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22.02.2015 Aufrufe

Erfolg und Mißerfolg im Lernen gemacht. Eigentlich ist er prädestiniert für seinen Beruf! Etwaige Berufswünsche aufgrund der eigenen Lernbiographie sind vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. BURI teilt die Ergebnisse ihrer dahingehenden Studie in folgende Kategorien ein 216 : - negative Erfahrungen - es besser machen wollen - ging gerne zur Schule - Freude am Lernen, anderen etwas zeigen - Lehrer und Lehrerinnen in der Familie - Bestimmte Lehrerinnen und Lehrer als Vorbilder - Schon als Kind wollte ich... - Kein Zusammenhang zwischen Lernbiographie und Berufswahl Die überwiegende Mehrheit der befragten Lehramtstudenten beurteilten ihre Schulzeit als mehrheitlich positiv (52%), der zweitgrößte Anteil der Studenten bewertete die eigene Schulzeit als ambivalent und durchwachsen (40%) und nur wenige befanden ihre Schulzeit als negative Erfahrung (8%). 217 In ihrer Studie betont BURI auch den Einfluss der unbewußt ablaufenden Sozialisation, durch welche die Lehrer einen Großteil ihrer Verhaltensweisen „erlernen“. 218 Desweiteren geht sie auch der Frage nach dem persönlichen Lernkonzept der Studenten auf den Grund. Ihr Ergebnis ist ernüchternd, denn demnach hat die Mehrzahl der Befragten kein Lernkonzept. Ich fasse das bisher gesagte noch einmal zusammen: Berufsmotivationen der Lehrer können der eigenen Lernerfahrung in der Schulzeit entspringen, die für die große Mehrheit der angehenden Lehrer positiv oder durchwachsen verlaufen ist. Viele Verhaltensweisen haben die Lehrer innerhalb ihrer Sozialisation unbewußt erworben, ein schlüssiges Lernkonzept jedoch haben die wenigsten. „Dass die individuellen Lernerfahrungen aus der eigenen Schulzeit die spätere Unterrichtstätigkeit beeinflussen, dürfte wohl kaum ernsthaft in Zweifel gezogen werden.“ 219 Dazu gehört auch das Bild vom Lehrer, BRÜCK bezeichnet es als „Lehrerimago“. 220 Oft ziele das pädagogische Handeln des Lehrers darauf ab, „...der beste Lehrer für einen selbst gewesen sein zu wollen.“ 221 Das Lehren des Lehrers ist also beeinflusst von seinem eigenen Lernen, von seinen ehemaligen Lehrern, von seiner Umwelt, von seiner Idealvorstellung vom Lehrer 216 ebd., S. 78f 217 ebd., S. 77 218 ebd., S. 8 219 ebd., S. 2 220 BRÜCK, 1979, S. 313 221 BURI, 1988, S. 2 http://www.foepaed.net 46

und von seinen vorhandenen eigenen Lernmethoden, die er sich früher erworben hat oder auch nicht. Im Kontrast zur Lernbiographie von Schülern mit LB lässt sich nun sehr gut nachvollziehen, welche Erfahrungen der Lehrer wahrscheinlich nicht gemacht hat oder machen musste. Die Schüler mit LB haben durchweg schlechte Erfahrungen mit Lernen und Lehrern gemacht. Angefangen vom „Hinterherhängen“ zu Beginn der Schulzeit, über schlechte Beurteilungen und Noten, Diskriminierungen durch Lehrer und Schüler, Bloßstellen vor der Klasse 222 , Enttäuschung der Eltern und Verwandten, ungerechten Bestrafungen 223 , keiner Unterstützung durch Lehrer und schließlich dem Abstempeln und Wegschicken in die Schule für Schüler mit LB verläuft die Lern-„Karriere“ stetig bergab. Eine Vorstufe der Abwertung ist das Sitzenbleiben. Die Erkenntnis „ich kann weniger als andere - ich bin weniger wert als andere“ kann Zweifel, Angst, Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit auslösen. 224 MANN schreibt dazu: „Diejenigen, die Kinder sitzenlassen, sind nie selbst sitzengeblieben.“ 225 „Mir kam die Schule wie ein böser Traum vor, denn ich habe es am eigenen Leibe erfahren, wie die Schule zu einem bösen Traum wurde. Ich bin geprügelt und gedemütigt worden. Man hat mich doof, behindert und Spastiker genannt. Wenn das kein böser Traum ist, dann möchte ich wissen, was ein böser Traum ist.“ 226 So schreibt ein ehemaliger Schüler, der in seiner Schulzeit als „lernbehindert“ galt. Viele Schüler mit LB kommen deshalb mit einer „Mißerfolgshypothek“ in die Schule, welche die Lehrer nicht teilen können. 227 Denn sie haben eine andere Schulzeit erfahren. Sie konnten sich ihre Lernbereitschaft und Motivation erhalten, sie wurden durch kontinuierliche Erfolge zu Musterschülern. Den Schüler mit LB dagegen wurde das Lernen zum Übel, zum Zeichen ihres Versagens, ihrer Minderwertigkeit, die sich im Namen ausdrückt: lernbehindert. Somit entsteht ein Konflikt zwischen diesen unvereinbaren Lernwelten, der sich auf die pädagogische Beziehung auswirkt. Gestörtes Lernen stellt nicht nur den Schüler, sondern auch den Lehrer in Frage. Das Versagen und Nicht-Lernen der Schüler dokumentiert den pädagogischen Mißerfolg des Lehrers. 228 Dieser wiederum rächt sich an den Schülern und schiebt diesem die Schuld in die Schuhe - die Schüler werden als dumm und faul 222 Fallbeispiele bei KLEIN veranschaulichen dies; vgl. KLEIN, 1985, S. 112ff 223 ehemalige Schüler mit LB zeigen leidvolle „Karrieren“; vgl. NEUßER, 1987, S. 28 224 vgl. BÄRSCH, 1987, S. 27 225 MANN, 1989, S. 87 (Kraft) 226 NEUßER, 1987, S. 28 227 HURRELMANN in BLEIDICK, 1985, S. 315 228 vgl. dazu HOFMANN in BÜTTNER/ FINGER-TRESCHER, 1991, S. 45; HÖHN, 1972, S. 65 http://www.foepaed.net 47

Erfolg und Mißerfolg im Lernen gemacht. Eigentlich ist er prädestiniert für seinen Beruf!<br />

Etwaige Berufswünsche aufgrund der eigenen Lernbiographie sind vor diesem Hintergrund<br />

nachvollziehbar. BURI teilt die Ergebnisse ihrer dahingehenden Studie in folgende<br />

Kategorien ein 216 :<br />

- negative Erfahrungen - es besser machen wollen<br />

- ging gerne zur Schule - Freude am Lernen, anderen etwas zeigen<br />

- Lehrer und Lehrerinnen in der Familie<br />

- Bestimmte Lehrerinnen und Lehrer als Vorbilder<br />

- Schon als Kind wollte ich...<br />

- Kein Zusammenhang zwischen Lernbiographie und Berufswahl<br />

Die überwiegende Mehrheit der befragten Lehramtstudenten beurteilten ihre Schulzeit als<br />

mehrheitlich positiv (52%), der zweitgrößte Anteil der Studenten bewertete die eigene<br />

Schulzeit als ambivalent und durchwachsen (40%) und nur wenige befanden ihre Schulzeit als<br />

negative Erfahrung (8%). 217<br />

In ihrer Studie betont BURI auch den Einfluss der unbewußt ablaufenden Sozialisation, durch<br />

welche die Lehrer einen Großteil ihrer Verhaltensweisen „erlernen“. 218 Desweiteren geht sie<br />

auch der Frage nach dem persönlichen Lernkonzept der Studenten auf den Grund. Ihr<br />

Ergebnis ist ernüchternd, denn demnach hat die Mehrzahl der Befragten kein Lernkonzept.<br />

Ich fasse das bisher gesagte noch einmal zusammen: Berufsmotivationen der Lehrer können<br />

der eigenen Lernerfahrung in der Schulzeit entspringen, die für die große Mehrheit der<br />

angehenden Lehrer positiv oder durchwachsen verlaufen ist. Viele Verhaltensweisen haben<br />

die Lehrer innerhalb ihrer Sozialisation unbewußt erworben, ein schlüssiges Lernkonzept<br />

jedoch haben die wenigsten.<br />

„Dass die individuellen Lernerfahrungen aus der eigenen Schulzeit die spätere<br />

Unterrichtstätigkeit beeinflussen, dürfte wohl kaum ernsthaft in Zweifel gezogen werden.“ 219<br />

Dazu gehört auch das Bild vom Lehrer, BRÜCK bezeich<strong>net</strong> es als „Lehrerimago“. 220 Oft ziele<br />

das pädagogische Handeln des Lehrers darauf ab, „...der beste Lehrer für einen selbst gewesen<br />

sein zu wollen.“ 221 Das Lehren des Lehrers ist also beeinflusst von seinem eigenen Lernen,<br />

von seinen ehemaligen Lehrern, von seiner Umwelt, von seiner Idealvorstellung vom Lehrer<br />

216 ebd., S. 78f<br />

217 ebd., S. 77<br />

218 ebd., S. 8<br />

219 ebd., S. 2<br />

220 BRÜCK, 1979, S. 313<br />

221 BURI, 1988, S. 2<br />

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