gesamte Arbeit (pdf-Format) - bei föpäd.net

Beziehung aufzuzeigen. Ein Exkurs über die gesellschaftlichen Ursachen der Spannung
vervollständigte den Hintergrund, der für das Verständnis der Kindheiten notwendig ist. Der
Anfang der pädagogischen Beziehung als der Brücke über die Kluft wurde in mehreren
Schritten beschrieben und mögliche Ansätze zu einer professionellen Auseinandersetzung
damit referiert.
4. Biographische Selbstreflexion als Kompetenz im sonderpädagogischen Handeln des
Lehrers für Schüler mit LB
Jeder Lehrer (für Schüler mit LB) kann seine Kindheit, die ihn prägt und beeinflusst,
reflektieren.
Die begonnene „Spurensuche“ hat uns über das innere Kind im Menschen und die innere
Kindheit des Lehrers für Schüler mit LB hingeführt zu neuen Fragen. Diese Fragen kreisen
um den im vorherigen Kapitel postulierten Anspruch, sich selbst zu erkennen und die eigene
Kindheit kritische zu reflektieren. Wie dieser Anspruch einzulösen ist werde ich im folgenden
versuchen zu erläutern.
„Was siehst du aber den Splitter im Auge deines Bruders und nimmst nicht den Balken in
deinem Auge wahr? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Halt still, Bruder, ich will dir
den Splitter aus deinem Auge ziehen! - und siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge?
Du Heuchler, zieh erst den Balken aus deinem Auge und sieh dann zu, wie du den Splitter aus
dem Auge deines Bruders ziehst!“ 340 Dieses biblische Gleichnis kann uns den Weg weisen zur
Beschäftigung mit den eigenen Fehlern, blinden Flecken, Schwächen und Vernarbungen aus
der Kindheit. Es zeigt deutlich, wo der Mensch ansetzen kann und soll, wenn er etwas
verändern will: bei sich selbst! Dasselbe gilt auch für den Lehrer für Schüler mit LB. Dieser
sollte sich zuerst der Kindheits-Balken und -Splitter in seinem pädagogischen Auge gewahr
werden, bevor er versucht, jedes noch so kleinste Holzstück aus den Augen seiner Schüler zu
operieren. In dieser Selbstzuwendung liegt auch das Wesen der Selbstverwirklichung des
Lehrers. Nur wer sich selbst verwirklichen kann, vermag das auch bei den Schülern
anzuregen. 341
Der Lehrer bekommt es mit sich zu tun, mit seiner eigenen Biographie und Gewordenheit.
Den wissenschaftlichen Rahmen dafür gibt die Biographieforschung, die selbst in der
340 Lukas 6, 41-42 in: Die Bibel oder die ganze heilige Schrift aus altem und neuem Testament nach der
Übersetzung Martin Luthers. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1978
341 Vgl. TUSCH, 1988, S. 38f
http://www.foepaed.net 66