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eigenen Kind zu verhindern.“ 283 Den Prozess dieser Entfremdung von sich und seinen<br />

Bedürfnissen in der Kindheit beschreibt MANN in sehr eindrücklichen Bildern anhand ihrer<br />

eigenen Biographie. Sie zeich<strong>net</strong> die Situationen nach, in denen sie von den Lehrern und der<br />

Schule 284 so erzogen wurde, dass sie ihr urtümliches und natürliches Verhalten verlernte. Der<br />

Kreislauf der Entfremdung beginnt mit den Eltern und wird fortgesetzt in der Schule.<br />

Da<strong>bei</strong> setzt sich die Erfahrung wie Schule war, im Lehrer fest und wird zum Bild von Schule,<br />

wie sie ist. „Geprägt von der eigenen Schulzeit definiert ein jeder für sich seinen ‘Sinn von<br />

Schule’“ 285 , der an die Schüler weitergegeben wird. Alte Erinnerungen, unbewältigte<br />

Konfliktsituationen und verdeckte Gefühle können wieder in das Bewußtsein des Lehrers für<br />

Schüler mit LB kommen, wenn er vor seinen Schülern steht. Diese „Altlast“ ist eine<br />

Erziehungshypothek, die der Lehrer im eigenen Unterricht deutlich zu spüren bekommt. Sie<br />

macht sich vor allem bemerkbar in fehlenden Kompetenzen im Umgang mit schwierigen<br />

Kindern. Denn was <strong>bei</strong> ihm einst nicht sein durfte und was er ausschalten musste, lebt <strong>bei</strong> den<br />

Schülern in ungebändigter Form. Er konnte nicht lernen mit diesen Gefühlen und<br />

Verhaltensweisen umzugehen, weil sie <strong>bei</strong> ihm unterdrückt und verdrängt wurden. Nun steht<br />

er ihnen hilflos gegenüber, wenn sie über den Schüler zu ihn zurückkehren.<br />

Der Lehrer verwehrt den Schülern ihrer Bedürfnisse, weil seine eigenen in der Kindheit<br />

verwehrt wurden. Der Lehrer kann Verhaltensweisen der Schüler nicht akzeptieren, weil dies<br />

<strong>bei</strong> ihm in der Kindheit nicht akzeptiert wurden. Und der Lehrer kann mit erzieherischen<br />

Maßnahmen nicht umgehen, weil er als Kind nicht mit ihnen umgehen konnte. Dies zeigt<br />

sich überdeutlich in dem Beispiel, Kindern Grenzen zu setzen: „Für diejenigen, die in ihrer<br />

eigenen Kindheit Grenzen nur als etwas Rigides, Feindliches, Autoritäres erfahren haben, ist<br />

es schwierig, selber Grenzen zu setzen und dies als Aufgabe des Lehrers bewußt zu<br />

akzeptieren.“ 286 Der Lehrer für Schüler mit LB ist somit belastet mit seiner Vergangenheit,<br />

wenn sie unreflektiert auf seine Handlungen einwirkt. Alte Erfahrungen werden dann<br />

wachgerufen 287 , alte Wunden wieder aufgekratzt. Frappant zeigt sich dies, wenn Konflikte mit<br />

Schülern denen ähneln, die man als Kind mit Familienmitgliedern hatte. 288 Spannungen<br />

werden dann auf die Beziehung mit dem Schüler „übertragen“ 289 , Gefühle werden unter<br />

283 MILLER, 1983, S. 111<br />

284 im Gegensatz zu MILLER, <strong>bei</strong> der die Eltern hauptsächlich verantwortlich gemacht werden<br />

285 RÄUBER, 1998, S. 51<br />

286 GARLICHS, 1985, S. 46<br />

287 „Auch <strong>bei</strong> ihm [dem Lehrer; S.H.] rufen bestimmte Menschen, bestimmte Situationen bestimmte alte Gefühle<br />

hervor.“; SPRINGER, 1990, S. 45<br />

288 UHL veranschaulicht dies am Beispiel einer Lehrerin, die unangemessen auf einen störenden Schüler<br />

reagierte und in der Supervision erkannte, dass alte Gefühle zu ihrem jüngeren Bruder die Ursache dafür waren;<br />

vgl. UHL, 1985, S. 40<br />

289 ebd., S. 41<br />

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