. April 1950“, in:<br />

<strong>Montessori</strong>, Heft ½, 1998, S. 19<br />

„Es ist ... die Bildung welche das Studium darstellt, das in den Schulen durchgeführt<br />

werden muss, der universale Lehrplan, der den Verstand und das Gewissen aller<br />

Menschen in einer Harmonie vereinen kann, das ist es, was wir durch ‚Kosmische<br />

Erziehung’ beabsichtigen.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong>, Spannungsfeld Kind – Gesellschaft – Welt, 1979, S. 139<br />

„Das Universum ist eine eindrucksvolle Wirklichkeit und eine Antwort auf alle Fragen.<br />

...Das Kind ist befriedigt, wenn es das universale Zentrum seiner selbst und aller<br />

Dinge entdeckt hat.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong>, Kosmische Erziehung, 1988, S. 41<br />

“Man sollte verstehen, dass sich echtes Interesse nicht erzwingen lässt. Daher sind<br />

alle Erziehungsmethoden falsch, die auf Interessenzentren basieren, die von<br />

Erwachsenen ausgewählt werden.“<br />

Maria <strong>Montessori</strong>, Vorlesung Amsterdam 11.4. 1950, in: “<strong>Montessori</strong>”, Heft ½, 1998,<br />

S. 10<br />

“Dies ist ein wesentlicher Erziehungsgrundsatz: Einzelheiten lehren bedeutet<br />

Verwirrung stiften. Die Beziehung unter den Dingen herstellen bedeutet Erkenntnisse<br />

vermitteln.“ Maria <strong>Montessori</strong>, Kosmische Erziehung, 1988, S. 126<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 25 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

5.0 Zusammenfassende Thesen<br />

Theorie Teil<br />

Berücksichtigt für die Aufstellung dieser Thesen werden Aspekte aus allen vorher<br />

beschriebenen Pädagogikbereichen. Einen Anspruch auf Vollständigkeit stelle ich<br />

nicht. Ich gehe auch von der Tatsache aus, dass ich als freie <strong>Montessori</strong>pädagogin<br />

mit sehr unterschiedlichen Kindern aus allen Bereichen der Schulsysteme Kontakt<br />

haben werde. Deshalb habe ich in der Aufstellung der Thesen nicht nur an Kinder mit<br />

<strong>Montessori</strong> Erfahrung gedacht!<br />

These 1<br />

<strong>Montessori</strong> Pädagogik <strong>Outdoor</strong> mit Kindern will diese in ihrer gesamten<br />

Persönlichkeit (emotionalen, sozialen, psychomotorischen und kognitiven Bereichen)<br />

wahrnehmen. Selbsttätigkeit, Selbstständigkeit und Selbstbestimmung; eigene<br />

Verantwortlichkeit; Freiwilligkeit; Einlassen auf Neues; Gruppengemeinschaft und<br />

Reflexion bei der Umsetzung von Aktivitäten in der Natur stehen im Vordergrund.<br />

These 2<br />

Die Natur ermöglicht eine Fülle von Aktivitäten, deren Wurzeln in der Geschichte des<br />

Menschen mit der Natur wieder zu finden sind:<br />

• Pflanzen entdecken<br />

• Tiere entdecken und beobachten<br />

• Sammeln<br />

• Gesammelte Pflanzen verarbeiten<br />

• Bauen und Gestalten mit gesammelten Waldprodukten<br />

• Spielen<br />

• Bewegen<br />

• Vielfältig wahrnehmen<br />

• Alltag unter einfachen Bedingungen erleben<br />

• Meditieren<br />

• Geschichten hören, erzählen und selbst erfinden<br />

• Musizieren, künstlerisch gestalten, Theater spielen<br />

• Feste feiern<br />

• Gruppengespräche<br />

Die Bereiche ermöglichen – obwohl sie sich z.T. überschneiden – einen guten<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 26 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Überblick über mögliche Aktivitäten in der Natur und können unterschiedlich<br />

kombiniert werden. Die mit den Aktivitäten verbundenen Erlebnisse erschließen in<br />

der Reflexion u.a. viele Aspekte der Natur.<br />

These 3<br />

Die in These 2 beschriebenen Aktivitäten entsprechen a l l g e m e i n e n B e d ü r<br />

f n i s s e n von Kindern:<br />

• Über die Entdeckung der reichen Tier – und Pflanzenwelt in der Natur können<br />

die Kinder die Umwelt wahrnehmen, erleben und so ein Stück mehr Welt<br />

entdecken und verstehen<br />

• Die Natur bietet eine Fülle von unfertigem, natürlichem Material, das sich<br />

hervorragend zum Herstellen und Gestalten verwenden lässt.<br />

• In der Natur, im Wald können Kinder spielen. Er ist ein interessanter<br />

Erfahrungsraum mit viel Platz ohne gefährdendem Autoverkehr oder<br />

Einschränkungen, die sich in Gebäuden ergeben. Bewegungs-, Abenteuer-<br />

und Natur Erfahrungsspiele eignen sich besonders.<br />

• Der Bewegungsdrang des Kindes kann in der Natur besonders gut ausgelebt<br />

werden. Dabei ergeben sich viele Möglichkeiten, die Fähigkeiten des eigenen<br />

Körpers zu erproben (auf Bäume klettern, balancieren, hangeln,…)<br />

• In der Natur kann das Kind vielfältig wahrnehmen. Die Sinne werden<br />

gleichmäßig beansprucht: es riecht aromatisch. Viele Waldpflanzen sind<br />

essbar, unterschiedliche Oberflächen können mit Händen und Füßen ertastet<br />

werden; verschiedene Farben, Formen und Strukturen sind sichtbar und das<br />

Baumrauschen, die Vögel oder die „Stille“ des Waldes sind wahrzunehmen.<br />

• In der Natur ergibt sich die Möglichkeit, Theater zu spielen, Musik zu machen<br />

oder sich künstlerisch zu betätigen. Erlebtes, Stimmungen und Gefühle<br />

können in der Natur also ausgedrückt und verarbeitet werden. Auch mögliche<br />

Gruppengespräche tragen dazu bei.<br />

• Durch die Aktivitäten in der Natur und die Beschäftigung mit Naturmaterialien<br />

können sich die Kinder außerdem mit der Natur verbunden fühlen.<br />

Bei der praktischen Umsetzung von Aktivitäten in der Naturkönnen weitere<br />

Bedürfnisse berücksichtigt werden:<br />

• Der Wald bietet sowohl Rückzugsmöglichkeiten als auch viele Angebote für<br />

gemeinsame Aktivitäten, sodass dem Bedürfnis nach Gemeinschaft<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 27 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

entsprochen werden kann. Wird auf ein gutes Gruppenklima geachtet, können<br />

sich die Kinder in der Natur sicher und geborgen fühlen.<br />

• Wenn Aktivitäten von Kindern weitgehend selbstbestimmt und<br />

eigenverantwortlich umgesetzt werden- der Pädagoge also so weit wie<br />

möglich im Hintergrund agiert- kann dem Bedürfnis nach Autonomie<br />

entsprochen werden. Die Kinder können dadurch so frei wie möglich handeln.<br />

Grenzen findet die Autonomie in Regeln, die notwendig sind, um Gefahren,<br />

die von den Kindern noch nicht überblickt werden können, zu verhindern. In<br />

Gruppen, sie sich regelmäßig treffen, kann ein hohes Maß an<br />

Selbstbestimmung am ehesten umgesetzt werden.<br />

• Für Kinder im Volksschulalter ist der Wald besonders geeignet, weil er den<br />

These 4<br />

Erlebniswelten von Kindern in diesem Alter gut entsprechen kann. Jäger und<br />

Sammler sein; sich sein eigenes Haus bauen; pflegen und hüten; entdecken<br />

und erfinden; handwerklich tätig sein; sich in Gruppen/Banden zusammentun;<br />

Körper Erfahrungen sammeln; in Phantasiewelten spielen<br />

Der besondere Wert der Natur für Kinder ergibt sich aus der Tatsache, dass viele der<br />

in These 3 beschriebenen Bedürfnisse in der heutigen Kinderwelt nicht befriedigt<br />

werden. Kinderwelt heute ist überwiegend geprägt von mangelnden Freiräumen,<br />

Abenteuer /Erlebnismöglichkeiten, Natur Erfahrungen und Bewegungsmöglichkeiten.<br />

Außerdem haben Volksschulkinder in Regelschulen in der Regel wenig<br />

Möglichkeiten, kreativ etwas herzustellen und zu gestalten. Die Sinne werden<br />

zusätzlich einseitig belastet. Diese Defizite können in der Natur, wie in These 3<br />

beschrieben, ausgeglichen werden. Die Kinder können ihre Kreativität und Phantasie<br />

frei entfalten und Erfahrungen aus erster Hand sammeln. Die genannten Gründe<br />

lassen den Wald für „Kinder heute“ besonders wertvoll erscheinen, insbesondere<br />

solange, wie Kinder in Städten keine näheren <strong>Naturerlebnis</strong>räume als Alternative zur<br />

Verfügung stehen.<br />

These 5<br />

Die in These 2 genannten Aktivitätsbereiche sind sehr vielschichtig. Kinder werden<br />

in ihrer gesamten Persönlichkeit (emotionalen, sozialen, psychomotorischen und<br />

kognitiven Bereichen) gefördert. Es ergeben sich viele Lernpotentiale in Bezug auf<br />

das Individuum, die Gruppe und die Umwelt.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 28 von 38


These 6<br />

„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Für die praktische Umsetzung von Aktivitäten in der Natur für die Gruppe der<br />

Volksschulkinder wird die Verwebung der Waldaktivitäten in Spiele und Geschichten<br />

empfohlen, sodass sich über einen Tag im Wald ein Spannungsbogen zieht.<br />

Rituale (Begrüßung, Verabschiedung,…) können den Waldaufenthalt zusätzlich<br />

strukturieren. Behutsames Heranführen an die Natur ist von besonderer Bedeutung,<br />

weil viele Kinder das freie Spiel in der Natur nicht mehr gewöhnt sind. Auch<br />

Reflexionsphasen sind wie in These 1 erläutert, nicht zu vernachlässigen. Erlebnisse<br />

sollen nicht zu „Events“ verkommen, deshalb ist weniger oft mehr.<br />

Bei der Entscheidung für Aktivitäten helfen folgende Fragen:<br />

Wie viel Zeit / welcher Wald / welches Material steht zur Verfügung?<br />

Welche organisatorischen, finanziellen und rechtlichen Fragen müssen abgeklärt<br />

werden?<br />

Welche Risiken sind zu bedenken? Welche Regeln notwendig?<br />

Welche Kinder sollen angesprochen werden? Welche Bedürfnisse haben sie?<br />

Wie ist die konkrete Situation der Gruppe und der Betreuer?<br />

Welches Ziel soll verfolgt werden?<br />

These 7<br />

Die unterschiedlichen Aspekte des Waldes beinhalten ein enorm hohes<br />

Bildungspotential in vielen Lernbereichen. Zu der Vielfalt des Waldes zählen:<br />

botanische,zoologische,ökologische,klimatologische,geographische,<br />

naturschutzbezogene, ökonomische, historische, kulturelle (Musik/Kunst/<br />

Theater/Literatur/ Dichtung)und anthropozentrische Aspekte.<br />

These 8<br />

Neben botanischen und zoologischen Aspekten scheint insbesondere die<br />

Auseinandersetzung mit historischen Aspekten des Waldes (dem alten Waldwissen,<br />

bzw. Waldkulturgut) sinnvoll, da dieses zunehmend In Vergessenheit gerät. Die alten<br />

Aktivitäten und die damit verbundenen Erkenntnisse sind für Kinder bedeutsam, weil<br />

sie elementares Wissen über den Zusammenhang von Natur und Mensch bzw:<br />

Mensch und Arbeit verdeutlichen. Auf diese Weise kann die Welt in ihren<br />

ursprünglichen, elementaren Zusammenhängen wieder erfahren werden.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 29 von 38


These 9<br />

„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Auch wenn der Wald so wie wir ihn kennen, von Menschen geprägter<br />

Wirtschaftswald ist, bieten sich vielfältige Möglichkeiten für Naturbegegnungen. Im<br />

Gegensatz zu natürlichen Landschaften wie See oder Gebirge, sind Wälder leicht<br />

und kostengünstig zu erreichen. <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> Pädagogik kann deshalb<br />

kontinuierlich stattfinden und mehr Kinder- auch aus unterschiedlichen Schichten und<br />

Schulen – erreichen. Sie ist nicht an Ferien gebunden und die Kinder können den<br />

Wald auch selbstständig aufsuchen.<br />

These 10<br />

Der Wald ist heute Mittler zur Natur geworden. Deshalb kommt ihm eine besondere<br />

Bedeutung in der Umweltbildung zu Im Wald können die Verbundenheit von Mensch<br />

und Natur sichtbar und elementare Grundbedürfnisse in einer von Konsum<br />

geprägten Welt wieder erkannt werden. Ferienfreizeiten im Wald stellen im Bereich<br />

der Umweltbildung eine besondere Chance dar, diese Zeile der Umweltbildung zu<br />

verwirklichen. Der Wald bietet außerdem viele Möglichkeiten für <strong>Naturerlebnis</strong>se, die<br />

die emotionale Basis für späteres Umweltbewusstsein darstellen. Nicht zuletzt von<br />

Verhaltens Änderungen wird die Zukunft der Menschen und der Natur abhängig sein.<br />

Um den Wald durch Aufenthalte nicht zu schädigen, sollte den Kindern bei allen<br />

Waldbesuchen bewusst gemacht werden, dass er möglichst so verlassen wird, wie er<br />

vorgefunden wurde und die geltenden Verhaltensregeln in den spezifischen Wäldern<br />

in jedem Fall eingehalten werden.<br />

These 11<br />

Der Wald wurde bereits vor 90 Jahren von der Waldschulbewegung als Lern Ort für<br />

Kinder entdeckt. Die positiven Erfahrungen damals, die in dieser Arbeit aufgezeigten<br />

Möglichkeiten, im Wald auch vernachlässigten Bedürfnissen zu entsprechen, und die<br />

Tatsache, dass der Wald ein sehr hohes Bildungspotential beinhaltet, das über<br />

Aktivitäten handelnd erfahrbar wird, lassen die Forderung aufkommen,<br />

Waldaufenthalte- besonders in der Volksschulzeit- verstärkt In den Unterricht zu<br />

integrieren. Die genannten Aktivitätsbereiche sprechen den gesamten Fächerkanon<br />

an, so dass fächerübergreifend bzw. mit der Projektmethode gearbeitet werden kann.<br />

Die Möglichkeit im Wald Umweltpolitik zu betreiben, unterstützt zusätzlich die<br />

Forderung nach verstärkten Waldaufenthalten von Schulklassen.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 30 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Um diese zu ermöglichen, ist eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen<br />

Schulbehörden und Forstämtern notwendig. Außerdem sind verstärkt<br />

Fortbildungsmaßnahmen für Lehrer bzw. verstärkte Einstellung von Waldpädagogen<br />

durch den Staat /das Land zu ermöglichen. Ein auf die Schule bezogener<br />

Ausbildungszweig Waldpädagogik sollte ebenfalls angedacht werden.<br />

These 12<br />

Es gibt in der Natur bereits verschiedene Bildungsangebote, die häufig unter dem<br />

Begriff „Waldpädagogik“ zusammengefasst werden. In den letzten Jahren haben sie<br />

stark zugenommen. Viele von ihnen wenden Grundzüge der Reformpädagogik an<br />

und stellen das Walderlebnis mit allen Sinnen in den Mittelpunkt.<br />

Es wäre wünschenswert, wenn in der Ausbildung zum Waldpädagogen<br />

Reformpädagogik als eigene Richtung gelehrt wird.<br />

6.0 Organisation eines <strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong> Tages<br />

Kontrolle<br />

Reflexion<br />

Durchfür-<br />

hung<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 31 von 38<br />

Information<br />

Entscheid-<br />

ung<br />

Planung


6.1 Information<br />

„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Mit Information sind alle Vorbereitungen gemeint, die ich einholen muss um<br />

überhaupt planen zu können.<br />

Fragen, die Gruppe und die Schule betreffend, sind zu klären.<br />

• Welche Zielsetzung ist mit dem Waldtag verbunden (Auftragsklärung!)<br />

• Wer übernimmt welche organisatorischen Aufgaben?<br />

• Welches Waldstück eignet sich?<br />

• Wie kommen die Kinder in den Wald?<br />

• Wie oft und wann soll der Waldtag stattfinden? Wie lange soll er dauern?<br />

• Wer übernimmt die Betreuung der Kinder?<br />

• Welche Regeln sind notwendig? Wann sollen sie eingeführt werden?<br />

• Ausrüstungsliste an alle schicken<br />

• Infobrief an die Eltern, an die Kinder<br />

• Planung des Tages an die Lehrerin schicken, Abklärung der Inhalte<br />

• Verpflegung der Kinder<br />

• Ist Elternmitarbeit nötig?<br />

• Wie sieht die Vorbereitung der Kinder auf den Waldtag aus?<br />

• Materialien Ausstattung: was wird benötigt? Wie können die Dinge besorgt<br />

werden?<br />

6.2 Planung<br />

Es bewährt sich, einen genauen Ablauf zu verfassen, den auch die Lehrerinnen<br />

bekommen sollten. Darauf sollte unbedingt ein zeitlicher Ablauf sowie eine<br />

Aufstellung der geplanten Aktivitäten ersichtlich sein. Treffpunkte und Abholorte sind<br />

für Eltern besonders wichtig! Schlechtwetterplanung ist unbedingt notwendig!<br />

6.3 Entscheidung<br />

In dieser Phase soll noch einmal darüber reflektiert werden, ob auch alle<br />

vorhergehenden Punkte bedacht worden sind. Auch sollen nochmals die Aktivitäten<br />

durchdacht werden. An dieser Stelle scheint mir besonders darauf hinzuweisen, den<br />

Wetterbericht abzurufen. Ich habe schon oft erlebt, dass durch eine plötzliche<br />

Wetterfront sehr rasche Entscheidungen zu treffen waren!<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 32 von 38


6.4 Durchführung<br />

„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Es ist soweit, der Tag kann durchgeführt werden. Bei guter Vorbereitung (Planung)<br />

ist man flexibel und für Überraschungen immer offen. Vor allem mit Kindergruppen<br />

verläuft ein noch so gut geplanter Tag nie nach theoretischem Ablauf!<br />

Aber mit einer guten Planung schaffe ich mir selbst eine vorbereitete Umgebung, in<br />

der ich mir sicher bin, zu wissen, was ich als nächstes tun soll!<br />

Die Kinder spüren diese Sicherheit und können so ihrem eigenen Tatendrang folgen.<br />

6.5 Kontrolle<br />

Es hat sich bewährt, nach dem durchgeführten Tag einen Durchführungsbericht zu<br />

verfassen. Es wird dadurch viel klarer herausgearbeitet, wie die Durchführung von<br />

der Planung abgewichen ist und was das für Auswirkungen auf den Tag hatte.<br />

Bei der nächsten Planung kann darauf zurückgegriffen werden.<br />

6.6 Reflexion<br />

Eine schriftliche, persönliche Reflexion ist deswegen wichtig, weil etwaige Probleme<br />

die bei der Durchführung oder im Vorfeld, bei der Planung aufgetreten sind, klar<br />

formuliert werden. Auch ist es nach einiger Zeit wichtig zu wissen, welche<br />

Erfahrungen verschriftlicht wurden, um zu sehen, was zu diesem Zeitpunkt wichtig<br />

war.<br />

7.0 Die genaue Planung<br />

7.1 Welche Bedingungen liegen vor?<br />

Kinder können in körperlich unterschiedlicher Verfassung sein. Es kann von<br />

sportlichen Typen reichen bis hin zu Kindern, die z.B.: bei einer Einkaufstour schon<br />

an ihre Grenzen stoßen. Man muss darauf gefasst sein, dass Kinder mitunter starke<br />

körperliche und auch geistige Einschränkungen haben.<br />

Die Natur ist eine Umgebung, in der sich die meisten Menschen wohl fühlen, solange<br />

die äußeren Einflüsse wie Wetter und Gelände passen, und die Grundbedürfnisse<br />

befriedigt sind, dennoch befindet man sich nicht mehr in seiner Komfortzone.<br />

Da Menschen sich Vertrautes und Regelmäßiges wünschen und dies insbesondere<br />

für Kinder gilt, ist es erstrebenswert, die Aktivitäten regelmäßig festzusetzen. Es sei<br />

auch erwähnt, dass es Vertrauen schafft, wenn immer die gleichen Personen die<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 33 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Gruppe begleiten. Das schafft Sicherheit und hilft bei organisatorischen Aufgaben<br />

wie z.B.: Transport in die Natur, WC gehen und Ähnlichem.<br />

Ideal wäre ein Betreuungsschlüssel 1:5. Den Überblick über die ganze Gruppe zu<br />

bewahren ist ein sehr wichtiger Punkt für die Gruppenleitung.<br />

Auf den kulturellen Hintergrund und die Schichtzugehörigkeit muss im konkreten Fall<br />

Rücksicht genommen werden, sodass die Planung geändert werden kann, wenn ein<br />

Problem auftritt.<br />

Grundsätzlich soll ein neutrales Programm gestaltet werden, das weder die einen<br />

noch die anderen in irgendeiner Form benachteiligt, oder jemanden kränkt.<br />

Da von inhomogenen Gruppen (Altersgruppe 6-12) ausgegangen wird, müssen die<br />

Aufgaben so gestaltet werden, dass sie komplexer gestaltet werden können, oder im<br />

Falle des Falls weniger schwierig.<br />

Bei der Wahl der Umgebung, in der das Programm stattfinden soll, ist darauf zu<br />

achten, dass der Transport zu der Lokalität nicht schwierig ist und nicht viel Zeit<br />

beansprucht.<br />

In Kinderbetreuungseinrichtungen gibt es zeitliche Rahmenbedingungen, die es zu<br />

berücksichtigen gilt. Fragen, die die Jausengewohnheiten der Kinder betreffen, sind<br />

zu klären.<br />

Bei Veranstaltungen, die einen Tag dauern, ist auf reichliche Verpflegung,<br />

ausreichend Pause und die Möglichkeit, eine Toilette aufzusuchen, zu achten. Die<br />

Wahl der Lokalität ist ein wichtiges Kriterium im Hinblick auf das vorbereitete<br />

Programm. Nicht alles ist an veränderten Lokalitäten möglich und muss somit neu<br />

geplant werden.<br />

Die Arbeit wird in der Natur und vor allem mit der Natur gestaltet. Dadurch sollte die<br />

Materialbeschaffung wenig aufwändig sein.<br />

Es sollte mit den Kindern möglich sein, jederzeit in die Natur gehen zu können. Die<br />

Programme sollen auf den Jahres und Naturverlauf abgestimmt sein. Erstrebenswert<br />

ist zumindest ein wöchentlicher Halbtagesaufenthalt im Wald.<br />

Organisatorische und logistische Überlegungen:<br />

� Zeitliche Begrenzung<br />

� Kosten<br />

� Verpflegung<br />

� Toilette<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 34 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

� Transport der Personen<br />

� Transport von Materialien<br />

� Lokalitäten<br />

� Teilnehmer Gesundencheck<br />

Theorie Teil<br />

7.2 Welche Ziele kann ich mit meiner Gruppe erreichen/<br />

vereinbaren?<br />

Die Ziele der Gesamten Gruppe sind mit den Pädagoginnen abzuklären, die täglich<br />

mit den Kindern zu tun haben.<br />

So kann beispielsweise ein Auftrag lauten der am Anfang eines jeden Schuljahres<br />

aktuell ist:<br />

• Integration von neuen Schulkindern<br />

• Zusammenhalt in der Gruppe stärken<br />

• Einzelpersönlichkeiten stärken und in die Gruppe integrieren<br />

• Stärken jedes einzelnen Kindes hervorheben<br />

• Integration eines behinderten Kindes oder anderer Personen<br />

• Kommunikation fördern<br />

Aufträge die inhaltliche Vorgaben beinhalten werden genauso gefordert.<br />

• Projektarbeit zu einem bestimmten Thema<br />

• Körperbezogene Übungen<br />

• Selbsterfahrungs Übungen<br />

• Teamaufgaben<br />

Es ist mit den PädagogInnen genauestens zu klären, wie die Erwartungen sind.<br />

Ein ausführliches Gespräch über jedes einzelne Kind ist unerlässlich, auch wenn die<br />

Gruppenanzahl groß ist. Nur so können Einzelbedürfnisse wirklich wahrgenommen<br />

werden.<br />

Es müssen Informationen eingeholt werden, die die Gewohnheiten der Kinder<br />

darlegen. Nur so kann das Angebot wirklich individuell gestaltet werden.<br />

Dabei dürfen die Wünsche und Vorstellungen der Pädagogin nicht außer Acht<br />

gelassen werden.<br />

An oberster Stelle muss das Wohl der Gruppe stehen, niemand darf überfordert<br />

werden, auf die Deckung der Grundbedürfnisse ist zu achten!<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 35 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Um für die Kinder einen angenehmen und erlebnisreichen Tag durchzuführen ist es<br />

wichtig, dass sich auch die Leitung mit dem Programm identifizieren kann. Nur so ist<br />

es möglich, das Programm so zu leiten, dass die Kinder mit dem Programm<br />

zufrieden sind.<br />

7.3 Welche Abläufe, Aktivitäten, und Routinen in welcher<br />

Reihenfolge?<br />

Bei den <strong>Outdoor</strong> Angeboten sollte ein inhaltlicher Bogen oder eine Geschichte<br />

kreiert werden.<br />

Kurze klare verbale Information und eventuell Vorzeigen sind für Kinder leichter<br />

aufzufassen und zu verstehen. Möglich wäre auch die Übungen bildlich darzustellen.<br />

Die folgenden Überlegungen sind erst im Hinblick auf die tatsächliche Aktivität<br />

relevant und sind bei Betrachtung der genauen Zielgruppe und bei bzw. nach der<br />

Ausarbeitung des Programms wichtig:<br />

� Wie bringe ich Vorschläge und Anregungen ein?<br />

� Welche Gruppierung ist Aktivitäts- Gruppen- und Zielgemäß?<br />

� Welche Reglementierungen, Hilfestellungen und Unterstützungen sind von<br />

meiner Seite unbedingt notwendig?<br />

(M. Hofferer <strong>Outdoor</strong>pädagogik Austria)<br />

7.4 Alternative Planung<br />

Wenn die Aktivität nicht angenommen wird, ist ein „Plan B“ also ein zweites<br />

Programm sinnvoll. Da ein ganz neues Programm schwierig ist und auch logistische<br />

Probleme mit sich bringt, ist es wenigstens erforderlich einzelne Übungen<br />

austauschen zu können. Ein Repertoire an verschiedenen Möglichkeiten müssen im<br />

Vorfeld gesammelt und auch griffbereit (Kärtchen) sein, sodass ein<br />

situationsbedingtes Eingreifen möglich ist, ohne dass der Gruppenprozess oder der<br />

Spielprozess unnötig gestört wird.<br />

Bei Störfaktoren muss man zwischen änderbaren und nicht änderbaren Einflüssen<br />

unterscheiden. Nicht änderbare Faktoren sind zum Beispiel Krankheit und Wetter.<br />

Wenn ein Trainer von mehreren ausfällt, sollte das Programm so gestaltet sein, dass<br />

eine Hilfsperson einspringen kann.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 36 von 38


„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

Bei Schlechtwetter ist ein Alternativprogramm, eventuell auch Indoor, notwendig. Die<br />

Kinder sollten so ausgerüstet sein, dass das Wetter kein Problem ist, oder im besten<br />

Fall ein Bestandteil des Programms wird.<br />

Ob körperliche Gefahren für die Kinder oder andere Personen bestehen, hängt von<br />

der Art des Programms, der verwendeten Materialien und der Lokalität ab.<br />

Grundsätzlich müssen Fehlerquellen beseitigt werden. Wenn dies nicht möglich ist,<br />

müssen die Teilnehmer über die Gefahren im Vorfeld aufgeklärt werden.<br />

Da durch die Aktivität auch psychische Belastungen auftreten können, sollte die<br />

Leitung Hilfestellung geben. Wenn die Belastung für die Kinder trotzdem zu groß<br />

wird, muss die Aktivität abgebrochen werden.<br />

Da es wahrscheinlich für jüngere Kinder schwierig ist Gefühle oder Empfindungen<br />

verbal auszudrücken, müsste eine andere Methode (z.B.: Malen, Gegenstand,....)<br />

gewählt werden, um die Erfahrung zu vertiefen. Somit hätte man auch ein konkretes<br />

Objekt um bei späteren Projekten Themen wieder aufzunehmen.<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 37 von 38


LITERATUR:<br />

„<strong>Montessori</strong> <strong>Outdoor</strong>“ Die Arbeit mit Kindern in der Natur auf Basis <strong>Montessori</strong><br />

Theorie Teil<br />

• <strong>Montessori</strong>, M. (1978): Das kreative Kind. Der absorbierende Geist.<br />

Freiburg (Herder) 4. Aufl..<br />

• <strong>Montessori</strong>, M. (1980): Die Entdeckung des Kindes. Freiburg (Herder).<br />

• <strong>Montessori</strong>, M. (1985): Kinder sind anders. Stuttgart (Klett-Cotta).<br />

• <strong>Montessori</strong>, M. (1996): Grundgedanken der Motessori-Pädagogik (Herder)<br />

• <strong>Montessori</strong>,M. (1989): Die Macht der Schwachen (Herder)<br />

• Margrit Berthold; Jörg W.Ziegenspeck (2002): Der Wald als<br />

erlenbispädagogischer Lernort für Kinder(Verlag edition Erlebnispädagogik)<br />

• Manfred Hofferer, Mag. Dr.: <strong>Outdoor</strong>pädagogik Grundlagen, Handout zum<br />

<strong>Outdoor</strong>pädagogik-Lehrgang 10, 2007<br />

• Manfred Hofferer, Mag. Dr.: Planungsschritte, Handout zum <strong>Outdoor</strong>pädagogik-<br />

• Joseph Cornell; Mit Cornell die Natur erleben; Verlag an der Ruhr ;2006<br />

• Marchl,Schlögl “<strong>Outdoor</strong>pädagogik in der Arbeit mit Senioren” Theoretischer<br />

Teil, Wien,Gföhl 2008; Abschlussarbeit des Lehrgangs 10 WS 07/08 bei<br />

<strong>Outdoor</strong>pädagogik Austria<br />

©<strong>Outdoor</strong>geragogik (Marchl, Schlögl)<br />

© Marchl 2008; Kurs 12 B<br />

Seite 38 von 38

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!