m80 - das Schülermagazin für München und Region

heinmedia.magazine
von heinmedia.magazine Mehr von diesem Publisher
26.02.2015 Aufrufe

HAUPTFACH Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge betrug dabei 42.100. Davon waren 89 Prozent Jungen. Im Durchschnitt dauert ein Asylverfahren 8,4 Monate, für Minderjährige mindestens ein ganzes Jahr. Was geschieht eigentlich mit dem Strom an Asylbewerbern, von dem die Nachrichten durchgehend berichten? Diese Frage stellten wir, die Schüler des Gymnasiums der Benediktiner Schäftlarn, uns im Rahmen des P-Seminars „Journalismus“ unter der Leitung von Ingeborg Lutz Dazu sahen wir uns in unserer Umgebung um und sprachen mit dem Verwalter des Klosters Schäftlarns, Stefan Rührgartner, der auch Initiator des Helferkreises ist, sowie mit dem Bürgermeister der Gemeinde Schäftlarn, Dr. Matthias Ruhdorfer. Dabei erfuhren wir folgendes: Jeden Morgen steht ein Bus voll mit Asylbewerbern vor dem Landratsamt, die nach einem bestimmen Schlüssel auf die Gemeinden und Landkreise verteilt werden müssen. Die Gemeinde Schäftlarn ist danach verpflichtet bis zu 40 Asylbewerber aufzunehmen. Der Bürgermeister ist behilflich bei der Unterbringung, zahlt die finanziellen Mittel aus und kümmert sich mit dem Ordnungsamt um die Wohnungen. In Schäftlarn beherbergen bereits seit längerer 8m80 // 03.15 Zeit sowohl die katholische als auch evangelische Kirche je eine Familie. Seit Dezember stellt nun auch das Kloster der Benediktiner eine Unterkunft für Asylbewerber zur Verfügung. Es gab zwei Hauptgründe, weshalb das Kloster beschlossen hat, das Gebäude in der Münchnerstraße in ein Heim für Asylbewerber umzugestalten: Der erste Grund war ein Telefonat im September des vorvergangenen Jahres mit der ehemaligen Landrätin Johanna Rumschöttel, die dringend nach Unterbringungsmöglichkeiten suchte. Zu genau dieser Zeit stand das Haus schon leer und neue Mieter wurden gesucht. Der zweite Grund ist die christliche Nächstenliebe. Papst Franziskus hatte bei seinem Besuch in Lampedusa im Juli 2013 zur Hilfe für die Flüchtlinge aufgerufen. Abt Petrus vom Kloster Schäftlarn entschied daraufhin, das Gebäude Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen. Das Haus ist mit der Basisausstattung fertig eingerichtet. Dazu gehören Waschmaschine, Kühlschrank, Herd, Kochgeräte und Geschirr, Bett mit Bettzeug, abschließbare Schränke. Diese Einrichtung ist vom Landratsamt vorgeschrieben und wird auch von diesem zur Verfügung gestellt. Die Asylbewerber erhalten ein sogenanntes Hand- oder Taschengeld, das monatlich im Rathaus in bar ausgehändigt bekommen. Von diesem Geld bezahlen sie zum Beispiel Essen und Kleidung. Außerdem erhalten sie weitere Zuwendung, wie Deutschkurse, Kinderbetreuung etc. Die Reaktionen auf die Ankündigung, dass in der Münchnerstraße eine Asylbewerberunterkunft bereitgestellt werde, waren gemischt. Viele Nachbarn waren nicht erfreut, hatten Angst und schrieben sogar Briefe, in denen sie ihre Bedenken äußerten. Gespräche mit dem Bürgermeister und Vertretern des Landratsamtes bewirkten jedoch, dass sich die Lage entspannte. Doch gab es auch positive Aspekte. Es wurde ein Helferkreis gegründet, der mittlerweile 90 Mitglieder umfasst. Dieser wurde in mehrere Aufgabenbereiche eingeteilt. Es gibt die „Mobilitätsgruppe“. Diese besteht zum größten Teil aus Rentnern, die die Flüchtlinge bei U- und S- Bahn Fahrten begleiten, zum Beispiel bei Behördengängen.

HAUPTFACH Eine weitere Gruppe kümmert sich um die Integration der Flüchtlinge in die Gemeinde. Sie sorgen unter anderem dafür, dass Jungs am Fußballtraining teilnehmen können und Familien Freikarten für Konzerte bekommen. Den Deutschunterricht übernimmt eine dritte Gruppe von Freiwilligen aus der Gemeinde. Nicht jeder Flüchtling spricht englisch und deshalb stellt das Erlernen der deutschen Sprache eine große Herausforderung da. Besonders stolz ist die Gemeinde Schäftlarn auf einen ehemaligen Asylbewerber, der heute fest in Schäftlarn wohnt und sich vollständig integriert hat. Dieser beherrscht auch spezielle Dialekte und ist damit eine sehr große Hilfe für den Sprachunterricht. Seit Dezember des vergangenenen Jahres standen nun Haus und Helfer bereit. Am Mittwoch, 21. Januar, war es dann soweit, fünf Familien aus Nigeria bzw. Syrien zogen ein. Auf die ehrenamtlichen Helfer kommen die ersten Aufgaben zu, wie Hilfe bei der Anmeldung aller Asylbewerber bei der Gemeinde sowie bei der Beantragung eines Landkreispasses. Sobald feststeht, wo und ob die 15 Kinder einen Kindergarten- oder Schulplatz erhalten, müssen die sie ausgestattet werden mit Schulranzen etc. Die vom Landratsamt eingesetzte Sozialbetreuerin muss regeln, ob und wo die Eltern eine Sprachenschule besuchen können. Wir, die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums der Benediktiner Schäftlarn, haben uns vorgenommen, uns um die Kinder zu kümmern, sobald sie sich ein wenig eingewöhnt haben. Vielleicht können wir in der nächsten Ausgabe der M80 schon darüber berichten. Annika Lippert, Ruven Bircks, Leon Schmid, Elias Emmert, Philip Mantz, Sophie Melzer, Julius Hubert Christopher Radtke, Clara Schmitz, Sebastian Moll de Alba Dessloch Zwei Fragen an den Bürgermeister Annika: „Herr Ruhdorfer, welche Aufgaben hat der Bürgermeister bei der Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern?“ Bürgermeister Matthias Ruhdorfer: „Jeden Morgen steht ein Bus voll mit Asylbewerbern vor dem Landratsamt, die nach einem bestimmen Schlüssel auf die Gemeinden und Landkreise verteilt werden müssen. Die Gemeinde Schäftlarn ist danach verpflichtet bis zu 40 Asylbewerber aufzunehmen. Der Bürgermeister ist behilflich bei der Unterbringung, zahlt die finanziellen Mittel aus und kümmert sich mit dem Ordnungsamt um die Wohnungen“. Philip: „Wie finanzieren die Asylbewerber ihren Lebensunterhalt?“ Ruhdorfer: „Die Asylbewerber erhalten ein sogenanntes Hand- oder Taschengeld, das monatlich im Rathaus in bar ausgehändigt bekommen. Von diesem Geld bezahlen sie zum Beispiel Essen und Kleidung. Außerdem erhalten sie weitere Zuwendung, wie Deutschkurse, Kinderbetreuung etc.“. 9 m80 // 03.15

HAUPTFACH<br />

Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge betrug dabei<br />

42.100. Davon waren 89 Prozent Jungen. Im Durchschnitt dauert ein Asylverfahren<br />

8,4 Monate, <strong>für</strong> Minderjährige mindestens ein ganzes Jahr.<br />

Was geschieht eigentlich mit dem Strom an Asylbewerbern, von dem<br />

die Nachrichten durchgehend berichten?<br />

Diese Frage stellten wir, die Schüler des Gymnasiums der Benediktiner<br />

Schäftlarn, uns im Rahmen des P-Seminars „Journalismus“ unter der Leitung<br />

von Ingeborg Lutz<br />

Dazu sahen wir uns in unserer Umgebung um <strong>und</strong> sprachen mit dem Verwalter<br />

des Klosters Schäftlarns, Stefan Rührgartner,<br />

der auch Initiator des Helferkreises ist, sowie<br />

mit dem Bürgermeister der Gemeinde Schäftlarn,<br />

Dr. Matthias Ruhdorfer.<br />

Dabei erfuhren wir folgendes:<br />

Jeden Morgen steht ein Bus voll mit Asylbewerbern<br />

vor dem Landratsamt, die nach einem<br />

bestimmen Schlüssel auf die Gemeinden <strong>und</strong><br />

Landkreise verteilt werden müssen. Die Gemeinde<br />

Schäftlarn ist danach verpflichtet bis zu<br />

40 Asylbewerber aufzunehmen.<br />

Der Bürgermeister ist behilflich bei der Unterbringung,<br />

zahlt die finanziellen Mittel aus <strong>und</strong><br />

kümmert sich mit dem Ordnungsamt um die<br />

Wohnungen.<br />

In Schäftlarn beherbergen bereits seit längerer<br />

8<strong>m80</strong> // 03.15<br />

Zeit sowohl die katholische als auch evangelische<br />

Kirche je eine Familie.<br />

Seit Dezember stellt nun auch <strong>das</strong><br />

Kloster der Benediktiner eine<br />

Unterkunft <strong>für</strong> Asylbewerber<br />

zur Verfügung.<br />

Es gab zwei Hauptgründe,<br />

weshalb <strong>das</strong> Kloster beschlossen<br />

hat, <strong>das</strong> Gebäude<br />

in der<br />

Münchnerstraße in ein<br />

Heim <strong>für</strong> Asylbewerber umzugestalten:<br />

Der erste Gr<strong>und</strong> war ein Telefonat im September des vorvergangenen Jahres<br />

mit der ehemaligen Landrätin Johanna Rumschöttel, die dringend nach<br />

Unterbringungsmöglichkeiten suchte. Zu genau dieser Zeit stand <strong>das</strong> Haus<br />

schon leer <strong>und</strong> neue Mieter wurden gesucht.<br />

Der zweite Gr<strong>und</strong> ist die christliche Nächstenliebe. Papst Franziskus hatte<br />

bei seinem Besuch in Lampedusa im Juli 2013 zur Hilfe <strong>für</strong> die Flüchtlinge<br />

aufgerufen. Abt Petrus vom Kloster Schäftlarn entschied daraufhin, <strong>das</strong> Gebäude<br />

Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen.<br />

Das Haus ist mit der Basisausstattung fertig eingerichtet. Dazu gehören<br />

Waschmaschine, Kühlschrank, Herd, Kochgeräte <strong>und</strong> Geschirr, Bett mit<br />

Bettzeug, abschließbare Schränke.<br />

Diese Einrichtung ist vom Landratsamt vorgeschrieben<br />

<strong>und</strong> wird auch von diesem zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Die Asylbewerber erhalten ein sogenanntes<br />

Hand- oder Taschengeld, <strong>das</strong> monatlich im Rathaus<br />

in bar ausgehändigt bekommen. Von diesem<br />

Geld bezahlen sie zum Beispiel Essen <strong>und</strong><br />

Kleidung. Außerdem erhalten sie weitere Zuwendung,<br />

wie Deutschkurse, Kinderbetreuung etc.<br />

Die Reaktionen auf die Ankündigung,<br />

<strong>das</strong>s in der Münchnerstraße eine Asylbewerberunterkunft<br />

bereitgestellt werde, waren gemischt.<br />

Viele Nachbarn waren nicht erfreut,<br />

hatten Angst <strong>und</strong> schrieben sogar Briefe, in<br />

denen sie ihre Bedenken äußerten. Gespräche<br />

mit dem Bürgermeister <strong>und</strong> Vertretern des<br />

Landratsamtes bewirkten jedoch, <strong>das</strong>s sich<br />

die Lage entspannte.<br />

Doch gab es auch positive Aspekte. Es wurde<br />

ein Helferkreis gegründet, der mittlerweile 90<br />

Mitglieder umfasst. Dieser wurde in mehrere Aufgabenbereiche<br />

eingeteilt. Es gibt die „Mobilitätsgruppe“. Diese besteht<br />

zum größten Teil aus Rentnern, die die Flüchtlinge<br />

bei U- <strong>und</strong> S- Bahn Fahrten begleiten, zum Beispiel bei<br />

Behördengängen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!