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Quellen an, die SCHULZE in der Selektivität und dem Wahrheitsgehalt der vorgebrachten<br />
Erinnerungen sieht. 367<br />
Basismethoden biographischen Forschens sind das Verstehen und Deuten, wie schon<br />
DILTHEY heraushob. 368 „Auf der Grundlage des Erlebens und des Verstehens seiner selbst,<br />
und in beständiger Wechselwirkung <strong>bei</strong>der miteinander, bildet sich das Verstehen fremder<br />
Lebensäußerungen und Personen aus.“ 369 Diese auch für die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> an der Schule für Schüler<br />
mit LB wichtige Erkenntnis fasst BITTNER so zusammen: „Jedes Erkennen beruht auf der<br />
Differenz.“ 370 Eine paradoxe Situation kann durch Beschäftigung mit der eigenen Biographie<br />
entstehen: wenn man zu sich kommt, kann man zu anderen gelangen. Wenn man sich erkennt,<br />
kann man andere kennen lernen. Wenn man seine Biographie achten lernt, kann man auch<br />
andere Biographien wertschätzen. Denselben Effekt hat auch die Selbstbeobachtung. Durch<br />
das Heraustreten aus sich selbst schafft man eine wohltuende Distanz zu sich und dem<br />
eigenen Standpunkt. 371 Das Forschen setzt also eine Beschäftigung mit sich selbst voraus, was<br />
HERMANN in diese Worte fasst: „Ohne reflektierte pädagogische Selbsterfahrung bleibt<br />
erziehungswissenschaftlich relevantes Forschen und Argumentieren wahrscheinlich<br />
unfruchtbar.“ 372<br />
Doch allzu oft beschäftigt sich der Pädagoge anscheinend nicht mit sich selbst sondern mit<br />
den Kindern. Er entwirft Theorien, Konzepte und Methoden, um dem Kind eine bessere<br />
Erziehung zu verschafften. Aber viele dieser Ansätze leiden an der Ungebundenheit und<br />
Unüberprüfbarkeit der zugrundliegenden Gedanken und dem unrealistischen Bild, das sich<br />
der Pädagoge von der Erziehungssituation macht. Der Pädagoge benimmt sich tatsächlich wie<br />
ein Kind, das er in der Theorie und der Schule sein darf. 373 Gleichzeitig jedoch wird der Raum<br />
für richtige persönliche Offenbarungen in der Schule durch die fortschreitende<br />
Professionalisierung der Didaktik und Methodik mehr und mehr eingegrenzt. Die Lehrer<br />
schweigen von sich, obwohl sie ständig reden. Und die Schüler sollen zum Sprechen über sich<br />
angeregt werden, obwohl sie schweigen müssen. 374 Durch die Beschäftigung mit den eigenen<br />
Begrenzungen und Limitationen kann der Pädagoge lernen, mit Begrenzungen und<br />
Hindernissen im pädagogischen Alltag umzugehen, anstatt sie zu verleugnen und zu<br />
367 „Alles Erinnerte ist transformiert und nichts wird ohne Grund erinnert.“; SCHULZE in<br />
BAACKE/SCHULZE, 1985, S. 58<br />
368 vgl. DILTHEY, 1993 4 , S. 205<br />
369 Ebd., S. 205<br />
370 BITTNER, 1994, S. 24<br />
371 Vgl. HERRMANN in BERG, 1994 2 , S. 46<br />
372 Ebd., S. 61<br />
373 Zum Argument „für das Kind“ als Flucht in die Phantasie vgl. PRANGE, a.a.O., S. 212<br />
374 Vgl. ebd., S. 218<br />
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