BMW F 800 GS / Test 2013

BMW F 800 GS / Test 2013
Stollenreifen
statt Straßenpneus

unterstützt von MOTOCROSS ENDURO

Stollenreifen
statt Straßenpneus
BMW F 800 GS / Test 2013
Die kleine Schwester der
1200er GS bekam in diesem
Jahr sehr wenig Aufmerksamkeit.
Zu groß war der Wirbel
um den neuen wassergekühlten
Bayern-Boxer GS 1200.
Dabei ist die BMW F 800 GS alles
andere als ein Mauerblümchen!

unterstützt von MOTOCROSS ENDURO

Stollenreifen statt Straßenpneus,
das war unser Testmotto. Schließlich
waren die GS-Modelle in ihrem
Ursprung als Gelände-Sportmotorrad
ausgelegt. Diese Gene
tragen auch die aktuellen Versionen
unverkennbar in sich. Unser
Testbike BMW F 800 GS wurde
standesgemäß auf Continental-
Twinduro-Bereifung geliefert. Mit
dieser grobstolligen Bewaffnung
sollte im Gelände so einiges
möglich sein. Doch dazu später
mehr.
Bereits im Stand wirkt die 800er
GS um einiges agiler als ihre große
Schwester, ein Grund hierfür
ist das fahrfertige Gesamtgewicht
von 214 Kilogramm. Klar, das
Herzstück der kleinen GS ist ein
wassergekühlter Zweizylinder-
Viertaktmotor mit 85 PS bei 7500
Umdrehungen und einem Drehmoment
von 85 Nm bei 5750 Touren.
Doch weniger Leistung bedeutet
nicht gleich weniger
Fahrspaß! Der kompakte Zweizylinder
mit seinen vier Ventilen pro
Zylinder und moderner Einspritzung
schiebt erstaunlich flink und
leichtfüßig an. Wer es braucht,
knackt bei Bedarf auch die
200-km/h-Marke. Zu empfehlen
ist das allerdings nur mit geeigneter
Bereifung und auf Dauer
bereitet diese Gangart mit der
800er keinen Spaß. Nicht wegen
des Verbrauchs, der ist mit durchschnittlich
4,3 Litern tadellos,
eher wegen des Lenkerpendelns
bei höherer Geschwindigkeit. Ein
Manko, das unseren Fahrspaß
auf der Überlandfahrt genauso
trübte wie das zu klein geratene
Windschild.
Für den Tourengänger bleibt da
nur der Gang zum Zubehörhändler
oder man ordert die GS gleich
mit dem BWM-Tourenschild.
Trotzdem lässt sich die 800er GS
dank des stabilen Stahl-Gitterrohrrahmens
und des guten Fahrwerks
mit der 43-Millimeter-USD-
Gabel und dem stufenlos – in der
Zugstufendämpfung – verstellbaren
WAD-Zentralfeder-
bein sicher um jede
Kurve bewegen. Da stören auch
die schwarzen Kunststoff-Köfferchen
nicht, diese sind im Übrigen
sehr durchdacht und gut verarbeitet.
Mit nur einem Handgriff
lassen sich sowohl Seitenkoffer
als auch Topcase im Volumen erweitern.
Zusätzlich ist das Topcase
mit einem Rückenpolster versehen,
somit braucht man sich
nicht um das Wohlbefinden der
Sozia fürchten. Die Sitzposition
ist für Pilot und Sozius BMW-typisch
und erweist sich als sehr
angenehm und tourentauglich.
Ebenso die Bedienelemente, diese
sind im Vergleich zur 1200er
GS deutlich reduziert, jedoch gut
zu erreichen und lassen sich bestens
bedienen. Auffallend allerdings
die etwas schwergängige
mechanisch betätigte Mehrscheibenkupplung,
hier hätte man der
kleinen GS durchaus eine hydrauunterstützt
von MOTOCROSS ENDURO

lische Kupplung spendieren können.
Der Blick ins Cockpit erfreut das
Herz jedes Piloten, übersichtlich
und gut ablesbare Instrumente
liefern alle relevanten Informationen.
Zentral im Blick liegen Drehzahlmesser
und Tacho, abgerundet
wird das Ganze von einem
digitalen Infodisplay. Reduziert
hingegen die elektronischen Helferlein.
In der Basisversion bieten
ABS und Traktionskontrolle dennoch
ausreichend Sicherheit für
den Fall der Fälle. Wer hier mehr
will, wie zum Beispiel das elektronisch
verstellbare Fahrwerk
ESA (Electronic Suspension Adjustment),
der muss schon etwas
tiefer in den Geldbeutel greifen.
In Sachen Bremstechnik setzt
BMW auf eine Doppelscheibenbremse
mit 300 mm Durchmesser
vorn und eine 265-mm-Einschei-
VARIO-GEPÄCKSYSTEM
• Schwarze Kunststoff-Koffer und
schwarzes Kunststoff-Topcase
• Volumen variabel durch Umlegen eines Bügels
• Volumen Koffer: ca. 28-38 l (rechts), ca. 19-29 l
(links)
• Volumen Topcase: ca. 25-35 l
• Maximale Zuladung: 8 kg (je Koffer),
5 kg (Topcase)
• Empfohlene Höchstgeschwindigkeit mit Kof
fern oder Topcase: 160 km/h
Optional:
• Innentaschen für Koffer und Topcase
• Rückenpolster für Variotopcase
PREIS UNSERES TESTBIKES
Grundpreis: 10.750 Euro
Ausstattung: 1.140 Euro
Sonderzubehör: 995 Euro
Summe: 12.885 Euro

enbremse hinten. Im normalen
Betrieb arbeiten sowohl Bremse
als auch ABS zufriedenstellend.
Fordert man beide zur Höchstleistung
auf, beginnt der Bremspunkt
der Vorderradbremse schwammig
zu werden. Auch das ABS-System
arbeitet leider nicht so gut wie
das der 1200er GS. Bei wechselndem
Untergrund regelt es nicht
ganz optimal und setzt die Regelintervalle
sehr lang.
Wechselnder Untergrund ist auch
genau das richtige Stichwort.
Denn wir sind die BMW natürlich
auch im Gelände gefahren. Dort
überzeugte sie mit einem tollen
Handling und ließ sich recht zügig
über sämtliche Passagen bewegen,
kein Vergleich zur großen
Schwester GS 1200. Deutlich
leichtgängiger und für versierte
Piloten durchaus spielerisch
geht’s mit der kleinen Reiseenduro
vorwärts. Dank der Endurobereifung
von Continental und langer
Federwege von 230 mm vorn
und 215 mm hinten wird die Teststrecke
kurzerhand zur Enduro-
Sonderprüfung umfunktioniert.
Selbst Sprünge bewältigt die
Münchenerin ohne Schwierigkeiten.
Doch bevor es soweit ist, bedarf
es einer kleinen Veränderung.
Mit wenigen Handgriffen ist
auch die GS bereit, im Dreck zu
spielen. Die abnehmbaren Fußrastengummis
sind im Handumdrehen
herausgenommen und
mit wenigen Klicks ist der Enduromodus
eingestellt. Dort greift
sowohl die Stabilitätskontrolle
als auch das ABS verzögert ein.
Die Münchener wissen eben, worauf
es ankommt. Wird die breite
Spur plötzlich schmaler, braucht
man sich keine Sorgen zu machen,
auch enge Kurven oder gar
Hindernisse lassen sich mit der
800er sehr gut und sicher bewältigen.
Der im Heck verbaute 16-Liter-Tank
macht sich nicht negativ
bemerkbar, die Balance ist ausgeglichen.
Somit geht es für den
abenteuerlustigen Tourengänger
ruhigen Gewissens
durchs Gelände.
• Text u. Fotos: Marco Burkert
Marko Barthel:
Im Gelände hat mir die Performance
der BMW F 800 GS gut gefallen.
Sie punktet im Vergleich
zu den größeren Reiseenduros
mit deutlich agilerem Handling.
Die Sitzposition hat mich sehr
überzeugt und ist ein gelungener
Kompromiss zwischen Tour und
Sport. Gut auch die Lösung des
Koffersystems, dieses lässt sich
schnell und einfach abnehmen,
ist im Volumen erweiterbar und
robust verarbeitet. Für längere
Touren ist mir persönlich das
Windschild zu klein, als Fahrer
bekommt man einfach zu viel
Wind gegen den Helm. Die Seitenverkleidung
bietet hingegen
ausreichend Windschutz für die
Knie und lässt trotzdem einen guten
Knieschluss zu. Das größte
Manko ist aber das Lenkerpendeln,
das sich bei Geschwindigkeiten
ab 150 km/h einstellt.
Marco Burkert:
Die kleinere Schwester der BMW
R 1200 GS ist für Sparfüchse, die
ebenfalls auf große Tour gehen
wollen, eine gute Alternative. Sie
kostet mehrere tausend Euro weniger
und hat dafür jede Menge
zu bieten. Mit kleinen Modifikationen,
wie einem größeren
Windschild, hat man die 800er
GS ruck, zuck für seine Tour umgerüstet.
Der Motor ist quirlig
und bietet genügend Leistung,
um auch mal etwas schneller ums
Eck zu zirkeln. Leider stört auch
mich das Lenkerpendeln und
trübt den sonst guten Fahreindruck
etwas. Auch die mechanische
Kupplung ist nicht mehr
zeitgemäß, gerade in der Stadt,
wenn es von Ampel zu Ampel
geht, macht sich das bemerkbar.
Super ist das bekannte Vario-Gepäcksystem
von BMW. Bestens
verarbeitet, bieten die Koffer genügend
Stauraum für längere
Touren. Betrachtet man das Gesamtpaket
ist man mit der BMW F
800 GS gut ausgestattet, um gegebenenfalls
auch offroad eine
gute Figur zu machen.
unterstützt von MOTOCROSS ENDURO

Die Armaturen sind deutlich übersichtlicher als bei der
1200er GS, hier erhält der Pilot Zugriff auf ABS und ASC
und wenn vorhanden ESA
Die Front ist sportlich gehalten, der Scheinwerfer gibt
eine gute Lichtausbeute
Die BMW F 800 GS mit dem Vario-Gepäcksystem
bietet jede Menge Platz für Tourengänger
Offroadtauglich: 43er
Upsidedowngabel vorn
mit 230-mm-Federweg,
das Windschild bietet
nur geringen Schutz
vor Wind
Das Heck, versehen mit LED-Technik ist absolut zeitgemäß
Das Herzstück: ein wassergekühlter 2-Zylinder-Viertaktmotor
mit vier über Schlepphebel betätigte Ventile pro
Zylinder, zwei obenliegende Nockenwellen und Trockensumpfschmierung
Die Seitenverkleidung lässt einen guten Knieschluss zu
Bremse vorn: 300-
mm-Doppelscheibenbremse,
2-Kolben-
Schwimmsattel, bei
starker Beanspruchung
wird der Bremspunkt
leider schwammig, ABS
regelt im Normalbetrieb
zufriedenstellend
und schützt zudem vor Wind
Die Sitzbank ist sehr bequem, getankt wird bei der F 800
Direkt angelenktes
WAD-Zentralfederbein
mit
215 mm Federweg,
Federbasis
hydraulisch
einstellbar, Zugstufendämpfung
einstellbar
Bremse hinten: 265 mm
Einscheibenbremse,
Ein-Kolben-Schwimmsattel,
ABS
am Heck
Außer dem Startknopf gibt es am rechten Lenkerende
Wuchtiger Endschalldämpfer
sorgt für BMW-Sound, geregelter 3-Wege-
Katalysator erfüllt die Abgasnorm EU-3
Das Cockpit lässt keine Wünsche offen, gut bedienbar
und die Anzeigen sind sehr gut ablesbar
wenig zu sehen
Mitgedacht! Abnehmbare Fußrastengummis,
ideal für den Offroadbetrieb
unterstützt von MOTOCROSS ENDURO

unterstützt von MOTOCROSS ENDURO

TECHNISCHE DATEN
MOTOR
Bauart
Bohrung x Hub
Hubraum
Nennleistung
Max. Drehmoment
Verdichtungsverhältnis 12,0:1
Kraftstoffaufbereitung/ BMS KP/
Motorsteuerung bedarfsgeregelt
Abgasreinigung gereg. 3-Wege- Kat,
Abgasnorm EU-3
wassergekühlter Zweizylinder-Viertaktmotor
mit 4 über Schlepphebel betätigten Ventilen
pro Zylinder, 2 obenliegende Nockenwellen
und Trockensumpfschmierung
82 mm x 75,6 mm
798 ccm
63 kW (85 PS) bei 7500 U/min (Leistungsreduktion:
35 kW (48 PS) bei 7000 U/min)
83 Nm bei 5750 U/min
(Leistungsreduktion: 60 Nm bei 5000 U/min)
FAHRLEISTUNG/VERBRAUCH
Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h
Verbrauch auf 100 km
bei konst. 90 km/h 3,8 l
Verbrauch auf 100 km
bei konst. 120 km/h 5,2 l
Kraftstoffart Superbenzin bleifrei, Mindestoktanzahl 95
(ROZ);
Sonderausst. 91 (ROZ) verfügbar
Permanenterregter Generator 400W (Nennleis-
ELEKTRIK
Lichtmaschine
tung)
Batterie
KRAFTÜBERTRAGUNG
Kupplung
Getriebe
Sekundärantrieb
Stahl-Gitterrohrrahmen, Motor mittragend
Upsidedowngabel,
Ø 43 mm
gezogene Aluminiumschwinge, direkt angelenk-
FAHRWERK/BREMSEN
Rahmen
Vorderradführung/
Federelemente
Hinterradführung/
tes
Federelemente
12 V/14 Ah, wartungsfrei
Mehrscheibenkupplung im Ölbad,
mechanisch betätigt
Klauengeschaltetes Sechsgang-Getriebe
im Motorgehäuse integriert
Kettentrieb mit Ruckdämpfung in Hinterradnabe
WAD Zentral federbein, Federbasis hydraulisch
einstellbar, Zugstufendämpfung einstellbar
Federweg vorne/hinten 230/215 mm
Radstand
1578 mm
Nachlauf
117 mm
Lenkkopfwinkel 64°
Räder
Speichenräder
Felgenmaß vorne 2,15 x 21“ MTH2
Felgenmaß hinten 4,25 x 17“ MTH2
Reifen vorne
90/90-21 54V
Reifen hinten
150/70-17 69V
Bremse vorne
Doppelscheibenbremse, Ø 300 mm,
2-Kolben-Schwimmsattel, ABS
Bremse hinten Einscheibenbremse, Ø 265 mm,
Ein-Kolben-Schwimmsattel, ABS
ABS
serienmäßig
MASSE/GEWICHTE
Länge
Breite (über Spiegel)
Höhe (ohne Spiegel)
Sitzhöhe bei Leergew.
Schrittbogenlänge
bei Leergewicht
Leergewicht fahrfertig,
vollgetankt
214 kg
Trockengewicht 191 kg
zul. Gesamtgewicht 443 kg
Zuladung
(bei Serienausstattung) 229 kg
nutzbares Tankvolumen 16 l
davon Reserve ca. 4,0 l
2320 mm
945 mm
1350 mm
880/850 mm niedrige Sitzbank/
820 mm mit Tieferlegung
1930/1880 mm niedrige
Sitzbank/1820 mm mit Tieferlegung
Grafik und Umsetzung: Uwe Laurisch