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Das Konzept zur biographischen Selbstreflexion basiert auf den Theorierichtungen der<br />
sozialwissenschaftlichen Biographieforschung und der Psychoanalyse. 388 Das Ziel des<br />
Konzeptes besteht aber im Gegensatz zur Psychoanalyse nicht im Abar<strong>bei</strong>ten und Auflösen<br />
von Konflikten, sondern im Aufzeigen, im Sensibilisieren dafür. 389 So wird sie zur Suche<br />
nach Spuren, ähnlich einer archäologischen Grabung durch verschiedene Schichten. 390 Die<br />
Bestandteile dieser Untersuchung sind zum einen psychische Schichten und zum anderen das<br />
Körpergedächtnis, denn die psychosomatische Medizin geht davon aus, dass sich seelische<br />
Verwundungen auch in Krankheiten und körperlichem Unwohlsein ausdrücken können. 391<br />
Neben der Aneignung der eigenen Lebensgeschichte und dem Entdecken unbewußter<br />
Strukturen darin hat die biographische Selbstreflexion auch eine weitgreifendere Funktion, die<br />
als gesellschaftliche Perspektive und Verwobenheit begriffen wird. 392 „Selbstaufklärung statt<br />
Fremdaushorchung“ 393 ist da<strong>bei</strong> die Devise, die handlungsleitend ist. Man kommt durch das<br />
Verstehen des Einzelnen vor dem Ganzen und durch das Verstehen des Ganzen vom<br />
Einzelnen her jedoch in das Problem des hermeneutischen Zirkels, das nur durch<br />
Vorannahmen und Vermutungen und deren Überprüfung und Zurücknahme angegangen<br />
werden kann. 394 Die überspannenden Ziele der biographischen Selbstreflexion sind Verstehen<br />
seiner selbst und damit auch Verstehen von anderen. Desweiteren können daraus<br />
Veränderungsmöglichkeiten und Handlungsmöglichkeiten entwickelt werden. Grenzen der<br />
Methode liegen zum einen in der oft fehlenden Möglichkeit, Impulse auf politischer Ebene<br />
einzubringen, die durch die biographische Selbstreflexion angeregt wurden. Ebenso zeigen<br />
sich Limitationen der Methode, wenn es um sehr schmerzhafte Erinnerungen geht, die einer<br />
weiterführenden Therapie bedürfen. 395<br />
Das methodische Vorgehen <strong>bei</strong> der biographischen Selbstreflexion hat verschiedene<br />
Merkmale: Es werden ungewohnte Zugänge zur Lebensgeschichte genommen, Übungen mit<br />
sehr unterschiedlichem Charakter durchgeführt, unterschiedliche Formen der Bear<strong>bei</strong>tung<br />
angeboten (z.B. Gespräche, Texte, Fotos, Poesiealben, Phantasiereise, Körperar<strong>bei</strong>t), eine<br />
Orientierung an kritischen Ereignissen vorgenommen, der Bezug zum alltäglichen<br />
hervorgehoben, ökologische Merkmale des Lernmilieus (z.B. Landschaften) miteinbezogen,<br />
Austausch mit anderen angeregt und gefördert, Deckerinnerungen (FREUD) aufgespürt,<br />
388 Vgl. ebd., S. 17<br />
389 Vgl. ebd., S. 20<br />
390 Vgl. ebd., S. 21<br />
391 Vgl. ebd., S. 22f<br />
392 Vgl. ebd. S. 24f<br />
393 Ebd., S. 26<br />
394 Vgl. ebd., S. 31<br />
395 Diese verstehen die Autoren aber auch als Chance; vgl. ebd., S. 34f<br />
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