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und von seinen vorhandenen eigenen Lernmethoden, die er sich früher erworben hat oder<br />
auch nicht.<br />
Im Kontrast zur Lernbiographie von Schülern mit LB lässt sich nun sehr gut nachvollziehen,<br />
welche Erfahrungen der Lehrer wahrscheinlich nicht gemacht hat oder machen musste. Die<br />
Schüler mit LB haben durchweg schlechte Erfahrungen mit Lernen und Lehrern gemacht.<br />
Angefangen vom „Hinterherhängen“ zu Beginn der Schulzeit, über schlechte Beurteilungen<br />
und Noten, Diskriminierungen durch Lehrer und Schüler, Bloßstellen vor der Klasse 222 ,<br />
Enttäuschung der Eltern und Verwandten, ungerechten Bestrafungen 223 , keiner Unterstützung<br />
durch Lehrer und schließlich dem Abstempeln und Wegschicken in die Schule für Schüler mit<br />
LB verläuft die Lern-„Karriere“ stetig bergab. Eine Vorstufe der Abwertung ist das<br />
Sitzenbleiben. Die Erkenntnis „ich kann weniger als andere - ich bin weniger wert als andere“<br />
kann Zweifel, Angst, Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit auslösen. 224 MANN schreibt dazu:<br />
„Diejenigen, die Kinder sitzenlassen, sind nie selbst sitzengeblieben.“ 225<br />
„Mir kam die Schule wie ein böser Traum vor, denn ich habe es am eigenen Leibe erfahren,<br />
wie die Schule zu einem bösen Traum wurde. Ich bin geprügelt und gedemütigt worden. Man<br />
hat mich doof, behindert und Spastiker genannt. Wenn das kein böser Traum ist, dann möchte<br />
ich wissen, was ein böser Traum ist.“ 226 So schreibt ein ehemaliger Schüler, der in seiner<br />
Schulzeit als „lernbehindert“ galt. Viele Schüler mit LB kommen deshalb mit einer<br />
„Mißerfolgshypothek“ in die Schule, welche die Lehrer nicht teilen können. 227 Denn sie<br />
haben eine andere Schulzeit erfahren. Sie konnten sich ihre Lernbereitschaft und Motivation<br />
erhalten, sie wurden durch kontinuierliche Erfolge zu Musterschülern. Den Schüler mit LB<br />
dagegen wurde das Lernen zum Übel, zum Zeichen ihres Versagens, ihrer Minderwertigkeit,<br />
die sich im Namen ausdrückt: lernbehindert.<br />
Somit entsteht ein Konflikt zwischen diesen unvereinbaren Lernwelten, der sich auf die<br />
pädagogische Beziehung auswirkt. Gestörtes Lernen stellt nicht nur den Schüler, sondern<br />
auch den Lehrer in Frage. Das Versagen und Nicht-Lernen der Schüler dokumentiert den<br />
pädagogischen Mißerfolg des Lehrers. 228 Dieser wiederum rächt sich an den Schülern und<br />
schiebt diesem die Schuld in die Schuhe - die Schüler werden als dumm und faul<br />
222 Fall<strong>bei</strong>spiele <strong>bei</strong> KLEIN veranschaulichen dies; vgl. KLEIN, 1985, S. 112ff<br />
223 ehemalige Schüler mit LB zeigen leidvolle „Karrieren“; vgl. NEUßER, 1987, S. 28<br />
224 vgl. BÄRSCH, 1987, S. 27<br />
225 MANN, 1989, S. 87 (Kraft)<br />
226 NEUßER, 1987, S. 28<br />
227 HURRELMANN in BLEIDICK, 1985, S. 315<br />
228 vgl. dazu HOFMANN in BÜTTNER/ FINGER-TRESCHER, 1991, S. 45; HÖHN, 1972, S. 65<br />
http://www.foepaed.<strong>net</strong> 47