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dafür könnte sein, dass er selbst als Kind selten oder nie aggressiv sein durfte, weil seine<br />
Eltern und Lehrer ihn dazu angehalten haben.<br />
Die „Rationalisierung“ ist eine weitere Abwehrhaltung: „Für Verhaltensweisen<br />
werden vernünftige Argumente vorgegeben, während in Wirklichkeit andere, zum Teil<br />
unbewußte Motive dahinterstecken.“ 207 Uneingestandene, unbewußt wirkende Machtmotive<br />
prägen oftmals die Unterrichtsszenen an der Schule für Schüler mit LB. Als rational<br />
einwandfreie Aussagen getarnt drückt der Lehrer seinen Machtanspruch aus z.B. sagt: „Jetzt<br />
müsst ihr gut aufpassen und still sein, damit man auch alles deutlich versteht“ und meint „Ich<br />
will dass ihr still seid!“<br />
Neben diesen grundlegenden Abwehrmechanismen existieren auch noch weitere Formen, die<br />
unbewußte Konflikte transportieren. Eine davon ist die Übertragung auf den Lehrer durch das<br />
Kind. Dies geschieht, wenn das Kind Erfahrungen wiederholt oder wiederholen will, die es<br />
mit früheren Bezugspersonen, z.B. dem Vater, erlebt hat. 208 Die daraus entstehende<br />
Konfliktsituation kann sich noch verschärfen, wenn eine Gegenübertragung stattfindet, <strong>bei</strong><br />
welcher der Lehrer auch Erfahrungen aus seiner Vergangenheit wiederbelebt und diese auf<br />
das Kind überträgt.<br />
Die bereits angesprochene verbliebene Kindlichkeit des Lehrers 209 kann sich mit Macht in der<br />
neuen Schulsituation ausdrücken. Die eigenen Schulerfahrungen des Lehrers strukturieren<br />
dann unbewußt seine Handlungen und die Beziehung zu seinen Schülern. Er konnte in der<br />
Schule seine Kindlichkeit nicht ganz entfalten und diese stagnierte auf einer bestimmten<br />
Stufe. Dadurch aber, dass der Lehrer seine verbliebene Kindlichkeit verleug<strong>net</strong>, wird sie erst<br />
zum „Unwesen“. 210 Die durch den Schüler und seine originale Kindlichkeit und die daraus<br />
entstehende „Versuchungssituation“ geweckte eigene verblieben Kindlichkeit verdrängt er<br />
aber, er wehr sie ab und bekommt Angst vor ihr. Sie darf nicht zugelassen werden, sagt ihm<br />
der innere Erwachsene. Die Angst vor der eigenen Identität mit all ihren Schattierungen treibt<br />
den Lehrer mitsamt seinen Schülern in immer neue Verstrickungen und unbewußte<br />
Wiederholungszwänge.<br />
Die <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> an der Schule für Schüler mit LB wird überspannt von einem undurchdringlichen<br />
Netz der emotionalen Verstrickungen, das durch die Verdrängung und Verleugnung desselben<br />
noch gefährlicher wird. Es wird bestritten, was offensichtlich ist, eine pädagogische<br />
Beziehung in diesem Gewirr scheint unmöglich zu sein.<br />
207 ebd., S. 80<br />
208 Beispiele finden sich in SCHRAMLs Werk zu Tiefenpsychologie; vgl. z.B. SCHRAML, 1971, S. 147<br />
209 vgl. Kapitel 2.4.2<br />
210 BRÜCK, 1979, S. 183<br />
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