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eigenen Haustür!“. 6 Somit ist auch der Ausspruch „Erkenne dich selbst“ für den Erzieher bedeutsam. „Erkenne dich selbst, bevor du Kinder zu erkennen trachtest.[...] Unter ihnen bist du selbst ein Kind, das du zunächst einmal erkennen, erziehen und ausbilden musst“. 7 gibt KORCZAK dem Pädagogen zu bedenken. Selbstkenntnis also Voraussetzung für die Kenntnis anderer drückt Marie von EBNER-ESCHENBACH folgendermaßen aus: „Wer sich an seine eigene Kindheit nicht deutlich erinnert, ist ein schlechter Erzieher“. 8 Somit steht auch gleichsam eine Forderung an den „guten“ Pädagogen im Raum, die von anderer Seite noch verstärkt wird: „Ein guter Lehrer kann sich in das Kind ‘hineinversetzen’“. 9 Selbstkenntnis und die Kenntnis des Kindes sind zentrale Ansprüche an den Erzieher und Lehrer, doch wie kann er diesem gerecht werden? Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Lehrer durch die dauernde Beschäftigung mit Kindern an seine eigene Kindheit erinnert fühlt ist hoch (ebenso wird sich der Fußballtrainer an seine aktive Fußballzeit erinnern, wenn er junge Fußballer trainiert). Die Schüler sind somit Spiegel der eigenen Kindheit des Lehrers und er ist der Spiegel der Lehrer, die er selbst hatte. Die Frage, der ich dabei nachgehen möchte ist: Wie wirken sich eigene Kindheitserfahrungen auf das spätere Verhalten des Lehrers aus? Jeder Förderschullehrer hat eine Kindheit, die ihn prägt und beeinflusst. Der Unterrichtsprozess (an allen Schultypen) wird nicht nur von den inhaltlichen Aspekten, sondern auch von den persönlichen Anteilen der an ihm Beteiligten mitbestimmt und beeinflusst. Häufig unterliegt die Interaktion in der Schule Spannungen und Konflikten, die ihre Ursache zum großen Teil im persönlichen (Beziehungs-) Geflecht von Schüler und Lehrer haben. Die Lebensgeschichte beider Seiten ist bedeutsam und ständig präsent im Unterrichtsgeschehen. Die Frage, die mich dabei leitet ist: Warum ist die Betrachtung der eigenen Kindheit für den Lehrer an der Förderschule wichtig und notwendig? Jeder Schüler hat eine Kindheit, die ihn prägt und beeinflusst. Die bereits erwähnte Kenntnis der zu unterrichtenden Schüler erstreckt sich auf deren Lebenslauf und insbesondere auf die Kindheit. Eine Schulweisheit besagt, dass man nur das gut erklären kann, was man auch selbst verstanden hat. In Bezug auf die Kenntnis der Schüler ergibt sich daraus aber ein entscheidendes Problem: der Lehrer ist anders als die Schüler! Er hat eine andere Kindheit erlebt und kann sich nur bedingt in die Kindheiten seiner Schüler hineinversetzen. Diese Feststellung erfährt in der Förderschule für Lernbehinderte (ähnlich 6 Gemäß dem Sprichwort: „Ein jeder kehr vor seiner Tür...“ in RÖHRIG, 1977, S. 1096 7 KORCZAK, 1979 7 , S. 156 8 HARRIS, 2000, S. 62 9 MUTH, 1982, S. 41 http://www.foepaed.net 6
wie an anderen Schulen für Kinder mit Behinderungen) ihre Bestätigung und nun frage ich mich „Welche Konflikte und welche Chancen ergeben sich aus dem Zusammentreffen dieser unterschiedlichen Kindheiten?“ Jeder (Förderschul-)Lehrer kann seine Kindheit, die ihn prägt und beeinflusst, reflektieren. „Reflexion“ heißt in der ursprünglichen Bedeutung soviel wie „Rückstrahlung“. 10 Das geistige „Zurückstrahlen“ lassen des eigenen Handelns, Denkens, der eigenen Biographie ist dem Menschen möglich und er-möglicht es ihm, sein Verhalten gegebenenfalls zu verändern. Warum dieser Bereich im pädagogischen Kontext bedeutsam ist versuche ich anhand der folgenden Fragen zu verfolgen: Warum ist biographische Selbstreflexion in der Pädagogik wichtig, warum ist sie notwendig? Welche Möglichkeiten dafür gibt es? Ist biographische Selbstreflexion eine sonderpädagogische Kompetenz? Jeder Student hat eine Kindheit, die ihn prägt und beeinflusst. In der Beschäftigung mit diesem Thema bin ich als werdender Förderschullehrer subjektiv gefangen und emotional betroffen. Die ständige Auseinandersetzung mit Kindheiten von Lehrern konfrontiert mich mit meiner eigenen Kindheit, mit meinen Schulerfahrungen usw. Dadurch bin ich in der Auswahl, Betrachtung, Bewertung und Darstellung der bearbeiteten Literatur immer subjektiv und kann dies meiner Meinung nach auch nur sein. 11 Das Interesse an dieser Thematik ist sicherlich auch daher zu begründen, dass ich nach mir selbst forsche. Dieses Anliegen will ich bei anderen auch mit dieser Arbeit anregen. Denn nicht allein durch das Lesen anderer Kindheiten und Erfahrungen erkennt man sich selbst, sondern in der Auseinandersetzung, dem Diskurs damit. Andere Kindheiten regen an, stoßen ab, machen betroffen und traurig, geben Hoffnung und lösen noch viel mehr aus. Sie lösen einen Prozess aus, dem die Fragen vorauseilen: „Und ich? Wie war meine Kindheit? Wie beeinflusst sie mich?“ Die Literatur zu dem Thema dieser Arbeit ist spärlich gesät. Veröffentlichungen, die genau ins Schwarze treffen sind an einer Hand abzuzählen. Deshalb muss ich oft das Netz weiter auswerfen und bei anderen Disziplinen fischen, um die Ergebnisse und Aussagen hernach auf das Thema und damit den Lehrer für Schüler mit Lernbehinderungen zu beziehen. 12 Dabei bediene ich mich bei der Psychologie, Soziologie, Lehrer(biographie)forschung, (Sonder)Pädagogik, Lernbehindertenpädagogik, Pädagogischen Biographieforschung und der 10 DUDEN, 1991, S. 590 11 FLAAKE erwähnt die Subjektivität des Interpreters aufgrund der eigenen Erfahrungen (TERHART in KÖNIG, 1995, S. 254) 12 vor allem bei den Modellen und Theorien zur Sozialisation findet dieser Übertragungsprozeß in die Lehrerforschung statt, vgl. TERHART, 1994, S. 266 http://www.foepaed.net 7
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eigenen Haustür!“. 6 Somit ist auch der Ausspruch „Erkenne dich selbst“ für den Erzieher<br />
bedeutsam. „Erkenne dich selbst, bevor du Kinder zu erkennen trachtest.[...] Unter ihnen bist<br />
du selbst ein Kind, das du zunächst einmal erkennen, erziehen und ausbilden musst“. 7 gibt<br />
KORCZAK dem Pädagogen zu bedenken. Selbstkenntnis also Voraussetzung für die<br />
Kenntnis anderer drückt Marie von EBNER-ESCHENBACH folgendermaßen aus: „Wer sich<br />
an seine eigene Kindheit nicht deutlich erinnert, ist ein schlechter Erzieher“. 8 Somit steht auch<br />
gleichsam eine Forderung an den „guten“ Pädagogen im Raum, die von anderer Seite noch<br />
verstärkt wird: „Ein guter Lehrer kann sich in das Kind ‘hineinversetzen’“. 9 Selbstkenntnis<br />
und die Kenntnis des Kindes sind zentrale Ansprüche an den Erzieher und Lehrer, doch wie<br />
kann er diesem gerecht werden?<br />
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Lehrer durch die dauernde Beschäftigung mit Kindern<br />
an seine eigene Kindheit erinnert fühlt ist hoch (ebenso wird sich der Fußballtrainer an seine<br />
aktive Fußballzeit erinnern, wenn er junge Fußballer trainiert). Die Schüler sind somit Spiegel<br />
der eigenen Kindheit des Lehrers und er ist der Spiegel der Lehrer, die er selbst hatte. Die<br />
Frage, der ich da<strong>bei</strong> nachgehen möchte ist: Wie wirken sich eigene Kindheitserfahrungen auf<br />
das spätere Verhalten des Lehrers aus?<br />
Jeder Förderschullehrer hat eine Kindheit, die ihn prägt und beeinflusst.<br />
Der Unterrichtsprozess (an allen Schultypen) wird nicht nur von den inhaltlichen Aspekten,<br />
sondern auch von den persönlichen Anteilen der an ihm Beteiligten mitbestimmt und<br />
beeinflusst. Häufig unterliegt die Interaktion in der Schule Spannungen und Konflikten, die<br />
ihre Ursache zum großen Teil im persönlichen (Beziehungs-) Geflecht von Schüler und<br />
Lehrer haben. Die Lebensgeschichte <strong>bei</strong>der Seiten ist bedeutsam und ständig präsent im<br />
Unterrichtsgeschehen. Die Frage, die mich da<strong>bei</strong> leitet ist: Warum ist die Betrachtung der<br />
eigenen Kindheit für den Lehrer an der Förderschule wichtig und notwendig?<br />
Jeder Schüler hat eine Kindheit, die ihn prägt und beeinflusst.<br />
Die bereits erwähnte Kenntnis der zu unterrichtenden Schüler erstreckt sich auf deren<br />
Lebenslauf und insbesondere auf die Kindheit. Eine Schulweisheit besagt, dass man nur das<br />
gut erklären kann, was man auch selbst verstanden hat. In Bezug auf die Kenntnis der Schüler<br />
ergibt sich daraus aber ein entscheidendes Problem: der Lehrer ist anders als die Schüler! Er<br />
hat eine andere Kindheit erlebt und kann sich nur bedingt in die Kindheiten seiner Schüler<br />
hineinversetzen. Diese Feststellung erfährt in der Förderschule für Lernbehinderte (ähnlich<br />
6 Gemäß dem Sprichwort: „Ein jeder kehr vor seiner Tür...“ in RÖHRIG, 1977, S. 1096<br />
7 KORCZAK, 1979 7 , S. 156<br />
8 HARRIS, 2000, S. 62<br />
9 MUTH, 1982, S. 41<br />
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